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Full text of "Annalen der Physik"

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8 


BIB^ifOTIIECA. 
M0NACEN[3[S. 


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<36625994020010 
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Bayer  Staatsbibliothek 


I 


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ANNALEN 


um 


PHY&IX  UND  CHEMIE. 


*  « 


BAND  LXYl. 


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ANNALEN 


DER 


PHYSIK 


UND 


CHEMIE. 


HERAUSGEGEBBNZU  BEBLIR 

von 

J.  C.  POGGENDOHFF. 


.  SBCfiS  UND  S£CH8£I6ST£R  BAND. 

DBB  QASZBS  FOLGE  UlinDBaT  ZWEI  CKD  VIBRnfltfTEB. 


IIBB8T  SWEI  KVPFBETAFBLR. 


LEIPZIG,  1845. 

VERLAG   VON  JOHAIIH  AMBROSIUS  BARTH. 


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1 


I, 


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ANNALEN 

t 

DER 

PH  Y  S  I  K 

UND 

CHEMIE. 

DRITTE  REIHE. 

H£UAUSG£G£B£K    ZU  B£KLIN 

you 

J.  C.  POGGENDORFF, 

SECHSTER  BAND. 

HEBST   ZWBl  KUPFE&TAf ELN. 


LEIPZIG,  1845. 

TIBLA6  von  JOHANN  AMBROSIUS  BABTB. 


I 


ff 

'V« 

•  s 

^  Inhalt 

t 

des  Bandes  LXVI  der  Annalen  der  Physik  und  Chemie. 


Erstes  Stück. 

* 

•  »*  . 

ociie 

I.    Ueber  die  Bestimmung  der  lemperatur  und  V\  armclCHiing  lester 

* 
1 

II.  üebcr  die  Tcmpcratnrvcränderungen  beim  Austausche  Ton  Ba- 

Zusatz.    Ueber  die  Bestimmung  der  specilischcn  VVarme  voa 

III.  Methode  rar  Besümmang  der  entwickelten  Warmemenfen  auf 

58 

IV.  üebcr  eine  Reihe  von  Doppcbalzen  ans  Quecksilberoxydul  und 

63 

V.    Beitrage  zur  Kenntnifs  der  Litbionsalze;  von  C.  R  a  m  ni  e  1  sb  erg. 

79 

VL  Versuche,  das  Atomgewicht  des  Urans  xu  bestimmen;  von  D  era- 

91 

VIII.  Ueber  die  Verminderung  des  specifisrhen  Gewichts,  welche 

die  Porcellanmassc  beim  Brennen  ungeachtet  des  Schwindens  er- 

« 

97 

TX.    Ueber  Säure  im  Bernstein  und  über  KÜhdüssigcn  Bernstein;  von 

HO 

X,    Ueber  die  quantitative  Bestimmung  des  IlarnstofTs,  des  Kalis 

ood  Ammoniaks  im  Hata,  nnd  über  die  Zusammensetzung  des 

Salpetersäuren  HamstofTs;  von  W.  Heints.  .  ^i;«  •    •    •    .  • 

114 

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VI 

Saite 


XI«  Einfache  Methode  die  geringaten  Mengen  von  schwefliger  Säure 

nachtu weisen;  von  Demselben  160 

XII.  Bemerkungen  über  das  sogenannte  Ozon;  von  N.  "W.  Fischer.  ^163 

XIIL  Bemerkungen  zn  Schönbein's  Beleuchtung  meiner  Meinung, 

betreflend  das  Oion ;  ▼on  Demselben.   168 

XIV«  Ucber  den  Einflnfa  der  Temperatur  auf  das  Leitungs  vermögen 

der  Flüssigkeiten  für  galvanische  Strome;  von  C.  F.  HenricL  174 

XV«   Regenmenge  in  verschiedenen  Hohen  über  dem  Boden.  .    «  176 


Zweites  Stück« 

I.    Ueber  das  Absorptionsvermögen  des  Bluts  für  SauerstoET;  von 


G.  Magnus  177 

II.  Galvanische  oad  elektromagnetische  Versuche;  von  M.  H.  Ja- 
QiihL   207 

III.  Zum  elektrischen  Nebenstrom;  von  K.  W.  Knochenhaner.  235 

IV.  Einige  Bemerkungen  tu  Schröder 's  Abhandlung:  Ueber  den 
EinfluEi  der  Elemente  auf  die  Siedhitze;  von  C.  Lowig.  (Dritte 
Abhandlung.)  250 

V.  Hitie  durch  starre  Kohlensaure  268 

VI.  Bcitr.'ige  »nr  Keniunirs  des  Sefströ mischen  Frictionsphrmo- 
mens;  von  Th.  Scbeercr   269 

VII.  Einige  Bemerkungen  über  die  Versuche  des  Hrn.  Willi am- 
son,  betreflend  das  Oaon;  von  C.  F«  Schdnbein  291 

VIII.  Versuche  über  Icünstliche  Bildung  von  enitundlichem  Blut 
durch  Arzenei Wirkungen;  von  G.  H.  Schultz  294 

IX.  Notiz  über  die  Untersuchungen  des  Eises  als  festen  Körpers; 

von  W.  Struve.      .  298 

X.  Dr.  Petzholdt^s  Versuche  über  die  Dichtigkeit  des  Eises  bei 
verschiedenen  Temperaturen;  von  O.  Fort  300 

XI.  Ueber  die  Bildung  der  unterjodigen  Säure  und  die  bei  den 
Umwandlongen  dieser  neuen  SSure  stattfindenden  Reactionen; 

von  Koene  302 

XII.  Einige  fragmentarische  Untersuchungen  über  einen  neuen  Stoff 

im  Eudialyt;  von  L.  Svanberg  309 


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YU 

Seile 

^Xni.  Einige  BemerkoDgen  zu  der  Abhandlung  des  Hrn.  Heints 
über  ^6  ZnsammeDMtaiiiig  de«  •alpctcriaurcn  Harnitoff» ;  voo 
B.  F*  Marchand.   317 

Drittes  Stack. 

I.  Akuatische  Versuche  auf  der  Niederländischen  Eisenbahn,  nebst 
gelegentlichen  Bemerkungen  tur  Theorie  dea  Hnu  ProC  Dopp- 
ler; m  Dr.  Baija  B«Uot  3U 

U.  Ton  der  GoiehwindigMl  das  Schalb  wmtAm  nra  Standpimk- 
ten  Toa  gletdier  oder  migleldier  HSlie  tter  dem  Meere;  von 
A.  Bravais  und  Ch.  Martins  351 

III.  Untersuchungen  über  die  BcacbafiTenlieit  der  «tcbeodea  Wel- 
len; m      Sevart.  ,•,.«•  ^4 

IV.  lUbcr  dcii-«Awfl«le  der  trapfibtren  Flfiin|lteiieB$  von  Pnr» 

rot  d.  iL  888 

V.  Ueber  das  YerhaltniCi  der  elektrischen  Polarität  zu  Licht  und 
Wärme;  von  Neef  f.  414 

Vi  Ueber  .die  Amrendnng  des  clektriadhen  Jf^enltew  m  Geecbvmi- 

digkeimnmmigent  w  W.  Siemesa.  436 

▼II.  Ueber  ein  Yolomenmneier;  von  Y.  B/»gneirlt..    .    •   •  .  »ddS 
Vm.  Ueber  die  Zcrseltinig  des  Wassers  durch  Metalle  in  Gcgoi- 
wart  von  Säuren  und  Salzen;  von  E.  Millen.     •    .    «    .    .  449 

IX.  Blaaes  lichi  nicht  allein  Tom  Golde  dnrcKgelenen;  you  Dn- 
paaqnier.  452 

  ♦ 

X.  Bel^gnnf  von  GlaMpicgeb  nittekt  Silber.  454 

XI.  Udler  einen  neaen  nentralen  Ponkt  m  der  Polarisation  der  ' 

Atmosphäre;  von  D.  Brewster  456 

XII.  Künstliche  Erzeugung  von  dnrcbsichl^er  Kieselerde  und  von 
Hydrophan;  von  Ebelmen.  ............  457 

Xni.  Anabraeh  des  Hcbb  468 

XIV.  Gesebichtliche  Notic      Newton'«  Sonnenohren  461 

XV.  Preisfrage  der  K.  Acade^ie  gemeinnütziger  Wissenschaften  sn 
Erfurt.   •  462 


VIII 

•  Viertes  Stück. 

Seite 

I.    Ueber  den  mnthmafslichcn  Ursproog  der  Meteorsteine  ^  nebst 
einer  Analyse  des  Meteorsteins,  welcher  am  2.  Joni  1843  in  der 


ProTin»  Utrecht  gefallen  ist;  von  E.  H.      Banmhaner.    ,    .  465 

II.  Bemerkungen  über  einige  meteorologische  Gegenstände;  von 

F.  C.  Henrici  503 

III.  Bodensenkung  in  der  Algierci  528 

IV.  Blitae  ohne  Donner,  am  22.  Jnn?  1845  in  Wien;  v6a  W. 
HaidiDfcr  629 

V.  Ueber  die  Blitzschläge,  welAe  am  10.  Jnli  1843  den  StraTs« 
burger  Münster  trafen;  von  A.  Fargeaud  544 

VI.  Die  Gletscher  des  Kasbek;  von  Kholcnati  553 

VII.  Ueber  die  Zunahme  der  Temperatur  in  den  Gruben  der  ter« 
tiaren  Saliablagemngen  von  WielicA«  und  Bochnia;  top  L. 
Zeuschner.  ,  ,  ,  .  ,  ,  ,  .  .  .  .  ^  ,  .  ,  ,  ,  678 

VIII.  Ueber  die  Zeiten  des  Aufthauens  und  Zufrierens  einiger  nor- 
dischen Gewässer;  von  G.  G.  Hai  Istrom  586 

IX.  Erwiderung  auf  Hrn.  Fischer^s  Replik;  von  C  F»  S  chon- * 
kfiiiL   .59.^ 

X.  Zur  Geschichte  der  Endosmose;  von  G.  F.  Parrot.    .    .    .  595 

XI.  Notizen.  —  1)  Neue  Volla^sche  Combination,  S.  597.  —  2)  Gal- 


vanische Rctlic  in  Cyankaliumlösung ,  S.  597.       '••  * 


Nachweis  zu  den  Kupfertafeln. 


Tal.  l.  —  Parrot,  Fig.  1,  S.  397;  Fig.  2,  S.  400;  Fig.  3,  S.402; 
Fig.  4,  S.  404;  Fig.  5,  S.  407;  Fig.  6  und  7,  S.  408;  Fig.  8,  S.  411; 
Fig.  9,  S.412.  —  Haidinger  (Kreil),  Fig.  10,  S.  534.  —  Rcg- 
nault,  Fig.  11,  S.  443;  Fig.  12,  S.  446;  Fig.  13,  S.  446;  Fig.  14, 
S.  447;  Fig.  15,  S.  447.  —  Nevrton,  Fig.  16,  S.  462. 

Taf.  II.  —  Scheerer,  Fig.  1  bis  5,  S.  278;  Fig.  6,  S.  279;  Fig.  7,  8 
und  9,  S.  2S0;  Fig.  10,  S.  282;  Fig.  11,  S.  283;  Fig.  12,  S.  288; 
Fig.  13  und  14,  S.  289;  Fig.  15,  S.  290. 


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1846.  ANNALEN  JTo.  9. 

DER  PHYSIK  UND  CHEMIE. 

BAND  LXVL  . 


I.    Ueber  die  Bestimmung  der  Temperatur  und 
FFärrneleüung  fester  Körper; 
'  9on  Chr.  Lang b er g  aus  Christiania, 

iSo  bedeutende  Fortschritte  auch  die  mathematische  Theo* 
Yie  der  WirmeenoheidnDgeD  durch  die  «naljrtischen  Un- 
tenochuiigen  von  Fourier,  Poisson  u.  A.  c;eiiiaclit  bat, 
80  läÜBt  gich  doch  nicht  läugnen,  difs  sie  auf  die  ErweK 
teruDg  unserer  physikalischen  Kenntnisse  der  Wärmephä- 
nomene nur  einen  beschränkten  Einflufs  gehabt  haben, 
und  nur  wenige  von  den  durch  die  mathematische  Theo- 
rie angegebene  Resultate  sind  durch  Versuche  nachge- 
wiesen und  bestStigt  worden.  Der  Grund  liegt  wohl 
grOfstentheib  in  dem  Mangel  genauer  Metboden,  die  Tem* 
peraturveränderuugen  fester  Körper  zu  bestimmen,  ohne 
<  sich  dadurcli  zu  viel  von  den  Bedingungen  der  mathe- 
matischen Theorie  zu  entfernen. 

So  lehrt  zum  Beispiel  die  mathematische  Analyse, 
dafs  man  eins  der  widitigsten  Elemente  der  Wärmeer- 
scheinungen, nttmlich  das  Leitnngs^ermögen  fester  Kör- 
per, dadurch  bestimmen  könne,  dafs  man  das  eine  Ende 
einer  sehr  dünnen  und  langen,  homogenen  cjlindrischen 
oder  prismatischen  Stange  aus  dem  betreffenden  Körper 
mit  einer  conatanten  Wirmeqnelle  in  Verbindung  setzt, 
nnd  die  Temperatur  dieser  Stange  in  verscbiedenen  Ah* 
stinden  von  dem  erwSnnten  Ende  beobachtet;  die  Ueber* 
sdiQsse  der  beobachteten  Temperaturen  über  die  Tem- 
peratur der  umgebenden  Luft,  nachdem  ein  Gleichge- 
wicht der  Temperatur  eingetreten  ist,  nehmen  dann  in 
geometrischem  Verhältnisse  ab,  wenn  die  Abstände  der 
beobachteten  Punkte  um  cleicbe  Unterschiede  wachsen. 


Pj|ggendor0>«  Anoal.  Bd.  LXVI.  1 


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8 


Zur  ßcstiitigung  dieses  Gesetzes  sind  erst  von  Biot 
später  von  Despretz  ^)  Versuche  angestellt  worden;  be- 
aaMder»  die  letzteren  — so  weit  sie  bekeaat  gemeekt  siad — 
scheinen  mir  aber  gerade  das  Entgegengesetzte  za  zeigen 
▼on  dem  was  sie  beweisen  sollen,  da. die  Temperatoren 
in  den  meisten  Fullen  viel  schneller  abnehmen,  als  nach 
der  4;;eoinetrischen  Progression  der  Fall  sejn  müfste,  und 
die  Unterschiede  zwischen  den  berechneten  und  beobachte- 
ten Wertben  zu  constaut  sind,  um  als  blofse  BeobachtungjB- 
fehler  angesehen  werden  zu  können.  Der  Gnud  die^ 
Unterschiedes  fcanlh  nun  erstens  darin  liegen,  dafs  bei  der 
mathematischen  Herieitung  des  oben  genannten  Gesetzes, 
das  Newton 'sehe  Gesetz  der  Abkühlung  zu  Grunde  ge- 
legt wird,  wonach  die  Geschwindigkeit  der  Abkühlung 
eines  erwttrmten  Körpers  dem  Ueberschafe  seiner  Tem- 
peratur über  die  der  Lnft  proportionirl  ist,  was  nor  bei 
sehr  geringem  Temperatumnterscinede  annihernd  richtig 
ist  (und  in  den  oben  erwähnten  Versuchen  steigt  dieser 
Unterschied  auf  60^  bis  70'^  C);  zweitens  wird  auch  die 
Unveränderlichkeit  der  WärmeieitungsC&higkeit  bei  ver- 
sehiedenen  Temperaturen  Torausgesetzt,  was  gcwifii  nicht 
wahrscheinlich  ist;  femer  verlangt  die  Theorie,  dafis  die 
erwSrrotc  Stange  unendlich  dünn  sey,  oder  wenigstens 
so  dünn,  dafs  die  Temperatur  in  jedem  Punkte  eines 
normalen  Querschnitts  der  Stange  dieselbe  sejr.  • 

Nun  aber  bat  DespretB  zu  seinen  Versuchen  pris- 
mnUsohe  Stangen  angewendet,  deren  quadratischer  Quer- 
schnitt 21  Millimeter  Brmte  hatte;  in  diese  wurden  an 
mehreren,  10  Millimeter  von  einander  entfernten  Stel- 
len Löcher  eingebohrt,  von  6  Millimet.  Durchmesser  und 
14  Millimet.  Tiefe.  Nachdem  die  Stange  in  horizontale 
Lage  gebracht  war,  wurden  diese  JUöcher  mit  Quecks!!« 

1)  Trmtti  4e  pkysiqu*^  7.  IV,  p.990  o.  r. 

2)  Annales  de  chimie  et  de  physiqtte ,    T.  XXX Tl,  p.  422.  — 
Traitd  iUtnenUute  de  physupu%  p,  210  u.  L 


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bcr  geÜlU,  und  in  jedes  die  K«gel  eines  Thennomeleff« 

gestellt,  dessen  Temperatur,  nachdem  sie  stationär 
worden  war,  als  die  Temperatur  des  durch  den  Mittel- 
punkt des  Loches  gebenden  Querschnitts  der  Ötauge  aa- 
f;^nommen  wurde.  -  Da  der  Querficbnitt  der  eingebohr- 
ten Vertiefangen  naW  des  .ganseo  Quersohailts  der 
Stenge  betrug,  bat  man  vtobl  auch  Gmnd  zu  beUßrcliten, 
dafs  diese  grofsen  und  häufigen  Unterbrechungen  der  Con- 
tinuität  der  Stangen  nicht  unwesentliche  Störungen  in  der 
Bewegung  und  Vertheilung  der  Wärme  hervorbringen 
konnteo.  Man  siebt  folgüeb,  dafs  die  bei  den  Veran- 
cben  angewendete  Methode  nur  höchst  unTolikoasmen  die 
Yon  der  Theorie  gestellten  Bedingungen  erfOllte,  und  ee 
bleibt  daher  noch  unbestimmt,  ob  die  beobachteten  Ab- 
weichungen von  dem  theoretischen  Gesetz  nur  einer  feh- 
lerhaften Beobacbtuog^ethode  oder  einem  Mang/el  der 
Tlieorie  zozusehreibeB  seyen. 

Die  Wichtigkeit  obeo  genannten  Gesetzes,  eowohl 
als  Basis  ftlr  die  mathematisohe  Theorie  der  W&rmeer- 
scbeinuugen,  als  wegen  seiner  Anwendung  für  die  Be- 
stimmung der  Leituugsfahigkeit  fester  Körper,  schien  mir 
^rofs  genug,  um  zu- versuchen ,  ob  man  niciit  eine  Me- 
thode fiaden  könnte,  wodurch  die  oben  aa^eigMn.liebel- 
stünde  eot£ernt  wQrden.    Hierzu  wäre  also  erforderUel, 
dafs  man  den  Unterschied  der  Temperatur  der  Staube 
'    und  der  umgebenden  Luft  für  so  kleuie  Temperaturüber- 
schüsse der  ersteren,  für  welche  das  Newton'sche  Ge- 
setz der  AblUihlnng .  noch  ganz  genau  ist,  scbarC  beatini* 
men  könnte,  und  zmr  für  heÜebifi  kleine  Dorchmesser 
der  Stangen»  mid  ohne  die  ContinuitSt  derselben  durch 
eingebohrte  Vertiefungen  zu  unterbrechen.     Die  Ther- 
mosSuie  schien  mir  hierzu  ein  brauchbares  Mittel  darzu- 
bieten, und  durch  die  Vorrichtungen,  die  in  dem  Fol- 
^ndeo  beschrieben  werden  soUen,  lioCfe  ich,  dafs  die- 
telbe  ZOT  Bcobacbtang  der  in  den.  festen  Körpern,  statt- 
findendeo  freien  Wttrme  ein  viel  genaueres  Mefiiwerkzeug 

1* 


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4 


werden  kann,  als  irgend  eioer  der  bisiwr  angewandten 

Apparate. 

Die  Versuche,  zu  deren  Beschreibung  ich  jetzt  über- 
gehe, wurden  in  dem  physikalischen  Cabiuet  des  Hrn. 
Prof.  Magnus  angestellt,  der  die  Güte  hatte,  mir  die 
hiezu  nöthigen  Apparate  ansuvertrauen,  und  dessen  freund- 
lieber  Leitung  der  ^ackliche  Erfolg  dieser  Untersnclum- 
gen  gröfstentiieils  zugeschrieben  werden  kann. 

Durch  verschiedene  Vorvcrsnche  hatte  ich  gefunden, 
dafs  man  immer  dieselbe  Ablenkung  der  Muitiplicator- 
nadel  bekam,  wenn  das  eine  Ende  einer  aus  wenigen 
Elanenten  bestehenden  Tbemoeinie  in  gleichförmige 
Berührung  mit  einem  Körper  Ton  constanter  Tempera- 
tur gebracht  und  mit  gleicher  Kraft  gegen  denselben  an- 
gedrückt wurde.  Es  dauerte  jedesmal  2  bis  2ir  Minuten 
ehe  die  Multiplicatornadel  zur  Ruhe  kam,  und  die  Be- 
rOhrung  konnte  dann  beliebige  Zeit  verlängert  werden^ 
•hne  dafs  sich  der  Stand  der  Nadel  merklich  änderte. 
—  Um  die  Berfihrung  stets  gleichförmig  zu  machen,  was 
bei  einer,  aus  mehreren  Elementen  bestehenden  Säule 
immer  sehr  schwierig  oder  beinahe  unausführbar  ist,  liefs 
ich  mir  eine  nur  aus  zwei  Elementen,  Wismuth  und  An- 
timon, bestehende  Säule  verfertigen,  die  also  an  |edem 
Ende  nur  eine  Löthstelle  hatte.  Die  Enden  waren  facet- 
tenartig abgefeilt,  so  dafs  )edes  Ende  eine  rectnngulaire 
Fläche  von  1,7  Millimet.  Länge  und  0,7  Millimet.  Breite 
darbot.  Die  Länge  der  ganzen  Säule  betrug  36,3  Milli- 
meter, und  die  einzelnen  Stäbchen  waren  sehr  dünn,  näm- 
lich 1,7  Millimet.  breit  und  1,0  Miiymet  dick. 

Auf  einem  starken  horizontalen,  mit  einer  Einthei- 
Inng  versehenen  Brette  waren  drei  Ständer  befestigt;  von 
welchen  jeder  an  einem  gabelförmigen  Arm  zwei  verti- 
cale,  einander  gegenüberstehende  und  in  feine  Spitzen 
auslaufende  Glasstäbchen  trugen,  zwischen  welchen  die 
zu  untersuchenden  Metallstäbe  parallel  dem  eingetheilten 
horizontalen  Breite,  in  einer  Höhe  von  etwa  24  C^ntimet. 


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über  demselben  festgeklemmt  wurden;  ein  vierter  Ständer 
'  am  Elüde  des  Brettes  diente  dazu,  das  kalte  Ende  der 
Stange  wftlurend  der  Yersache  durch  eine  Zwingscbraube 
onverrfickt  fettzuhalten.  Um  eine  für  längere  Zek  con« 
stante  WSrmequelle  2a  erhalteD,  geschah  die  Erwärmung 
des  einen  Eudes  der  Stange  durch  kochendes  Wasser, 
und  die  Stange  ging  durch  einen  Kark,  der  in  eine  uu- 
ter  der  Oberfläche  des  Wassers  im  Kocbgefäise  angis» 
brachte  Oeffnung  eingesteckt  wurde. 

Dorch  zwei  doppelte  polirte  Messinpchirme,  die 
durch  eine  in  ihrer  Mitte  angebrachte  Oeffnung  die 
Stange  durchgehen  liefsen,  wurde  die  Theruiosäule  und 
der  zu  untersuchende  Theil  der  Stange  gegen  die  Strah- 
lung der  Wärmequelle  geschützt.  Das  Stativ  der  Säule 
wurde  auf  einen  Schlitten  festgescbranbt,  der  sich  längs 
dem  eingetheilten  liorizontalen  Brette  und  parallel  der 
Metallstange  Verschieben  liefs,  wodurch  der  gegeuseitige 
Abstand  der  verschiedenen  Punkte  der  Stange,  deren 
Temperatur  beobachtet  wurde,  leicht  und  genau  bestimml 
werden  konnte.  Um  die  Thermosäole  ledesmal  mit  deiv 
selben  Kraft  gegen  die  Stange  anlegen  zu  können»  war 
in  dem  lothreebten  Stiel  des  Stativs  eine  Spiralfeder  an- 
gebracht ,  welche  die  Säule  in  die  Höhe  hob  und  gegen 
die  untere  Seite  der  Stange  andrückte;  die  Säule  konnte 
ferner  in  gegen  die  Stange  senkrechter  Bicbtung  dersel<> 
ben  genähert  oder  von  derselben  entfernt  werden. 

Die  Beobachtongen  selbst  wurden  auf  folgende  Weise 
angestellt.  Nachdem  die  Stange  überall  eine  unveränder- 
liche Temperatur  angenommen  hatte,  was  gewöhnlich  erst 
nach  Verlauf  von  2^  bis  3  Stunden  geschah,  wurde  der 
Schlitten,  worauf  die  Säule  festgeschraubt  war,  gegen 
die  Stange  geschoben,  bis  das  obere  Ende  der  vertical 
geteilten  Sänle  gerade  unter  die  Stange  kam;  die  Säule 
wurde  dann  durch  die  Spiralfeder  des  Stativs  in  die  Höhe 
gehoben  und  gegen  den  zu  untersuchenden  Punkt  der 
Stange  giedrückt   Die  Madel  des  MuUiplicators  ward  au- 


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« 


6 


geobikkficfa  abgelenkt   leb  ffMteC«  bis  sie  ii*di  Verlauf 

von  elwa  zwei  Minuten  zur  Ruhe  kam,  und  nach  notir- 
ter  Ablenkung  wurde  die  Säule  wieder  von  der  Stange 
entfernt.  Nach  jeder  Beobachtung  wartete  ich  gewöhn- 
lich etwa  4  Minuten  ehe  icb  die  Siule  wieder  in  Be» 
itthrailg  mit  der  Stanf^e  bradite,  tbeils  um  die  Nadel  des 
Multiplicators  wieder  auf  Null  kommen  zu  lassen,  theils 
um  der  möglicherweise  durch  die  Berührung  der  Säule 
hervorgebrachten  Störung  des  Temperaturgleichgewichts 
der  Stange  Zeit  tm  Ausgleichung  zu  geben.  Dafs  eine 
aolche  Störung  Tedenfalk  sehr  gering  War,  ward  dadurch 
bewiesen,  dafs  mehrere  unmittelbar  nach  einander  an  der- 
selben Stelle  gemachte  Beobachtungen  immer  sehr  nahe 
identische  Resultate  gaben,  oder  Differenzen,  die  inner- 
halb der  Gränzcn  der  Beobachtungsfehler  fielen.  Selbst 
nach  ein  bis  zwei  Stunden  fortgesetzten  Beobachtungen 
war  die  veraidge  einer  WSrmeableltaDg  durch  die  Siule 
bervörgebraehte  Störung  entweder  ganz  unmerklich  oder 
Svifserst  gering,  wenigstens  wenn  die  Beobachtungen  so 
angestellt  wurden,  dafs  ich  immer  von  einer  weniger  er- 
wärmten Stelle  zu  einer  mehr  erwärmten  Überging,  und 
nach  der  letzten  Beobachtung  an  der  wirmsten  Stelle 
etwa  eine  Viertelstunde  wartete^  ehe  ich  wieder  mit  der 
Beobachtung  des  entferntesten  •  Punktes  anfing.  Diese 
jedenfalls  bei  häufig  und  lange  Zeit  fortgesetzten  Beob- 
achtungen doch  zu  befürchtende  Fehlerquelle  konnte  aber 
leicht  dadurch  entfernt  werden,  dafir  man  nur  die  ersten 
Ausscbifige  der  Mnltiplicatomadel  statt  der  Ablenkungen 
beobachtete,  wodurch  die  Dauer  der  Berührung  bis  auf 
wenige,  etwa  10  bis  12,  Secunden  vermindert  wurde, 
und  überhaupt  viel  Zeit  erspart  werden  konnte. 

Die  Trägheit  meiner  Multiplicatornadel  hat  mich 
hauptsftchlioh  bewogen  bei  meinen  Versndien  nicht  die 
AusschlSge,  sondern  die  festen  Ablenkangea  der  Nadel 
zu  benutzen. 

•Was  man  bei  diesen  Versuchen  unmittelbar  beob- 


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« 


7 


«chtea  wiU,  mH  der  UeberadiHit  det  Tempenitiir  dtr 
Stooge  über  die  der  an^ebendeo  Luft,  weldier  der  In- 
tensitai  det  tbenno-elektriseiieii  Stromes  proporfionirt  aii^ 

genommen  wird,  wenn  das  eine  Ende  der  Söule  die  Tem- 
peratur der  Stange,  das  andere  Ende  die  der  Luft  hat 
Nun  könnte  man  aber  gegen  die  Geneuigkeit  der  Me^ 
tbode  eiDwendeo,  ee  wSre  su  befilrcbleii,  dais  die.vo« 
der  Stange  wibrend  der  Berührung  abgeleitete  Wirme 
sieh  nach  und  nach  zu  dem  anderen  Ende  der  Säule 
fortpflanzte  und  die  Temperatur  dieses  Endes  erhöhte, 
wodurch  die  beobachteten  Temperaturunterschiede  zu  ge- 
ring aiMiaUen  mfiieten«  Nachstehende  Beobachtungffret- 
ben  teigen  aber»  dafii  die  Nadel  ihren  Stimd  im  Yerbiiif 
▼on  mehr  als  einer  balben  StoMle  niebt  kn  Geringsten 
verönderte,  obschon  die  Säule  während  der  ganzen  Zeit 
in  fortwährender  Berührung  mit  der  Stange  war. 

I.  2. 


Uhr. 

Ablenkung. 

•  Uhr. 

Ablenkung 

1^34' 

19*4 

18*,7 

36 

18,9 

22 

18,7 

38 

18  ,7 

24 

18,6 

39 

18  ,8 

25 

18  .6 

40 

18,9 

27 

18^ 

41 

18  3 

28 

18 ,« 

43 

19 

33 

18,7 

53 

19  ,5 

36 

18  ,7 

56 

19,3 

44 

18  ,7 

60 

18,8 

52 

18,7 

In  der  ersten  dieser  beiden  Beihen  bat  die  Ablen- 
kung anfangB  etwas  abgenommen,  aber  nur  um  wieder 
anf  ihre  ernte  GrAfoe  snritobialuuämen,  Ond  die  Ueinea 
Sdhwankungen  der  Nadel  beben  aleo  nor  Ihren  Gmod 

in  der  durch  Schwankungen  der  Lufttemperatur  hervor- 
gebrachten Veränderung  der  Temperatur  der  Stange.  In 
der  zweiten  Reibe  hat  die  Nadel  drei  Viertebtunden  lang 
ihren  Stand  ganz  unvertbidert  beballen. 

Der  ,mir  sn  Gehole  alieheiide  Hnltiplioator  war  etwas 


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8 

trige,  die  Zeit  einer  BoppelsobwiD^tig  des  Nadelsjalems 
war- 26",!;  Er  wurde,  oadi  MelioDi's  Methode,  mit- 
telst der  ThermosSnle  graduirt,  und  es  ergab  sich,  dafs 

schon  bei  Ablenkungen,  die  6  Grad  überschritten,  die 
Intensität  des  elektrischen  Stromes  nicht  wehr  den  Ab- 
leokungen  proportiooirt  waren >  wfihrend  bei  den  Mel- 
loni 'sehen  Multiplicatoren  diese  ProportionalitAt  sich  bei- 
linfig  bis  20®  erstreckt.  -  Bei  der  Graduirang  des  Mal- 
tipHcators  sowohl  als  bei  den  späteren  Versuchen  zeigte 
sich  ein  üebelstand,  dessen  wahren  Grund  nebst  Mittel  ' 
zu  seiner  Beseitigung  ich  vergebens  gesucht  habe.  Die 
Madel  des  Multiplicators  veränderte  nämlich  fortwährend 
Ihren  Stand,  so  dais,  wenn  sie  bei  dem  Anfang  der  Beob- 
achtungen genau'  auf  Null  eingestellt  war,  sie  nach  been- 
digten Versuchen  bald  rechts,  bald  links  vom  Nullpunkt 
zur  Ruhe  kam,  und  von  einem  Tag  bis  zum  andern  oft 
eine  Abweichung  von  mehreren  Graden  zeigte.  Ich  ver- 
muthete  sogleich,  dafs  die  in  den  um^chliefsenden  Glas- 
ejlinder  möglicherweise  stattfindenden  Luftströmungen 
die  Hauptursache  dieser  Bewegungen  sejen,  und  liefs  da- 
her die  Nadel  so  viel  wie  möglich  luftdicht  einschliefsen, 
ohne  dafs  aber  die  Bewegungen  dadurch  merklich  ver- 
ringert wurden.  Stand  der  Zeiger  rechts  vom  Nullpunkt 
und  legte  ich  die  Hand  auf  die  rechte  Seite  des  nmschlie- 
isenden  Glascjlinders,  so  wanderte  die  Nadel  nach  Ver- 
lauf von  wenigen  Secunden  nach  der  linken  Seite,  und 
konnte  auf  diese  Weise  oft  bis  zu  einer  Abweichung 
von  4  bis  6  Graden  links  gebracht  werden.  Nahm  ich 
die  Hand  wieder  weg,  so  ging  die  Nadel  nach  einiger 
Zeit  wieder  auf  ihre  frühere  Stelle  rechts  vom  Nullpunkt 
surOch.  Aehnliche  Erscheinungen  iSanden  statt,  wenn  der 
Zeiger  ursprünglich  links  vom  Nullpunkt  stand  und  ich 
die  Hand  auf  die  linke  Seite  des  Glascjlinders  legte. 
Dagegen  habe  ich  mehrmals,  statt  die  Hand  auf  den  Glas- 
cjlinder  su  legen,  ^esen  mittelst  der  Flamme  einer  Spi- 
ritmlampe  erwirmt,  ohne  daft  dadurah  ein  merklicher 


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9 


Rückgang  der  Nadel  bewirkt  wurde,  wenigstens  nicht  so 
grofs  wie  bei  der  Auflegung  der  Hand.  Die  durch  die 
Hand  bewirkte  Erwärmung  des  Glases  scheint  also  nicht 
die  Ursache  der  erwähnten  Erscheinung  zu  sejn;  eben 
so  wenig  ist  sie  in  dem  das  Mulliplicatorgewinde  bilden- 
den Kupferdraht  zu  suchen,  da  ein  gewöhnlich  vorkom< 
mender  magnetischer  Zustand  einzelner  Theile  desselben 
zu  einer  Störung  ganz  anderer  Art  Anlafs  giebt.  Ich 
habe  mich  übrigens  durch  specielle  Versuche  überzeugt, 
dafs  mein  Multiplicatorgewinde  keinen  störenden  Einflufs 
dieser  Art  ausübte. 

Die  durch  Temperaturveränderungeu  hervorgebrachte 
ungleiche  Ausdehnung  des  Messingständers,  an  dem  der 
das  Nadelsystein  tragende  einfache  Coconfaden  befestigt 
war,  bewirkte  auch  häufig  eine  Excentricität  des  Zeigers, 
die  eine  mitwirkende  Ursache  zu  diesen  Wanderungen 
der  Nadel  sejn  möchte. 

Obschon  ich  sowohl  bei  der  Graduirung  des  Multi- 
plicators,  als  bei  den  folgenden  Versuchen  immer  sorg- 
fältig den  Stand  der  Nadel  controlirt  habe ,  macht  doch 
diese  Unruhe  derselben  in  Verbindung  mit  dem  Umstand, 
dafs  die  zur  Graduirung  gebrauchten  Argand'schen  Lam- 
pen nur  für  kurze  Zeit  eine  ganz  constante  Wärmestrah- 
lung darboten,  dafs  ich  die  Genauigkeit  der  nachstehen- 
den Intensitätstafel  nur  bis  auf  ein  oder  höchstens  zwei 
Zehntelgraden  verbürgen  kann. 

Tafel  dea  Verhältnisses  /.wischen  der  Intensität  des  elcktriachen 
Stromes  und  den  entsprechenden  Ablenkungen  der  Nadel  meines 
Multiplicators. 

Ablt;nk.  I  Kiah.  1  DifT.  lAblcnlt.  1  Kraft.  I  Diff.  1  \blenk.  1  Kraft.  1  DilT. 


1!^ 
2 

a 

4 
S 
6 

1 


M 

6^ 
7.1 


LO 
L» 
LO 
M 


11 
8 

lü 
u 

12 

13 


u 

8^ 

M 

10.6 
11.8 
13.0 
14.2 


Li 

L^ 
L2 

L? 
L2 


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10 


Kraft. 

DilL 

Kraft. 

nifi: 

KralL 

1  Di'fl 

13! 

20 

21 

22 

23 

2i 
25 
26 
21 

2'2,0 
23,4 
24,8 
26,2 
27,6 
29,0 
30,5 
32,1 
33,7 

\A 
1.4 

LI 

L4 
\Ä 
L5 

L6 

L6 

27° 
28 
28 
30 

a2 

33 
34 

32 

33,7 
35,4 
37,2 
39,1 
41,1 
43,2 
45,6 
48,3 
51,0 

1,7 

1,8 

L9 

2^0 

2il 
2^ 

2J 

35° 

36 

32 

38 

33 

4ü 

41 

42 

51,0 
53,8 
56,8 
60,0 
63,3 
66,7 
70,2 
73,8 

2^ 
3,0 

M 

3^ 

Weiter  als  bis  42'^  habe  ich  die  Graduiruog  nicht  fort- 
gesetzt, weil  ich  überhaupt  nur  kleine  Temperaturunter- 
schiede zu  messen  beabsichtigte,  und  weil  die  Kräfte  bei 
gröfseren  Ablenkungen  so  schnell  zunehmen,  dafe  die 
unvermeidlichen  Beobachtungsfehler  auf  die  Genauigkeit 
der  Versuche  einen  zu  grofsen  EinQufs  haben  würden.  Wo 
ich  gröfsere  Temperaturunterschiede  zu  messen  wünschte, 
habe  ich  vorgezogen  eine  Widerstandsrolle  io  die  Kette 
einzuschalten,  um  dadurch  die  Ablenkungen  der  Nadel 
innerhalb  der  Grenzen  der  Tafel  zu  bringen. 

Ehe  ich  zur  Discussion  der  eigentlichen  Versuche 
übergehe,  wird  es  gut  sevn  sich  eine  vorläufige  Idee  zu 
bilden  von  dem  Grade  der  Genauigkeit,  die  bei  dieser 
Art  von  Versuchen  überhaupt  zu  erreichen  ist,  oder  von 
der  Gröfse  des  Beobachtungsfehlers,  der  bei  den  von  mir 
angestellten  Versuchen  befürchtet  werden  mufs. 

1)  So  eben  habe  ich  gesagt,  dafs  ich  die  Genauigkeit 
der  Intensitätstafel  nur  bis  etwa  ein  Zehntelgrad 
verbürgen  kann. 

2)  Der  Multiplicator  ist  nur  in  ganze  Grade  einge- 
theilt,  und  obwohl  die  Ablesungen  mittelst  einer 
Lupe  gemacht  wurden,  kann  doch  der  Fehler  ei- 
ner einzelnen  Ablesung  auf  0,1  bis  0,2  Grade  ge- 
schätzt werden. 

Ii)  Die  früher  besprocheneu  Veränderungen  in  dem 
Stande  des  Nullpunkts  der  Nadel  lassen  auch  im- 
mer einen  Fehler  von  etwa  0,1  Grad  befürchten. 
Den  durch  diese  drei,  hauptsächlich  in  UnvoUkom- 


d  by  Googl 


11 

inenheiteu  meines  Multiplicators  liegenden  Fehlerquellen 
(die  also  gegen  die  Brauchbarkeit  der  Methode  im  Ali- 
gemeinea  nichts  beweisen  können),  zusammen  hervorgc» 
iNracbtcD  etwaigen  Fehler  einer  einzelnen  Beobeohtung 
ecMtee  ieh  deher  enf  0^  bis  üfi  Grad. 

4}  Die  gröfste  Unsicherheit  in  den  erhaltenen  Resul- 
taten entsteht  aber  durch  die  Schwankungen  der 
Temperatur  der  Luft  im  Zimmer,  und  die  durch  die 
stetigen  Luftströmungen  hervorgebrachte  partielle 
Erwännang  und  Erkaltung  einzelner  Stellen  iler  bei 
den  Versuchen  angewandten  Melalktangen ;  ein 
Uebelstand,  der  besonders  bei  Beobachtung  sehr 
kleiner  Unterschiede  zwischen  der  Temperatur  der 
Stange  und  der  der  Luft,  und  bei  dem  geringen 
DorduneBeer  der  ersteren  you  grofiBeBi  Einflufs  Ut 
-^Die  QWIfee  des  hiednrdi  bervorgebnwblen  Unter- 
scfaiedes  twiscben  sweien  Beebaohtungen  an  der- 
selben Stelle  ist  natürlich  von  der  Veränderlichkeit 
der  Lufttemperatur  abhängig;  selten  übersteigt  er 
Jedoch  einen  Grad,  wenn  nicht  die  Uinstände  so  ua* 
glhifltig  wairen,  daCs  überhaupt  die  ganze  Beobaeb- 
tnng^reibe  verworfen  werden  niuftle.  Durch  Ver- 
vielfältigung der  Beobaebtnngen  kann  indessen  diese 
Fehlerquelle  ziemlich  eliminirt  werden,  und  der 
hieraus  entspringende  Fehler  in  den  später  mitzu- 
theilenden  Versuchen  mag  wohl  höchstens  0^>5  be- 
tragen ^  )• 

So  lange  also  die  Unterschiede  zwisobeo  den  beob- 
achteten und  berechneten  Werthen  des  Temperaturüber- 

1)  Mellon i  sagt  {Annates  de  chim.  et  de  phjrs.,  LUI^  p.  29)  von 
dem  Grade  der  Genauigkeit,  die  bei  Beobachtuogen  mit  der  Thermo- 
jSoU  über  die  strahlende  Warme  ttmcht  wurde,  dafs  bei  seinen 
Versuchen  die  Uoterschiede  zwischen  vei;«chiedeneo  Beobachtungen 
deraelben  Wärmestrahlung  oft  Null  waren,  bisweilen  0°,5,  und  nie 
aber  einen  Grad.  Also  scheint  der  zu  befürchtende  Fehler  einer  ein- 
zelnen Beobachtung  bei  meinen  Versuchen  nicht  viel  grö£ser  SU  SCjrn 
als  bei  Beobachluogeo  über  die  atrablcode  Wärme. 


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12 


Schusses  der  Stauge  uicht  einen  bis  andcrlhalb  Grad  über- 
steigen, kann  daraus  noch  nichts  gegeu  die  Richtigkeit 
der  Theorie  gefolgert  werdeu. 

Eine  Aeoderung  tob  einem  Grad  in  der  Ablenkung 
entspricht  aber  einem  verachiedeiien  Intenaltitsanterschied 
je  nach  der  Grdfse  der  Ablenkno^.  Zwisdien  0^  nnd 
zeigt  im  Mittel  1"  Unterschied  in  der  Ablenkung  eine 
Veränderung  der  Intensität  von  1,17,  zwischen  20^  und  30^ 
von  1,71,  und  zwischen  SO""  und  40''  von  2,76.  Durch 
Versncher  die  spiter  angegeben  werden,  habe  ich  gefun- 
den,  dafii  bei  meiner  SSnle  und  meinem  Multiplicator  ein 
Unterschied  in  der  Intensität  des  thermo-elektrischen  Stro- 
mes gleich  1  einem  Temperaturunterschied  von  0**,133  C. 
entspricht.  Der  zu  befürchtende  Beobachtung^fehler  wird 
also,  selbst  bei.  den  gröfeten  Ablenkungen,  nicht  etwa 
0^,4  C.  ttlientieigen.  In  der  That  hat  er  auch  nie^  selbst 
unter  den  ungünstigsten  Umstanden  diese  Grinze  erreicht. 

Die  Metalle,  die  ich  zu  meinen  Versuchen  ange- 
wendet habe,  sind  Kupfer,  Stahl,  Zinn  und  Blei;  sie  wa- 
ren alle  zu  cjlindrischen  Drähten  oder  dünnen  Stäben 
ausgezogen,  und  ihre  Länge  so  groCs,  dafs  selbst  in  der 
Mitte  des  Stabes  kein  EinAufe  der  W^HrmequeUe  mehr 
zu  apfiren  war;  nur  bei  dem  besser  leitenden  Kupfer- 
draht war  eine  Erwärmung  bis  gegen  das  Ende  hin  zu 
bemerken.  Da  mein  Zweck  bei  diesen  Versuchen  mehr 
die  Bestätigung  des  analytischen  Gesetzes  und  die  Prü- 
fung der  Methode  des  Experiments,  als  die  Bestimmung 
der  Leitungsfähigkeiten  der  angewendeten  Substanzen  war, 
so  Kefs  ich  den  Stäben  ihre  metallische  Oberfläche;  bei 
den  drei  erstgenannten  Metallen  blieb  die  Oberfläche  wäh- 
rend der  Versuche  ziemlich  rein  und  blank;  allein  der 
Bleidraht  hatte  sich  bald  mit  einem  Oxjdhäutchen  über- 
zogen, das  nach  )eder  Erwärmung  dicker  wurde. 


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13 


versuche  all  den  Kapferdreht.  - 

Durchmesser  des  Drahtes  =5,87  Milliineler.  Länge 
des  Drahtes  =1,42  Meter. 

I. 

Miulcre  Tem|MMrMiir  der  Luft  +]9*J8  C. 

Kraft 


4 
6 
8 
10 
12 
U 


Abieokang 


26*.95 
21  ,3 
16,1 

12  .1 
8,9 

7  4 


beobacht. 


33,62 
25,22 
18,23 
13,12 
9,28 


berechn. 


33,93 
24,78 
18,08 
13,19 

1/& 


-  0,33 
-f-0,44 
-f0,15 
-0.17 
— Oi^ 

-HOS 


Bezeichnet  man  die  mit  dem  Temperaturüberschufs  pro- 
|»ortionaIe  Stromstärke  durch  f\  and  durch  x  die  von 
einem  beliebigen  Anfangsponkte  gerechneten  Abecifisen, 
positiy  won  dem  wfirmeren  gegen  das  knUere  Ende  der 

Stange,  bedeutet  ferner  cj  den  normalen  Querschnitt  des 
Stabes  oder  Drahtes,  e  den  Perimeter  dieses  Querschnit- 
tes, k  die  innere,  p  die  äufsere  WärmeleituugsfäbigWeit 
des  Körpers,  den  man  untersuchen  will,  und  setzt  man 


so  ist  bekanntlich  der  analytische  Ausdruck  für  die  Wftr- 
mevertheilong: 

•»«ao*  (j) 

wenn  m= 2. 302585  der  Mbdabs  der  natOrlichen  Lo- 
garithmen ist   Ans  dieser  Gleichung  findet  man: 


m 


Die  obigen  Beobachtungen  geben: 
log  i  =  1,80450  —  0,06842  x. 
Die  Einheit  der  Abscisscn  in  dieser  und  in  allen  folgen- 
den Versuchsreihen  ist  gleich  40  Millimeter. 

Die  mit  diesen  Werthen  der  Constanten  berechne- 
ten Werlhe  von  i  stimmen,  wie  man  sieht,  sehr  gut  nrit 
den  beobachteten,  da.  der  gröfste  Unterschied  beider  nur 


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14 


0,4  oder  0^06  C.  betriff.   Bei  lo  kleinen  Temperatur* 

Überschusse,  wie  in  dieser  Versuchsreihe,  wo  der  gröfste 

Ueberschufs  Dicht  über  4**,5  C.  steigt,  scheint  also  das 
Gesetz  der  geometrischen  Progression  ganz  genau  zu  sejn. 


II. 

Mildere  Lufttemperalor  19^54. 


Ablenkung. 

-  -    •   -■ 

bcobacht. )  bereebn. 

J 

4 

25",97 

32,05 

32,60 

—0,55 

6 

19.70 

22,48 

22,57 

-0,09 

14  ,15 

15.70 

15,63 

+0,07 

10 

10  .45 

11,14 

11,07 

-H).07 

12 

7  .55 

7,71 

7,66 

4-0,05 

14 

4,97 

4,97 

5,3] 

-^,34 

10^1=1,83275  — 

0,07987  X, 

Auch  bier  findet  eine  fast  voUständige  Uebereinetimmang 
swiscbcn^  den  beobachteten  und  berecbneten  Temperatur* 
flberacbilaMn  alatt 


Btitltn«  Lufltemperatär  ^^^^63.'  ^  ^ ' "  "   ^ ' 


AblenkoDg. 

t 

beobacbt.  ]  berecbn. 

J 

0 
2 
3 
6 
9 

41»,97 
.33  ,60 
29  ,93 
18  ,95 
11 ,17 

70,60 
47,22 
38,97 
21,93 

70,35 
47,54 
39,08 
21,70 
1^06 

+0,25 
—0,32  * 
-0,11 
+0,23 
—0,06 

I  fi-l-lf 


IV. 

Mittlere  Lnfitteropcrttiir  19*,4t» 


X 

AblenlmDg. 

i 

beobacbi.  j  bereckn. 

J 

0 

4r.03 

70,55 

70,52 

+0,03 

1 

38  ,07 

60,23 

59.73 

+0,60 

2 

34,67 

50,11 

50,59 

—0,48 

,  21,87 

26,02 

26,04 

—0,02 

9 

14,« 

15.8K 

15,82 

+0,08 

log  i  » 1,848»  ^  0,07212 


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15 


V. 

Mftllero  Lufilraiipcratnr  lfi*,M. 


X 

Ablenkung. 

J 

beobacbt. 

bereclin. 

0 

42»,18 

74,45 

73,94 

+0,51 

6 

21  ,37 

25,32 

25,70 

-0,38 

9 

13  ,75 

15,18 

15,15 

-i-0,03 

12 

8  ,65 

8,98 

8,93 

+0.(» 

logi  = 

1,86890  - 

0,07651  X. 

Da  der  Unterschied  zwischen  den  beobachteten  und 
berechneten  Wertben  von  i  in  keiner  von  diesen  fünf 
Versuchsreihen  über  €^5  beträgt  oder  0<^,07  GL,  so  $pheim 
dadurch  das  Gesetz  der  Wärmevertbetiaiig,  «reDigatoiu 
ffir  TemperaturflbersebUsae,  die  70,0  oder  beilfinQg  10? 
C.  nicht  Übersteigen,  in  Bezug  auf  Kupfer  Tellig  bestä- 
tigt. Um  zu  sehen,  ob  dieses  auch  für  etwas  höhere 
Temperaturen  der  Fall  sey,  habe  ich  in  die  Thermo- 
kette  eine  Widerstandsrolle,  bestehend  aus  einen  sehr 
dfioneD».  25  Fafs  laogen  Knpüardr^ht,  elnisfSGbffltet,  D«r 
Widerstand  dieser  RoUe  ist  aas  mehreren  VerBOKhen 
gleich  4,922  gefunden,  wenn  der  Widerstand  der  SSnle 
und  des  MuUiplicators  ohne  Rolle  gleich  Eins  ist;  also 
verhält  sich  die  Stromstärke,  wenn  kein  Widerstand  ein- 
geschaltet ist,  za  djfir  StroiDstttrke  im  entgc^engesetztfm 
Falle  wie  1  «1-4,922  t  l,  oder  sie  ist  94^22  Mal  so  fyofs. 
Auf  diese  Weise  winden  folgende  zwei  Vemwiisreiben 
augestellt: 


VI. 

MiitleM  Loftimpcmiir  l$^(MiL 


X 

Ablenkung. 

1 

J 

beobMht. 

bcrccbn« 

0 

22",71 

27,19 

27,58 

-0,39 

2 

16  ,97 

19,26 

19,28 

-0,02 

3 

10,93 

11,72 

11,26 

4-0,46 

6 

6,38 

6.42 

-0,16 

1^841  — 0»077Mdr. 

Der  Anfirngspunkt  der  Atecisson  in  den  irQker«n  Beob* 
achtungen  entspridit  der  Abscisse  a-ssd  in  dieser  und 

der  folgenden  Versuchsreihe. 


Digitized  by  Google 


16 


VII. 

Mitlitt«  Ltiftiaoipttrtiir  80*,76, 


X 

Ablenkung. 

1 

beobarht. 

■ 

bererhn. 

J 

0 

22°,56 

27,07 

27,33 

-0,26 

'  2 

16  ,55 

18,72 

18,81 

—0,09 

3 

10  ,44 

11,13 

10,75 

+0.36 

6 

6,01 

6,01 

6^14 

^13 

Ugitm  1,51772  —  0.06100«. 

Die  Unterschiede  zwischen  den  beobachteten  und  berech- 
neten Werlhen  von  i  sind  auch  in  diesen  beiden  Rei- 
hen so  klein,  dafs  kein  Zweifel  über  die  Richtigkeit  des 
GesefzeB  stattfinden  kann;  auch  ist  das  logarithmische 
Decrement  oder  der  Exponent  der  geometrisdien  Pro* 
gression  derselbe  wie  frOher. 

Nimmt  man  an,  dafs  dasselbe  Gesetz  auch  für  hö- 
here Temperaturen  gültig  sey,  so  kann  man  dadurch  die 
Temperatur  des  erwärmten  Endes  des  Kupferdrahts  in 
Moltiplicator- Einheiten  bestimmen,  und  damit  das  Ver- 
hSltnifs  zwischen  der  StromstSrke  und  den  Thermome- 
tergraden finden.  Der  Draht  ging  durch  einen  Kork,  der 
in  ein  nahe  an  dem  Roden  des  Kochgefäfses  angebrach- 
tes kurzes  Ansatzrohr  pafste,  in  das  siedende  Wasser 
hinein ;  ich  habe  die  Mitte  dieses  Korkes,  oder  das  äufsere 
Ende  des  Ansatzrohrs,  als  denPnnkt  betrachtet,  wo  der 
Kupferdraht  noch  die  Temperatur  des  Wassers  hatte;  der 
Abstand  dieses  Punktes  von  dem  Anfangspunkt  der  Ab- 
scissen  war  gleich  — 6,15.  Man  findet  folglich  für  den 
Temperaturüberschufs  dieses  Punktes  in  Multiplicator-Ein- 
heiten  nach  Versuch  VI: 

•  »90,78. 

Der  Ueberschufs  der  Temperatur  des  Vl^assers  Über 

die  der  Luft  ist  gleich  100"  —  19",60==80o,4.  Also  ent- 
spricht 1  Grad  C.  VW  =  1.'235  Einheiten  des  Multipli- 
cators.  Auf  dieselbe  Weise  findet  man  aus  Versuch  VII 
V  C.  gleich  1,311  Multiplicator- Einheiten.  Ais  Mittel 
$m  beiden  Bestimmuogen  habe  ieh  daher  angenommen» 

doft 


Digitized  by  Gopgle 


17 

dafs  1^  der  hunderttheiligen  Scala  1,273  Multiplicator- 
£iDbeiteA  entspricht,  wenn  die  Widerstandsrolle  in  die 
Kette  eingescbaltet  ist.  Da  die  StromstSrke  ohne  Wi- 
derstandsrolle  5,922  Mal  gröfser  ist,  als  mit  derselben, 

so  kann  man  annehmen,  dafs  1°  C.  im  ersteren  Fall 
7,537  Multiplicalor- Einheiten,  oder  dafs  1"  des  Multi- 
plicators  von  ^iull  au  gerechnet  0^,133  des  hondertthei- 
Ilgen  Thermometers  entspricht 


Versttclie  mit  der  Zinnitange. 

Durchmesser  der  Stange  =9,28  Millimeter, 
derselben  =1,66  Meter.  > 


Mittlere  Lofttempcratnr  17^,03. 


beobacht.  berecbn. 


4 

19»,70 

22,98 

22,26 

5 

14  ,85 

16,61 

16,60 

6 

11  ,30 

12,16 

12,37 

8 

6,55 

6,61 

6,87 

B 

5  ,10 

5,10 

5,12 

10 

3,77 

3,77 
2,97 

3,82 

^^7 

2,85 

hgi^  1,47517  -  0,12758 


4-0,72 

-fo,oi 

—0,21 
—0,26 
-0,02 
—0,05 
+042 


Länge 


II. 

Srlittlere  Lufueroperatar  16^31. 


^  1 

1 

Ablenkung. 

i 

bcobacht  |  iicrccl  ti 

A 

1 

36",37 

54,91 

53,67 

+1.24 

4 

18,90 

21,87 

21,99 

-0,12 

6 

11  ,27 

12,12 

12,14 

—0,02 

8 

6,27 

6,30 

6,69 

—0,39 

II 

2  ,87 

2,87 

2,74 

+0,13 

log  i  =  1,85885  —  0,12914  x. 


Poggcndoffff**  Anoal.  Bd.  LXVI. 


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18 


Mittlere  Luftieniperatqr  16%4(>. 


■  .  ■ 

AUettkung. 

» 

beobacht.  |  berechn. 

25".40  (') 

184,41 

164,73 

hl9,68 

36  47 

54,31 

63,31 

-  1,00 

19  ,3 

22,42 

22,02 

-  0,40 

6  / 

11,0 

11,80 

12,22 

-  0,42 

8 

6,5 

6,55 

6,78 

-  0,23 

11 

a.9 

2,90 

2,80 

+  0,10 

%  =  135481  —  0.12798  x. 
IV. 

Mitllere  Lafttcmperatnr  16*,06. 


fo^  •  as  1^7199  —  0,13571  x, 
V. 

Mittlere  LvftitaiperMttr  I7*,I1* 


X 

Ableokaog. 

• 

t 

beobacht.  j 

berechn. 

1 

36»,95 

56,65  1 

55,52 

4 

18  ,7 

21,61  ; 

21,94 

5 

14  ,7 

16,41  \ 

16,09 

6 

10,6 

11.32  1 

11,81 

8 

«.4 

6/44  i 

6.36 

9 

5,0 

5,00  ! 

4,67 

10 

3,5 

3,50  I 

3,42 

11 

2,35 

2,35  ' 

2,51 

+1,13 

-0.33 
+0.32 
—0,49 
--0,08 
--0,33 
--0,08 
—0,16 

log  i  =  1,87893  —  0,13445  x. 

Mao  sieht,  dafs  auch  für  die  ZionstaDge  die  Temperatur- 
fibenchOBse»  bei  kleinen  Wertben  derselben»  genau  dem 
Gesetz  der  geometriscben  Progression  folgen.   Allein  für 


X 

1  Ablenkung. 

beobacht. 

• 

berechn. 

4  . 

—  2 

+  1 

6 
8 
11 

2r,05 
36,12 
18,90 
10,45 
6,13 
2,4 

147.22 
54,16 
21,87 
11,14 
6,14 
2,40 

139,16 
54,49 
21,34 
11,42 

6,11 
2,39 

+8,06 
—0,33 
+0,53 
—0,28 
-H).93 
+0^1 

1 )  Mittelst  Einschaltung  der  WidcratandMrolIc  beobachlet. 

2)  Mit  Wadentandtfolle. 


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Teinperaturiiberschüsse,  die  mehr  als  etwa  30  Multipli- 
cator>£iDbeiten  oder  beiläufig  4*'  C.  betragen,  scheiat 
diefs  nicht  mehr  der  Fall  zu  sejn,  da  die  berechneten 
Werfhe  von  i  stets  kleiner  sind  als  die  beobachteten. 
Den  Grund  dieses  Unterschiedes  woUen  wir  «pSter  un- 
tersuchen bei  der  Dfscnssion  der  Versuche  mit  den  Blei- 
und  Stahldrähtei),  wo  diese  Abweichungen  in  noch  gröfse- 
rem  Maafse  hervortreten. 

Versuche  mit  der  Bleistange. 

Durchmesser  des  Drahtes  s=9,41  Miilimeter.  Lfinge 
desselben  =1,^  Meter. 

I. 

Mittlere  Luftlemperaipr  18*,97. 


X 

Ablenkung. 

1 

beobacht. 

berecbn» 

J 

10 

2°,57 

2,57 

2,61 

-  0,04 

4  ,*37 

4,37 

4,26 

+  0,11 

7 

5.45 

5.45 

5,43 

H-  0,02 

6 

6,75 

6,83 

6.94 

—  0,11 

5 

9  ,43 

9,92 

8,87 

+  1,05 

4 

12  ,35 

13,42 

11,32 

+  2,10 

3 

16,67 

18,97 

14,46 

4-  4.51 

0 

38  »27 

60^ 

3(M4 

4^,7» 

Aus  den  ersten  vier  Beobachtungen  ist  abgeleitet: 

log  i  =  1.47909  —  0,10629  jf , 

wodurch  die  Beobachtoogen  bis  einfin  Tenpenitiirttber^ 
Schafs  von  etwa  7  Einheiten  genau  ausgedrOdit  werden; 

allein  für  gröfsere  Temperaturunterschiede  giebt  die  For- 
mel immer  zu  kleine  Wcrthe,  und  die  fortschreilende 
GröÜBe  der  Unterschiede  zwischen  den  beobachteten  und 
berechneten  Werthen  von  i  seUt.os  anüier Zweifei,  dab 
das  einfache  Gaset«  der  ^ometrisehen  Progression  hier 
nicht  länger  gfikig  ist.  Dassdbe  Resnltal  geht  ans 
den  fol^ctiiiiii  zwei  Beobachtuugsreihen  ebenfalls  deut- 
iich  hervor.  '/* 

2* 


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fl. 

Mittkra  Lufttemperatur  l9fJ^L 


X 

Abs  % 

Ableumig. 

1 
1 

beobackt. 

berechn* 

10 

2^9 

2,90 

2,96 

8 

4  ,78 

4,78 

4,51 

7 

5  ,43 

5,43 

5,56 

6 

6.70 

6,77 

6,85 

5 

9,07 

9,48 

8,44 

4 

12  ,15 

13,18 

10,41 

3 

16,90 

19,27 

12,83 

0 

37  ,73 

59,14 

21,01 

—  0,06 
+  0,27 
^  0,13 

-  0,08 
+  1,04 
-f  2.77 
+  6,44 

+3&,13 


log  i  s=  1,38041  —  0,09079  :r. 

< 

III. 

Mittlere  Lufttemperatur  22°,80. 


X  AbM^i^J 


beobachl.  )  bereclin 


10 
8 

7 
6 
5 
"4 

3 


1»,97 
3,12 

4,07 
5  ,70 
6,81 

um 

34,37 


1,97 
3,12 
4,07 
5,70 
6,89 
10,40 
15,54 
49,30 


1,92 
3,24 
4,21 
5,46 
7.09 
9,22 

ii,ir7 


+  0,05 

—  0,12 

—  0,14 
+  0,24 

—  0,20 

4-3,57 
+23^07 


Isartal  1,4189a  TT  O,ll30x. 
Der  Grand  dieser  Abweichung  ist  schwerlich  in  den  Di« 

mensionen  des  Bleidrahts  zu  suchen:  denn  erstens  war 
dessen  Länge  so  grofs,  dafs  selbst  in  der  Mitte  keine 
Spur  von  Erwärmung  zu  bemerken  war;  )a  die  Säule  gab 
BOgar  bei  Berührung  mit  dem  von  der  Wärmequelle  ent- 
fernten Ende  des  Drahte  einen  kleinen  negpitiTen  An», 
sohlag,  weil  die  Teroperatar  des  Zimmers  gewöhnlich  vor 
den  Versuchen  im  Steigen  war,  und  das  unerwärmte  Ende 
des  Drahts  nicht  sogleich  den  Aenderungen  der  Lufttem- 
peratur folgen  ikonute,  sondern  immer  hinter  denselbea 
Mrückbiieb;  zweitens  war  auch  der  Durchmesser  des 
Drahts  so  geringi  dafs  man  wohl  selbst  bei  den  schleeb* 
ter  leitenden  Metalien  annehmen  kann,  dafs  em  normaler 
Querschnitt  des  Drahts  überall  dieselbe  Temperatur  hatte ; 


Digitized  by  Gopgle 


21 

wenigBteot  habe  ich.  bedbachtH  dtSa  wadii.  die  ThenM*- 
sSole  mit  der  imteieD  Seite  des  Drahts»  in  Berahnwg 

war,  und  ich  den  Finger  auf  die  obere  Seite  legte,  die 
Multiplicatornadel  schon  nach  eio  Paar  Secunden  abge^ 
lenkt  wurde.    Es  bleibt  also  nur  übrig  aoxunehmen,  dais 
<Ue  Wirmeleittin^fllhiglLeit  der  untenuehten  Metalle  i^icbt 
▼on  der  Temperatiir  imabhliigig  sind»  irie  bei  der  Ber- 
leitung  der  Formel  (A)  voiamgosetel  ist,  eendeni  d«(a 
die  von  der  Temperatur  abhängigen  Variationen  der  Grö- 
iseo  p  und  ^,  selbst  bei  so  kleinen  Temperaturüberschüs- 
sen wie  in  den  letzten •Versucbsreihen»  noch  von  erheb- 
lichem EinfluiiB  sind. 

Wenn  wir  aber  p  und  g  ab  Functionen  yon  /  be- 
trachten, so  läfst  sich  leider  die  Differentialgleichung,  wel- 
che das  Verhältnifs  zwischen  i  und  t  ausdrückt,  nicht 
mehr  unter  endlicher  Form  integrircn;  nur  in  dem  FaJJ, 
dafs  die  Temperaturüberschfisse  klein  sind,  hat  Poisson 
gezeigt,  wie  man  annähernd  die  Gleichung  für  die  con- 
stante  Wftrmevertheilung  in  der  Stange  finden  kann 

Nimmt  man  an,  dafs  die  Werthe  von  A  und  p  nach 
Potenzen  von  /  entwickelt  worden  sind,  läfst  aber  die 
Glieder  die  das  Quadrat  und  höhere  Potenzen  von  / 
enthalten 9  anÜBer  Betracht,  so  kiinn  man  setzen  statt  k 
und  pi 

man  bekommt  dann  die  Gleichung  für  die  constante  War- 
mevertheilung  in  der  Stange: 

[i-f(r-««))e.io~-Vf  (y-2»)io~- '  {€) 

wo  O  den  Temperaturüberschufs  der  Stange  für  die  Ab- 
scisse  x=0,  m  den  Modulus  der  natürlichen  Logarith- 
men bedeutet,  und  wie  oben 


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22 


Bcfte&net  ibad  nach  dieskrr  Fornel  nieib^  oben  angefähr- 
ten  Versuche  mit  dem  Bleidrahte,  so  findet  man  im  All- 
gemeinen eine  sehr  gute  Uebereinstimmung  zwischen  den 
beobachteten  und  berechneten  Temperaturen,  da  der  Un- 
Uncbied  beidor  nie  die  GrJliiKe  der  möglichen  Beobacb* 
tttPfffeMer'  fibergdkreitet  <^  Mittelst  der  Metbode  der 
kleiosten  Quadrate  findet  man  aoa  der  ersten  Verraehe- 
reihe  die  wahrscheinlichsten  Werlhe  der  Constanten  g, 
0  und  (y— 2»): 

=  0,112063 

^~2n=  0,028437 
e  =:60,8207. 


0 
3 
4 
5 
6 
7 
8 
10 


beobacht. 


60,89 
18,97 

13,42 
9,92 
6,83 
5,45 
4,37 
2,57 


berechn. 


60,82 
19,33 
13,63 
9,74 
7,06 
5,18 
3,83 
2,15 


+0.07 
-0,36 
—0^21 
+0,18 
-0,23 
--0,27 
--0,54 
--0^2 


Auf  dieselbe  Weise  iindet  man  aus  der  zweiten  Ver- 
suchsreihe  die  wahrscbeiolicbstea  Warthe: 


^     =  0,110905 

^-2«a  1^080282 
e      sH^6104.  . 


beobacht. 


berechn. 


0 
3 
4 
5 
6 
7 
8 
10 


59,14 
19,27 
13,18 
9,48 
6.77 
5,43 
4,78 
2,90 


59,61 
18,79 
13,20 
9,41 
6,81 
4,98 
3»68 
2,06 


—0,47 
+0.48 
—0,02 
+0.«7 

-0.04 
--0,55 
-  -1.10 


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2S 

Die  dritte  Versuchsreibe  giebl: 

I 

^      »  0,10357 

iMM388 
9  49,9857«. 


X 

i 

\  ' 

beobacht. 

bcrechn. 

0 

49,30 

49,29 

-f-0,01 

3 

15,&4 

15,22 

-j-0,32 

4 

10,40 

10,57 

-0,17  ' 

5 

6,89 

7,45 

-0,5« 

6 

5,70 

5,32 

-H).38 

7 

4,07 

3,85 

-f0,22 

8 

3,12 

2.82 

4-0,30 

10 

1,97 

1,57 

+0,40 

Die  drille  dieser  Versuchsreihen  wurde  erst  14  Tage 
nach  der  ersten  angestellt,  und  die  Bleistange  hatte  sich 
inzwischen  mit  einer  starken  Oxjrdscbicht  Aberzogen;  diefis 
mag  ▼ieneicbt  der  Grand  seyn ,  dafs  die  Wertfae*  von  g 
etwas  kleincfr,  die  Werthe  von  y — 2ft  dagegen  gröfser 
geworden  sind,  als  im  ersten  Versuche.  Man  sieht  je- 
doch, dafs  der  Mittelwerth  von  ^  nach  der  Formel  (C)} 

m 

nSmlich  0,1088,  nur  wenig  verschieden  ist  von  dem  nach 
der  einfachen  geometrischen  Progression  der  Tempera- 

turüberschüsse  aus  den  kleinsten  beobachteten  Tempe- 
raturen abgeleiteten  Mittelwerth  von  ^=0,1036. 

Obscboft  der  bOchste  in  diesen  drei  Versndisreihett 
beobachtete  TempmturOberschuis  noch  zu  klein  ist,  als 
dafs  man  hoffen  konnte  daraus  die  Temperatur  der  Wsr- 

rocquelle  einigennafsen  genau  zu  berechnen,  besonders 
weil  die  Abscisse  des  Punktes,  wo  die  Stange  noch  die 
Temperatur  des  siedenden  Wassers  bat,  bei  der  £inrich- 
tmg  mcioes  Apparats  schwer  zu -bestimmen  ist,  undwo 
auch  den  Einflnis  der  Doppelschnrme,  durch  welche  die 
Stange  geht,  auf  deren  Abkühlung  in  der  Nihe  der  Wär- 
mequelle nicJit  keuul,  so  wird  doch. die  Vergleicbung  die- 


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24 

8er  berechneteo  Temperatur  mit  dem  beobachteten  Un- 
terschied zwischen  der  Temperatur  des  siedenden  Was- 
sers und  der  umgebenden  Luft  ein  Mittel  geben,  zu  sehen, 
ob  die  der  Formel  (  C)  zu  Gruode  gelegte  Variatioo  der 
GrOfsen  k  und  p  auch  för  höhere  Temperaturen  eine 
hinreichende  AnoMherung  gewähre.  Die  Abscisse  des 
äufsersten  Eudes  des  Korkes,  durch  welchen  die  Stange 
in  das  Kochgefäi's  ging,  war  in  allen  drei  Versuchsrei- 
hen gleich  — 5,2;  man  ündet  also  für  den  Temperatur- 
überschuÜB  dieses  Punktes  nach  1.  «ss  611,78,  oder  weil 
PC.  gleichwerthig  ist  mit  7,537  Multiplicator-Einhei- 
ten,  so  ist  dieser  Ueberschuis  in  Thermometergraden 
gleich : 

Die  mittlere  Lufttemperatur  in  dieser  Versuchsreihe  war 
I8°,97,  also  der  wirkliche  Ueberschufs  100«  — 18^97 
=81^,03,  was  von  dem  berechneten  nur  um  0^,14  ver- 
sdiieden  ist« 

Eben  so  findet  man  aus  der  zweiten  Versuchsreihe 
für  jrs=i-5,2,  /s=600,22: 

während  der  beobachtete  Ueberschufs  gleich  80", 18  war; 
der  Unterschied  beider  ist  also  auch  hier  sehr  gering 
nämlich  nur  0^,54. 

Mit  dem,  aus  der  dritten  Versuchsreihe  gefundenen 
Werthe  der  Constanten  berechnet,  wird  dieser  Ueber-< 
schufs  freilich  viel  zu  klein  gefunden,  afcer  in  dieser 
Reihe  ist  offenbar  in  der  Nähe  der  Wännequelle  eine 
Störung  der  Temperatur  eingetreten,  die  den  beobach- 
teten Werth  von  O  erniedrigt  hat,  ohne  auf  das  Gesetz 
der  V^ärmevertheilung  in  dem  Theil  der  Stange,  wo  die 
Beobachtungen  geschahen,  einen  erhebficben  Einflnfs  ge- 
habt zu  haben.  In  der  ersten  und  zweiten  Reihe  hat 
nämlich  ein  Unterschied  in  der  Lufttemperatur  von  0^,85 
den  Werth  von  O  um  60,82  —  59,61  =  1,21  verändert; 


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26 

der  Unterschied  der  Lufttemperatur  in  der  zweiten  und 
dritten  Reihe  gleich  2°,98  würde  nach  demselben  Ver- 
häitnifs  den  Werth  von  B  in  III.  um  4,24  erniedrigt  ha- 
ben. Also  mfifste  man  etwa  55,5  statt  49^  beobachtet 
haben,  wenn  keine  StOrang  stattgefonden  hatte.  Dieser 
Werth  Ton  0  giebt  aber  mit  den  oben  gefundenen  Wer- 

Iben  von      und  r  -*  2»  für  die  Abtdsse  x  s  —  &2 

m 

1=574,18  oder  76^,18  C,  was  nur  um  einen  Grad  von 
dem  beobachteten  Temperaturfiberschofs  77^,2  verschie- 
den ist.  * 

Bis  711  Temperaturdifferenzen  von  etwa  80^  C.  scheint 
also  die  Formel  (C)  hinreichende  Annäherung  zu  ge- 
währen. 

Verauclie  mit  der  S(aai«Uioge. 

Der  augewandte  Stahldrabt  hatte  einen  Durchmes- 
ser gleich  5,98  Miliim.,  und  eine  Länge  von  1,23  Meter. 
Die  Versuche  mit  diesem  Drahte  führen  zn  demselben 
Resultate  wie  die  früheren  mit  Zinn  und  Blei,  nämlich 
dafs  die  Abnahme  der  Temperaturüberschüsse,  wenn  sie 
klein  sind,  genau  dem  Gesetz  der  geometrischen  Reihe 
folgen,  aber  für  gröfsere  Uebcrschüsse,  als  hier  etwa  17 
bis  18  Einheiten,  oder  2^  bis  3"  C,  schon  von  diesem 
einfachen  Gesetz  bedeutend  abweichen. 


I. 


X 

Ablenkung. 

beobacht. 

berecbn. 

A 

1 

2°,0 

2.0 

2,01 

—0,01 

2 

3,0 

3,0 

3,03 

—0,03 

3 

4,6 

4,6 

4,56 

+0,04 

4 

6,9 

6,99 

6,88 

+0,11 

a 

9.7 

10,24 

10,38 

-0.14 

010316  - 

0,171B60«. 

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26 


II. 

Mittlere  Luftlemperalur  i4*,l4. 


X 

i       ' .  > . 

1 

beobacbl. 

■ 

berecho. 

DCKCIMI. 

0 

65,00 

53,94 

+11.16 

1 

3«  ,90 

40,89 

36,26 

+  4,63 

2 

21  .47 

25,46 

24,37 

+  1.09 

3 

15.tJ7 

17,15 

16,38 

+  0,77 

4 

»,83 

10,40 

11.01 

—  0,59 

5 

7  ,23 

7,23 

7,40 

-  0,17 

6 

5,15 

5,15 

4,97 

+  0,18 

Die  Coo8taoten  dieser  Formel  sind  ans  den  Wer  letzten 

Beobachtungen  abgeleitet;  man  sieht,  dafs  schon  bei  ei- 
nem Temperaturüberschufs  von  17  Einheiten,  die  berech- 
neten Wertbe  immer  kleiner  sind  als  die  beobachteten, 
und  daÜB  der  Unterschied  zwischen  beiden  regehnäfsig 
zunimmt. 

Berechnet  man  nun  dieselbe  Beobacbtungsreihe  nach 

der  Formel  {C),  so  verschwinden  diese  Unterschiede, 
oder  sie  falieu  iouerhAlb  der  Gränji^e  der  Beobachtung- 
Cehier. 

Mun  ündet  die  wafarscheinÜcbsten  Weitbe  Ton 

S-      GS  0,172744 

y^'ln^  0,010084 
S  »65,08057 

und  damit: 

•SSO3432.IO    "   +14,2373.10  * 


X 

1          !  ^ 

1)1'  1  1 1.)  :i  1  1 L  t 

Im  :  ri  Ii  1 1 

0 

65,Ü(J 

65,08 

-0,08 

1 

40,89 

40,58 

+0,31 

2 

25,46 

25,85 

-0,39 

3 

17,15 

16,73 

+0,42 

4 

10,40 

10,95 

—  0,55 

5 

7,23 

7,23 

+0,00 

6 

5,15 

4,80 

+0.3» 

Man  sieht  auch  hier,  wie  bei  den  Versuchen  mit  dem 

Bleidraht,  dafs  der  nach  Formel  (  C)  berechnete  Werth 


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27 


von  g  identisch  wjrd  mit  dem  aas  dem  kleinsten  Tem- 

peratorüberschasse  nach  der  cinfacheu  geometrischen  Pro- 
gression abgeleiteten. 

Die  Erwärmung  des  Drahts  in  dieser  und  der  vorigen 
Versuchsreihe  geschah  durch  eine  Argand'sche  Oellampe; 
da  die  Absoisse  des  erwSrmten  Endes  nicht  aufgezeich- 
net worden  war,  habe  ich,  um  za  sehen,  ob  die  An- 
näherung der  Formel  auch  für  Stahl  bis  zur  Temperatur 
des  siedenden  Wassers  gingen,  noch  ein  Paar  andere 
Versuchsreihen  mit  demselben  Stahldrahte  ausgeführt,  wo 
die  £rwärroong  des  Endes,  wie  bei  allen  anderen  Ver- 
sochen,  mittelst  siedenden  Wassere  geschah. 


Miitl^  I^rftieniperatur '  18*,27. 


t 

beobacht« 

bcrechn. 

34»,68 

50,14 

50,14 

-f0,00 

17  ,48 

20,02 

20,17 

—0,15 

8,23 

8.48 

8,39 

-j-0,09 

3,44 

3.44 

3,54 

-0.10 

0 
2 
4 
6 

Die  Beobachtongeu  geben: 

^  tW84S7 

m 

y— 2n=:  0,005987 
e  850,13514. 

Wie  früher  betrachtete  ich  das  äufsere  Ende  des  Kor? 
kes  als  den  Ponkt,  wo  der  Stahldraht  noch  die  Tempe- 
ratur der  Wärmequelle  hatte;  die  Abscissc  dieses  Punk- 
tes war  = — 4,65,  also  der  entsprechende  Werth  von 
<=589»41  oder  in  Thermometergraden: 

mm 


7^7 


Der  wirkliche  Temperaturtiberschufs  der  Wörme- 
quelle  ist  aber  lOO«"  — 18^27sal^73  oder  3^ö3  ^ 
fam  ak  der  berecfanetet 


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IV. 

Mittlere  Lofttempcraliar  20*37* 


X 

Ablcokong. 

• 
t 

beobacht.  |  bcrerbn. 

J 

0 
2 
4 
6 

35°,52 
18  ,21 
8,48 
3,13 

52,46 
21,01 

8,78 

3,13  1 

52,46 
21,12 
8  78 
3,70 

0,00 
-0,11 

0.00 
-0,57 

Setzt  man,  wie  in  der  vorigen  Versuchsreihe  gefunden  ist: 

.    £      sa  0.185, 

m 

so  findet  man  aus  der  ersten  und  dritten  Beobachtung: 

2»»  O,00S61 

Diese  Werthe  der  Constanten  geben  für  xs— 4^65: 
<»613^  »81*439  C. 
statt  79'*,!  3.  —  Der  beobachtete  Temperaturfiberschufs 

der  Wärmequelle  ist  also  hier  2^^,26  kleiner  als  der  be- 
rechoete. 


V. 

Mittlere  LoftleiDperalor  10*i3^ 


X 

Ablenkung. 

1 

beobacbt. 

• 

bcrccbn. 

A 

0 
2 
4 

35^75 
18,66 
8,55 

53,10 
21,56 
8,86 

53,10 
21,33 
8,86 

0,00 
-1-0,23 
0,00 

Aus  der  ersten  und  dritten  Beobachtung  findet  man,  wenn 

a 

wieder  ^=0,185  gesetzt  wird: 

2ji=:  0,00574 
e  s53,10. 
Für  ^=—4,65  ist  damit; 

.=:  629,10  =  83",47  C, 
also  nur  ü'^,23  verschieden  von  dem  wirklich  beobach- 
teten TemperaturüberschuDs.  Da  der  Unterschied  zwi- 
schen den  beobachteten  und  berechneten  Werthen  die- 
ses Uebetschuases  in  dem  etnen  Falle  poaillT,  in  dem 
anderen  negafiT,  und  endlich  beinabe  Null  ist^iSO  rQhrt 


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2» 

> 

er  offenbar  ans  zufällig  bewirkter  Erwärmung  oder  £ar- 
kttltnog  des  Drahtes  her,  die  den  Werth  von  B  unsi- 
cher macht,  ood  es  ist  daher  wohl  erlaubt  ansonelinieD, 

dafs  die  Formel  C  noch  bis  zur  Temperatur  des  sieden- 
den Wassers  die  constante  Wärmeverlheilung  in  dem 
Drahte  auch  für  Stahl  hinreichend  genau  ausdrückt. 

Resultate. 

Die  Folgerungen,  die  sich  aus  den  vorliegenden  Ver- 
suchen ergeben,  sind  also  hauptsächlich  nachstehende: 

1 )  Das  Bio t 'sehe  Gesetz,  —  dafs  in  einer  sehr  dün- 
nen und  langen  Metallstange,  deren  eines  £nde  auf  ei- 
ner unveränderlichen  Temperatur,  hoher  als  die  der  um- 
gebenden Luft,  gehalten  wird,  nach  eingetretenem  Gleich- 
gewicht der  Temperatur,  der  Ueberschufs  der  Temperatur 
eines  Punktes  der  Stange  über  die  constante  Tempera- 
tur der  Luft,  in  einer  geometrischen  Progression  abnimmt, 
wenn  der  Abstand  des  Punktes  von  dem  erwKrmten 
Ende-  um  gleiche  Differenzen  wSchst,  —  wird  im  All- 
gemeinen durch  meine  Versuche  nicht  bestütigt,  und  ist 
für  die  meisten  Metalle  nur  für  sehr  kleine  Temperalur- 
Überschjüsse  wahr.  Unter  den  von  mir  untersuchten  Me- 
tallen ist  Kopfer  das  einzige,  wo  das  Gesetz  sich  bei 
höheren,  wenigstens  bis  30**  gehenden  Temperaturober- 
schlissen  bestitigt  hat;  bei  Zinn  wird  es  schon  fehlerhaft, 
wenn  der  Ueberschufs  etwa  4®  C,  bei  Stahl,  wenn  er 
2°  bis  3"  C.  betrügt,  und  endlich  bei  Blei  ist  das  Ge- 
setz schon  bei  1"  C.  Temperaturunterschied  mangelhaft. 

2)  Die  Ursache  dieser  Abweichung  der  Beobach* 
tungen  von  -dem  mathematischen  Gesetze  liegt  darin,  dals 
bei  Herleitung  dieses  letzteren  die  Sufsere  und  innere 
Leitungsfähigkeit  der  Körper  als  unabhängig  von  der  Tem- 
peratur betrachtet  sind.  Für  den  Fall,  dafs  man  sie  als 
Functionen  von  der  Temperatur  annimmt,  kann  man  eine 
angenäherte  Formel  für  die  W&rmevertheilung  in  der 


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30 

Slange  finden,  die  mk  der  von  mir  beobaol»Utell  tebr 

gut  übereinstimmt. 

3)  Die  von  frühereu  Physikern  nach  dem  Biot'- 
scbeu  Gesetze  abgeleiteten,  Werthc  für  die  Wännelei-* 
tttogßfttbigkeit  fester  Körper  sind  fol^cb  unncblig,  wid 
können  jedenfolle  nur  als  eine  grobe  Annfiberung  gelten. 

4)  Der  constante  Cogfficient  der  WSrmeleitangs- 
Fähigkeit  für  einen  Temperaturüberschufs  gleich  Null,  läfst 
sich  also  auf  diese  Weise  nur  bestimmen,  entweder  nach 
dem  Biot'scheu  Gesetze,  indem  man  die  Wärmeverthei- 
Inng  in  der  Stange  ,für  sebr  kleine  TemperaturQberscbftMe 
beobaobtet,  oder  ricbtiger  nnd  genauer,  wenn  man  den 
Wertb  desselben,  wie  bei  obigen  Vmocbeni  ans  der  * 
Poisson'schen  Fonnel  ableitet. 

5)  Da  der  Unterschied  zwischen  den  berechneten 
und  beobachteten  Temperaturen  in  allen  obigen  Ver- 
sucbsreiben  nur  ein  einziges  Mal  0^  MultipUcator-Ein- 
beiten  UberscbriUen  hat,  und  der  miltfere  Fehler  hOeb* 
stens  1^3  oder  0^,04  C.  betrügt,  so  scheinen  mir  die  vor- 
liegenden Beobachtungen  einen  zureichenden  Beweis  für 
die  Brauchbarkeit  und  (^euauigkeit  der  augewandten  Beob- 
acbtungsmelhode  zu  liefern,  und  ich  hoffe  daher,  dafs 
die  Tbermosättle  in  den  Händen  gesdiicklerer  Physiker 
ein  schätzbares  Instrument  werden  kOnne,  um  sehr  kleine 
Temperaturdifferenzen  fester  Körper  zu  messen,  und  be- 
sonders um  die  Temperaturvertheilung  an  der  Oberflä- 
che desselben  in  Fällen  zu  bestimmen,  wo  die£s  durch 
gewöhnliche  Thermometer  sonst  beinahe  ganz  unausführ- 
bar gewesen  wäre. 


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31 

JI.  IJeher  die  D'mperalurverämlerungen  heim  Aus- 
tausche von  Basen ;  von  Th omas  An drews, 

Professor  der  Chemie  an  der  Rojal  loMitntion  sa  Belfast. 
( MitgetheSIl  von  Hm.  VerTaner  ans  den  PhiL  Transact,/.  1844,  pt.  / 


In  einer  der  K.  Irischen  Academie  vor  beinahe  drei  Jah- 
ren gemachten  Mittbeilung  beschrieb  ich  eine  Reihe 
▼on  Yersacben  Aber  die  bei  der  Wechselivirkang  von 
Säuren  nnd  Basen  entwickelte  WSnne,  aus  welchen  ich 

die  allgemeine  Folgerung  zog,  dafs,  bei  Entfernung  des 
Einflusses  alier  fremdartigen  Umstände,  die  Wärme  nicht 
▼on  dem  sauren  Bestandtbeil  einer  Verbindung  sondern 
▼on  dem  basischen  bedingt  werde.    Nahe  um  dieselbe 
Zeit  TerOffentlichte  Hr.  Hefs  eine  wichtige  Abhandlung 
über  die  Thermochemie,  in  welcher  er  zu  einem  gegctt- 
thciligen  Ergcbnifs  gelangte,  das  er  indefs,  da  es  aus  ei- 
ner sehr  beschränkten  Zahl  von  Versuchen  abgeleitet  war, 
nur  als  ein  wahrscheinlich  allgemeines  hinstellte,  dessen 
Richtigkeit  erst  durch  fernere  Untersuchungen  ermittelt 
werden  könnte.    Der  von  Hrn.  Hefs  aufgestellte  Safx 
ist:  dafs  verschiedene  Basen  bei  Verbindung  mit  dersel- 
ben Säure  eine  gleiche  Wärmemenge  entwickeln 

Beim  gegenwärtigen  Zustand  unserer  chemischen 
Keuntnisse  können  wir  nicht  wagen,  diefs  Problem  durch 
directe  Versuche  mit  wasserfreien  Sfiuren  und  Basen  zu 
lösen,  selbst  wenn  wir  die  nicht  mehr  allgemein  von  den 
Chemikern  zugelassene  Hypothese  annehmen,  dafs  die 
näheren  Bestandtheile  neutraler  Salze  die  gevvöluilichen 
Säuren  und  Basen  seyen.  Versuche  mit  concentrirteu 
Sanren  sind  nicht  geeignet  einfache  Resultate  zu  liefern, 

1)  S.  Aonalen,  Bd.  59,  S.  428,  und  Bd.  54,  6  208. 

2)  Poff  end«rfni  AoMkn,  Dd.  53,  S.  169. 


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S2 


da  die  blofse  Verdünnung  mit  Wasser  bei  einigen  Säu- 
reo  eine  starke  Wärmeentwicklung  bewirkt,  bei  andern 
dagegen  keine  oder  eine  sehr  geringe.  Aus  diesem  Grunde 
ist  bei  Neutralisation  einer  alkalischen  Lösung  durch  Sal» 
petersSure  die  entwickelte  WKraiemenge,  je  nach  dem 
Concentrationsgrade  der  Säure,  sehr  verschieden,  wäh- 
rend dieser  bei  Anwendung  von  Weinsäure  wenig  oder 
keinen  fiinflufs  hat.  Bei  fernerer  Vergleichung  finden 
wir,  daCs  w&hrend  zwischen  den  Temperaturen,  die  mau 
mit  Terschiedenen  Sfturen  in  concentrirtem  Zustande  er- 
hält, keine  einfache  Beziehung  da  ist,  sich  eine  sehr  starke 
Annäherung  zur  Gleichheit  in  der  Wärmeentwicklung  zeigt, 
wenn  eine  selbe  Base  durch  irgend  eine  verdünnte  Säure 
gesättigt  wird. 

Bei  manchen  scheinbar  einfachen  Reactionen  ist  es 
sdiwierig,  alle  stattfindenden  Verbindungen  und  Zer- 
setzungen mit  Sicherheit  zu  ermitteln,  und  deshalb  hält 
es  auch  schwer  unsere  thermischen  Resultate  demgemäfs 
auszulegen.  Selbst  die  bei  Verbindung  von  wasserfreier 
Säure  und  Basis  entstehende  Wärme  herzuleiten  aus  der, 
welche  bei  Veimisohung  von  Losungen  derselben  ent- 
wickelt wird,  ist  eine  Aufgabe  von  grofser  Schwierigkeit, 
indem  sie  die  vorherige  Bestimmung  vieler  Data  erfor- 
dert, welche  sich  nur  in  wenigen  Fällen  alle  durch's  Ex- 
periment entdecken  lassen.  Vor  der  Vermischung  sind 
die  Flüssigkeiten  in  der  That  Lösungen  von  Säure  und 
Alkali  im  Hjdratzustande,  und  da  bei  Bildung  dieser  Hy- 
drate und  im  Allgemeinen  auch  bei  deren  nachheriger 
Losung  grofsc  Wärmemengen  entwickelt  werden,  so  fin- 
det eine  gleiche  Wärmeverschluckung  statt,  wenn  diese 
Verbindungen  zerstört  werden.  D^selbe  erfolgt  über- 
dies bei  Lösung  der  entstandenen  Verbindung.  Nach- 
dem alle  diese  Berichtigungen  gemacht  worden  sind,  ist 
es  zweifelhaft,  ob  nicht  das  Endresultat  eine  theoretische 
oder  imaginäre  Zahl  sey. 

Nehmen  wir  die  jetzt  herrschende  Ansicht  an»  dai's 

die 


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33 
«• 

dt«  Sinrciiy^te  •  wirklich-  Vetbiiwkmgn  ron  ranen  Sita* 

reu  mit  Wasser  als  Base  seven,  so  entspringt  die  Wärme, 
die  bei  Neutralisation  einer  verdünnten  Säure  mit  einer 
Base  entsteht,  dadurch,  dafs  die  letztere  ein  Aeqniva- 
IftBt  batiscbes  Wamr  «wtreiirt  osd  das  warm  «v» 
wikrte  «Ugemeide  Resollat  kanii  ta  awgadrfiekt  werdens 
»Wenn  eine  nnd  diesdbe  Base  Wasser  ans  «einer  Ver- 
bindung mit  irgend  einer  Säure  austreibt,  so  ist  die  entwik- 
keite  Wfirme  nahezu  dieselbe.«  Und  setzen  wir  für  daa 
basische  Wasser  irgend  eine  Basis,  ao-mmint  dM  Ge- 
aeti  die  Mfjende  sehr  allgemcane  Form  rat 

Wem  me  Base  eme  'amdere  aus  irgend  emsr  ihrer 
neutralen  Verbindungen  austreibt,  so  ist  die  enimckelte 
oder  verschluckte  Wärme  immer  gleich,  tvas  für  eine 
Säure  es  auch  seXf  wenn  nur  die  Basen  dieselben  sind. 
Die  folgenden  Versuche  wurden  in  der  Absicht  nn- 
temomBieii,  die  Richtigkeit  dicees  Satzes  so  erweisen. 
Ab  Basis  mir  Aostreibüng  der  anderen  wurde  Kalihj« 
drat  angewandt,  und  zwar  immer  im  Zustand  einer  ver- 
dünnten Lösung.  Der  Gehalt  dieser  Lösung  wurde  durch 
Neutralisation  einer  bestimmten  Menge  derselben  mitteist 
Schwefelsiore  yon  beltannter  Stärke  ermittelt.  Die  er-  . 
forderliche  Menge  wurde  gewogen  in  einem  langen  cj- 
lindriaelien  GelMs  von  dQnnem  Messing,  das  aoawendig 
mit  Kopalfirnifs  überzogen  war.  Dieser  letztere  schützte 
es  wirksam  gegen  die  Einwirkung  aller  MetalllOsungen. 
Die  aequivalente  Lösung  des  zu  zersetzenden  Salzes  be« 
fand  sieh  in  einer  illinnen  (GiasiaaGhe,  die  innerhalb  einer 
ginOlseren  von  einem  Torspringenden  Rand  getragen  ward. 
Das  Ganze  war  so  eingeriditet,  dais  wenn  das  Messingge- 
fSfs  mit  seinem  Inhalt  vorsichtig  in  die  Salzlösung  hinabge- 
lassen ward,  es  schwimmen  blieb  und  dabei  zugleich  na- 
hezu dnrch  die  ganze  Tiefe  der  Flüssigkeit  reichte.  Das 
Gewicht  der  beiden  FlÜasigkeücD  susammen  betrug  1000 

1)  Transact.  of  tlu   linrai  Irish  yicad.,  f  'oi.  XIX,  p.  247.  (  An- 
nalen,  Bd.  54,  S.  208.  ) 

Pog^endorfTs  Annal.  Bd.  LXVI.  3 


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a 

Gran,  von  welchen  die  Salzlösung  etwa  700  Grau  aus- 
machte. Um  die  beiden  Flüssigkeileo  auf  dieselbe  Teio* 
peratur  su  bringen,  wurde  dem  inneren  Gefttfise  eine  rä« 
sehe  .UmdrehuBgBbewegpng  gegeben^  indem  man  darin 
mit  einem  leichten  Glasstab  herumrfihrfe.  In  dem  fiofiie- 
ren  Gefäfsc  wurde  ein  sehr  einplindliches  Thermometer 
mit  langem  c^Itndrischen  Behälter  aufgehäugt.  Sobald 
zwischen  beide  Flüssigkeiten  ein  yoilkommenes  Tempe« 
raturgleiehgewicht  eingetreten  war,,  worde  der  Stand  de* 
Thermometefs  sorgfältig  auCgeseichnet  Das  Mesaingget 
föfs  wurde  dann  am  Rande  mit  einer- Zange  gefafst  und 
sein  Inhalt  schnell  zu  der  Salzlösung  gegossen.  Das  Ge- 
misch wurde  rasch  umgerührt  und  der  nunmehrige  Stand 
des  Thermometers  aufgezeichnet.  Nachdem  die  Vermi> 
scfanng  staltgehabt,  wurde  das  MesainggefiMBs  wieder  in 
die  Flflssigkeit  gebracht 

Die  entwickelte  Wärme  stieg,  mit  Ausnahme  weni« 
ger  Fälle,  nicht  über  3"  F.;  und  ich  hatte  es  so  einge- 
richtet, da£s  die  Endtemperatur  der  Flüssigkeit,  je  nach 
dem  Gesammt betrag  der  Wärme,  (^',3  bis  F.  höhe* 
war  als  die  der  umgebenden  Luft.  Wenn  eine  Senkung 
der  Temperatur  stattfand  wurden  die  A|ustirangen  dai^- 
nach  abgeändert. 

Dieser  Verfahrungsweiso  stellen  sich  freilich  mehrere 
Einwürfe  entgegen;  allein  zahlreidie  Vorversuche  habeu 
mich  überzeugt,  dafs  ste^'wenn  di«  .Tempemiurveiün^ 
derungen  nicht  bedeutend  sind,  sehr  geiMMe  ResnlHil« 
giebt  .  Die  wichtige  Bedingung,  die  beiden  FlCissigkeiteü 
in  kurzer  Zeit  auf  genau  dieselbe  Temperatur  zu  brin- 
gen, läfst  sich  vollkommen  erfüllen.  Die  hauptsächlich- 
ste Fehlerquelle  liegt  in  dem  Erwärmen  oder  Erkälten 
der  alkalischen  Flüssigkeit  während  sie  in  das  äufsere 
Gef^fs  gebracht  wird;  wenn  der  Unterschied  zwiscfanBi 
der  anfänglichen  Temperatur  der  Flüssigkeit  und  der  der 
Luft  bedeutender  gewesen  wäre,  würde  diefs  ein  ernst- 
licher Einwurf  ^egen  das  Verfahren  sejn;  allein  dieser 


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aa 

Uoterscbied  überstieg  seifen  2^  F.  Da  von  der  alkali- 
Meken  FUkui^ßMk  maige-  Tropfio  im  innenii  GelMie  ba£i 
ten  blieben,  eo  tverden  3  Gran  von  iht  in  Uebevscbofb 
gentomen,  was,  wie  sich  fend,  genen  den  VerfaMt  er- 

setzte.  Eine  ähnliche  Portion  blieb  von  der  Salzlösung 
an  der  Aufsenfläche  des  Messinggefäfses  hängen,  allein  da 
Flüssigkeit  und  SbIk  zusaniinen  fortgenommen  wurden,  so 
stieg  der  derauB  entefNingende  FeUer  in  keiuni  Fall«an{ 
Hiebr  ale  einen  Bmidi  von*  einem  Hiindertelf;racL  Uele 
die  Aetzkalilauge  während  der  wenigen  Minuteki,  die  datf 
Abgleichen  der  Temperaturen  erforderte,  der  Luft  aus- 
g^t^t  war,  führte  zu  keinem  merkücbea  Fehler. 

Die  Concentration  der  Lösung  war  eine  solebe,  daia, 
wenn  ein  Sulfat  entwandt  ward,  die  gedämmte  Fittsaig« 
keit  necb  der  Verauachnng  1  Proeent  wesaerfveier  Sehwe* 
feisäure  enthielt.  Die  Tön  irgend  einem  Salz  erforderli- 
che Menge  wurde  daher  erhallen,  wenn  man  sein  Atom- 
gewicht durch  das  der  Schwefelsäure  dividirte.  Die  al- 
kalische Flüssigkeit  enthielt  0,01  bis  0,02  Kali  mehr  als 
zur  Zersetzung  des  Salzes  erforderlich  war. 

Der  tbeoretisebe  Wasser- Werth  des  BehSlters  vom 
angewandten  Thermometer  betrug  6  Gran;  der  vom  Glas- 
gefäfs  und  Glasstab  (da  die  spec.  Wärme  des  Glase» 
0,140  ist)  68  Grao,  also  der  gesammle  Wasserwerth  des 
Gefkiaes  74  Grao.  Bas  Mesaioggefäfs  ist  hierin  natfir^ 
lieb  nicht  miibegriffen^,  da  es  nach  ^Abgldcbnng  der  Tem- 
peraturen ganz  entfernt  wird,  der  entsprectiende  Wertb 
des  Gefäfses,  in  der  erhaltenen  Flüssigkeit  ausgedrückt, 
ist  76  Gran.  Die  gefundenen  Temperaturen  sind  daher 
ZOT  Berichtigung  wegen  der  Gefäfse  mit  1»076  multiplicirt 

Endlich  iet  nnoh  eine  Beriebtigmig  erforderlich  we« 
gen  der  spedßseben  WSrme/der  erbeitenen  Lörnnged 
und  Niederstiil^e.  Allein  «de  'die  genaue  Bestimmang 
der  specifischen  Wärme  einer  Substanz  grofsc  Sorgfeit 
und  viel  Zeit  erfordert,  so  habe  ich  nicht  versucht,  von 
dem  Producte  jeder  Operation  die  apeciiische  WAnne 

3» 


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iMtondeni  n  bestiiiimen.  kb  bcBtimiite  jedoch  sdhr  «org- 
ftltig  die  spec.  Wänne  d«r  Tfer  iMup^flilichBteD  ron 

den  sich  bildenden  Lösungen,  und  schätzte,  nach  den 
Versuchen  des  Hrn.  Regnault,  die  specifischen  Wfir- 
Boen  der  gefällten  Oxyde  (  diese  im  wasserfreien  Zustande 
.  Die  nntenoeiiten  FlfissigkeiiaD  mreo  LOiiuin 
fSßn  (Ton  noranler  ConceoCratiott)  vom  stAmMmurm^ 
salpetersauren  und  essigsauren  Kali,  und  toh  Chlorka- 
Uum;  die  spec.  Wärmen  fanden  sich  respective  gleich 
0^973;  0,975;  0,971  und  0,971 

Die  Kesultate  der  Versuche  habe  ich  in  besenderttt 
Tafeln  «HSBimen^efltellt.  Dia  erste  Spalte  einer  )edeo 
Tafel  enibält  den  Namen  des,zerseteten  Sakea,  die  «weite 
dessen  Gewicht;  die  dritte  die  Temperaturveränderung, 
wie  sie  beobachtet  worden;  die  vierte  dieselbe  berich- 
tigt wegen  des  Gefäfses,  oder  bezogen  auf  lOOü  Theüe 
der  entstandenen  Mischung;  die  fünfte  endücb  dieselfae 
bezogen  auf  1000  Tbeile  Wasser. 

Kallsalse. 


Suis. 


:>    Ii  < 


/  TemperatunreraDderung 

Grewtcht 

)>eiog^  auf 
««Fla$9rg1t.|Wb^' 

iMobwIitet. ' 

20,6 

-OV34 

-0",37 

—0\36 

20,6 

—0,32 

-0,35 

-0,34 

'-ue  ,35 

~0 ,38 

—0,37 

02.7 

-0  ,31 

-0  ,34 

13,9 

-0  ,34 

-0,37 

-0,36 

13,9 

— 0  ,36 

-0  ,39 

-0,38 

22,2 

—0  ,35 

-0,38 

-0.37 

22,2  , 

1  -Tp  .37, 

CaO.NaOi   

CaO>N'>Os  

Clba.Sa0s.6Ha0 

CaQfSaO^.eHaO 

Cacr, .  . 

CaCl2_.  .  .  .t;  *j 
CaO.  A  .  Aq  )•• 

.  Der  aalpeterpanure  Kalk 
^efroeknet;  bei  deoi  eiiien 

tral,  bei  dem  andern  schwach  alkalisch.  Das  Chloma- 
triuin  war  in  dunkler  Kotbgluth  getrocknet,  aber  nicht 
geschmolzen.  Seine  Lösung  war  dentiich  alkalisch,  da 
daaselba  bei  dem  acbwiehaten  Globen  eine  geringe  Zer» 

1)  Bidie  den  Ziuai»  md  Sdhtaft.'  ' 


sorgOltig  im  &Mlbade 
war  die  LOsnn^  nen- 


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37 

setzuDg  erleidet.    Voft  *<iieiii  mi|8atireD  Sals  Ueferten  ' 

22,64  Gran,  in  einer  warmen  Atmosphäre  getrocknet, 
12,70  Gran  kohlepsauren  Kalk,  aus  welchem  die  erfor- 
derliche Men^e^  wie  sie  io  der  Tafel  aDgege|^%  ^eiiech- 

net  ward.   <...•.(.. 

Das  negative  Zeichen  sagt,  dafs  w^nn  Ka%'4ie  Base 
dieser  Sähe  austreilit,  eine  Temperataremiedrigung  statt- 
findet. Die  Uebereinstimmung  dieser  Resi^a^  innerhalb 
der  Beobacbtungsfehler  ist  vollkommea.  >.  •  .•.'.<  » 

Talker  desalee. 

Die  Talkerdesalze  werden  in  der  Kälte  sehr  unvoll- 
stfindig  durch  Aetzkali  zersetzt,  und  deshalb  ist  die  TOm 
Thermometer  angezeigte  TenqperaturyerSnderang  nur  ej^ 
Theil  TOD  der,  welche  der  Austausch  der  Talkerde  ge^ 

gen  Kali  erzeugt.  Es  trat  indefs  bei  diesen  Salzen,  wie 
bei  den  vorhergehenden,  eine  Temperaturernicdriguug 
ein,  die  bei  den  Versuchen  mit  dem  Sulfat  und  Chlo- 
rid und  eliiem  Aequiv^lent  Kali  zwischen  O^^lO  .iind 
0^,15  F.  lag.  Mit  gröfserer  Menge  von  Kali  trat  einC; 
stärkere  Temperaturerniedrigung  ein,  allein  dennoch  schien 
der  Austausch  nur  unvollständig  zu  sejrn. .. 

.Baryt- uad,|isreii$|aarsal«*a.  r  -  rr 

'  Bei  zahlreichen  Versuchen  mit  den  Nitraten  von  Ba- 
ryt-«nd'Slrett^ani  oder  den  CUoiÜden  voti 'Barium  und 
Strontium,  trat  keine  Temper»iai%«^ftldeMnig'efai.  Wk- 
Losungen 'Wareft  so  "v^rdtbnit  'li^fciioiimiftti/'  ddk'iii  der  Mi- 
schung eine  blofse  Wolke  erschien,  hauptsächlich  aus' 
einer  Spur  von  Carbonat  bestehend.  Freili(ih  haben  wir 
keinen  positiven  Beweis  von  eingetretener  Zersetzung, 
so  •  lange  *nieht'ifl0neeBitrirt^6  liOsnngen' angewandt  wer- 
de«  tind"^iii'l9iMMda«g  =ent8teKt,-«ilMB<  div'ferbaitnife-^ 
ttiffst^'  ^ll0lldi1Mt>''dieiisr  tiasen  tfUNÜ  eH  ^khl^wahic-' 
schei»Hch,  dafs  in  allen  Fällen  Austausche  stattfinden.  ' 


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NaO.NjOs  

NaO.SO,.10HaO  .... 
NaO.SOs.lOHaO  .... 
-I } ntfafll^ 4 •ittt tf>u u ' i< .jk  i< {« 1  r 

NaCla  

NaO.COj.lOHjO  .  .  . 
NaO.COt.lOHaO  uii^uu 


1* 


Gewicht. 

i  ♦!'»sj' ; 


21.4 
40.3 . 
4Ö.3 

14.6 
35,8 


TemperatorveräD' 


--0*,14 
--0,13 
--0,06 


H  lO- 


-  -0 ,07 
0  -o*     I  >1., 


36.8   'i  fr^'^iipf^l^Od  /ii 


--0  ,07 


Awaoniaksalze.. 


:i'U'r<:;i 


{{fo'v  'Wf)  1-'    ''1'--  ... 

Gewicht. 

Temper 
beobachtet. 

aturverander 

bezogen 

auf 

II2  •  CI2    •  •• 

AdHoO.CjOj.H.  0  .  .  . 
AdU.O.C4iIaOo.H,0.  . 

18,74 
19,98 

13.33 
17,72 
25,24 

-fO°,70 
4-0  .69 
-H>  ,70 
+0  ,70 
-H),69 

-0  ,74 
-0  ,75 
-0  ,75 
-0,74 

-0",73 
-0  .72 
-0  ,73 
-0  ,73 
-0,7ä 

suche,  nachawn  alle  Berichtieun^eii  eemacbl,  folgende 
Resultate:  schwefelsaures  Salz  0^,76;  salpetersaures  0",77f 
saizsaures  O'^Jß;  kleesaures  0'',75  und  weinsaures  0",76 
F.  Diese  Zahlen;  abwoM  im  Mittel  uinr  0S03  F.  böher 
ab  die  obigen»  stimmen  yoUkommen  unter  sich.  Bevor 
wir  die  thermtseben  Relationen  '  dieser  Sehe  ontersachen, 
müssen  wir  uns  versichern,  dafs  ihre  Lösungen,  da  der 
geringste  Sliureüberschufs  di^  .Resultate  g|üQ^U(;h..v€)r^- 
4eni  w.ürde,  i^tjral  sind.  .  ü-  •  • 

.  Ich  vmii^t9.«eiiie  Uanu^  Yon  cja/fmmoa^Smt* 
im  Ämmoniak  tu  bereiten,  '.iddM  kh.  bOeongen.  voa 
C^nwasserstoffsäure  und  Ameioniak  so  gleichen  Aeqoi- 
valenteu  mit  einander  vermischte.  Bei  Zersetzung  die^ 
ser  Fl üGi^igl^eit  durch  Kali  trat  eine  TiemperaturerhöhnDg 
ei«,,  in:  verschiedenen.  Versuchen  v4>n  O",87  bis  0",9Ct 
inen, «iobi  de»  oMgmi  ftesuttatio  nttbait..'  Anrntm^kmn^ 
wel4w  '4kn  Qymßm^nli^tbXme^.  M  jhrtfr  .Vefhlidung 


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mit  ^kalien  darbietet,  ▼teltsüie»  dieser  Tbatsache  einige 

Wichtigkeit.  •  * 

Das  sogenannte  neutrale  phosphorsaure  Ammoniak 
ist,  wie  das  eatspreebende-arseasaure,  eiu  Sslz  vou  aoo- 
maler  Zasammensetsaiig,  welches  in  seioen  thermiBchen 
EigeiiscbafteD  aus  tfieoretischen  Grüiden  von  den  iil^nn 
gen  Anmioniakialzeii  abweicfajeo'  imifs.    Wenn,  In  'v^' 
dünntcr  Lösung,  ein  zweites  Aequivalent  Ammöniak  ta 
einer  Lösung  eines  gewöhnlichen  neutralen  Ammoniak- 
salzes hinzugefügt  wird,  tritt  keine  Temperaturverände-^ 
mog  ein;  allein  dewibe  ZiisaMt      dem  nfntr^len  phos- 
pbonaoren  Sek  bewirkt  eine  iTemperatnuerbÖhnnf;  von 
0^18.  '  Das  letztere  Sab  verliert  indefs  lifShrend  der  Ver- 
dampfung einen  Theil  seines  Ammoniaks  mit  solcher  Leich-' 
tigkeit,  ohne  dabei  seine  alkalische  Keaction  einzubiifsen,' 
da£s  ich  nicht  gewiCs  bin,  ob  dieis  eine  £i|;ien6diaft  des. 
Salzes  in  seiner  normalen  Zusammensetznog  sej,  oder, 
daraus  entspringe,  dafe  es.  vor  der.^Osong  einen  TheU 
seiner  Basis  Terloren  hat.    Bei  Zersetzung  des  nSmlicben 
Salzes  durch  Kali  waren  die  Resultate  nicht  glcichmäfsig; 
bei  einem  Versuch  stieg  die  Erwärmung  auf  ü",98;  bei^ 
einem  andern,  angestellt  mit  demselben  S^lZf  nachdem 
es  sehr  kunee  Zeit  einer  warmen  trocknen .  Atmosphäre- 
ausgesetzt  gewesen,  betrug  die  ErwArmbng  l^fid;  und' 
bei  elwem  dritten,  *«robei  die  Lösung  des  letzteren  zuvor 
mit  Ammoniak  gesättigt  wurde,  stieg  das  Thermometer' 
auf  I  ^,0.    Nehmen  wir  an,  die  bei  der  Zersetzung  durch 
Kali  erzeugte  Temperaturerhöhung  sey  0^,99,  und  ziehen 
wür  O^^IS.  bieyon  ab,  so  haben  wir  fiir  die  Erwähnung 
bttn  Austausch .  von  Ammoiilak -gegen  Kali.0^8Q,  ms 
nahe  das  obige  Resultat  ist.    Die  thermischen  Eigenschaf- 
ten aller  phosphorsauren  und  arsensauren  Alkalien  sind 
sehr  verwickelt,  und  bedürfen  einer  weiteren  ErforsGhung..v 

a 


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40 


•ir. 


IUI 


[Gewicht. 


I         bezogen  auf^ 


BfnO.SOs  .  . 


18,9 
18.9 

24,9 
24,9 


-i-r',00 

4-1  .H 


4-1.08 

4-1  .09 


--1  .«4 
--1 .04 
--1,04 
-1 ,05 


4-i>i9  I  +l.fÄi|. 
Die^,  ZusammeDsetzung  des  Chlorids  und  des  bern- 
steinsaufen  Salzes  wurde  durch  Verwandlung  dcrselbea 
in  schwefi  Isnni  es  Salz  besüimtit.  17,05  Gran  deit  erstc- 
ren  und  11,24  Gran  des  zweiten  gaben  respective  12,94 
und  6,91  Graa  voa  letztereoi.  Das  berusteinsaure  Salz 
entwickelte,  wie  zu  ersehen,  etwas  mehr  Wärme  als  die 
übrigen  .Salze,  Wahrscheinlich  sind  alle  diese  Zahlen 
zu  hoch,  wegen  der  Schueiligkeit,  mit  der  die  Nieder- 
schläge Sauerstoff  absorbiren.  Diefs  bewirkt  eine  leichte, 
aber  deutliche  Wärmeentwickinog  auf  einige  'Minuten 
nach  der  Fälloog. 


Eisenozydalaalze. 


beobachlei 


Temperalorvera  ndc  ru  ngen, 
■  bezogen  feaf 
d.  Flassigk.|  W 


FeO.SO3.7HaO 
FeCl..4H,0   .  . 
FeCl;,.4iIaO  .  . 


34,5 
24.6 


4-ir52 

4-1  ,57 


24^.^1^+1  .53 


4-l",64 
4-1  .09 


4-l".58 
4-1  .63 


Von  diesen  ReBullaten  gpit  damU^e,  was  voa  den 
vorherigen  gfsagt  ist. 


Zinksalbe. 


Salze. 
ZnO.SOs  

Zo o. ^s Ol 

ZnO.iVjOi.Aq  .  .  .  . 
ZnO.NaOt.Aq  .  .  .  . 
ZnCN^Os-Aq  •  •  •  . 

ZdC],  

ZnCla  

ZdCI,  

Zn.Br,  


Gewicht. 


Ttnpenrturvcränderungen 
bezogen  auf 
beobachtet,   ä.  Fliissigk.  WaiMr. 


20,6 

20,6 

29,56 

29,56 

29.56 

16,87 

16,87 

16,87 

27,57 

89,54 


■1*,73 
•1  ,76 
■l  .68 
1  ,65 
-1 .69 
•1  ,65 
1  ,68 
1  ,67 
1  .65 
-1,68 


4-l°.86 
--1  ,89 
--1  ,81 
--1  ,78 
--1  ,82 
— 1  ,78 
— 1  ,81 
--1  ,80 
--1  .78 
-131 


»,70 
.82 
,74 
.71 
,76 
.71 


--1 
--1 
-1 
--1 
--1 
--1 
--1  ,74 
--1  ,73 
--1 ,71 
-  -1 ,74 


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41 


Das  schwefelsaure  Salz  war  durch  ▼ortichtiges  Glü> 
heu  eutwässert;  das  salpetersaure  war  eingedampft  bis  es 
beim  £rkalteu  geataiMl;  2i),17  Gran  des  wasserhaltigeu 
Salzes  hiiüevUefaea  Badi  dem  GUlbtn  Oxyd.  Das 
Chlorid  war  vorsifliitis  gesohmelat  und- in  einem  bedeck- 
tes Tiegel  gewägt.  Das  BrOmid  uod.  das  Jodid  worden, 
auf  einem  bcifseu  Sandbade  getrocknet,  aber  nicht  ge- 
schmelzt, die  drei  letzten  Verbindungen  werden  bei  der 
zur  VerUeÜMiu^.  aller  Feuchti^eit  erforderlichen  Hitze 
elwaa  zerMfat,  daher  mak  •die- nie -ihnen  erhakenet  £r^ 
wMinnfi  etwas  ualer  dcr  Wabrheil  bbiben^  .  Alle  ohu- 
f^en  ZiokaalBe  worden  durch  ein  gedauee' Aequivalent  KaK 
zersetzt,  und  der  dadurch  entstandene  Niederschlag  er- 
wies sich  als  Zinkoxydhydrat.  Wenn  aber  essigsaures 
Zinkoxyd  iu  ähnlicher  Weise  behandelt  wird,  fallt  eia^ 
Unteraab  {SubiaU^  baäaehea  Salz)  nieder.  •  Die  darüber> 
befindlicke  Flfiaai^it  entb«U  nocb  Zinksah,  atad  Ififst 
anf  Zusatz  Ton  Kali  einen  feineren  Niederschlag  fallen. 
Bei  Fällung  eines  Acquivalents  dieses  Salzes  durch  ein 
Acquivaleut  Kali  stieg  aus  diesem  Grunde  das  Thermo- 
meter nur  l^^l  F.  Als  zur  Erlangung  einer  vollständig 
geren  Zersetznng.  ein  doppeltes  Anquivalant  Kali .  an^a-i 
wandt  wnrde^  war  die  entwiebelte  Wllmie  etwas  gerii^ 
ger;  allein  es  ist  zweifelhaft,  ob  die  zusätzliche  Menge 
Kali  wirklich  einen  vollständigeren  Austausch  bewirkte, 
da  zugleich  der  Niederschlag  gröfstentheils  wieder  gelöst 
ward.  Es  ist  dieCs  einiinterepsantes  Beispiel  einer  Schein- 
baren Ailsnabme,  von  dem  'Gesetz  der  aequibasiscben 
Wärme,  ab  Fol^  einer  entaprccbenden  Annmalie  in  dar 
chemischen  Beaction. 

Quecksilber  salze. 

Daa  einzige  zu  diesen  Veisnchen  geet^6te  Queck- 
sflbersalz  ist  das  Chlorid.  Die  Hälfte  vom  gewOhnAchen 
Aeqni^alenl  desselbeD  (17,1  Gran)  ,  wkd  - von 'der  Kalilö- 

sung  gaben  in  drei  Versuchen  0<^^0;  0^86  und  0^89, 
was,  nach  allen  Berichtigungen  und  nach  Verdopplung 

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42 


des  EfKirMiiltBft«8,  liefert^  1,89:  l^^^l  nnäl  1^87.  Ich 

bin  nicht  im  Stande  gewesen  diefs  UesuUat  durch  Fäl- 
lung des  Oxjds  aus  einem  anderen  Salze  zu  bestätigen. 
Das  Broinid  ist  zu  wenig  löslich  in  kaltem  Wasser.  Das 
Cyanid  wird  nicht  vom*  Kali  lersetst,  und  dem^emäüs 
wird  bei  Vermieehang  ihrer  LfleungeD  lieine'  Y^^irme  eni«' 
wickelt.  Defs  des  Kali  dieses  Sab  nicht  zersetvt,  gehl- 
ferner  aus  dem  Umstand  hervor,  dafs  bei  Neutralisation 
desselben  mit  einer  Säure  derselbe  Temperaturanwuchs 
eintritt,  wie  wenn  das  Kali  im  freien  Zustand  gewesen 
wSre.  •  Schwefelsaures  und  salpetersaares-  QueeksiUMt* 
sak  werdett  beide  ecbon  bw<  Verdttnnang  fHamt  Lftsnag 
zersetst.  Zwar  ist  neuerlicih  bflhauptet  Wörden,  dafstman 
eine  Lösung  des  neutralen  Salzes  erhalte,  wenn  man  das 
Chlorid  durch  salpetersaures  Siiberoxyd  fälle;  allein  dieÜB 
ist  ein  Irrthum,  es  tritt  die  gewöhnliche  Zersetzung  ein« 
In  der  That  röthet  die  Lösung  des  veniieiollidi  neutra- 
len Nitrats  stark  das  Lackmuspapier,  wihrcnd  das  Chh^- 
rid'es  mir  schwach  thut.  Bei  ähnlichen  iVersuchen  mit 
anderen  Metallchloriden,  die  neutrale  Nitrate  zu  bilden 
UB  Stande  sind,  zeigt  sich  keine  wahrnehmbare  Aende- 
rang  derReactioü.  Diese  Beobachtungen  erklären  voll« 
ständig  die  Anomalien»  welche  kh  irOher  bei  Wirkaig' 
▼erdfinnter  SSoren  auf  Qoecksilberoxjd  anfflhrte«  > 


Bleisalae. 


ze. 


Gewichl. 


1  « 


TcmperaturvcränderungfD 
bezogen  auf 
d  TlGMigk.l  Wasser. 


Iieobachtet. 


PbO.NjOs  .  .  .  .  . 
PbO.NjO,  .  .  .  .  . 
irPbO.N'Oj)  .  . 
ilPbO.NaOs)  .  .  . 
i(PbO.A.aHaO) 
^Pbp.A.dHaO) 


41,34 
41,34 
20,67 
20,67 

23,64 

23.64 


--2",77 
--2,77 
--1  ,39 
--1  ,37 

+1  .32 

4-1,33 


--2*,98 
--2  ,98 
-1  ,49 
H-l  ,47 
+1  ,42 
+1  ,43 


-f2".88 

-f  2  ,83 
-f  2  ,90 
-f2  .86 

-f2  ,77 

+2  ,bO 


'  In  den  vier.'Msten  Veronehen  •wurden  die  halbatt 
Qaantttitan  ijenomniai,  Jedoch  die  Eeanltate  sllmnitlicli 


.1 


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43 

in  der  fünften  Spalte  auf  die  gewöhnlichen  Mengen  zurück- 
geführt. Nach  Ablagerung  des  Niederschlags  zeigte  sich 
die  darftberetehende  Flüssigkeit  stark  alkalisch,  und  fäbif^ 
Bleiialze  ni  .fölisn;  aaeh  enthielt-  sie  eine-  kliiine  Metige 
Blei  geltet  Diese  irohlbekannten'  Tiiatsnelien  telgen, 
'  dafs  die  obigen  Zahlen  nur  einen  Theil  der  beim  Aus- 
tausch von  Bleioxyd  gegen  Kali  entwickelten  Wärme 
vorstellen.  Ihre  Uebereinstiinmung  zeigt  indefs,  dafs  die 
Bleisalze,  bei  ftbnlicher  Behandlung  mit  ätzenden  Kali, 
gleicbe  .Wänuemepgen  Isefem. 

•  < 

Kttpfefealae. 


TeiDperaiarvcrä  nd  eru  ngcn 

.  Saite. 

Gewicht. 

beu)gen  auf 

b«obadilcL 

WaMcr.. 

19.90 

+2«,86 

-3«,08 

h2  ,97 

19,90 

4-2,86 

-3  ,08 

-2  ,97 

C11O.N2O5.Aq  .... 

30,53 

H-2  ,86 

-3  .08 

-2  ,97 

CuO.NaOs.Aq  .... 

30,53 

+2.86 

-3,08 

-2  ,97 

-3,02 

16,72 

-2,84 

-3,05 

-2  ,94 

GuCla   ....»•  «-v  • 

16,72 

-2  ,80 

-3,01 

-2  ,90 

CuO.A.HjO 

24,87 

-f-3,08 

+3  ,30 

24,87 

H-3  ,02 

-j-3,25 

4-3,12 

24,87 

+3.06 

+3.W 

Das  Sulfat  und  Chlorid  wurden  im  wasserfreien  Zu- 
stand, das  Nitrat  ward  als  feuchte  Krjstalle  genommen, 
und  deren  Zusammensetzung  durch  Glühen  bestimmt;- 
8^72  Gnn  iiefertett  ao  2,83  Gran  Oijd.  I>a  das  essig- 
saure Sah  cinai. kleinen  WirmeAeESdiaft  gab,  so  be- 
mOhte  kh  mioh  m  entdecken,  ob  »diefe  einer  Besonder- 
heit in  dem  Niederschlag  oder  der  Zusammensetzung  des 
Salzes  zugeschrieben  werden  lU)nne.  Der  beim  ersten 
Versuch  erhaltene  Niederschlag  wtnrde  gesammelt;  er  wog 
1IK0I  Gran  oder  l.Froc.  mehr  als  er  theoretisch  müfete^ 
waSf.iweno  ma». einen  gleichen  Udicrachnia .an  Aetekali 
vorhanden  annimmt,  nur  einen  Fehler  von.  B^yM'Tennrsa- 
eben  konnte.   Von  den  beim,  letzte^  Versuche  angewand- 


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ieu  Krystallcn  wurden  9,40  Gran  mit  Salpetersäure  dige- 
rirt  und  darauf  geglüht;  sie  lieferten  3,74  Gran  Oxyd, 
was  genau  das  theoretische  Resultat  ist.  Es  scheiat  also, 
als  liefere  das  essigBaiire  Kupferoxjd  bei  Zersetzung  dordi 
Kali  ^  Wlhme  nebr  alt  -dw  üMgeii  Kupfeiiabe. 

Sllbersalse. 

Das  salpetersaure  ist  das  einzige  von  mir  untersuchte 
Silbersalx.  '  £in  volles  Aequivaleot,  42,48  Gran,  dwob 
Kali  zersetzt,  gab  3^,88,  oder  bezogen  aalt  die 'eoMan^ 
dene  Flfissigkeit  4^,11  und  aof  Wasser  3<>,9&.  Zwei 
ähnliche  Versuche  mit  ehieiB  halben  Aequtralent  gaben 
nahe  dieselben  Resultate,  d.  h.  nachdem  alle  Berichti- 
gungen gemacht  und  das  Endresultat  verdoppelt  worden, 
3<',9ü  und  3^94.   

Bisenozjdsalae. .  .  . '  » 

Da  die  bisher  untersuchten'  Basen  alle  yQn  der  Form 
MO  waren,  so  war  es  wichtig  zu  untersuchen,  in  wie 
weit  der  gefundene  Salz  für  Basen  von  der  Form  M^Og 
gHltig  sej.  Die  Eisenozjdsalze  schienen-  für  den  Vc/k^ueh' 
am  geeignetsten;  allein  es  hult  schwer;  sie  im  neoiralen' 
Zustand  zu  bekommen.  Die  sicherste  Methode  dazu  be- 
steht darin,  durch  Lösungen  von  Oxjdulsalzen  einen 
Strom  von  Chlorgas  bis  zur  Sättigung  hineiuzuleiten  und 
dann  den  Ueberschufs  des  Chlors  duvcb  Erwärmung  aus* 
zntreibenb»  Auf  diese  Weise  kann  man  leicht  aas-  einer 
Littaag  vöaChloIrfir  dine  TomrObiorid  eriHiiCen,  'ulid>aaB 
einer  vem  sehwefefeaoren  Oxyduls  ein  iGemeage  Ciild« 
rid  und  schwefelsaurem  Oxyd.  Da  indefs  die  erfolgen- 
den Oxydverbindungen  die  Hälfte  Kali  mehr  zu  ihrer 
Zersetzung  erfordern  als  die  Oxjdolverbiudungeny-  aas 
welchen*  sie  etttsteben,' so  war  es-ndtbig  ^■•lefzlereii 
nUr.  9w^  Dritter  etnea  Aeqairdents  «unehMeny- am  die 
gawihnlidh^  KaÜMengä  'beigdbehaltan.n?- 

'Deipgemäfs  wurden  16,40  krystallisirtes  Eisencblorür 


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4» 


in  .CUoiifl  vtrMiMt  und  dntdi'  Kali  «ersetit;  in« 
schiedenen  Y^nnobeB  fdbea'  sie  3^, SS;  S^'.TS  und  S'^Ji, 
was,  nach  allen  Berichtigungen,  entspricht:  3^,97;  3°,89 
wd  3^,88.  Vom  krysiaiiisirten  schwefelsauren  Oxydul 
gaben  23  Gran,  eben  so  behandelt,  4'',09;  4<>,11  und 
4^13  etttfpr«ai€iid  4»35;  4^27  und  4«"^  IMeta  lU- 
Mdtate,  dmloM  nieht  ifkntitdi';  kamnen  ekMinder  dooh 
hinreichend  nahe,  besonders  wenn  man  die  ütimcherheit 
der  ursprünglichen  Zusammensetzung  der  krystallisirten 
Salze  und  die  Schwierigkeit,  alles  überschüssige  Chlor 
oline  ZttfMttang  auszutreiben,  in  Betracht  zieht  •  Ein 
anderer  Umslnnd»  der  diese  Reanllate  abzQSndem  atrebt, 
•  dessen  fifaiflafii  •  alber  schwierig  zn  emdlteln  ist,  besteht 
darin,  dafs  der  entstehende  Niederschlag  immer  Kali  ent- 
hfilf,  und  zwar  durch  so  starke  Verwandtschaft  mit  dem 
£i8enoxydhjdrat  verbunden,  dafs  selbst  heifses  Wasser 
nur  eine  Ibedufüse  Ablrennnng  desselben  bewirkt.  Scbc 
mabncbcinUbh  ^findet  diefr  bei  msebiedenen  Seinen  in 
i^erediiedenenitMi^iCie'  statt,  und  darin  mag  wobi  Eine  Ur» 
Sache  der  Verschiedenheit  der  thermischen  Effecte  liegen.  ! 

Beim  Bückblick  auf  die  vorhergehenden  Resultate 
wird  man  beobachten,  dafs  während  der  Umtausch  yoa 
Kali  fsms^n  ▼eneyedene  Basen%(bermiaebe  Verttndemn* 
gen  hervorbringt,  die  ivon  ^0^,84  J»i8  4-4^,%  schwan^ 
ken,  die  grdfsle -lIFebereitistinmang  herrscht  her  denen^ 
die  mit  den  Salzen  von  jeder  Base  für  sich  erhalten  wor- 
den sind.  Freilich  zeigen  sich,  in  einzelnen  Fällen  ge- 
ringe Unfersebisde;-  allein  diese  sind,  gbixbe  ich,  im  All-' 
goneinei»  nicht  grillaer  ala  sie  bei«  chemiselien  Beactio^ 
nen  yorkonuaen.  .  Es  ist  daher  -m  einer  ToUkonuneneft 
Gleich fönnigk^  der  Besultate  wesentlich,  dafs  genaue 
Aequivalente  von  dem  Salze  und  der  Base  angewandt 
werden,  und  ein  vollständiger  Austausch  stattfinde.  Diese 
Beifingnngen  sind  aber  selten  erfilUt.  Es  ist  jedoch  wich- 
tig nt  bemerken^  dals,  nnt  ein.Paar  Aosnahamn,  die  beob*. 
achteten  Abfisishaagen  «He  in- demselben  Sinne. liegen. 


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weklicn  die  Tlieorie  abdeotet  •  Dk  fiolnfier%)i6it,  «die 
neisten  Meülltalze  im  iwllkoiMiaft  aenlnileD  Zostonde 

und  von  fester  Zusainmeusetzung  zu  erhalten,  ist  wohl 
bekannt,  und  bei  den  zerfliefslichen  VerbinduDgen  kano 
eine  besondere  Analyse  selten  mit  Vorlheil  angewaedt 
mrdeD*  Die  aua  der  UnvolikommeniMil  des  Aiitaosahea 
entsprini^ende  VeriBderliclikeit  das  NiedencUa^  ist  dne 
ergiebige  Quelle  d«r  Verochiedeiilieiten  in  den  Resull»* 
teil,  und  sie  wird  noch  vergröfsert  durch  die  Nothwen- 
digkeit,  alle  diese  Versuche  ohne  Aoweudung  äufserer 
Wärme  anzustellen.  Die  Bildung  eines  Untersalzes  (ba-> 
aiaehen  Salzes)  entwickelt  wenifjer  Wärme  als*  die  FäU 
kuig  eines  Oxydhjdrats,  offenbar  weil  in  ersteren  Faft 
ein  nnvollstandiger  Anstanseh  stattfindet  Eän  merkwfiiw 
diges  Beispiel  hievon  hatten  wir  bereits  in  der  Wir- 
kung des  Kalis  auf  das  essigsaure  Zinkoxyd,  wo  eine 
grofse  Abweichung  von  der  gewöhnlichen  Wärmeent« 
Wicklung  deutlieh,  darant  eotlprangi  dafa  der  Niedsrocfchig 
ein  Untersale  war.  Dieselbe  Ursache  stOrt  «hne  £wci^ 
fei  oft  die  Genauigkeit  des  Resultats  In  andern  Füllen, 
wo  eine  geringe  Menge  Untersalz  gebildet  wird.  In  ei- 
nigen Fällen  bleibt  auch  ein  Theil  der  ausgetriebenen 
Basis  in  der  Lösung»  und  in  noch  anderea  wird  eia  Theil 
der  auströbenden  Baisis  mit  den  DBederaehfaig  gefielt. 
Ziehen  wir  alle  diese  Fehlerquellen  in  Betracht,  so  acheini 
das  allgemeine  Gesetz  der  Gleichheit  der  Wärmeentwick- 
lung bei  Austausch  einer  und  derselben  Base  durch  die 
vielen  Fälle  eiij<er  völligen  Uebereiastimmung:  damit  ^  im 
Gegensatz  m  den  wenigen  eiser  genügen  -Abwciohnog 
davon»  vollkommen  bewährt  au  aeyn.  . 

Es  mag  hier  bemerkt  aeyn»  dafa  es  traf  die  Ribhtig- 
keit  durchaus  keinen  Einflufs  hat,  was  für  eine  Ansicht 
man  über  den  Vorgang  beim  Austausche  der  Basen  an- 
uimmL  Möge  man  annehmen,  das  Endresultat  ent^nnge 
aus  einer  bloßen  Stelhrertretung*  der  einen  Base'  dnreh 
die  anderey  oder  aua  einer  Reihe  gaaamieflar  ohenianiian 


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47 

hMToribringt,  di«  allg«iiieiiieii,  so  theo  festgeitcllten  Thal* 

sacben  bleiben  dabei  immer  strenge  richtig.  ' 

Die  Abscheidung  der  meisten  Basen  in  starrer  Form 
strebt  ako  Wärrae  zu  eulwickeln,  und  da  diefs  bei  ver- 
acbiedefttii  NiedmclilAg^  in  on^atoluai  MaaCse  iwcbieliti 
to  lassM  sieh  dih  Zahlen  iCir  die  ludöalkihen  Basan  nichl 
genan  mit  einander  vergleieben. .  Der  Betrag  deradsdeie 
Fällung  entspringenden  latenten  Wärme  ist  nicht  bekanntf 
mufs  aber  bei  Bildung  eines  und  desselben  Niederschlags 
derselbe  sejn.  Die  BetidiliguDg  wegen  dieaes  Umstaof- 
des  wird  also  füv  Salae  ven  gUieher  Base  eine  cMMtante 
GrOfse  seyn,  nnd  mithin,  wenn  sie  angebracht' wird,  die 
Gleichheit  der  Torstehenden  Zahlengruppen  nicht  andern 
können.  Es  ist  wichtig  zu  bemerken,  dafs,  ungeachtet  ddf 
ans  der  Bildung  der  Niederschläge  eutatehendeu  Wärme, 
cine  Temperaturemiedri^ng  eintritt,  fvann  .  Kalk  .mUc 

Talkerde  durch  Kali  ausschieden  wfrd,   ) 

Im  efsten-Angenhliokjchaintdiese  letzte  Thataaeheau 
beweisen,  dafs  Kali  eine  schwächere  thermische  Base  sey 
als  Kalk  oder  Talkerde;  allein  bei  näherer  Betrachtung 
zeigt  sich,  dafs  ein  solcher  Schlufs  wenigstens  voreilig 
ist.    IVIad  Müi  sich  namiii;h  erinnern,  4ais.wir  vöUig 
onfaekannt  sind  aü  all  den  chemischen  Vorgängen,  w^. 
Ae  die  in  Rede  stehenden  Anslauaehe  begleiten.  Wiii 
wissen,  dais  die  austreibende  Base  vor  der  Vermischung 
im  Hjdralzustande  vorhanden  war,  und  dafs  nach  der 
Vecmischung  die  ausgetriebene  Base  in  demselben  Zu- 
stand erhalten  wird.   Aliein  wir.klMuieif  auf  keine  Weia^ 
mit  Sicherheit  entdecken,  in  welcham  Znstand  die  Basen 
in  den  Losungen  ihrer  nentraleo  Saite  eiisttrCen.  Neh- 
men wir  an,  sie  existirten  im  Hydralzustande,  so  drOk-^' 
ken  die  zuvor  gegebenen  Zahlen  genau  die  bei  den  che- 
mischen Austauschen  entwickelte  Wärme  aus.  Nehmen, 
wir  aber  an,  daüi-  das  Kali  sieh  ▼on  dem  mit  ihm  veri- 
bnidcBan  Wasser  traams^  und  andererseits  der  Kalk  aish* 


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J 


48 

wllirend -der  Vmaebe  mfir  Wäner  ^mbiaie,«  so  wMen 

ieiic  Zahlen  das  allgemeine  RetaHftt  einer  Reihe  sehr  ver- 
wickelter Vor^än^e  seyii.  Es  können  andere  Voraus- 
.  Setzungen  gemacht  werden,  aber  wir  können  die  Rich- 
tigkeit nicht  einer  derselben  erweiten.  Mtnr  Einr  ist  §e« 
wifet  dafe,  wie  euch  diese  n'nbekannten  Yovgls^e  be- 
schaffen sejn  mögen,  sie  doch  genau  ahnlii3i  Bin4- w«mi 
dieselben  Basen  an«;ewandt  worden.  Mithin  sind  die 
vorstehenden  Versuche  hinreichend  zu  erweisen,  dafs  bei 
denselben  Basen  die  aus  deren  Austausche  entspringende 
Warme  immer  dieselbe- ist, -wenn- eueh  die  Zahlen  mcbt 
die  pMW  von  dieser  ürsacbe  herrührende  -  Temperatur» 
verSnderung  ausdHIeken. 

'Zu  den  Umständen,  die  möglicherweise  auf  diese 
Resultate  Einflufs  haben  können,  gehören  die  Tempera- 
torverfinderungen,  die  aus  der  Auflösung  von  Salzver* 
bindon^n  in  Wesser  entstdieo,  ein  neoeriich.  von  Hni. 
Graham  untersttditer  Gegenstand;  Allein ,  wiewohl  ek 
richtig  ist,  dafs  nach  dem  Austausch  ein  hnderes  Salz 'in 
der  Lösung  bleibt,  als  zuvor  in  derselben  war,  so  mufs 
doch  bemerkt  werden,  dafs  keins  der  Salze  während  des 
Processes  den  starren  Zustand  annimmt,  und  die  erwähn- 
ten Temperatarveranderangen  hangen  wesentlich  von  die» 
ser-  Bedingung  ab*  '  Aus  diesem  Grinde,  scheint  mir, 
können  die  aus  dem  Act  der  Lösung  entspringenden 
"Wärmceffccte  in  keiner  Weise  bei  diesen  Versuchen  in 
Tbätigkeit  treten. 

'  Dassdbe  allgemelae  Princip  schliefst  beinahe  aUe 
^rmiscben  R^hate  ein,  die  ich  früher  beaehrieben  habe, 
als  entstehend  aus  der  Wirkung  von  Basen'  und  ve^• 
dfinntcn  Säuren  auf  einander  und  auf  Lösungen  neutra- 
ler Salze.  In  Fällen,  wo  dieselbe  Base  (wie  zuvor  er- 
wähnt) Wasser  aus  einer  seiner  Verbindungen  mit  Säu- 
ren aussclued,  war  die  entwickelte  Wirme  beinahe  (dochr 
niebt  genau)  dieselbe,  im  Gegenibeil»  wo  kein  Basen« 
tansch  atattknd,  war  entweder  Mae  oder  eine  aebr  <ge« 

ringe 


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49 

ringe  TemperaturveränderuDg.  Als  Beispiel  von  letzte* 
rem  erwähne  ich  die  Abwesenheit  aller  Temperaturver- 
Snderuiig  beim  Vermischen'  von  Lösungen  eines  Neutral- 
Salzes  und  einer  wasserhaltigen  Säure,  die  ein  saures  Salz 
zu  bilden  im  Stande  sind.  Zwar  hat  Hr.  (Fraliam  kürz- 
lieh  die  Beobachtung  gemacht,  dafs  die  BilduDg  gewis- 
ser saurer  Sulfate  mit  einer  Temperaturverändening  Ter- 
kDfipft  ist ;  allein  die  so  erzeugte  Temperaturverringerang 
Ist,  verglichen  mit  der  beim  Aastansch  von  Basen  ent- 
stehenden, von  geringerem  Betrage.  Es  hält  schwer  zu 
beweisen,  dafs  wirklich  eine  Verbindung  stattfindet,  wenn 
Lösungen  vermischt  werden,  welche  die  näheren  Bestand- 
theile  einer  Säure  oder  eines  Doppelsalzes  enthalten.  So 
weit  ich  indefs  den  Gegenstand  untersucht  habe,  sind  die 
thenniscben  Eigenschaften  der  so  gebildeten  Losungen 
identisch  mit  denen  von  Lösungen,  die  durch  Lösen  der 
krjstallisirten  Säure  oder  des  Doppelsalzes  in  Wasser 
gebildet  worden  sind.  Macht  man  z.  B..  Lösungen  von 
doppelt-  oder  vierfachkleesaurem  Kali,. und  fttgt  genau 
die  zmr  Neutralisation  erforderliche  Menge  Kali  hinzu,  so 
erhält  man  die  gewöhnliche  Wärme,  die  aus  dem  Aus» 
tausch  von  Wasser  gegen  Kali  entsteht. 

Ich  habe  früher  gezeigt,  dafs  eine  feste  Wärmeent: 
Wicklung  stattfindet,  wenn  Lösungen  von  den  gewöhnli- 
chen alkalischen  Phosphaten  und  Arseniaten  mit  einer 
Lösung,  die  noch  ein  Aeqaivalent  Base  enthält  vermischt 
werden;  während  keine  Temperaturveränderung  eintritt, 
wenn  eine  Lösung  von  pjrophosphorsaurem  Natron  auf 
ähnliche  Weise  behandelt  wird.    Im  erstereu  Fall  wird, 
wie  Hr.  Graham  gezeigt  hat,  ein. Atom  basisches  Was- 
ser ersetzt  durch  ein  Atom  Alkali;  im  let£tereu  Fall  isl 
kein  basisches  Wasser  zugegen. 

In  den  vorstehenden  Beobachtungen  ist  angenommen 
worden,  dafs  wenn  die  Vereinigung  zweier  Basen  mit 
der  Entwicklung  einer  gewissen  bestimmten  Wärmemenge 
verknüpft  ist,  die  Trennung  derselben  von  der  Absorption 

PofccBdorlPt  AnnaL  Bd.  LXVI,  4 


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einer  gleichen  Wftnnemenge  begleitet  wird«  Obgleicb 
dieser  Snti  in  Abstracto  sehr  wahrscheinÜdi  ist,  so  er- 
fordert er  doch  einen  directeii  J5eweis  durch's  Experi- 
ment, und  es  ist  um  so  wichtiger  denselben  zu  liefern, 
als  er,  wenn  er  richtig  ist,  ein  Mittel  liefert,  die  Ge- 
nauigkeit unserer  Resultate  zu  bestätigen. 

Die  nun  zu  beschreibenden  Versuche  befähigen  uns, 
ihn  fDr  eine  besondere  Reihe  von  FSlIen  nachzuweisen.  In 
der  That,  nehmen  wir  drei  Basen,  wie  Kali,  Kupferoxyd 
und  Wasser,  die  einander  in  obiger  Ordnung  2u  ver- 
drängen yermOgeo,  und  messen  die  Temperaturverände- 
fungen,  die  entstehen,  wenn  die  erste  und  zweite,  die 
erste  und  dritte,  und  die  zweite  und  dritte  einander  er- 
setzen, so  mufs  die  TemperaturverSnderang,  die  aus  dem 
ersten  Austausch  entsteht,  gleich  seyn  den  Temperatur- 
veränderungen, die  bei  den  beiden  letzteren  erzeugt  wer- 
den.   Einige  wenige  Beispiele  werden  diefs  erläutern. 

Die  Zahlen -AusdrQcke  fdr  die  Wärme,  welche  bei 
Zersetzung  des  salpetersauren  Wassers  durch  Kali  und 
durch  Kalk  entwickelt  wird,  sind  6  ,76  und  7^20.  Der 
Unterschied  dieser  Zahlen,  — 0",44,  deutet  an,  dafs  eine 
Temperatur -Erniedrigung  von  diesem  Betrage  stattfinden 
mfisse,  wenn  die  erstere  Base  die  letztere  austreibt  Wie 
wir  vorhin  gesehen,  ist  das  Resultat  des  direden  Ver- 
suchs = — 0**,37.  In  diesem  und  den  folgenden  Fällen 
shid  die  Temperaturen  nur  wegen  der  Gefäfse  berich- 
tigt, weil  ich  die  specilischen  Wannen  der  Mctalllösun- 
gen  nicht  bestimmte;  der  aus  diesem  Umstand  entsprin- 
gende Fehler  in  dem  Vergleich  ist  ganz  unbedeutend« 

Bei  zwei  Versuchen,  bei  denen  schwefelsaures  Was- 
ser durch  Kali  zersetzt  wurde,  war  die  entwickelte  Wärme 
7",24  und  7",22.  Dieselbe  Verbindung  durch  AmiiToniak 
zersetzt,  gab  in  drei  Versuchen  6^,40;  6",53  und  6",51. 
Der  Unterschied  der  Mittel  dieser  Zahlen  ist  -f-0",74. 
Der  directe  Versuch  gab  bei  einem  Versuch  -1-0^,75, 
bei  einem  anderen  -f*0^78. 


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51 


Die  Zahl  flDr  die  Würmeentwieklung  fBr  den  Aus- 
tausch von  Zinkoxjd  gegen  Wasser  in  schwefelsaurem 
Wasser  ist  5^,40;  diese  von  7*^,22  abgezogen,  binterläfst 
r,82  für  die  Wärme  bei  Fällung  des  Zinkoxjrds  durch 
Kali,   Der  directe  Versuch  gab  1*^,87. 

Zur  Bestimmung  der  Wfirme^  die  bei  Ersetumg  der 
Base  des  schwefelsauren  Wassers  durch  Kupferoxjrd  frei 
wird,  wurden  zwei  Versuche  gemacht.  Bei  einem  der- 
selben wurde  das  Oxyd  als  Hydrat  genommen,  bei  dem 
andern  im  wasserfreien  Zustande»  wie  man  es  durch  Fäl* 
long  einer  heiCsen  LOsong  von  sobwefelsanrem  Kopfer- 
oxyd  mit  Kall  erhftlt.  Die  Resultate  stimmten  sehr  nahe 
mit  einander,  und  waren  3^,52  und  3", 53.  Zieht  man  das 
Mittel  dieser  Zahlen  von  6",76  ab,  so  erhält  man  3",23 
als  Ausdruck  der  Wärme,  die  beim  Austausch  von  Ku- 
pferoxyd gegen  Kali  frei  wird.   Der  directe  Versoch  gab 

3^oa 

Mit  Tall^erde-  oder  Bleisalxen  lAfst  sieh  ein  soldier 

Vergleich  nicht  anstellen,  weil,  wenn  deren  Lösungen 
durch  Kali  gefällt  werden,  nur  ein  unvollkommener  Aus> 
tausch  stattfindet 

Vergleichen  wir  in  Ähnlicher  Weise  die  Übrigen  Re- 
sultate, welche  in  dem  zuvor  erwähnten  Aufsalz  erhal- 
ten worden,  so  ergiebt  sich,  dafs  die  Untersdiiede  zwi- 
schen Theorie  und  Erfahrung  selten  0*^,3  übersteigen,  — - 
gewil's  eine  grofse  Annäherung,  wenn  man  die  Mangel- 
haftigkeit des  früher  angewandten  Verfahrens  und  die 
grofse  Schwierigkeit,  mit  unlüslichen  Basen  genaue  Re- 
sultate zu  erhalten,  in  Betracht  zieht. 

Es  mag  bemerkt  seyn ,  dafs  in  der  Vl^rmeentwlck- 
lung  bei  Lösung  von  Zink-  und  Kupferoxjd,  je  nach- 
dem sie  wasserhaltig  oder  wasserfrei  sind,  ein  beträcht- 
licher Unterschied  vorhanden  ist,  der  es  wahrscheinlich 
macht,  dafs  bei  Verbindung  dieser  Basen  mit  Wasser 
eine  bedeutende-  Wärmeentwicklung  stattfindet 

Die  vorstehenden  Versuche  scheinen  mir  hinreicbend, 

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die  GeDBuigkeit  des  schon  geDaonten  allgememeo  Satzes 
festztistellett,  dafs,  wenn  efne  Base  eine  andere  ans  irgend 

einer  ihrer  neutralen  Verbiiidtm^en  verdrängt  (alle  im 
Zustande  verdünnter  Lösungen  genommen)  die  Wärme- 
entwicklung immer  dieselbe  ist  bei  denselben  Basen,  aber 
im  Allgipeinen  verschieden  bei  ▼erschiedenen  Basen.  Die 
kleinen  Abweichungen  von  diesem  Gesetz  bei  den  ge- 
wöhnlichen Basen  sind  nicht  gröfser,  als  wir  sie  bei  an- 
deren Untersuchungen  über  die  Wänne  beobachten ;  und 
ich  habe  zuvor  manche  Umstände  angegeben,  welche  ei- 
nige dieser  Abweichungen  erklaren.  Die  bei  Zersetzung 
der  Salze  von  Wasser  erhaltenen  Resultate  zeigen  merk- 
würdigere Anomalien,  wie  ich  frOher  dargethan  habe» 
Von  diesen  verdient  besonders  hervorgehoben  zu  wer- 
den: die  grölsere  Wärmeentwicklung  bei  Neutralisation 
der  verdünnten  Schwefelsäure  durch  alkalische  Lösungen; 
sie  bleibt  noch  unerklärt.  Die  Anomalien,  welche  Ku- 
pferoxyd und  .Cjanwasseratoffsäure  darbieten,  habe  ich 
zum  Theil  auf  ihren  Ursprung  zurOckgefdhrt.  Allein  die 
übrigen  Hesultate  kommen  einander  so  nahe,  dafs  kein 
Zweifel  übrig  bleiben  kann,  es  gelle  für  die  Zersetzung 
der  Salze  des  Wassers  dasselbe  Princip  so  gut  wie  für 
die  der  Salze  anderer  Basen. 

Einen  Znsammenhang  zu  finden  zwischen  den  beob* 
achteten  Wärmeentwicklungen  und  irgend  einer  anderen 
Eigenschaft  der  Basen ,  ist  mir  nicht  geglückt.  In  der 
folgenden  Liste  habe  ich  die  bisher  untersuchten  Basen, 
geordnet  nach  ihren  thermischen  Resultaten,  zusammen- 
gestellt, und  neben  )ede  die  Zahl  geaetzt,  welche  bei 
Zersetzung  ihrer  Salze  durch  Kali  die  erfolgende  Tem- 
peraturverSttderuttg  ausdruckt. 


CaO       —  0",36  F. 


ZnO       +1',74  F. 


ßaO  0  ,00 

SrO  i)  ,00 

NaO  -t-0  ,08 

AdH,0  -^0  ,74 

MnO  4-1  ,07 

FeO  4-1  ,60 


HgO  4-1  ,86 

PbO  4-2  ,82 

CuO  4-3  ,00 

AgO  4-3  ,99 

Fe|0  4-4  ,09. 


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»8 

ZBMts.  Uelker  dleleslianua^  der  «peoifitclieii  Wftroie 

von  Flä8slgkei(ea.  -% 

■ 

Die  genaae  Bestimmung  der  specifischen  Wärme  von 
Flüssigkeiten  ist  für  alle  mit  der  Verbinduiigswriruie  zu- 
sammenhängenden Untersuchungen  von  solcher  Wichtig- 
keit, daf«  ich  mir  viele  Mühe  gegeben  habe,  gröfsere  Ein* 
fachheit  und  Genauigkeit  in  die  bisher  zu  diesem  Zwecke 
angewandten  Methoden  zu  bringen.  Das  Verfahren,  wel- 
ches ich  beschreiben  will,  ist  eine  Abänderung  von  dem, 
welches  Hr.  Kegnault  bei  seinen  schätzbaren  Untersu- 
chungen über  die  spechische  Wärme  einfacher  nnd  zu- 
sammengesetzter Körper  befolgt  hat,  und  ich  verdanke 
auch  diesem  genauen  Pbjrsiker  die  Kenntnifs  der  wich- 
tigsten Vorsichtsmafsregelo ,  die  bei  Untersuchuugeu  die- 
ser Art  zu  treffen  sind. 

Das  ailgemeiue  Priiicip  der  folgenden  Methode  be- 
steht darin,  dafs  matt  die  Temperaturanwüchse  beobach- 
tet, welche  Wasser  und  die  zu  untersuchende  Flüssig-' 
keit  zeigen,  wenn  darin  ein  heKser  Körper  erkaltet.  Statt 
iudefs,  wie  gewöhnlich  geschah,  eine  heifse  Metallkugel 
zu  nehmen,  deren  Temperatur  im  Moment  der  Eintau 
chung  nicht  absolut  genau  bekanut  seyn  kanu,  nahm  ich 
ein  Theimometer  mit  sehr  grofsem  Behälter,  so  einge- 
richtet, daÜB  das  Quecksilber  nicht  eher  in  dem  Stiel  er- 
scheint, als  bis  es  nahe  zum  Siedpunkt  des  Wassers  er- 
hitzt ist.  Der  cylindrische  Behälter  hatte  ungefähr  zwei 
Zoll  in  Länge  und  einen  halben  Zoll  im  Durchmesser. 
Auf  dem  Stiel  ist  eine  Marke,  entsprechend  dem  Punkt 
201^  F.,  welcher  etwa  anderthalb  Zoll  über  dem  Be- 
hälter liegt  Diefs  Instrument  l&fst  sich  mittelst  eines 
sehr  einfachen  Apparats  leicht  so  weit  erhitzen,  dafs  das 
Quecksilber  etwas  über  die  Marke  steigt. 

Das  Erste  bei  diesem  Verfahren  ist,  dafs  man  den 
thermischen  Werth  des  Behälters  und  eines  kleinen  daran- 
stcrfsenden  Stücks  des  Stiels  genau  in  Wasser  ausdrücke. 
Zu  dem  Ende  bringt  man  ete  gewisses  Gewicht  Wasser 


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54 

iu  do  eyrUndrisches  Gefttfs  von  dtaDem  Mfiasing,  wel- 
di68  in  einem  grOfseren  Geftfs  yon  Weifsblech  hängt. 
In  dem  Wasser  hängt  ein  sehr  empfindliches  (leicht  bis 

^  Grad  ablesbares)  Thermometer  mit  langem  cylindri- 
schen  Behälter,  und  das  Ganze  ist  so  eingerichtet,  da£s 
die  anfängliche  Temperatur  der  Flüssigkeit  etwa  5®  un- 
ter der  der  umgebenden  Lnft  liegt 

Der  Beobachter,  nachdem  er  das  Wasser  im  Mea- 
singgefäfs  mit  einem  sehr  leichten  Glasstab  umgerührt  hat, 
liest  die  Temperatur  laut  ab,  die,  nebst  der  Zeit,  von 
einem  Gehülfen  aufgezeichnet  wird.  Daun  hebt  der  er- 
stere  das  grofse  Thermometer  aus  dem  Heizapparat  (des- 
sen störender  Einflnfs  dorcb  einen  hölzernen  Schirm  BOtf^ 
lältig  abgehalten  ist),  and  wartet,  es  in  gehöriger  Ent* 
fenuing  von  dem  Wasser  haltend,  den  Augenblick  ab, 
wo  das  Quecksilber  die  Marke  erreicht,  worauf  er  es 
soglleich  eintaucht.  Die  Zeit  der  Eintauchung  wird  wie- 
der aofgezeichnet,  und  das  Ganze  3j>  Minuten  sanft  in 
der  Flllsaigkeit  herum  bewegt.  Da  die  Temperatur  der 
letzteren  nun  immer  ihr  Maximum  erreicht  bat,  so  wird 
der  neue  Stand  des  Thermometers  beobachtet.  Die  End- 
temperatur läfst  man  niemals  höher  als  2"  über  die  der 
Luft  steigen. 

Wenn  alle  obige  Bedingungen  erfüllt  worden,  so  sind 
die  Berichtigungen  wegen  des  erwärmenden  nnd  erkäl- 
.  tenden  Einflusses  der  Luft  sehr  klein;  doch  dürfen  sie 

nicht  vernachlässigt  werden.  Für  jeden  ( Fahrenheirscheu ) 
Grad  üeberschufs  fand  sich  die  Erwärmung  =0",0l  pro 
Minute,  und  da  zwischen  der  Beobachtung  der  Anfangs 
temperatur  und  dem  Eantauchen  des  erhitzten  Instruments 
gewöhnlich  10  bis  20  Secunden  Terflossen,  so  war  die 
Berichtigung  für  diese  Beobachtungszeit  leicht  gemachit 
Es  ward  angenommen,  dafs  während  der  ersten  Minute 
nach  der  Eintauchung  der  erwärmende  und  der  erkäl- 
tende Proceis  einander  aufwögen;  und  für  die  letzten 
2^  Minuten  wurde  die  Beiichtignng  in  .  der  Hypothese 


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55 


gemadit»  dafii  die  Flüssigkeit  sieh  während  dieser  Periode 
aaf  dem  Endmaximaiii  befiAde.    Ffir  jeden  Grad  (Tem» 

peratur- )  üeberschufs  fand  sich  die  Erwärmung  =0 '-,012 
pro  Minute,  wenn  die  Flüssigkeit  in  beständiger  Bewe- 
gung gehalten  wurde. 

Kennt  man  das  Gewicht  des  Wassers,  den  Wes- 
serwerth  der  verschiedelien  Theile  des  Instruments,  die 
vom  Wasser  gewonnene  und  vom  Instrument  verlorne 
Temperatur,  so  besitzt  man  alle  nöthigen  Data  zur  Be- 
rechnung des  thermischen  .Wertbes  des  letzteren,  ausge- 
drückt in  Wasser. 

Wiederholt  man  denselben  Versuch  mit  einem  glei- 
chen Volum  der  Flüssigkeit,  deren  specifische  Wärme 
bestimmt  werden  soll,  so  erhält  man  den  thermischen 
Werth  desselben  Instruments,  ausgedrückt  in  der  Flüs- 
sigkeit. Aus  diesen  Werthen  läfst  sich  die  specifische 
Wärme  berechnen.  Ein  gleiches  Volum  von  der  Flüs- 
sigkeit wurde  angewendet,  um  das  Instrument  in  allen 
Fällen  bb  genau  zur  selben  Tiefe  einzutauchen,  und  aus 
demselben  Grunde  wurde  es  iniincr  senkrecht  in  die  Flüs- 
sigkeit getaucht,  und  in  dieser  Stellung  beim  Umrühren 
erhalten.  Bevor  man  das  endliche  Resultat  berechnet, 
ist  es  ndtl\ig  ein  angenähertes  zu  haben,  damit  man  <Jen 
thermischen  W(erth  des  Messinggeföfses  etc.  ansgedrfi^kt 
in  der  Flüssigkeit  finden  könne.  Diefs  ist  ohne  meriili-' 
eben  Fehler  leicht  in  Praxis  gethan.  Wenn  die  specifi- 
sche Wärme  der  Flüssigkeit  bedeutend  von  der  des  Was- 
sers abweicht,  so  mufs  die  Berichtigung  wegen  des  er- 
wärmenden und  erkältenden  Einflusses  der  Luft  auch  ab- 
geändert werden. 


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56 


Die  Gewichte  der  vendüedmen  Theile  des  Instrumentf  vad 

dem  WMMTwerthe  waren  Mgßmäei 

QaecksUber  im  Thermometerbehälter ,  durch  welches  der 

'   Temperaturanwuchs  g^emessen  wurde,  300  Gr.  X 0,033  9^ 

Glan  des  Behälters  uqd  des  eingetauchten  Stüclis  vom  (Stiel 

24  Gr.  X0,14   3,3 

GUaerner  Röhrstab  20  Gr.  X0,14    .  %  %9 

Ueaainggeftfii  420  Gr.  XO9O94  39,5 

Wasserwerth  des  ganzen  Apparats  55,5 

Der  Werth  des  Apparals,  ausgedrückt  in  den  folgenden  Lösungen, 

iae  67,0  Gran. 

Nennen  wir  nun: 
D  den  Unterschied  zwischen  201"  F.  und  der  End- 
temperalur  der  Flüssigkeit  oder  die  vom  Instrument 
verlorne  Wärme;  —  e  den  Ueberschufs  der  Endtem- 
peralur  über  die  der  Luft;  —  /den  beobachteten  Tem- 
peraturanwuchs, —  /(  den  berichtigten  Anwuchs;  — 
das  Gewicht  der  Flüssigkeit ;  den  Werth  des  Ap- 
parats ausgedrückt  in  der  Flüssigkeit;  —  X  den  Werth 
des  InstrumeaU,  ausgedrückt  in  der  Flüssigkeit, 
80  üoden  wir: 


DestSUirtes  Wstssr. 


1. 

II. 

III. 

IV. 

V. 

D 

132«,0 

13I«,7 

132^8 

1320,5 

132^,8 

e 

1  ,1 

0  ,3 

0  ,4 

1  ,4 

2  ,2 

I 

6  ,38 

6  ,45 

6  ,46 

6  ,40 

6  ,40 

h 

6  ,39 

6  ,44 

6  ,45 

6  ,43 

6  ,45 

F 

1234,5 

1234,5 

1234,5 

1234,5 

1234,5 

V 

55,5 

55,5 

55,5 

55,5 

55,5 

X 

62,45 

62,60 

62,65 

62,60 

62,65 

Mittlerer 

Werth 

io  Wasser 

=  62",59. 

L 

ösung  vun 

schwefelsaurem  Kali. 

(100  Th. 

enthalteo  2,18  SaU.) 

I. 

n. 

III. 

B 

131«,8 

l32^2 

132^4 

e 

1  ,3 

1 ,1 

1  ,0 

I 

6  ,38 

6  ,42 

6  ,45 

Je 

6  ,41 

6  ,43 

6  ,46 

F 

1264,5 

1264,5 

1264,5 

V 

57,0 

57,0 

57,0 

X 

64,27 

64,28 

64,48. 

Mittelwerth  in  Lösung  =64,34;  spec.  W&rme  =0,973. 


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57 

LKtong  von  ««Lpetertaorein  Kali. 
(100  Th.  entbdteo  2^  Sab.) 


T. 

II. 

411. 

D 

135",8 

135^5 

135  ^7 

e 

1  ,1 

1  ,4 

I  ,n 

I 

6  ,59 

6  ,56 

6  ,57 

/• 

6  ,60 

6  ,59 

6  ,58 

F 

1261,5 

1201,5 

1264,5 

r 

57,0 

57,0 

57,0 

X 

64,2.3 

64,27 

61,08, 

Mittelwerth  in  Lösung  =64,19;  spec.  Wärme  =0,975. 

LdeuDf  «OB  GhlorkaUnm. 


(100  Theile  entbaUeo  1,86  Sala.) 

1. 

II. 

III. 

IV. 

D 

132^4 

132°,3 

1320,4 

e 

l  .6 

1  ,6 

1  ,6 
6  ,42 

1  ,6 

I 

6  ,45 

6  ,43 

6  ,43 

Ic 

6  ,46 

6  ,45 

6  ,46 

F 

1264,5 

1264,5 

1264,5 

1264,5 

r 

57,0 

.  57,0 

57,0 

57,0 

X 

64,48 

64,48 

64,43 

64,48. 

Mittelwerth  in  Lösung  =64,47;  spec.  Wärme  =0,971. 

Lösung  TOB  essigsaurem  Kali« 
(100  Tk  «Dtbalten  2^  Sab.) 

L  II.  III. 

D  133^5  132^9  133M 

e  1  ,8  2  ,1         1  ,8 

I  6  ,46  6  ,44       6  ,46 

le  6  ,50  6  ,49       6  ,50 

F  1264,5  1264,5  1264,5 

V  Wlfi  57,0  57,0 

X  UM  64,53  64,54. 

Mittelfrerth  in  LOsong  ss64,47;  spee.  Wäime  =0,971. 


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58 


HI.    Methode  zur  Bestimmung  der  entwickelten 
FFärmemengen  auf  nassem  TVege; 
von  Hm*  Hefs* 

■ 

{Buiüt,  de  üt  c/asse  phjsico-math.  de  l'acad.  de  St.  Petersb,, 


1 )  Seit  die  Frage  über  die  bei  chemiscben  Ver- 
bioduDgen  eotwickelten  WSimemengeo  durch  die  ihr  von 

der  Pariser  Academie  geschenkte  Aufmerksamkeit  eio 
neues  Gewicht  erlangt  hat,  konnte  Niemand  mehr  als  ich 
interessirt  seyu,  das  erste  Gesetz,  welches  ich  über  die 
vielfachen  Wärmeproportiooen  aufgestellt  hatte,  auf  eine 
strenge  Weise  zu.  bestätigen.  Ich  unterwarf  es  sahirei- 
chen Prflfangen,  und  kam  dabei  auf  emo  allgemeine  Me- 
thode zur  Bestimmung  der  bei  chemischen  Verbindungen 
entwickelten  Wärmemengen  auf  nassem  Wege. 

2)  Geselzt  man  habe  als  Ausgangspunkt  eine  Sub> 
stanz,  die  mehre  Hydrate  zu  bilden  vermag,  z.  B.  Schwe- 
felsSnre.  Man  nehme  von  jedem  dieser  Hydrate  ein  sol- 
ches Gewicht  oder  Volum,  dafs  sie  alle  eine  gleiche 
Menge  wasserfreier  Säure  enthalten.  Man  bestimmt  dar- 
auf die  Wassermenge,  die  nöthig  ist,  um  jedes  der  Hy- 
drate auf  einen  festen,  für  alle  gleichen,  Gebalt  zurück- 
zuführen. Nach  diesen  Vorbereitungen  nehme  man  an, 
dafe  die  durch  das  Zeichen  +  TerknQpften  Formeln  die 
Qnantifiten  und  die  Natur  der  zu  ▼erbindenden  Substan- 
zen vorstellen,  und  dafs  diese  Substauzeu  sich  apf  glei- 
cher Temperatur  befinden.  Gesetzt 

fi  S+21H  entwickele  WArme  j4 

H«S-h20H     -     -  -  Ä 

H3S-I-19H      -     -  -  C 

H«S-M6H     -     -  -  Z>. 


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59 

BewidmeC  matt  nun  doroh  Gemenge  oder  die 
eDtetandeee  Veribimhing,  dmch  e  die  spedfisdie  WSrme 

der  Flfifisigkeit  aod  durch  /  die  Tempera turzuuabme,  so 
haben  wir  für  die  Wärmemeogen       B,  Ci 

Met  =A 

Mctx  =B 

Mct2  =  C 

und  da  unter  den  Bedingungen  der  Austeilung  des  Ver- 
suchs die  Werthe  Mund  c  coostaot  bleibeD,  so  bat  man: 

A  :  B  :  C=t  :  f,  : 

was  daraof  zarflckk^mmt,  dafs  die  entwidLelten  WÄrmc- 
mengen  den  Temperatoranwflchsen  proportional  sind. 

Um  die  Werthe  von  B,  C  (was  Winnemen- 
gen sind )  zu  erhalten,  tnufs  man  den  Werth  von  c  oder 
die  specifische  Wärme  kennen.  Dahin  gelangt  man  foU 
gendermafsen.  M  besteht  in  }eder  Gleichung  aus  zwei 
GrOCsen,  deren  eine  die  Sfture  und  deren  andere  das 
Wasser  ist;  erstere  bezeichnen  wir  mit  letztere  mit 
ß.  Ffir  die  entwickelte  Wärme  haben  wir,  angenom- 
men a  und  ß  sejen  auf  derselben  Aufaugstemperatur: 

Wiederholt  man  nun  den  Versuch  bei  einer  andern 
Temperatur  von  ß,  so  addirt  oder  subtrahirt  man  nach 
Belieben  eine  bestimmte  Wärmemenge,  Sej  diese 
Menge.  Wir  haben  dann,  vorausgesetzt  die  SStire  a 
sej  bei  derselben  Temperatur  wie  im  Torhergebenden 
Versuch  genommen: 

da  i  und  /'  die  Unterschiede  zwischen  der  Aufangstem- 
peratur  der  Säure  und  der  Endtemperatur  des  Geixusches 
sind,  so  wird  man  haben: 

(•H-/f)(#-f')  • 
Man  darf  sich  nidit  begnügen,  c  h\ois  ftlr  den  Werth 
Ton  A  zu  bestimmen;  es  mufs  für  jede  Gleichung  ge- 
schehen.    Alle  diese  Weitbe  müssen  übereinstimmen, 
und  somit  einen  Beweb  von  der  Richtigkeit  der  erbal- 


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60 

teDeD  Retoltete  gebea,  wie  sie  aooh  mgleicli  mr  Aof- 

findang  der  wahrscheinlichen  Fehlergränze  dienen.' 

3)  Uebersetzt  man  den  Ausdruck  (a-i-ß)tc::zA  in 

so  bemerkt  man,  dafs  die  specifische  Wärme  der  Ele- 
mente nicht  angegeben  ist.  Die  spedfische  Wärme  des 
Wassers  bedarf  dessen  nicht,  da  sie  zur  Einheit  ange- 
nommen ist;  allein  die  der  Säure  werden  wir  mit  an- 
geben. Wir  sahen  so  eben,  wie  man  den  Werth  von 
c  beßtimmen  konnte;  wir  werden  also  voraussetzen,  der 

Aosdnick  (il^'^'S.<;'+138)/c  aej  ssA  und  enlbalte 
nur  die  Unbekannte  e\   Man  mufs  sich  wohl  hOten  aus 

dieser  algebraischen  Gleichung  den  Werth  von  c'  zu 
ziehen,  denn  dieis  schlösse  eine  Hypothese  ein.  (Ein 
ähnlicher  Fehler  wurde  von  Kudberg  begangen,  ohne 
dais  er  gerügt  worden  wäre;  Poggendorff^  Annalan, 
BdL  35,  S,  474.)   Hier*  war  der  Versuch  so  eingerichtet; 

dafs  i^/=lP*S;  richten  wir  uns  aber  so  ein,  dafs  M 

zuletzt  fi'  ^  S  sey»  so  wird  man  z.  B.  haben  (ft^Sc*-f6H)/'c' 
Man  wird  also  den  Werth  Ton  c*  bestipnmen, 
wie  es  eben  angegeben  worden.  Man  geht  hierauf  zum 
Werth  von  c"  zurück,  sofern  es  mit  der  Leichtigkeit  der 
Ausführung  verträglich  ist,  und  gelangt  so  mit  bekann- 
ter Genauigkeit  zu  der  Relation  zwischen  c\  c",  d.  h. 
zu  der  Relation  zwischen  den  specifiscben  Wärmen  ei-; 
ner  Säure  von  verschiedenen  Concentrationsgraden. 

4)  Wenn  die  von  den  Formeln  der  §.  2  angege- 
benen Mengen  von  Säure  und  Wasser  so  gewählt  wer- 
den, dais  mau  bei  zweckmäfsigem  Operiren  Multipla  der 
Wärmemengen  bekommt,  so  wird  man,  wenn  man  die 
kleinste  Menge  a  nennt,  in  Bezug  auf  jede  Säure  die 
folgenden  Multipla  haben: 

H  S=5tf 

9  « 

«  «  •  f 


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61 


Gesetzt  nun,  dafs  man,  statt  genau  die  erforderlU 
che  Wassennenge  zu  nehmen,  deren  mehr  oder  weDi-* 
ger  gcnonmen  habe. 

Im  ersten  Fall  hat  man  zu  der  Gröfse  a  eine  ge^ 
wisse  Würmemenge  x  binzmufOf^en.  Allein  nach  den 
Bedingungen  des  Vcrsuclia  bleibt  diese  Menge  nicht  die- 
selbe für  alle  angegebenen  Wteserangsstufen ,  und  man 
hat  ööH-ar,  3fl-i-:r,  2a+ar  und  a-l-jr,  so  dafs,  wenn 
man  die  daraus'  entstehenden  Gleichungen  zu  je  zwei 
combinirt,  die  Werlhe  von  a  und  x  daraus  herleiten 
kann.  Da  man  aber  immer  denselben  Werth  von  x  er- 
hallen mufs,  so  dient  diefs  zur  Prüfung  der  Genauig- 
keit der  Versuche.  Diese  Priifungsweise  ist  weniger  müh- 
sam als  die  der  specifischen  Wärme. 

Wie  man  sieht  ist  es  unerläßlich  so  zu  arbeiten^ 
dafs  das  definitive  Gemisch  im/ner  von  gleichem  Ge- 
halte sey.  Sich  von  dieser  Bogel  entfernen,  ist  ein  gro- 
ber Fehler,  den  man  nicht  durch  Rechnung  verbessern 
kann. 

Man  wird  also  bemerken:  wenn  die  Wassermenge 
gröfser  ist  als  sie  sejn'mufs,  um  genaue  Multipla  von 
WSrmemengen  xu  bekooimen,  so  sind  alle  vom  Versuch 
gelieferten  V^ärmemengen  zu  grofs  in  Bezug  auf  die 

folgenden,  von  der  schwächsten  Säure  ausgegangen.  Das 
Gegentheil  findet  statt,  wenn  die  Wassennenge  zu  ge- 
ring ist. 

Es  ist  überflüssig  zu  bemerken,  dafs  eine  analoge 
Methode,  wie  die  oben  auseinandergesetzte  auch  für  die 
Wärmemengen  gilt,  die  bei  Sttttigung  von  Säuren  durch 
Alkalien  entwickelt  werden,  vorausgesetzt,  dafs  man  eine 
Säure  nehme,  deren  Wässerungsstufen  wohl  studirt  wor- 
den sind. 

Ich  stelle  das  Endergebnifs  einiger  "Versuche  hieher, 
um  später  für  diesen  Gegenstand  wesentliche  Betrach- 


tungen daran  zu  knüpfen. 


/ 


e     Elntwickelle  Wärme. 


H  S+21II  37,2 

H'S+2ÜH  22»4 

H>S-|-19B  15,1  0jm2 

H«S+16li  7,5  0,8645 


205,01 
123,44 
83,181 

41,33. 


I 


62 


Bgmeriottg.  Die  entwickelte  Warme  iBt  auf  ein 
GnHnm  voranssetzUch  wasserfreier  Stture  heioq/BiL  Man 
macht  ilfss 4481,0  Grm.  und  ilfirs=3874.  Der  Wasseiw 
wertii  des  Glasgefäfses  ist  =285. 

Bei  einer  anderen  Reihe  von  Versncben,  die  ich 
eigens  zum  Studium  der  vorgesdilagenen  Methode  machte 
die  ich  aber,  was  die  absolnte  Wftrmemenge  betrifft,  €Qr 
nicht  so  genau  halte,  weil  die  angewandte  Sfture  etwas 
Stickstoffoxjd  enthielt,  bekam  ich  41,21  als  Einheit  für 

die  Säure  Ö^S  uud  die  folgeode  specüische  Wänne,  für 


•  ••• 


H«S  zurfickgefOhrt  auf  il*«S  0,8907 

Ü'S             '        -      -  0,8937 

dito       ....  0,8916 

«•S      -      -       -  0,8925 

Ü'^^S     -      -        -      -  Ü,8943 

dito       -      .        -      -  0,8943 


Mittel  0,89286. 
Ich  glaube,  dafs  die  erhaltenen  Resiütate  mit  aller 
Sicherheit  bei  den  thermo-chemischen  Rechnungen  ange. 
wandt  werden  können.  Und  wenn,  wie  ich  zu  glauben 
geneigt  bin,  die  Versuche  des  Hin.  Abria  mit  wasser- 
freier Säure  keinen  zu  groben  Fehler  einschliefsen,  so 
kann  man  annehmen,  daÜB  das  erste  Aequivalent  Was- 
ser drei  Mal  so  viel  Wärmemenge  entwickelt  ab.  das 
zweite.   Alsdann  sind  die  Zahlen: 

S-f-H  247,98 

H  82,66 

W  'S+H  41,33 

S-I-3H  41,33 

'Sr|-6H  413,30=10.41,33. 
Da  ich  bei  Veröffentlichung  dieser  Methode  den 
Zweck  habe  zu  zeigen,  dafs  Jede  Untersucbwig  Ober  die 
Wärmemenge  wenigstens  auf  nassem  Wege  einer  stren- 
gen PrQfung  unterworfen  werden  kann,  so  ist  zu  wön- 
schen,  dafs  künftig  jede  neue  Arbeit  die  nöthigen  Data 
zur  Feststellung  ibm  Genauigkeitsgirades  enthalte. 


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I>3 


IV.     Veber  eine  Reihe  von  Doppelsalzen  aus 

Quecks ilberocvydul  und  Qiiechsilberoasyd; 

von  Thomas.  Brooks, 


Das  Quecksilberoxytlul  bildet  mit  dem  Quccksi Iberoxyd 
eine  Reihe  von  basischen  Üoppcisalzen.  Von  diesen  ist 
bisher  nur  das  salpetersaure  Shh  bekauat  gewesen,  aber 
lunsichtUch  seiner  Zusamoienselzinif;  nicht  richtig  erkannt 
worden.. 

Salpetersaures  Quecksilberoxydiil-OKyd. 

Das  salpetersaure  Quecksilberoxydnl,  sowohl  das 
neutrale  als  das  basische,  sind  im  krjstallisirten  Zustande 
bekanntlich  von  weifst  Farbe.  Bewahrt  man  sie  indes- 
sen längere  Zeit  unter  der  FlOsaigkeit  auf,  in  welcher 
sie  sich  gebildet  haben,  so  werden  sie  nach  und  nach 
gelb.  Das  gelbe  Salz,  das  sich  auf  diese  Weise  durch 
die  Länge  der  Zeit  bildet,  verdankt  seine  Entstehung  ei- 
ner tbeilweiseu  höheren  Oxydation.  Das  gebildete  Oxyd 
verbindet  sich  mit  unzeraetztem  Ozjdui  zu  einem  Jmsi* 
sehen  Doppelsalze.  Dafis  dieses  gelbe  Doppelsalz  sich 
scbueli  unter  Abscheidung  von  Quecksilber  durch  Ko- 
chen des  basischen  und  des  neutralen  salpetersauren 
Quecksilberoxjduls  mit  Wasser  erzeugt,  ist  vor  länge- 
rer Zeit  von  Hrn.  U.  Rose  bemerkt  worden  / 

Man  kann  das  gelbe  Doppelsab  sehr  rein  und  von 
famner  gleicher  Zusammensetzung  nach  ein^r  Vorschrift 
erhalten,  welche  mir  Hr.  Witt  stock  mitgetheilt  hat. 
Mau  bringt  in  einem  sehr  geräumigen  Medicinglasc  in 
einem  Sandbade  1  Theil  Quecksilber,  etwa  ^  Pfund,  mit 
H  Theile  oder  }  Pfund  reiner  Salpetersäure  vom  spec. 
Gewicht  1,2,  znm  Kochen,  und  erhält  das  Ganze  im 

2)  Poggendorfr»  Annalen,  Bd.  &4,  S.  121. 


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64 

Kochen,  bis  das  Quecksilber  vollständig  von  der  Säure 
aufgelöst  worden  ist,  wozu  ungefähr  drei  Stunden  er- 
forderlich sind.  Schon  während  dieser  Zeit  fängt  das 
gelbe  Salz  an  sich  abzusetzen.  Nach  dem  Tollstandi- 
geu  Auflösen  des  Quecksilbers  erhält  man  das  Ganze  in 
einer  Temperatur,  die  dem  Kochen  nahe  ist,  während 
welcher  Zeit  sich  eine  bedeutende  Menge  des  Salzes  ab- 
sondert. Man  giefst  darauf  die  Mutterlauge  ab,  befreit 
das  Salz  von  aller  Flüssigkeit  durch  Löschpapier  und 
prefst  es  damit.  Dio  Mutterlauge  ferner  erhitzt,  ISist 
noch  mehr  des  gelben  Salzes  während  des  Erhitzens  fal- 
len, welche  man  auf  dieselbe  Weise  absondert.  End- 
lich aber  setzt  sich  das  gelbe  Salz,  uiit  einem  weiCsen 
gemengt,  ab,  das  basisch  salpetersaures  Quecksilberoxj- 
dnl  ist 

Man  erhstt  nach  dieser  Vorschrift  das  Salz  immer 

von  derselben  Beschaffenheit;  es  ist  indessen  nothwen- 
dig,  dafs  man  die  angegebenen  Verhältnisse  genau  beob- 
achtet. Besonders  aber  ist  erforderlich,  dafs  die  Salpe- 
tersäure .genau  das  richtige  spec.  Gewicht  habe,  und  voll- 
kommen rein  sey. 

Das  Salz  ist  wasserfrei;  es  enthSit  nur  etwas  Deere- 
pitationswasser,  das  es  Tollständig  verliert,  wenn  es  ira 
zerriebenen  Zustande  längere  Zeit  der  Temperatur  des 
kochenden  Wassers  ausgesetzt  wird,  wodurch  es  nicht 
▼er&ndert  wird.  Die  Farbe  des  Salzes  wird  nur  tiefer 
gelb  beim  £rhitzen;  beim  Erkalten  aber  ist  die  Farbe 
dieselbe  wie  vor  dem  Erhitzen. 

Man  kann  das  Salz  nach  und  nach  einer  Temperatur 
von  sogar  200^  C.  aussetzen,  ohne  dafs  es  bedeutend 
verändert  wird.    7,01  Gnn.  des  Salzes  wogen  . 

bei  116"  G.      7,01  Grm. 
bei  1320  .       7  Q085  . 

bei  -  7,0085  - 

bei  170«  -  7,0075  - 

bei  180^  -  7,0055  - 

bei  200^"  -  6,999  - 


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65 

bei  dieser  Tempenitar  naimi  es  eine  oniDieerothe  F^rbe. 
an,  wurde  aber  beim  EriLalten  doch  fast  so  gelb  wie 
▼orher. 

Bei  220  wog  es  6,990;  sehr  lange  dieser  Tempera- 
tur ausgesetzt  6,982,  und  endlich  erst  bei  260^  eolwik- 
kelte  sich  salpetridite  Säore.  Das  Sala  uabm  eine  stark 
dunkelrotbe  Farbe  an,  aber  nach  dem  Erkalten  konnte 
man  bemerken,  dafs  einige  Stellen  noch  ihre  gelbe  Farbe 
behalten  hatten.  Einer  etwas  stärkeren  Hitze  ausgesetzt, 
giebt  es  sehr  reines  Quecksilberoxjd. 

Dafs  im  gelben  Salze  Quecksilberoxjdul,  verbunden 
mit  Qnecksiiberoxyd,  im  basischen  Zustande  enthalten 
sey,  kann  dnrdi  bekannte  einfache  Versuche  leicht  be- 
wiesen werden.  Reibt  man  das  Salz  mit  Chlornatrinm 
zusammen,  so  wird  es  nach  und  nach  braunroth.  Setzt 
man  Wasser  hinzu  und  iiitrirt  das  Aufgelöste  vom  Un- 
aufgelösten, so  findet  man  in  der  filtrirten  Flüssigkeit 
durch  Schwefelwasseretoffwasser  die  Gegenwart  vm  Queck- 
silberoxyd.  Uebergiefst  man  das  UnanfgelOste  mit  sehr 
verdünnter  Chlorwasserstoffsäure,  so  löst  diese  Quecksil- 
beroxjd auf,  und  hinterläfst  Quecksilbcrchlorür  ungelöst. 

Durch  kaltes  Wasser  wird  das  gelbe  Salz  nicht  ver- 
ludert. Wird  es  aber  beim  Zutritt  der  Luft  mit  W^as- 
ser  lange  und  anhaltend  gekocht,  wShrend  das  ▼erdampfte 
Wasser  von  Zeit  zu  Zeit  erneuert  wird,  so  bleibt  sal- 
petersaures Quecksilberoxydul  in  der  Auflösung,  während 
Quecksilberoxjd  und  metallisches  Quecksilber  abgeschie- 
den werden. 

Wird  hingegen  das  gelbe  Sals  lange  und  anhaltend 
kl  einem  Kolben  beim  Aossdilufe  der  Luft  gekocht,  so 
wird  das  Salz  nicht  schwarz.  •  Es  entwickelt  sich  dabei 

kein  Gas,  selbst  wenn  das  Kochen  zwei  Stunden  hin- 
durch fortgesetzt  worden  ist.  Die  Auflösung  enthält  dann 
nur  aalpetersaures  Quecksilberoxjd,  das  auflöslicber  als 
das  Ozydulsalz  ist,  mit  einer  Spur  von  Salpetersäuren 
Qoecksüberoxydnl.    Wascht  man  darauf  das  Salz  aus, 

PosgeodorfTs  Annal.  Bd.  LXVI.  ^ 

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66 


so  enthalt  das  Wasdbwasser  Oxjd  und  Oxydul,  und  im 

Rückstände  bleiben  ebenfalls  beide  Oxjde  mit  Salpeter« 
säure  verbunden  zurück. 

Bebandelt  mau  das  Salz  mit  einer  Auflösung  vou 
Kalihjrdrat,  so  enthält  die  von  den  Oxyden  filtrirte  Flüs- 
sigkeit, aufser  freiem  Kali,  nur  salpetersaores  Kali,  das 
man  in  deutlichen  und  grofsen  Krjstallen  erhalfen  kann. 

Wird  das  Salz  im  trocknen  gepulverten  Zustande 
in  einem  Reageuzglase  mit  concentrirter  Schwefelsäure 
in  der  Kälte  übergössen,  so  erfolgt  zuerst  keine  Verän- 
derung Es  entwickelten  sich  darauf  sparsam  farblose 
salpetersaure  Dttmpfe,  nur  durch  die  Nebel  bemerkbar, 
die  sie  an  einem  darüber  gehaltenen,  imt  AmmoniekflOs- 
sigkeit  benetzten  Glasstab  hervorbringen.  Nach  unge- 
fähr 24  Stunden  hat  sich  Alles  in  eine  vreifsc  Salzmasse 
verwandelt.  Erhitzt  man  nun  das  Ganze,  so  wird  die 
ausgeschiedene  Salpetersäure  durch  den  Uebersobufs  der 
hinuigesetxten  Schwefelsäure  zersetzt,  und  es  zeigen  sich 
rMbliche  Dämpfe,  doch  «emlich  sparsam. 

Aus  diesen  Versuchen  crgiebt  sich,  dafs  die  Säure 
des  Salzes  Salpetersäure  sejr,  und  keine  niedrigere  Oxj- 
dationsstufc  .des  Stickstoffs. 

Die  Menge  des  Oxjduls  wurde  im  Salze  bestimmt; 
indem  eine  gewogene  Menge  desselben  mit  sehr  yerdünn- 
ter  Chlorwasserstoffsäore  in  der  Kälte  behandelt  wurde. 
Es  bildete  sich  dadurch  Quecksilberchlorür,  das  man  auf 
einem  getrogenen  Filtrum  abschied.  Aus  der  getrennten 
Flüssigkeit  wurde  vermittelst  Schwcfclwasserstoffgas  das 
aufgelöste  Quecksilberchlorid  in  Schwefelqueckaüber  Ter- 
wandelt,  dessen  Gewicht  bestimmt,  und  daraus  die  Menge 
des  Oxyds  im  Salze  berechnet  wurde. 

Die  Resultate  meiner  Versuche  sind  folgende: 

1)  4,1460  Grm.  des  getrockneten  Salzes  gaben  2,1135 
Gnn.  Quecksilberchlorür  und  1,S^445  Grm.  Schwefelqueck* 
sttber. 

2}  Ofim  des  Salzes  gaben  0,4495  Grm;  GUorar  mud 
0,4330  Grm.  Schwefelquecksilber. 


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67 

$)  1,034  Gmu.  gaben  0^4925  Gnn.  ChlorOr  und 

0,5105  Gnn.  Schwefelquecksilber. 

4  )  0,9762  Grm.  gaben  0,471  Grm.  Chlorür  und  0,46eCI 
Gnn.  Schwefeiquecksilber. 

Die  in  Procenten  berechneten  Mengen  von  Qiydal 
«ad  Oxyd  sind  folgende: 

I.        ir.       III.  IV. 

Quecksilberoxjdul       45,10     43,89     42,55  42,69 
Quecksilberoxjd         43,66     44,49     46,41  44,49. 
Das  Mittel  aus  diesen  vier  Versuchen  ist: 

Saiienlof%diali. 

Qaecksilberoiydal      43,55      1,65  1 
Qoecksilberoxyd         44,76      3,27  2. 

Bei  dem  ersten  von  diesen  V  ersuchen   erhielt  ich, 
bei  der  bedeutenden  Menge  des  angewandten  Salzes  et- 
was zu  viel  Quecksilberchlorür,  weil  etwas  von  dem 
Salze  bei  der  Behandlong  mit  'sehr  verdünnter  Chkir- 
wa8sefStoffe8m*e  nnzersetzt  blieb.    Es  ist,  mn  efai  ge- 
naueres  Resnltat  zu  erhalten  nothwendig,  wenig  von 
dem  Salze  zur  Untersuchung  anzuwenden,  weil  eine  zu 
grofse  Menge  des  erhaltenen  unlöslichen  Chlorürs  eine 
geringe  Menge  des  Salzes  gegen  die  Einwirkung  der 
sehr  verdünnten  Sfture  sehtttsen  kann.    Anderereeifs  ist 
es  durqhaas  m^thwendig,  wie  es  sich  von  selbst  Ter- 
steht,  bei  der  Zersetzung  des  Salzes  jede,  selbst  eine  sehr 
gelinde  Erwäntiung  zu  vermeiden,  weil  sich  dadurch 
leicht  Quecksilberchlorid  und  salpetersaures  Oxjd  bil- 
den kann.    In  der  That  erhielt  ich,  als  ich  das  Salz 
mit  verdömter  Chlorwasserstoffsllure  übergössen  hattei 
und  das  Ganze  in  die  Rfthre  eines  m&i'sig  erhitzten  Stu- 
benofens  setzte,  eine  höchst  geringe  Menge  Chlorür,  die 
nur  2,26  Proc.  Oxjdul  entsprach,  dahingegen  eine  sehr 
grolse  Menge  von  Schwefelquecksilber,  welche  89,24 
Proc.  Oxyd  gleich  kam. 

Statt  das  Ozjrd  als  Schwefelquecksilber  zu  bestim- 
men, suchte  ich  es  bei  andern  Analysen  vermittelst  enier 

5» 


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I 


Attflösiittf  von  anteisensaareiD  Natt  on  in  QuectLsiiberchio;^ 
lür  zu  Terwandeln.  Diese  Methode  der  fieetiauDUDn; 
^flckte  mir  aber  aidif.  leb  bebe  langer  als  acbt  Tage 
die  Auflösung  des  Chlorids  mit  aineisensaurem  Natron 
digerirt;  aber  die  vom  gebildeten  Chlorür  abfiltrirte  Flüs- 
sigkeit enthielt  noch  viel  Chlorid  aufgelöst,  welches  sich 
aocb  nach  längerer  Zeit  selbst  durch  stärkeres  Erhitzen 
fast  bis  zum  Kochen  nicht  YoUsfändig  in  Chlorür  yer- 
wandelte.  leh  kann  nicht  die  Ursache  des  MÜslingens 
dieses  Versuchs  angeben.  —  Ich  erhielt  aus  2,8792  Grin. 
des  bei  100"  getrockneten  salpetersauren  Salzes,  durch 
verdünnte  Chlorwasserstoffsäure  1,450  Grm.  Quecksii- 
berchlorttr,  44,5§  Proc  Quecksilberoxydul  entsprechend; 
darauf  durch  «neisensaures  Natron  noch  1,0645  Grm. 
ChlorQr, -und  endlich,  als  sich  aus  der  FlCIssigkeit  kein 
Chlorür  durch  ferneres  Behandeln  mit  ameisensaurem 
Natron  mehr  absetzen  wollte,  uoch  0,3015  Grm.  Schwe- 
felquecksilber vermittelst  Schwefelwasserstoffgas.  Jene 
Menge  von  Chlorür  und  diese  Menge  von  Schwefelqueck- 
silber entsprechen  zusammen  43,70  Proc.  Quecksilberoxyd. 

Die  Menge  der  im  gelben  Salze  enthaltenen  Salpe- 
tersäure wurde  bei  einem  Versuche  vermittelst  Barjt- 
erdehjdrat  gefunden,  vtrclcbes  mit  dem  fein  gepulverten 
Salze  und  etwas  Wasser  lange  und  anhaltend  digerirt 
wurde.  In  der  fillrirten  Flüssigkeit  wurde  die  überscböB- 
sige  Baryterde  durch  KohlensSuregas  entfernt,  und  dar* 
auf  die  salpetersaure  Barjterde  dem  Gewichte  nach  be- 
stimmt. Das  erhaltene  Resultat  war  aber  weniger  genau, 
als  das,  welches  ich  bei  Anwendung  von  kohlensaurer 
Baryterde  erhielt,  mit  welcher  ich  das  gepulverte  Snls» 
nach  Hinzufügnng  einer  hinreichenden  Menge  von  Waa- 
ser, längere  Zeit  digerirte.  Die  filtrirte  Auflösung  wurde 
mit  Schwefelsäure  versetzt,  und  aus  dem  Gewichte  der 
erhaltenen  schwefelsaureu  Barylerde  das  der  Salpeter- 
slitire  berechnet. 

Das  Resultat  der  Versuche  war 'folgendes: 


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t 


69 


1 )  4,956  Grm.  des  Salzes  mit  Baryteidehydrat  be- 
handelt, gaben  1,5005  Gnn.  salpetersaurer  Barjterde. 

2  )  3,8005  Grin.  vom  Salze,  mit  kohlensaurer  Ha- 
ry terde  (wie  die  folgenden)  behandelt,  giibcii  0^125 
Gnn.  schwefelsaurer  Baryterde. 

3)  ^3886  Grm.  gaben  41,565  Grm.  achwefelsaarer 
Baryterde. 

4 )  2,909  Grm.  gaben  0,664  Grm.  schwefelsaurer  Ba* 
ryterde. 

5}  1,9935  Grm»  gaben  0,470  Grm.  sebwefebaorer 
Barytorde. 

Biels  entspricht  folgenden  Procenten  von  Salpeter« 

säure: 

L  II.  III.  IV.  V. 

12,54      11,14      10,98      10^59  10,94. 

Das  Mittel  aus  diesen  Bestimmungen  ist  1 1,23  Proc. 
Salpetersäure,  in  welcher  8^29  Sauerstoff  enthalten  sind» 
Das  Salz  besteht  also  aus: 


Die  Sauerstoffmengen  in  den  drei  Bestandtheilen. 
▼erhalten  sich  wie  1  :  2  :  5;  und  die  der  Basen  zu  der 
der  Säure  wie  3  :  5.  Die  Zusammensetzung  des  Salsea 
kann  woU  am  besten  durch  die  chemische  Formel 

ausgedrückt  werden.  Die  hiernach  berjecbnete  Zusamt' 
mensetznng  im  Hundert  ist: 

Quecksilberoxydul  43,57 


Qnecksilberoxydul 

Quecksilberoxyd 

Salpetersäure 


43,55 
44,76 
11,23 


99,54. 


Quecksilberoxyd 
Salpetersäure 


45,22 
11,21 

100,00. 


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70 


Schwefeltaare«  Onecksllberoxydal-Oxyd. 

Durch  das  salpetersaure  Quecksilberoxydul -Oxyd 
kOonen  andere  basische  Quecksilbersalze  dargestellt  wer* 
deD,  weldie  Os^dol  und  Oxyd  enthalten. 

Wird  das  Salpetersäure  Salz  mit  einem  Üeberschnis 

einer  concentrirten  Auflösung  von  schwefelsaurem  Na- 
tron schwach  erhitzt,  nicht  aber  damit  gekocht,  so  löst 
sich  salpetersaures  Natron  auf,  und  es  bildet  sich  ein 
den  Salpetersäuren  entsprechendes  schwefelsams  Salz. 

Dieses  Salz  hat  eine  ähnliche  Farbe  wie  das  ana- 
loge salpetersaure  Sah.  Es  ist  unlOsKch  im  halten  Was- 
ser, und  kann  vollkommen  durch  dasselbe  ausgewaschen 
werden.  Auch  durch's  Kochen  mit  Wasser  wird  es  nicht 
zersetzt.  Es  enthält,  völlig  ausgewaschen,  keine  Spur  von 
SälpetersSure,  auch  kein  chemisch  gebundenes  Wasser. 

Es  wird  schon  in  der  KSlte  durch  Chlorwasserstoff- 
saure  zerlegt,  welche  daraus  QuecksflberchlorQr  absdiei« 
det.  In  der  von  demselben  getrennten  Flüssigkeit  giebt 
Sckwefelwasserstoffgas  einen  bedeutenden  Niederschlag 
▼on  Schwefelquecksilber,  und  eine  Auflösung  von  Chlor- 
baryum  eine  Füllung  von  schwefelsaurer  Baryterde. 

Die  Analyse  des  Salzes  geschah  auf  diese  Weise, 
dafs  zuerst  das  Oxydul  durch  sehr  verdünnte  Ghlorwas- 
serstoffsäure  als  Quecksilberchlorür  abgeschieden,  darauf 
durch  Chlorbaryum  die  Schwefelsäure  als  schwefelsaure 
Baryterde  bestimmt,  und  endlich  durch  Schwefel wasser- 
stoffgas  das  Queduilberoxyd  als  Schwefelquecksilber  ge- 
teilt wurde.  —  Die  Resultate  von  drei  angestellten  Un- 
tersuchungen waren  folgende: 

I.  0,7185  Grm.  gaben  0,361  Gnu.  Chlorür;  0,3615 
Grm.  Schwefelquecksilber  und  0,179  Grm.  schwefelsau- 
ren Baryt. 

IL  0^725  Grm.  gaben  0,436  Grm.  Chlorflr;  Q,439 
Grm.  Schwefelquecksilber  und  0,2185  Grm.  schwefelsaure 
Baryterde. 


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71 

III.  0,987  Gm.  gaben  0,4IHi6  Gm.  Qaed»ilber- 
cMoHIr  und  0,4905  Grm.  Schwefelquecksilber. 

Das  angewandte  Salz  war  vor  der  Uotersucbuog  bei 
100"  €.  getrockoet  worden. 

Die  ZusammenseCziiiig  des  Salzes  im  Huodert  ist  bi€r- 
nach  folgende: 


1. 

ir. 

in. 

Qoecksilberoxy  d  ul 

44,45 

44,21 

44,50 

Quecksilberoxjd 

46,84 

46,84 

46,26 

Schwefelsäure 

8,56 

8,60 

99,96 

99,65. 

Man  ersieht  aus  diesen  Untersuchungeo,  daCs  das 
Sab  gegen  ein  Atom  des  Oxyduls  zwei  des  Oxjds  ent- 
hält, und  dafs  seine  Zusammensetzung  durch  die  chemi- 

•  •  •  •         -  • . 

sehe  Formel  Hg'S-f-Hg^S  ausgedrückt  werden  könne. 
Die  nach  dieser  Fonnel  berechnete  Zusammensetzung  im 
Hundert  ist: 

Quecksilberoxydul  44,88 
Quecksilberoxyd  46,58 
Schwefelsäure  8^54 

100,00. 

Die  Zersetzung  des  salpetersauren  Salzes  durch  schwe- 
felsaures  Natron  ist  also  eine  ^nz  einfache,  indem,  hier- 
bei eben  so  viel  Atome  Schwefelsäure  sich  mit  den  Oxy- 

den  des  Quecksilbers  verbunden  haben,  als  Atome  Sal- 
petersäure als  salpetersaurcs  Natron  ausgetreten  sind. 

'  Das  basisch  schwefelsaure  Quecksilberoxyd,  welches 
in  dem  Salze  mit  basisch  schwefeisaurem  Qnecksilber- 
ozjdnl  Terbunden  ist,  ist  von  anderer  Zusanmiensetzung 
als  das  bisher  allein  bekannte  basisch  schwefelsaure  Queck- 
silberoxjd, das  durch  Behandlung  des  neutralen  Salzes 
mit  Wasser  entstellt,  und  das  den  Namen  Turpethum 
vnioßraie  erhalten  hat.  Dieüs  hat  bekanntlich  diq  Zusam- 
mensetzung  Hg^  S. 


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72 

Man  ist  noch  ziemlich  allgemein  der  Meinung,  dafs 
bei  der  Zersetzung  des  neutralen  schwefelsauren  Queck- 
süberoxyds  vermittelst  des  Wassers  dasselbe  in  ein  ba- 
sisches und  in  ein  saures  Salz  verwandelt  werde.  In- 
dessen schon  H.  Rose  bat  geseilt,  dafe  die  Existenz  ei- 
nes solchen  sauren  Salzes  durchaus  nicht  erwiesen  is^ 
und  dafs  das  Wasser  bei  dieser  Zersetzung  in  sofern 
wirke,  als  es  als  Base  auftritt,  und  das  Querksilberoxyd, 
das  schwach  basische  Eigenschaften  hat,  als  basisches  Salz 
ausscheidet  *■ ).  Ich  habe  hierüber  eini^  Versudie  an- 
gestellt, welche  diese  Ansicht  bestätigen. 

Neutrales  schwefelsaures  Quecksilberoxyd  wurde  ver- 
mittelst kalten  Wassers  durch  längere  Einwirkung  voll- 
kommen zersetzt.  Die  vom  Turpethum  minerale  abiil- 
trirte  Flüssigkeil  wurde  bei  sehr  gelinder  Hitze  abge- 
dampft. Es  schied  sich  ein  weifises  krystalliniscbes  Sals 
aus,  das  von  der  Mutterlauge  nur  durch  fleifsiges  Pres- 
sen zwischen  Löschpapier  getrennt  wurde. 

0,492  Grm.  des  getrockneten  Salzes  bei  100^  ge- 
trocknet, dann  in  Wasser  aufgelöst,  zu  welchem  Chlor- 
wasserstoffisäure  gesetzt  worden  war,  gaben  vermittelst 
Chlorbaryums  0,4015  Grm.  schwefelsaurer  Barjterde. 
Diefs  entspricht  28,04  Proc  Schwefelsäure  im  Salze. 

Es  ist  diefs  ein  wenig  Sefawefelsture  mehr  als  der 
Berechnung  nach  im  neutralen  Salze  enthalten  ist.  W^enn 
man  aber  bedenkt,  dafs  man  es  von  der  anhängenden 
Schwefelsäure  nur  durch  Pressen  zwischen  Löschpapier 
reinigen  konnte,  so  wird  man  diesen  kleinen  Ueberschnfis 
erklärlich  finden. 

Eine  zweite,  weit  gröfsere  Menge  vom  schwefelsau- 
ren Quecksilberoxyde  wurde  durch  kochendes  Wasser 
zersetzt.  Das  Salz  wurde  mit  dem  Wasser  24  Stunden 
hindurch  bei  erhöhter  Temperatur  in  Berührung  gelas- 
sen. Nach  dem  Filtriren  und  Abdampfen  der  filtiirten 
FIflssigkeit  setzte  sich  aus  derselben,  während  sie  noch 

1)  Poggeodorifs  Annalen,  Bd.  48,  S.  463. 


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73 

ziemlich  heifs  war,  eine  bedeutende  Menge  von  einem 
schön  gelben  Turpeth  ab,  der  in  vielem  heifsen  Wasser 
aufiOfilicb  tu  se^n  scbeint  Bei  einer  damit  angestellten 
Untersiiebaog  zeigte  et  ganz  die  Zasammemielzttng  des 
gewöhnKehen  Turpeths,  intern  1,S025  Gm.  desselben 
nach  der  Auflösung  in  verdünnter  Chlorwasserstoffsäure 
0,436  Grm.  schwefelsaurer  Barjterde  vermittelst  Chlor- 
barjum  gaben,  was  11,5  Proc.  Schwefelsäure  entspricht, 
welche  Menge  sehr  nahe  der  kommt,  welche  der  Beredi- 
nung  nach  im  Turpeth  enthalten  ist. 

Die  vom  Turpeth  getrennte  Flassigkeit  wurde  wei- 
ter abgedampft,  bis  sich  nach  deni  Erkalten  eine  bedeu- 
tende Menge  des  weifsen  Salzes  in  glänzenden  Schup- 
pen ausgeschieden  hatte,  das  von  der  Mutterlauge  wie* 
derum  durch  fleifsiges  Pressen  zwischen  Löschpapier  be- 
freit wurde.  IfiM  Grm.  des  getrockneten  Salzes  gaben, 
in  verdOnnter  CblorwasserstoflsSnre  aufgelöst,  vermittelst 
Chlorbaryums  1,368  Grm.  schwefelsaurer  Barjterde;  die 
davon  getrennte  Flüssigkeit  vermittelst  Schwefelwasser- 
stoffgas 1,2955  Grm.  Schwefelquecksüber.  Die  Zusammen- 
setznng  des  notersocbten  Salzes  ist  hiernach  im  Hundert: 

Schwefelsäure  27,82 
Quecksiiberoxjd  71,37 

99,19 

welche  Zusammensetzung  sehr  nahe  der  der  berechneten 
des  neutralen  schwefelsauren  Queoksilberoxyds  kommt 

Ans  diesen  Versudien  folgt  unzwddentig,  dais  bei 
der  Zersetzung  des  schwefelsauren  Quecksüberoxyds  ver- 
mittelst des  Wassers  nicht  ein  saures  schwefelsaures 
Quecksilberozjd  entstehe,  sondern  durch  Abdampfen  der 
0  vom  erhaltenen  basischen  Salze  getrennten  Flüssigkeit 
nur  neutrales  Salz  und  freie  Schwefelsäure  erhalten  wird« 

Eine  andere  Frage  indessen  ist  die,  ob  bei  der  Zer- 
setzung des  neutralen  Salzes  vermittelst  des  Wassers  die 
ganze  Menge  vom  ersteren  in  basisches  Salz  und  in  freie 


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74 


Sttore  zerselzl  werde,  oder  ob  die  Menge  des  nctttriieii 

Salzes,  die  durch  Abdampfen  erhalten  wird,  der  Zer- 
setzung durch  Wasser  entgangen  ist.  Da  das  basisch 
schwefelsaure  Quecksilberoxjd  in  Wasser  etwas  auflös- 
lieh,  ist,  so  ist  es  wohl  möglich,  dafs  bei  Gegenwart  von 
einer  ^Gsen  Menge  Wasser  eine  gSnzUobe  Zeraetsnng 
des  neutralen  Salzes  in  ein  basisches  und  in  freie  SKure 
stattfinde,  und  dafs  nur  bei  einer  grofsen  Concentration, 
und  bei  Mangel  au  Wasser  neutrales  Salz  erzeugt  werde. 
Wir  wissen,  dafs  andere,  vermittelst  der  Zersetzung  durch 
Wasser  ans  neutralen  Verbindungen  entstandene  basi- 
sche Salle,  wie  z.  B.  das  basisch  Salpetersäure  Wismuth- 
oxjd,  leicht  in  Tielem  Wasser  auflAslich  sind. 

Phoaphorsanres  Qneoksilberoxydnl-Ozyd.  ' 

Dieses  Salz  entsteht  durch  Zersetzung  des  salpeter- 
sauren Quecksilberoxydul -Oxjds  mit  einer  coucentrirten 

Lflsung  von  phosphorsanrem  Natron  (Na^P«4*B).  Er* 
steres  Salz  mofe  im  gepulverten  Zustande  mit  der  AnfliV- 

sung  von  letzterem  übergössen  werden;  es  ändert  dabei 
schon  in  der  Kälte  seine  Farbe,  und  wird  dunkler  gelb. 
Man  erhitzt  es  darauf  schwach,  aber  nicht  bis  zum  Ko- 
chen, und  sQfst  es  sehr  lange  mit  kaltem  Watoer  ans. 
Es  ist  schwer  zu  sehen,  wann  die  beiden  Salze  sich  ge- 
genseitig ganz  zersetzt  haben,  weil  das  salpetersaure  Salz 
und  das  entstandene  phosphorsaure  beide  eine  gelbe  Farbe 
haben;  nur  ist  letzteres  dunkler  als  ersteres. 

Das  entstandene  pbosphorsanre  Quecksilberoxydul- 
Oxjd  wird  anf  der  Oberfliche  an  der  Luft  sebwitazlidi^ 
besonders  im  feuchten  Znstande..  Es  enthält  keine  Sal- 
petersäure, auch  konnte  bei  der  Untersuchung  nicht  Na- 
tron darin  gefunden  werden.  Denn  glüht  man  es  stark, 
so  bleibt  nur  Phospborsäure  zurück.  Mengt  man  es  mit 
kohlensaurer  Baryterde,  glüht  das  Gemenge  und  behan- 
delt die  geglühte  Masse  mit  Wasser,  so  lieht  Wasser 
ans  der  geglühten  Alasse  nicht  kohlensanras  Natron  ans. 


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78 


Mit  verdüouter  Chlorwasserstoffsäurc  behandelt,  wird 
das  Salz  weiÜB  und  vefwandeit  sich  in  Quecksilberobio- 
rOr;  die  davon  filtrirte  FlOsaigkeit  enthalt  Qaecksilber- 
ozjd  und  giebt  mit  Schwefelwasseretoffgas  Schwefelqueck- 
silber. Löst  man  das  Salz  in  Salpetersäure  auf,  fällt 
aus  der  Auflösung  alles  Quecksilber  vermittelst  Schwe- 
felwasserstoffgas, und  befreit  man  die  abfiltrirte  Flüssig- 
keit sorgfältig  von  jeder  Spur  von  Schwefelwasserstoff, 
so  erhSlt  man  in  ihr  nach  der  Neutralisation  mit  Ammo- 
niak durch  Hinzufügung  von  salpetersaurer  Silberoiyd- 
auflösung  einen  gelben  xSiederscblag  von  pbosphorsaurem 
Silber  oxyd. 

Die  Zersetzung  des  salpetersauren  Quecksiiberoxydul- 
Oxjds  durch  phosphorsaures  Natron  geschieht  auf  eine 
andere  Weise  als  durdi  schwefelsaures  Natron.  Bei  letz- 
terer Zersetzung  bleibt  die  ganze  Menge  des  Oxyds  und 
des  Oxyduls  ungelöst,  und  geht  in  die  Zusammensetzung 
des  entstandenen  unlöslichen  schwefelsauren  Salzes;  bei 
der  Zersetzung  des  salpetersauren  Salzes  aber  durch  phos- 
phorsanres  Natron  wird  ein  Theil  Quecksilberoxyd  aus- 
geschieden, und  löst  sich  mit  dem  üeberschufs  des  phos- 
pfaorsauren  und  mit  dem  Salpetersäuren  Natron  auf. 

Das  Salz  enthält  Wasser,  welches  sich  aus  ihm  nicht 
bei  100^  verflüchtigen  iäfst,  sondern  erst  bei  einer  Tem- 
peratur, bei  welcher  das  Salz  sich  voUstöndig.  zersetzt. 

Die  Analysen  des  Salzes  gaben  mir  leider  nicht  fiber- 
einstimmende Resultate,  wenigstens  nicht,  wenn  ein  Salz 
von  verschiedenen  Bereitungen  zur  Untersuchung  ange- 
wandt wurde. 

Zur  Untersuchung  wurde  das  bei  100"  getrocknete 
Salz  zuerst  mit  sehr  verdflonter  Chlorwasserstoffsäure  be- 
handelt, um  das  Oxydul  als  Chlorflr  abzuscheiden;  in 
der  getrennten  Flüssigkeit  wurde  das  aufgelöste  Oxyd 
durch  Schwefelwasserstoffgas  als  Schwefelquecksilber  ge- 
fällt. ^  Zur  Bestimmung  der  Phosphorsäure  wurde  das 
Salz  im  feingeriebenen  Zustande  mit  einer  gewogenen 


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76 


Menge  TOD  frisch  gegltihtem  und  fcingepulvcrteui  Blei- 
oxjd  gemengt,  und  damit  geglüht.  Der  Gewicbtsfiber- 
sehafs,  den  das  Bleicojd  erhielt,  bestand  in  Phosphor« 
sSnre. 

Die  Resultate  der  Analjrse  des  Salzes  vou  einer  Be-  . 
reitung  waren  folgende: 

I.  II.  III. 

Quecksiiberoxydal    44,56     44,92  44^7 
Qnedieilberoiyd      45,15     44,65  44,73. 

Die  Mengen  der  erhaltenen  Phosphorsäure  in  Pro- 
centen  waren  in  vier  Versuchen,  als  ein  phospborsaures 
Salz  von  derselben  Bereitung  angewandt  wurde,  folgende: 

].         11.        III.  IV. 
4,56      4,72      4,27  4,67. 

Das  Mittel  aus  diesen  Versuchen  ist: 

Sracntofll 

Quecksilberoiydul  44,72  1,70 
Quecksilberoxjd  44,84  3,28 

Phosphorsäure  4,55  2,55 

Wasser  (als  Verlust)      5,89  5,23 

100,00. 

Obgleich  diese  Resultate  sehr  wohl  übereinstimmen, 
so  weichen  sie,  wenigstens  hinsichtlich  des  Phosphor- 
säuregebaltes, sehr  von  denen  ab,  die  ich  bei  der  Ana- 
lyse des  Salzes,  welches  zu  einer  andern  Zeit  bereitet 
worden  war,  erhielt. 

Ich  erhielt,  fiberenntimmend  mit  den  früheren  Ver- 
suchen: 

Quecksilberoxydui  44,25 
•  Quecksilber  ox3r4  44,64; 
hingegen  Phosphorsäore  in  zwei  Verradien: 

10,04  und  10,09  Prooent. 

Bei  der  Untersuchung  des  Salzes  von  einer  dritten 
Bereitung  erhielt  ich  an  Phosphorsäure  in  Procenten: 

9,48  und  9,61  Procent 


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77 

-  In  dem  Salse  difiier  betden  Bereitungen  mufste  der 
Wassergebalt  in  Sals^  ein  sehr  geringer  gewesen  ^eyn. 

Die  Menge  des  Quecksilberoxyds,  welche  aus  dem 
salpetersauren  Salze  ausgeschieden  wird,  wenn  es  durch 
phosphorsaures  Natron  in  phosphorsaures  SaU  verwan- 
delt wird,  kann  nicht  sehr  bedeutend  sejm,  wie  dieis 
aus  den  so  eben  angeffihrten  Analysen  hervorgeht.  In 
dem  salpetersauren  und  schwefdsauren  Sake  ist  der  Sauer- 
stoffgehalt  des  Oxyduls  gerade  halb  so  grofs  wie  der  des 
Oxyds;  in  dem  phosphorsaureii  Salze  ist  diefs  nicht  ganz 
der  Fall;  der  Sauerstoff  des  Oxyduls  verhält  sich  in  dem- 
selben zu  dem  des  Oxyds  wie  I  :  Ifi, 

Ich  habe  indessen  auch  unmittelbar  die  Menge  des 
Quecksilberozyds  zu  bestimmen  gesucht,  die  bei  der  Zer- 
Setzung  des  Salpetersäuren  Salzes  ausgeschieden  wird. 
13,281  Grm.  des  salpetersauren  Salzes  gaben  bei  der 
Zersetzung  durch  phosphorsaures  Natron  12,9525  Grm« 
des  phosphorsauren  Salzes.  Jene  enthalten  6,006  Grm« 
Quecksilberoxyd,  diefe,  nach  dem  Mittel  aus  den  drei 
Versuchen,  die  ich  im  Vorhergehenden  angeführt  habe, 
5,208  Grm.  Es  waren  also  0,198  Grm.  Oxyd  ausge- 
schieden worden.  Unmittelbar  indessen,  als  ich  das  aus* 
geschiedene  Oxyd  durch  Schwefelwassersloffgas  als  Schwe- 
feUfoecksilber  fällte,  erhielt  ich  mehr,  nämlich  Grm* 
Oxyd. 

Da  ich  so  verschiedene  Mengen  von  PhosphorsHure 

erhielt,  wenn  das  Salz  von  verschiedenen  Bereitungen 
der  Untersuchung  unterworfen  wurde,  so  wage  ich  nicht, 
eine  Ansicht  über  die  Zusammensetzung  desselben  und 
über  die  Art  der  Zersetzung,  welche  bei  der  Darstellung 
desselben  stattfindet,  aufzustellen.  Ich  wage  diefs  um 
so  weniger,  als  ich  gegenwärtig,  ans  Mangel  an  Zeit, 
nicht  im  Stande  bin,  die  Versuche,  auf  verschiedene 
Weise  abgeändert,  wiederholen  zu  können. 


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Wird  das  Salpetersäure  Quecksilberoxjdul  -  Oxjrd 
durch  euic  Auflösung  von  pyrophosphorsaorm  Natron 
(Neutrales  '^hosphorsanres  Natron  nach  Berselius) 
behandelt ,  so  wird  es  schnell  in  der  Kftlte  cersetxt.  Et 

entsteht  ein  Salz,  das  eine  dunklere  Farbe  als  die  an- 
dern Doppelsalze  hat.  Die  vom  entstandenen  Salze  ge- 
trennte Flüssigkeit  enthält  viel  Quecksiiberozjdui »  aber 
nur  wenig  Quecksilberoxyd.  • 

Das  «rhaltene  Salz  wird  sehr  leicht,  schon  dorch 
Answasdien  mit  kochendem  Wasser  zerselst.  Es  bildet 
sich  dadurch  metallisches  Quecksilber. 

OxaLiaures  Quecks! Iber ozydal-Oxyd. 

Das  Salpetersäure  Salz  wurde  mit  einer  Auflösung 
▼on  neutralem  Oxalsäuren  Kall  behandelt.  In  der  Kalte 
scheint  keine  Zersetzung  zu  erfolgen,  aber  sie  tritt  schon 

ein  bei  einer  Temperatur  zwischen  30°  bis  50**.  —  Die 
Tom  entstandeneu  Salze  getrennte  Flüssigkeit  enthält  we- 
der Quecksilberoxjdul  noch  Quecksiiberoxyd. 

•  Das  erhaltene  Salz  ist  Ird  von  SalpetersSure,  hat 
eine  braunrothe  Farbe,  wird  aber  sehr  leicht,  schon  bei 
einer  Temperatur,  die  weit  unter  der  Kochhitze  des  Was- 
sers ist,  zerlegt,  und  in  eine  graubraune  Masse  verwan- 
delt, die  viel  metallisches  Quecksilber  enthält  Das  Dop- 
pelsalz erleidet  diese  Zersetzung  viel  früher  sowohl  als 
das  oxakaure  Quecksilberoijdul,  als  anch  das  ozakaure 
Quecksilberoxjrd.' 


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79 


V.    Beiträge  zur  KenntrUfs  der  Lithionsaize; 


troii,  wenn  beide,  wie  es  gewöhnlich,  der  Fall  ist,  zu- 
sammen vorkommen,  giebt  es  bekanntlich  kein  anderes 
Mittel  als  die  AusläUiuig  des  ersten  in  der  Form  von 
phosphorsaurem  Nation-Litliion«  oder  die  von  Richter 
xoerst  in  der  Chemie  angewandte  arithmetische  Methode 
der  indirecten  Analyse.     Beide  Verfahrungsarten  sind 
ohne  Zweifel  unvollkommen,  die  erste  insbesondere,  wie 
aus  den  weiterhin  zu  erwähnenden  Versuchen  sich  er- 
giebt,  und  auch  die  Metbode  der  Rechnung  setzt,  bei 
dem  nicht  sehr  grolsen  Unterschiede  in  den  Atomgewich- 
ten beider  Körper,  eine  Genauigkeit  in  den  analytischen 
Operationen  voraus,  wie  sie  bei  Mineraluntersuchungeu, 
wobei  jene  Alkalien  erst  ganz  zuletzt  zur  Bestimmung 
kommen,  oft  nicht  zu  erreichen  ist. 

Die  nachfolgenden  Versuche  wurden  in  der  Absicht 
antemoBunen,  eine  directe  Scheidungsmelhode  heider  Ba- 
sen aus  einigen  ihrer  Salze  aufzusuchen.  Diefs  ist  nun 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  gelungen,  und  halte  ich 
die  gemachten  Beobachtungen,  da  sie  aufserdem  mehrere 
bisher  noch  unbekannte  Lithionsalze  betreffen,  der  Auf- 
merksamkeit nicht  ganz  anwerth. 

Oxalsäure«  Iiithioo. 

Von  diesem  Salze  weifs  man  aus  den  früheren  Un- 
tersuchungen nur,  dafs  es  eine  undeutlich  krystalmirte 
Saizmasse  bildet,  leicht  in  Wasser  löslich  ist,  und  dafs 
ein  sanres  schwerlösliches,  in  kldnoi  durchsichtigen  Krj- 
stallen  anschiefeendes  Salz  existirt 


von  C.  Rammeis berg, 

(Der  K.  Acadamie  der  l^Vuienaobaften  fwrgdegt.) 


Bestimmung  von  Lithion  und  Na- 


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80 

a)  Neutrales  oxalsaares  Idthha  wurde  durch  AuF- 

lösen  von  kohlensaurem  Lithion  in  Oxalsäure  bis  zur 
Neutralisation  erhalten.  Beim  Abdampfen  setzt  es  sich 
in  Form  einer  körnig  krystallinischen  Salzkruste  ab.  1  Th. 
dieses  Salzes  lOst  sich  in  13  Wasser  Ton  10*' ;  es 
ist  folglich  nicht  gerade  leichtlöslich  zu  nennen.  Es  ist 
luftbeständig,  erleidet  auch  Qber  Schwefelsüure  keinen 
Gewichtsverlust,  verliert  aber  bis  200^  etvra  die  Hülfle 
seines  Wassergeballs  (in  einem  Versuche  4,36  Proc). 
In  stärkerer  Hitze  zersetzt  es  sich,  schmilzt,  und  liefert 
ein  Gemenge  von  kohlensanrem  Lithion  und  etwas  Kohle. 

•  1,17  Gm.  gaben  beim  GlQhen  0,786  kohlensaures  Li- 
thion =0,31086  Lithion  =26,57  Proc.   Danach  ist  das 

•     •  •  •  • 

Salz  2Li€-|-H,  und  mufs  entbalten:  * 

Lithion  26,27 

Oxalsäure  65,54 
Wasser  8,19 

100. 

h)  Zweifach  oxalsaurcs  Lithion  wurde  dargestellt, 
indem  die  Auflösung  des  neutralen  Salzes  mit  einer  glei- 
chen Menge  Oxalsäure  vermischt  wurde.  Beim  Abdam- 
pfen erhielt  man  das  Salt  in  ziemlich  grofsen,  durchsich- 
tigen, tafelförmigen  Krjstallen,  welche  allem  Anschein 
nach  zum  2-  und  l  gliedrigcn  System  gehören,  aber  eine 
sehr  ungleiche  und  unsymmetrische  Flächenbildung  be- 
sitzen. Sie  sind  luftbcständig  und  lösen  sich  in  14,8  Tb. 
Wasser  von  10^  auf.  Bis  200*^  verlieren  sie  ihren  Was- 
sergehalt (24,4  Proc.  in  einem  Versach,  24,12  Proc  in 
einem  anderen),  und  verhalten  sich  dann  wie  das  uen- 
trale  Salz. 

L    1,5  Grm.  hinterliefsen  nach  dem  Glühen  0,478  koh- 

*  lensaures  Lithion  =0,189288  Lithion. 
II.    2,172  Grm.,  nach  dem  Erhitzen  bis  200''  mit  Sohwe- 

felsSnre  abgedampft,  gaben  1,117  sehweCelsanres  Li* 

thion  ==0,2955  lithion.  • 


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81 

III.   OfiM  Gm,;  mit  Anntfoniak  tmd  Clilomkinm  ge- 
fällt, lieferten  0,792  kohlenBaaren  Kalk,  entspre- 
chend 0,56849  Oxalsäure.  ... 
Diefs  giebt  fQr  100  Theile: 

I.  II.  III. 

LithioD        12,62.  13,61 
Ozalsfture  >  63,95 

Danach  ist  das  Salz  Li€^  +3H,  und  muU  enthaiteii: 

Lithion  12,72 
Oxalsäure  63,48 
Wasser  23,80 

100. 

In  dem  bis  200^  erhitzten  Salze,  welches  24,12  Proc 
Terloren  hatte,  fand  ich  nur  56,34  Proc.  Oxalsäure,  so 
da£B  also  bei  jener  Temperatur  ein  Theil  der  Säure  sich 
▼erflfichtigt,  dagegen  ein  Theil  Wasser  zurückgehalten 
wird. 

Das  Verhalten  der  Oxalsäuren  Salze  von  Lilhion 
und  JSatron  zu  Wasser  und  Alkohol  ist  so  analog,  dafs 
sie  zur  Trennung  beider  Basen  nicht  anwendbar  sind. 

Kohleaaaare«  Lithloa. 

Bekanntlich  löst  sich  diefs  Salz  in  kohlensaurem  Was- 
ser leichter  auf  als  in  reinem.  Ich  habe  mich  überzeugt, 
dafs  das  Salz,  welches  aus  einer  solchen  Auflösung  l^ei 
freiwilligem  Verdunsten  sich  absetzt,  neutrales  ist,  wa- 
ches etwas  Wasser  mechanisch  einschlieCBt,  nicht  aber 
diemisch  gebunden  enthält 

•  ••  •  .       •  , 
Dnteriekwefelaaoref  Llthloa. 

EU  wurde  durch  wecbselseiüge  Zerlegung  von  schwe- 
felsanrem  Lithion  und  unterscbwelelsanrem  Baryt  darge- 
stellt. Unter  dem  Eisiccator  Über  Schwefelsäure  verdun- 
stet, gab  die  Lösung  zuletzt  ein  undeutlich  krjstallisir- 

PoggeodocfiTs  Aiwal.  B<LLXVI.  6 


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82 

Im  Salik  wcMieB  akh  io  Waaier  IMbk  aoflOtl,  und  bei, 
Ito^reni  AttCbewakren  «a  der  Lufl  feucht  wird.  Es  ist 

gleich  dem  NatroDsalze  in  Alkohol  nicht  unauflöslich. 
Schon  im  Wasserbade  verliert  es  einen  groCseu  Tbeil  sei- 
nes Krystaii  Wassers. 

0^72  Grm.  gaben  beim  Glühen  schweflige  SSure 
und  0,525  schwefelsaures  Lithion  s0,1389  Lithion  s  143 

Proc,  wonach  das  Salz  2  At.  Wasser  enthält,  da  Li& 

«f-2ii  erfordert: 

Lithion  13,79 
Unterschwefeisäure  69,01 
Wasser  17,20 

100. 

Da  die  gepulverte  Probe  vot  der  Analyse  über  Schwe- 
felsäure kurze  Zeit  getrocknet  war,  so  halte  sie  ohne 

Zweifel  dabei  etwas  Wasser  verloren. 
.  •  ■•  . 

'    •  Batif  taarec  LUhioa. 

Durch  Auflösen  von  kohlensaurem  Lithion  in  Essig- 
sSure  und  Abdampfen  zur  Trockne  im  Wasseibade  dar- 
gestellt. 

Da  die  sonstigen  Eigenschaften  dieses  Salzes  bekannt 
sind,  so  führe  ich  bloCs  das  Resultat  einer  Analyse  an. 

1,04?  Grm.  wurden  gejglöht,  die  kohlige  Masse  mit 
Wasser  ausgekocht,  und  nach  dem  Abdampfen  0,435 

kohlensaures  Lilhion  =0,1^^1738  Lithion  =17,36  Proc. 

erhalten.  Dieis  beweist,  dafis  das  Sab  Li  A-|- 2 II  ist 
und  enthalten  mufs: 

Lithion  17,30 
Essigsaure  6l,ia 
Wasser  21,57 

100. 


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0 


83 

▲M6ifl6iitMuret  Ititbloa. 

Durch  Zersetzung  von  schwefelsaurem  Lithion  uüd 
ameiseDsaurem  Barjt  erhalteo.  Es  bildet  kleine  nadel* 
förmige  Kristalle,  welche  an  der  Luft  feuckc  werden, 
and  gleich  dem  Natronsalse  in  Wasser  leicht,  in  Alko- 
hol etwas  auflOslich  sind.  Ueber  SchwefelsSure  verän- 
dern sie  sich  nicht,  bei  150 —  170**  aber  verlieren  sie 
ihren  ganzen  Wassergehalt  und  werden  undurchsichtig. 

1,36  Grra.  verloren  bis  ITü'^  0,353.  Der  Rest  wurde 
geglOht,  mit  Wasser  ausgelaugt,  und  gab  0,702  kohlen- 
saures Lithion  =sO,277l5  Lithion.   In  100  Th.  also: 

LiF-h2H. 

Lithion  20,38  20,78 

Ameisensäure  53,29 
Wasser  25,95  25,93 

JIOO. 

Jodianres  I<lthioB. 

Ich  habe  dieses  Salz  schon  früher  dargestellt  und  einige 
seiner  Eigenschaften  beschrieben  '  ).  Aus  der  Auflösung 
von  kohlensaurem  Lilhion  in  Jodsaurc  setzt  es  sich  beim 
Verdunsten  in  Gestalt  einer  Krjstallkruste  ab;  es  löst 
sich  in  2  Th.  Wasser  auf,  nicht  aber  in  Alkohol,  worin 
es^dem  Natronsalze  gleicht.  Beim  Erhitzen  schmilzt  es^ 
giebt  Sauerstoffgas  und  Jod,  und  hinterläfst  eiu  Gemenge 
von  Lithion  und  Jodlithium.  Es  ist  wasserfrei,  und  ent- 
hält 7,9B  Lithion  gegen  92,02  Jodsäure. 

Ceberjodaanre«  LilMea. 

LOst  raan  kohlensaures  Lithion  bia  zor- Sättigung  in 

üeberjodsäure  auf,  so  erhält  man  beim  Verdunsten  kleine 
undeutliche  Krystalle  der  Verbindung.  Dieselben  sind 
in  Wasser  ziemlich  leicht  auflöslich.  Mit  starkem  Alko- 
hol Übergossen,  erleiden  sie  eine  Zersetzung,  denn  nach 

1)  Pofgendorff*«  AdmI«,  Bd.  44,  $w  fiift. 

6* 


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84 

mehreren  Tagen  ist  die  über  dem  Saite  stehende  FlQs- 

sigkeit  gelb  gefärbt,  und  bat  eiuen  ätherartigen  Geruch 
angenommen  (ähnlich  verhält  sich  neutrales  über)odsau- 
res  Natron),  aber  selbst  beim  Erhitzen  löst  sich  der  Eest 
im  Alkohol  nicht  auf.  Mit  Schwefelslliire  erbitU,  «ersetzt  * 
es  s|cb  erst  beim  Kocbpnnkt  der  Sftore  unter  Jodeotwick- 
lung.  Beim  Glühen  entweichen  Jod  und  Sauerstoffgas,  und 
es  bleibt,  wenn  diefs  einige  Zeit  gedauert  hat,  ein  Rück- 
stand, welcher  jodsaures  Litbioa  und  JodüthUun  enthält. 

Jodlitbiun« . 

Nur  dnrch  längeres  Stehen  Ober  SchwefelsSare  er- 
hält man  nadeiförmige  Krystalle,  welche  von  freiem  Jod 
theilweise  gelb  gefärbt  sind,  und  an  der  Luft  äufserst 
scbuell  zerfliefsen. 

3^102  Grm.  derselben  lieferten  0,897  schwefelsaares 
Lithion  =0,2373  Lithion  s7,64  Proc,  welche  7032 
Proc.  Jodlithinm  bilden.    Hieraus  folgt,  dafs  das  kiy- 

stallisirte  Salz  LiJ+öH  ist,  und  enthalten  mufs: 

Jodlithinm  71,10 

Wasser  28,90 

löä 

Bronsanres  Lithion. 

Auch  dieses  Salz  habe  ich  früher  schon  beschrieben 
£s  ist  zerfliefslicb,  nadeiförmig  kr jstallisirend ,  und  ver- 
wittert bei  längerem  Aufbewahren  über  Schwefelsäure, 

Salpetorsanre«  Lithloa* 

Verdampft  man  die  Auflösung  im  Wasserbade,  so 
erhält  man  es  als  ein  krjstallinisches  Pulver.  Es  ist  sehr 
zeriliefslich,  und  löst  sich  in  Alkohol  sehr  leicht  auf  (viel 
Imhter  als  das  Matronsab). 

1)  Poggendorfr»  AwmIcb,  B4.  65,  S.  63. 


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85 

1,338  Grin.,  mit  Schwefelsäure  abgedampft,  gaben 
1,063  schwefelsaures  Lithioo  =0,281269  LithioD  =21,02 

Proc.  Es  ist  demnsch  wasserfreies  Lill,  welches  enthal- 
ten moiiB:    *  f  » 

Uthion  ^l,Qa 

.Salfeteraitire  78^7 

100. 

•  •  • 

ChlorlUhium. 
Löst  man  Cblorlitbium  in  starkem  Alkohol  au^  Jiinfl 
lifet  das.  Ganse  unter  dem  Exäii^ator  (thjer  Scfcwefebiiure 
stehen,  so  bilden  sich  ondeotliche,  leidit  «erfliefsliche 
Krystalle,  welche  kein  Alkoholat,  sondern  ein  Hjdrat  mit 
dem  halben  Wassergehalt  des  schon  bekannten  sind. 
L    2,34  hinterliefsen  beim  starken  Erhitzen  1,628  Chlor» 
lithium. 

.  IL    M32  «ftben  0,935  desselben. 
In  100  Th.  mitUn: 

1.  II.  Li€l-h2ö. 

Chlorlithilwa     69,57       70,19  69,92 

Wasser*  30,08 

I  '  — _____ 

100. 

Um  zu  sehen,  ob  sich  Chlornatrium  und  Chlorli- 
thium nicht  durch  fast  absoluten  Alkohol  trennen  lassen, 
wurden  0,474  geschmolzenes  Chlorlithium  und  0,707  ge- 
schmolzenes und  dann  gepal^rtes  reines  Chlornatrinm 
mit  Alkohol  von  98  Proc.  mehrere  Tage  in  einem  ver- 
schlossenen GeflHfse  hingestellt,  und  oft  um£;eschüttelt!. 
Der  mit  Alkohol  etwas  ausgewaschene  Rückstand  betrug 
0,658,  und  bestand  aus  Chlornatrium.  Es  hatten  sich 
folglich  0,049  Chlornatrium  aufgelöst,  so  dafs  eine  scharfe 
Trennnng  auf  diese  Weise  nicht  ausführbar  war. 

TrenauBg  von  Iiltbion  und  NatroiL 
Später  habe  ich     Gemengt  von  Alkohol  und  Aeth$r 
zur  Trennung  von  Chlornatrium  und  Chlorlithium  ange- 


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86 


wandte  und  dabei  Resultate  erhalten,  mit  denen  mau  wohl 
zufrieden  sejn  kann.  * 

Behandelt  man  wasserfreiea  Chlorlilhinm  mit  gewöhn« 
liebem  Aether,  so  erbsU  man  zwei  Flüssigkeitsscbicbten, 
welche  sich  nidit  ▼ermiachen;  eioe  obere  leichtere,  Aether, 
der  nor  eine  sehr  geringe  Menge  Lithtonsak  enthalt,  und 
eine  schwerere,  welche  eine  concentrirte  Auflösung  von 
Chlorlithium  in  Wasser  ist,  welches  der  Aelher  enthielt. 
Der  grölste  Theil  des  Lithionsalzes  bleibt  aber  natürlich 
nngeiOet. 

Dagegen  wird  Chlortithinm,  selbst  wenn  es  zdTOf 
geschmolzen  war,  von  einem  Gemenge  von  gleichen  Tbef- 

len  wasserfreiem  Alkohol  und  Aether  vollständig  aufge- 
löst, während  nur  eine  Spur  Chlornatrium  dem  Lithion- 
salze  folgt. 

0,977  Grm.  reines,  stark  erhitztes  Chlonmirinm  und 
eine  unbestimmte  Menge  Chlorlitbium  wurden  mit  jenem 

Gemenge  übergössen,  und  einige  Tage  unter  öfterem  Um- 
schütteln  hingestellt.  Nach  dem  Filtriren  und  Auswaschen 
mit  Actheralkohol  blieben  0,961  Chlornatrium  zurück.  Von 
100  Th.  dieses  Salzes  waren  also  98,67  Tb.  wieder  er- 
halten. 

.  Diese  Methode  habe  ich  nun  bei  den  spftter  zu  er- 
wähnenden Analysen  des  phosphorsauren  Natronlithions 
oft  angewandt,  und  das  Chloruatnum  imm^r  frei  von 
Lithion  erhalten.  In  Mineralien,  wo  die  Menge  beider 
Alkalien  gewöhnlich  nicht  sehr  bedeutend  ist,  wird  der 
Fehler  so  klein,  dafis  er  auf  das  Resultat  gjewiÜB  ohne 
EinOtifs  ist. 

Photpborsaurea  NatroDlilhioB. 

Unstreitig  ist  von  allen  Lithionsalzen  dieis  eins  der 
interessantesten,  weil  es  durch  seine  Schwerlöslichkeit  ein 
Mittel  zur  Entdeckung  des  Lithions  Ist,  wo  andere  nicht 
mehr  ausreichen.  Berzelins  hat  zuerst  diese  Verbin- 
dung beschrieben,  und  die  Art  und  Weise,  sie  aus  lithion- 


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87 

baltigen  FIflssigkeiteii  niederzuschlagen,  angegeben  Elf 
analysirle  sie  durch  Glühen  mit  kohlensaurem  Kalk,  und 
erhielt  von  100  Tb.  77,333  kohlensaures  Alkali,  welches  , 
etwa  90  Tb.  Cblormetall  lieferte,  woraiib  wmeft-frekir 
Alkohol  das  ChlorlHhtoia  aussog' aiid  44,45  ChloviMttteai 
znrflckfiels.  Hieraus  »cblols  er,  das  Sals  bestehe«!«  ^M. 
eben  Atomen  neutralem  phosphorsaureu  Natron  Und  neii- 

tralem  pbospborsauren  Lithion  Na^F+Li^P,  dessen  Zu- 
saramensetzuDg  sejrn  wfirde: 

.    Phüsphorsäure      60,97  ^      - ' 

Natron  '     ....  26,71 
Lithion  12,32      .  * 

100.  / 

Ich  habe  durch  ziemlich  xahlretcbe  Versudi^  tkum» 
nittelu  gesoeht,  iu  wie  weit  dieses  ]>opfielsäl»  eigentlich 
xur  quantitativen  Bestimmung  des  Lithions  tauglich,  md 

ob  seine  Zusammensetzung  unter  allen  Umständen  die 
▼on  Berzelius  angegebene  sey. 

Zu  dem  ersten  Zweck  wurden  genau  genogene  Men- 
gen Lithionsalz  unter  den  uOthigeii  Vorsichtsüiafsregelii 
in  das  Doppelsalz  verwandelt  und  dessen  Msoge  be- 
stimmt. Theils  'worde  Chlörlitbinm,  aui  kohlensaurem 
Lithion  dargestellt,  iheils  schwefelsaures  Lithion,  beide 
im  geglühten  Zustande,  angewandt.  Da  das  Chlorlithium 
so  leicht  Feuchtigkeit  anzieht,  was  beim  Wägen  hinder- 
lich ist,  so  habe  ich  später  gertfdezu  kohlensaures  Lithion 
genommen,  Und"  diefs  erst  in  verdtinntisr  Chlorwasser- 
stoffsäure aufgelöst. 

Zur  Umwandlung  in  das  Doppelsalz  diente  entwe- 
der ein  Gemenge  von  kohlensaurem  und  gewöhnlichem, 
aber  ganz  reinem,  phosphorsaurem  Natron,  oder  statt 
des  letzteren,  glasige  Phoifihorsäure  f ).  Das  Abdampfen 

1)  Untersuchung  des  Wassers  von  Karlsbad  de. ;  io  Poggcn  dorif» 

Annalcn,  Bd.  4    S.  '245. 
1)  l.eidei   ist  die&clbe  fast  Irumcr  kalkhaUig,  ein  Urodtand,  auf  den 


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88 


und  wurde  liu  zur  ▼ollkoniiieii«!  Trookiie  fortgesetzt, 
worauf  die  Masse  mit  kaltem  Wasser  aufgeweicht  und 
das  Doppelsalz  auf  dem  Filtrum  mit  eben  solchem  aus- 
gewaschea  wurde.  Das.  FiUirat  wurde  von  Neuem  ab- 
gedampft, UDd  gab  dana  stets  noch  eine  mehr  odier  nun- 
der  gprofse  Menge  des  Sahes  bei  nacfaherigem  Bebandeti 
der  Masse  mit  Wasser.  GewObnlieb  wurde  diefs  noch 
ein  oder  zwei  Mai  wiederholt,  und  da  in  allen  Fällen 
immer  noch  etwas  Doppelsalz  erhalten  wurde,  so  liefs 
sich  hieraus  schon  schliefsen,  dafs  diese  Bestimmungsme- 
thode  des  Litbions  fOr  quantitative  Zwecke  nicht  anwend- 
bar seyn  könne. 

Wenn  die  Verbindung  =Na'P-f-Li'P  ist,  so  müs- 
sen 100  Chlorlithium  280  Th.  derselben  liefern. 
•.     Im  Maohstelienden  «ind  die  wirklich  erhaltenen  Men- 
gM  angegeben. 

n)  Mil  pho«phor»aarem  und  kohlenfanrea  Natroaw 

I.  124,3  (1.446  LiCl  =1,798) 

U.  95,4  (2,563    t  =2,446) 

UI.  122,2  (3,589    -        =4^87)  ' 

lY.  143,6  (%604    -    ')  =3,739) 

V.  89»0  (%073    -    «)  sl^). 

* 

6)  Mit  PhosphoraSnre  und  ItobleDtanreiB  Natron. 

VI.  97,1    (4,249  Lia  =4,127) 
m     92,8   (3,84      -    8)  =3,563). 

Hieraus  ergiebt  sich  nun  zunftcbst,  dais  die  Menge 
des  phosphonanren  Natronlitbiona,  welche  man  ans  ei- 

mich  Hr.  ProC  Otto  in  Brauntchwcig  aufmerkMUi  nuichte,  und  den 
ieh  voUkonuMD  bestätigt  faod. 

1)  Ab  Aeq.  des  msewuOtiu  LiC. 

•  •  • 

9)  Acq.  dea  angewandten  2,702  Li  S. 
a)  A«q.  des  m^gwmäim  Lid 


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89 

im  LitMoDiatt«  erliSit,  Id  Verenclie  eine  andere 

ist,  und  ferner,  dafs  sie  aufserordentlich  weit  von  der- 
jenigeii  Menge  entfernt  bleibt,  weiche  erhalten  werden 

^  •  •  •  • 

mmk^  wenn  das  Sals  ssNa'F-HLi^P  ift. 

Um  diesen  letiten  Punkt  festzmteUen,  Oberhaupt  am 

ra  ermitteln,  ^  das  phosphorsaure  Natronüthion  unter 
allen  Umständen  dieselbe  Zusammensetzung  habe,  war-  • 
den  die  bei  den  erwähnten  Versuchen  erhaltenen  Pro- 
ben anaijsirt,  was  fbl^endermafBen  geschah. 

Das  Salz  wmrde  geglüht»  mbei  es  nur  unbedeatend, 
oft  fast'  gar  nichts  an  Gewidit  verliert,  also  wasserfrei 
ist.  Alsdann  löste  man  es  in  Chlorwasserstoffsäure  auf, 
und  schlug  durch  ein  Gemisch  aus  Chlorcalcium  und  Am- 
moniak die  Phosphorsäure  nieder.   Der  Niederschlag  war 

stets  Ca*F,  wie  die  Zerlegung  durch  Schwefelsäure  zeigte. 
Die  mittelst  Oxalsäure  vom  Kalk  befreite  FlQssigkelf 
wurde  abgedampft,  die  nach  dem  Verflüchtigen  des  Sal- 
miaks bleibenden  Chloride  wurden  gewogen,  mit  einer 
Mischung  aus  Alkohol  and  Aether  übergössen,  und  in 
einem  luftdicht  Terscblossenen  Gefillse  einige  Tage  hin- 
gestellt Das  rückständige  Chlomatrium  wurde  alsdann 
auf  ein  gewogenes  Filtrum  gebracht  und  sein  Gewicht 
nach  scharfem  Trockuen  bestimmt,  wodurch  sich  die 
Menge  des  Cblorlithiums  ergab. 

Folgendes  sind  die  Resultate  von  sechs  Analysen 
dieser*  Art: 

(m)   (II.)   (III.)  (IV.) 
1.      2.      a      4.      5.  e. 

Phoaphorsaore  58,606  60.47  57,82  6031  54,60  52^8 
Hatron  7,845     7^7    18,06    16^27    26^78  28^8 

UlilM  32,115    8436    20,12    2738    28,16  JI30 

98,666    102,70    lÖÖ       102,16    104^4  102,85. 
Der  Ueberscbufs  rührt  davon  her,  dafs  dem  phos- 
phorsanren  Kalk  gewühnlich  etwas  kohlensaurer  Kalk 
beigemengt  war,  der  nicht  besondeis  in  Abzog  gebracht 
worde,  besonders  aber'  davon,  dafe  die  Phosphonünr^ 


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90 


wie  oben  bemerkt,  etwas  phosphorsanren  Kalk  enthält. 
Efine  Corrcction  habe  ich  absichtlich  nicht  angebracht. 

Das  Resultat  ist  nun,  dafs  das  phosphorsaure  Na» 
troolithion  eiu  Salz  von  ganz  variabler  Mischung  iut,  woiw 
aus  sieb  die  oogleicbeB  Mengeo  tom  Theil  erklftres»  die 
man  bei  seiner  Darstellung  erbftit  Zur  aualytisebeo  Be« 
sliinmung  des  Lithions  ist  es  ganz  unbraoehbar. 

Merkwürdigerweise  weichen  aber  alle  Analysen  au- 
fserordentlich  von  der  voa  Berzelius  fiir  das  Salz  ge« 
fnndenen  ab,  so  dafs  man.  annebmen  mufs,  sei^e  Zvsam- 
nensetzoog  kOnne  upter  sonst  Sufserlicb  gfeieben  Bediih 
gungen,  was  seine  Bildung  und  Abecbeidung  betrifft,  docb 
eine  ganz  verschiedene  seyn. 

Sehen  wir  nun,  in  wiefern  die  Analysen  den  be- 
Stimmleu  cheiniscbeu  Proportionen  eutsprecbea,  so  sind 
die  Sauer^toffmeugfu  folgende: 

1.  2.  3. 

Pbospborsiiire  d2,87  33,88        '  32,40 

^        ■       i  1        itu  i  ' 

^»hosphorsäure       '         33,51  30,59    " '  29,4^^' 

LUhioo  15,01  )       iii)^i2,84n)  !<.,*o.'iitl2,14ii  j^ioi 

Der  Sauerstoff  der  Basen  verhUlt  sich  mithin  zu  dem 
der  Phosphorsäure  =3:5.  Das  Salz  ist  folr»;Iich  ein 
ganz  anderes,  als  man  bisher  geglaubt  hat.  Und  in  der 
Tbat,  das  stark  geglühte  phosphorsaure  Natroulithion,  in 
schwacher  Salpetersäure  aufgelöst,  fäiÜ  die  Silbersalze 
rein  gelb;  es  Ittfst  sich  nicht  in  Pyrophosphat  Terwaft« 
dein,  eine  Probe,  die  ich  oftmals  angestellt  habe. 

Das  Salz  ist  also  R^P,  und  Natron  und  Lithion  sind 
darin  ohne  Zweifel  isoiftorph,  wie  sie  es  au«h  in  alleq 
FSlIen  sind,  wo  sie  lU  'der  Natur  «usanmeD  voi^oniBseii| 
wie*  meine  Versocbe  ttber  deo  Ambljgonit  iiocii»  kBnlidi 


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91 

bewviesen  baboD.  Nichts  destoweniger  seheint  zwischen 
ihnen  ein  einfaches  VerhftUnifs  stattzidiiidetty  wie  ^ie  Ana- 
lysen andeuten.    Dasselbe  wäre  nämlich: 

In   I.   und  U.  =1:9  m^¥+9Li^F 

in  III.    '  =1:5  Na»fH-5Li>P 

in  IV.          '  =1:4  Na»P+4Li^iP 

in  V,  ,  =1:2  Na*PH-2Li'P 

in  VI;  =1  :  U  2Na3 P-H3Li3 P. 

Ich  lege  indessen  auf  dieses  Verhöllnifs  keinen  gro- 
ÜBcn  Werth,  da  es  ohne  Zweifel  ein  ganz  zufälliges  ist, 
von- BcdingiiBgflD  abhingif;,  die  sich  schwerlich  möchten 
feststellen  lasseii.  Nor  so  viel  ist  sichert  dafs  das  phos«- 
phorsaore  Natronlithion,  wie  es  bei  meinen  Versiichen 
sich  gebildet  hat,  unter  allen  Umständen  i 

Na  3 )  .  •. 

Li»  i  ^ 

war. 

Es  wtirde  ziemlich  zwecklos  seyn,  nach  den  ange- 
gebenen Resultaten  zu  berechnen,  wie  viel  von  dem  Salze 
in  den  früher  erwähnten  Versuchen  aus  gewogenen  Men^ 
gen  Lithionsalz  hätte  erhalten  werden  müssen;  da  doch 
ein  emenertes  Abdampfen  stets  die  Bildung  einer  neniBa 
Qoantititt  «or  Folge  hatte. 


VI.    Versuche,  das  yitorn^eakht  des  I  rans  zu 
bestimmen;  von  Cari  JtLam  mel a  berg. 


j^ebrere  Chemiker  haben  sich  bemüht  das  Atomgewicht 
des  Urans  zu  bestimmen,  seit  Peligot  entdeckt  hatte,  dafs 
das  grüne  Uranoxydul  durch  Wasserstoffgas  zu  Oxydul 
reducirt  wird,  und  diesem  Oxydul  ein  lurystallisirtes  Chlo- 
rQr  von  interessanten  Eigenschaften  entspricht* 


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Pe  1  i g o  t  selbst  bat  die  Zabi  750  als  aus  seine»  Veiw 

suchen  hervorgehend  für  das  Atom  des  Uraos  augenom- 
men,  wiewohl  ich  bei  Gelegenheit  einer  Arbeit  über  die 
Uranoi^dulsaLLe    )  darauf  aufmerksam  machte,  dafs  die 
ciDzeloen  Versucbe  dieses  Cbemikers  Zablen  liefern,  die  ' 
zwiscben  689  und  747,5  schwanken. 

Wert  heim  bat  später  darcb  die  Analjse  des 
krystaliisirten  essigsauren  Üranoxyd  -  Natrons  die  Zahl 
746,36  erhalten,  und  diese  Bestimmung  scheint,  mit  Rück- 
sicht auf  die  passende  Beschaffenheit  des  Salzes  und  die 
Einfaebheit  der  RAetbode,  grofees  Vertrauen  zu  verdienen. 

Ebelnen  erbielt  aus  dem  Oxalsäuren  Uranoxjd 
742,875  als  Atomgewicht  des  Urans,  was  imt  von  Wert« 
heim  gefundenen  sehr  nahe  kommt. 

Ich  selbst  habe  mich  mit  diesem  Gegenstande  frü- 
her schon  beschäftigt,  und  insbesondere  die  Reduction 
des  Uranozydoxyduls  in  WasserstofTigiis  zur  Bestimmung 
des  Atomgewichts  zu  benutzen  gesucht  '  ).  Mehrere  Um- 
stände waren  jedoch  bei  dieser  so  einfadien  Metbode 
die  Ursache,  dafs  ich  in  elf  Versuchen  Zahlen  erhielt, 
die  zwiscben  580  und  736  lagen,  so  dafs  ich  es  aufge* 
ben  mufste,  auf  diesem  Wega  ein  genaues  Resultat  zu 
erlangen. 

Von  Hm.  von,  Berzelius  aufgefordert,  habe  icb 

später  die  Versuche  in  einer  anderen  Art  fortgesetzt,  de- 
ren Ergebnifs  iu  vorliegender  JNotiz  mitgetheilt  werden 
soll. 

V.  Berzelius  schlug  mir  zwei  Methoden  zur  Prü- 
fung vor,  nämlicb  1)  eine  gewogene  Menge  Uranoxj- 
dul  mit  Salpetersäure  und  Schwefelsäure  zu  bebandeln,  . 

und  das  Gewicht  des  schwefelsauren  Uranoxyds  zu  be- 
stimmen; und  2)  dieselbe  mit  einer  gleichfalls  gewoge- 

1)  Poggendorifs  Annalen,  Bd.  59,  S.  1. 

2)  J«iif».  rOr  pmi.  Ghfmie,  Bd.  20«  &  m 

3)  A.  a.  a,  S.  4. 


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03 

ucn  Menge  Talkerde  iu  Salpetersäure  aafzulösen,  und 
durch  Glüheo  in  Uranoxjd- Talkerde  zu  ^«rwaadcia. 

Bio  erste  Metbode  führt  einige  Schwierigkeiten  mit 
sich,  die  hier  nicht  Obergangen  werden  dQrfen.  Es  ist, 
wie  ich  früher  schon  bemerkt  habe,  nicht  möglich,  Uran- 
oxjrdul,  so  wie  es  durch  Reduction  des  Oxvdoxyduls  in 
Wasserstoffgas  erhalten  wird,  genau  zu  wägen,  da  sich 
sein  Gewicht  fortwährend  um  mehrere  Milligrammen  ver- 
mehrt. Femer  ist  die  Oxydation  durch  SalpetersUnre, 
welche,  so  wie  die  weitere  Behandlung  in  einem  geräu- 
migen Platiritiegel  geschieht,  immer  von  einer  so  lebhaf- 
ten Heaction  begleitet,  dafs  ein  kleiner  Verlust  sehr  leicht 
erfolgt;  das  Abdampfen  mit  Schwefelsäure  wird  dadurch 
etwas  beschwerlich,  daüs  das  schwefelsaure  Uranoxjid, 
welches  in  der  sauren  Fifissigkeit  anauflOsIich  ist,  sich 
2tt  Boden  setzt  und  leicht  ein  AnfiBtofsen  der  Masse  be> 
wirkt,  dem  man  nur  bei  grofser  Aufmerksamkeit  entgeht. 

In  sechs  Versuchen,  bei  denen  kein  sichtlicher  Ver- 
lust stattgefunden  hatte,  lieferten  tOt)  Th.  Uranoxydul 
die  nachstehenden  Mengen  schwefelsanren  Uranoxyds  (im 
schwach  geglühten  Zustande,  wobei  sein  Gewicht  ziem- 
lich coustant  bleibt),  woraus  sieb  für  das  Uran  das  bei- 
gefügte Atomgewicht  ergeben  würde: 

I.  135,76  =740,545 

II.  136,094  =  732,77 

III.  139.45  =661,92 

IV.  136,23  1^729,644 

V.  13^,304=727,95 

VI.  136,39  =725,95 

Später  habe  ich  auch  einige  Versuche  mit  dem  Oxyd- 
oxydul  in  der  nimlichen  Art  angestellt.  Dasselbe  war 
fheils  durch  Glühen  des  aus  Uranchlorfir  durch  Amnio- 

niak  erhaltenen  Oxjdulhydrats  an  der  Luft  (VII),  theils 
aus  salpetersaurem  Uranoxjd  durch  Erhitzen ,  Auswa- 
schen mit  neutraler  Cblorwasserstoffsäure  etc.  (Vlli)  he- 


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94 


rcHet   Beide  wurden  in  trockuem  Sauerstof^se  erliilzt, 
änderten  jedoch  dadurch  ihr  Gewicht  nicht  nlerklich:. 

VII.  131,79  =707,33 

VIII.  130,174  =5752,35. 

•  •  •  • 

Dabei  ist  vorausjjesctzt,  dals  das  Oxydoxjdul  =U^J  sey. 

Die  Anwendung  der  Talkcrde  scheint  mir  deshalb 
weniger  geeignet,  weil  die  Uranoxyd  Talkerde  beim  Glü- 
hen, selbst  wenn  sie  fiberscbüssige  Talkerde  enthält,  ihr 
Gewicht  immer  um  etwas  vermindert,  was  von  einer  an- 
fangenden Reduction  des  Oxydoxyduls  herrühren  mufs. 
Bei  den  nachstehenden  zwei  Versuchen  ist  das  auf  einer 
Lampe  mit  doppeltem  Luftzüge  durch  lebhaftes  (Tlübeu 
des  Tiegels  erhaltene  Gewicht  augeuoininen  worden. 
VII.  4,713  ü  und  0,75  Mg  gab.  5,739  U=753,757 
.  Vm.  3,143  U  und  1.192  Mg  ^ab.  1,541  U=6()2,9. 
Aufserdeiu  habe  ich  Wert  beim 's  Versuche  an  den 
essigsauren  Doppelsalzen  Ton  Natron  und  Baryt  wieder- 
holt  Ich  fand  hierbei,  dafs  beim  Erhitxen  stete  Sporen 
des  Salzes  als  feiner  Staub  entweichen,  wenn  die  Gas- 
entwicklung in  der  Masse  beginnt,  und  dafs  man  selbst 
bei  Anwendung  von  zwei  in  einander  gestellten  Tiegeln 
diesem  Verlust  nicht  ganz  begegnet. 

IX.   3,78  essigsaures  Uranoxyd -Natron,  bei  220"  ge- 
trocknet, gaben  2,55  Glühröckstand,  d.  h.  100  Th. 
=32,5397.   Daraus  folgt  Us= 743,509,  d.  h.  um 
2,85  von  Wertheim's,  und  nur  um  0,634  von 
Ebelmen*s  Zahl  differirend. 
Krystallisirter  essigsaurer  Uranoxyd -liaryf.  Nach 
Wertheim  enthält  diefs  Salz  im  kryslallisirten  Zustande 
6.  At,  Wasser  =s9,46  Proc,  welche  es  bei  275"  voll- 
ständig verliert.    Bei  meinen  Versuchen  gab  es,  Ober 
Schwefelsäure  gelrockuet,  bis  200**  1,98  Proc,  und  in 
zwei  anderen  Proben  zwischen  150"  und  200"  0,48  und 
0,62  Proc  Wasser.     Das  Salz  war  in  diesem  Zustande 
wasserfrei  und  liefert^  bei.  «iner  Analyse  J4»78  Proc 

Baryt,  enthftlt  also  I  At.  Ba  gegen  29. 

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06 

100  Tit  dieses  ]>oppel8tls«  liiiileriieCBen  um  bfui 

Glühen  folgende  Mengen  Ba¥',  woraus  das  beigesetzte 
Atomgewicht  für  Ü  folgen  würde: 

X.    68.38  U=:644,75 
XL   68»7ö7  s=:662.997 
m  06^130  S633J7, 

Das  Resultat  dieser  Versuche  ist  aUerdiugs  nicht  sehr 
befriedigend,  and  Ich  bin  weit  entfernt  zu  glauben,  da- 
durch das  Atomgewicht  des  Urans  möglichst  genau  er- 
mittelt zu  haben.  Unter  den  verschiedenen  Methoden 
sind  die  mittelst  des  essigsauren  Natron -Doppeisalzes 
nnd  die  mittelst  U  oder  Salpetersäure  und  Schwe- 
felsäure, jedenfalls  die  besten,  obgleich  die  letztere  noch 
dadurch  elnas  ungenau  wird,  dafs  das  schwefelsaure 
Uranoxjd  bei  wiederholtem  Erhitzen  (höchstens  bi«  zum 
kamn  sichtbaren  Glühen  des  Tiegels),,  niemals  absohU 
dasselbe  Gewidit  gjttbt,  und  leicht  ein  wenig  SchwefeU 
sSare  verliert,  so  dafs  es  dann  nicht  mehr  ToUkommen 
aufiöslich  ist. 

Eine  ganze  Reihe  der  gelungensten  Versuche  liefert 
Zahlen,  welche  zwischen  725  und  750  liegen,  so  dafs  wohl 
die  von  Wertheim  und  Ebelmen  gegebenen  Beslim* 
mungen,  denen  sich  I  und  IX  aufserordentlich  njlhem, 
ab  die  sorertlisaigpteii  angesehen  werden  hOnnen. 

«  • 

VIL    (Jeher  das  Cyaneisettkallum ; 
von  F.  F*  Runge. 


Da  fertiges  Cjaueisenkalium ,  mit  etwa  ein  Drittel  Pot- 
asche  gemengt,  in  einen  rotbglühenden  Tiegel  eingetragen, 
unter  Abscheidiing  des  Eisens  in  eisenfreies  Cyankalium 
▼erwandelt  wird,  so  hat  der  Hr.  Prof.  Lieb  ig  den  schein- 


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« 


96 

kn  richtigeD  Scblofs  geauMsIrt:  fi  bttde  neb  Mm  GlOlieii 
von  Stlduloffkohle,  Potasche  und  Eisen  blofo  Cjanka^ 
lium,  uod  Cyaneisenkalium  entstehe  erst  beim  Auflösen 
der  Schmelzung  in  Wasser,  indem  nun  erst  eine  Einwir- 
kung auf  das  Eisen  und  seine  Auflösung  erfolge. 

Im  Kleinen  mag  diefs  der  Fall  seyn;  im  Groisen  ist 
es  nicht  so.  Das  Pulrer  einer  regelrecht,  in  Eisen  ge- 
machten Schmelze  von 

400  Pfund  Potasche, 
400  Plund  Homkohie  und 
10  Pfund  Eisen 
ist  rnchi,  wie  es  Lieb  ig  angiebt,  durch.  Auswaschen  mit 
Branntwein  in  zwei  Theile  zu  theilen,  wovon  der  eine 
flttssige  das  Cjankalium  in  Auflösung  enthalten  soll  und 
der  unauflösliche  Rückstand  das  Eisen,  so  daCi  man  erst 
durch  Vennischen  und  Erhitzen  beider  Cyaneisenkalium 
bekommt.   Es  findet  vielmehr  das  Gegentheil  statt 

Bringt  man  nSmlich  die  gepulverte  Schmelze  in  ei- 
nen Trichter  und  giefst  so  lange  Branntwein  (tder  glei- 
che Theile  starken  Brennspiritus  und  Wasser)  auf,  bis 
dieser  nichts  mehr  auflöst,  so  hat  man  zwei  Flflssigkei- 
ten,  eine  schwere  und  eine  leichte.  Die  schwere  FiOa- 
sigkeit  ist  Potaschenauflösung;  die  leichte  enthält  nur  et^ 
was  Cjankalium.  Dagegen  giebt  der  ausgewaschene 
schwarze  Rückstand  beim  Auslaugen  mit  heifsem  Was- 
ser CxaneisenkaUttm,  und  zwar  in  derselben  Meugc,  wie 
man  es  aus  der  Schmelze  auf  gewöhnlichem  Wege  auch 
erhält. 

Es  folgt  hieraus,  dafs  das  Cjaneisenkaliuni  (welches 
im  Branntwein  unauflöslich  ist)  schon  fertig  gebildet  in 
der  Schmelze  enthalten  seyn  mufs,  und  nicht  erst  da- 
durch entsteht,  dafs  das  Cjankalium  beim  Auflösen  in 
Wasser  Eisen  auflöst  Wäre  diesem  S0|  so  mfifsten  die 
Auslaugepfannen,  welche  von  Eisenblech  sind,  sehr  an- 
gegriffen werden,  was  nicht  ^geschieht,  da  sie  zehn  und 
mehr  Jahre  halten,  und  nur  durch  Verbrennen  unbrauch- 
bar werden. 


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97 


VIIL  Ueber  die  Pennindermg^  des  specifischen 
Gewichts,  welche  die  Porcellanrnasse  beim 
Brennen  ungeachtet  des  Schwindens  erleidet; 

von  G.  Rose. 


A  1.  Bron^niart  macht  (ins  in  seinem  wichtigen  Werke 
über  Thonwaareofabrication  ' )  mit  der  Thateache  bekannt 
dafe  die  Porcellanmaflse  im  schwach  gebrannten  ungaa- 
reu  Zustande  ein  höheres  speeifisches*  Gewicht  habe,  ak 
im  stark  gebrannten  gaaren  Znstande;  eine  Thatsache,  die, 
ehe  man  weiter  darüber  nachdenkt^  auffallen  kann,  da 
die  Porcellanrnasse  bekanntlich  beim  Brennen  im  Gut- 
ofen schwindet,  d.  h.  einen  kleineren  Raum  einnimmt, 
nnd  also  nach  dem  Brennen  ein  höheres  speeifisches  Ge- 
wicht haben  sollte,  als  vorher.  Ich  lasse^  ehe  ich  meine 
Bemerkungen  darOber  mitlheilc,  die  betreffende  Stelle  in 
einer  wörtlichen  Uebersetzuug  folgen,  sie  steht  Tbeil  1, 
Seite  262. 

l>Iachdem  der  Verfasser  gezeigt  hat,  dafs  wir  noch 
keine  genflgenden  Bestimmungen  über  das  specifische  Ge- 
wicht der  verschiedenen  Arten  Tön  Thonwaaren  besitzen» 
fthrt  er  fort: 

»Ich  glaubte  also  diese  Lücke  ausfüllen  und  durch 
die  vollkommensten  und  genausten  Methoden  die  speci- 
fischen Gewichte  einer  groCsen  Menge  von  Thonwaaren- 
massen  in  den  verschiedenen  Graden  des  Brünens  be- 
stimmen zu  müssen.  Dazu  -war  eine  lange  Reibe  von 
Versuchen  ndthig,  nnd  ich  bat  daher  Hm.  A.  Laurent, 
meinen  Gehülfen  für  physikalische  und  chemische  Un- 
tersuchungen im  Laboratorium  der  Porcellanfabrik  zu 
Sevres,  das  specifische  Gewicht  von  verschiedenen  Arten 

1)  Traiti  des  aris  eiramiques  tm  des  pofenes,    Paris  1844. 
PofgendorlTs  Annal.  Bd.  LXVI.  7 


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98 


Thonwanrcn  in  den  verschiedeneu  Zuständen  der  Gaare 
zu  nelmieu  ' ).  x 

»Wir  gelangten  zu  Resultaten,  die  ganz  unerwartet» 
ond  den  VorsteliimgeD,  weiche  inaa  gewöhnlich  vod  deo 
Verscbiedeofaelten  des  specifischen  Gewichts  der  Tenchie- 
denen  Arten  von  Thonwaaren  hat,  yOUig  entgegengesetst 
waren,  Vorstellungen,  welche  ich  für  so  begründet  hielt, 
dafs  ich  daraus  mit  dem  gröfsten  Theil  der  Physiker, 
wenn  nicht  mit  allen,  Foigerungeu  zog,  die  durch  die 
Erfahrung  gSnzUch  widerlegt  wurden.« 

»In  der  That  sieht  man,  bei  dem  Ueherhliek  der 
Tafel  No.  VIII,  zuerst,  welcher  bedeatende  Unterschied 
in  dem  specifischen  Gewicht  einer  und  derselben  Thon- 
masse stattfindet,  wenn  man  dasselbe  an  Stücken,  oder 
an  dem  Pulver  der  Thonmasse  untersucht,  dann  aber, 
und  dieis  ist  die  merkwfirdigBte  Thatsache,  dab  das  spe- 
dfische  Gewicht,  anstatt  Ton  der  weichsten,  wenig  ge- 
brannten, Thonmasse  za  der  stark  und  hart  gebrannten 
zuzunehmen,  vielmehr  abnimmt,  so  dafs  die  weichen  Zie- 
gelsteine von  Sarcellcs  bei  Paris,  die  Steingutmasse  und 
'  das  grobe  Töpfergut  der  Vorstadt  St.  Antoinc  bei  Paris 
eine  viel  beträchtlichere  Dichtigkeit  haben,  als  die  so 
harte,  dichte  (serree)  und  so  stark  gebrannte  Masse  der 
Feldspath-Porcellane  {poreelames  dures),n 

Diese  Thatsache  schien  mir  so  paradox,  dafs  unge- 
achtet des  Zutrauens,  welches  ich  in  die  so  genaue  und 
geschickte  Art  zu  operiren  des  Hrn.  Laurent  und  in 
Versuche  setzen  mulste^  die  in  meinem  Laboratorium  in 
Sevres,  und  grdfstentheils  unter  meinen  Augen  angestellt 
waren,  ich  sie  doch  nach  einem  Zwischenraum  von  meh- 
reren Jahren  durch  den  geschickten  Hrn.  Malaguti  und 
endlich  auch  ganz  neuerlich  durch  Hrn.  Salretat  wie- 
derholen liefe.  Aus  diesen  Versuchen,  die  unter  ganz 
besonders  gflostigen  und  vielleicht  einzigen  Umstanden 

1)  Die  Hesultate  dieser  Llntcrsuchungcn  s.im\  von  Hrn.  Brongntart 
in  einer  besonderen  Tabelle  (No.  VI  11)  zusammengestellt. 


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99 

ausgeführt  waren,  ergiebt  sieb,  dafs  das  Feldspath > Por« 
cellan,  je  mehr  es  gebrannt  wird,  sich  zusammenzieht^ 
und  an  Volumen  um  wenigstens  ein  Zehniheil  abnimmt^ 
auch  in  seinem  specißschen  Gemehle  in  einem  höchst 
axffäUendeu  Maafrt  abmmnU,  Man  siebt,  dafs  diefs  in 
dem  VeriiSitaisse  von  2,619  zu  2,242  gescbieht,  Indem 
es  halbgebrannt  durch  em  Gewicht  von  2,440  hindurch- 
geht. Also  wenn  die  Masse  nur  verglülU  ist,  d.  h.  wenn 
sie  10  Stunden  lang  einer  Hitze,  höher  als  die  üitie  des 
scfamebenden  Silbers,  ausgeaeiat  gewesenj  wenn  sie  noch 
povOa  ist,  und  an  der  Zun^  büngf ,  hat  sie,  puherisiri^ 
ein  specifisehes  Gewicht  von  2,619;  wenn  sie  im  6nt- 
ofen  halbgaar  gebrannt  wird,  so  dafs  die  Glasur  zwar 
zusammensintert,  aber  nur  erst  anklebend  ist,  wird  ihr 
specifisehes  Gewicht  auf  2,440  reducirt,  und  wenn  sie 
endlich  volikcMnmen  gebrannt  ist,  ist  diefe  Gewicht  auf 
2,242  herabgesunken,  und  dennoch  hat  sich  die  Masse 
in  linearer  Ausdehnung  um  10  Proc.  zusammengezogen.« 

»Ich  will  nicht  versuchen  diese  Thatsache  zu  erkla- 
ren, dazu  ist  hier  nicht  der  Ort.  Ich  begnüge  mich  hier 
zu  sagen,  dafs  man  sie  als  gewifs  annehmen  kann,  ein- 
mal weil  die  Versuche  mit  aller  möglichen  Sorgfalt  >ind 
Genauigkeit  angestellt  sind,  und  dann  weil  sie  sich  dem 
Gesetze  der  Ver&nderang  des  speeifischen  Gewichts  in 
den  Thonmassen  anschliefst,  nach  welchem  das  specific 
sehe  Gewicht  dieser  Massen  im  umgekehrten  Verhält- 
nifs  zu  dem  Grade  des  Brennens  steht,  oder  was  das- 
selbe sagen  will,  dafs  die  Dichtigkeit  des  Pulvers  dieser 
Massen  um  so  geringer  ist,  je  mehr  die  Masse  gebrannt  ist « 

Hr.  Brongniart  bemerkt  noch  in  einer  Note,  dafs 
naan  die  Aenderung  im  spccifischen  Gewichte  nicht  einer 
etwanigeu  Entweicbung  von  Wasser  oder  von  einem  an- 
dern Körper  zuzuschreiben  habe,  da  sehr  genaue  Ver- 
suche Ilm  überzeugt  hatten,  dafs  verglfihtes  Porcellan  beim 
Brennen  an  Golofsn  nichts  vom  seinem  Gewichte  verliere. 

Ungeachtet  die  angegebenen  Thatsachen  als  hinrel- 

7* 


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100 


ciiciid  bestätigt  angenommen  werid«n  konnten,  so  wollte 
ich  mich  doch,  ehe  ich  weitere  Scliltisse  darauf  baute, 
gern  .  selbst  von  der  J^chtigkeit  dersclbeu  überzeugen« 
was  niir  tun  so  lekbler  wurde,  als  kb  durch  die  Güte 
des  D&ectors  der.  kiesigen  Kdni^»  Porcellaii&brik,  Uro« 
Geb*  Oberbergrath  Fxick,  der  sieb  selbst  iDr  diese  Vef* 
suche  seht  interessirtc,  nicht  allein  mit  dem  dazu  nöthi- 
gen  Material  versehen  wurde,  sondern  auch  die  Gele- 
genbeit  erhielt,  in  eioem  der  Gutöfeu  der  PorceUaufabrik 
die  ndtbigeO'  Schmeiattiigen  und  Giübungen  Tmmiehineii. 
Ich  erhielt  so  voa  Hrn.  Friok  9  Terschledene  Proben 
Poreellan,  yon  denen  die  Probe  No.  1  nnr  ▼erglüht,  No.^ 
bis  zum  LikaUen  im  Gutofen  gelassen,  die  übrigen  aber 
nur  resp.  3,  I,  5,  6,  7,  8,  9  Stunden  im  Gutfeuer  ge-r 
blieben  waren. 

Die  Proben  No.  I  .bis  4  waren  wckb,  leicht  zer« 
brechbar  und  an  der  Zun^e  hangend,  die  enteren  voii 
ihnen  im  grösseren,  die  letzteren  im  geringeren  Grade; 
die  Probe  No.  5  haftete  nicht  mehr  an  der  Zunge,  und 
hatte  schon  ziemlich  dieselbe  Härle  wie  alle  folgenden, 
'  sie  war  aber  im  Bruche  uoch  matt;  eben  so  verhielt  sich 
anch  No.  6;  dagegen  7  and  8  schon  in  allen  Eigeoschaf» 
ten  mit  No.  9  llberelnkamen.  Bei  allen  cheaen  Proben 
waren  aber  im  Brache  mit  blofsen  Angen  mehr  oder  we- 
niger häufige  Poren  wahrzunehmen,  so  dafs  es  nöthig 
war,  um  für  die  liestimmung  des  specifischen  Gewichts 
ein  constantes  Resnltat  zu  erhalten,  die  Proben  vorher 
za  pnlvern. 

loh  fand  auf  diese  Weise  das  specifische  Gewicht 
der- verglfibten  Porcelbrnmasse  =^2,613 
von  jNo.  3  =2,589 
.    No.  4  =2,566 
-    No.  9  =2,452. 
Die  Proben  No.  5  bis  9,  die  nicht  mehr  an  der  Zunge 
hafteten,  worden  auch  in  Stockei»  gewogen,  nnd  auf  dietf^ 
Weise  das  spccifisdie  Gewicht  gefunden:  . 


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101 

▼OQ  No.5  ^3»aiO 
:   No.6  »2374 

-  No.  7  33  2347 

-  No.  8  =2,334 

.    No.  9  =2,345  '  ). 

Hieraus  ersieht  inan,  dafs  die  verglühte  Berliner  Por* 
cellanmasse  dasselbe  speciiische  Gewicht  hat,  als  die  von 
Serres,  denn*  die  Zahlen         und  2,619  sind  so  wenig 
▼^recbieden,  dafs  ihan  'iien  Unterschied  woU  uDbcHlek- 
sichtigt  lassen  kann;  dafs  aber  das  gaar  gebrannte  Ber- 
liner Porcelian  noch  schwerer  ist,  als  das  von  Sevres, 
und  zwar  in  dem  Verhältnifs  von  2,452  :  2,212.    Es  ist 
aber  vielleicht  dieser  Unterschied  weniger  auffallend  als 
die  obige  Uebereinstinimang,  d^  die  Berliner  und*  Sevres^' 
Porcellännassen  nicht  allein  in  ihrer  'Zusammensetzung 
sehr  verschieden  sind,  sondern  auch  die  Temperatur  in 
dem  Gutofcu  der  Berliner  Porcellanfabrik  in  dem  Maafse 
höher  ist,  als  in  dem  der  Sevres- Porcellanfabrik,  dafs  das 
Sevres-Porcellan  in  dem  Beritner  Gutofen  zusammensinkt. 
Ibdessen  kann*  die-  Ursache  des  hoben  specifiacben  Ge* 
wichtes  des  Berliner  Porcellans  in  Vergleich  mit  dem  des 
Sevres  -  Porcellans  nichtj  auf  einem  Irrlhume  beruhen, 
da,  obgleich  ich  den  Versuch  nicht  wiederholt  habe,  der 
Versuch  mit  dem  ganzen  Stücke  ein  specifiscbes  Gewicht 

1)  IMe  Meibode,'  deren  iA  mich  Inei^Kel  bediente,  war  dfeselbe,  wef- 
die  leb  bei  der.Uniersaehung  4m  'JpecSfitchm  fitewidiu  des  pulver- 
fönifcn  Kellupetbt  nttd  Aragonits  CPoggendorff*«  Annd.  9d.  42, 
$,  355)  angewandt  habe,  indem  ich  das  f^n  Mmdbcnci  and  mit 
Wasser  gekochte  Porcelian  suent  nnler  Wasser  wog  nnd  dann  ab- 
dampfte, und  nnn  erst  das  absolnte  Gewicht  bestiromle.  Ich  habe 
hierfür  die  Aenderuog  gemacht,  dafs  ich  die  Wagung  nicht  in  ei- 
nem GlasMflbchen,' sondern  in 'einem  Platingcßrse  vornahm,  wie  sich 
dessen  schon  Heinrich  Rose  bei  seinen  WSgongen  bedient  hatte, 
was  den  Vonng  gewShrt,  da(s  das  Platin  beim  Abdampfen  nicht  an- 
gegriflitn  wird,  wShrcnd  diefs  bei  einem  Glasgeföfse  stets  der  Fall 
ist.  Das  ZerldcBDem  ^les  hart  gebrannieo  PurceUans  vor  dem  Zer- 
reilien  im  AcbcimSraer  geschab  in  einem  SlahMMer. 


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1112 


von  2,345  geliefert  hat»  das  zwar  wegeo  dor  eingeschlos- 
senen Poren  des  StQcks  geringer  als  das  des  Pulvers, 

aber  immer  uoch  viel  höber  ist,  als  das  des  Sevres-Por- 
cellaos  ' ). 

Wenn  aber  auch  die  Versuche  mit  dem  Berliner 
Poreellan  nicht  g^nz  gleiche  Reaullate  gegdka  haben, 
ab  mit  dem  Serres -Poreellan»  so  haben  sie  doch  das 
Resultat  ToUkonmen  bestätigt,  dafs  das  gaar  gebrannte 

Poreellan  ein  geriugeres  specifisches  Gewicht  bat,  als  das 
ungebrannte. 

Um  nun  über  die  Ursache  dieser  Erscheinung  Auf* 
schlufs  tu  erhalten ,  war  es  nOlhig  mit  Bestiomitheit  va 
wissen»  ob  wtiirend  des  Brennens  keine  Aendemng  in 
der  chemischen  Zusammensetzung  des  Poreellans  vor  sich 

ginge.  Brongniart  läugnet  diefs  zwar  bestimmt,  allein 
ich  glaubte  die  Sache  doch  noch  einmal  untersuchen  zu 
müssen,  da  Abich  öfter  von  einer  inögUchen  Verflüch- 
tigung von  Alkali  spricht,  die  stattfinde,  wenn  man  alk»> 
lihaltige  Silicate  mit  kohlensaurem  Baryt  im  Sefstrdm'- 
sehen  Ofen  einige  Zeit  im  Fluts  erhält,  oder  wenn  sich 
Obsidiau  durch  Umschmelzung  in  Bimsstein  umändere 
Ich  stellte  deshalb  zuerst  einen  Versuch  mit  dem  einen 
Gemengtheil  des  Poreellans,  dem  Feldspath,  an,  da  des* 
seo  Zusammensetzung  genau  gekannt  ist  17,(1045  Grm. 
Adular  vom  St.  Gotthardt  wurden  in  einem  Platintiegel 
in  dem  Gutofen  der  Königl.  Porcellanfabrik  geschmol- 
zen. Der  Adular  war  hierdurch  in  ein  weifses  Glas  um- 
geändert,  das,  wie  diefs  bei  allen  Varietäten  des  Feld- 
spaths  der  Fall  ist,  voller  kleiner  Blasen  war.   Sein  Ge- 

1)  Der  Unterschied  in  dem  specifischen  Gewldite  der  fibrigeo  ProboD, 
die  in  Stückeo  gewogen  sind,  rfibit  ofienbar  aacli  von  diesen  Poicil 
her,  die  in  den  venchicdenen  Stücken  leicht  in  vcrsclilcdener  Menge 
nch  finden  können,  und  wurde  gewiDi,  wenn  die  Proben  in  Pol- 
verlbrm  gewögen  waren,  fortgefallea  «<ja. 

t)  Poggeadorrr«  Aanalca,  Bd.  L,  &  1^0.  Ikbw  die  Bihinng  nnd 
den  TSniemmenhuig  der  wittmiach«  BUdnagao,  09. 


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103 


wicht  betrug  oun  16,9950  Grm.;  es  hatte  also  verloren 
0,0095  Gmi.  oder  0,056  Proc,  ein  Verluat,  der  so  un- 
bedeutend ist,  dafs  er  wohl  fiberselien  werden  kann. 

Einen  andern  Versuch  mit  dem  Poreellan  Selbst 
stellte  zu  gleicher  Zeit  Hr.  Frick  an.  Eine  kleine  Platte 
von  verglühter  Porcellanmasse  wurde  im  Gutofen  gebrannt 
Sie  wog  vor  dem  Brennen  240  Gran,  und  hatte  nadi' 
dem  Brennen  nur  den  unbedeutenden  Verlust  von 
Gran  erlitten. 

Es  war  also  aoeh  durch  diese  Versuche- dai^gethan, 
dafs  die  Aenderung  des  specitischen  Gewichts,  die  das 
Poreellan  durch  das  Brennen  erleidet,  von  einer  Aen- 
derung in  der  chemischen  Zusammensetzung  nicht  her- 
rubren  kdnne,  und  es  lag  nun  nahe,  sie  ganz  oder  zum 
Theil  in  der  Aenderung  des  Aggregatzustandes  zu  suchen^ 
indem  die  Porcellanmasse  beim^Brennen  In  den  glasigen 
Zustand  übergeht,  und  es  bekannt  ist,  dafs  viele  kry- 
stallisirte  Körper,  wenn  sie  geschmolzen  werden  und  beim 
Erkalten  ein  Glas  bilden,  ein  geringeres  specifisches  Ge- 
wicht erhalten,  wenn  sich  auch  sonst  ihre  cliemische  Zu- 
sammensetzung g^nz  gleich  bleibt Um  zu  untersuchen, 
ob  jene  Aenderung  Oberhaupt  oder  nur  allein  diesem 
Umstände  zuzuschreiben  sej,  mufste  zuerst  das  specifi- 
scbe  Gewicht  der  Gemengtbeile  der  Porcellanmasse  vor 
und  nach  dem  Schmelzen  untersucht  werden. 

Die  Masse  des  Berliner  Porcellans  besteht  nur  aus 
einem" Gemenge  von  Porcellanerde  und  Feldspath,  die 
beide  vorher  für  sich  allein  geschlämmt  werden.  Nach 
den  Mitlheilungen  von  Hrn.  Frick  werden  hierbei  auf 
198  Pfund  Porcellanerde,  welche  7,2  Proc.  Wasser  ent- 
hält, 58  Pfund  Feldspalby  d.  h.  auf  76,01  Proc  wasser- 
freier  Porcellanerde  23,99  Proc.  Feldspath  genommen. 

l)  Diese  ThaUachc  ist  zuerst  von  Magnus  bei  6er  Umersttcliung  des 
specifiicbeo  Gewichts  des  Granat-  und  Vesavianglases  aufgefnndeD 
(Poggendorfrs  Annalcn,  Bd.  22,  S.  389);  sie  ist  narliher  aQch 
nodi  von  G.  Bischoff  bei  •oder'»  KGrpcrn  bestätigt  worden. 


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104 


Quarz  nnd  andere  Zusätze  finden  nicht  statt,  da  die  Por- 
cellanerde  aufi  deu  Gruben  von  Morl  bei  Halle  bezogen, 
wird,  also  aus  zei^etitem  Porpbjr  besteht,  uod  deahalb 
ancb  im  ^eBcUlmniteii  Zosteode  viel  mehr  eingencQ^en 
Quarz  enthält,  als  die  Porcellanerde,  die  sich  aus  ver- 
wittertem Granite  bildet,  wie  z.  B.  die  von  Aue  bei 
Scbneeberg  in  Sachsen  * ).  Der  Feldspath  ist  sogenann- 
ter gemeiner  Feldspath  au£  dem  Granite  der  Gegeod  von 
Hirschberg  io  Schlesien.  .    .  . 

Ich  untersuchte  zuerst  .das  specifische  Gewidit  des 
Glases,  in  welches-  der  oben  erwfthnte  Adubr  tobi  Gott« 
hartit  beim  Scliiiielzen  im  Gutofen  übergegangen  war. 
Da  es  ganz  mit  Blasen  erfüllt  war,  so  uiufste  es  zu  die- 
sem Versuche  auch  gepulvert  werden;  sein  speciiisches 
Gewicht  betrug  aber  in  diesem  Zustapde  %397;  im  irj- 
stallisirteu  2<ustande  betrügt  es  dagegen,  nach  Abi  cht 
2,&766  •). 

Ein  ähnliches  Resultat  gab  auch  der  geschlämmte 
Feldspath,  wie  er  auf  der  hiesigen  Fabrik  benutzt  wird, 
so  wie  auch«,  nach  Abich's  Versuchen,  der  glasige  Feld* 
spatk. 

Das  specifische  Gewicht  des  ersteren  6u|d  ich  2,59% 
und  nachdem  er  in  dem  Gutofen  zu  Glas  geschmolzen 

war,  2,384. 

Das  specifische  Gewicht  des  krystallisirtcu  glasigen 
Feldspaths  von  Ischia  beträgt,  nach  Ab  ich,  2,&97%  zu 
Glas  geschmoben  2,4008 

1)  Vcrgl.  hierüber  Mltscherlicb'«  Lehrbuch  der  Chemie,  %  Aufl. 
Th.  2,  $.215,  und  den  Anhang  zu  Ende  der  Abhaiullaiif. 

2)  Vergl.  a.  a.  O.  die  Tabelle  lu  S.  7.  • 

3)  Vor  Kurxcm  hat  aoch  oochDevilie  Veraache  über  das  spedfiscba 
Gewicht  der  zu  Glas  geschmolzenen  Körper  angestellt  (in  dem  19. 
Stuck  der  Comptes  rendus  der  Pariser  Academie^  S.  1453),  die 
mir  indessen  erst  bekannt  geworden  sind,  nachdem  dieser  Aufsatz 
schon  geschrieben  war.  Er  untersuchte  auch  das  specifische  Gewicht 
des  krysLilHsirtcn  und  zu  Glas  gcschrnoiz.encn  Adulan  TOm  St,  GoU~ 
hardt,  und  fand  erateres  2,5610,  leuteres  2,3512« 


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10»  ' 

Bei  allen  diesen  Abänderui)§eu  des  FcldspaÜiB  üu. 
d^t  also  durch  die  Schmeizuiig  eine  Venninderaog  im 
spedfiscben  Gewichte  von  aogehbr  iV  Btalt. 

Mit  der  Parcfelliaierde,  den  ander»  Gem^i^hell, 

geht,  wenigstens  in  der  Hitze,  die  der  Gutofen  der  Por- 
cellanfabrik  darbietet,  keine  solche  Veränderung  wie 
mit  dem  Feldspath  vor^  -die  Porccilauerde  ist  in  diesem 
Hitsegirad  unschmelzbar,  «e  häokX  darin  wohl  e^was  su* 
Muimen,  i|^t  sich  aber  anch  nach  dem .  Bceiinen  mit. 
Leichtigkeit  SiBrdc&cken  und  zerreiben, ,  Ihr  ape^ifiaches 
Gewicht  fand  ich  indessen  nun  ebenfalls  etwas  geringer,  als 
wenn  sie  nur  kurze  Zeit  über  der  Spiriluslainpe  geglüht 
war.  Die  auf  der  hiesigen  Fabrik  geschlämmte  ujod 
nachher  ^trocknete  Porcellaoerde  verlor,  im  Wasser-^ 
bade  getrocknet,  0^85  Proc.»  .und  ab  sie  darauf  .zwei 
Mal  zehn  Minuten  lang  1|ber  der  Sipirituslampe  mit  dop* 
peltem  Luftzuge  stark  erhitzt  wurde,  8,55  Proc.  Das 
specifische  Gewicht  dieser  nur  so  weit  eihitzlen  Porcel- 
lanerde  betrug  aber  2,633,  das  Gewicht  der  iu  dem  Gut- 
ofen gegltihten  Porcellaoerde  dagegen  nur  2,5€i2,  und  ak 
.  der  Versuch  mit  derselben  Menge  noch  einmal  wieder- 
holt  wurde,  2^64. 

Ich  mufs  es  dahin  gestellt  seyn  lassen,  was  der  Grund 
dieses  Verhaltens  der  Porcellanerde  sej,  ob  er  wirklich 
in  einer  allotropischen  oder  chemischen  Veränderung  be- 
steht, die  in  der  Masse  beim  Brennen  vorgeht  oder 
ob  er  yielletcht  dam  liegt»  data  die  schwach  gebrannte 
Porcellanerde  y  wie  der  schwaeb  gebrannte  Gjrpd  beim 
Wiegen  im  Wasser,  Wasser  bindet,  oder,  wie  die  pul- 
verförmige  Kohle  Gasarten,  Wasser  verdichtet,  und  da- 
durch das  Resultat  der  Wägung  unrichtig  macht;  so  viel 
ergiebt  «ich,  dafis  wenig^ens  ein  Gemengtheil  des.  Por- 
cellans  nach  dem  Scfamelien  ein  geringeres- apecifisches 
Gewicht  erhalt 

1)  Die  Plasücitat  vcrllMt  ditt  PocccllpkWflA  «chon  ^im  Glubco  ifber 
der  Spiriu^lampc. 


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106 

Man  kann  nun  «vre!  Ansiebten  aufstellen,  wie  maa 
«ich  das  Porcellan  zu  doDken  habe.  Dasselbe  ist  ent- 
weder auch  im  gebrannten  Zustande  ein  Gemenge,  afoo 

ein  Feldspathglas,  worin  die  Porcellanerde  als  solche 
enthalten  ist,  oder  die  beiden  Geniengtheile  sind  ganz 
oder  zum  Theil  chemisch  mit  einander  verbunden.  Für 
die  erstere  Ansicht  spricht  gewissermafsen  die  geringe 
Durchsichtigkeit  des  Poreellans,  so  wie  anch  sein  An- 
sehen anter  dem  Mikroskop  nach  den  Zeichnungen,  die 
Ehrenber^  davon  geliefert  hat  '  ).  In  diesem  Fall  müfste 
aber  das  specitische  (icwicht  des  Porcellans,  wenn  maq 
es  aus  den  specitischen  Gewichten  der  Gemengtheile  (Feld- 
apath  =2^84,  Porcellanerde  =2,563)  und  der  bekann- 
ten Zuaammensetxong  berechnet,  mit  dem  gefondenen  -spe- 
dlischen  Gewichte  fibereinkommen ,  was  aber  nicht  der 
Fall  ist,  denn  man  erhält  auf  diese  Weise  die  Zahl  2,518 
statt  2,152  also  eine  gröfsere  ^bl  als  der  Versuch 
ergeben  hat  ■ 


1)  Pofgendorrrt  Anatloi,  Bd.  9t,  &  106. 

2)  nc/.t'Irhncl  innn  mit  s,  s',  j"  dns  specifisclie  Gewicht,  und  mit  .r,  .r', 

jo"  das  absolute  Gewicht  der  Geiuengtlieile  und  der  Verbindung,  so  ist: 

ae"     X    ,  ar'     .       „      jr".s.s'       •  ü  <   i /i 
-TT** — +  "T»         *  = 


*"       *    •   s"   xs'-^ 


X  s 


wonach  die  obige  Zahl  berechnet  ist.  Berechnet  man  das  specifische 
Gewicht  «ler  achwadi  geglühten  Porcellanerde  nach  dem  specifisclicn  ^ 
Gewichte  des  Feldapaths  (2,582)  und  des  nur  verglühten  PorcelliDS 
(2,613),  ao  erhSit  man,  nidik  aehr  verflebtedan  von  dein  Venucli, 
2,f20  statt  2,633;  beMehnct  mia  indessen  dte\Zns«iDiMBSCtstti^  der 
^orc^Uannasse  nach  dem  apeeifisdwa  GcwSdit  derselben  and  aatb 
dem  der  Gemengtheile,  so  erhalt  man  etwas  über  48  Proe.  Feld- 
spatk  atait  24,  daher  di«  Bestimmung  des  ^ec.  Gewichts  der  sdkwach 
geglublcn  Porcelbnerde  doeh  nicht  richtig  au  sejn  scheint. '  Mais  sieht 
aber  «ngleidi,  wie  klein  die  Abwadmngeil  im  spedfischca  6«wiclile 
an  aejFn  braodiea,  um  schoa  csnc  gi«i£K  Aendcning  in  der  dicin»- 
sehen  Znsammenselaung  au  verursachen,  und  wie  mifslidi  es  is^  d«r- 
gleichen  SchlQsse  lu  madien,  aomal  hier,  wo  man  es  mit  Blaleri«- 
lien  va  thun  liat,  die  im  Groben  gereinigt  und  genengt  werdeA. 
Dennoch  ist  aber  bei  dem  gaar  gebrannten  PotccUmi  der  TJntcraditdl 


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197 


WahrMbeinlidi  wirken  also  doch  bei  dem  Brennen 

der  PorceHanmasse  die  beiden  Gemengtheile  ganz  oder 
zum  Theil  (denn  die  Porcelianerde  von  Morl  ist  ja  selbst 
noch  ein  Gemenge)  chemisch  auf  einander,  und  dehnen 
sich  <labei  ans,  da  )a  öfter  die  chemische  Verbindung 
ein  geringeres  speeifischee  Gewiebt  bat,  als  sieb  aus  den 
Bestandlheilen  folgern  Iftlat  Diese  Ansdehnnog,  wenn 
sie  in  der  That  stattfindet,  kommt  noch  zu  der  hinzu, 
die  der  glasartige  Zustand  für  sich  allein  hervorbringt, 
und  beide  bewirken  dann  zusammen  die  Ausdehnung  die 
die  Porcellanmasse  beim  Brennen  erleidet 

Eine  solche  Ausdehnang  findet  alio  immec  statt»  and 
das  Schwinden  der  PorceUanmasse  beim  Brennen  im  Gnt- 
ofen  ist  demnach  nur  scheinbar,  und  wird  nur  durch  das 
Wegfallen  der  leeren  Häuuie  in  dem  Thone,  die  theils 
durch  die  lockere  ^usammenhäufung,  theils  durch  das 
Entweichen  des  Wassers  beim  Brennen  im  Verglttbofen 
entstehen,  benrorgebracbt 

Anhang. 

Nach  den  Analysen  von  Förch  harn  ni  er  ')  besteht 
die  geschlämmte  Porcelianerde  von  Aue  bei  Schueeberg 
(a)  und  von  Morl  bei  Halle  (ö)  aus; 

Thonerde  37,57  22,00 

Eisenoxjd,  Manganoxjrd  u.  Magnesia    Spur  1,87 

Kieselsäure            '  44,30  ^27,96 

Wasser                   ^  13,02  7,43 

Kali                                            —  0,17 

Kohlensaure  Kalkerde                      0,81  0,33 

Quara                                          5,12  39,10 

100,32  9H,9ij. 

m  dem  bcradmelco  aad  fefoDdetieo  ^ecSfisdicn  GewSdite  so  gro&i 
vm  ihn  hUA.tm  FeUeta  in  den  der  Eedma^g  ra  Grunde  U«ecn- 
d«a  Zahlen  erUftren  wa  kSnnen. 

1)  PoggeAd4»rrr«  Ado^Ico,  Bd.  05,  S.  336.    Um  BeMdlheib  der 


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1«B 

Die  W^rcellanenle  wurde  bei  diesen  Anaijseti  mit 

Schwefelsäure  zersetzt,  und  der  eingemengle  Quarz  von 
der  abgeschiedenen  Kieselsäure  durch  kohlensaures  Na- 
troo  geschieden. 

Der  gröfsere  Gehalt  an  Kieselsäure  in  der  durch 
ZerseiiQiig  des  Porpbj«B  enCetandenen  Porcellaocrd^  in 
Vergleich  mit  der  aus  dem  Granit  entstandenen,  ist  wohl 
erkidrlich.  Nach  meinen  Untersuchungen  bestehen  der 
gewöhnliche  Granit  und  der  rothc  l^orphyr  aus  densel- 
ben Gemengtheileu,  nämlich  aus  Feldspath,  Oligoklas, 
Quarz  und  Magnesiaglimmer,  nnd  beide  Gebirgsarten  nn- 
terschctiden.  sich  tmr  dadurch  von  einander,  daCi  im  Gra- 
nit die  Gemengfheiie  im  körmgen  GefDge,  in  dem  Pm^ 
pliyr  aber  in  einer  Grondmasse  enthalten  sind,  die,  wenn- 
gleich in  der  Regel  scheinbar  gleit  hartig,  doch  nur  als 
ein  inniges  Genienge  derselben  Gemeugtheile,  die  auch 
im  deutlich  krystallisirten  Zustande  in  ihr  enthalten  sind, 
angenommen  werden  kann.  Verwittert  der  Porphjr,  so 
kann  der  in  der  Gmndmasse  enthaltene,  mit  blofsen  Au- 
gen nicht  sichtbare  Quarz  bei  seiner  grofscn  Feinheit 
durch  Schlämmen  von  dem  zersetzten  Feldspath  und  Oli- 
goklas  nicht  getrennt  werden,  sondern  nur  der  gröbere 
deutlich  krystallisirte ;  aus  dem  Granit  dagegen,  wo  alle 
G^menglheile  sich  vollkommener  abgesondert  haben,  wird 
demnach  auch,  wenn  er  verwittert,  der  Quart  von  den 
verwilterteo  Geuieuglheiieu  viel  vollkommener  zu  tren- 
nen seyn. 

Wir  haben  vor  Kurzen  mehrere  Analysen  tlcr  ro- 
then  Porphyre  aus  der  Gegend  von  Halle  durch  Wulff 
erbalteoi  die  um  so  schätzbarer  sind,  )e  selleaer  die 
Chemiker  Analysen  von  Gebirgsarten  unternehmen.  Hr. 

Wolff  äufsert  dabei  aber  eine  theoretische  Ansicht  über 
die  Zusammensetzung  der  Porphyre,  der  ich  nicht  bei- 

hkt  mitgetheShcB  hnljwtn  «od  in  Proceoten  bcmbnct,  wi«  In  der 
AbiimdluDg  Dicht  d«r  Fall  üi. 

1)  Joarnal  iür  j>ractisclic  Clieuiiv;  von  Erdniaon  und  Marcbiiad, 
Bd.  34,  S.  199. 


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109 

stimmeii  kann,  da  sie  durch  die  Thatsachen  nicbt  ge- 
rechtfertigt wird.  Wolff  berechnet  nämlich  nach  dem 
in  den  Porphyren  gefundenen  Kali-  und  Natrougehalt 
die  Meoge  des  Feldspatbs  uod  Mbits,  die  in  den  Por- 
phyren, «einer  Meinang  nadi,  enthalten  sind,  and  zeigt 
non,  dafs  man  anf  diese  Weise  stets  einen  Ueberschnfs 
an  KieselsSnre,  so  wie  auch  von  kleinen  Mengen  yon 
Thonerdc,  Eisenoxyd  und  Kalkerdc  erhalte.  Aus  den 
vier  angestellten  Analysen  ergiebt  sich  ntolich  auf  diese 
Weise  ein  Gehalt  von 

Feldspath  von  15  ^  25Proc. 

Albit  -33  ^  46  - 

'  Riesehlnre  39      40  - 

Thonerde,  Eisenowd  und  Kalkerde     4  —  7 

Diefs  veranlaist  ihn  nun  anzunehmen,  dafs  diese 
überschüssige  Kieseisäure,  verunreinigt  und  gefärbt  durch 
die  andern  überschüssigen  Substanzen,  die  Grandmaase 
*  sej,  worin  der  Feldspalfa,.  Albit  und  die  andern  seltne* 
ren  Gemengtheile  sieb  ausgeschieden  htttten  ond  krjstal- 
lisirt  wären. 

Der  rothe  Porphyr  enthält  aber  gar  keinen  Albit, 
sondern  neben  dem  Feldspath  nur  Oligoklas.    Ich  habe 
diefs  zwar  bei  den  Halleechen  Porphyrea  noch  nicht  spe- 
cieU  antersneht,  aber  ich  habe  aich  davon  bei  den  ro«- 
then  Porphyren  des  Riesengebirges  überzeugt,  und  es 
ist  nicht  wahrscheinlich,  dafs  die  rolhen  Porphyre  von 
HaUe  sich  darin  anders  verhalten  werden.    Ja  es  wird 
mir  sogar  bei  fortgesetzter  Untersuchung  der  Gebirgsar> 
ten  sehr  wahrscheinlich,  da/s  der  Aibit  nie  einen  Ge» 
mengiheil  der  Gebirgsarien  bädet^  sondern  sich  immer 
nur  in  Gängen  oder  Drusenräumen  finde,  —  Aufserdem 
könnte  auch,  wenn  die  Wolff'sche  \ns\c\\l  vow  deva 
Porphyr  die  richtige  wäre,  die  (^rundinaese  nicht  schmelx- 
bar  seyn,  was  sie  doch  stets  mehr  oder  weniger  ist.  Es 
scheint  mir  daher,  dafs  die  Anaicht,  die  ich  eben  ^ron 
dem  Porphyre  au%e8tellt  babe^  den  Vonnig  verdiette.  - 


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110 


IX.    lieber  Säure  im  Bernstein  und  über  zäh- 
flüssigen Bernstein;  pon      F.  Glocker. 

Luftblasen,  welche  sich  in  einer  tropfbaren  Flüssigkeit 
bewegen,  hat  man  bekanntlich  schon  oft  im  Bernstein 
eiogeschlossen  gefunden.  Die  sie  umgebeode  Flüssigkeit 
selbst  hielt  naii  bisher  ohue  nähere  Untersiichniig  für 
Wasser.  (Fr.  S.  Bock,  Versuch  einer  kurzen  Natur- 
geschichte des  prenfs.  Bernsteins  ete.  Königsberg  1767. 
S.  64.  —  Ajke,  Fragmente  zur  Naturgesch.  des  Bern- 
steins.   Danzig  1835.    S.  60.) 

Unter  den  mir  zu  Gesicht  gekommenen  Bernslein* 
Bt&cken  mit  Luftblasen  wurde  eininal  eins,  in  welchem 
die  Luftblase  ganz  nahe  unter  der  Oberfliche  war,  an  ' 
der  Stelle  tlber  der  Blase  mit  einem  Messer  eingedrückt. 
Die  Messerspitze,  welche  in  die  Fehr  kleine  Oeffnung 
eindrang,  wurde  feucht  und  etwas  rostig,  woraus  sich 
auf  die  Anwesenheit  einer  Säure  schliefsen  liefs.  Bie 
BAenge  der  Feuchtigkeit  war  aber  so  gering  und  sie  ver- 
dunstete so  schnell,  da(s  sieh  keine  weiteren  Versuche 
damit  anstellen  liefsen. 

Am  19.  März  1836  kaufte  ich  von  dem  Bernstein- 
fabrikanten Hrn.  Winterfeld  aus  Danzig  ein  kleines 
Stück  eines  vollkommen  durchsichtigen  hellgelben  Bern- 
steins mit  zwei  Luftblasen,  welche  sich,  wie  gewdhnlich, 
Mi  einer  Flüssigkeit  bewegten.  Nach  der  an  dem  zuvor 
er^vMhnten  Stücke  gemachten  Erfahrung  vermuthete  ich, 
dals  diese  Flüssigkeit  auch  in  dem  neuen  Stücke  eine 
Säure  sej.  £s  wurde  indessen  unversehrt  in  die  Mine- 
raliensammlung der  hiesigen  UniTeraität  gelegt.  Ich  sab 
Ton  Zeil  zu  Zeit  nach  demselben,  weil  ick  fast  fdrchteli^ 
es  mikfale,  da  das  Stückchen  d<Um  ist»  damit  ergehe», 


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III 

wie  ei  mir  echon  swei.Mal  nnt' Vioenlinisdien  Chalee^ 

donkugeln,  welche  Luftblasen  enthielten,  ergangen  ^ar, 
dafs  die  Feuchtigkeit  verdunsten  und  dann  die  bevTcgli- 
chea  Luftblasen  verschwinden  möchten.    Ich  fand  jedoch 
die  Blaeen  durch  das  ganze  Jahr  hiudurGh  fortwühreod 
eben  so  deutlich  und  beweglich  wie  am  ADfan^  und  fürch* 
tele  noD  weiter  nicbts,  zumal  da  mir  Hr.  Wioterfeld 
die  Versicherung  gegeben  halte,  dafs  bei  den  von  ihm 
verarbeiteten  Bernsteinen,  welche  dergleichen  bewegliche 
Luftblasen  enthielten,  nie  ein  Austrocknen  stattgefunden 
habe.    Im  folgenden  Jahre  (1837)  sah  ich  das  betref- 
fende Exemplar  nicht  eher  wieder  ah  am  2i.  Janius. 
Ich  drehte  es  hin  und  ber,  hielt  es  bald  in  dieeer,  bald 
in  jener  Richtung  gegen  das  Licht,  —  es  war  aber  nichts 
mehr  von  Luftblasen  zu  bemerken.    Diese  hatten  sich 
also,  von  der  Zeit  des  Ankaufs  an,  nur  ein  Jahr  und 
etwas  fkber.  drei  Monate  erhalten.    Dagegen  zeigte  das 
Sffick  nun  zwei  kleine  Vertieftingen,  welche  frflher  nicht 
daran  befindlich  gewesen  waren.   Beide,  besonders  aber 
die  eine,  waren  im  Grunde  und  au  ihren  Seiten  feucht. 
Ich  zog  aus  der  letzteren  mit  einer  reinen  Federkiel- 
spitze eine  kleine  Quantität  einer  klebrigen  FeuchtißkeU 
hervor.    Auf  ihrem  Grande  war  diese  Höhlung  nicht 
coocav»  sondern  es- ragte  in  ihrer  Mitte  eine  GonrexitHt, 
ein  grofses  Segment  einer  kleiiien  Kugel  von  ganz  be- 
feuchteter Bernsteinmasse  hervor.    Es  war  keinem  Zwei- 
fel unterworfen,  dafs  diese  kleinen  Löcher  die  Stellen 
waren,  wo  die  Luftblasen  in  der  eingeschlossenen  Feuch- 
tigkeit sich  bewegt  hatten;  ich  kcmnte  mich  ihrer  Lage 
nahe  unter  der  Oberflicbe  und  ihrer  Entfernung  von  ein- 
ander sehr  gut  erinnern.     Wie.  sind  nun  diese  Löcher 
entstanden?    Eingeschlossenes  Wasser  hätte  unmöglich 
diesen  Erfolg  hervorbringen  können.    War  das  Einge- 
schlossene wieder  eine  Säure,  vielleicht  freie  Bernsteiu- 
s&ure?    Oder  war  es  ein  fttherisches  Oel,  welches  auf 
den  Beinsteiii  allmllig  auQösead  gewirkt  und  die  dOnoe 


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112 


Bernsteinhtnie  nach  aiifsen  aufgezehrt  hat,  wodurch  danu 
die  beiden  Höhlungen,  worin  die  beiden  Luftblasen  ein. 
geschlossen  gewesen  waren,  nach  aufsen  zu  sich  Öffne- 
ten? —  In  dem  Znstande^  in  welchem  ich  das  Bernstein* 
stiläk  nach  dem  Verscbwinden  der  Luftblasen  antraf,  war 
es  nicht  mehr  möglich,  die  Natur  der  tropfbaren  FlCIs* 
sigkeit,  worin  sich  die  Luftblasen  bewegt  hntlen,  zu  be- 
stimmen; denn  es  war  von  dieser  nichts  mehr  vorhan* 
den,  sondern 'Statt  derselben  nur  der  schwache  klebrige 
Ueberzng  auf  den  inneren  Wanden  der  HOblnngen,  wd^> 
cber  in  koner  Seit  yertfockneCe.'* 

Ich  habe  mit  der  Bekanntmachung  dieser  noch  zu 
isolirt  dastehenden  und  unbefriedigenden  Beobachtungen 
aliBichtlich  bis  jetzt  gezögert,  weil  ich  hoffte,  in  der  Zwi- 
sobenzeit  entweder  durch  weitere  eigene  oder  durch  fremde 
Untersncfaongen  nftberen  Aofschlofs  über  die  Evsoheinnilg 
tu  erhalten.  Da  dieses  aber  nicht  geschehen  ist,  so  gianbe 
ich,  dafs  )etzt  die  obige  Mittheilung  wenigstens  nicht  für 
übereilt  gehalten  werden  wird,  und  möglicherweise  den 
Nutzen  haben  kann,  diejenigen  Forscher,  welche  viele 
Erfalurungen  über  den  Beivstein  gesammelt  hal>en,  zn 
▼eroniassen,  ilire  Ansicht  über  die  in  Rede  stehende  Er- 
scheinung zu  aufsem. 

Was  die  klebrige  Feuchtigkeit  in  den  Höhlungen 
des  zuletzt  erwähnten  Bernsteinstücks  betrifft,  so  wird 
man  dieselbe  wohl  kaum  für  etwas  Anderes  als  für  Bern- 
stein selbst  in  haiäßiss^em  oder  tOhfläasigem  Zustande 
halten  können,  vielleioht  durch  ein  atherisdieB  Gel  auf- 
gelöst. Bafs  es  zähflüssigen  Berbstein  gebe,  war  schon 
eine  alte  Meinung.  Beispiele  von  solchem  führen  Gö- 
bel  (de  succino,  L.  II,  p.  26);  Wigand  (ifera  hisio- 
ria  de -succino  bor,  Jen.  1590.  p.  19);  Fr.  v.  Berol- 
dingen  (Beobachtungen,  Zweifel  und  Fragen,  die  Min. 
etc.  betr.,  I,  1792«  5.  370)  und  Andere  an.  indessen 
bat  schon  Hartmann  (suceineia  saeeini  pr,  historia, 
Ed,  2,  p,  17)  Zweifel  dagegen  geäufsert    Fr.  S.  Bock 

(Vers. 


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113 

« 

( Versncli  einer  Natargescb.  d.  B.,  S.  63)  nennt  die  Anga- 
ben von  zähflüssigen)  Bernstein  nngewifs,  ohne  jedoch 
ihre  Richtigkeit  zu  läugncn,  setzt  vielmehr  aus  seiner  ei- 
genen Erfahrung  hinzu,  dafis  es  weicheren  und  härteren 
Bemtein  gebe»  dafs  mancher  sich  nicht  so  gut  wie  der 
andere  Tcraiiiellen  lasse,  and  Mb  einmal  ein  Bemsitein- 
direchsler  eine  QnanCitSt  Bernstein  Terarbettet  habe,  der 
seine  Politur  in  der  Wärme  verlor  und  beim  Bohren  an 
dem  Eisen  wie  Gummi  klebte.  Unter  den  neueren  Schrift- 
stellern iiingnet  Ayke  (Fragmente  etc.,  40)  das  Vor- 
kommen  von  sftJtflttssigem  Benistehi  geradesii,  weil  ihm 
selbst  in  einer  Reiim  Ton  14  Jahren  niemals  ein  soloher 
in  die  HSnde  gekommen  sey,  was  doch,  wie  raan'sogleidi 
sieht,  kein  Grund  ist.  Wenn  auch  manchmal  Verwechs- 
lungen vorgekommen  seyn  mügeu,  so  berechtig  dieses 
noch  nidit  zu  der  Folgerung,  dafs  unter  den  angeblich 
iftkflOssigen  Bemsteinstflciken,  desgleichen  aiicb  Ton  Len- 
ten  gefnnden  worden  sind,  die,  weil  ^ie  sich  viel  «t 
dem  Bernstein  beschäftigten,  diesen  recht  gut  kannten, 
sich  nicht  auch  wahrer  Bernstein  befunden  haben  könne. 

Dafs  der  Cohäsionszustand  des  Bernsteins  und  im 
Zusammenhange  damit  der  Grad  seiner  Schmelabarkeit 
etwas  yariabel  ist,  davon  habe  Ich  mich  dorch  wieder- 
holte Versuche  mit  ausgezeSehneten  Bemsteinstfkken  von 
der  preufsischen  Küste  überzeugt,  wovon  ich  die  Resul- 
tate später  mittheilen  werde.  Möglicherweise  kann  nun 
auch  der  Grad  der  W^cichheit  bis  zu  dem  Zustande  zu- 
nehmen, Stt  welchem  der  Bernstein,  weoigistena  theilweise, 
und  namentlich  im  Innern,' M«h  zMiflOssig  «md  klebrig 
erscheinf,  da  ja  ohnedfefs  der  feste  Bernstein  ans'  diesem 
Zustande  hervorgegangen  ist,  wie  das  Erdpech  aus  dem 
Bergtbeer.  < 


Poggendortr«  Annal.  Bd.  LXVI. 


8 


114 


X.  Veber  die  quantitaiive  Bestimmung  des  Harn- 

Stoffs ,  des  Kalis  und  Ammoniaks  im  Harn, 
und  über  die  Zusammensetzung  des  salpe- 
iarsauren  Harnstoffs;  pon  Heintt. 


]3ie  Methoden  der  quantitativen  Abscheidung  des  Harn- 
stoffs aus  dem  Harn,  welche  man  bisher  angewendet  bat, 
aind,  wie  schon  eine  obcrAäebiichc  Betiachtiuig  dmel- 
ben  ▼eramtboi  liCstt  niclila  weniffcr  als  gepai».  Der 
WuMch,  auch  in. die  Asalyse  thiemdier  FlQssigkeiteD 
eben  so  scharfe  quantitative  Bestiuimungsmethoden  der 
näheren  Bestandtheile  derselben  einzuführen,  wie  \s\y  sie 
in  der  unorganischen  Chemie  besitzen,  veraniafste  mich, 
Werst  dea  in  physiologischer  und  pathologischer  Hinsicht 
wicbtigBteii  Stoff  in  Harn,  deo  Harnstoff,  Mcli  dieser 
RIditiiiig  bin  e«  antemaehen.  Zuerst  scheint  es  mir  nO* 
thig,  die  Gründe  anzuführen,  wodurch  ich  den  früher 
angewendeten  oder  vorgeschlagenen  Methoden  die  erfor- 
deriiclie  Genauigkeit  abzusprechen  berechtigt  bin. 

Berzelius  ')  Methode  der  quantitativen  Bestim- 
nong  des  Harnstoffs  besieht  darin,  dafs  noch  Abschei- 
dung der  in  käuflacheni,  so  wie  in  absalulen  Alkohol 
unlöslichen  und  der  in  Aether  löslichen  Stoffe  aus  dem 
Rückstände  mit  Oxalsäure  der  Harnstoff  gefällt,  das  oxal- 
saure  Salz  abgeprefst  und  nun  mit  kohleusaurem  Kalk 
seffsetzt  wird.  Die  AuOteoog  des  Harnstoffs  wird  ein- 
gedampft und  gewogen.  Diese  Methode  ist  sehe«  ihrer 
Unsttadlichkeit  wegen  fdr  die  meisten  Fülle  unbrauch- 
bar. Berzelius  stellt  ja  auch  selbst  seinen  tvang  der 
Analyse  des  Harns  mehr  als  eine  Idee,  denn  als  eine 
unverbesserliche  Methode  hin.  Auf  der  anderen  Seite 
ist  es  aber  nicht  xu  läugnen,  dafs  sie  auch  hinsichtlich 
1)  Bttrs«ISat,  Ldirbiiek       GhtoiM,  a  Aolhfe,  Bd.  9,  S.  Ml. 


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■ 


115 

ihrer  Genau^keit  manche  Mangel  hat.  Erstens  ist  es  die 
bekannte  Zeisetzbarkeit  geringer  Mengen  Harnstoffs  beim 
Abdampfen  verdünnter  wäfsriger  Lösungen,  dann  abor 
die  Dicht  vollatfindige  UnlösHcbkeit  de»  0)|«lsauren  Harn- 
8tiofls  im  Wasser,  mq  Umland»  dar  ea  «BmOglteh  nacH 
ainmeitf  die  ^«Dze  QuantttSt  den  HanMlofb  nledemh 
schlagen,  andererseits  aber  die  durch  Alkohoi  und  Aether 
nicht  abscheidbaren  Extraclivsloffe  durch  Auswaschen 
vollständig  zu  entfernen ,  endlich  die  nicht  Toilständige 
UnUtalicbkait  des  Harnstoffs  in  Aether,  was  datu  beili»» 
l^ea  aittdite,*dieaa  Metliode  imgeniHi  sn  ««eben. 

Stkom  seit  sehr  langer  Zeit  wurde  die  FlllbarUlt 
des  Hai'nstoffs  durch  Salpetersäure  zur  Bestimmung  der 
Menge  des  im  Harn  enthaltenen  Harnstoffs  angewendet, 
ohne  dafis  die  (Genauigkeit  dieser  Methode  erwiesen  wor- 
den wllre.  Doch  achied  amn  anianp  den  Harnstoff  ans 
dieser  Verbtnduag  rein  ab,  und  wo^  ihn  als  sstlehen. 

Lecann  * )  hat  raerat  die  nnmittetlMire  WAgang 
des  salpetersauren  Harnstoffs  dazu  angewendet,  und  hat 
einige  Versufhe  j^emacht,  welche  die  hinreichende  Ge- 
nauigkeit seiner  Methode  darthun  sollten.  Es  würde  eine 
umriHse  Arbait  aejn,  woUle  ich  seine  Veisucbe  eimieln 
prüfen,  da  es.  mir  enf  eine  entee  Weise  gelumgeii  ial, 
die  Ungenaoigkeit  seiner  Methode  darEothnn*  Sie  wer 
'kurz  folgende:  Der  Harn  wurde  abgedampft,  mit  Alko- 
hol ausgezogen,  die  alkoholische  Lösung  wieder  einge- 
dampft, und  der  Rückstand  mit  einem  gleiclien  Vokimen 
Seifetersänre  vessetnt.  I>er  so  erhaltene  saipetersenre 
Hemsleff  wurde  abgepreist,  f^etroclinet,  gewogen»  und 
aus  seinem  Gewfciit  das  diea  darin  enthilteiMii  Hamstofb 
berechnet. 

Spätej*  haben  Simon  ^)  und  Lehmann^)  ihre 

I)  Jourunl  de  Phurmncie^  T.  XXf^^  P-  686. 
•  2)  Pl»)-M«itqaiifli«  nuii  ptihologMctHs  Pwaui!,  Bd.  2,  ^.  346. 

3)  Joaml  fiir  pnciSidbe  Ghcgnie,  Bd.  25,  &  8.  (]$I2.) 

8* 


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116 


Metlioden,  den  HafUttoff  quantHaUv  «a  iMstJnnieti ,  ge- 
nauer beschrieben.  Sie  sind  im  Wesentlichen  nicht  von 
der  von  Lecanu  angegebenen  verschieden.  Jieide  be- 
rnhen  gleichfalls  auf  der  FäUbarkeit  des  Harnsloffs  durch 
Salpetenttore  and  .auf  der  constaDten  ZasammeusettiHig 
9t\ntt  Verbiodang  mit  dieaer  SSare.  Stlbal  im  Einzei- 
nen  "weichen  -sie  katim  von- der  Methode  T#n  Leeann 
ab,  nur  in  den  Manipulationen  sind  sie  etwas  verschie- 
den» Lehmann  fand  schon,  dals  der  so  abgeschiedene 
Harnstoff  nie  weifs  erhalten  wird,  und  dafs  er  noch  Salate 
enthält»  un4  BcMieiat  daraus  nrit  Recht  auf  die  Unge- 
nanigkeil  der  Meltode,  welche  er  dadurch  asn  «olgehen 
sucht,  dafs' er  den  erhallenen  Salpetersäuren  Harnstoff 
nochmals  auflöst,  eindampft  und  mit  Salpetersäure  von 
1,322  spec.  Gewicht  fällt,  indem  er  voraussetzt,  dafs  er 
in  dieser  Stture  gans  unldslkb  ist,  obgleich  er  in  der 
▼on'  dem  so'  erhaltenen  reineren  salpetersanran  Harnstoff 
abfiltrirten  flOssigkeit  noch»  ifenn  auch,  wie  er  sagt, 
kaum  Spuren  von  Harnstoff  fand; 

Um  die  Methode  zu  prüfen,  nach  welcher  aus  der 
Menge  des  abgeschiedenen  salpetersauren  Harnstoffs  die 
■Quantität  des  Harnstoffs  bestimmt  wird,  war  es  vor  allen ' 
Dingen  nOthig,  die  noch  schwebende  Frage- über  die  Zu- 
sammensetzung dieser  Verbindung  zu  erledigen.  Be- 
kanntlich hat  zuerst  Prout  ^)  ihre  Znsanmiensetznng  zu 
bestimmen  gesucht.  Er  glaubt  dargethan  zu  haben,  sie 
bestände  aus  einem  Atom  Salpetersäure  und  einem  Atom 
Harnstoff  ohne  Wasser.  Die  Bestimmung  des  Gehalts 
an  Salpeterstlure  hat  er  auf  doppelte  Weise  ausgeiCIhrt. 
ZuerA  bestimmte  er  die  Quantität  kohlensaurer  Kalkerde, 
welche  vermittelst  einer  gewogenen  Menge  Salpetersäu- 
ren Harnstoffs  aufgelöst  wurde,  indem  er  diesen  mit  ei- 
nem gleichfalls  gewogenen  Quantum  derselben  digerirte 
und  den  ungelösten  kohlensauren  Kalk  auswusch  und 
wogi   Hieraus  war  die  Quantität  der  Salpetersäure  leicht 

1)  M^dkn'Ckimrgküi  Trantaeiian^t  Foi,  FItl,  p.  585. 


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117 

SU  bertebiifte«  .Daqn  aber  ▼mochte  er  diejenige  Menge 
Salpetersäure  zu  bestimineii,  welche  eine  gewogene  Quaa-i 
titäl  Harnstoff  aufzunehmen  im  Stande  ist.    Letztere  Me-t 
thode  Jieont  P  r  o  u  t  selbst  ungenau.    Das  Hi^ulUt,  yv^U 
cbes  er  nach  der  ersteren  erhiell,  möchte  aber  auch  nU^btt 
grofses  Yerlraoeii,'  iu  Beziebimg  auf  .die  Frage»  «m  mA, 
che  es  sidi  hier  hnodelt,  nfimUch  ob  der  sal^teraatire 
Harnstoff  ein  Atom  Wasser  enthih,  oder  nicht,  ver-^ 
dienen.     Denn  er  hat  nur  einen  einzigen  Versuch  ge^- 
macliL    Es  ist  also  gar  keine  Coutrole  für  die- Richtig, 
lieit  seines  Resultates  vorhanden.    Dieses  steht  aber  ia 
der  MItt/a  beider  Ansichten,  obgleich  IreiJich  der  seioi« 
gen  naher.    Nach  ihm  bat  Lecanu  ')  einige  Versuche 
gemach!,  um  die  Zusammensetzung  dieser  Verbindung  zu 
beslinunen.     Er  löste  nämlich  eine  gewogene  Quantität 
derselben  in  Wasser,  und  splzte  dieser  .Lösung  so  viel 
einer  Auflösung,  «von  kohleosaunem  Mairon  von  bekan^^ 
ter  Concentration  bünzu,  bis  die. anfangs,  intensiv  saur,e 
Reacfion  verschwand.    Aus  der -Menge  der  angewende- 
ten Auflösung  berechnete  er  den  Gehalt  des  salpetersau- 
ren  Harnstoffs  an  Säure.     Bei  Anwendung  dieser  Me- 
thode möchte  man,  so  bequem  und  einfach  sie  scheint, 
Schwieng^Leiten  begegnen ,  die  gerechte  Zweifel  #n  ihrer 
Genäaigkeit  aufkeimen  lassen.    Aach  stimmt  das  Resul« 
tat  derselben  mit  den  vielfaoben  Versuchen,,  welche  ich, 
um  die  Zusammensetzung  dieser  Verbindung  zu  ermit- 
teln, angestellt  habe,  nicht  überein. 

3päter  bat  sich  Regnault  die  Untersuchung  dea 
salpeti^aaren  Harnstoffs  zur.  Aufgabe  gemacht  £r  wen- 
dete dasa  die  Elementaranal^ae  an,  and  fand  dn^ch  die^ 
settie  von  denen  Prout's  abweichende  Resultate.  Nach 
ihm  besteht  diese  Verbindung  aus  einem  Atom  Salpeter- 
säure, einem  Atom  tiarnstoff  und  einem.  Atom  Was^ej;. 

]  >  Jaotnai  ie  pharmaeit^  T.  XFMi  />-  6&1. 

2)  Annal  dt  chimiA  ei  de  physitfu0,.T*LXFm,  p.  165.  (1638^ 


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118 


Lebviftnn's^)  üntentteiNing  dis  satpvttfMnireti 

Hanistoffs  stimmt  dagegen  wieder  mit  der  von  Prout 
überein.  Er  hat  jedoch  auch  nur  eine  Analyse  gemacht. 
Es  fehlt  daher  ^eichfalls  die  GoDtrole  fftr  ihre  Kiclitif^ 
kttif,  ob^«ich  gegen  die  Methode,  weiche  er  enweade^ 
wehl  Bokweiiich  a  priori  eltnis  möchte  eingewendet  wer* 
den  kOnneti.  Er  digerirte  nSmlicb  eine  gewogene  Quan- 
tität des  Salzes  mit  kohlensaurer  Baryterde,  liltrirte  die 
Auflösung  des  Salpetersäuren  Baryts  und  des  Harnstoffs 
ab,  dampfte  ab,  und  zog  den  RüciLStand  mit  Alkohol  aas. 
Des  Ungelöste  worde  gewogen  ond  ilaraos  die  Qoanti* 
tSt  der  Salpetersiure  berechnet  Aue  der  alkoholischea 
FiOssigkeit  wurde  durch  Abdampfen  der  Harnstoff  er- 
halten. Auffallend  ist  es,  dafs  Lehmann  im  ersten 
Bande  seiner  physiologischen  Chemie,  welche  in  dem- 
selben Jahre  herausgekommen  ist,  wie  der  so  eben  d- 
tirte  AotBatB:  »Ueber  den  meosehlicben  Harn  ete.,«  niofata 
yotl  «einer  Untevanchung  der  2asammensetsang  des  Salpe- 
tersäuren Harnstoffs  erwähnt,  und  dafs  er  darin,  dieser 
entgegen,  die  von  Regnault  aufgefundene  aufstellt. 

Diese  verschiedenen  Resultate  verschiedener  Forscher 
▼eranlaCsten  mich  bereits  vor  einem  Jahre,  «üe  Unterstt- 
ehcoig  dieser  Verbindung  too  Nenem  aafninehmen«  Die 
beste  und  sicherste  Methode  schien  mir  die  von  Reg- 
nault angewendete  Elementaranalyse  zu  seyn.  Ich  ver- 
brannte den  salpetersauren  Harnstoff  mit  Kupferoxyd, 
mit  der  Vorsicht,  dafs  am  nicht  zugeschmolzenen  Ende 
des  VerbrennungBrohrs  eine  bedeutende  Schicht  toersi 
in  der  Luft,  dann  in  Kohlenoxydgas  geglflhter  KnpCir- 
drehsp&ne  angebracht  wurde,  um  die  vollstlndige  Re- 
duction  der  Salpetersäure  zu  Stickstoff  zu  bewirken.  Den 
Stickstoffgehalt  bestimmte  ich  gleichfalls  durch  Verbren- 
nung der  Sulistanz  mit  Kupferoxyd  und  Kupfer  in  ei- 
nem Strom  von  Kohlensäore  auf  eine  fthnliche  Weisen 
als  ich  sie  in  meiner  Abhandlung  »Ueber  die  Suaheli 

1)  Joaroal  för  pracUidic  Gbcmic,  Bd.  25,  S.  13. 


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II» 

alate«!  «bt i  Uotamidbviis  der  Verbiodung  von  salpeter- 
saurem  und  zackersaarem  Bleioi^d  *)  iN)«€bnf|b«D  hn\m9 
nur  mit  dem  Uotenchiede,  dafs  ich  das  Verbrennongs» 
rohr  Dicht  am  hinteren  Ende  abachmolz,  sondern  in  ste- 
ter Communication  mit  dem  Kohlensäureapparate  liefs. 
Dadurch  wurde  die  Anwendung  des  kohlensauren  Blei-' 
oxyds  unnöthig. 

Das  Material  zu  den  Analysen  wai'  einestheits  auS 
Harn  dargestellter,  schön  krjstallisirter,  fast  vollkommen' 
weifser  salpetersanrer  Harnstoff,  anderenthells  aber  hatte 
ich  mir  diese  Verbindung  aus  künstlich  dargestelltem,  voll- 
kommen reinem  und  weifsem  Harnstoff  l>ereitet  Beide.  . 
waren  mehrmals  umkrystaiiisirt  worden. 

Der  ans  Harn  erhaltene  gab,  bei  110^  g^trockaet, 
fblgeiide  Zahlent 

Ans  0,6723  Grm.  dieser  Verbindung  erhielt  idi  0,246&^ 
Grm.  KohleosSure  und  0,2488  Grm.  Wasser.    Diels  ent- 
spricht 10,01  Proc.  Kohlenstoff  und  4,11  Proc  Wasserr 
Stoff. 

0,2972  Grm.  desselben  gpfcea  85  Kiibikctotimeter 
feachteo  Stickstofb  bei  0,7621  M.  Bavometersland  «nd 
19»  C    Diefs  befrlgt  80,5  Knbikcentimeter  des  trodt- 

nen  Gases  bei  0,760  M.  Barometerstand  und  0"  C,  d*  h.. 
0,10207  Grm.  oder  34,34  Proc.  Stickstoff. 

Das  Resultat  der  Analyse  der  aus  künstlicbem  Haro^, 
Stoff  orhalteaen  Varbiadong  ist  folgendes: 

041716  Grm.  desselben  gaben  0^494  Grm»  Kohle** 
Store  und  0,8606  Grm.  Wasser.    Didfo  entspricht  9,89) 
Proc.  Kohlenstoff  und  4,12  Proc.  Wasserstoff. 

Aus  0,2527  Grm.  Substanz  erhielt  ich  77,5  Kubik- 
centimeter  feuchten  Stickstoffs  bei  22""  C.  und  €^750  IMU. 
Barometentand»  Hieraus  eiigiebt  sieb  ein  Volmiien  vom 
68^  Kobikeentimeteni  troeknte  Stickstoffe  beiO»  Cond 
0,760  M.  Bar^moteratond.  Diefs  beträgt  0,08748>  Ontf, 
oder  34,57  Proc.  Stickstoff. 
1 )  DacM»  Aomlen,  Bd.  gl,  fi.  341. 


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I 


120 

Imn,  Vergbiok  «kr  Reraitate  MPlae  ich  Rflgiia»lt'8 
AnäljBMi  den  raeinigen  )iei: 

Aus  Harn  Aus  küDstl.  ||  mult, 

dargest.     Harnstoil'  * 
Verbind,    dargest.       1.  Bereduiet. 

Kohlenstoff  10,01  9,82  10,04     —       9,74  2C 

Wasserstoff  4,11  4,12  4,09     —       4,04  5H  ' 

Sückstoff  34,34  34,57  34,03  34.29  34,40  3?f 

Sauerstoff  51,54  51,49  51,84     —  51  82  80 

100     löö    Töö  100. 

Die  Resultate  dieser  Untersuchungen  stimmen  so  gut 
fiberein,  da£B  mir  kein  Zweifel  übrig  blieb,  dafs  die  .Zo- 
sammensetzaDg  des  aalpetersaoreo  HarostofCB  die  von 
Reg'Haalt  angegebene  ist,  d.  k  da&  er  aus  einem  Atom 
Harnstoff,  einem  Atom  Salpeters&ore  and  einem  Atom 
Wasser  besteht. 

In  dem  4.  Heft  des  Journals  für  practische  Chemie 
Tom  Jahre  1845  bat  dagegen  Marcbaad  eine  Arbeit 
Aber  die  Zusammensetzung  des  oxakauren  und  salptiter- 
sauren  Harnstoffs  pubÜdrt,  naeb  welcber  derselbe  zu 
Resultaten  gelangt  ist,  welcbe  Ton  den  bi^er*  angefiliv- 
ten  so  sehr  abweichen,  dafs  ich  mich  um  so  mehr  ver- 
anlafst  sah,  meine  früheren  Versuche  nochmals  aufzu- 
nehmen, als,  wenn  die  Richtigkeit  jener  unbezweifelbar 
wftre,  die  Unsic^rbeit  bei  Bestimmung  des  fiamitofib 
als  salpetersaures  Salt  dadurdi  nur  nocb  ▼ergrtt&ert  «r* 
sbbeitten  mufste:  Marehand  giebt  ntolioh  an,  er  habe 
die  aus  saurer  Lösung  krjstallisirte,  bei  110*^  bis  120** 
C.  getrocknete  Verbindung,  selbst  wenn  sie  mehrmals 
aus  wäfsriger  Lösung  umkrjstallisirt  worden  war,  aas 
s#ei  Atomen  Salpetersiure,  einem  Atom  Harnstoff,  und 
einem  Atom  Nasser  zusammengesetzt  gefunden.  Nur 
durch  Ansatz  rön  Harnstoff  zu  einer  Auflösung  dieser 
Verbindung  und  durch  Abdampfen  zur  Krjstallisation 
ist  es  Marcband  gelungen,  Verbindungen  des  Harn- 

1)  Jonraal  l&r  pracUtche  Chemie,  Bd.  31,  S.  240. 


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121 

üoUb  iMt  wemiser  Salpeterainre  danaafelleii.  En  erlMli 
anl  diese  Weise  w^h-        solcher  Verbuidangeu ,  toii 

denen  die  eine,  nach  seiner  Untersuchung,  aus  drei  Ato- 
men Salpetersäure,  zwei  Atomen  Harustoff  und  einem 
Atom  Wasser,  die  zweite  aus  )e  einem  Atom  dieser  Be- 
standtheile  zusanuneiigeselzt  sejn  solK 

Da  ich  gewifs  wafetei  dafs  die  von  vir  analysirleu  ^ 
VerbindiiDgeD  ans  sehr  saaren  Lösungen  erhalten ,  und 
daCs  sie  nur  einige  Male  umkryslallisirt  worden  waren, 
80  konnten  mir  schon  um  deswillen  Marchand 's  Re- 
sultate fiicbi  richtig  scheinen.  Um  mich  aber  bestimmt 
davon  im  ttberxenf^o,  habe  ich  seiDe  Vertaohe  aacbge- 
nadity  bin -jedoch  abermals  «it  andereü  Resultaten  ge- 
langt als  er.  Marc  ha  nd  hat  nümlieb  seine  Verbindon- 
gen  nicht  mittelst  der  Elementaranalyse  uniersucht,  son- 
dern er  hat  die  Salpetersäure  mittelst  kohlensauren  £a- 
rjts  an  diese  Basis  zu  binden  gesucht,  und  aus  der  Quan- 
titSt  des  aus  der  L^toung  ^failten  aehwefelsaulen  Barjla 
die  der  Salpetersiure  beredinet 

■Dieselbe  Methode  wendete  icb  bei  den  folgenden 
Versuchen  an,  indem  ich  die  möglichste  Sorgfalt  auf  Zer- 
setzung der  etwa  entstandenen  saureu  kohlensauren  £a- 
ryterde  verwendete.  Die  zu  den  Versuchen  benutzte 
Sobstana  war  vor  fadem  Veranche  besonders,  dargestslltj 
und  zwar  aus  einer  sehr  sauren  Lösung  fcrystalliaifft-.vrdr-* 
den.  Sie  wurde  vön  'derselben*  nur  abgeprefiit  und  zu- 
erst sehr  gelinde,  dann  bei  100'^  bis  110'  getrocknet. 

So  erhielt  ich  aus  0,6648  6rm.  der  Verbindung 
0,6295  Grm.  schwefelsaure  Barjterde,  was  0^,2923  Grm. 
oder  43,97  Proo.  Sal^tärsSnre .  eotspdchL 

0^831  GfUL  salpetersanren  Hametoffs  gaben  0,790 
Grm.  sehwefebanre  Boryterde«  I^is  entspricht  44^4* 
Proc.  Salpetersäure. 

Diese  Resultate  weichen  von  denen  von  Marchand 
sehr  ab.  Dieser  fand  nämlich  etwa  61  Proc.  Salpeter- 
säure in  dem  anl  gleiche  Weise  dargeateUten  Salse.  Siit 


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1291 


'fiUMoen  ab«r  mit  der  Rechniing  vollkommen  Ukenia, 
wenn  man  ananmnt,  dafs  dieee  Verbiodaag  die  aas  der 
Elemontaranaljrte  ab|;eleilete  ZnsanraieaselzuDg  habe.  Ha* 

nach  wäreu  Dämlich  die  Verhäl Inisse  ihrer  Bestaadtheila. 
folgende: 

Harnstoff       «SjS*      751^ ' 
Sallpeienftdj-e  43,8*" '677,04 

"Wassar;''  "  '  ■.  7,29  112,48 

Da  Marchand  seine  zur  Analyse  bestimmten  Sub- 
stanzen bei  110"  bis  120"  getrocknet  hat,  so  vermu- 
tbete ich,  daffi  dadurch  eine  partielle  Zersetzung  des  Sai* 
2M  bedingt  seyn  möchte,  ood  dais  durch  diesellie  seina 
Resultate  erklfirt  werden  konnten.  Daher  trocknete  icb 
einige  Proben  aus  saurer  Lösung  krjstallisirten  salpeter- 
sauren Harnstoffs  anhaltend  bei  120°  C. ,  nachdem  sie 
bei  110"  C.  nicht  mehr  au  Gewicht  verloren  hatten.  Das 
Gewicht  der  Verbindung  ▼erringerte  sich  dadurch  lortt 
wahrend,  und  die  rflcksttndige  Masse  enthielt^  wie  ich 
-bei  allen  Versuchen  milteist  Platincblorid  nacbmweisen 
Gelegenheit  hatte,  Ammoniak.  Es  ist  also  gewifs,  dafs 
Marchand  durch  die  Steigerung  der  Temperatur  bis 
120"  C.  eine  Zersetzung  einleitete,  wodurch  ich  die  Ver- 
scbiedenheit  uoserer  Resultate  erküren  lu.  können  glaubte. 
Diefs  ist  aber  dennoch  nicht  der  Fall;  denn  bei  der  Un* 
tersuchung  einer  Probe  dieser  Verbindung,  welche  so 
lange  bei  120"  getrocknet  war,  bis  kaum  noch  eine  ge- 
ringe Gewichtsveränderung  bemerkt  werden  konnte,  auf 
ihren  Gehalt  an  SalpefersHure  mittelst  kohlensauren  Ba* 
ryts,  fand  ich  nicht»  wie  Marchand»  mehr  v6n  dieser 
Süure,  sondern  bedeutend  weniger  y  als  in  dem  unaer- 
setzten  Salpetersäuren  Harnstoff. 

0,3813  Grm.  dieser  Substanz  gaben  nämlich  nur  0,2928 
Grm.  schwefelsaure  Baryterde%  Sie  enthielt  also  35^ 
Proc.  Salpetersäure. 

Da  es  mir  demnach  nicht  gelungen  war,  den  Grund 


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133 

der  abweiefienden  Besultate  unserer  Versuche  aofeiifin^ 
den,  so  suchte  ich  nach  einem  Mittel,  die  Umnöglichkeit 
der  Existenz  einer  Verbindung  von  Salpetersäure  mit 
Hirrnstoff,  die  mehr  als  ein  Atom  Säure  au!  ein  Mom 
'  HeitiMoff  eotbielte,  bei  mehr  dls  IW^  C.  dlred  m  W- 
traisen.   Üiefa  Ist  mir  «tif  fol§;eii4e  Weise  gelangen. 

Eine  in  einem  Platintiegel  gut  getrocknete,  gewo- 
gene Quanlit.it  künstlich  bereiteten  Harnstoffs  wurde  näm- 
lich mit  überschüssiger  Salpetersäure  versetzt  und  bei  mOg* 
bclMt  niedriger  Temperatur  sehr  langsam  eingedampft. 
Nacbdem  alle  Flttssigkeit  bei  eCUfa  60"*  bis  60**  C. 
dampft  war,  wurde  der  Rflckstand  bei  100^  anhaltend 
getrocknet  und  gewogen.     Existirtc  nun  eine  Verbin- 
dung von  einem  Atom  Harnstoff  mit  mehr  als  einem 
Atom  Salpetersäure  bei  einer  Temperatur  von  100"  und 
selbst  noch  darOber»  wie  ans  Marcband *s  Yersuobeii 
hervorKiigeben  scheint,  so  mQfiita  sie  sieh  gSFirife  avf  ^ 
oben  angegebene  Weise  gebildet  haben  ^  ich  bstte  daher 
einen  bedeutend  gröi'seren  Zuwachs  des  Gewichts  erhal- 
ten müssen,  als  der  durch  die  Elementaranaljse  gefun- 
denen Zusammensetzung  des  salpetersauren  Harnstoffs  ent- 
spricht.   Diefs  war  aber  nicht  der  Feil;  im  Gegentheii 
war  der  Gewiehtssnwadis  stets,  wenn  auidi  onr  sehr  an- 
l»edeutend,  geringer,  als  er  nach  dieser  Formel  sejn 
müfste.     Der  Grund  davon  ist,  dafs  selbst  bei  so  nie- 
driger Temperatur  eine  geringe  Menge  des  Harnstoffs 
doreh  die  Salpetersäure  zersetzt  wird.    Es  bildet  sich  ein 
wenig  salpetersaoree  Ammoniak,  welches  ich  mittelst  So- 
satc  TOn  Platinchlorid  %n  der  elkoholisehen  AnflOsang 
der  so  erzengten  Verbindung  leicht  nachweisen  konnte. 
Jedoch  war  stets  nur  so  wenig  davon  vorbanden,  dafs 
etat  nach  längerer  Zeit  sich  wenige  Krjstallchen  von  Am- 
mOBiomplatiDehlorid  an  den  Wänden  des  Gefäfses  aii4 
setsttn.   Es  konnte  daher  das  Beeultat  des  Versuchs  da* 
darch  nnr  nnbedeoiaid  Tcrändert  werden,  wie  mich  mm 
den  folgenden  Zahlen  hervorgeht. 

0,2558  Grm.  Harnstoff  nahmen,  auf  diese  Weise  be- 


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124 


baodeit,  um  0,263  Grm.  zu.  Der  salpetersaure  Harn- 
stoff besteht  dauach  aus  49,31  Proc.  Harnstoff  und  50,69 
Proc.  Salpetersäure  und  Wasser. 

0,317  Grm.  Harnstoff  gaben  (1,641  Grm.  8alp«teriau- 
reni  Harnstoff.  Die  Zusammensatzang  desselben  wfire, 
hiernach  berechnet,  49,4d  Proc.  Harnstoff  npd  50,55  Proe. 
Salpetersäure.  x 

Aus  0,3708  Grm.  Harnsloff  erhielt  ich  auf  die  au- 
gegebene  Weise  0,7544  Grm.  satpetersauren  Harnstoff. 
Diefs  würde  einer  Yerbinduiig  von  49,15  Proc,  Harn- 
stolT,  und  50,85  Proc  Salpelerstture  und  Wasser,  ent- 
sprechen. 

Um  auch  den  letzten  Zweifel  zu  zerstreuen,  be- 
stimmte ich  die  Quantität  Salpetersäure  in  dem  Salpeter- 
säuren Harnstoff,  welcher  nach  diesem  letzten  Versuche 
erhalten  worden  war.  Nach  Behandlung  desselben  mit 
kohlensaurem  BAryt  erhielt  ich  ans  der  abfiitrirten  FlOs- 
sifkeit  0,7074  Gm.  schwefelsaure  Baryterde.  Diefs  ent- 
spricht 43,54  Proc.  Salpetersäure  oder  50,77  Proc.  Sal- 
petersäure und  Wasser.  Der  hiernach  aus  dem  Verlust 
bestimmte  Harnstoff  würde  also  49,23  Proc.  befragen, 
also  fast  genau  eben  so  viel,  als  nach  der  obigen  Bech- 
nung  in  der  Verbindung  enthalten  seyo  mufste. 

Es  ist  durch  diese  Versuche  also  bewiesen,  dafs  die 
Salpetersäure  sich  mit  dem  Harnstoff  nur  in  Einem  Ver- 
hältnifs  verbindet,  und  dafs  diese  Verbindung  aus  einem 
Atom  Harnsloff,  einem  Atom  Salpetersäure  und  einem 
Atom  Wasser  besieht.  Es  mu(s.  daher  auch  die  Quan- 
tität des  -Harnstoffe,  welche  in  dem  bei  der  Analyse  ge- 
wonnenen salpetersauren  Salxe  enthalten  ist,  nach  der 

Formel  Pi-4-CjH*J>t^  -f-tt  berechnet  werden.  100 
Theile  desselben  enthalten  also  48,86  Proc.  Harnstoff. 
Da  Simon  sowohl  wie  Lehmann  die  Bestinnmnig  di^ 
ses  Stoffe  auf  die  Annahme  gegrQndet  haben,  dafs  die 

salpetersaure  Verbindung  in  100  Th.  52,78  Tb.  Harn- 
stoff enthielte,  so  müssen  sammtliche  Zahlen,  welche  sie 


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f 


125 

erlidllen  Intbeii)  tu  scyn,  uud  zwftr  in  den  meiste* 
FSlien  um  mehr  als  2  p.M.  des  angewendeten  Harns.  • 

Da  es  nun  bekannt  ist,  dafs  der  salpetersaure  Harn- 
stoff in  Wasser  und  in  Salpetersäure  nicht  unlöslich  ist, 
wie  aus  Lehman n's  ^)  Versuchen  mnwelfcUiaft  hervor- 
geht, der  fand,  dafe  ans  einer  LOtong  von  einem. Theü 
Harnstoff  in  100  Thailen  Wasser  durch  Zusatz  seihtt 
eines  gleichen  Volumens  Salpetersäure  von  1,322  spec. 
Gew.  durchaus  nicht  Krjstalle  von  salpelcrsaurem  Harn- 
stoff erhalten  werden  können,  so  schien  mir  die  Ge> 
nauigkeit  der  Methode  der  Bestimmung  des  Harnstoffs 
mit  SalpetersKure  sehr  zweifelhaft.  loh  machte  daher  fot* 
gende  Versuebe: 

Eine  gewogene  Menge  bei  100**  C.  getrockneten 
Hornstoffs  wurde  in  möglichst  wenig  Wasser  aufgelöst, 
und  mit  etwa  dem  zweifachen«  Volumen  Salpetersäure 
ton  1»30  spec.  Gew.,  die  frei  Ton  salpetriger  Säure  war, 
▼ersetzt  and  mehrere  Stunden  in  Eis  gcsteHt.  -Der  so 
eiÜaltene  Salpetersäure  Harnstoff  trarde  auf  einem  ge^ 
wogenen  Fiitruni  filtrirt,  und  das  in  der  Schale  Zurück^ 
bleibende  mit  der  vom  Filtrum  ablropfenden  Flüssig- 
keit vollständig  auf  dasselbe  hinaufgespüit.  Dann  wurde 
das  Filtrum  vorsichtig  aüsgeprefst,  der  salpetersaure  Harnh 
Stoff  getrocknet  und  gewogen. 

So  erhielt  loh  aus  0,4387  Grm.  Harnstoff  0,8075 
Grm.  salpelersaures  Salz.  Dieses  enthält  0,3945  Grm. 
Harnstoff.  Es  sind  also  0,0442  Grm.  oder  10,08  Proo. 
der  angewendeten  Menge  Harnstoff  verloren  gegangen. 

0,5074  Grm.  Haiiistoff  gaben  eben  so  0,9492  Gnn. 
salpetersauren  Harnstoff.  Diefe  entspricht  0,4638  Grm. 
oder  91,40  t*roe.  des  angewendeten  Harnstoffs'.  £s  wa- 
ren also  8,60  Proc.  desselben  verloren  gegangen. 

Bei  einem  dritten  Versuche  prefste  ich  das  Filtrum 
nicht  aus,  sondern  trocknete  es  mit  aller  Flüssigkeit,  wel- 
che in  dasselbe  eiflgdcogen  war.  So  erhielt  ich  aus  0,36fö 

1)  Jonmal  tor  prtttSscU  Ghcm»,  Bd.9(,  &  10. 


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126 


Gm.  HMrnstoff  0,7132  Gim  salpe&misriit  Sdb*  Die(8 
eDthalt  0^8»  Gm.  HamtofT  oder  95,09  Proo«  dm  «ifr- 

gewendeten  Harnstoffs.  Es  mufsten  tAso  4,91  Proc.  in 
der  abfiltrirten  Flüssigkeit  enlhallcn  seyn.  Diese  hin- 
terliefs  beim  Abdampfen  uud  Trocknen  Grm.  Rück- 

stand, welcher  nach  der  Recbouag  0,024)5  Gnu.  oder  &»60 
Proc  HarastofI  eothaUaa  anifste. 

Diese  Versache  seifen»  wie  wenig  man  hoffen  darC 
nach  dieser  Methode  zu  richtigen  Resultaten  zu  gelan> 
gen.  Der  Fehler,  welcher  dadurch  entsteht,  dafs  der 
Salpetersäure  Harnstoff,  selbst  in  überschüssiger  starker 
Salpetersäure,  nicht  unlöslich  ist»  wird  (reftlieh  durch  ei- 
nen zweiten  in  £lwas  compensirf,  da  man  den  EKtrac^tv- 
■loff  im  Harns  nieht  voUlIRndig  von  dem  aalpetersanren 
Harnstoff  abscheiden  kann;  allein  diese  Coinpensation 
wird  nie  vollständig  sej^n  können,  und  man  bleibt  stets 
ungewifs  über  die  wahre  Menge  des  Harnstoffs  in  dem 
anteisuchten  Harn»  Da  etwa  10  Proc.  des  in  deassel- 
ben  enthaltenen  Harnstoffs  verloren  gehen  kttnnoi,  und 
ungefHbr  30  p.M.  desselben  in  oondeniUirCen  Harn  ent- 
halten seyn  mag,  so  wird  der  Fehler,  der  dadurch  ent- 
steht, bis  auf  3  p.  M.^und  darüber  steigen  können;  ein 
Fehler,  der  viel  zu  grofa  ist,  aU  dafs  er  diese  aualjti- 
sehe  Methode  empfehleusweffth  er$cbatnen  liefse. 

Allein  aufser  dem  angelQhrten  Gnaade  nnd  dem  Ungst 
bekannten,  dafa  der  Harnstoff,  wenn  seine  veffdQmiten 
Lösungen  abgedampft  werden,  sich  zum  Theil  zersetzt, 
giebt  es  noch  einen  anderen,  welcher  gegen  die  Genauig- 
keit der  quantitativen  Bestiuunung  des  Harnstoffs  nach 
der  von  Lecann,  Simon  und  Lehmann  angawende- 
ten  Bftethode  spricht.  Es  ist  nimllch  ncwerdings  durob 
Werther  ')  bekannt  geworden,  dafs  die  Verbindung 
von  Kochsalz  mit  Harnstoff,  welche  ohne  Zweifel  im 
Harn  enthalten  ist,  wenn  mau  sie  in  concentrirter  Lö- 
sung mit  absolutem  Alkohol  versetzt,  nidit  -zersetzt  wird, 

1)  iwMnuX  Ar  practStthe  Ghemi«,  Bd.  35;  S.  6). 


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127 

Mmdern  dafs  sidi  dai  Kodmls  mit  dem  HamtofT  mI^ 

ktol,  ood  daft  es  nur  danu  fast  ungelöst  zurückbleibt, 
wenn  man  die  trockne  Verbindung  mit  absolutem  Alko- 
hol behandelt.    Da  man  Dun  befürchten  muis,  dais,  wettn 
man  alles  Wasser  beim  Abdampfen  des  HaroB  elltfei^ 
nen  wollte,  ia  der  troekneo  fasteo  Maate,  welefae  man 
dabei  erhalt,  noch  Harnstoff,  durch  abaolttten  Alkohol 
anausgezogen,  eorOekUeiben  möchte,  so  mufs  man  das 
Harnextract  noch  feucht  mit  demselben  behandeln.  Dann 
aber  wird  auch  das  Kochsalz  mit  in  die  AuflösuDg -eta- 
gehen,  und  wird  von  dem  salpeteraaureii  Harnetoff  nicbft 
voUsttodif;  getrennt  werden  kOmien*    Eben  eo  ht  et 
eben  weil  der  salpeteranore  HaiMtoff  in  Salpetersäure 
nicbt  nnlaelieh  ist,  meht  maglich,  ihn  von  den  fixtractiv- 
stoffen  vollständig  abzuscheiden. 

Es  ist  daher  augenscheinlich,  dafs  eine  bessere  2lte- 
tbode  der  Bestimmung  des  Harnstoffs  sehr  wllnselieat» 
Werth,  )a  nothwendig  ist«  leb  beniikbte  mich  daher  ein^ 
solche  aofoifinden. 

Unter  den  Verbindungeu  des  Harnstoffs  mit  Säuren 
und  Basen,  welche  mau  bis  jetzt  kennt,  ist  keine,  deren 
Eigenschaften  zu  der  Hoffnung  berechtigte,  durch  Dap- 
Stellung  derselben  den  Harnstoff  vollattedig  aiedendiia- 
gen  zu  können.  Es  blieb  mir  daher  nichts  übrig,  als 
M  versüohen,  ihn  aus  den  Zersefznngsprodocten,  welche 
mittelst  starker  Agentien  aus  ihm  erhallen  werden,  zu 
bestimmen. 

Es  war  nicht  zu  hoffen,  dafs  es  möglich  sejn  wfirde 
den  Harnstoff  mittelst  kaustisoher  AU&alien  TollslAndig  in 
Kohlensäure  und  Ammoniak  zu  seiselica,  ohne  zugleich 
ans  den  ExtraetiTStoiren  Ammoniak  zu  bilden.  Ich  suchte 
daher  die  zersetzende  Einwirkung  starker  Säuren  auf  den 
Harnstoff  zu  dem  Zweck  zu  benutzen. 

Berzelius  sagt  in  seinem  Lebrbuche  *  ):  »Concen- 
trirte  Säuren  mit  HanisloCf  vf  rmiflcht  bewirken  «agleich 

l)a  Aolbfe,  JM.S,&4afll. 


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128 


seine  Zerseffeung;  die  Store  Terbindet  sich  mit  Atmiio- 

niak  und  Koblensdure  geht  unter  Aufbrausen  fort. «  Hier- 
nach hatte  ich  die  Hoffnung  beim  Abdampfen  des  Harns 
mit  irgend  einer  concentrirten  Säure  den  Harnstoff  in 
Kobienaflnre '  und  ein  Ammoniakaelz  der  angevintndeCan 
Saure  verwandelt  zu  seben*  Idi  maebte,  nm  mich  davon 
zu  (iberzeugen,  folgende  Versiiclie. 

Chemisch  reiner  Harnstoff  wurde  mit  concentrirter 
Schwefelsäure  und  rauchender  Salzsaure  versetzt.  Es 
zersetzte  sich  derselbe  in  der  Kälte  durchaus  nicht.  Ja 
•r  konnte  mit  der  fauchenden  SalzaSare  bianamKoeben 
erbitzt  werden,  obne  sieh  unter  Anfbnniaen  zu  zersclzon. 
in  -der  Auflösung  hnd  sich  zwarv  nach  aDhaltendem  Ko- 
chen ziemlich  viel  Ammoniak;  doch  war  immer  noch  zu 
viel  unzersetzter  Harnstoff  in  derselben  enthalten,  als 
dafe  ich  dahin  zu  gelangen  hoffen  durfte,  dadurch  die 
ganze  Quantität  Harnstoff  endlich  in  Ammoniak  und  Koh- 
lensftmne  zu  zersetzen. 

Die  Einwirkung  von  kochender  SalpetemHure  auf 
Harnstoff  habe  ich  nicht  weiter  untersucht,  da  sich,  wenn 
sie  mit  Harn  eingedampft  wird,  ohne  Zweifel  etwas  sal- 
pctrichte  Säure  bilden  kann,  welche  auf  den  Harnstoff 
heftig  einwirkt,  ohne  ihn  doch  in  Koiiiensttore  und  Amh 
moniak  zu  zerlegen.  Es  bildet  sich  vielmehr  dnrch  ihre 
Einwirkung  auf  denselben  Stichstoff  nttd  KohlensSure, 
wie  schon  Vauqnelin  ')  angiebt. 

Daher  suchte  ich  nun  die  Einwirkung  der  Schwe- 
felsäure auf  den  Harnstoff  näher  zu  studiren.  Schon 
Dnmas^)  hat  nachgewiesen,  dafs -derselbe  durch  Er- 
hitzen mit  concentrirter  SchwcMsttnre'  in  KohlenelorB 
und  Ammoniak  zerlegt  wird.  Durch  einen  Versuch  mit 
künstlich  dargestelltem  Harnstoff  übei-zeu^to  ich  mich  von 
der  Wahrheit  dieser  Angabe..    Auch  gelang  es  mir  auf 

keine 

2)  Annmks  de  ekimie  et  de  phjsiigue,  7*.  XLIF»  p,  274 


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13» 


keine  Weise,  KoMenoxydgas  in  detn  so  erzeugten  Gase 

nachzuweisen.  Im  Rückstände  konnte  das  Ammmiiak 
beim  Zusatz  von  Kali  leicht  durch  den  Geruch  erkannt 
werden,  und  das  entweichende  Gas  wurde  in  Menge  von 
kaostischem  Kali  absorbirt.  Es  kam  daher  nur  darauf 
an,  nacbsuweisen,  dafs  der  Harnstoff  dorcfa  Sohwefel- 
sSore  wirklich  so  zerlegt  wird,  dafs  ans  der  Menge  des 
Ammoniaks  oder  der  Kohlensäure  die  des  Harnstoffs  be^ 
rechnet  werden  könnte. 

Zu  dem  Ende  construirte  ich  folgenden  Apparat: 
Ein  mit  atmosphärischer  Luft  gefatites  Gasometer  wurde 
mit  einem  hoben  Cylinder,  welcher  mit  sehr  oonoeDtrir- 
ter  Kalilösung  gefüllt  war,  so  Terbnnden,  dafs  das  ans 
demselben  ausströmende  Gas  durch  diese  Auflösung  strei« 
chen  inufste.  Aus  diesem  Cyliuder  führte  ein  Rohr  die 
Luft  durch  den  Tubulus  einer  kleinen,  etwa  6  Loth  Was- 
ser fassenden  Retorte,  welche  zur  Aufnahme  der  Mischung 
Ton  Harnstoff  mit  Schwefelsaure  bestimmt  war,  so  ein, 
dafs  sie  erst  dicht  Uber  der  Obel*flllche  dieser  Mischung 
aus  dem  Rohre  trat.  Mit  der  Retorte  war  eine  kleine 
tubulirle  Vorlage,  in  welcher  das  Ueberdestillirte  ( Was- 
ser und  etwas  Schwefelsäure)  sich  ansammeln  sollte,  in 
der  Weise  luftdicht  verbunden,  dafs  das  Ende  des  Re- 
tortenhalses nur  sehr  wenig  in  diesdbe  Irineinragte.  In 
dem  Tubulus  war  ein  gebogenes  Rohk*  angebracht,  wel- 
ches die  durch  den  Apparat  strömenden  Gase  in  ein  Glas- 
rohr von  böhmischem  Glase  leitete,  welches  zur  Hälfte 
mit  geglühtem  Kupferoxjrd,  zur  anderen  Hälfte  aber  mit 
geglühtem  Chlorcakium  gefüllt  war.  Bade  Stoffe  wa- 
ren durdi  einen  langen  Asbestpfropf  von  einander  ge- 
trennt. Dieses  Rohr  lag  in  einem  Liebig'sdien  Ofen, 
doch  natürlich  so,  dafs  das  Chlorcalciura ,  sobald  ge- 
feuert wurde,  nicht  heifs  werden  konnte.  Das  Kupfer- 
oxyd diente  zur  Aufnahme  der  etwa  noch  fortgehenden 
Sdmefelsfture  und  der. sieh  vielleicht  bildenden  schwef- 
lichten SSure.    Idi  habe  mich  nSmlich  dnrdi  Versuche 

Bd.  LXVI.  9 


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IM 


fiberzeugt,  dafe  diese  SBore,  mim  aic^  mit  eineia  Ueber- 

Behufs  von  atmosphärischer  Luft  gemengt,  langsam  Ober 
schwach  glühendes  Kupferoxyd  streicht,  Sauerstoff  auf- 
nimmt  und  Schwefelsäure  bildet»  die  sich  mit  dem  Ku- 
pCeroxyd  verbiodet. 

Die  Venttche  geacbahea  auf  folgende  Weiae:  In 
einem  Platiotlegel  wurde  der  zu  denselben  beatninite 
künstlich  dargestellte,  vollkommen  reine  Harnstoff  bei 
100"  C.  so  lange  getrocknet,  bis  er  iiichl  mehr  an  Ge- 
wicbt  aboahm.  Dann  wurde  er  mit  Vorsicht  aus  dem 
Tie^  in  die  Retorte  geschüttet,  und  dieser  mit  dem 
dann  noob  rOcksttlndigeii  Harnstoff  wieder  ^wogen»  Dar.- 
auf  brachte  ich  zu  dem  somit  dem  Gewichte -nadi  be- 
kannten Harnstoff  etwas  Wasser,  um  ihn  darin  aufzulö- 
sen, und  zu  dieser  Auflösung  couceutrirte  Schwefelsaure^ 
mid  zwar  etwa  6  bis  8  Grammen, 

Nachdem  nun  der  Apparat  In  der  oben  an^^ebe- 
nen  Welse  viaammeiigesleUt  war,  fiberzeugM^  ich  mich 
zuerst  davon,  daCs  er  vollkommen  lufltdicht  war.  Dana 
wurde  ein  gewogener,  mit  concenirirter  Lösung  von  kau- 
stischem Kali  gefüllter  Liebig'schcr  Kaliapporat  und  ein 
gleichfalls  gewogenes,  mit  geschmolzenem  Kaiibjdrat  ge- 
ftUltes  Rohr  an  dem  freien  Ende  des  Kupferox3rd  und 
Chlorcalcium  enthaltenden  Rohrs  befestigt  Jeixt  leitete 
ich  mititelst  des  Gasometers  einen  langsamen  Strom  at- 
mosphärischer Luft  durch  den  Apparat,  brachte  das  Ku- 
pferoxyd zum  sehr  schwachen  Rolhglühen,  und  erlulzle 
laugsam  die  Mischuog  in  der  Retorte  so  gelinde,  dais 
sie  kaum  kochte,  bis  das  Wasser  abdestiüirt  war,  und 
dafs  dann  die  Temperatur  des  Inhalts  nicht  Über  180" 
C  steigen  konnte.  Bei  dieser  Temperatur  wurde  die 
Retorte  erhalten,  bis  sich  nicht  die  geringste  Spur  mehr 
von  Blasen  aus  der  darin  enthaltenen  Flüssigkeit  eiit 
wickelte  und  Dämpfe  von  Schwefelsäure  sich  in  dersel- 
ben zu  bilden  anfingen.  Dann  liefs  ich  den  Apparat  er- 
•kalleU}  eetste  aber  das  Durchleiten  von  Gas  noch  mehr 


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131 

« 

als  zwei  Stunden  laug  fort ,  um  mit  Sicherheit  alle  Koh- 
lensäure aus  dem  Apparate  auszutreiben.     Bei  dem  er- 
sten Versuche  war  es  schou  früher  abgebrochen  worden, 
uod  ich  erklllte  mir  darraas,  *  dafs  die  durch  denselben 
erhaltene  Kohlenstaremenge  'zu  gd^ing  ausgefallen  Ist.  • 
Die  Menge  der  Kohlensaure  konnte  nun  nmnittei- 
bar  durch  die  G<>\>  ichJszunahme  des  Kaliapparats  und 
Kalirohrs  bestimmt  werden.    Der  Htickstand  in  der  Ke- 
forte  aber  wurde  in  eine  Schale  ausgegossen,  mit  Was- 
ser der  Rest  herausgespült  und  die  Fltiesigkelf  vorsichtig 
wieder  eingedampft.   Dann  setzte  ich^zn  der  stark  con- 
centrirten,  wieder  erkalteten  Flflssfgkelt  etwas  Salzsäure, 
darauf  die  gehörige  Menge  Platinchlorid,   und  endlich 
eine  Mischung  von  Alkohol  und  Aether.     Da  aber  die 
Flüssigkeit  der  Hauptmasse  noch  aus  coucentrirter  Schwe- 
felsaure bestand,  so  brancbte  ich  die  Vorsieht,- die  FlQs^ 
sl^eitm  in  der  angegebenen  Reihenfolge  Tordlchtig  Über- 
einander zu  giefse»,  und  sie  dann  erst  sclmell  durchein- 
ander zu  mischen.    Dadurch  wurde  ein«;  allzugrofse  Er- 
wärmung leicht  rermieden.   Wenn  es  mir  begegnete,  dals 
leb  nicht  hinreichend  Platinchlorid  zugesetzt  hatte,  "V^as 
sehr  leieht  'an  dem  entstandenen  Niederschlag  erkannt 
werden  konnte,  der  schnell  and  sch^ver  tu  Boden  sinkt, 
wenn  hinreichend  Platinchlorid  hinzugesetzt  worden  ist, 
dagegen  locker  aufgeschwemmt  bleibt,  wenn  noch  schwe- 
felsaures Ammoniak  zugegen  ist,  so  setzte  ich  einfach 
noch  Platinchlorid  hinzu.*  Dadarch  verwandelte  sich  audi 
das  gefällte  iohwefelsaure  Aimnonlak  -sogleich  in  Ammo- 
immiplatHichlorid.    Nachdem  *  der  Niederschlag  so  etwa 
8  bis  10  Stunden  f^estanden  hatte,  wurde  er  abfiltrirt, 
mit  ätherhaltigem  Alkohol  ausgewaschen,  getrocknet,  mit 
den  bekannten  Yorsichtsmafsregeln  geglüht  und  gewogen. 
Ein  Atom  Harnstoff  >mufste  auf  die  angegebene  Weise 
cwei  Atone  Platiu  undf  %wti  Atdme  Rohlen^iAre  gebeh;' 

Wie  ich'  sdion  obe»  efiiahnte,  war  bei  dem  erstell 
Versuche  die  Menge  der  aufgefangenen  Kohlensäure  zu 

9* 


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132 


geriug,  weil  nicht  lange  genug  atmosphärische  Luft  darcb 
den  Apparat  geleitet  worden  war.  Bei  der  zweiten,  drit- 
ten und  vierten  mifsglticktc  die  Bestimmung  des  Platins. 

L  AuB  0,386  Grm.  Harnstoff  erhielt  ich  ao  0,274 
Gnn.  KoUensfture  und  1,257  Gnu.  Platio.  firsteres  würde 
0,3756  Gr»,  oder  97,31  Proc,  und  dieses  0,3841  Grm. 
oder  99,59  Proc.  Harnstoff  entsprechen.  Der  Verlust 
beträgt  also  nach  ersterer  Bestimmung  2,69,  nach  letzte- 
rer 0,51  Proc. 

IL  Aus  0,312  Grm.  Harnstoff  erhielt  ich  0,2273  Grm. 
Kohlensfture,  was  0,3116  Grm.  oder  903^  Proc  Harnstoff 
entsprhcht.    Es  ist  also  0,13  Proc  verloren  gegangen. 

III.  0,449  Grm.  Harnstoff  gaben  0,3263  Grm.  Koh 
lensäure.   Daraus  berechnet  man  0,4472  Grm.  oder  99,60 
ProCr  Harnstoff.   Es  sind  also  0,40  Proc  Harnstoff  ver- 
loren gegangen. 

IV.  0,4557  Grm.  Harnstoff  gaben  0,3322  Gim.  Kob- 
lensSore,  d.  b.  0,4554  Grm.  oder  99,93  Pkt>c  Hamalofi 
Verlust  0,07  Proc.  ' 

V.  0,4808  Grm.  Harnstoff  gaben  0,349  Grm.  Koh 
lensäure  and  1,579  Grm.  Piatin.     Ersteres  entspricht 
0,4784  Grm.  pder  99,50  Proc,  letzteres  0,4828  Grm. 
oder  100,42  Proc  Harnstoff. 

VI.  Aus  0,4665  Grm.  Harnstoff  erhielt  leb  0,339 
Grm.  Kohlensäure,  entsprechend  0,4647  Grm.  oder  99,61 
Proc.  Harnstoff  und  0,1519  Grm.  Platin,  entsprechend 
0,4645  Grm.  oder  99,57  Proc.  Harnstoff. 

Vit.  (^82  Grm.  Harnstoff  gaben,  auf  die  angege- 
bene Weise  behandelt,  0,1743  Grm.  KoblensSure  und 
0,777  Grm.  Platin.  Jenes  entspricht  0,239  Grm.  oder 
100,34  Proc,  dieses  0,2376  Grm.  oder  99,75  Proc  Harn- 
stoff. 

Man  ersieht  aus  diesen  Versuchen,  da(s  in  der  That 
die  QoantitSt  des  Harnstofls  durch  die  Menge  der  durch 
EipwirlMing  beifser  ScbwefelsSnre  erzeugten  Kohlensfture 
oder  des  Aonaoniaka  der  Quantität  nach  bestimmt  wer- 


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133 


den  kanu.  Aas  dm  OewMite  der  Kohlenüm  die  Quan- 
tität des  Harnstoffs  im  Harn  zu  bestimmen,  ist  wegen 
des  dazu  nöthigen  coraplicirten  Apparats  nicht  bequem. 
Auch  wäre  diese  Methode  gewifs  weniger  genau,  da  wef^BB 
des  uiedrigen  Atomgewichts  der  KoMeiisllorey  gegen  dae 
des  Platins  gehalten,  sobon  ein  kleiner  Felder  ka  Ver. 
Sache  einen  bedeutenden  Febier  des  Resoltats  verursa- 
chen könnte.  Es  lie^t  mir  daher  nur  ob,  die  Anwend- 
barkeit der  Methode,  den  Harnstoff  im  Harn  aus  dem 
durch  Schwefelsäure  gebildeten  Ammoniak  mittelft  P4a- 
tiBGUorid  zn  bestiameo,  naohavireiaak 

Zanttcbst  bandelt  es  sieh  )etct  darum,  sa  zeigen,  ob 
nicht  die  Anwesenheit  des  .Kalis  in  )edem  Harn  die  Au- 
^  Wendung  dieser  Methode  unmöglich  machte.  Zugleich 
schien  es  mir  nothwendig,  mich  zu  überzeugen,  dafs  in 
der  That,  wie  Liebig  in  seinem  Aufsatz:  »Ueber  die 
Constitution  des  Harns  des  Menseheo  and  der  fleiseh- 
fressenden  Thiere« nach  einem  Veraache  ▼on-ScbloCs«' 
berger  behauptet,  kein  Ammoniak,  oder  doch- nur  un- 
wesentliche Spuren  davon,  im  frisch  gelassenen  Harn  ent- 
halten Seyen.     Zu  diesem  letzten  Zweck  versetzte  ich 
ganz  frisch  gelassenen  Harn  mit  Platiocblorid,  etwa  dem 
dreifaoiMn  absoloten  Alkohols  und  dem  einfachen  Voki«. 
men  Aetber.   Der  dadurch  gebildete  Niederschlag  wurde 
abfiltrirt  und  mit  Stherhaltigem  Alkohol  gut  ausgewa- 
schen.   Er  konnte  noch  phosphorsaure  und  schwefelsaure 
Salze  neben  Kaliumplatinchlorid  und  vielleicht  neben  Ain- 
monkniplatinchiorid  enthakeu.   Nachdem  dieser  Nieder- 
schlag getrocknet  worden  war,  wurde  er  in  dasFiltrum  ein- 
gehallt,  in  einem  gewogenen,  gut  zisgedecktan  Platintiegeli 
geglüht,  bis  aus  dem  rothglöhenden  Tiegel  keine  Dämpfe 
mehr  entwichen.    Nach  dem  Erkalten  des  Tiegels  wurde 
sein  Inhalt  mit  kochender  verdünnter  Salzsäure  mehrmals 
ausgezogen  und  die  'Flüssigkeiten  in  einer  Porcellanschala 
abfiltnrt,  dann  der  Tiegel,  mit  Wass4r  so  «lange  aosgB« 

1)  AMiliD       Gimme  aaa  nknadc,  Bd.  M),  S.  19$,' 


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m 

nicht  mehr  saaer  reaf^rte.  Der  Tiegel,  wie  das  Ffltram, 
wordco  nun  getrocknet,  dieses  in  jenem  vollständig  ver- 
'  braont  und  gewogen.  Auf  diese  Weise  erhielt  ich,  nach 
Abzug  der  Asche  dea  Fillrums,  eioe  Menge  PiaUa,  die 
dem  Kalt  and  Ammoniak .  in  Hera  ettlapfecheo  würdig 
wenn,  dieees  vorliaBden  fvire.  Aus  dem  Filtnit  erhielt 
ich  nach  dem  Abdampfen  mittelst  Platinchlorid  und  Al- 
kohol einen  Niederschlag  von  Kaliumplatincblorid,  der 
noch  phosphorsaure  und  schwefebaure  Salze  enthalten 
konnte.  Ammoniumplalittdblorid  war  natiiriich  nicht  mehr 
in  dem  Niederachla^  vorhanden»  Wurde  dae  FÜtmm 
inilr  diesem  Miederachlag  eben  so  bebendek,  wie  oben, 
80  konnte  die  Quantität  Platin,  welche  der  Menge  des 
Kalis  im  Harn  entspricht,  bestimmt  werden.  War  kein 
Ammoniak  vorhanden,  so  mufsle  das  Gewicht  beider  er- 
haltenen Mengen  Platin  gleich  aejro.  Da  diefs  aber  nicht 
der  Fall  war,  wie  die  foAgeadeB>  Versuche  aei§en,  so  iat 
die  Gewiditsdifferenz  nicht  anders  als  danh  die  Anwe* 
senheit  des  Ammoniaks  zu  erklären. 

Etwa  80  Grm.  Harn  gaben  nämlich  0,509  Grm.  und 
0,1913  Grm.  Platin,  jenes  dem  Kalium-  und  Ammonium- 
pUtinchlorid,  dieses  nur  dem.Ammeoinmpbtiocbloffid  enfe* 
sprecbend. 

Aus  etwa  50  Grm.  Harn  erhielt  ick  0,538  Grm.  und 

0,309  Grm.  Platin,  wovon  jenes  dem  Kali  und  Ammo- 
niak, dieses  dem  Kali  allein  entspricht.  Die  Differenz 
▼Oll  0,229  Grm.  giebt  das  Gewicht  des  Platins,  welches 
dem  Anmioniak  allein  entspricht  Um  mich  mit  Bestuwufe- 
heit  zu  flbeneugen,  dafs  diese  Dilferenien  der  beiden 
QnantitRten  Platin  wirklieh  in  der  Gegenwart  von  Am- 
moniak ihren  Grund  haben,  fällte  ich  noch  mehrmals 
von  verschiedenen  gesunden  Personen  frisch  gelassenen 
Htt'n  auf  die  angegebene  Weise  mit  Platinchlorid,  abso* 
Ilten  Alkohol  und  Aetfaer,  und  behendste,  dsn  fpit  ans« 
gewaschenen  t  nit  Wnsser  angescbfittelten  Kisidewehlag 


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135 

in  der  Warne  «ihalttemlniit  SettweMwaesenteffgas.  Di« 

vom  Schwefelplatin  abfiltrirte  Flüssigkeit  wurde  t;inge- 
dainpft,  und  der  trockne  Bückstand  in  einem  trocknen 
Reagirgl^schen  erhitzt.  Es  subiimirle  stets  eine  nicht«!* 
bedeutende  Menge  Salmiak,  der  laicht  ala  aolcher  evt 
kennt  werden  könnte«  Der  nkbt  flüchtige  Bdckatand 
wurde  nnr  grau,  nieht  schwarz  gefärbt,  ein  Beweis,  dafs 
die  bedeutende  Menge  des  im  Sublimat  enthaltenen  Am- 
moniaks nicht  erst  bei  der  Sublimation  selbst  aus  orga* 
niachen  Stoffen  gebildet  seyn  konnte.  Ob  diesea  Am* 
moniak  der  «ckon  in  der  91aae  eingeleiteten  2enefzuBg 
'des  Harnetofli  seinen  Ursprung  verdankt,  oder  auf  wel« 
che  Weise  es  sonst  in  den  Harn  gelangt  ist,  lasse  ich  un- 
entschieden. 

Da  nun  nach  diesen  Versuchen  sowohl  Kali  als  Am- 
moniak im  Harn  enthalten  ist,  so  schien  es,  als  wenn  * 
die  Methode,  den  Harnstoff  aus  dem  .  aus  ihm  gebiidete» 
Ammoniak  mittelst  Platinohlorid  zo  besthnmen,  anch  niehl 
die  gewfinschte  Genauigkeit  haben  wtMe.  Allein  ich 
hoffte,  dafs  sich  die  Menge  des  Kalis  und  des  Ammo- 
niaks im  Harn  würde  genau  bestimmen  lassen,,  und  dafs 
also  mittebt  dieser  Correction,  durch  weiche  sngleiob 
nooh  cwei  andere  Stoffe  ihrer  Quanlitilt  nach  bestimmt 
würden,  dennödi  eine  vollkommene  Genauigkeit  in  feno 
Metbode  gebracht  werden  ktMme. 

Um  mich  davon  zu  überzeugen,  fällte  ich  drei  ver- 
schiedene, gewogene  Mengen  desselben  frisch  gelassenen 
Harns,  und  bestimmte  die  darin  enthaltenen  Mengen  Am- 
moniak und  Kali  auf  die  oben  angegebene  Weiäe.  Was 
das  Abwägen  von  verschiedenen  PortioneQ  desaelbea 
Harns  anbetHfft,  so  will  ich  hier  erwähnen,  wie  ich  da- 
bei operirte,  um  die  durch  Verdunstung  der  Flüssigkeit 
leicht  eintretenden  Fehler  möglichst  zu  vermeiden.  Ich 
wählte  dazu  ein  kleines,  mit  einer  Zange  leicht  zu  hand- 
habendes  Bechergias,  weiches  mit  dem^Ham  gefüllt  und 
mit  einem  nmden  Deckglas  bedeckt  wurde.    Ea  eot- 


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136 


hldi  die  ganze  Menge  des  za  den  venNshied^nen  Venu- 

cheD  bestimmten  Harns.  An  einer  Stelle  war  der  Rand 
des  Gläschens  mit  Talg  bestrichen,  und  hier  wurde,  nach- 
dem es  auf  der  Waage  sick  in's  Gleichgewicht  der  Tem- 
peratur mit  dem  uaigebenden  Medium  gesetzt  hatte  und 
gewogen  worden  war,  ein  Theil  der  Fifissigkeit  mittelst 
der  Zange  in  das  dazn  bestioimte  GtUSß  gegossen.  Bann 
wurde  das  Gläschen  schnell  wieder  auf  die  Waage  ge- 
bracht, zugedeckt  und  gewogen.  Nun  gofs  ich  eine  neue 
Portion  auf  dieselbe  Weise  aus,  wog  wieder  und  so  fort, 
bis  icb  die  gehörige  Anzahl  gewogener  Portionen  Harn 
/  bette.  An!  diese  Weise  verfobr  iob  bei  allen  foig^den 
Yersncben. 

Von  demselben  frisch  gelassenen  Harn  gaben: 

I.  17,6742  Grra.  0,1915  Grm.,  also  11,00  p.  M. 
Platin,  welches  als  Kalium-  und  Ammouiumplatinchloiid 
aus  demselben  niedergefallen  war.  Die  Bestimmung  des 
Platins,  welches  dem  Kaliomplatincblorid  allein  entspitcb» 
niilsglückte  dnrdi  einen  Zufall. 

II.  14,0766  Grm.  gaben  0,1535  Grm.,  also  10,90 
p.  M.  Platin,  welches  dem  Kali  und  Ammoniak  im  Harn 
entspricht,  und  0,0387  Grm.  oder  2,75  p.  M.  Platin,  das 
dem  Kali  entspricht.  Hieraus  folgt,  dafs  der  Harn  l#3i5 
p.  Iii.  Kali  und  2,16  p.  M.  Ammoniak  enthielt. 

IIL  IMaO  Grm.  gaben  0,1595  Grm.  oder  11,05 
p.  M.  und  0,040  Grm.  oder  2,77  p.  M.  Platin,  wovon 
ersteres  dem  Kalium  -  und  Ammoniumplatinchlorid,  letzte- 
res nur  dem  Kaliumplatinchlorid  seinen  Ursprung  ver- 
dankt Danach  enthielt  der  Harn  1,325  p#  M.  Kali  und 
2;19  p.  M.  Ammoniak. 

Die  Uebereinstimmung  der  Resultate  li&t  nichts  zu 
wünschen  Qbrig.  Sie  ist  gröfiser,  als  ich  es  selbst  gehofft 
hatte.  Ich  stelle  die  Resultate  zur  besseren  Uebersicht 
neben  einander. 


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137 

Es  wardeu  erludlMi: 

f.  II.  III. 

Ans  der  Smnnie  de* 

KaliuiD-  und  Ammo- 

moDiumpladnchlorids  11^00  mM.  10^  p.  Bf.  11,05  p.  M.  P|jUiB. 
Aus  dem  Kaliumpla- 

tinchlorid  -      -        Z^Tö  p.  M.     2,77  p.  M.  PlaUo. 

Im  Ammooiutnplatin' 

chkwid  waren  alao       -      -        8,15  p,  M.     8,28  p.  M.  Platin. 
Es  waren  demoach  in  dem  Harn  entbalten: 

II.  III. 

Kali  1,315  p.  M.    1,325  p.  M. 

Ammoniak  2,16  p.  M.   2,19  p.  M. 

Nachdem  ich  somit  die  Frage,  ob  die  Gegenwart 
des  Ammoniaks  und  Kalis  i|n  Harn  der  Bcstimmang  des 

Harnstoffs  aus  dem  daraus  gebildeten  AmmoDiak  so  hiu- 
derud  entgegentreten  müsse,  dafs  sie  dadurch  unbrauch- 
bar würde,  verneinend  beantwortet  hatte,  handelte  es 
sich  jetzt  darum,  ob  die  übrigen  Stoffe,  weiche  im  Harn 
▼orhanden  sind,  nicht  gleichfalls,  mit  concentrirter  Schwe- 
fektture  behandelt,  Ammoniak  erzeugen. 

Zuerst  untersuchte  ich,  wie  sich  Harnsäure  zu  con- 
centrirter Schwefelsäure  verhält.  Bekanntlich  bildet  sie 
mit  derselben,  nach  Fritsche  '),  eine  Verbindung,  wel- 
che, wie  dieser  schon  gefunden  hat,  ungefähr  bei  150® 
C  zersetzt  wird.  Welcher  Art  diese  Zersetznng  sey, 
giebt  er  aber  nicht  an.  Als  ich  Tollkommen  reine  Harn- 
säure ^)  und  Schwefelsäure  mit  einander  bis  180^  C.  er- 

1)  Journal  für  practische  Chemie,  Bd.  14,  S.  243.  (1838.) 

2)  Die  Siore  war  analysirt  worden,  um  ihre  Reinheit  bestmimt  mch- 
laweSieD.   Die  Retnllate  der  Aaelyaen  und: 

I.  II.  Berecbaet. 

Kohleostoir  35.79  35.57  36.61 
Wasserstoff  2,46  2,47  2,37 
Stickstoff  —  —  33,57 

SauerslolT  —  — 

"HE — 


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138 

hitzte,  entotand  ein  starkes  Aufblwueb,  und  sehwefliehte 

Säare  war  durch  den  Gemch  leiebt  wahrzoDehmen.  Im 

Hückslande  fand  ich  Aniinoniak  iii  nicht  unbedeutender 
Menge.  Als  ich  die  biebei  entweichenden  Gase  über 
Quecksilber  auffing;,  konute  ich  darin  neben  scbwellich< 
ter  Säure  leiebt  KoblenaSure  und  Koblenoxjdgas  nach- 
weisen. 

Hiernach  erschien  mir  anfUn^Hch  die  Anwendbarkeit 

der  Methode,  aus  der  Quantität  des  aus  dem  Harnstoff 
mittelst  Schwefelsäure  erzeugten  Ammoniaks  die  Menge 
desselben  zu  bestimmen,  sehr  zweifelhaft.  Aliein  da  el- 
nestheils  die  Men^e  der  im  Harn  enthaltenen  Harnsäure 
nur  sehr  gering  ist,  indem  sie  in  der  Regel  nicht  1  p.  M. 
desselben  übersteigt,  andererseits  aber  der  gröfste  Theil 
oder  fast  die  ganze  Menge  derselben  mittelst  Salzsäure 
abgeschieden  werden  kann,  so  gab  ich  es  dennoch  noch  * 
nicht  auf,  diese  Versuche  weiter  fortzusetzen. 

Zunächst  kam  es  darauf  an,  zu  bestimmen,  wie  viel 
Ammoniak  aus  reiner  Harnsäure  gebildet  werden  könne^ 
wenn  man  sie  mit  Schwefelsäure  bei  180"  C.  so  lange 
erhitzt,  bis  keine  Gasentwicklung  mehr  stattfuidef.  Um 
die  Quantität  des  Ammoniaks  zu  bestimmen,  wurde  die 
dadurch  erhaltene  ammoniakhaltige  Schwefelsäure  mit  Was» 
ser  verdünnt,  filtrirt  und  das  Filtrum  gut  ausgewaschen. 
Darauf  dampfte'  ich  die  Flüssigkeit  ein,  bis  kein  Wasser 
mehr  entwich,  setzte  etwas  Salzsäure,  Platinchlorid  in 
gehöriger  Menge  und  ätherhaltigen  Alkohol  hinzu,  und 
mischte  die  Flüssigkeiten.  Aus  dem  Niederschlage  wurde 
auf  die  bekannte  Weise  durch  Glühen  und  Verbrennen 
des  Filtrums  das  Platin  rein  erhalten  und  gewogen.  Aus 
dem  Gewichte  desselben  wurde  die  Menge  des  Ammo- 
niaks berechnet. 

So  erhielt  ich  aus  0,2433  Grm.  Harnsäure  0,5177 
Grm.  Platin.  Diefs  entspricht  0,1372  Grm.  Ammoniak, 
oder  0,0743  Grm.,  d.  h.  30,54  Proc.  StickstofL  Da  die 
Harnsäure  33^59  Procent  Stickstoff  enthält,  so  war  der 


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189 

gröCste  Theil,  aber  nicht  die  ganze  Menge  des  Sücksioffo 
denelben  ia  AinmoDidL  verwaBdeH  wordeo. 

Da  DUO  im  Harne  darehseh&iuilch  1  p.  M.  Harn- 
sitere  entlialteii  ist,  so  wftnfte  man  anter  der  Voraus- 
setzung, dafs  die  ganze  Menge  des  in  derselben  enlhal- 
teoen  Stickstoffs  durch  Einwirkung  der  Schwefelsäure  in 
Ammoniak  verwandelt  wird,  0,62  p.  M.  Ammoniak  zn 
ml  erimhcn,  d.  h.  0,71  p.  M»  Hara(itofF  in  viel,  wenn 
man  nkht  die  Hamsamre  vorher  abschiede.  FOr  genaue 
Analysen  wäre  es  daher  erforderlich,  sie  anf  die  bekannte 
Weise  uiillelst  Salzsäure  abzusclieidon,  ehe  man  den  Harn 
mit  Schwefelsäure  abdampfte.  Die  Anwesenheit  jener 
Säure  ist  natürlkb  ohne  Einflufe  auf  das  Resultat,  da 
auch  aie  den  Harnstoff  in  Ammoniak  nnd  KohienaHore 
zeriegt,  obgleich  woit  weniger  energiich,  ala  concentrirte 
Schwefelsäure. 

Es  fragte  sich  nun,  wie  sich  die  Extractivstoffe  des 
Harns  ge^u  Schwefelsäure  verhalte».  Bekanntlich  kön- 
nen wir  sie  nicht. alle  von  3cm  Harnstoff  mit  volikom* 
mener  Gebanigkeit  eih'eiden.  '  Boch  dorfte  ich  es  nicht 
nnlerlasBen / 'wenigstens  sn  untersuchen,  ob  diejenigen 
Extractivstoffe  desselben,  welche  sich  Tollkommen  von 
ihm  scheiden  lassen,  dadurch  kein  Ammoniak  bilden. 

Zu  dem  Zweck  extrahirte  ich  den  bei  der  Verdam* 
pfnng  von  8  bis  10  Unzen  frischen  Harns  bleibenden 
Rfickstaod  mit  ^olntem  Alkohol,  und  wusch  das  nicht 
Gelöste  damit  ans.  Oieses  wurde  in  wenigem  Wasser 
aufgelöst,  und  die  darin  ungelöst  bleibenden  harnsauren 
und  phosphorsauren  Salze  der  alkalischeu  Erden  abtii- 
tiirt,  endlich  die  Flüssigkeit  im  Wasserbade  zur  Trockne 
gerächt.  Die  Auflösung  in  absointem  Alkohol  versetzte 
ich  mit  basiBch  esiigBaurem  BleiOzjd'so  lange,  als  da- 
durch noch  ein  Niederschlag  entstand,  ßltrirte  and  wusch 
ihn  mit  Alkohol  aus.  Diese  Bleioxjdverbindung  wurde 
noch  feucht  mit  Wasser  angerührt,  mit  Schwefelwasser-  " 
stoifgas  zeisetst,  das  entstandekie  Schwefelblei  abfiltrirt 


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140 

und  die  FlQssigkeit  im  Wasserbade  zur  Trockne  gebracht. 
Beim  Abdampfen  entwickelten  sich  zuletzt  Dämpfe  von 
Salzsäure,  die  ohne  Zweifel  dem  iu  der  alkoholischen 
Flüssigkeit  mitgefällten  Chlorblei  ihren  Ursprang  ver- 
dankeo,  mid  die  Masse  färbte  sieb  schwarz.  Diese-  b^ 
den  so  erhaltenen  extraetartigen  Massen  wurden  io  wellig 
Wasser  gelöst,  die  Lösungen  mit  einander  gemischt  und 
von  Neuem  im  Wasserbade  abgedampft.  Ich  hoffte  so, 
diese  £xtractivstoffe  zwar  mit  den  löslichen  Salzen  des 
Harns  gemischt,  aber  doch  frei  too  Harnstoff  erhalten 
zu  haben. 

Nadidem  diese  Masse  unter  stetem  Umrflbren  so  weit 

abgedampft  worden  war,  dafs  sie  nach  dem  Erkalten  zwi- 
schen den  Fingern  geknetet  werden  konnte,  ohne  be- 
deutend an  denselben  anzukleben,  wurden  zwei  Portio- 
nen davon  abgewogen,  wovon  ich  die  eine  sogleich  in 
wenig  Wasser  und  Salzsttore  auflöste.  Dann  wurde  Pla- 
tinchlorid und  Stherhaltiger  Alkohol  hinzugesetzt,  der  Nie- 
derschlag nach  sechs  Stunden  abtiltrirt,  getrocknet,  ge- 
glüht und  mit  salzsäurehaltigem  Wasser  die  darin  lösli- 
chen Stoffe  ausgezogen.  Das  so  erhaltene  Platin  wurde 
geglüht  und  gewogen.  Die  andere  Portion  des  Extracts 
wurde  gleichfalls  in  wenig  Wasser  in  einem  grofsen  Pte- 
tintiegel  gelöst,  mit  concentrirter  ScbwefelsSiire  versetzt, 
und  damit  bis  zu  180"  C.  so  lange  erhitzt,  bis  keine 
Gasentwicklung  mehr  stattfand.  Dann  wurde  der  Rück- 
stand mit  Wasser  verdünnt,  iiitrirt,  das  Fiitrum  ausge- 
waschen, die  abfiUrirte  Flüssigkeit  abgedampft,  mit  et^ 
was  Salzsftore,  Platinchlorid  und  ätherhaltigem  Alkohol 
versetzt,  und  der  erhaltene  Niederschlag  wie  Hl  ilem  ei^ 
sten  Versuche  behandelt.  Die  Mengen  des  in  beiden 
Versuchen  erhaltenen  Platins,  auf  100  Theile  berechnet, 
mufsten  gleich  sejn,  wenn  durch  Einwirkung  der  Schwe- 
felsttore  kein  Ammoniak  gebildet  war. 

Uk  erhielt  aus  0^195  Grm.  des  mit  Schwefelsttiire 
behandelten  Extincts  0,1215  Gim.  Platin,  und  ans  0,719 


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141 

* 

Orm.  desselben,  welcbe  nidit  mH  Schwefelsäure  behau-  - 
delt  waren,  0,125  Grm.  Platin.  Ersteres  beträgt  in  Pro- 
cenlen  des  angewendeten  Extracts  23,39,  letzteres  17,39. 
Es  war  also  wirklich,  und  zwar  6  Proc.  mehr  Platin  aus 
dem  mit  Schwefelsäure  behandelten  £xtract  erhalten  wor- 
den. Allein  die  ta  dem  Versuche  mit  Schwefelsiare  an- 
gewendete Menge  des  Extracts.  betrug  mehr  als  \-  des 
aus  8  bis  10  Unzen  erhaltenen  Quantums,  es  würde  also, 
wenn  ich  die  am  wenigsten  günstigen  Zahlen  auswähle, 
etwa  10  Grm.  Harn  0,006  Grm.  Platin  zu  viel  gegeben 
haben,  das  heifst  0,6  p.M.  Diefs  entspricht  aber  C^18 
p.  M.  Harnstoff,  also,  einer  so  unbedeutenden  Menge, 
dafs  sie  auf  das  Resdtat  keinen  wesentlichen  Eintiufs 
hat.  Allein  ich  vermuthete,  dals  noch  etwas  Harnstoff 
in  dem  Extracte  enthalten  seyn  möchte,  und  dafs  dieser 
Ueberschufs  an  Platin  davon  abzuleiten  sey.  . 

•  Uro  diefs  zu  untersuchen  fällte 'ich  die  conceatrirte 
wilfsrige  Lösung  der  noch  Qbrigen  Menge  des  Extracts 
mit  absolutem  Alkohol,  und  schlug  das  Filfrat  mit  ba- 
sisch essigsaurem  Bleioxyd  nieder.  Aus  der  abfiltrirtcn 
Flüssigkeit  wurde  das  überschüssig  zugesetzte  Bleioxyd 
gefällt,  das  Filtrat  eingedampft  und  mit  Salpetersäure 
▼ersetzt.  Es  bildeten  sich  in  der  That  nach  einiger  Zeit 
unter  dem  Müurodtop  leicht  erkennbare  Krystallchoi  von 
salpetetersanrem  Harnstoff.  Aofserdem  mufsten  auch  Spu- 
ren von  Harnsäure  in  diesem  Extracte  seyn,  da  sie  in 
Wasser  nicht  ganz  unlöslich  ist,  und  auch  diese  mufs 
zu  diesem  Platinüberschufs  beigetragen  haben. 

Da  ich  glaubte,  dafs  der  Grund,  weshalb  der  Harn- 
stoff nicht  vollständig  entfernt  worden  sey,  darin  liegen 
möchte,  dafs  die  durch  absoluten  Alkohol  extractartig 
ausgeschiedenen  Stoffe  den  Harnstoff  eingeschlossen  ha- 
ben möchten,  so  dafs  sie  durch  absoluten  Alkohol  nicht 
ausgewaschen  werden  konnten,  so  zog  ich  bei  einem 
zweiten  Versuche  diese  eztractiven  Stoffe  mehrfach  mit 
heKsem  absoluten  Alkohol  aus,  nachdem  sie  vorher  je- 


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142 


demnal  mitidst  etwas  Wasser  in  den  syrupartigeo  Sustmd 
versetzt  worden  waren,  verfuhr  aber  sonst  eben  so  wie 
vorher. 

Aus  0,5925  Grm.  des  mit  Schwefelsäure  behandel- 
ten £xtract8  erhielt  ich  0,188  Grm.  Platin,  mid  aus  0,7945 
Gnu.  desselben,  die  nicht  mit  Sobwefdsliure  behandelt 
waren,  0,206  Gm.  Platin,  oder  in  Procenten  31,7  und 
25,9  Platin.  Ich  hatte  also  auch  hier  5,8  Proc.  Platin 
XU  viel  aus  den  mit  Schwefelsäure  behandelten  Extractiv- 
stoffen  erhalleu.  Diefs  würde,  freilich  nur  nach  uu^e- 
Iftbrer  3ch&tsung  der  Gewichte  der  angewendeten  Bienge 
Harn  und  des  daraus  erhaltenen  EaUracts,  etwa  0,15  bis 
0,17  p.  M.  Harnstoff  zu  viel  ergeben,  wenn  di«  Extraetir- 
stoffe  des  Harns  Veranlassung  zu  dieser  Ammoniakbil- 
dung wären.  Ich  fand  aber  auch  in  diesen  extractarti- 
gen  Stoffen  auf  die  oben  angegebene  Weise  noch  Spu- 
ren von  Harnstoff;  es  ist  also  gewifs»  dals  wenigstens 
noch  ein  Theil  des  Ueberscbusses  an  P^n  dem  noch 
nicht  ganz  entfernten  Harnstoff  seinen  Ursprung  veniankt; 
im  höchsten  Grade  waluschoiiilicli  ist  es  aber,  dafs  er 
allein  dadurch  und  durch  die  Anwesenheit  von  Spuren 
Harnsäure  zu  erklären  ist. 

Ich  wiederholte  den  Versuch  jetet  noch  einmal,  doch 
80,  dafi  ich  den  in  absolutem  Alkohol  uoldslichen  Tbeii 
besonders  untersuchte,  und  dafs  ich  den  darin  lOstichen 
Theil  aus  seiner  wäfsrigen  Lösung,  um  das  C'.hlorblei 
möglichst  entfernen  zu  könoeo,  mit  basisch  essigsaurem 
Bieioxyd  niedersohlug,  den  ausgewaschenen  Niederschlag 
mit  Schwefelwasserstoff  zersetzte  nnd  die  Fliissigkeit  zur 
Trockne  abdampfte.  Es  blieb  ein  braunes  Etttnct  «o- 
rOck,  wovon  ein  Theil  in  Alkab<rf  gelöst  und  mit  Pla- 
tinchlorid versetzt,  auch  nach  langer  Zeit  keinen  Nieder- 
schlag gab.  Die  noch  übrige  Menge  desselben  wurde 
mit  etwas  Wasser  und  concenlrirter  Schwefeisttore  ver- 
setzt, and  auf  die  Weise  behandelt,  wie  eben.  Die  so 
evhaUene  FlQssigkeil  enthielt  ebenfalls  bei  zwei  Vera»- 


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14» 

eben  keine  Spur  von  Ammoniak.  Demi  als  sie  mit  Was- 
ser verdünnt  und  fjUrirt,  das  Filtrat  wieder  abgedampfit, 
und  mit  PlaUndilorid  und  dtberisebem  Alkohol  veneitt 
wurde,  schied  alch  aneh  naeh  langer  Zeit  kein  Ammo- 
Diamplatinchlorid  ab.  Ea  Ist  alao  sicher,  dafs  diejenigen 
Extractivstoffe  des  Harns,  welche  in  absoluteui  Alkohol 
auflöslich  und  durch  essigsaures  Bleioxyd  aus  wäisrif^er 
Lösung  föllbar  sind,  durch  die  Behandlung  mit  Schüre* 
felsttore  kein  Aumoniak  bilden. 

Zur  Darstellung  der  in  absolutem  Alkohol  onlösU* 
chen  Exlractivstoffe  hatte  ich  bei  dem  ersteu,  jelzt  zu 
erwähnenden  Versuche  280  Grni.  Harn  angewendet.  Die 
ganze  Menge  des  daraus  erhalteueii  Exlracts  betrug  4,268 
Gnu.     Davon  wurden  0,397  Grm.  mit  SchwefeJsäur», 
Platlnclilorid  und  jüherhaltigem  Alkohol  wie  oben  be- 
handelt,  kh  erhielt  daraus  0,167  Grm.  oder  42,07  Proc.  - 
Platin.     0,398  Grm.  des  Extracts,  die  nicht  mit  Sehne 
felsSure  behandelt,  sondern  unmittelbar  in  \A  asser  ge- 
löst, und  mit  Platinchlorid  und  ätherhaltigem  Alkohol  ge- 
£äUt  worden  waren,  gaben  0,136  Grm.  Platin  oder  34»i7 
Proc.    1011  Th.  des  Extracia  gaben  also,  mil;  Schwefel- 
s8ure  behandelt,  7»90  Tb.  Platin  mehr,  als  wenn  sie  nirht 
mit  dieser  Säure  behandelt  worden  wären.   Diefs  beträgt 
auf  die  ganze  iMenge  des  aus  280  Grm.  erhaltenen  Ex- 
tracts,  d.  h.  auf  1,208  Grm.  berechnet,  100,17  (irm.  Platin. 
28000Ü  Th.  Harn  gaben  also  100,17  Th.  k'latin,  welches, 
wenn  das  durch  dasselbe  nachgewiesene  Ammoniak  wirH^ 
lieh  nicht  aus  noch  nicht  vollständig  abgesehiedoDem  Harn-  * 
Stoff  oder  aus  Spuren  von  Harnsäure,  sondern  aus  den 
Exlractivstoffen  gebildet  worden  wäre,  einen  Ueberschufs 
¥0n  30^63  Th.  Harnstoff  auf  die  angegebene  Menge  üaiu 
oder  von  0)11  p.  M.  ausmachen  wtirde.   Selbst  die(s  an- 
genommen, würde  %|so  diese  hiedurch  yeranlaiste  Diffe- 
renz so  gering  seyn,  dafs  sie  auf  die  Gote  der  Methode 
der  Bestimmung  des  Harnstoffs  nicht  von  Einflnfs  ist. 
Ich  bin  aber  der  M^uiung,  dais  auch  hier  noch  die  Au- 


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144 


Wesenheit  geringer  Mengen  toh  Harnstoff  ond  Haintiare 

die  Ursache  dieser  Aniuioniakbildung  war,  obgleich  es  wir 
iu  diesem  Falle  nicht  gelang,  sie  nachzuweisen. 

Als  ich  denselben  Versuch  noch  einmal  wiederholte, 
erhielt  ich  aas  240  Gnn.  Harn  1,701  Grm.  eines  Ex- 
tractes,  wovon  0»5657  Grm.,  mit  ScfawefelsSnre  behan- 
delt, 0,146  Grm.  oder  25,81  Proc.  and  0,4998  Grm.,  die 
nicht  mit  Schwefelsliurc  behandelt  waren,  0,0945  Grm. 
oder  18,93  Proc.  Platin  lieferten.  100  Th.  des  Extracts 
gaben  also  6,88  Tb.  Platin  mehr  nach  Einwirkung  der 
SchweielsSure,  als  vor  derselben«  1,701  Th.  des  Extracts 
C^ben  ako  117,03  Tb.  Platin,  and  diefs  wAnie  35,79 
Th.  Harnstoff  entsprechen.  Dieses  beträgt,  anf  den  Harn 
berechnet,  0,15  p.  INI.  Also  auch  hier  wäre  der  Fehler 
so  unbedeutend,  dafs  er  auf  das  Resultat  keinen  wesent- 
lichen Einflufs  hätte,  wenn  ich  diese  Differenz  auch  als 
einen  Fehler  anerkennen  mitfate.  Aber  in  der  noch  fibri- 
gen  Menge  des  Extracts  konnte  ich  noeh  eine,  wenn 
aach  höchst  geringe  Spar  Harnstoff  nachn^eisen.  Es  ist 
dieselbe  also  wenigstens  nicht  ganz,  wahrscheinlich  aber  . 
gar  nicht  auf  Rechnung  der  Extractivstoffe  zu  schreiben. 

Hiebei  mufs  ich  noch  darauf  aufmerksam  machen, 
dafs  die  hiedorch  nachgewiesene  Schwierigkeit,  mit  der 
man  bei  Absdieidung  des  Harnstoffs  von  den  Ezlractiv- 
Stoffen  des  Harns  mittelst  absoluten  Alkohois  m  kSinpfen 
hat,  einen  neuen  Grund  für  die  Ungenauigkeit  der  frü- 
heren Methode  der  Bestimmung  des  Harnstoffs  liefert. 

Endlich  habe  ich  noch  einen  Versuch  gemacht  mit 
denjenigen  Extractivstoffen,  welche  aus  frischem  Harn 
unmittelbar  durch  basisch  essig^ures  Bleloxjd  gefkllt 
werden.  Ich  versetzte  300  Grm.  Harn  mit  einedi  Ueber- 
schufs  desselben,  filtrirte  den  Niederschlag  ab  und  wusch 
ihn  mit  Wasser  aus.  Darauf  rührte  ich  ihn  mit  Wasser 
an,  und  zersetzte  ihn  mit  Schwefelwasserstoflg^.  Die 
vom  Schwefelblei  abfiltrirte  Flüssigkeit  wurde  im  Was- 
serbade eingedampft.  Von  dem  noch  feoditen,  1,606  Grm. 

wie- 


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145 

wiegenden  Reekstam^  worden  0,4125  Gnn.  und  0,551 
Grm.  abgewogen.  Jene  wurden  in  wenig  salzsäurehalti- 
gem  Wasser  gelöst,  und  mit  Platinchlorid,  Alkohol  mid 
Aether  versetzt.  Es  fiel  nur  ein  wenig  phöspboramm 
Kalkerda  nieder,  in  dem  ge^hten  Niedendilage  konale 
nicht  ^ne  Spur  Platin  entdeckt  werden. 

D*e  andere  Portion  des  Extracts  (0,551  Grm.)  wurde 
wie  oben,  mit  Schwefelsäure,  Platinchlorid  etc.  beban- 
delt.   Ich  erhielt  daraus  0,0085  Grm,  Platin.    Diefe  be4 
trägt  auf  1000  Tb.  des  Harns  0,083  Th.  PlaCin,  ond  diefr 
wtirde  bei  der  Bereeknunf;  des  Harmtoft  einen  Fehler 
▼on  0,025  p.  H/L  Teranlasien.  •  Es  ist  aber  wohl  kefnem 
Zweifel  nnterwörfen,  dalis  diese  geringe  Ammoniakbil- 
dung durch  die  Gegenwart  einer  Spur  Harnsäure  zu  er- 
klären  ist.     Denn  durch  basisch  essigsaures  fileioxjd 
mnfste  auch  harnsaures  Bleioxjd  sich  bilden,  welcbe% 
nach  Benscb      in  Waaser,  Alkohol  und  Aetbev  gani 
unktolicfa  ist    Wurde  das  Bleioxyd  dnrch  Schwefelwas- 
serstoff abgeschieden,  so  mnfste  sich  eine  geringe  Spur 
dadurch  frei  gewordene  Harnsäure  in  dem  Wasser  auflö- 
sen, welche  also  auch  im  Extracte  enthalten  sejn  mufiste. 

Die  übrigen  extractartigen  Materien  des  Hanu  von 
Harnstoff  rein  zu  erhalten,  ist  mir  bis  jetzt  nicht  gelsuA 
gen.  leb  konnte  daher  nur  versuchen,  es  möglichst  wahr- 
scheinlich zn  machen,  dafs  bei  Einwirkung  der  Schwe- 
felsäure auf  den  Harn  bei  einer  Temperatur,  die  nur  bis 
180^  C.  steigt,  der  Harnstoff  und  die  Harnsäure  alleia 
es  sind,  welche  die  Bildung  von  Ammoniak  veranlasseii 
können,  kli  benutzte  dteu  die  Thattiache^  dafs  der  Harn* 
Stoff  bei  der  angegebenen  Zersetzung  gleiebe  Atome  Kob^ 
lensäure  und  Ammoniak  liefert.  Bildete  ein  anderer  Stoff 
aus  dem  Harn  bei  dieser  Einwirkung  nur  Kohlensäure 
oder  nur  Ammoniak,  so  konnte  das  Verhältnifs  dieser 
beiden  Stoffe  nicht  das  angegebene  bleiben.  Bildete  er 

1)  Annalen  der  Glieiine  and  Pharmade,  Bd.  54,  5.'2M. 
PoggendorfT»  Annal,  Bd.LXVI,  10 


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146 

i1l«r  bvid««      wfMe  es  bttclwt  «awahrsdieinlkih  tejii, 

dafs  sie  gerade  in  demselbco  Verhältnifs  daraus  erzeuf^t 
werden  sollten,  wie  aus  dem  Harnstoff,  und  nur  wenn 
dieses  der  Fall  wäre,  würde  das  Verhältnifs  der  aus  dem 
Hiffii  mittslst  Schwsfelsailre  cmo^eo  Meoge  AmoNiinak 
QDd  KohlensSare  dasselbe  bleiben,  wie  wenn  sie  ans  rei* 
nem  Harnstoff  entetanden  wiren.  Eneugt  sieb  also  durch 
Schwefelsäure  aus  dem  Harn  so  Tie!  Ammoniak  und  Koh- 
lensäure, dafs  ihr  Gewicht  im  Verhältnifs  ihrer  Atomge- 
wichte steht,  so  ist  mit  Wahrschoiulicbkeit  anzunehmen, 
dals  nur  def  Hamsloff  zur  Bildiuif;  sowohl  dieser  ^Koh- 
len^Hife,  als  dieses  Anunoniaks  bcigetra^n  hat 

Da  aber  ans  dem  Obigen  hervorgeht,  dafs  auch  die 
Harnsäure  Kohlensäure  und  Ammoniak  bei  Einwirkunf^ 
ton  Schwefelsäure  bildet,  so  mufste  entweder  diese  Yor 
dem  Versuche  abgeaebieden ,  oder  nachgewiesen  werden, 
da(a  die  KoblensSore  und  das  Ammoniak,  welche  da* 
dunh  aus  ihr  eraenglt  werden,  gleichbUs  im  Verhiltillfis 
ihrer  Atomgewichte  stehen.  Erst  eres  war  nicht  möglich, 
da  der  Harn  zu  dem  Ende  mit  Salzsäure  lange  Zeit  hätte 
stehen  müssen,  während  dessen  ohne  Zweifel  schon  Harn- 
stoff zersetzt  werden,  also  Kohlensäure  entweichen  mofste. 
Um  letaleres  naehsawetsen,  stellte  ich  mir  einen  Apfpa* 
rat  zasanmlenf  welcher  im  Wesentlichen  eben  so  con- 
strairt  war«  wie  der  oben,  als  ich  von  der  Einwirkung 
der  Schwefelsäure  auf  reinen  Harnstoff  sprach,  beschrie- 
bene. Nur  mufste  um  deswillen  eine  AenderuDg  eintre- 
ten, weil  bei  Einwirkung  der  Scbwefelsöure  auf  Harn* 
sSnrft  aush  Kohlenox)(dgas,  welches,  Ober  glOhendes  Ku« 
pferOiyd  gleitet,  die  JMenge  der  Kohlenshore  hüte  Tor- 
iiebren  müssen,  gebildet  wird,  was  bei  dem  Harnstoff, 
wie  oben  erwähnt,  nicht  der  Fall  ist.  Deshalb  schaltete 
ich  an  Stelle  des  mit  Kupferoxjd  und  Chlorcalcium  ge- 
füllten Rohrs  eiti  anderes  ein,  in  welchen  mit. feuchten 
Bleisuperoxyd  überdeckte  Glasscherben  enthalten  waren, 
mk  welchen. ich  0in  Chlorcalciumrohr  Tcrband.  Jenes 


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147 


0 


war  zur  Aufnahme  der  Dümpfe  von  Schwefelsäure  oml 
der  schweflicbten  Säure  bestimmt 

kb  Jiefa  nan  m  dem  Apf «rate  ScbwcfebSare  ttuf 
HarDtSure  auf  dieselbe  \^eUe  einwiikeii»  anf  welche  ich, 
wie  oben  erwHhnt  den  Harnstoff  durch  sie  zersetzte.  Die 
Operation  war  ganz  dieselbe  wie  bei  den  genannten  Ver- 
suchen, mit  der  einzigen  Abänderung,  welche  nothwendig 
durch  die  VertauscfouD^  des  mit  Kupferop^d  gefttlittfli 
Boifafs*  mit  einem  «nderen»  das  fenclrtea  Bl«isoperoxjd 
enthielt,  bedingt  war» 

Ans  0,3iai  Grm.  HarosSare  erhielt  ich  0,2125  Grm. 
Kohlensä  ure  und  0,677  Orm.  Platin.     Nimmt  man  an, 
dafs  1000  Th.  Harn  durchschnittlich  einen  Theil  Harn- 
sAure  enthalten,  so  wtirde  der  Gewichtszuwachs  der  Kob- 
lensllnre  und  des  Platins  >  wclcber  wegen  der  Anweien- 
halt  der  Hnmsilure  zu  d«Q  aus  dem  HamstofT  erhaltenen 
Qnantittften  derselben  hinzukommen  mufs,  0,68  und  2,16 
p.  M.  betragen.     Diese  Zahlen  stehen  nicht  ganz  genau 
im  Verhältnisse  der  Atomgewichte  der  Kohlenstture  nml 
des  Platins,  sie  weichen  aber  nur  wenig  von  diesem  Ver- 
hiltnlfe  ab,  und  berechnet  man  die  diesen  MeDgen  eal- 
sprechenden  Quantitäten  Harnstoff,  so  wtfrde  die  Diffo** 
renz  derselben  den  Fehler  angeben,  welcher  höchstens 
bei  den  beabsichtigten  Versuchen  durch  die  Anwesenheit 
der  Harnsäure  veranlafst  werden  würde.    Biese  Quanti- 
täten Harnstoff  betragen  aber  0^  und  0,66  p.  M.  des 
angewcödelMi  Harns*  Bcr  Fehler  wtirde  also  0,27  p.  M. 
betragen,  luid  zwar  wtlfde  so  viel  HamstofT  zu  viel  aus 
der  Menge  der  Kohlensaure  berechnet  werden  müssen. 
Wenn  mau  aber  an  Harnsäure  sehr  armen  Harn  zu  den 
Versuchen  wählte,  so  würde  dieser  Fehler  noch  bedeu» 
tend  verringert  werdeo.   Ich  hielt  daher  dafür,  ,  dafs  bei 
Anwendung  solchen  Harns  die  Yersuche  ein  durchaus 
genttgendes  ResoUat  liefern  mOfeten,  auch  wenn  die  Harn- 
säure nicht  vorher  abgeschieden  würde. 

Noch  habe  ich  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dais 

10» 


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148 

die  ubi^er  Meii^e  Platin  entsprecheude  Quantität  Stick- 
stoff, uätnüch  31,02  Proc.  sehr  nabe  mit  der  überein-  . 
«timmt«  welche  ich  nadi  dem  weifer  oben  angeführten 
yer8iifd|l«.«rbiltea  halte.  Dorf /beUnig  aie  30,64  Proe.  ' 

Aalierdem  aber,  dafs  naohgearieseu  werden  mufirte, 
dafs  die  aus  dem  Harn  mittelst  Schwefelsäure  erzeugte 
Mengen  Ammoniak  und  Kohlensäure  im  Verhältnifs  ihrer 
Atomgewichte  stehen,  war  es  noihwendig  zu  zei^u,  dafs 
dkrac^e.Harn  stets  dieselbe  Menge  Kohleoeäure  und  htth 
moniak  auf  die  angegebene  Weise  lieferte.  IHeür^ 
adbah  auf  üti  Weise,  dafs  aafi^er  den  Harn,  welcher  in 
dem  sogleich  zu  erwähnenden  Apparate  mit  Schwefel 
säure  erhitzt  wurde,  noch  eine  zweite  Quantität  dessel- 
ben auf  dieselbe  Weise  in  einem  Tiegel .  zersetzt  wurde, 
wihrend  die*  Koblensäuffe.  i^erloren  ging. 

Der.  Appuraty  ' Welcher  tu  dm  |etzt  an  ctnuttluuiidea 
Versuchen  diente,  war  derselbe,  welcher  bei  Zemelzmig 
der  Harnsäure  durch  Schwefelsäure  benutzt  worden  war; 
nur  nmfste  wegen  des  Gehalts  des  Harns  an  Chlormetal- 
len, aus  denen  nothwendigerweise  Salzsäure  bei  £iuwir* 
huiig  heifser  Scbwefekfture  entwickelt  werden  oMiCste,  Tor 
dem  Rohr  mit  Bleienperozyd  eio  anderes  Bohr  eingcschallet 
werden, 'welches  mit  von  einer  Auflösung  Tdn  sohwefel» 
saurem  Siiberoxyd  benetzten  Glasscherben  geföllt  war. 

Als  ich  mir  eben  diesen  Apparat  zusammengestellt 
hatte,  erfuhr  ich  zufällig,  daCs  Hr.  Dr.  Ragsky  in  Gie* 
Snn^  sich  schon  seit  dem  Sommer  TorigMk  JalMs  mit  derr 
selben  Arbelt  beschäftigt»  und  dafs  er  sie  last  voUeiidel 
hdl>e.  Abgesehen  daron,  dafs  ich*  es  bedauert  hlltte,  einli 
so  weit  vorgeschrittent?  Arbeit  um  deswillen  plötzlich  ab- 
zubrechen, hielt  ich  dafür,  dafs  es  fUr  die  Sache  selbst 
sehr  vortbeilhaft  sejr,  wenn  sie  von  zwei  Chemikern,  wel- 
«dm'diirchails  Tan  einabder  nnabfaingpg  sind,  gletchieitig 
liüatfheitbt  würde.  Ich  setzte  daher  meine  AiMt  fort 
Doch  sehe  ich  mich  Teranlalst  zu  bemerken,  dafs  ich( 
auch  wenn  dieselbe  etwa  früher  erscheinen  sollte,  als 


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149 

die  des  Dr.  Ragsky,  tiiobt  dwnit  beal»icfatige ,  diesem 
die  Priorität  des  Gedankens,  den  Harnstoff  aus  dem  durch 
Schwefelsäure  daraus  erzeugten  Ammoniak  zu  bestimmen, 
streitig  za  machen.  Nur  mu(s  ich  für  mich  gleichfalls 
die  Anerkennung  vollkommener.  Unabhängigkeit  meiner 
Arbeit  itt  jedem  ihrer  Theile  in  Ansprach  nehmen. 

Die  Versudie-  geschahen  nun  auf  folgende  Wefeet 
Es  wurden  drei  gewogene  Quantitäten  desselben  frisch 
gelassenen  Harns  in  die  Retorte,  in  einen  grofsen  Pla- 
tintiegel und  in  ein  Becherglas  gebracht.  Aus  der  letz- 
teren Quantität  wurde  milteist  Platinohlorid,  absolaten 
Alkohol  und  Aether-  auf  die  oben  angegebene  Weise 
diejenige  Menge  Platin  bestimmt)-  w^^che  aus  dem  da- 
durch  gefällten  Kalium-  und  Ammoniumplatinchiorid  er- 
halten werden  konnte. 

Diejenige  Quantität,  wekhe  in  die  Retorte  gebracht 
worden  wir,  warde  iebenvso  io  dem  neuen  Apparate:  be- 
hattdelt,  wie  in  dem- früher  beschriebenen  die  Auflösung 
des-  reinen  'Hamstolfe.  Jedoch  gebrauchte  ich  stets  die 
Vorsicht,  zu  beobachten,  ob  nicht  beim  Zusatz  von  Schwe- 
felsäure zu  dem  Harn  ( wobei  er  sich  natürlich  stark  er- 
hitzte) eine  geringe  Gasentwicklung  bemerkt  werden 
könnte»  loh  habe  nie  etwae  der  Art  beobachten  kön- 
nen. Femer  .wurde  die  schwarze,  in  Wasser  unlösliche 
Substanz,  welche  Öbrigens,  anfser  Kohlenstoff  noch  Sticke 
Stoff,  und  wahrscheinlich  auch  noch  Wasserstoff  und 
Sauerstoff  enthielt,  wenn  die  Flüssigkeit  aus  der  Hetorte  » 
gespült  wurde,  abfiltrirt,  das  Filtrum  ausgewaschen,  und 
die  abfiitrirte  Flüssigkeit,  ertit  nnchdem  sie  eingedampft 
worden  ist,  auf  die  erwtthnte- Welse  gefällt  Endlich 
liefe  idi  die  Temperatur  der  Fltlssigkeit,  welche  durch 
ein  Thermometer  reguÜrt  wurde,  nur  bis  160"  oder  170** 
steigen,  wobei  der  Harnstoff  schon  vollständig  zersetzt 
wird,  während  eine  Kohleostturebilduug  aus  den  Extractiii. 
Stoffen  des  Harns  weniger  su  ftlrchten  ist  als  bei  höhe* 
rer  Temperatur. 


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150 


Diejeoige  Menge  Hain  eodlidi,  welcbe  in  den  gio« 

Isen  Platinüegel  gegossen  worden  war,  warde  mit  con- 
centrirter  Schwefelsäure  gemischt,  und  zuerst  bei  offe- 
nem Tiegel  über  einer  höchst  kleinen  Spiritusflamme  er- 
bitst)  bis  das  Wasser  zum  ^öfsten  Theil  verdaoalel  ww^ 
ohne  daÜB  die  Flitaaiglieil  ixim  Kochen  Rommen  wäre. 
Dann  bedeckte  ich  den  Tiegel  mit  einem  Uhrglaae,  und 
erhitzte  ihn  so,  dafs  der  Inhalt  degselben  keine  höhere 
Temperatur  als  180°  C.  annehmen  konnte.  Die  Einwir- 
kung  der  Schwefelsäure  war  vollendet,  wenn  sich  bei 
dieser  Temperatur  aus  der  Flüssigkeit  keine  Bläschen 
m^r  enlvnckelten»  Jetzt  wurde  die  Masse  mit  Waaser 
verdünnt,  und  mr  Abacheldung  der  sohwarzen  kohle* 
ähnlichen  Substanz  filtrirt  und  diese  ausgewaschen.  Nach 
dem  Abdampfen  der  Flüssigkeit  wurde  aus  dem  Rück- 
stände das  Kali  und  Ammoniak  auf  dieselbe  Weise  ge- 
füllt, und  das  Platin  eben  so  zur  Wftgung  geluraoht»  wie 
es  oben  bei  Untersnehnng  des  Harns  auf  seinen  Ammo* 
niak-  und  Kidigehalt  schon  beschrieben  iat  En  den  Vee« 
suchen  wurde  von  drei  verschiedenen  Personen,  jedesmal 
kurz  vor  dem  Versuche  gelassener  Morgenharn  benutzt. 
Zwei  dieser  Personen  waren  daran  gewöhnt  viel  Wasser 
zu  trinken»  daher  die  starke  Verdünnung  ihres  Harns« 

Der  unter  I  angegdbene  Veisue^  diente  mir  zu  ei* 
ner  Torfalnfigen  Probe,  ob  man  aua  versehiedenen  Misn- 
gen  desselben  Harns  einigermafsen  entsprechende  Men- 
gen  Platin  erhalten  könne.  Es  wurden  daher  beide  Por- 
tionen in  Tiegeln  mit  Schwefelsäure  behandelt,  und  das 
ans  dem  ursprünglich  im  Harn  enthaltenen  Kali  und  Am- 
moniak entspringende  Platin  mobt  besondere  bestimmt 
'  Bei  den  fibrigen  Versuchen  habe  ick  den  dureh  die  An* 
Wesenheit  der  Harnsäure  im  Harn  verursachten  Fehler 
unberticksichtigt  gelassen,  und  habe  aus  der  ganzen  Menge 
der  Kohlensäure  und  des  Platins,  welche  dabei  erhalten 
.  wurde,  die  Quantität  des  Hamsiolfa  berechnet. 

Nach  dieser  Methode  erhielt  ich  folgende  Reanllatee 


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151 


I.  Aus  ^1  Gnn.  Hani  efliielt  ioli  «^745  (km. 
oder  47,08  p.  M.  Platin,  and  ans  6,696  Gm»,  dcsaelbea 
Hania  0,9045  Gm.  oder  46,30  p.  M.  Platio.  Der  Un- 
terschied ist  also  0,78  p.  M. ,  der,  da  das  doppelte  Atom- 
gewicht des  Platins  mehr  als  dreimal  gröfser  ist,  als  das 
einlaGhe  dee  Harnstoffs,  auf  weoiger  als  ein  Drittheil  kci 
fiereclinung  dea  «HarostolGi  Terriogert  «irerden  «Orde. . 

IL  Aua  13,703  Gnu.  &rn  eiineU  ich  :0^130>  Grtn. 
Kofileusllvre  imd  0,661  Grm.'  oder  47,92  p.  M.  Pktin, 
und  aus  6,0165  Grm.  desselben  Harns  0,3042  Grm.  oder 
50,56  p.M.  Platin.  9,9017  Grm.  Harn,  unmittelbar  mit 
üatintliiond  gefällt,  gaben  41^032  Grm.  Platm  oder  3»2ä 
m  Ana  der  KokknaaureaMagefmden  0^1005  Grm« 
oder  13^1  p.  ML  Hamatoff  Jberechnet;  aus  4eal  Pkti% 
nach  Alnug  der  3,23  p.  M.  Pktin,  13,67  p.  BL  nnd  14,47 
p.  M. 

III.  10,7045  Grm.  Harn  gaben  0,1705  Grm.  Koh- 
knsSure  und  0,7735  Grm.  oder  72,26  p«  M.  PlaUo/  Die 
aweite  Pktmwignng  mifiBgMkkte.  Aua  14,'2727  Gm.  er.- 
Ideh  Ich  0;0214  Grm.  oder  1,50  p.  VMm.  Damm 
ist  berechnet:  21^3  p.  M.  und  21,64  p.  M.  HamstolT. 

IV.  15,958  Grm.  H^rn  gaben  0,1967  Grm.  Koh- 
lensäure und  0,9588  Grm.  oder  60,09  p.  M.  Platin.  Aus 
7,852  Grm.  desselben  Harns  erhielt  ich  0,4425  Gm.  (»der 
56,35  p.  M.  Platin.  Bei  diesem  ktslen  Vevmiebo  wär  etl- 
mm  durch  einim  Rokll  irmrkren  gegangen.  13,2983  Gm. 
desselben,  nicht  mit  Sehwefekfture  behandelt,  gaben  0,063 
Grm,  oder  4,74  p.  M.  Platin.  Aus  der  gefundenen  Menge 
Kobkns&ure  findet  man  die  Menge  des  Harnstoffs  in 
^ieaem  Harn  gleich  0,2696  Gm«  oder  16ji0  p.M.,  aus 
dem  Pktia^eich  lJit93  md  15,78. p.M.  .  . 

V.  Aus  15,8352  Gnn.  Harn  erhielt  ich  0,877  Grm. 
Kohlensäure  und  1,355  Grm.  oder  85,57  p.  M.  Platin. 
6,9865  Grm.  gaben  0,6007  Grm.  oder  85,98  p.  M.  Pk- 
tin. Endlich  erhielt  ich  aus  11,8763  Grm.  Harn,  der 
Mcht  mit  SehspekkKuitt  behamlelt  war,  0,0967  (Grm.  odaf 


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152 


8,14  p.  M«  PJatiu.  Hieraas  ^ird  JMrecbiifii  2%08;  23,68 
Diid  8330  f.  M.  Harastolf. 

VL  Aus  13,1785  Gm.  Harn  erhielt  ich  0,2805  Gmu 

Kohlensaure  und  1,308  Gnn.  oder  99,25  p.  M.  Platia. 
9,3738  Grm.  gabeo  0,9375  Gnn.  oder  100,01  p.  M.  Pla- 
tin. Endlich  erhielt  ich  aus  15,004  Grm.  defiselben  Hariis^ 
der  fÜMsh  mit  Platinchlorid  gefällt  wurde,  0,1742  Grm. 
oder  11,61  p.  M.  Pktin.  IMe  Reohaimg  glebt  30,11  p.  M., 
26,80  p.  M.  and  27,03  p.  M.  Ilemstoff.  Bei  dtesem  Ver- 
suche war  offenbar  zu  viel  Kohlensäure  gebildet  worden. 

VII.  8,4485  Grm.  Harn  gaben  0,1522  Grm.  Koh- 
lensäure und  0,762  Grm.  oder  90,19  p.  M.  Platin,  und 
8,331  Grm.  desselben  Harns  0,7435  Grm.  oder  89,24 
pwM.  PkÜB.  11,108  Grok,  aogleicb  nach  dem  Laaaea 
mit  Platinchlorid  f^üillt ,  gaben  0,0033  Grm.  oder  8^40 
p.  M.  Platin.  Die  Rechnung  giebt  24,69 ;  25,01  and  24,73 
p,M.  Harnstoff. 

VUL  9,1262  Grm.  Harn  gaben  0,0954  Grm.  Koh- 
lensäure  und  0^460  Grm.  oder  51,39  p.  M.  Platin.  Die 
Bweite  Plalinwagung  milsglfickte.  Aus  22,8155  Gim.  des- 
selben, •  nidit  mit  Scfawefslsiare  behandelten  Harns  er- 
hielt ich  0,085  Grm.  oder  3,73  p.  M.  Platin.  0,1308  Grm. 
oder  14,33  p.  M.  ist  die  Menge  des  aus  der  gefundenen 
Quantität  Kohlensäure,  und  14,57  p.  NL  die  des  ans  dem 
Pktin- berechneten  HarasftoffiB. 

•  .  IX.  Ans  7,919  Grm.  Harn  erhieh  kh  0,1537  Gm. 
KoUensXore  und  0^7215  Grm.  oder  91,11  p.  M.  Platin; 

aus  8,5062  Grm.  dagegen  0,7757  Grm.  oder  91,19  p.M. 
Platin.  Endlich  gaben  9,924  Grm. ,  frisch  mit  Plaünchlo- 
rid  geföiit,  0,0365  Grm.  oder  3,68  p.  M.  Platin.  Die 
Rechnung  giebt  26,61  p.M.;  26,74  p.  M.  nul  26^76  p«M. 
Hamstoff. 

X.   Aus  10,910  Grm.  Harn  endlich  erhiek  ich  0,1544 

Gnn.  Kohlensäure,  und  0,791  Grm.  oder  72,50  p.  M. 
Platin,  und  aus  9,529  Grm.  Harn  0,6926  Grm.  oder  72,68 
p^M.  Pktin.    Aus  11,9113  Grm.  desselben  Harns  •  eiv 


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153 

Ikh  kb  eadlidi,  ab  «r  im  ayverlndeiteii  Zwtande  mit 

Plalinchloricl  gefällt  mirde,  0,1113  Grm.  oder  9,34  p.  M. 
Platiu.  Die  Rechnung  ergiebt  aus  der  gefundenen  Menge 
Kohlensäure  0,2116  GriD.  oder  19,40  p.  M.  HarnstofE, 
aus  deo  gefundenen  Mengen  Platin  alter  19,31  p«  M.  und 
19^7  p.  M.  HamtoO. 

Die  Resultato  der  Versvohe  sttUe  ich  xnr  betaeren 
Uebersicht  nochmals  zusammen.    Ich  fand: 


Aua  der  KtoUeiitiiire  berecfli^ 
neCe  Meage  de«  HanHPlatti 
Abi  dOB  Plalin  bereduwCe 

d^  Platin  berechiiete 


leiige  des  Hamatofib 


Aus  der  Kohlensaure  berech- 
nete Menge  des  Harnstoffs 

Aus  dem  Platin  berechnete 
Menge  des  HarnstofTs 

Ans  dem  Platin  berechaeie 
Menge  des  Harnstofüs 


II. 

in. 

IV. 

V. 

VI, 

ao,u 

IW 

ltt»93 

28^68 

26,80 

IM? 

15,78 

23,80 

27,03 

VII. 

VIII. 

IX. 

X. 

24^69 

14,33 

26,61 

19,40 

25^01 

14,57 

26,74 

19,31 

24,73 

• 

26,76 

19,37. 

Qstimmenden 

Resultate 

dieser 

Versuehe  «eigen  erstens ,  daüi  in  demselben  Harn  dnidi 
die  Behandlung  mit  Schwefelstee  stels  dieseihe  Menge 
Ammoniak  erzeugt  wird,  und  zweitens,  dafs  die  daraus 

erhaltene  Menge  Kohlensäure  zu  der  des  Ammoniaks  stets 
in  dem  VerhäUnifs  der  Atomgewichte  dieser  beiden  Stoffe 
steht.  Nur  bei  einem  Versuche  war  die  Menge  der  gie- 
landenen  KohlensAure  etwas  an  grofii.  Es  ist  wohl  an- 
snneiunen,  dais  diese  einzige  Ausnahme  durch  einen  nicht 
bemerkten  Fehler  in-  dem  Versuche  eikhlrt  werden  mufe. 
Es  folgt  also  daraus  nicht  allein,  dafs  diese  Methode  den 
Harnstoff  zu  bestimmen,  mit  Sorgfalt  angewendet,  nicht 
verschiedene  Resultate  geben  kann,  sondern  auch,  dais 
nur  in  Jmn  Fall,  einer  der  anders»  im  Harn  enthaltenen 
Staffe  aach  bei  Eminrkmig  von  Scfawefelsltair«  Anunoniak 


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164 


bilden  kOaye,  weno  er  dabei  sogleich  viel  KoMen« 
•Sure  bildet ,  dafs  beide  im  Vefbaltiillt  ihrer  Aton^* 

wichte  stehen.  Dieser  Fall  ist  sehr  unwahrscheinlich. 
Leider  ist  es  mir  aber  nicht  müglich  gewesen,  seine  Un- 
möglichkeit zu  beweisen.  Allein  ich  liabe  wenigstens  für 
die|enigeD  Ertraclivfitoffe,  welche  dem  Hamatolf  ab» 
icheidbar  tiad,  oben  nacbgewieaen,  diüi  aie  nicht,  oder, 
wenn  Oberhaupt,  dodi  so  nnwesentlich  vn  der  AmnKK 
niakbildung  beitragen,  die  sfallfindel,  wenn  Harn  mit 
Schwefelsäure  abgedampft  wird,  dafs  durch  sie  diese  Me- 
tlMide  der  Bestimmung  des  Harnstoffs  nicht  uobniuchbar 
gemacht  wird.  Ich  glaube  mit  Znversicht  annebmen  tn 
dOrfen,  dafs  anch  die^  Übrigen,  von  dem  Harnstoff  bis 
jetzt  nicht  genau  abscheidbaren  Stoffe  auf  die  angege- 
bene Weise  kein  Ammoniak  bilden,  da  das  Verhältnifs 
der  Kohlensäure  und  des  Ammoniaks,  welche  aus  dem 
Harn  durch  Schwefelsäure  erhalten  werden,  dasselbe  ist, 
als  wenn  man  reinen  Harnstoff  damit  behandelt  Doch 
bin  ich  weit  entfernt  es  für  ▼ollkommen  bewiesen  zu 
halten.  Es  ist  aber  bis  jetzt  noch  nieht  mOglich,  den 
letzten  Zweifel  zu  heben.  Ich  glaube  aber  dennoch,  dafs 
diese  Methode  der  Bestimmung  des  Harnstoffs ,  an  der 
einen  Fehler  zu  entdedben  mir  nicht  gelungen  ist,  den 
insiier  lielLannten,  an  denen  -  ick  leicbt  mcbien  Fehler 
nachweisen  konnte,  für  jetst  volwinehen  iat.    .  .  . 

Jetzt  habe  ich  die  ganze  Methode,  dereii  TfaeSe  in 
dem  Obigen  nur  zerstreut  aufzuiiDden  sind,  nodimaU 
zusammenzufassen. 

•Um  den  Harnstoff  naeh  derselben  zu  bestimmen,  fülil 
osaii  ein  Glfiscben,  das  etwa  2ö  Grmv  Waaaer  fafiit,  mit 
■frisch  gelaaaenein  Hani^  beatreicht  eeineo  Rand  an  einer 
Stelle  mit  Talg,  bedeckt  ea  mit  einem  Deckgtase  und 
setzt  es  auf  die  Waage,  Nachdem  sich  die  Temperatur 
desselben  mit  der  der  umgebenden  Luft  ius-iGleicbge- 
iwicht  gesetzt  bat,  wMgt  man.  Daraul  giefat  iawi,.indein 
«UM»  das  ivItedMi  »t  einer  ZaD^a  eanider  Waa^t  niMm, 


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155 

etwa  6  bis  B  Gnu.  des  Harns  in  ein  Becberglas  und 
wigt  nun  das  von  Neuem  zugedeckte  Gläschen  wieder. 
Darauf  giefst  man  auf  dieselbe  Weise  die  übrige  Menge 
des  Harns  in  eki  zweites  Glas  und  wagt  das  Gks  nocbmak. 

Die  entere  Quantität  des  Harns  trenetst  nan  mit  elwn 
30  TiDpfeo  Salislare  und  Iftfst  sie  24  Standen  lang  an 
einem  kühlen  Orte  stehen.  Dann  filtrirt  man  die  FItls« 
sigkeit  durch  ein  sehr  kleines  Filtrum  in  einen  grofsen 
Platiutiegcl,  oder,  in  Ermanglung  desselbeu,  in  einen  gro- 
fsen  Poreeliantiegel,  wflscbt  Glas  und  Filtron  mit  mdg- 
Üelist  wenig  Wasser  aus,  Tersetst  das  Filtrat  mit  etirn 
6  Grm.  Schwefelsaure,  und  dampft  die  FHtosigkeit  bei 
offenem  Tiegel  mittelst  einer  so  schwachen  Flamme  ei- 
ner kleinen  Spirituslampe,  dafs  sie  nicht  kocht,  so  weit 
ab,  bis  die  Einwirkung  der  Schwefelsäure  auf  den  Harn* 
Stoff  beginnt,  welobe  sich  durch  Blasenwerfen,  oamlioh 
dareh  KohleBsanreentwicklang,  kund  gjebt  Dann  be- 
deckt man  den  Tiegel  mit  einem  Dhi^lase,  und  etyizl 
ihn  80  lange  mit  derselben  kleinen  Flamme,  bis  die  Gas- 
entwicklung aufhört,  und  Dämpfe  von  Schwefelsäure  den 
Tiegel  zu  füllen  beginnen.  Man  kann,  um  die  Tempe- 
ratur tu  regniiren,  ein  Thermometer  in  die  FÜlsaigLeiC 
toaclMn.  Es  darf  dieses  ohne  Gefahr  bis  I80<*  steigen« 
Nachdem  die  Zersetiong  TollendlBt  ist,  spritzt  man  das 
Uhrglas  mit  etwas  Wasser  ab,  spült  den  Inhalt  des  Tie- 
gels mit  diesem  Wasser  auf  ein  Filtrum  und  filtrirt  die 
Flüssigkeit  in  eine  Porcellanschaie.  Nachdem  der  Tiegel 
und  das  Filtrqm  vollkommen  aosgswnsdien  sind,  dampft 
man  die  Flüssiglieit  so  weit  ein,  bis  iast  alles  Wasser 
verdunstet  ist,  und  fast  conoentrirte  Schwefelsaure,  die 
natürlich  schwefelsaures  Ammoniak,  schwefelsaures  Kali, 
schwefelsaures  Natron,  phosphorsaure  Salze  und  organi- 
adm  Bestandtheile  enthält,  zurückbleibt.  Darauf  giefst 
man  anf  diesen  Rttckstand  etwa  «manag  Trdpfen  Sals» 
saure,  eiae  binrticheade  Quantität  natincblorid,  endlieh 
eise  MisdNiDg  von  Aether  und  Alkohol,  wovon  vier 


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156 

Tbeile  aioeii  Theil  Aotlier  Mtbaken,  and  nMht  alles 

gut  durcheinander.  Sollte  die  Flüssif^keit,  welche  über 
dem  entstandenen  Niederschlage  steht,  entweder  farblos 
oder  nur  blafsgeib  gefärbt  sejn,  so  hat  man  zu  fürch* 
teo»  dafs  noch  niobt  aUes  Kaii  uod  AmnMmiak  als  Pia- 
tinsah  gelftlU  ist,  aod  dafii  sie  der  NiederscUag  an  Schwe- 
felsäure gebnndeD  enthsit.  Man  braucht  dann  nornoch 
etwas  Platinchlorid  hinzuzufügen,  wodurch  selbst  die  nie- 
dcrgeschlagenea  schwefelsauren  Salze  von  Kali  und  Am- 
moniak in  die  entsprechenden  Platiuverbindungen  um^je- 
wandelt  werden.  Nach  8  bis  10  Stunden  filtrirt  man 
den  so  ei^allenen  Niederschlag  ab,  wfiscbt  ihn  mit  Stbier* 
baltigem  Alkohol  aus,  trocknet  ihn  gelinde  und  glüht  ihn 
in  einem  gut  zugedeckten  gewogenen  Platintiegel ,  nach* 
dem  er  in  das  Filtrum  eingehüllt  worden  ist,  so  lange, 
bis  aller  Salmiak  sowohl,  wie  das  Chlor,  ans  dem  Pia- 
tinchlohd  verjagt  ist  Darauf  öffnet  man  den  glfifaenden 
Tiegel  und  verbrennt  das  FUtrum,  so  weit  es  mÖgUeb 
ist,  Ufiit  ihn  eriudten  und  Obergiefst  seinen  Inhalt  mit 
kochender  verdünnter  Salzsäure,  filtrirt  die  Flüssigkeit 
ab,  und  wiederholt  diefs  so  lange,  bis  die  vom  Filtrum 
abtropfende  Flüssigkeit,  auf  Piatinblech  verdunstet,'' kei< 
nen  Rückstand  läfet«  Jetzt  wird  das  Filtrum  und  der 
Tiegel  bei  gielinder  Wttnne  getrocknet ,  )enes  in  diesem 
verbrannt  und  der  Tiegel  gewogen.  Nach  Abzug  der 
Asche  des  Filtrums  erhält  man  auf  diese  Weise  die  Menge 
des  Platins,  welche  der  Menge  des  Kalis,  Ammoniaks 
imd  Harnstoffs  im  Harn  entspricht. 

Bie|enige  Quantität  Hara,  welche  in -ein.  Beoberglaa 
eingewogen  worden  ist,  wird  sogleich  mit  Platinchlorid, 
dem  dreifschen  Volumen  absoluten  Alkohols  und  dem 
einfachen  Volumen  Aether  versetzt,  der  erhaltene  Nie- 
derschlag nach  8  bis  10  Stunden  abültrirt  und  in  einem 
gut  bedeckten  gewogenen  Platintiegel  so  lange  gegUlbt^ 
bis  weder  Salmiak  noch  Chlor  ferner  entweicbcii.  Dar- 
attf  wMht  man  die  geglühte  Ma^e  mit  hocbeoder  v^r- 


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157 


dünuter  Salzsäure  auf  dieselbe  Weise  aus,  wie  ich  es 
oben  beschrieben  habe.  Das  Filtrum,  von  welchem  die 
WascbflfiMigkeit  abfliefst,  wird,  Dacbdem  ob  getrocknat 
ist,  in  dem  Platintiegel  verbraont  und  dieser  gewogen. 
Man  erhalt  dadarcb'das  Gewicht  derjenigen  Menge  Pla- 
tin, welche  dem  Kali-  und  Ammoniakgehalt  des  Harns 
entspricht.  Die  Differenz  der  auf  100  Th.  Harn  berech- 
neleu,  nach  den  beiden  Versuchen  gefundenen  Platin- 
MBgen  giebt  also  diefenige  Menge  Platin  aii,  welche  der  . 
in  100  Tb.  Harn  enthalteien  Quantität  Hamiitolf  entr 
spricht  Aus  einein  Atom  Harnstoff  (C*ll*ll*0')  er- 
hält man  zwei  Atome  Platin.  Der  Versuch  ist  also  been- 
det, wenn  es  nur  darauf  ankommt  den  Harnstoff  zu  be- 
stimmen. 

Auf  eine  einfache  Weise  läfet  sich  aber  zugleich  die 
Quontitftt  des  Ammoniaks  und  des  Kalis  in  dem  Harn 
bestimmen.    Man  Bat  nur  die  Flüssigkeit,  welche  Ton 

dem  in  dem  zweiten  Versuche  erhaltenen  Platin  abfiitrirt 
ist,  und  welche  die  ganze  Menge  des  im  Harn  vorhan- 
denen Kalis  enthölt,  einzudampfen,  mit  Platinchlorid  und 
Alkohol  SU  fällen,  und  das  in  dem  Niederschlage  ent^ 
haltene  Platin  auf  dieselbe  Weise  zu  bestimmen,  wie  es 
oben  weitlüufig  auseinandergesetzt  ist.  Aus  dieser  Menge 
Platin  lafst  sich  unmittelbar  die  des  Kalis  berechnen. 
Aus  der  Differenz  derselben  und  derjenigen  Quantität, 
welche  dem  im  Harn  enthaltenen  Kali  und  Ammoniak 
entspricht,  kann  die  Menge  des  lettteren  durch  Rech- 
nung gefunden  werden.  Man  bestimmt  sonach  nach  dio- 
ser  Methode  durch  die  Wägungen  von  drei  auf  yerschie>> 
dene  Weise  erhaltenen  Mengen  Platin  die  Quantitäten 
dreier  verschiedener  Stoffe  im  Harn,  des  Harnstoffs,  des 
Kalis  und  des  Ammoniaks. 

Wenn  es  bei  einer  Bestimmmig  des  Harnstoffs  nicht 
auf  eine  vollkommene  Genauigkeit  ankommt,  so  kann 
die  obige  Methode  sehr  abgekürzt  werdeit  Wie  ich 
oben  schop  nachgewiesen  habe,  bildet  die  Harnsäure, 


158 

Vfeim  sie  mit  Schwefelsäure  erhitzt  wird,  stets  ziemlich 
f^enau  dieselbe  Menge  Auiinoiiiak.  Da  nun  der  Gehalt 
des  Harns  an  dieser  Säure  sehr  gering  ist,  tiod  also  auch 
Ml  Verbfiilnifa  ta  der  Menge  de»  Harns  betrachtet  ovr 
tehr  wenis  variirt,  so  kaoo  onaQ  die  Abschefdang  der- 
selben aus  dem  Harn,  ebe  er  ihit  SehwefelsSure  behan- 
delt wird,  füglich  unterlassen.  Der  Fehler,  welcher  da- 
durch entsteht,  beträgt,  wenn  man  den  durchschnittlichen 
Gehalt  des  Harns  an  Harnsäure  zu  1,0  p.  M.  annimmt, 
noch  nicbt  t),7  p.  M.  Man  kann  ibn  aber  dadarch  nocb 
geringer -machen,  dafe  man  dnrcb  ScbBtzong  nach  einem 
qualitativen  Versuche  die  uifgefilhre  Menge  der  Harn- 
säure in  dem  untersuchten  Harn  bestimmt,  und  danach 
0, 1  bis  0,8  von  der  in  lUOO  Tb.  Harn  gefundenen  Ham- 
stoffmenge  abzieht. 

Auch  kann  man  den  Rückstand  nach  der  £inwir- 
kang  der  SehwefelsSure  anf  den  Harui  anstatt  ihn  zo 
▼erdOnnen  nnd  zu  filtrtreo,  sogleich  mit  Plattndilorid 
und  älherhalttgem  Alkohol  füllen,  da  die  durch  )ene  Fil- 
tration abscbeidbaren  Stoffe  entweder  vollständig  ver- 
brennen, oder  dbch  die  geringe  Menge  Asche,  welche 
sie  bilden  .könnten,  durch  das  nachherige  Auswaschen  mit 
kochender  TerdOnnter  SalzsS'ore  entfernt  werden  würden 
Man  hat  sich  dann  nur  zu  hfUen  den  Niederschlag,  wenn 
er  geglüht  werden  soll,  sogleich  stark  zu  erhitzen;  denn 
durch  die  dadurch  erzeugteil  Gase  könnte  leicht  eine 
kleine  Menge  Piatin  mechanisch  mit  fortgerissen  werden, 
wihrend  dieser  Verlost  nicbt  zu  befOrchtett  ist»  wenn 
man  den  Tiegel,  welcher  den  Niedersehlag  enthilt,  im- 
emt  schwach  und  erst  allmSlig  immer  stSrker  erhitzt. 

Diejenige  Correction  aber,  welche  durch  den  Ge- 
halt des  Harns  an  Kali  und  Ammoniak  nothwendig  ge- 
macht wird,  kann  man  nicht. fortlassen,  ohne  einen  be- 
deutenden Fehler  z|i  verursachen.  Aus  den  obigen  zahl- 
reichen Versuchen  geht  hervor,  dats  die  dem  im  frischen 
Hatn  entballencn,  Kali  und  Ammoniak  entsprechenden 


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159 


Mengen  Platin  sehr  variiicu  können.  Ich  erhielt  zwi- 
schen 1,5  und  11,6  p.  M.  Platin.  Wollte  man  diefs  ^luiz 
▼eniacMisMy n ,  so  würde  man  also  einen  Fehler  ma» 
chflu»  4kr  tm'mekea  ^fi  und  p.  M.  scbitankte.  Man 
ktt— te  ihn  freilich  dadurch  Terrhigenl«  dafii  man  in  je- 
dem Falle  2  p.  M.  von  dar  gefundenen  Menge  Harnstoff 
in  Abzug  brächte;  allein  dessen  ungeachtet  würde  er  sich 
hienach  doch  noch  immer  auf  1,5  p.  M.  belaufen  kön- 
nen. Es  ifiire  also  nar  dann  diese  Correction  zu  ver- 
nacUissigen,  wenn  es  auf  einen  so  preisen  Fehler  nicht 
aBkemmti 

Wenn  nun  auch  ans  meinen  Versnebeu  hervorge- 
hen möchte,  dafs  die  angegebene  Methode,  den  Harn- 
stoff zu  bestimmen,  für  den  normalen  Harn  für  jetzt 
durchaus  brauchbar  ist,  und  zu  genaueren  Resultaten 
ffihrt,  als  jede  andere  bisher  angewandte  Methode,  so 
müfsle  doch  fOr  den  Harn  von  Kranken,  welcher  aufser 
gewöhnliche  Bestandtheile,  namentlich  die  Bestandlheile 
des  Blutes  oder  der  Galle  oder  Zucker  enthält,  ihre  An- 
wendbarkeit noch  besonders  nachgewiesen  werden.  Ich 
behalte  mir  diefs  für  eine  spätere  Arbeit  vor.  Bis  jetzt 
habe  ich  nur  diabetischen  Harn  nach  dieser  Methode  un- 
tsffsaiGht. 

Es  stand  zu  erwarten,  dafs  der  in  demselben  ent- 
haltene anomale  Stoff,  der  Zucker,  welcher  keinen  Stick- 
stoff enthält,  also  auf  keine  Wei/se  zu  Ammoniakbildung 
Anlafs  giaben  kann,  die  Bestimmung  des  Harnstoffs,  durch 
die  Wllgung  des  Platins  wohl  gestattete,,  aber  veranlas- 
sen wjürde,  dafs  die  ans  der  Quaotitttt  der  erzeugten 
Kohlensäure  berechnete  Menge  Harnstoff  zu  grofs  aus- 
fiele, da  aus  ihm,  durch  Einwirkung  der  Schwefelsäure, 
schon  unter  lüO"  Kohlensäure  erzeugt  wird.  Diels  wird 
durch  die  folgenden  Versuche  vollkommen  besilUigL 

Aas  9,0132  Grm.  dieses  Harns  erhielt  ich  0,1063 
Grm.  KohlensSiire  und  0,237  Grm.  oder  26,27  p.  M. 
Plalin,  ferner  aus  10^G5()5  Grm.  Harn  0,271  C^rm.  oder 


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160 


25,43  p.  M.  Platin.  Aus  der  gefundenen  Menge  Koh- 
lensäure ^Vörden  durch  Rechnung  0,1485  Grm.  oder  16,47 
p.  M.  Harnstoff  gefunden  werden.  Die  gefundenen  Men- 
gen Piaüft  dagegen  eatoprechen  selbst  bei  Veniicbliasi^ 
gung  des  abEureehnendcn,  von  den  Kali  ond  AmoMMik 
im  flarn  hemilettenden  Platins,  dessen  Menge  Jedadi 
nur  gering  war,  uiul  dessen  Bestimmung  durch  einen 
Zufall  verunglückte,  nur  8,04  und  7,78  p.  M.  Harnstoff. 
Diese  beiden  Zahlen  weichen  von  der  obigen,  aus  der 
gefundenen  QnentitSt  Koblensttore  berecbnatan  auber' 
ordentlich  ab,  stimmen  aber  sehr  gut  mit  einandtrübcv- 
ein,  und  ich  sweifle  daher  nicht,  da(s  auch  der  im  dia- 
betischen Harne  enthaltene  Harnstoff  nach  der  angegebe- 
nen Metbode  seiner  Menge  nach  bestimmt  werden  kann. 


XI.     Einfache  Miihode  die  geringsten  Mengen 
0on  schweflichter  Säure  nachzuweisen; 
pon  TV.  Heintz, 


iSchon  Ton  Pelletier  dem  Aelteren  ')  ist  ein  nemlieh 

empfindliches  Reagens  für  schweflichte  Säure  angegeben 
worden.  Auf  diese  lange  Zeit  hindurch  beinahe  ver- 
gessene Methode  hat  im  Jahre  1835  Girardin  ^)  von 
Neuem  die  Aufmerksamkeit  der  Chemiker  gelenkt,  in 
der  That  ist  sie  sehr  anwendbar,  wenn  es  nicht  ^rauf 
ankommt  die  geringsten  Spuren  dieser  S8are  zu  entdeoken. 
Sie  beruht  bekanntlich  auf  der  Einwirkung  von  Zinnchlo- 
rür  auf  dieselbe.  Wenn  nämlich  Zinnchlorur  in  Kry- 
Stallen  zu  der  mit  Chlorwasserstoffsäure  versetzten  zu 
ontersnchenden  FlOssigkeit,  oder  in  dieser  SSure  anfge- 

Ittotes 

1)  ^tmaies  t/e  chimie,  T.  Xli,  ff.  231.  (170S.> 

2)  Journal  iür  praciitclic  Chemit-,  Utl.  6,  5.81.  (1835.) 


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161 

lösfes  Zinnchloriir  zu  der  unvermischten  Flüssigkeit  hin- 
zugefügt wird,  so  wird  nach  einiger  Zeit  die  Flüssigkeit 
gelb,  trübt  sich,  und  der  sich  daraus  bildende  gelbe  Nie- 
detschlag  Dimmt  allmftlig  eine  braune  Farbe  an,  wenn 
schweflichte  SSnre  in  derselben  enthalten  war.  Wenn 
aber  nur  änfserst  geringe  Spuren  derselben  aufgefunden 
werden  sollen,  so  reicht  diese  Methode  durchaus  nicht 
aus;  sie  giebt  dann  gar  kein  Resultat.  Deshalb  haben 
Für  dos  und  Gelis  eine  andere  empfohlen,  welche 
in  der  That  viel  geringere  Mengen  schweflichter  Siore 
nachweist.  Sie  wendeten  sie  haoptsSchlich  bei  Unter- 
suchung der  Reinheit  der  Salzsäure  an.  Die  Säure  wird, 
nach  ihnen,  auf  Ziuk  gegossen,  und  das  sich  entwickelnde 
Wasserstoffgas  durch  eine  Lösung  eines  Bleisalzes  (sie 
wendeten  basisch  essigsaures  Bleloxjd  an)  geleitet«  Durch 
das  aus  der  schwefliditett  S&ure  sich  Inldende  Schwefel- 
wasserstoff gas  wlrd^aus  ^er  Bleioxydlösung  Schwefelblei 
niedergeschlagen.  Es  ist  klar,  dafs  man  diese  Methode 
nicht  blofs  bei  Untersuchung  der  Salzsäure,  sondern  ziem- 
lich in  jedem  Falle  auwenden  kann,  wo  die  Abwesen- 
heit des  Schwefelwasserstoffs  erwiesen  ist.  Man  hat  nur 
die  zu  untersuchende  Substanz  mit  SalzöSure  zu  versetzen, 
und  diese  Flflssigkeit  anf  Zink  einwirken  zu  lassen.  • 

So  empfindlich  diese  Methode  auch  ist,  so  hat  sie 
doch  viele  Unbequemlichkeiten.  Zuerst  ist  stets  ein  ei- 
gener, wenn  auch  einfacher  Gasentwicklungsapparat  dazu 
nöthig,  dann  aber  muliB  die  grdCseste  Sorgfalt  darauf  ver- 
•  wendet  werden,  dafs  das  Zink  frei  von  Schwefel  Ist. 
Ich  bin  zu  einer  einfacheren,  eben  so  empfindlichen 
Methode  geführt  worden,  welche  eigentlich  die  von  Pel- 
letier zuerst  angegebene  ist.  Neu  ist  nur  das  Mittel, 
wodurch  ich  die  Reaction  sichtbarer  mache.  Ich  verfalire 
wie  folgt: 

Die  zu  onttouchende  Flassigkeit,  oder  die  in  Was- 
ser oder  SalzsSure  aufgelöste  Substanz  wird  mit  einer 

1)  Jonrual  de  pharm,  et  de  chimUy  III»  p»  109. 
PoggeDdoriPs  Annal.  Ba.LXYI.  Ii 


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162 

A«flö$uDg  von  'JürnndkUHfix  in  verdünnter  Salzsäure  vcr- 
$fitzt  und  bis  ^uiii  anfan^adeii  Kocbea  «erhitzt .  Dadurch 
geschieht  diejenige  Zenetzuag»  wel^e  die  FiUoiig  vqo 
Schwefehimi  Tefavsachen  wttrde^  weon  schweflichte  Säure 

in  nur  einigcrinafsen  grofserer  Menge  vorhanden  wäre. 
Wird  diese  Menge  aber  bis  auf  einen  gev^^issen  Grad 
verringert,  so  fällt  Schwefelzinn  ni^t  nieder,  die  Flüs- 
ßigk^t  jie«At  aber  nach  SchweCelwasserstoffgas,  imd  färbt 
lÜDh'.wiin^klich  gelb,  ohne  sich  m  trfiben.  Jeuer  6e^  • 
rueh  v?ürde  also'  schon  eine  geringere  Menge  v&n  schwef- 
iichter  Säure  anzeigen,  als  nötliig  ist,  um  die  Fällung  von 
^hwefelzinn  zu  veranlassen.  Da  seiu  Geruch  aber,  weua 
«(«r  böchst  geringe  Spuren  dieser  Sfiure  vorhanden  .wa- 
fren,  dtirch  die  Dämpfe  da-  Salzsäure  verdeckt  werden 
kttaiBte,  so  kann  ilian  die  Gegeiiwart  des  daraus  gebil- 
deten Schwefelwasserstoffs  leicht  dadurch  sichtbar  ma- 
chen, dafs  uiau  einige  Tropfen  einer  Auflösung  von  schwe- 
lelsaurem  Kupferoxyd  zu  der  erkalteten  Flüssigkeit  hin- 
zusetzt. Es  fällt  sogleich  Schwefelkupfcr  nieder,  das  sei- 
ner intensiven  Farbe  wegen  die  Gegenwart  auch  der  gch 
ringsten  Mengen  von  Schwefelwasserstoff,  also  in  die- 
sem Falle  auch  von  schweflichter  Säure  nachweist.  Statt 
einer  Lösung  von  schwefelsaurem  Kupferoxjd  kann  man 
^ch  eine  Lösung  von  Chlorwismuth  in  Salzsäure  an- 
wenden. Essigsaures  Bleioxyd  aber  ist  zu  diesem  Z^eck 
,Bicht  brauchbar.  .  Man  erlii^lt  dadurch  nicht  einen  schwär* 
sondern  einen  weÜsen  Niederschlag,  welcher  afis 
Chlorblei  besteht. 

Die  Reaction  ist  nicht  eben  so  sicher,  wenn  man 
die  mit  Zinnchiorür  versetzte  Flüssigkeit  zuerst  mit  schwe- 
felsauron  Kupferoxyd-  versetzen  und  sie  dann  erst  er- 
wärmen wollte.  Denn  in  diesem  Falle  wirkt  das  Zina- 
chlorQr  zuerst  auf  das  Kupferoxyd  redudrend.  Hat  man 
also  mehr  Kupferoxydlösung  zu  der  Flüssigkeil  hinzuge- 
seizt,  als  mittelst  des  angewendeten  Zinnchlorürs  in  Ku- 
pferoxydulsalz verwandelt  werden  kann,  so  bleibt  von 


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ist 

dtodn  Aidito  ttbi%  aal  sdiweflidito  Siwe  in  6clm* 
felwaMentoir  ra  TtnifwiMii.    FreÜiiii  in  Pattc^ 

^enn  man  für  einen  Ueberschufs  an  Zinnchlorür  gesorgt 
bat,  erhält  man  auch  auf  diesem  Wege  eine  Reactioii^ 
kidem  nämlich  zuerst  das  Kupferoxjd  lu  Kupferoxjdul 
redodrt,  dann  durob  dea  -UttbeftcMii  tan  ZipnchlorAr 
die  scfagiriflicble  Siure  in  SdmeMmmMtoM  Mgewtta»- 
dek  wird,  •wddM  die  FMIttog  von  Kupforsolpfall^  var^ 
anlafst  ... 

Den  Vorgang  bei  der  Einwirkung  Ton  ZinocklorOt 
auf  schweflichte  Säure  und  von  einer  KapferoigFdlö8iiii|; 
.  anf  die  dadavth  eikallene  FlOesigMt  kenn  hmui  tioli 
durch  folgende  Formeln  yerainnlidiett: 

2S+6Sn€l=:SnS»+2Sn+3Sü€l', 

und:  SnS*H-dCusSn+2CQ$. 

Wenn  man  die  Reactiou,  welche  bei  gleichzeitiger 
Einwirkung  von  scbweflichtcr  Säure,  Zinnchlorür  und 
Kupfcrsolutioo  auf  einander  stattfindet,  durch  eine  For- 
mel darstellen  wollte,  so  würde  sie  folgende,  aejn; 

S -4- 4  Su  €1 -h  2  C  u = S  €u + 2  S  n  €1 '  +  2  Sn. 


XU.    JBimerkungen.üihot  äa$  S0ffmumie  0mm; 

von  N,  W,  Fischer.  ' 


In  meiner  INnrtheilung  der  Sdhönbein'schen  Schrift: 
»lieber  die  Efzevc|aDg  des  OMiie  auf  chemiscfaeni  We^« 
(Berliner  Jahrbficher  für  wistenMi.  KHtIk«  Deoember- 

heft  1844),  habe  ich  neben*  der  Prfifuog  des  Versudis 
des  Verfassers  und  der  von  demselben  daraus  gezogenen 
Schlüsse  eigene  Versuche  angegeben,  die  zu  einem  ganz 
eatgagen^selslen  Resultat  führen,  als  der  Verf.  aafgesteUl 
hatte,  leb  aehlofs.  daher  meüien^fieri cht  mit  de»  Wortew: 

11* 


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164 

i»da£is  die  Entdeckung  des  Ozons  als  Bestandtheil  des 
Stickstoffs  aller  und  jeder  Begründung  ermangelt.»  In- 
dem ich  nämlich  nachgewiesen  zu  haben  glaubte,  daüs 
die  riedieDde  Substanz,  ungeachtet  der  gleichen  Wirkung 
liaf<  Pialiii  vmd,  Jmdkalinitikieisler,  dennoch  MBchiedeiier 
Nator  -ftey,  je,nacÜem«ie  durch  elektrische  Entladung; 
oder  durch  galvanische  Wasserzersetzung,  oder  durch 
Oxydation  des  Phosphors  an  der  Luft  erzeugt  worden 
ist.  Im  ersten  Fall,  und,  wie  ich  glaube,  unabhängig  vom 
Geroeh»  rOhr4  diese  Wirkung  von  der  erzeugten  Salpeter- 
0dfer  talpebrlgen  Stture,  im  zweiten  von  dem  gebikieteii 
rWa8sentoffNiperoi>yd,  und  im  dritten  woa  einer  men^ 
ten  Saure  des  Phosphors  her. 

Wie  ich  denn  auch  die  angegebene  Reaclion  auf 
Platin  etc.  in  den  beiden  letzten,  so  wie  den  Geruch 
bei  elektrischer  Entladung  beim  AusschluCs  des  Stickstoffe 
m  reiner  Sauersibjfluft  dargeihan  habe.  Aus  dem  sehr 
Itbnlieben  oder  gleichen  Geruch,  den  diese  Materie  bei 
diesen  verschiedenen  Darstellungsartcn  haben  soll  —  ich 
selbst  habe  ihn  verschieden  gefunden  —  konnte  ich  kei- 
nen Schlufs  auf  die  Identität  gestatten,  weil  es  mehrere 
Körper  giebt,  welche,  bei  verschiedener  Natur,  einen 
ähnlichen  Geruch  haben. 

Endlich  zeigte  ich  an,  dafs  es,  nach  meinen  Versu- 
chen, die  ich  für  das  Erd  mann 'sehe  Journal  für  pract.  • 
Chemie  bestimmt  hatte  (Juliheft  d.  J. ),  mehrere  gas- und 
dunstförmige  Körper  giebt,  die  dieselbe  polarisirende  Wir- 
kung auf  Piatin,  und  eine  noch  gröfsere  Anzahl  yer- 
ac|iiedener  Körper,,  welriie  dieselbe  Reaction,  wie  das 
sogenanote  Ozon,  auf  Jedkaliumpapier  ansfiben.  Seit 
der  Veröffentlichung  dieser  Kritik  und  des  kleinen  Auf- 
satzes in  Erdm.  Journ.  haben  verschiedene  Zeitschriften, 
CompL  rendu,  llnstitut,  Froriep's  Notizen,  ja  selbst 
die  Angab.  AHg-  Zeit.,  von  einer  Arbeit  MarignacU 
kiBriehttot»  nach  wacher  der  Stickstoff  keinen  Antheil  an 
4Br  Eneugung  des  Ozons  bat.    Auch  Scböübeiji  er- 


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165 


klärt  dasselbe  in  einer  Notiz,  welche  er  ^egen  meine  An-; 
gaben  über  das  Jodkalium  in  Er  dm.  Journal,  wenn  ich 
nicht  irre,  ia's  Märzhefk,  eiurüd^en  lie.is.  .-WeDO  weder 
in  dieser,  noch  im  dem  so  eben  ersdiicwibeii  AttfcalB' 
▼OB  Schdabein:  »Ueber  clie<Na(^  .  dts' OMM«;''iD' 
diesen  Annälen,  Bd.  65,  '  »ech  *in  eMMW  >f)bin<> 

denselben  Gegensfsnd  von  Williamson  (Annalen  der 
Chemie  und  Pharm. ,  April )  meiner  Beurtheiliing  erwähnt 
wird,  so  ist  vielleicht  die  geringe  Verbreitung  und  späte 
Veraendnog  der  Berliner- JabiÜdier  der  Graod^.daieopi 
80  dafo  selbrt'Sehdnbiein  eie«iiilO:<Mlrz,'TOQ'«iiiilebMil> 
Tage  «ein  letzter  Anfaats  datirt  ist  (»am  grienen  D^Miln»-'! 
stag«),  noch  nicht  hatte.  v  •    ;  ' 

Natürlich  kann  mir  aber  das  ganz  gleich  sejn,  nach- 
dem das  Resultat  meiner  Untersuobung,  dafs  im  SticlU 
Stoff  kein  Ozon  enAlidten  t^,  .vön  Tevsebiedonen  Seiteik ' 
bestätigt  worden  ist  Biwn  ao  kann  es  -mir  f^ciobvejn, 
wem  irgend'  eine  bekannte  oder  unbekannte  Tetbiiidang 
nunmehr  mit  dem  iSamen  Ozon  benannt  wird,  so  wie, 
wenn  eine  solche  Verbindung  zwar  übereinstimmend  al& 
ein  Hyperoxjd  des  WasserstofÜB  erkannt'. wird  wel- 
obes,  naob  Williamson,  kilqpreeliend  meinen  Aofa-» 
ben,  nur  durch  das  £lelktn>fysireB  des  Wassers ;  niofat- 
aber  anch  bei  der  Orfdation  des  Phosphors  an  der'Lnft  er- 
zeugt wird,  —  es  nicht  das  längst  bekannte  von  Thenard 
entdeckte,  sondern  ein  neues  verschiedenes  seyn  solL 

Hingegen  sehe  ich  mich  veranlafst,  gegen  Angaben^  ' 
die  diese«  Aufsitze  onthaken,'  und  »die  im  Widerspruch  ^ 
mit  den  meinigen  stehen,  'folgende  Bemerkungen  hier  mit-  * 
zutheilen. 

Ich  hatte  in  meiner  Beurtheiluiig  behauptet,  dafs  bei 
der  EUektroljse  des  Wassers  das  (bekannte)  Wasser- 
stof&operoxyd  mit  dem  Sauerstoff  sich  entwickle,  dafs* 
die  Loft  einen  ei^thilmliohen  Oeraeh  besitze*  den 
ich  bei  der  gerin^n  Menge  '«des  zetsetzten  Wassers  aueb 
mit  schwach  bezeichnele,     dafs  diese  Luft  Platin  negativ 


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166 

p^ariilrt"«MMl  auf  JodkaUaai  BMetoand  eiiifHrke.  Zun 

Beweise,  dafs  dieses  Wirkungen  des  gebildeten  Wasser- 
stoffsuperoxyds Seyen,  hatte  ich  dieses  aus  Bariumsuper- 
Qxyd  und  Fluorkiesel  Wasserstoff  säure  unmittelbar  und  im 
▼tftdüoiiteo  ZaMaüde  dargestellt,  und  aaeh  vte  dae&m 
den  .sckifttdiett  Gervch  and.  die  BeacÜoa  auf  Platio  and  - 
Jodkallam  Wahr^Bonmen.  Dabei  iQlirte  ich  auch  die 
Statte  aus  Schönbein 's  Schrift  an,  nach  welcher  auch 
er  anfangs  der  Ansicht  war,  das  Ozon  sey  Wasserstoff- 
Sfiperoxyd»  welche  Ansicht  er  Jedoch  bald  verwarf,  weil 
dteea  Snpemjd  ohne  Getuch,  niebl  Rachtig  and  das 
Platin  poBiAiv  polanskend  sey,  wasiA  daioh.die  angefobr« 
ten  Versoehe  ak  nnriehtig  nachgewiesen  habe.  In  den  an-- 
geführten  neuesten  Aufsatz  von  Schönbeiu  wird  wieder 
diese  dreifache  Verschiedenheit  in  Hinsicht  des  Geruchs 
etc.  als  Beweis  aufgestellt,  daÜB  das  Ozon  zwar  Wasserw 
stolbaperoa^d,  doch  nicht  das  yon  Th^nard  dargestellle 
sey.  Aach  Wlliiamson,  der  dnrch  seine  gründliche  Un^ 
tersnchung  es  anfeer  allen  Zweifel  gesetzt  hat,  dafs  die  bei 
der  Elektrolyse  des  Wassers  erzeugte  riechende  Materie 
Wasserstoffhyperoxyd  sey,  führt  als  Beweis  der  Ver- 
schiedenheit desselben  ^on  dem  ThenardVchen  an,  dafs* 
das  letzte  ohne  Geruch  und  nicht  flüchtig  sej. 

•  Ohne  irgend  ein  Gewicht  anf  »eine  Wahrnehnvng 
eines  ijicfawachen  Geraehs  bei  dem  letzteren  im  verdünn- 
ten Zustand  zu  legen,  und  mich  über  die  widersprechen- 
den Angaben  über  den  Geruch  anf  das  a.  a.  O.  aufge- 
stellte berufend»  glaube  ich  es  anOser  allen  Zweifel  ge- 
setxl  KU  Isiben,  dals  das  daiigestellte  Prfiparat  flfiohtig 
ist,  d.  h.  mit  dem  Wasser  Terdunstet,  indem  ich.  zu  wie- 
derholtenmalen  die  bestimmte  Reaction  wahrgenömmen 
habe,  wenn  Platin  und  Reagenspapicr  in  der  Atmosphäre 
über  dem  flüssigen  Hyperoxyd  gehalten  worden  sind. 

Eben  so  muis  ich  mit  Bestiaantheit  behaupten,  dafs 
das  Platia  in  dieser  Atm08|ihare  negativ  ]^ohwisirt  wird. 
Wenn  S.ehl^nheiii  and,  wie  eranlttfart,.aadh.Bnfiqae*. 


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rel  das  Platin  positiv  polaiwirt  erhalten  haben,,  so  kann 
es  vielleicht  davon  herrOhreu,  dafs  entweder  das  Hyper- 
oxyd  noch  freie  Säure,  inillelst  welcher  es  dargestellt  . 
worden  ist,  und  zwar  von  der  Art  enthielt,  welche  eben- 
falls verdunstet  und  d::s  Platin  positiv  poiärisirt,  oder 
dafs  das  Metall  nicht  bloCs  in  der  Atmosphäre  gehalten, 
sondern  auch  von  der  FlOssigkeit  benetzt  wurde.  Ich 
glaube  gewils,  dafs*  Jeder,  w^ldMr  den  Versikb' ilüt  IHiclf 
bereitetem  Superoxyd  wiederholt,  meine  Angabe  über  das 
negative  Polarisireu  bestätigen  wird.    Diesem  nach  würde' 
nur  noch  der  Geruch  als  die  einzige  Verschiedenheit  der/ 
beiden  Hypetoxyde  übrig  bleiben.   Doch  nein,-  es  gpebl^ 
noch  dfnen  wichtigen  Untersdiied;  daS'  VefffaäÜten  cuni: 
Waseer.    Bas  T  h  e  n  a  r  d  'sehe  verbindet  sich  sogleich  bei . 
der  Darstellung  mit  Wasser,  und  kann  sogar  nur  bis  auf 
einen  bestimmten  Punkt  davon  getrenut  werden  ,^  wttbi' 
rend  das  galvanische  luftförmig  ist  und  nur  sehr  wenig' 
vom  Wasser  absorbiit  wird.    Aber  sollten  nicht  defs- 
ungeaditet  beido  als  identisch  iMlracbf^,  und-  die  Ver<> 
schiedenheit  von  der  verschiedenen  Darstellungsart  ab-«' 
geleitet  werden  können?   Bei  dem  einen  Verfahren  wird 
es  unter  (viel)  Wasser  und  ganz  allmälig  gebildet,  so- 
dais  das  in  Jedem  Zeftmomcnt  gebildete  eich  ün- ^^0^: 
mucmie  mit  dem  Wasser  verbindet.    Bei  dem  2weiteii 
VerMiren  hmgegen  wird  es  «nunterbrochen  mit  dem  sieht 
entwickelnden  Sauerstoff  erzeugt,  mit  dem  es  gleichsam 
eine   luftförmige  Verbindung  eingeht,  die  das  Wasser 
nur  schwer  zu  trennen  vermag^     Dafs  der  letztere  Ge- 
locb  hat,  der  dem  mit  Wasser  verbundenen  fehlt ,  ist' 
nldit  80  aulfallend,  unl  sie  dadurch  als  wesentlich  ter«' 
schieden  zu  bezeichnen.    Ein  gleiches  Verhadten  seigt- 
die  phosphorige  Säure  in  ihrem  luftförmigen  und  im  Was- 
ser gelösten  Zustande,  und  dürfte  wohl  noch  bei  einem 
oder  dem  andern  Körper  zu  finden  seytu      •      .  . 
Breslau,  den  1(K  Jdli  I84&. 


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188 


XIII.   Bemerkungen  zu  Hrn.  Schönbein's  Be^ 

leuchtung  meiner  Meinung,  betreffend  das 
Ozon;  pon  A.  PK  Fischer. 

Endlich  hat  Hr.  S.  meine  Kritik  seiner  Schrift:  »  Veber 
die  Erzeugung  des  Ozons  auf  chemischem  JVege»^  iu 
den  Berliner  Jahrbüchern  für  wifisenschaftUcbe  Kritik  zu 
Gesicht  bekommen,  luid.aemen  Aergcr  darüber  ia  emem 
Aiifsats:  »Beleuckiung  der  Meinung  eie.%  in  dktten  An- 
nalen,  Bd.  6S^,  S.  190»  aosgesprocben.  Ob  es  ein  blo- 
fser  Zufall  ist,  dafs  in  dieser,  vom  15.  April  datirten 
ü Beleuchtung u  die  Quelle  nicht  angegeben  ist,  wo  ich 
diese  Meinung  aufgestellt  habe,  kann  ich  Ireilich  nicht 
wissen. 

Gevfils  wird  es  Jedem  unangenehm  berühren,  dem 
die  geglaubte  Entdeckung  als  ein  Irilhnm  nachgewiesen 

wird ;  aber  der  wissenschaftlich  gebildete  Mann  wird  sei- 
nen Verdrufs  über  den  Verlust  des  Ruhmes,  eine  so 
wichtige  Entdeckung  gemacht  zu  haben,  wie  die  des  Ozons 
zu  sejn  schien,  nidtit  durch  Schmähreden  gegen  Ben  äu- 
isem,  welcher  den  Irrthum  aufgedeckt  haf^  wie  diese 
lencbtuug  solche  gegen  mieh  enthSlt  Indem  ich  hi«r  die 
Behauptungen  des  Hrn.  S.  über  Einzelnes  meiner  Beur- 
theilung  zu  berichtigen  veranlafst  bin,  werde  ich  von  al- 
len jenen  Anzüglichkeiten  ganz  absehen.  Sowohl  weil 
es  meiner  Natur  entgegen  ist,  mich  solcher  Waffen  ta 
bedienen,  al^^^uch  aus  Achtung  für  diese  der  Wiseen- 
sdiaft  gewidmirten  Zeitschrift. 

Vor  allen  Dingen  bemerkt  Hr.  S.,  dafs  ich  mich 
eines  mit  jodsaurem  Kali  verunreinigten  Jodkaliums  be- 
dient habe.  »Denn  er  selbst  giebt  an^,  heiÜBt  es  wikrt- 
lich,  »dafs  die  verschiedensten,  mit  Wasser  yerdOnnten 
Sttoren  seine  mit  Jodkalium  getränkten  Papierstreifen  ge- 


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4 


169 

bräunt  oder  seinen  Jodkaliumkleister  gebläut  hatten.  Nun 
-weifs  jeder  Chemiker,  oder  soll  es  wenigstens  wissen, 
dafs  mit  Wasser  ^börig  verdünnte  Schwefelsäure,  Phos- 
phoraftiure  etc.,  organische  Säuren  etc.  kein  Jod  aus  dem 
Jodkalimii  ansscheideQ,  falls  dieses  rein  ist,  d.  b,  kein 
}odsaures  Kali  enthftlt  Alle  Schlösse,  welche  Hr.  F. 
aus  den  mit  (unreinem)  seinem  Jodkalium  erhaltenen 
Resultaten  gezogen  hat,  sind  daher  falsch  etc.« 

Hr.  S.  ist  Ton  der  üxen  Idee  eines  unreinen  Jodka- 
linms  so  geblendet,  dafs  er  den  wesentlichen  Unterschied 
Übersehen  hat,  den  ich  in  Hinsicht  der  Wirkung  wSCs- 
riger  Säuren  «of  Jodialutmpapier  und  JadkaUwnlösung 
aufgestellt  habe.  Die  Stelle,  worauf  sich  dieses  Raison- 
nement  von  S.  bezieht,  ist  nicht  in  der  Kritik,  sondern 
in  dem  Aufsatz:  Ueber  das  Vermögen  mehrerer  ges- 
und dnnstfdnniger  K6rper  etc.  (Er dm.  Journ.  i  pract 
Chemie,  Bdr34,  S.  186)  enthalten,  und  lautet:  »Aufser 
diesen  gas-  und  dnnstfönnigen  Substanzen  bewirken  alle 
flüssigen  (wäfsrigen)  Säuren,  wie  Schwefel-,  Phosphor- 
etc,  Essig-,  Weinsäure,  ja  selbst  die  Blausäure,  sofort 
die  blaue  Färbung  des  Papiers^  während  alle,  mit  Aus- 
nahme d^  Schwefelsäure  (d.  h.  wenn  sie  nicht  ui  sehr 
verdflnnt  ist),  mit  JodkaliumZ&Jiilf^  ▼ennischt«  wie  na- 
türlich, keine  (wahrnehmbare)  Zerzetxung  des  Salzes, 
und  folglich  keine  Färbung  hervorbringen.«  Und  als 
Grund  dieses  scheinbaren  Widerspruchs  gab  ich  an,  dafs 
beim  Benetzen  des  Papiers  psit  dner  wäfsrigen  Säure  der 
Sauerstoff  der  Luft  mit  wirke.  Hr.  S.  eifert  femer  ge- 
gen meine  Behauptung,  sein  chemisches  Ozon  auch  mit 
Sauerstoffluft  erhalten  zu  haben,  da  weder  er  noch  Ma- 
ri gnac  es  auf  diese  Art  erhallen  konnte.  Aber  ich 
war  weit  entfernt  zu. behaupten,  sein  chemisches  Ozon 
dargestellt  zu  haben,  wohl  aber  habe  ich  behauptet,  und 
Jeder,  der  den  Versuch  macht,  wird  es  bestätigen,  dafe 
das  negative  Polarisiren  Ton  Platin  und  das  Färben  des 
Jodkaliumpapiers  eben  so  in  der  Atmosphäre  stattfindet, 


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170 

welche  durch  Einwirkung  von  reiner  Saucrsloffluft  auf 
Phosphor,  wie  in  der  durch  Einwirkung  der  atmosphä-' 
rischen  Loft  gebildet  worden  ist,  —  nur  mit  dem  aufge- 
stellten Unterstbied,  dafs  bei  Anwendang  von  Sooentoff 
diese  Wirkung  später  erfolgt  oiid  eine  höhere  Tempe-' 
ratur  erfordert  '  ).    Aufser  dem  angegebenen  —  Öber  das. 
Jodkaliuiu  und  der  SauerstoffatmosphUre  —  giebt  es  noch, 
meint  Hr.  S.,  »einen  Haufen  Thatsachen,  die  gröfsten- 
tbeiis  in  dem  von  Hm.  F.  beurtheilten  Werkchen  ver- 
zeidinet  sind,  und  welche  es  ganz  unbegreiflich  machen, 
wie  Derselbe  zu  dein  unglücklicben  Schlosse  kommen 
konnte,  dafs  mein  chemisches  Ozon  dampfförmige  phos- 
pborige  Säure  sey. «    Zu  diesem  Haufen  von  Thatsachen 
gehört:  dafs  die  phosphorige  Säure  leicht  löslich  im  Was- 
ser ist,  wahrend  das  sogenannte  Ozon  Wochen  lang  in 
verschlossenen  Gefölsen  nut  Wasser  in  BerQhmng'  den- 
Geruch  behält;  dafs  eine  geringe  Menge  Wasser,  durch 
welches  Ozon  geleitet  wurde,  das  Lackrouspapier  nicht 
röthet  (?);  dafs  das  Ozon  ebenfalls  Lackmus  nicht  r(i- 
tbet,  aber  mit  grofser  Energie  die  Pflanzenfarben  zer-' 
stOrt.   (Bei  dieser  Gelegenheit  bemerkt  Hr.  $.,  daÜB  ich' 
diese  Bleichkraft  in  meiner*  Kritik  nidit  berührt  habe,- 
und  ftigt  hinzu:  »es  mochte  Demselben  ftlr  seine  Hypo- 
these etwas  unbequem  sejn,  und  es  war  so  leicht  sich 
zu  überzeugen,  dafs  die  pbosphorige  Säure  keine  orga- 
nischen Stoffe  zu  zerstören  vermöge}.«   Femer  gehört 
zu  diesen  Thatsachen,  da&  das  Ozon  Jod  in  JodsSnre 
und  Jodkalium  in  )odsaures  Kali  verwandelt,  ohne  dafs 
eine  Spur  irgend  einer  Phosphorsäure  in  das  Salz  ein- 
gehe. Endlich:  wie  könnte  pbosphorige  Saure  Silber  oxj-' 

1)  Man  uehfc  den  eigcntlicheB  Grand  nicht  ein,  warum  dieses  soge- 
nannte Okod,  nachdem  es  naomelir  ftwU«  ist,  dala  der  Stickstofl' 
keinen  Aniheil  an  seiner  £rzeo|iai§  hat,  und  es  aichia  andere«  aU, 
•in  Hjperoxyd  des  WaAserstofTs  ist,  nicht  eben  so  gat  durch  Ein- 
wirkung der  (wasserhaltigen)  Sauerstoffluft,  wie  der  der  alnuMphäri- 
schen  Luft  auf  PkcMphor  gebilda  werden  könne.'      •   -  ' 


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171 

diren,  ohne  irgend  eine  Spur  Phosphor  in  der  Verbin- 
dung aufzufiadeu,  wie  Marignae  dargetbaa.  - 

Dagegea  maik  zmiScbst  btttterkt  werden>  dafe  ioh 
streng  nur  angegeben  babe,  die  bezeichnete  "Wlriiiing  der 
Phospboratmospbare  eey  die  ainer  Säure  des  Phosphors, 
hinzufügend,  dafs  sie  entweder  phosphorige  oder  unter- 
phosphorige  sejii  könne,  welche  aber  unter  den  obwaU 
tenden  Umständen  niobt,  ivle  gewöhnlich,  in  flfissigem, 
'  sondern  in-  gasförmigem  Zustand  datgesteRl  werde;  mo^ 
durch  sie  nattlrlieh  anders  als  die  gewöhnliche  auf  be- 
stimmte Körper  wirken  werde.  (In  einer  Anmerkung  äu- 
fserte  ich  noch,  dafs  man  auch  annehmen  könne,  es  werde 
unter  diesen  Umständen  eine  Stickoxydphojsphorsäure  — 
älmlkb  wie  eine  solche  Sisbwefeisftare  —  gebildet  wer- 
den. Diese  AnmeriLung  wurde  jedoch  von  dem  Absebrei- 
ber  meiner  Schrift  fiberseben,  und  als  ich  sie,  nachdem 
ich  es  erfuhr,  abschriftlich  an  Hrn.  Prof.  Dove  in  Ber- 
liu  für  die  Redaction  der  Jahrbücher  zusandte,  war  es 
schon  zo  spät»  da  meine  Beurtheilung  bereits  gedruckt 
war.)  Von  welchem  £influis  übrigens  die  verschiedenen 
Umstinde,  unter  welchen  das  Oxydiren  des  Phosphors 
bei  niedriger  Tmperatur  erfolgt,  auf  dfiel^atar  des  Pro- 
ductes  ist,  geht  auch  aus  einem  Versuche  von  Wil- 
liams on  hervor  (Annalen  der  Chemie  und  Pharmacia, 
Bd.  54,  S.  131  u.  f.),  nach  weichem  unter  den  obwal-. 
tenden  Umstünden  nur  Pbospborsfture  erzeugt  worden 
ist,  da  bei  gewöhnlicher  Einwirkung  der  Lnft  nebeft  die- 
ser zugleich  phosphorige,  ja  unter  besonderen  Umstan- 
den, wie  ich  bei  einer  anderen  Gelegenheit  darthun  nerde, 
sogar  nur  phosphonge  Säure  gebildet  wird.  Wenn  ich 
noB  auch  mit  dem  Angegebeneo  alle  sonstigen  Verschie- 
denheiten 'in  dem  Verhalten  der  PhospboratmosphSre  und 
den  gewi5iiniicli  dargestellten  SSuiren  des  Phosphors  zu 
erklären  vermag,  so  müfste  ich  dennoch  eingestehen,  dafs 
unter  den  obwaltenden  Umständen  neben  der  Sauerstoff- 
yerlwidnng  des  Phosphors  noch  eine  ganz  andere  Sub- 


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172 


stanz  erzouj^t  werde,  wenn  diese  Phosphoratmosphäre 
wirklich  Jod  in  Jodsäure,  Jodkaliuiu  in  )odsaures  Kali 
und  Silber  in  Oxvd  zu  verwandeln  im  Stande  wäre, 
ohne  iah  diese  Producte  Phosphor  enthielten,  woran 
icb  aber  vorliafig  noch  zu  zweifelo  mhr  erlaube. 

Der  Grund,  warum  icb  in  der  BenrtheSung  nichfe 
vom  Bleichen  der  Pflanzen  färben  erwähnt  habe,  ist  nicht 
der  von  S.  mir  untergelegte,  sondern  folgender:  Hr.  S. 
sagt  ausdrücklich  in  der  beurtheilteu  Schrift  (S.  94): 
»Entbftlt  4ie  Luit  oder  irgend  eine  andere  Gasart  so  we* 

freies  Ozon,  daCs  die  Gegenwaft  desedOben  wedbr 
durch  das  Galvanometer,  noch  auch  durch  den  GenuA 
mehr  angezeigt  wird,  so  bläut  sie  dennoch  merklich  mein 
Probepapier.»  Und  ftihrt  als  Beweis  für  die  Empfind-, 
lichkeit  desselben  einen  Versuch  an,  nach  welchem  die- 
ses Papier  in  ein^r  kleinen  Flasche  mit  atmosphärischer 
Luft,  worin  ein  Stflckcben  Phosphor  bei  lSi<*  sieb  befin- 
det, schon  nach  wenigen  Minuten  sich  zu  bläuen  anfingt, 
»in  welchem  Falle  die  Menge  des  freien  Ozons  noch 
so  aufserordentUch  klein  ist,  dafs  es  durch  kein  anderes 
Mittel  dargethan  werden  könnte.«  Es  war  daher  natOr- 
lich,  dafs  ich  über  daa  Bleichen  keine  sorgfidtigeren  Ver- 
suche anzustellen  brauchte,  und  die  Resultate  aus  den 
wenigen  darüber  angestellten,  welche  den  Angaben  von 
der  Bleichkraft  der  Phosphoratmosphäre  nicht  entspre- 
chen, mit  Stillschweigen  überging.  Ich  hatte  nämlich  bei 
diesen  Versuchen  nur  das  jE^iUhen,  aber  nicht  das  Blei- 
chen des  Lackmnspapiers  wahr^ommen,  glaubte  aber 
in  sofern  darin  keinen  Widerspruch  mit  den  Angaben 
von  Hrn.  S.  annehmen  zu  können,  weil  ich  meine  Ver- 
suche, wie  angegeben,  nur  in  kleinen  Flaschen,  S.  aber 
in  grofsen  Ballons  angestellt  hat.  Wie  ich  dann  in  der 
Folgie  bei  den  Versuchen  über  das  Leuchten  dea  Phoa- 
phoKs  in  der  Thal  ein  solches  Neichen  wahrgenommen 
habe,  wenn  der  Versuch  unter  günstigen  'Umständen  in 
ein^r  grofsen  Flasche  augestellt  worden  war,  worüber 


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17S 


an  einem  anderen  Ort  das  Nähere  angegeben  werden 
soll.    Die  Unrichtigkeit  meiner  Ansicht  Ober  den  elel^ 

Irischen  Geruch  glaubt  Hr.  S.  durch  die  einfache  Thal- 
sache darzulhun,  dafs  der  Geruch  nach  merklicher  Zeit 
noch  fortdauert.  Dein  ist  aber  nicht  also.  Grofse  Fla- 
schen, in  welche  die  Elektricitftt  so  lange  einströmte,  bis 
der  Geruch  sehr  stark  war,  und  die  rasch  Terschlossen 
worden  sind,  halten  nach  sehr  kurzer  Zeit  allen  Geruch 
Tcrloreo. 

Ich  gönne  Hrn.  S.  gern  die  Beruhigung,  die  er  am 
Schlüsse  seiner  Beleuchtung  in  der  Versicherung  zu  ha- 
ben scheint,  daiis  wenn  ihm  seine  eigenen  neueren  Ver- 
suche nicht  die  Grandlosi§^eit  seiner  frQheren  Ansicht 
über  das  Ozon  als  Bestandtheil  des  Stickstoffs  dargethan 
hätte,  meine  Arbeit  es  nfcht  bewirkt  haben  würde,  so 
wie  in  der  Aeufserung:  »wenn  man  Andern  begangene 
Irrthflmer  nachweisen  will,  so  muCs  man  nicht  selbst  4p 
noch  Tiel  grObere  verfallen  etc.«  Dagegen  kann  ich  es 
nicht  unbemerkt  lassen,  dafs  Hr.  S.  sich  gewaltig  irrt, 
wenn  er  meint,  ich  dürfte  jetzt,  d.  h.  nach  dieser  seiner 
Beleuchtung,  es  selbst  bedauern,  das  Amt  eines  Kriti- 
kers übernommen  zu  haben.  Dem  ist  ganz  und  gar  nicht 
also;  Tielmehr  freue  ich  mich  es  gethan  zu  haben,  indem 
kh  ntch  eompHmitm  Vrihtilm  den  Zweck  einer  soldien 
Beurthe^ng,  den  Werth  oder  Unwerth  einer  Schrift 
darzustellen,  vollkommen  erreicht  habe. 

Breslau,  den  30.  Juli  1845. 


174 


Xiy.  lieber  den  Einfluß  der  T^ernperatur  auf 
das  Leitungsoerrhögen  der  Flüssigkeiten  für 
galvanische  SirSrrie;  von  C.  F.  Henrici'. 

(BriefliclM  Miiibcilang.) 


E, 


Harste»  15.  Febr.  1845. 


irlaubeo  Sie  mir  gütigst,  dafs  icb  Ihnen  eine  kurze 
Mittheilung  über  einen  dem  von  Hrn.  Ohm  im  11.  vO^ 
rigjllhrigeQ  AoQaieubeftei  &  403,  bescbriebeDen  Sihoticben 
YersiMsh  mache,  welchen  ich  bereits  vor  einigen  Jahren 
angestellt,  aber  in  der  Hoffnung,  VolIstfiDdigeres  auaffih- 
r,e.u  zu  könuen,  noch  nicht  niltgetheilt  habe. 

Offenbar  übt  die  Erwärmung  der  Flüssigkeiten  ei^ 
nen  xwiefacben  Einflofs  auf  dmn  elektrisches  Leituangp- 
vermögen  aus,  indem  sie  einerseits  ihre  Dftdktigkeit  ver- 
mindert, andererseits  ihre  Zersetzbarkeit  steigert.  Es 
fragt  sich  also ,  welche  von  diesen  beiden,  in  der  fragli- 
chen Beziehung  einander  entgegenstrebenden  Wirkungen 
das  Ueberge wicht  habe*.  Der  Versuch,  den  ich  zur  Be- 
antirprtung  dieser  Frage  imtemabm,  wmrde  mit  eiaer  vieiy 
Mal  gebogenen,  30  Ceiitim.  langen  Nund  8  MilUm.  weiften 

^  •  .  V  '  Glasröhre  in  folgeti- 

gender  Weise  ange- 
b     stellt,  in  .den  Sehen- 
ß  kel  A  wurde  ein  fest- 
schliefeender  Mark- 
pj  pfropfen  a  hinabge- 

schoben, und  sodann 
der  Raum  über  a  mit  Kupfervitriollösung,  der  Raum  von 
a  bis  b  mit  Wasser,  dem  sehr  wenig  Schwefelsäure  zu- 
gesetzt worden,  gefüllt.  In  den  Schenkel  A  wurde  ein 
Kupfeidraht,  in  den  Schenkel  B  ein  Eisendraht  gesenkt; 
die  Polarisation  war  also  möglichst  ausgeschlossen.  Der 


U 


A 


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176 

wutüßtp  horiiontale  Tiheil  der  Röhre  norde  m  emm  mit 
Lebm  aiufjefOtlerteD  Halbcylioder  tod  Blech  eingedrfickl» 

und  unter  diesem  eine  Weingeisfflaminc  angebracht.  Die 
beiden  Drähte  waren  durch  ein  Galvanometer  mit  ein- 
ander verbunden. 

Der  Strom  dieser  Kette  war  too  einer  ungewöholi- 
eben  GoDStam;  die  Gal^nometemadel  änderte  ihren  Stand 
während  mebrer  Stunden  nicht  um  t-V  Grad.  Es  konnte 
also  zur  Erwärmung  geschritten  werden.  Sobald  diese 
merklich  wurde,  stellte  sich  eine  sehr  langsame  Zunahme 
der  Ablenkung  ein,  und  als  ein  angebrachtes  Thermo- 
meter Ton  17**  anf  80^  gestiegen  war,  war  die  Galva- 
iiometernadel'  Ton  38^  auf  41^  fortgerückt.  Hieraof 
wurde  die  Lampe  fortgenommen  und  der  Apparat  sich 
selbst  überlassen.  Die  Abkühlung  bis  zu  der  ursprüng- 
lichen Temperatur  geschah  sehr  allmälig;  als  diese  ein- 
getreten war,  stand  die  Nadel  auf  39^.  Es  hatte  mithin 
die  LeitCidiigkeit  der  Flüssigkeit  durch  die  Erwärmung 
derselben  eine  bleibende  Erhöhung  erlangt,  was  wohl 
ohne  Zweifel  der  eben  dadurch  bewirkten  Austreibung 
der  in  dei*  Flüssigkeit  gelösten  atmosphärischen  Gase^ 
welche  sich  in  ziemlich  zahlreichen  kleinen  Bläschen  ent- 
wickelten, zuzuschreiben  ist.  Die  späteren  Versuche  er- 
gaben sSmmtlich  eine  Steigerung  der  Ablenkung  um' 2^ 
mit  völliger  Rückkehr  der  Nadel  auf  den  Ausgangspunkt. 
Eine  Venninderung  der  Ablenkung  um  2°  erfolgte  da- 
gegen, als  ich  nach  eingetretener  Abkühlung  eine  mit 
Kupferritriollösung  gefüllte  und  mit  kupfernen  filektfo- 
den  versehene  Glasröhre  von  12^  Centim.  Lange  und  5^ 
Millim.  Weite  in  den  Leitungsbogen  einschaltete.  Ein« 
nun  folgende  Erwärmung  auf  80^  vergröfserte  die  Ab« 
lenkung  wieder  um  2". 

Obgleich  sich  auf  die  Ergebnisse  dieses  Versuchs 
keine  eigentliche  Berechnung  gründen  läfst,  so  habe  ich 
doch  mit  einiger  V^ahrscheinlichkeit  daraus  schliefen  zu 
dürfen  geglaubt,  dafe  das  Leituugsvermögen  der  angewand- 


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I 


176 

tetk  Fl6s8igkeit  durch  deren  Erw&mmng  von  li^  bis  SO^ 

C.  kaum  auf  das  Anderthalbfache  ihres  Betrags  bei  der 
erstea  Temperatur  gesteigert  i/vorden  sey.  ' 


XV.   Regenmenge  in  verschiedenen  Höhen  über 

dem  Boden. 


XJni  dem  Einwurf  zu  begegnen,  als  hätten  bei  seinen 
früheren  Messungen  auf  dem  Museum  und  dem  INIünster 
zu  York  (Ann.,  Bd.  33,  S.  215;  Bd.  38,  S.  235,  und 
Bd.  43,  S.  422)  diese  Gebäude  durch  Abänderung  der 
Windesrichtung  und  andere  örtliche  Einflüsse  die  mit 
der  Höhe  eingetretene  Abnahme  der  Regenmenge  herbei- 
geführt oder  vergröfsert,  hat  Hr.  Phillips  fünf  registri- 
rende  Regenmesser  gänzlich  entfernt  von  Gebäuden  in 
freier  Luft  errichtet  und  mehre  Jahre  hindurch  beobach- 
tet. Die  Auffanggefäfse,  denen  er  nach  vielfältiger  Er- 
fahrung vorgezogen  hatte  eine  Trichtergestalt  zu  geben, 
befanden  sich  in  verschiedener  Höhe  über  dem  Boden, 
die  Behälter  zum  Samineiu  des  Wassers  dagegen  unmit- 
telbar auf  diesem.  Vom  9.  Jan.  bis  zum  14.  Oct.  1843 
und  dann  vom  1.  Jan.  bis  2.  Sept.  1844  lieferten  diese 
Instrumente  folgende  Resultate: 


Höhe  über  den 

Regenmenge. 

Boden. 

1843. 

1844.  • 

Sumroe. 

FuCi. 

Zoll. 

Zoll. 

Zoll. 

24 

14,618 

.  9,540 

24,158 

12 

• 

15,419 

10,620 

26,039 

6 

15,549 

10,640 

26,189 

3 

15,608 

10,690 

26,298 

U 

15,619 

10,940  • 

26,559. 

Diese  Resultate  bestätigen  also  in  der  Hauptsache 
die  früheren;  indefs  glaubt  Hr.  Ph.  sich  jedes  Kommen- 
tars enthalten  zu  müssen,  da  er  beabsichtigt  die  Beob- 
achtungen vennannichfaltigt  fortzuseUen.  {Report  of  the 
fourteenth  Meeting  of  the  British  Assoc,  eic,^  held  at 
York,  Sept,  1844.    Notices  p,  21.) 


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1845.  ANNALEN  JTö.  10. 

DER  PHYSIK  UND  CHEMtlE. 

BAN]>  LXYI. 


L  'Ueber  das  Absorptionsvermögen  des  Mluis  für 
Sauerstoff i  pon  Cr.  Magnus. 


Es  giebt  nicht  leicht  eine  Erscheinung,  die  uns  näher 
betrifft  als  der  Vorgang  der  Respiration.  Alle  Geschöpfe^ 
Pflansen  und  Thiere  athmen,  und  wir  selbst 'yerriditeii 
dieses  Geschftft  too  dem  Augettblidce  wo  wir  das  Ta- 
geslicht erblicken,  nnwillkfihrlich  bis  an  das  Ziel  unse- 
res Lebens  bei  Tag  und  bei  Nacht.  Dennoch  gehört 
gerade  diese  Erstheinung,  so  einfach  sie  auch  sejn  mag, 
so  leicht  sie  auch  zugänglich  iQr  die  Untersuchung  er- 
sdieint,  keineswegs  zu  den  bekannten.  Man  weife  wohl, 
dafs  der  Organismus  bei  der  Respiration  den  einen  Bo- 
standtheil  der  Atmosphäre,  das  Sauerstoffgas  oder  die  so- 
genannte Lebenshift,  aufnimmt,  und  dafs  er  dabei  sich 
eines  grofsen  Tbeils  der  genossenen  Nahrung  in  der  Form 
▼on  KoblensAure  wieder  entledigt.  Allein  nicht  nor,  dafs 
man  über  die  einzelnen  chemischen  Vor^nge,  welche 
hierbei  stattfinden,  völlig  im  Unklaren  ist,  sondern  sogar 
über  den  Ort,  wo  die  Ausscheidung  der  Kohlensäure  vor 
sich  geht,  ist  man  zweifelhaft,  und  noch  mehr  über  den 
eigentlichen  Procefs,  der  dieselbe  bewirkt.  Zwar  sind 
die  Langen  immer  der  Heerd  für  den  Anstanich  der  Ga»- 
arlen,  ob  aber  die  Kohlensaure  in  ihn«i  oder  in  den 
überall  im  Körper  befindlichen  Capillargefäfsen  erzeugt 
werde,  und  ob  das  Sauerstoffgas  in  jenen  oder  in  die- 
sen seine  chemische  Wirkung  ausübe,  darüber  herrsch- 
ten bis  vor  Kurzem,  und  herrscben  zum  Theal  noch  jetzt, 
die  widersprechendsten  Ansichten» 

Die  Naturwissenschaften  shid  freilidi  noch  aufser- 
ordentlich  jung,  kaum  wenige  Decennien  sind  TOrllber 

PoggendorfT«  Anod.  fi<i.JLX\l.  *  .  1^ 


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178 


seitdem  man  das  Verhalten  der  Dämpfe  und  Gase,  so 
wie  die  damit  im  nScbsten  Znsanmienhange  stehenden  Er- 

scheinuDgeu  der  Absorptiouei)  kennt.  Wenn  man  auch 
glauben  sollte,  dafs  diese  Zeit  wohl  hinreichend  gewe- 
sen sey,  um  entscheidende  Untersuchungen  über  einen 
SO  wichtigen  Gegenstaud  anzustellen,  so  darf  doch  nicht 
aafser  Acht  bleiben,  dafs  das  Blut,  welches  als  TrSger 
für  die  Aufnahme  and  Abgabe  der  Gasarten  dient,  eine 
höchst  zusammengesetzte  und  keineswegs  bekannte  Flüs-  - 
sigkeit  ist,  dafs  Versuche  über  das  Verhalten  organischer 
Flüssigkeiten  gegen  Gasarten  übjerhaupt  gänzlich  fehlen, 
and  endlich  dafs  die  sogenannten  BlutkOrpeffciien,  die 
ans  einer  membrandseo  HQUe  bestehen,  welche  Flfissig- 
keit  und  Toraagsweise  den  sogenannten  Farbstoff  einge- 
schlossen enthält,  offenbar  eine  eigenlhümliche,  aber 
noch  nicht  ermittelte  Holle  bei  diesem  Vorgange  spielen. 
Daher  kommt  es,  dafs  die  widersprechendsten  Resultate 
bei  den  Untefsochnngen  mit  ,dem  Blute  erhalten  worden 
sind. 

Weit  entfernt  dieselben  hier  aufzuzählen,  will  ich 
mich  darauf  beschrJinken,  die  verschiedenen  Ansichten 
anzuführen,  welche  über  den  Vorgang  der  Respiration 
aas  ihnen  hervorgegangen  sind.  Dieselben  lassen  sich 
unter  folgende  Gesichtspunkte  zusammenfassen. 

1 )  Die  altere ,  von  Lavoisier  herrührende nach 
welcher  der  eiii^cathmete  Sauerstoff  sich  mit  einem  Theile 
des  Kohlenstoffs  des  Blutes  in  den  Lungen  verbindet 
und  als  Kojilensäure  mit  der  ausgeathmeten  Luft  sogleich 
wieder  entweiiht. 

2)  Die,  nach-  welcher  neue  chemische  Verbindan- 
gen  dnrch  den  eingeathmeten  Sauerstoff  in  den  Lungen 
entstehen,  aber  alsdami  erst  in  den  Capillargefafsen  durch 
Aufnahme  von  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  in  andere 
Verbindungen  übergehen  und  mit  dem  venösen  Blute  in 
die  Lungen  zurückgelangen,  um  dort  durch  die  Aafhahme 
▼on  &nevsloff  ao  zerlegt  zu  werden,  dafs  sie  ab  Koh- 
lensSure  und  Wasser  sich  ausscheiden. 


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179 

3)  Die,  nach  welcher  das  Sauerstoffgas  zwar  mU 
dem  Blute  in  den  Lungen  eine  chemische  Verbindung 
eingeht,  die  iudefs  in  den  CapiUargeßlfaen  zenetst  wird, 
dort  Wasser  and  KoUensaure  oder  lelslere  allein  eiv 
zeugt,  welche,  oboe  akh  chemisch  wat  dkm  Blute  zu  ver- 
binden,  von  diesem  abSorbirt  und  nach  den  Lungen  ge- 
führt wird,  wo  sie  bei  Berührung  mit  der  Luft  ent- 
weicht; und 

4)  die,  nach  weicher  der  eingeathmete  Saneratofif ' 
sich  nicht  chemisch  mit  dem  Bhite  verbindet,  aondem 
nur  absorbirt  wird,  und  so  in  die  Capillargefäfse  gelangt, 
wo  er,  zur  Oxydation  gewisser  Substanzen  verwendet, 
diese  in  Kohlensäure,  vielleicht  auch  in  Wasser  umwan- 
delt Die  entstandene  Kohlensäure  wird  dann  statt  des 
Sauerstoffs  von  dem  Bhite  absorbirt,  und  gelangt  mit 
diesem  in  die  Lungen  zurück,  um  bei  Berührung  mit  der 
atmosphSrischen  Luft  ausgeschieden  zu  werden;  worauf 
eine  neue  Quantität  von  Sauerstoff  statt  ihrer  absorbirt 
wird  und  dieselben  Veränderungeu  durchmacht 

Die  beiden  ersteren  Ansichten,  weldie  w»«if^  im  Ge« 
gensatze  zu  den  folgenden,  die  ohemiachen  nennen  könnte, 
stützen  sich  besonders  darauf  dafs  man  früher  keine  Luft, 
weder  Sauerstoff  noch  Kohlensaure,  in  dem  Blute  hatte 
auffinden  können. 

Wenn  diese  in  der  That  nicht  darin  vorhanden  wä- 
ren, so  folgte  freilich  unmittelbar,  dais  das  iSanerstofI* 
gas,  sobald  es  mit  dem  Blute  in  Berührung  kommt,  sich 
sogleich  chemisch  mit  ihm  Tcrbindet  Und  hiervon  .^ind 
nicht  nur  alle  älteren,  über  das  Athmen  aufgestellte  Theo- 
rien ausgegangen,  sondern  sie  gehen,  wie  z.  B.  die,  wel- 
che Hr.  M  u  1  (]  e  r  in  seiner  vor  Kurzem  erschienenen 
Abhandlung  '  )  über  die  Oxydationsproducte  des  Pro- 
teins giebt,  zum  Theil  noch  jetzt  davon  aus.  Derglei- 
chen sind  zu  allen  Zeiten  eine  nicht  unbedeutende  An- 
zahl aufgestellt  worden,  da  man  jeden,  in  dem  Blute  auf- 
1)  Ann.  der  PbarmMic,  voo  Liebig  md  Wähler,  Bd.  47,  S.  328. 

12» 


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180 


f^efandtnen,  laebc  ozydklmren  Stoff  als  Gnmdlage  ei- 
ner neuen  AtlnmiDgstlieorte  benutzt  hat. 

Es  lassen  sich  indefs  einige  nicht  unbedeutende  Gründe 
anführen,  die  entschieden  gegen  eine  in  den  Lungen  vor 
sioli  gehende  unmittelbare  Verbindung  des  Bluts  mit  dem 
Sauerstoff  sprechen.  Da  nSnüich  bei  jedem  Oxydations- 
firocesse  wie  bei  ^edem  chemischen  Prooesse  WSrme  eiw 
zeugt  wird,  so  inüfsten  die  Lungen  wärmer  als  der  ganze 
übrige  Körper  se yn ,  was  durchaus  nicht  der  Fall  ist. 
Diefs  ist  schon  mehrfach  als  £inwand  gegen  die  Oxyda- 
tion des  Blutes  in  den  Lungen  hervorgehoben  worden. 
Aber  man  kann  au&erdem  noch  Folgendes  anfuhren: 

Das  Blut,  das  in  den  Lungen  durch  Aufnahme  von  ' 
Sauerstoff  hcllroth  und  arteriell  geworden  ist,  verwan- 
delt sich  während  des  Kreislaufs  in  den  Capillargefäfsen 
in  venöses,  und  nimmt  dabei  die  bekannte  dunkle  Farbe 
an.  Dieselbe  Farbe  erhttlt  das  arterielle  Blut  aber  auch 
durch  blofses  Schfitteln  mit  Kohlensäure.  Schon  deshalb 
erscheint  es  wahrscheinlich,  dafs  auch  die  dunkle  Farbe 
in  den  Capillargefäfsen  durch  Aufnahme  dieser  Gasart 
hervorgebracht  werde,  da  sonst  notbwendig  zwei  ver- 
schiedene Veranlassungen  für  die  Farbenveranderung  vor- 
handen seyn  mlifsten. 

Aufserdem  aber  ist  nicht  einzusehen,  wie  das  Blut 
bei  der  Aufnahme  von  Sauerstoff  hcllroth  werden  kann, 
da  dasselbe  vielmehr  durch  die  erzeugte  Kohlensäure 
dunkel  werden  müfste.  Wollte  man  hiergegen  einwen- 
den, dafs  die  Quantität  dieser  letzteren  zur  Hervorbrin^ 
gung  der  dunkeln  Farbe  nicht  ausreiche,  und  dafs  ein 
Gemisch  von  KohlensUnre*  und  atmosphJtaischer  Luft  das 
arterielle  Blut  nicht  dunkel  färbt,  so  mufs  man  anderer- 
seits bedenken,  dafs  nur  das  wirklich  aufgenommene 
Sauerstoffgas  die  arterielle  Färbung  hervorbringt,  und  das 
übrige  cUbei  nach  jener  Theorie  nicht  mitwirken  kann, 
und  dafs  die  Kohlensaure,  da  wo  sie  durch  die  Oxyda- 
tion erzeugt  wird,  auch  nur  allein  vorhanden  ist,  und 

« 


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181 

also  anch  nur  wie  reine  KoblensSoro  wirken  atOfste. 
Eben  so  ist  schwer  za  begreifen  wie  das  Blat,  wenn 
seine  arterielle  Farbe  dnr6h  Oxydation  meugt  seyn  sollte, 
durch  Kohleosäure  dunkel,  darauf  aber  durch  Schütteln 
mit  Sauerstoff  oder  atmosphärischer  Luft  wieder  hellroth 
werden  und  die  frtihere  arterieite  Farbe  wieder  ^nnel^nen 
kann.  .  Denn  KoUenafture  vermag  nicht  das  Blut  su  des» 
oxydiren,  und  wie  soll  nan  sidi  vorstellen;  dafs  das  ein- 
mal oxjdirte  Blut,  ohne  desoxydirt  zu  seyn,  zum  zwei- 
ten und  zum  dritten  IVlale,  und  so  oft  man  will  wieder 
oxydirt  werden  könne?  Dieser  Einwand  scheint  so  wich- 
tig, dafo  er  genfigend  seyn  möchte,  vm  eine  jede  Theo- 
rie zn  widerlegen,  welche  eine  chemische  Vereinigung 
des  Sauerstoffe  mit  dem  Blute  voraussetzt. 

Nachdem  jedoch  die  Versuche  über  das  Athmeu 
von  Thiereu  in  Gasarten,  welche  kein  Sauerstoff  enthal- 
ten, und  die  zu  verschiedenen  Zeiten  von  H.  Davy 
Coutancean und  Njsten  Edwards'),  Coilard 
de  Martigny  besonders  aber  von  J.  Müller  und 
Bergemann  *),  so  wie  von  Tb.  Bischoff®)  ange- 
stellt worden  sind,  dargethan  hatten,  dafs  mindestens  nicht 
alle  ausgealbmete  Kohlensäure  unmittelbar  durch  Oxy- 
dation erzeugt  werde;  und  nachdem  endlich  durch  Ste- 
vens^), Hoffmann«),  Heid  Ganny '),  Th.  Bi- 
schoff ^<'),  van  Entschat  ^^)  und  mir       auf  di« 

1)  GIlbcrl»3  Annalen,  lid.  19,  S.  308. 

2)  Meckcl's  Archiv  für  Physiologie,  Bd.  3,  S.  254. 

3)  De  l'influence  des  agens  physigues  sur  la  vie^  ^.444. 

4)  Magendie,  Journ.  de  Physiologie^  Xt  p.  233. 

5)  J.  Müller,  Handbuch  der  Physiologie,  Edit.  IV,  Tom.I,  p.  257. 

6)  Commentatio  de  novis  quibiisdam  experimentü  chumico  ph/- 

TL 

7)  Philosoph.  Transactions .  1835,  P.ll^p.ZiB. 

8)  London  medical  gazettey  April  1833. 

9)  The  Laneet.,  May  1833. 

10)  A.  a.  O. 

11)  Dissertatio  de  respiralionis  chymUmo  ^  p.^^. 

12)  Dle^e  Aonalen,  Bd.  40,  S.  583. 


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182 

« 

reotem  Wege  KoblensKare  als  fertig  gebildet  in  Blute 

nachgewiesen  war,  wurde  es  wahrscheinlich,  dafs  die 
Bildung  der  Kohlensäure  nicht  in  den  Lungen,  sondern 
in  den  CapiilargefäCsen  statt  habe,  und  man  koonte  des- 
halb die  erwttbnte  dritte  Ansichten  über  den  Vfirgang  der 
Resfiiradon  aufsteUen,  ntalicb:  iah  das  Sanerstol^as 
zwar  mit  dem  Blote  in  den  Longen  eine  chemische  Ver- 
bindung eingehe,  die  aber  in  den  Capillargefäfsen  zer- 
setzt wird,  dort  Wasser  und  Kohlensäure  oder  letzlere 
allein  erzeugt,  welche,'  ohne  sich  chemisch  mit  dem  Blute 
zn  verbinden,  von  diesem  absorbirt  und  nach  den  Lun- 
gen geCfthrt  wird,  wo  sie  .)iei  Berfihrung  mit  der  Lnfft 
entweicht. 

Mit  dieser  Ansicht  wäre  allerdings  die  Schwierigkeit 
fortgefisHeo,  welche  oben  schon  erwähnt  ist;  dafs  noch 
eine  andere  Ursache  als  die  Aufnahme  von  Kohlensäure 
das  Blut  mfllste  schwarz  färben.  Im  Uebrigen  aber  war 
Lein  Grmnd  vorhanden,  welcher  nöthigte  dieselbe  anzu«  • 
nehmen;  denn  selbst  wenn  die  Kohlensäure  in  den  Lun- 
gen erzeugt  würde,  wäre  es  auffallend,  wenn  das  Blut 
keine  Kohlensäure  absorbirt  enthielte,  da  es  mit  dieser 
Gasart  fortwährend  in  Berührung  ist  Deshalb  bedurfte 
es  noch  anderer  Beweise,  um  behaupten  zu  können,  dafs 
die  Kohlensaure  nicht  in  den  Lungen,  sondern  nur  in 
den  Capillargefäfsen  entstehe. 

Geht  man  von  Dalton  s  bekannten  Gesetzen  für 
die  Absorption  aus,  und  sieht  man  ab  von  den  Modifi- 
cationen,  welche  sie  im  vorliegenden  Falle  dadurch  ei^ 
leiden  möchten,  dafs  das  Blut  mit  der  Luft  in  den  Lungen 
nicht  unmittelbar,  sondern  nur  durch  die  Membranen  der 
Lungenzellen  in  Berührung  kommt,  so  kann  die  Abgabe 
der  Kohlensäure  von  zwei  ganz  verschiedenen  Gründen 
herrühren.  Es  wäre  nämlich  1 )  möglich,  wenn  das  Blut 
in  den  Lungen  oxjdirt  wird,  dafs  das  oxjdirte  Blut  ein 
viel  geringeres  Absorptionsvermögen  fiir  Kohlensäure  be- 
säfse  als  das  nicht  oxjdirte,  so  dais  die  Kohlensäure, 


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18S 

unter  welchem  Drueke  sie  sich  auch  in  den  Landen  be- 
finden möchte,  durch  die  ehemische  Verfinderung  des 

Bluts  ausgeschieden  würde.  In  diesem  Falle  mtifste  sich 
ID  dem  arlerioilcn  Blute  nur  wenig  Kohlensäure  im  Ver-- 
l^eich  zu  der  im  venösen  Blute  vorÜDden,  und  es  wäre 
sogar  möglich,  dafs  es  gar  nichts  davon  enthielte.  Wenn 
aber  das  Absorptionsvermögen  der  beiden  Blotarten  €fir 
Kohlensaure  nicht  wesentlich  verschieden  ist,  so  kann  die 
Abgabe  dieser  Gasart  nur  2)  davon  herpfihren,  dals  das 
venöse  Blut  in  den  Capillargefäfsen  mehr  davon  aufnimmt, 
als  es^  unter  dem  in  den  Lungen  vorhandenen  Druck  ent» 
halten  kann. 

Man  wende  hiergegen  nicht  «n,  dafs  alsdami  bei 

einem  Aderlafs  Kohlensäure  entweichen  müfste,  und  daf» 
man  diefs  nicht  beobachtet  habe.  Es  ist  dennoch  in  dei* 
That  der  Fall,  nur  ist  die  Quantität  des  entweichenden 
Gases  sehr  gering,  weil,  wie  später  gezeigt  werden  wird, 
selbst  in  den  Lungen  nicht  viel  Kohlensäure  im  Veriialt* 
nifs  zum  Blut  entweicht,  und  weil,  um  auch  nur  diese 
zu  erhalten,  eine  noch  mannichfaltigerc  Berührung  mit 
der  Luft  erforderlich  ist,  als  bei  einem  Aderlässe  statt  hat. 

Entweicht  aber  in  den  Luogeu  nur  der  Ueberschufs 
von  Kohlensäure,  welcher  durch  den-  dort  vorhandenen 
Druck  nicht  znrQokgehalten  wird,  so  mnfs  das  arterielle 
Blut  noch  den  ganzen  Best  enthalten*.  In  beiden  Bltit- 
arten  mufs  dann  Kohlensäure  nachgewiesen  werden  kön- 
nen. Diefs  ist  auch  geschehen,  durch  mich  in  einer  frü- 
heren Arbeit  und  unabhängig  von  mir  durch  van  Ent- 
schut.  Allein  selbst  dieser  Nachweis  gentigt  nicht,  um 
zu  zeigen,  dafs  die  vorhandene«  KohlensSure  in  den  Ca- 
pillargefäfsen erzeugt  sey.  Denn  wenn  beide  Bbitsrten 
Kohlensäure  absorbiren  können,  so  wurde  dieselbe,  auch 
wenn  sie  in  den  Lungen  ci^eugt  ist,  von  beiden  aufge- 
nommen wetden.  Allein  wenn  sie  in  den  Capillargefä- 
fsen erzeugt  sejn  sollte,  so  mOfste  fan  arteriellen  weni- 
ger als  im  venOsen  enthfehen  eejn. 


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* 


184 

Attcb  diefe  >vill  vau  Eniscbot  bd  seiften  Vefsii« 
eben  gefanden  baben,  Indefs  waren  die  Qu^intiUltea  die- 
ses Gases,  die  er  Oberbabpt  aus  dem  Blute  abgescbieden 

hat,  nur  gering,  besonders  im  Vergleich  zu  denen,  wel- 
che mir  aus  dem  Blute  abzuscheiden  gelungen  war.  Wenn 
indefs  bei  seiuen  Versuchen  stets  genau  auf  dieselbe 
Weise  Terfabren  worden  ist,  so  mOgen  die  eriialtenen 
Mengen  den  wirUicb  im  Blute  yorbandenen  proportio- 
nal seyn.  Mir  war  es  nicht  möglich  alle  Versuche  in 
gleicher  Zeit  zu  vollenden,  das  Blut  bei  allen  genau  auf 
dieselbe  Weise  zu  behandeln,  und  was  sonst  nothwen- 
dig  ist,  um  diese  Proportionalität  zu  erlangen,  weil  ver- 
schiedene Nebenumstttnde,  und  nameotlicb  die  Zeit,  wel* 
ebe  verging  bis  der  Schaum  des  Bluts  sich  setzte,  die 
Ausführung  der  Versuche  bedingten.  Ich  habe  deshalb 
auf  eine  andere  Weise  zu  zeigen  gesucht,  dafs  die  Quan- 
tität der  absorbirten  Kohlensäure  im  arterielieu  JBiute 
geringer  als  im  venösen  sey. 

.Es  war  mir  nAmlicb  gelungen  mittelst  der  Luftpumpe 
Sauerstoffgas  in  beiden  Blutarten  nachzuweisen. 

Anderen  neueren  Beobachtern  war  diefs  nicht  ge- 
glückt, weder  Th.  Bischoff,  noch  van  Enlschut 
konnten  dasselbe  aufünden,  wiewohl  der  Letztere  er- 
höhte Temperatur,  den  luftleeren  Raum  und  Wasserstoff 
dafOr  anwandte.  Stevens  und  Ho  ff  mann  behaupten 
zwar,  dafe  Sauerstoff  im  arteriellen  Blute  sej,  allein  sie 
haben  es  nicht  darin  nachgewiesen.  Die  Quantitäten, 
welche  ich  abscheiden  konnte,  waren  ebenfalls  nur  ge- 
ring, und  es  wäre  deshalb  wohl  möglich  gewesen,  dafs 
der  absorbirte  Antheil  dieser  Gasart  keine  Rolle  bei  der 
Respiration  spielte,  zumal,  wie  schon  erwähnt,  auch  im 
Yenenblut  sich  Sauerstoff  vorfand.  Indessen  gestattete 
die  Auffindung  von  Sauerstoff  im  Blute  noch  die  erwähnte 
vierte  Ansicht  von  dem  Vorgänge  beim  Athmen  zu  ha- 
ben, nämlich  dafs  der  eingeathmete  Sauerstoff  sieb  nicht 
chemisch  mit  dem  Blute  verbinde,  sondam  nur  abeorbirt 


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1S6 

werde,  und  SO  ia  die  Captilar^iafäljBe  gelange,  wo  er,  zur 
Oxjdaüon  gewisser  Substanzen  verwendet,  diese  in  Koh- 
IcMlIarey  ▼ielieiolil  «ick  in  Wasser  umwandelt;  dafis  die 
Kobleosiiire  dann  statt  des  Sauerstoffs  von  dem  Blote 

absorbirt  werde  und  mit  diesem  in  die  Lungen  zurück- 
gelange, um  bei  Berührung  mit  der  atmosphärisch  an  Luft 
ausgeschieden  zu  werden;  worauf  eine  neue  QuantiUlt 
von  Sonorsloff  statt  ihrer  absorbirt  wird  und  dieselben 
Vei^biderangen  durcbmacht 

Ist  diese  Ansicht  richtig,  so  mufs  das  arterielle  Blut 
mehr  Sauersloü  absorbirt  enthalten  als  das  venöse,  und 
weniger  Kohlensäure  als  dieses.  Und  da  alle  Versuche 
darin  übereinstimmen,  dafs  die  ausgealhmete  Kohlensäure' 
sebr  nabe  dte  Ydomen  des  aufjgenownenen  SauerstoHii 
gleieb  ist»  so  mAfste  im  vendsen  Blut  ein  Theil  des  Sauer» 
Stoffs  durch  ein  fast  gleiches  Volumen  Kohlensäure  er- 
setzt sejn. 

Wollte  man  diefs  zeigen,  so  hätte  man  die  ganzen 
Qnantitfiten  von  Sauerstoff  und  Kohlensäure,  die  in  je- 
der Bltttart  enthalten  sind,  abscheiden  uOssen,  was  nicht 
möglich  -war.    Allein  wenn  in  dem  ▼enOsen  Blute  das 

Sauerstoffgas  durch  ein  gleiches  Volumen  von  Kohlensäure 
ersetzt  ist,  so  ist  auch  das  Verhältuifs  beider  Gase  in  jeder 
von  beiden  Blutarten  ein  anderes*.  Ich  bemühte  mich  des* 
halb  <üeis  Yerbällnifs  zu  prüfen.  Mittelst  der  Luftpumpe 
wurde  sowohl  aus  venösem  als  aus  arteriellem  Blute  ver- 
schiedener'Tbiere  eine  unbestimmte  Quantität  von  Luft 
aufgefangen  und  untersucht,  und  nachdem  bei  mehrfach 
angestellten  Versuchen  der  Art  der  Sauerstoff  in  der  vom 
venOsen  Blute  erhaltenen  Luft  höchstens  -1,  oft  nur  ^ 
TOD  der  darin  gefundenen  Kohlensäure  betrug,  während 
er  im  arteriellen  Blute  wenigstens  ^  und  fast  die  Hälfte 
derselben  ausmachte,  glaubte  ich,  wiewohl  die  ganze  im 
Blute  enthaltene  Quantität  dieser  Gase  unbekannt  blieb, 
als  bewiesen  ansehen  zu  können,  dafs  die  Absorption 
wesentlich  bei  der  Respiration  tnitwirk^,  so  dafs  diese, 


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186 

wenn  nicht  gaos,  doch  wenigsteos  theüweiaa  auf  der  Ab- 
sorption beruht. 

"  Diefs  habe  ich  damals  noch  zu  bestätigen  gesucht, 
indem  ich  zeigte,  dais  die  Quantität  von  Kohlensäure, 
veelche  da^  venöse  Blut  entbält,  7  bis  die  Hälfte  seines 
Volums  and  wohl  noch  mehr  betragt,  und  so  weit  es 
die  vorhandenen  Data  zuliefsen  darthat,  dafs  diese  hin- 
reichend sey,  um  die  ganze  Quantität  von  Kohlensäure 
zu  liefern,  welche  ein  erwachsener  Mensch  ausathmet. 

Danach  hat  sich  dann  diese  Ansicht,  wiewohl  es  ihr 
nicht  an  Gegnern  fehlte,  wenigstens  bei  den  aoBgezeichnox 
teren  Physiologen  Geltang  yerschafft.  Vor  einiger  Seit 
bat  )edoch  Hr.  Gay-  Lassac  ^ )  der  Pariser  Academie 
der  Wissenschaften  eine  Kritik  meiner  schon  vor  8  Jah- 
ren veröffentlichten  Arbeit  vorgelegt.  Nach  dieser  Kri- 
tik, welche  indefs  keine  neuen  Versuche  enthält,  entbehrt 
die  als  Ergebnifs  jener  Arbeit  aufgestellte,  so  eben  er- 
wähnte Theorie  Über  den  Torgang  beim  Athmen,  nicht 
nur  ^eder  sicheren  experimentellen  Grundlage,  sondern 
sie  müfste  gcralhcn  oder  vielmehr  aus  Versuchen  gefol- 
gert seyn,  die  gerade  das  Gegeutheil  von  dem  beweisen, 
was  sie  beweisen  sollen. 

Es  sey  mir  erlaubt,  hier  auf  diese  Kritik  etwas  täk- 
her  einzugehen. 

Von  der  eben  erwähnten  Art  der  Beweisföhmng  er- 
wähnt Hr.  Gav-Lussac  kein  Wort,  sondern  er  be- 
schränkt  sich  darauf,  meine  Versuche  von  Neuem  zu  be- 
rechnen, und  führt  die  erhaltenen  Quantitäten  der  Gase 
auf  dasselbe  Volumen  von  Blut  zurück,  wiewohl  ans  der 
ganzen  Beschreibung  jener  Versuche  hervorgeht,  dab 
dem  Blute  einmal  mehr,  das  andere  Mal  weniger  Lnfit 
entzogen  worden  ist,  und  wiewohl  nach  Mittheilung  die- 
ser Versuche  ausdrücklich  gesagt  wird  (Poggendorf f's 
Ann.,  Bd.  44),  S.  600):  »Dafs  übrigens  die  in  den  Tersefaie- 

I)  Comptes  rendus  de  V Acad.  des  Scitnccs^  Xflll,  p,  546;  und 
AnnaieM  de  thim,  et  de  pkjrs.,  Iii.  Ser.,  XI,  p.  5. 


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187 

deoen  Venatkeu  erhaltenen  Luftmengen  nicht  vollstän- 
dig mit  einander  übereinstimmen,  rührt  davon  her,  dals 
man  das  oben  beschriebene  Einlassen  der  Luft  in  die 
ao^escbraubte  Bi^re  nicht  ia  allen  Venuchen  gleich  oft 
niedeijMleii  konnte,  iveil  die  Zeit  Terschiedeo  war,  in- 
neiiialb  weldier  der  Schaam  sich  Jedesmal  setzte.« 

Hr.  G.  L.  macht  sich  selbst  den  Einwand,  dafs  dem 
Blute  nur  etwa  ein  Zehntheil  von  der  Kohlensäure,  die 
C6  enthält,  entzogen  worden  sej.  »Aber,«  fährt  er  fort, 
»num  mofa  nichts  destovreniger  annehmen,  dafa  die  Ton 
Hm.  M.  erhaltenen  Antheile  von  KohlensSure  den  gan- 
zen, in  den  yerschiedenen  Arten  des  Bluts  enthaltenen 
Mengen  proportional  sind.«  Auf  diesem  Ausspruch  be- 
ruht,  diefs  muis  hervorgehoben  werden,  die  ganze  SchlufiB- 
folge.  Derselbe  ist  richtig  unter  der  VorausaelztiDg,  dafo 
die  Luft  dem  Blute  immer  genau  unter  denselben  Be- 
dingungen entzogen  worden  ist.  Allein  aus  der  eben 
angeführten  Stelle  jener  Abhandlung  geht  hervor,  dafs 
diefs  nicht  geschehen  konnte-  Es  wurde  nämlich  auf 
die  Weise  verfahren,  dals  über  dem  Blut  ein  leerer  Baum  * 
hervorgebracht  wurde,  die  in  dieeen  abgegebenen  Gase 
worden  dann  in  ein  anderes  Gidföfs  fibergeföhrt,  und  daraof 
der  leere  Baum  von  Neuem  hergestellt,  und  so  mehre 
Male  hinter  einander,  je  nachdem  es  der  Schaum  über 
dem  Blute  gestattete.  Also  waren  die  Umstände  gewife 
nicht  gleich,  unier  denen  die  Gase  dem  Blute  entzogen 
wurdet).  Nun  erg^ebt  aufserdem  eine  einfache  Beohnnng, 
dals,  wenn  man  einer  FIfissigkeit  mehre  voq  ihr  ab< 
sorbirte  Gasarten  entzieht,  das  Verhältnifs  dieser  Gase 
zu  einander  für  die  ersten  Portionen  ein  anderes  ist,  als 
für  die  späteren.  Diefs  weifs  Niemand  besser,  als  Hr. 
G.  L.,  da  er  es  selbst  durch  die  Versuche  nadigewie- 
sen  hat,  die  er  sogar  in  der  in  Bede  stehenden  Kritik 
citirt,  und  die  er  mit  Hrn.  v.  Humboldt  fiber  die  Quan- 
titäten von  Sauerstoff  und  Stickstoff  angestellt  hat,  wel- 
che das  Wasser  bei  Berührung  mit  atmosphänscher  Luft 


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f 


188 

aafnimmt.   Zwar  wurden  bei  jenen  Venuebeo  die  Gm6 

durch  Kochen  aus  dem  Wasser  entfernt,  aber  es  ist  ein- 
leuchtend, dal's  dabei  oi.cbts  anderes  geschieht,  als  dafs 
der  Druck  aufgehoben  wird,  unter  dein  sie  sich  befin- 
den ' ).  Es  ist  daher  nicht  zu  begreifen«  wie  Hr.  G.  L. 
behaupten  kann,  dafs  die  in  den  einzelnen  Yersttcfaen 
erhaltenen  Antheile  Ton  Kohlensäure  stets  der  ganzen  im 
Blut  enthaltenen  Menge  proportional  seyn  sollten,  da 
dieselben  bisweilen  nur  aus  6,  gewöhnlich  aber  aus  mehr» 
10  bis  12,  an  denselben  luftleeren  Raum  abgef^ebenen 
Portionen  bestanden. 

Aber  wenn  diese  ProportionalltSt  nieht  stattfindet,  so 
fällt  auch  das  hauptsächlichste  Argument  der  ganzen  Kri- 
tik fort.  Denn  es  hat  alsdann  gar  keinen  Sinn,  die  er- 
haltenen Quantitäten  der  Gase  auf  ein  gLeichea  Volumen 
▼on  Blut  zurfickzuführen. 

Hr.  G.  L.  nimnit  anlserdem  das  Mittel  aus  den  so 
berechneten  Versuchen.  Zwar  machte  es  wohl  nicht 
angemessen  seyn  diefs  zu  thun,  weil  das  Blut  von  ein 
und  demselben  Thiere  zu  verschiedenen  Zeiten  gewifs 
verschieden  ist,  besonders  wenn,  wie  in  den  angestell* 
teft  Versuchen,  wenige  Tage  zuvor  eine  bedeutende  fiJUit- 
entziehung  stattgefunden  hat,  noch  mehr  aber  das  von 
verschiedenen  Thieren ;  allein  abgesehen  hiervon,  so  leuch-  - 
tet  ein,  dafs,  wenn  zufallig  unter  den  Versuchen  mit 
venösem  Blut  ein.  Paar  enthalten  sind,  bei  denen  eine 
geringere  Quantität  von  Luft  dem  Blute  entzogen  wor- 

1)  Diese  Herrea  fanden  nSmlidi  alt  aSe  die  Luft,  wddie  am  dem  Was- 
ser der  Seine  durck  Kodien  entweicbc,  in  einteloen  PotlioBen  anffin- 
gen,  diese  folgendermarsen  tosanuneogesetst: 


Poi  tioo. 

Saaerstoff. 

StickstofT. 

Iste 

^7 

7e3 

2le 

27,4 

72,6 

3te 

30,2 

Ü9,8 

4te 

32,5 

67,5 

Journal  de  physique  par  Delamitheriep  LX,  p.  160;  und  Gil- 
berl'« AnudcD,  Bd.  20»  S.  133. 


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189 

den  ist,  als  bei  den  anderen,  die  Summe  aller  Versu- 
che mit  venösem  |BIut  eine  geringere  Menge  von  Gas,  re- 
lativ  zum  angewandten  Blut  geben  mufs,  als  die  der 
Versuche  mit  arteriellem  Blut.    Dafe  aber  eine  gerin- 
gere QuantifSt  der  eDtzogenen  Luft'  aaeh  weniger  Kob- 
leosänre  enthnlt,  «Is  «ine  gröfsere,  ist  einleuchtend.  Die 
Summe  von  allem  arteriellen  Blut,  das  ich  zu  meinen  Ver- 
suchen angewendet  habe,  Kalbeblut  uud  Pferdeblut  von 
▼erscbiedenen  Individuen  zusammengerechnet,  wie  es  Hr. 
G.  Im  getban  hat,  betrügt  608  C  C,  und  das  Gas,  das  die- 
sem entzogen  wurde»  Bosammen  63,4  C.C.  oder  10,43  * 
Proc.  des  Bluts,  während  die  Summe  des  venösen  Bluts 
863  C.C.  beträgt,  dem  66,3  C.C.  oder  nur  7,68  Proc.  ent-  • 
sogen  worden  sind.     Dafs  wenn  man  aus  solchen  Zah* 
len  die  Kohlensfture  beider  Blutarten  berechnet,  man  im 
arteriellen  mehr  als  im  Tendsen  findet,  kann  nicht  auf- 
fallen.   Aber  es  ist  ein  niHllIrges  Resultat,  denn  es  hätte 
dem  venösen  Blut  noch  weniger  oder  auch  noch  viel 
mehr  Luft  entzogen  werden  können.    Der  Schlufs  aisoi, 
dafs  aus  diesen  Versuchen  hervorgeht,  dafs  im  venösen 
Blut  weniger  Koblanstture  sej  als  im  arteriellen,  ist  un* 
richtig»  weil  die  Versuche  weder  zeigen  soUt«i  noch  konn*  ^ 
ten,  in  welchem  Verhältnifs  die  Gase  znm  angewandten 
Blut  vorhanden  sind,  sondern  nur,  dafs  im  arteriellen 
der  Sauerstoff  relativ  zur  Kohlensäure  mehr  betrage,  als 
im  venösen.    Diefs  zeigen  sie  aber  auch  in  der  That. 
Denn  selbst  wenn  man  die  Summe  der  Versuche  be- 
trachtet, wie  sie  Hr.  G.  L.  berechnet  hat,  so  findet  man: 

Arterielles  Blut.  Veno««»  Blut. 

Kohlensäure  39,5  oder  62,3  Proc.     47,5  oder  71,6  Proc. 
Sauerstoff    14,7    -    23,2    -       10,1   -    15,3  - 
Stickstoff       9,2    -    14,5    -         8,7   -    13,1  - 

63,4      100,0  6M  100,0. 

Dafs  Hr.  G.  L.  dieses  Resultat  ganz  unerwähnt  ge- 
lassen hat,  ist  um  so  auffallender,  da  in  der  Abhaod- 


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190 


lung  bestimmt  gesagt  wird  (/?.  600):  *»  Aus  dieser  Tabelle 

geht  hervor,  dafs  in  dem  arteriellen  Blute  mehr  Sauer« 
Stoff  im  VerhäUnifs  zw  Kohlensäure^  als  im  veoöseo  ent- 
halten ist.« 

Nachdem  gezei^  ist,  wie  es  sich  mit  der  Toraiisge- 
setzteD  Proportionalität  yerbalte,  anf  welcher  die  Kritik 

vorzüglich  beruht,  dürfen  auch  die  übrigen  Bemerkun- 
gen derselben  nicht  unerwähnt  bleiben. 

Hr.  G.  L.  macht  mir  noch  den  Vorwurf,  dafe  ^ch  die 
Veränderung  der  Farbe  des  venOsen  Blutes  vom  grOfs- 
ten  Theil  durch  den  Verlust  von  Kohlensfture  erklArt 
hStte,  der  in  den  Lungen  stattfindet.  Er  sagt,  zwei 
Gründe  verhinderten  ihn,  diese  Ansicht  zu  theilen.  Der 
erste,  dafs  es  nicht  nachgewiesen  sej,  dafs  das  venöse 
Blut  Kohlensäure  in  den  Lungen  abgebe;  und  doch  ist 
gerade  dieis,  wie  schon  erwähnt,  dadurch  bewiesen,  dais 
die  Kohlensfiuie  sich  im  renOsen  Blut  in  einem  gröbe- 
ren Verhaltnifs  zum  Sauerstoff  findet,  als  im  arteriellen. 
Der  zweite,  dafs  wenn  wirklich  Kohlensäure  in  den  Lun- 
gen abgegeben  würde,  doch  noch  immer  ein  grofser  Theil 
im  arteriellen  Blute  zurückbleibt,  und  man  aus  diesem 
Unterschied  eine  so  merkwUrdige  FarbenverSnderung  ge« 
wifs  nicht  erklären  könnte.  Hi^ln  stimmt  gewiis  Nie- 
mand mehr  bei,  als  ich,  denn  in  jener  Abhandlung  heifst 
es  {p.  608),  nachdem  angeführt  ist,  dafs  das  Blut  durch 
Abgeben  von  Kohlensäure  heller  wurde: 

'>  Niemals  wurde  freilich  durch  das  £ntfernen  der 
V  Kohlensfture  das  Blut  so  bellroth,  wie  arterielles  ist;  al- 

lein es  scheint,  dafs  die  Absorption  verschiedener  Gas- 
arten auch  verschiedene  F.^rbeiiverändernngen  hervor- 
bringt. Es  ist  daher  wahrscheinlich,  dafs  die  rolhe  Farbe 
des  arteriellen  Bluts  nicht  nur  von  der  fehlenden  Koh- 
lensäure, -sondern  auch  von  der  Absorption  von  Sauer- 
stoff herrührt  tt 

Damals  war  die  interessante  Untersuehong  dee  Hm. 
Peligot  über  die  Wirkung  des  Sückoxvds  auf  die  £i- 


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191 

senoxjdulsalze  noch  nicht  bekannt,  durch  welche  die  An- 
sicht, däfs  Flüssigkeiten  ihre  Farbe  durch  blofse  Ab- 
sorption eines  Gases  gänzlich  verändern  können,  in  bo 
bobem  Grade  bMtttügt  mrd.  Es  ist  nicht  eiazaseben, 
wesbalb  Hr,  G.  L.  diese  Ansicbt  voo  der  FarbenverlA- 
deruDf;  vnerwfthnt  ISfst,  und  sich  nar  daran  halt,  dafe, 
nachdem  ich  beobachtet  hatte,  dafs  das  venöse  Blut  bei 
Abgabe  von  Kohlensäure  heller  werde,  ich  dieis  als  mit- 
wirkend bei  der  Farbenveränderung  bezeichnet  habe. 

Wie  schau  arwahat,  habe  ich  daaials  naehgewieseii, 
aa  weit  ea  die  v<irhaiidenen  Data  zuliefseo,  dals  die  in 
dem  Blut  absorbirt  enthaltene  Kohlensäure  hinreichend 
sey,  um  die  ganze  Quantität  von  Kohlensäure  zu  liefern, 
welche  ein  erwachsener  Mensch  ausathmct.  Hr.  (t.  L. 
^eht  miD  weiter,  er  berebfanet,  gestützt  auf  die  dort  ge- 
machten VoranssetBiiDgtn,  wie  viel  Sauerstoff  das  arte- 
rielle Blat  absorbirt  enthalten  mOsae. 

Er  ist  dabei  der  Ansicht,  dafs  dasselbe  nicht  nur  ein 
der  ausgealhuieteu  Kohlensäure  gleiches  Volumen  Sauer- 
stoff besitzen  dürfe»  das  zur  Erzeugung  der  Kohlensäure 
▼erwendet  wird,  sondern  aufserdem  noch  ein  Drittheil 
mehr,  um  das  ausgeatbmete  Wasser  zu  eneogen;  wor« 
aus  folgen  wtirde,  dafs  stets  ein  Drittheil  mehr  Sauerstoff 
eingeathmet,  als  Kohlensäure  ausgeathmet  wird,  was  allen 
über  Respiration  angestellten  Versuchen  widerspricht. 

Offenbar  ist  dabei  aufser  Acht  gelassen,  dafs  die 
in  den  GapiUarge&feen  ausgeschiedenen  Substanzen  nicht 
allem  aus  Kohlenstoff  imd  Wasserstoff  zu  bestehen  brau- 
chen ,  sondern  auch  Sauerstoff  enthalten  können.  Die 
Zusammensetzung  der  ausgeathmeten  und  eingeathuietcn 
Luft  zeigt  bestimmt,  dais  diese  .Substanzen  das  Sauer- 
stoff noch  in  hinreichender  Menge  enthalten,  um  mit  dem 
Wasserstoff  Wasser  zu  bilden,  wenn  diefs  nicht  schon 
da  solches  in  den  CapillargefMBen  ausgeschieden  wird. 

Bei  einer  zweiten,  auf  verschiedenen  Voraussetzun- 
gen beruhenden  Rechnung  gelangt  Hr.  G.  L.  zu  dem  Re- 


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192 

fukat,  d«f§  das  venöse  Blut  13  Proc.  seines  Volan»  an 

Kohlensäure  bei  dem  Athmen  abgebe,  und  damit  diefs 
möglich  sey,  17  Proc.  derselben  enthalten  müsse.  Nichts 
destoweoiger  sagt  er:  »diese  17  Proc.  sind  das  Mini- 
Mam  von  Kohlensäure,  welche  das  venöse  Blut  enthal- 
ten muis,  und  da  das  arterielle  ^eidifalls  KohleosSiire 
enthält,  so  ist  dieses  Minimnm  die  Diderenx  der  Quan- 
titäten, welche  die  beiden  Blutarten  enthalten.«  —  Es 
ist  unbegreiflich,  wie.  diefs  gesagt  werden  kann,  nach- 
dem unmittelbar  vorher  behauptet  worden,  dafs  die  Dif- 
ferenz der  Kohlensäure  beider  Blutarten  13  Proc.  als 
Minimum  betraf^e,  in  Folge  dessen  4  Proc  als  Mininnni 
in  arteriellen  Blut  «urOckbleiben  würden. 

Hr.  G.  L.  gelangt  durch  die  erste  Rechnung  zu  dem 
Resultat,  dafs  das  arterielle  Blut  bei  Berührung  mit  at- 
mosphärischer Luft  22,45  Volumprocent  Sauerstoff  müfste 
absorbiren  können,  oder  24,2  Mal  mehr  als  reines  Was- 
ser unter  gleichen  Umständen.  Eine  solche  Aulldslich« 
keit  des  Sauerstoffs  im  Blute  sey  nicht  unmöglich,  sagt 
Hr.  G.  L.,  aber  sie  hStte  nachgewiesen  oder  wenigstens 
wahrscheinlich  gemacht  werdeu  müssen.  Ich  habe  mich 
hemtibt  diese  Lücke  auszufüllen,  und  will,  in  dem  Fol- 
genden die  Versuche  mittheilen,  wetche  ich  zu  dem  Ende 
unternommen  habe.  Ich  glaube  aber,  dals  aus  dem  eben 
Gesagten  hervorgeht: 

1 )  Dafs  die  von  Hrn.  (i.  L.  vorausgesetzte  Proportio- 
nalität zwischen  den  bei  meinen  Versuchen  erfaal* 
tenen  Antheilen  von  Kohlensäure  und  den  ganzen, 
in  den  verschiedenen  Arten  des  Bluts  enthaltenen 
Mengen  dieser  Gasart  nicht  stattfindet,  und  da& 
deshalb  das  Resultat,  welches  Hr.  G.  L.  aus  den 
Versucheil  gezogen  hat,  unzulässig  ist. 

2)  Dafs  aus  jenen  Versuchen  unverändert  sich  ergiebt, 
dafs  die  absorbirte  Kohlensäure  eine  Rolle  bei  der 
Respiration  spiele,  da  sie  zeigen,  dafs  dieselbe  im 

ve- 


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I 


193 

venösen  Blut  sich  in  einem  gröfseren  Verhlütoiis 
zum  Sauerstoff  findet,  als  im  arteriellen. 
3)  Baü  die  BerechmiiigeD,  welche  Hr.  G.  L.  Ober  die 
im  Blote  eDtbalteneii  Menden  tod  Kohlensäure  und 
Sauerstoff  angestellt  hat,  nicht  als  richtig  betrach- 
tet  werden  können. 
Am  Schlüsse  seiner  Kritik  führt  Hr.  Gay^Laasae 
noch  einen  Versuch  von  Hrn.  Magendie  an,  weldier 
die  von  mir  auigestellte  Ansteht  über  die  Eespiration 
noch  von  Neuem  bestätigt,  da  er  zeigt,  dafs  im  venösen  ,^ 
Blute  auch  relativ  zum  Blute  mehr  Kohlensäure  absor- 
birt  enthalten  ist,  als  im  arteriellen,  denn  im  ersteren 
fanden  sich  7B  Proc.  und  im  letzteren  nnr  66  Proc  die- 
ser Gasait; 

Wenden  wir  ans  nun  zar  Ermittlung  des  Absorptions- 
vermögens des  Blats  ffir  Sauerstoff. 

Da  das  Blut,  sowohl  das  arterielle,  als  auch  das  • 
venöse,  schon  Sauerstoff  absorbirt  enthält,  so  läfet  sich 
das  Absorptionsvermögen  dadurch  nicht  bestimmen,  daCs 
man  das  Volumen  des  Gases  mlist,  welches  das  Blut  noch 
aufzunehmen  vermag.*  Wenn  aber  die  Absorption  dem 
bekannten  Henry'schen  oder  Dalton'schen  Gesetze 
folgt,  wenn  namentlich  stets  dasselbe  Volumen  dieses  Ga- 
ses vom  Blute  absorbirt  wird,  welches  auch  der  Druck 
ist,  unter  dem  sich  das  Gas  befindet,  so  g^ebt  es  ein  ein- 
faches Mittel  znr  Bestimmung  des  Absorptionsco^ffiden- 
ten.  Diesen  Aosdmck  gebrauche  ich  für  das  constante 
Volumen  des  unter  verschiedenem  Drucke  absorbirten  Ga- 
ses, bezogen  auf  das  Volumen  der  absorbirenden  Flüssig- 
keit als  Einheit. 

Es  ist  nämlich  nnr  nöthig  das  Blut  mit  dem  Gase, 
dessen  AbsorptionscoSffident  bestiinmt  werden  soll,  in 
Bertthrong  zu  bringen,  und  den  Druck  zu  beobachten, 
unter  dem  das,  nach  vollendeter  Absorption  zurückblei- 
bende Gas  sich  befindet.  Bringt  man  sodann  die  FiQs- 
sigkeit  in  einen  mit  einer  anderen  Gasart  gefüllten  Raum, 

PoggeadorlTs  Anmil  Ba.LXYI.  13 


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194 


so  wM  von  dem  absorbirteo  Gaae  in  diesen  RMn  ent- 
weicben,  und  es  wird  schliefslieb  zwar  dasselbe  Volmnen 

Gas  absorbirt  seyn,  aber  diefs  wird  sich  nur  unter  dem 
Drucke  bcrnulcn,  den  das  in  jenen  Raiini  getretene  Gas 
ausübt.  Bestimuit  man  nun  die  Quantität  dieses  letzte- 
ren, so  kann  man  leicht  das  Volumen  des  absorbirten  An- 
theüs  oder  den  Absorptionsooi»fficienten  berechnen. 

Es  bexeichne  a  diesen  Coefficienten,  und  p  den 
Druck,  unter  dem  das  (ins  ursprünglich  absorbirt  wurde, 
80  ist  die  Quantität  des  absorbirten  Gases,  gemessen 
durch  das  Volumen  der  Flüssigkeit  als  £inheit,  und  unter 
der  Einheit  des  Dracks  sxap.  Es  sej  ferner  ,  der  mit 
einer  zweiten  Gasart  gefällte  oder  auch  luftleere  Raum 
über  der  Flüssigkeit  =Ry  und  der  Druck,  den  das  an 
denselben  von  der  Flüssigkeil  abgegebene  Gas  ausübt, 
=p,j  so  dals  die  Quantität  dieses  Gases  =:Rp^  ist;  so 
steht,  nach  dem  Dalton'schen  Grcsetae  das  absorbirt 
gebliebene  Volumen  =a  ebenfalls  unter  dem  Drucke  p^^ 
es  nimmt  folglich  ap  jetzt  den  Raum  a^R  unter  dem 
Drucke  p^  ein,  und  man  hat  sonach: 

woraus  sich  ergiebt: 


Diese  Methode  ist  ganz  allgemein  anwendbar,  und  sie 
'  gestaltet  sogar  die  gleichzeitige  Bestimmung  mehrer  Ab- 
sorptionscoefficieuten  derselben  Flüssigkeit  für  verschie- 
dene Gasarteu. 

Bei  dem  Blute  habe  ich  dieselbe  auf  folgende  Weise 
auszuführen  gesucht. 

Das  Blut  wurde  anhaltend  mit  atmosphärischer  Luft 
geschüttelt,  und  diese  immer  wieder  erneut,  so  dafs  man 
annehmen  konnte,  Sauerstoff  und  Stickgas  seyen  unter 
dem  Drucke  absorbirt,  unter  welchem  sich  )edes  dersel- 
ben in  der  Atmosphäre  beündet.  Darauf  wurde  das. Blut 
in  ein  Ge&k  gebracht,  das  an  einem  Ende  durch  einen 


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195 

eisernen  Hahn  und  an  dem  andern  durch  einen  einge- 
riebenen Stöpsel  verschlossen  und  übrigens  ganz  mit 
Quecksilber  gefüllt  war.  Dann  wurde  der  Stöpsel  un- 
ter Quecksilber  geöffnet,  KoblentSure  eingeleitet  und  das 
Quecksilber  verdrUngt.  Danach  wurde  die  Oeffnung,  die 
stets  unter  Quecksilber  war,  wieder  mit  dem  Stöpsel  ver- 
schlossen, das  GeffÄfs  herausgehoben  und  anhaltend  ge- 
schüttelt. —  Um  die  Menge  des  entwickelten  Saueretoffr 
and  Stickstoffs  zu  bestimmeu,  wurde  hierauf  ein  awei- 
tes, ganz  mit  Quecksilber  gefülltes  Gefäis,  das  gleich- 
falb mit  einem  eisernen  Hahn  verschlossen  war,  auf  den 
Hahn  des  ersten  Gefäfses  aufgeschraubt  und  beide  Hähne 
geöffnet.  Dadurch  fiel  das  Quecksilber  aus  dem  oberen 
Gefäfse  hinab,  und  statt  dessen  stieg  die  Luft  in  das- 
selbe hinein.  Wenn  die  ganze  Quantität  sich  darin  an- 
gesammelt hatte,  so  wurden  die  Hähne  geschlossen  und 
das  Gefftfs  abgeschraubt.  Darauf  wurde  die  Kohlen 
säure  durch  kaustisches  Kali  absorbirt,  die  ziiriickbiei- 
bende  Luft  geinessen,  und  durch  Verpuffen  mit  Wasser» 
stoffgas  das  Sauerstoffgas  bestimmt.  Der  Rest  aber  für 
Stickstoff  genonunen. 

Auf  diese  Weise  habe  ich  eine  ziemliche  Anzahl 
Ton  Versuchen  mit  verschiedenen  Blutarten  angestellt 
Sie  haben  zwar  keine  vollkouiinen  übereinstimmende  Zah- 
len geliefert,  allein  sie  stimmen,  so  weit  diefs  bei  einer 
Flüssigkeit,  d  ie  so  verschiedenartig  ist  wie  das  Blut,  er- 
wartet  werden  kann.  Berechnet  man  )edoch  mit  dem  . 
gefundenen  AbsorptionscoSfficienten  die  Menge  von  Sauer- 
stoff, welche  von  dem  Blute  unter  dem  Drucke,  unter 
dem  es  ihm  in  den  Lungen  dargeboten  wird,  absorbirt 
seyn  könnte,  so  würde  dieselbe  nicht  geniigen,  um  die 
Annahme  zuzulassen,  dais  alles  eingeatbmete  Sauersfoff- 
gas  absorbirt  in  dem  Blute  enthalten  sej.  Indessen  ist 
der  so  bestimmte  Absorptionscoefficient  nur  richtig,  w  enn 
die  Absorption  von  Gasen  durch  das  Blut  den  Dal  toni- 
schen Gesetzen  folgt;  ich  hatte  jedoch  Grund  zu  vermu- 

13* 


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« 


196 

then,  (lafs  diefs  nicht  der  Fall  sey,  und  unternahni  des- 
halb eine  neue  Reibe  von  Versuchen,  bei  welchen  auf 
folgeode  Art  verfahren  wurde. 

Das  Blut  wurde  aoballend  mit  immer  ementoQ  Por^ 
tionen  atmosph&riscfaer  Luft  gescbfitteity  und  darauf  io 
ein  übrigens  ganz  mit  Oiiccksilbcr  gefülltes  Geföfs  ge- 
bracht ,  das  mit  einem  eisernen  Hahn  verschlossen  war. 
Dasselbe  wurde  auf  ein  zweites,  gleichfalls  mit  einem 
Hahn  ▼erscbiossenea  Gefäfs  geschraubt,  welches  Kohlen- 
sSare  enthielt.  Bei  dem  Oeffnen  der  Hlihne  fiel  das 
Queeltsilber  herab,  und  es  stieg  Kohlensaure  zum  Blut 
Darauf  wurden  die  Gefäfse  getrennt  und  das  Blut  an- 
haltend mit  der  Kohlensäure  geschüttelt.  Sodann  wurde 
auf  das  Gefäfs  mit  dem  Blut  ein  anderes,  ganz  mit  Queck- 
silber gefülltes  Gefäfs  aufgeschraubt,  in  welchem  sieb  das 
Gas  ansamoieüe.  Darauf  wurde  wieder  auf  dieselbe 
Weise  Kohlensliure  zum  Blut  gebracht,  dasselbe  Ton 
Neuem  geschüttelt  und  das  Gas  sodann  gleichfalls  in 
diefs  Gefäfs  gebracht,  und  diefs  Verfahren  mehre  Male 
wiederholt.  Schliefslich  wurde  diefs  so  gesammelte  Gas 
auf  die  vorhin  erwähnte  Weise  untersncht.  So  durfte 
ich  hoffen,  wenigstens  einen  nicht  unbedeutenden  Theil 
der  absorbirten  Gase  zu  erhalten,  da  die  ganze  Menge 
nicht  zu  erreichen  war. 

Wie  einfach  diese  Versuche  auch  sind,  so  war  es 
anfange  doch  unmöglich  sie  auszuführen,  weil  die  Zeit, 
welche  verging,  bis  der  Schaum  nach  jedem  Schütteln 
sich  gesetzt  hatte,  so  grofs  war,  dafs  das  Blut  noch  vor 
Beendigung  des  ganzen  V  ersuchs  sich  zu  zersetzen  an- 
fing. Erst  später  gelang  es,  diesem  Uebelstande  durch 
Anwendung  Eines  Tropfens  Oel  abzuhelfen,  der,  auf  die 
Oberfläche  des  Bluts  gebracht,  den  Schaum  sehr  bald 
verschwinden  machte. 

Bevor  ich  die  Besultate  mittheile,  welche  nach  die- 
ser Methode  erhalten  sind,  mufs  ich  erwähnen,  dafs  je- 
desmal unmittelbar  vor  Benutzung  der  Kohlensäure  eine 


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197 


QuantiUlt  derselben  in  ein  besonderes  (»efsfs  gebracht 

und  mit  Kali  caust.  geschüttelt  wurde,  um  zu  sehen,  ob 
sie  vollständig  absorbirbar,  also  frei  von  Sauerstoff  und 
Stickstoff  sej.    Man  könnte  aufserdcm  argwöhnen,  daÜB 
durch  das  häufige  Auseinanderschrauben  und  Zusammen- 
setzen  der  Geföfse  atinosphärische  Luft  in  dieselben  ge- 
langt seyn  möchte.   Zwar  waren  die  Kanäle  dei*  Hähne 
so  eng,  dafs  das  Quecksilber  sie  stets  stenipelartig  füllte, 
aufserdcm  nurdeu  die  Hähne  selbst  vor  jedem  Versuch 
auf  ihre  Dichtheit  geprüft,  da  sie  ferner  fast  immer  nach 
untep  gehalten  wurden,  so  war  )ede  etwa  eindringende 
Luftblase  bei  ihrem  Durchgange  durch  das  Quecksilber 
leicht  zu  erkennen;  dennoch  glaubte  ich  die  Sicherheit 
der  Methode   durch  einen  Gegcuversuch  feststellen  zu 
müssen,  bei  welchem  stall  des  Blqts  Wasser  angewendet' 
wurde,  das  zuvor  anhaltend  mit  atmosphärischer  Luft  ge- 
schflttelt  *  worden.   Dabei  wurden  aus  dem  Wasser  2^5 
Proc.  Luft  erhalten,  welche  aus  0,61s 26  Proc.  Sauer« 
Stoff  und  1,71  =  74  Proc.  Stickstoff  bestand.    Hr.  Gay - 
Lussac  giebt  au,  dafs  nach  seinen  früheren,  mit  Herr 
V.  Humboldt  gemeinschaftlich  angestellten  Versuchen, 
.Wasser,  das  mit  Luft  in  Berührung  war,      oder  2,778 
Proct  seines  Volumens  an  Luft  aufnimmt,  welche  0^33  Proc. 
oder  0,926  Sauerstoff  und  1,85  Stickgas  enthalt.   Es  er- 
giebt  sich  hieraus,  dafs  die  Methode  ganz  brauchbar  ist, 
und  gewifs  keine  zu  groisen  Wcrtiie  liefert. 

Die  mannichfaltig  wiederholten  Versuche,  welche. 
Dach  derselben,  mit  Blut  von  Kälbern,  Rindern  und  Pfer- 
den angestellt  sind,  haben  ziemlich  fibereinstimmende  Re- 
snltale  gegeben,  nSmlich  keiner  weniger  als  10  Proc. 
und  keiner  mehr  als  12,5  Proc.  Sauerstoff  vom  Volumen 
des  Bluts;  und  keiner  weniger  als  1,7  Proc.  und  keiner 
mehr  als  %3  Proc.  Stickgas,  reducirt  auf  0^  Temperatur 
und  den  mittleren  Barometerstand. 

Das  VerbSitnifs»  in  welchem  sieb  Sauerstoff  und  Stick- 
stoff in  der  aus  dem  Blute  erhaltenen  Luft  befinden,  lie- 


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198 


ferl  noch  «inen  directen  Beweib,  dafe  die  Lnft  während 

der  Versuche  nicfit  von  aufseu  in  die  Gefäfse  eingedrun- 
gen war;  denn  in  diesem  Falle  inüisten  die  gefundenen 
Mengen  beider  Gase  nahe  in  dem  Verhältuiis  zu  einan- 
der stehen,  in  weichem  sie  in  der  Atmosphäre  entiialten 
sind,  während  hier  das  Sauerstoff  gewöhnlich  drei,  oft 
▼ier  ond  fQnf  Mal  mehr  befrag  als  das  Stickgas. 

Wiewohl  der  Unlei schied  von  10  zu  Ii,')  Proc.  nicht 
unbedeutend  ist,  so  könnte  es  doch  auffallend  erschei- 
nen, dafs  die  Versuche  noch  so  gut  mit  einander  über- 
,  einstimmen;  zumal  sie,  wie  schon  oben  bemerkt,  nicht 
die  ganze  Menge  der  absorbirten  Gase  liefern,  und  man 
um  so  viel  mehr  Gas  erhalten  raüfste,  ]e  öfter  man  die 
Kohlensäure  über  dem  Blute  erneut.  Diel's  ist  auch  in 
der  Tbat  der  Fall;  allein  nach  drei-  bis  viermaliger  Er-  ^ 
neoong  war  die  Vermehrung  des  Gases  stets  so  gering, 
dafs  sie  innerhalb  der  Beobachtuugsfehler  fiel.  Aufser- 
dem  sind  alle  Versuche  unter  fast  gleichen  Umständen 
ausgeführt.  Gewöhnlich  wurden  gegen  ÜH)  C.C  Blut 
angewandt,  und  nur  bei  einzelnen  Versuchen  weniger. 
Zu  wenig  darf  man  nicht  nehmen,  sonst  ist  die  Quantität 
des  erhaltenen  Gases  zu  gering.  Das  Volumen  der  Koh- 
lensäure, welche  fedesmal  mit  dem  Blute  geschOttelt  wnrde^ 
betrug  nie  weniger  als  das  des  angewandten  Bluts.  Sehr 
viel  gröfser  konnte  es  nicht  genommen  werden,  weil  sonst 
die  Gefäise,  wenn  sie  ganz  mit  Quecksilber  gefüllt  wa- 
ren, sich  zu  schwierig  handhaben  liefsen  und  zu  leicht 
zerbrechen  konnten.  Sie  muisten  schon  bei  der  jetzigen 
Gröfse,  von  etwa  700  G.C.  Inhalt,  aus  besonders  star- 
kem  Glase  auf  der  Hütte  bestellt  werden.  Sie  haben 
eine  hohe  cylindrische  Form  mit  engem  Hals,  und  wa- 
ren nach  Cnbikcenlimeteru  eiugelheilt. 

Die  Quantität  von  Sauerstoff,  %vclche  das  Blut  in 
Folge  dieser  Versuche  zu  absorbiren  vermag,  ist,  wie 
spater  noch  gezeigt  werden  wird,  hinreichend,  um  an- 
nehmen zu  köiuien,  dals  die  ganze  eingeathmete  Luft- 
menge  vom  Blute  absorbirt  werde.   Allein  es  war  zwei- 


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# 


199 

feUMA»  ob  das  arterielle  JQhit  eben  so  viel  Saventoff  ent- 
halte, als  dieses  wiederholt  mit  atmoflpblrischef  Luft  ge- 
schüttelte, und  ob  nicht  die  erhaltenen  Quantitäten  nur 
ein  geringer  Tbeii  des  wirklich  aufgeuommeuea  Sauer- 
stoffs waren. 

Um  diefs  zu  erfahren  wurden  die  Versuche  so  ab- 
gettndert,  dafs  das  Blut  zuerst  mit  homer  neuen  Quanti- 
tSfen  von  Kohlensäure  geschdttelt  wurde,  um  alles  ab- 

sorbiite  Sauerstoff  und  Stickgas  zu  entfernen.  Darauf 
wurde,  ähnlich  wie  vorhin,  das  Blut  wiederholt  mit  ab- 
gemesseuen  Mengen  atmosphärischer  Luft  geschüttelt  und  * 
die  zurt^ckbleibende  Luft  wiederum  gemessen»  so  wie  ihr 
Gehalt  an  Kohlenstture,  Sauerstoff  und  Stickstoff  auf  die 
vorhin  erwShute  Art  bestimmt,  wodurch  sich  die  Menge 
des  vom  Blute  aufgeoommeneu  Sauerstoffs  und  Stick- 
stoffs ergab. 

Die  Resultate  dieser  Versuche  lassen  noch  weniger 
Uebereinstimmnng  erwarten,  da  es  schwierig  ist,  alles  im 
Blut  absorbirte  Sauerstoff  und  Stickgas  durch  die  Be- 
handlung mit  Kohlensäure  fortzuschaffen,  und  aufserdem 
die  aufgenommenen  Mengen  dieser  (iase  nur  sehr  gering 
sind  im  Vergleich  zu  deu  angewandten,  aus  deren  ver- 
änderter Zusammensetzung  sie  berechnet  werden,  was  uih 

* 

vermeldlich  Fehler  heibeifßhrt.  Allein  es  zeigen  die  Ver- 
suche doch,  dafs  die  Quantität  des  aufgenommenen  Sauer- 
stoffs nur  unbedeutend  gröfser  ist  als  die,  welche  man 
durch  Schütteln  mit  Kohlensäure  abscheiden  kann,  deon 
sie  ergeben  für  die  Aufnahme  von  Sauerstoff  im  Mini- 
mum 10  und  im  Maximum  16  Proc.  vom  Volumen  dei 
Blutes.  Ich  will  die  Resultate  eines  soldien  Versuchee 
hier  mittheilen,  um  daran  noch  einige  Bemerkungen  zu 
knüpfen. 

Kalbsblut  war  anhaltend  mit  atmosphärischer  Luft 
geschüttelt  worden;  hierauf  wurde  es  wiederholt  mit  Koh- 
lensftore  geschüttelt  Es  gab  dadurch  ab  Wfi  Procept 
Sauerstoff,  absorbirte  aber  dagegen  154,0  KohlensSure. 

Danach  wurde  diefs  Blut  wieder  mit  einzelneu  Por- 


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tMUieD  eiu«  abgeinesseneo  Quantums  vou  aUDOSj^iiSri- 
scher  Luft  geflchfittelt,  und  nahm  dabei  auf: 
15,8  Sauerstoff,  gab  aber  zugleich  ab 
138,4  Kohlensäure. 
Endlich  wurde  es  nochmals  mit  Kohlensäure  geschüttelt, 
und  gab  dadurch  wieder  ab: 
9,9  Sauerstoff  wfthreod  es  92,1  Proc  Kohiens&ure  ab- 
sorbirle. 

Es  geht  hieraus  hervor,  dais  man  durch  Sehfittelu 

mit  Kohlensäure  fast  die  ganze  Menge  des  von  dem  Blute 
aufgenommenen  Sauerstoffs  wieder  abscheiden  kann,  was 
wohl  der  schlagendste  Beweis  dafür  seyn  möchte,  dafs 
das  Sauevafolf  nicht  chemisch  mit  dem  Blute  verbuoden, 
sondern  nur  absorbirt  in  ihm  enthalten  ist 

Zur  Abscheidnng  einer  geringen  Menge  Sauerstoff 
ist  in  diesen  Versuchen  eine  sehr  bedeutende  Menge 
Kohlensäure  erforderlich  gewesen,  und  eben  so  ist  eine 
grofse  Menge  dieser  letzteren  abgeschieden,  während  un- 
gleich weniger  Sauerstoff  absorbirt  worden  ist  Bei  dem 
Aihmen  TerhUlt  es  sich  anders,  indem  stets  nahe  dasselbe 
Volumen  Kohlensäure  aosgeathroet,  wie  Sauerstoff  aufge- 
nommen wird.  Der  Grund  dieser  Verschiedenheit  ist  zu- 
nächst der,  dafs  das  venöse  Blut  viel  weniger  Kohlen- 
säure enthält,  als  das  mit  Kohlensäure  wiederholt  ge- 
schüttelte, das  ich  künstlich  TenOses  Blut  nennen  möchte. 
Es  läfst  sich  diefs  schon  aus  der  Farbe  eilLennen,  die 
bei  dem  letzteren  noch  dunkler  als  bei  venösem  Blute 
ist,  so  wie  aus  einer  Vergleichung  der  Quantitäten  von 
Kohlensäure,  welche  bei  diesen  Versuchen  erhalten  wur- 
den mit  denen,  welche  aus  venösem  Blute  bei  meiner 
früheren  Arbeit  durch  Wasserstoff  ausgeschieden  wor- 
den sind.  Aufserdem  mufs  man  berücksichtigen,  dafis  in 
den  erwähnten  Versuchen  die  Kohlensäure,  sobald  sie 
Sauerstoff  aufgenommen  hatte,  durch  reine  ersetzt,  und 
80  das  Blut  immer  mit  reiner  Kohlensäure  in  Berührung 
gehalten  wurde,  und  dafs  eben  so  bei  Austreibung  der 


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2I>1  ^ 

KofaleosMore  laimer  reine  atmosphSrische  Luft  angewen- 
det worden  ist,  während  bei  dem  Athmen  die  Luft  in 
den  Lungen  stets  Kohlensäure  enthält,  und  zwar  nahe 
fio  viel  als  die  ausgeatbmete  Luft,  d.  h.  etwa  4  Procent 
ihres  Volumens. 

Endlich  darf  man  nicht  anfser  Acht  lassen,  welche 
grofSse  Verschiedenheit  zwischen  dem  Vorgange  des  Ath- 
mens  und  den  angestellten  Versuchen  in  sofern  stattfin- 
det, als  das  Blut  in  den  Lungen  nicht  unmittelbar,  son- 
dern nur  durch  die  Häute  der  Luugenzellen  und  Capil- 
largefifee  mit  der  Lnft  in  Beriihraog  koaimt,  so  dafs  der 
Auatansch  der  Gase  nur  mittelbar  dnrch  die  Flfissigkeit 
gescbieht,  welche  diese  HSute  erfüllt, ,  und  deshalb  zu- 
gleich von  dem  Absorptionsvermögen  dieser,  letzteren  ab- 
hängig ist. 

Man  kann  daher  auch  nicht  annehmen,  wie  es  Hr. 
Valentin  in  seinem  Lehrbuche  der  Physiologie,  S.  560, 
gelhan  bat,  dafs  dieser  Auslausch  dem  Diffusionsgesetze 
folge.  Unter  diesem  Tersteht  man  nämlich  das  Gesetz, 
nach  welchem  der  Austausch  zweier  Gase  durch  eine  po- 
röse Scheidewand  stattfindet.  Porös  sind  diese  Häute 
gewifs;  allein  sie  sind  auch  von  Flüssigkeit  erfüllt,  und, 
diese  wird  stets  durch  ihr  Vermögen,  die  eine  oder  die 
andere  Gasart  in  höherem  Maafse  aufzulösen,  den  Aus- 
tausch abändern.  Darauf  beruht  es  unter  anderem,  dafs, 
wie  schon  oft  beobachtet,  Kohlensäure  durch  eine  thieri- 
sche Blase  so  viel  leichter  als  atmosphärische  Luft  ent- 
weicht Endlich  aber  gilt  das  Diffusionsgesetz  nur  fbr 
den  Austausch  zwischen  zwei  Gasen  im  gasförmigen  Zu- 
stand. Bei  dem  Athmen  findet  indefs  der  Austausch  zwi- 
schen der  von  dem  Blute  absorbirteu  Kohlensäure  und 
der  atmosphärischen  Luft  statt. 

Die  angeführten  Versuche  zeigen,  dafs  das  Blut  im 
Stande  ist,  sein  ein-  nnd  einhalbfaches  Volumen  an  Koh- 
lensaure zu  absorbiren.  Ein  Resultat,  das  auch  J.  Davy  ■), 

1)  Edinburgh  medical  and  surgical  Journal »  XXIX,  p.  253. 


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202 

Mitscherlich»  Gmelin  ond  Tiedemano  'X  >o 

van  Entschnt^)  erhalten  haben.    Sie  letf^n  ferner, 

clafs  es  10  bis  12  ^  Proc.  seines  Volumens  an  Sauerstoff 
aus  der  atmosphärischen  Luft  aufzunehmeu  vermöge,  also 
10  bis  13  Mal  mehr  als  Wasser  unter  denselben  Um- 
standen. Ob  diefs  die  gröfeten  Mengeü  sind,  welche 
das  Blut  absorbiren  kann,  mafs  dahin  gestellt  bleiben, 
doch  ist  es  wahrscheinlich,  dal's  in  den  Lungen  noch 
mehr  Sauerstoff  absorbirt  wird.  Denn  die  Absorption 
hängt  nnter  Anderem  auch  von  der  (vröfse  der  Berüh- 
rungsfläche zwischen  der  Flüssigkeit  und  der  zu  absor- 
birenden  Ga^rt  ab;  daher  war  auch  ein  anhaltendes 
Schütteln  bei  den  erwähnten  Versuchen  ganz  anerlftfslicfa. 
Bedenkt  mau  nun,  dafs  in  den  Lungen  die  Capillarge- 
fäfse  die  mit  Luft  gefüllten  Zellen  stets  berühren,  und 
meist  so  eng  sind,  dafs  nur  ein  Blutkörperchen  nach 
dem  andern  hindurch  kann,  so  ergiebt  sich  eine  Man- 
nichfaltigkeit  der  Berührung  zwischen  Luft  und  Blut  oder 
den  feuchten  Häuten,  die  es  umschliefsen,  dafs  eine  sol- 
che durch  Schütteln  des  Bluts  mit  einer  Luftmasse  nicht 
zu  erreichen  ist.  —  Wenn  in  Folge  hiervon  die  Menge 
des  Sauerstoffs  im  arteriellen  Blute  wohl  grüfser  als  10 
bis  12,5  Proc.  sejn  kann,  so  ist  sie  andererseits  wohl 
nicht  geringer  als  10  Proc 

ich  habe  ein  Paar  Versuche  nach  der  oben  beschrie- 
benen Methode  mit  arteriellem  Blute  von  Pferden  ange- 
stellt, die  freilich  schon  sehr  vorgerückt  an  Jahren  wa- 
ren.    Durch  das  Schütteln  mit  Kohlensäure  wurden  er-  , 
halten: 

Sauerstoff.  Sticksioft 

10,5  2»0 
10,0  3,3 

woraus  hervorgeht,  dafs  wenigstens  so  grofse  Quantitä- 
ten in  dem  arlcrielleu  Blute  des  Pferdes  culbalteu  sind. 

1 )  Diese  Aonalen,  Bd.  i31,  S.  m 

2)  A.  a.  O. 


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203 

Nimmt  man  an»  dads  das  ßlut  des  Menschen  die- 
selbe Menge  enthalte,  so  fragt  es  sich,  in  wiefern  ein 
solches  Uesullat  in  Uebereinslimmuug  sey  mit  dem  was 
man  über  die  Quantität  tou  Sauerstoff  weila,  die  ein 
Mensch  in  einer  gegebenen  Zeit  verbraucht,  so  wie  fiber 
die  Menge  von  Blut,  welche  in  eben  dieaer  Zeit  durch 
die  Lungen  geht. 

In  meiner  früheren  Abhandlung  nahm  ich  für  eine 
ähnliche  Berechnung,  mit  J.  Müller  '),  H.  Davy's 
Angabe  ^)  für  die  Quantität  der  ansgeatiuneten  Kohlen- 
sSure  ab  die  wahrscheinlichste  an»  nämlich  dafe  ein  aus- 
gewachsener  Mensch  in  einer  Minute  13  Par.  CubikioU 
Kohlensäure  aus-,  also  nahe  ebenso  viel  Sauerstoff  ein- 
atbme.  Ferner  ging  ich,  gleichfalls  J.  Müller  folgend, 
davon  aus,  dafs  iü  Pfund  Blut  io  )eder  Minute  durch 
die  Lungen  gehen.  Alsdann  mü&ten  diese  10  Pfund 
oder  etwa  250  Cubikzoll  in  feder  Minute  13  KuhikzoU 
Sauerstoff  oder  5,2  Proc.  aufnehmen;  also  etwa  die  Hälfte 
von  dem,  was  das  Pferdeblut  nach  deu  erwähnten  Ver- 
suchen enthält. 

Hr.  Gaj-Lusaac  berechnet  in  seiner  Kritik  die 
Quantität  von  Sauerstoff,  welche  das  Blut  aufnimmt,  zu 
14,97  Proc.  seines  Volumens.  Aliein  er  nimmt  dabei, 
wie  schon  erwähnt,  an,  dafs  das  Blut  ein  Drittel  mehr 
Sauerstoff  aufnehme,  als  es  Kohlensäure  abgiebl.  Er 
nimmt  ferner  an,  dafs  mit  iedcm  Pulsschlage  nur  1  Uuze 
Blut  gefördert  werde,  und  deshalb  nur  etwa  5  Pfund 
Blut  per  Minute  durch  die  Lungen  gehen,  während  J. 
Müller  annimmt,  dafs  2  bis  3  Unzen  Blut  durch  das 
Herz  in  die  Arterien  gedrückt  werden.  Hr.  Gay-Lus- 
sac  beruft  sich  darauf,  dafs  auch  ich  nur  1  Unze  in  mei- 
ner frühereu  Arbeit  nii^euommeu;  allein  diefs  geschah, 
um  zu  zeigen,  dafs  selbst  unter  dieser  ungünstigsten  An< 

1)  Handbuch  der  Physiologie,  4.  Anflage,  S.  iifiO. 
t)  Gilbert'»  Aniulea,  BU.  AiA,  S.  ÖOl. 


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1 


2<)4 

nähme  die  aufgefundene  Kohlensäure  hinreiche,  um  die 
ausgealhmcle  Menge  derselben  zu  erklären,  doch  ist  aus- 
drücklich dabei  gesagt,  dafs  ivobl  die  doppelte  Quanti- 
tät VOR  Blut  durch  die  Liingeii  gebe.  Um  mich  zu  wi- 
derlegen, hielt*  sich  Hr.  Gay-Lassac  an  die  Zahl,  die 
ich  »nr  als  eine  extreme  GrOfse  angenommen  hatte,  die 
aber  in  der  Thal  wohl  um  das  Fünffache  zu  gering  ist. 
Hätte  Hr.  Gay-Lussac  nur,  wie  ich  es  auch  früher  ge- 
than  habe,  die  doppelte  Menge  seiner  Kecbnung  zu  Grunde 
gelegt,  und  nicht  die,  allen  angestellten  Untersuchungen 
widersprechende  Voraussetzung  gemacht,  dafs  ein  Drittel 
mehr  Sauerstoff  aufgenommen  als  Kohlensäure  abgege- 
ben werde,  so  würde  er  ebenfalls  zu  dem  Resultate  ge- 
langt seyu,  dafs  das  Blut  etwas  mehr  als  5  Proc.  seines 
Volumens  aufnimmt. 

Als  Ergebnifs  der  in  neuerer  Zeit  von  Brunner 
und  Valentin  ausgeführten  Untersuchungen  fiber  die 
Quantität  und  Znsammensetzung  der  ausgeathmeten  Luft, 
nimmt  ValtMitin  in  seinem  Leluburhe  der  Physiologie, 
S.  57U,  an,  dais  ein  Mann,  während  er  im  Mittel  346,34 
Pryc.  =17,46  Par.  CubikzolL  Kohlensäure  ausathmet, 
406,68  CO.  =20,50  Par.  CnbikzoU  Sauerstoff  pro  Mi- 
nute aufnimmt,  was  mit  den  älteren  Beobachtungen  von 
Allen  und  Pepy's  so  wie  mit  den  neusten  von  Au- 
dral  und  Gaveret  ^)  übereinstimmt.  Aber  Hr.  Va- 
leutin  hat  auch  gefunden,  dafs  mit  jedem  Herzschlage 
im  Mittel  5,3  Unzen  Blut  durch  die  Lungen  gefördert 
werden  (ebendaselbst,  S.  488),  was  ffir  Jede  Minute  23,2 
Pfund  oder  etwa  580  Cubikzoll  giebt.  Legt  man  diese 
Zalilen  zu  Grunde,  so  würde  das  lilut  nur  3,5  Proc.  sei- 
nes Volumens  an  Sauerstoff  aufnehmen. 

1)  Boaer  no4  Wanderlich,  mediciniscbe  Virrleljahreischrift,  B4.2, 
S.  372;  nnd  Valentin*«  Lcbrbucli  der  Physiologie  des  Meoachen, 
S.548. 

2)  Pltilosoph.  Transttdions  for  1^. 

3)  Comptcs  rendus  de  l'Academie  des  Sciences  ^  XFl,  p.  113. 


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205 

^Welche  von  diesen  Berechnungen  man  nun  auch  zu 
Grunde  legen  möge,  so  siebt  mau,  dafs  das  nicht 
mehr  als  die  Hälfte  von  dem  Sauerstoff  aufnimmt,  den 
meine  Venucbe  als  darin  vorhanden  nachgewiesen  haben. 
Dieser  Antheil  wird  also  fedesmal  in  den  CapillergefS- 
fseu  verbraucht,  und  der  Rest,  eventuell  die  andere  Hälfte, 
bleibt  in  dem  venösen  Blute. 

Es  scheint  mir  nunmehr  keinem  Zweifel  zu  unterlie- 
gen/dafs  w&hrend  der  Respiration  das  Sauerstoffg^s  vom 
Blute  nur  absorbirt  und  so  in  die  Capillargefäfse  geführt 
wird.  Man  bat  blergegen  eingewendet,  dafs  alsdann  die 
Farbenveränderung  des  Bluts  durch  eine  blofse  Absorption 
hervorgebracht  seyn  müfste.  Aber  wenn  man  eine  solche 
iMshon  bei  ganz  homogenen  Flüssigkeiten,  wie  z.  B.  bei  den 
Auflösungen  von  Eisenoxjdulsalzen,  beobachtet,  um  wie 
viel  mehr  kann  sie  bei  einer  Flüssigkeit  stattfinden,  ctie 
erfüllt  ist  von  unzählig  vielen  Kügelcben,  die  ihre  Gröfse 
und  Beschaffenheit  schon  bei  Vermischung  mit  Wasser, 
wie  das  Mikroskop  zeigt,  ändern,  so  dafs  durch  diesen 
Znsatz,  wie  Jeder  leicht  beobachten  kann,  die  acharlacb- 
rotbe  Farbe  des  arteriellen  Bluts  in  eine  eigenthOnlicii 
dunkle  fibergeht.  Eine  ähnliche  FarbenveHinderung  ent* 
steht  auch  durch  den  Zusatz  irgend  einer  Säure,  wäh- 
rend hingegen  die  Auflösungen  neutraler  Salze  die  dunkle 
Farbe  des  Venenbluts  in  eine  helle  rothe,  dem  arteriel- 
len Blute  tthnliche  Farbe  umwandeln,  von  der  jedoch 
Hr.  Scherer bei  seiner  interessanten  Untersuchung 
über  die  Flni>e  des  Bluts  sehr  richtig  bemerkt,  dafs  sie 
bei  einiger  Aufmerksamkeit  nicht  damit  verwechselt  wer- 
den kann,  da  sie  stumpfer  und  bröunlicber  ist.  Offen- 
bar wirken  auch  diese  Körper,  wie  das  Wasser,  verän- 
dernd auf  die  Blutkügelchen  ein,  und  eben  so  auch  das 
Sauerstoffgas  und  die  KohlensSure. 

1 )  .Innates  de  chimie  et  de:  physufue^  Llf^'^  p.  17. 

2)  Zeitschrift  für  ratioDclIe  Mcdicio,  von  Henle  und  Pfeuffer,  1, 


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206 

Man  hat  ferner  eingewanik,  dafs  der  Faserstoff  des 

Blnfs,  wie  Hr.  Scher  er  *)  in  Liebijj's  Laboratorium 
beobachtet  hat,  begierig  Sauerstoff  absorbire,  uud  des- 
halb kein  freies  Sauerstoff  im  Blute  seyn  kdnoe.  Allein 
aas  der  Untersncbnng  des  Hr.  Scherer  selbst  geht  her- 
vor, dafs  diese  Absorption  noch  nach  14  Tagen  nicht  vol- 
lendet ist,  also  offenbar  auf  einer  fJlulnifsarligen  Ver5nde- 
rung  beruht.  Anfserdrm  fällt  wohl  jetzt,  wo  Sauerstoff 
in  solchen  Quantitäten  iin  Blute  nachgewiesen  ist,  dieser 
Einwand  von  selbst  fort. 

So  lange  die  aus  dem  Blute  erhaltenen  Mengen  von 
Sauerstoff  nur  gering  waren,  mögen  Viele  Anstand- ge- 
nommen haben,  den  Vorgang  der  Respiration  als  eine 
Absorptionserscheinung  anzusehen.  Möchte  es  mir  gelun- 
gen sejn,  diese  zu  überzeugen,  und  in  ihnen  die  Vor- 
stellung zu  erwecken,  dafs  ebenso,  wie  die  geringe  Menge 
Wasser  in  den  Kiemen  eines  aufs  Land  gebrachten  Fi* 
sches,  immer  wieder  Sauerstoff  absorhirt,  und  durch  Ab- 
gabe desselben  an  das  Blut,  das  Leben  des  Thiercs  so 
lange  erhält,  als  die  Kiemen  noch  feucht  sind,  dafs  so 
auch  das  Blut  aller  Thiere  den  Sauerstoff  aufnimmt  und 
in  die  entferntesten  Theile  des  Körpers  fahrt,  um  dort 
eine  Oxydation  zu  bewirken,  welche  zur  Erhaltung  des 
Lebens,  so  wie  zur  Erzeuguug  der  Wärme  an  jeder 
Stelle  erforderlich  ist. 

1)  Aonalcn  der  Ptiamane,  von  L!«b!f  nnd  Wdkler,  Bd.  40$  S.  I. 


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m 

II.  Gahcmische  ,wyi  elektromagnetische  Versuche; 

pon  M.  H.  JneobL 

(-Milgetheilt  vom  Hm.  Verf.  aus  dem  Bullet,  de  la  Classe physico- 
math,  de  Pacad.  de  Su  PeUrsb.^  7.  If^.) 

Krste  Eeilie.   Ueber  elektro-telegraphiiohe  Leilaogen« 

1. 

Ich  erlaube  mir  der  Klasse  mehrere  wissenschaftliche 
Untersuchungen  mitziitheilen ,  die  ich  bei  meinen  ander« 
weiti§;en  elektro-telegrapbbchen  Arbeiten  anzösteUen  Ver- 
aalnBaiiiig  and  Gelef^aheit  hatte.  Das  allgemeiiie  loteresae^ 
welches  die  elektrisdien  Telegraphen  jetzt  in  hohen  Grade 
zu  erregeil  anfangen,  wird  die  Miltheilung  dieser  Versu- 
che- entschuldigen,  die,  obgleich  sie  ^um  Theil  schon 
▼or  längerer  Zeit  angestellt  worden  sind,  dennoch  im- 
mer noch  nicht  die  Valletändigkeit  haben  erkalten  köo- 
neOf  die  ich  ihnen  zu  gebeto  gewünscht  hStte.  Aber  dem 
ungeachtet  will  ich  diese  Mittheilung  nicht  l&nger  verzö- 
gern, weil  es  in  der  That,  obgleich  diese  wichtige  An- 
wendung des  Galvanismus  eine  so  lebhafte  Entwicklung 
genommen  hat,  dennoch  beinah  gänzlich  an  nur  einiger- 
maCsen  tkberen  Versiichen  fehlt,  welche  bei  galvanischen 
Leitungen  angestellt  w<H^en  wiren.  Der  Mangel  an 
zweckmäfsigen  Mefsinstrumenten  und  tüchtigen  Mitbeob- 
achtern  einerseits,  andererseits  aber  die  materiellen  und 
localen  Schwierigkeiten,  die  mit  solchen  Messungen  ver- 
knüpft sind,  mochten  wohl  selbst  Physiker  ersten  Ran- 
ges, wie  Steinheil  und  Wheatstone,  die  sich  zuerst 
mit  Anlegung  elektrischer  Telegraphen  befafst  hatten«  von 
solchen  Untersuchungen  abgeschreckt  haben.  Eine  ehren- 
volle Ausnahme  hiervon  machen  die  neuerlich  von  Hrn. 
Matteucci,  bei  Gelegenheit  des  wissenschaftlichen  Con- 


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208 


gresses  in  Mailand,  bei  einer  Leitung  von  2x12500  Me- 
ter zwischen  Mailand  und  Monza  angestellten  Versuche. 
Hr.  Matteucci  hat  auf  einem  directei>  Wege  durch 
diese  Versuche  die  wichtige,  theoretisch  bereits  wahr- 
scheinliche Thatsache  bestätigt,  die  ich  aus  meinen  frfi- 
heren  vergleichenden  Messungen  indirect  abgeleitet  hatte  * ), 
dafs  nämlich  bei  Benutzung  des  Erdbodens,  als  einer 
Hnifte  einer  galvanischen  Leitung,  der  Leitungswider- 
stand des  Erdbodens,  selbst  auf  grofse  Entfernungen, 
beinah  Null  ist.  Ich  werde  später  die  Versuche  mitthei- 
len, die  ich  bei  der  im  Jahre  1843  angelegten  Tsarsko- 
Selo^r  Linie  angestellt  habe,  welche  gerade  doppelt  so 
lang  ist,  als  die,  welche  Hr.  Matteucci  bei  seinen  Ver- 
suchen  benutzt  hat. 

Ich  habe  Veranlassung  hier  besoiiders  zu  erwähnen, 
dafs  ich  diese  Versuche  in  der  historischen  Folge  geba^ 
wie  sie  angestellt  worden  sind,  und  ▼erwafare  nrich.ni 
Voraus,  gegen  alle  daraus  erfolgenden  Prioritäls -Strei- 
tigkeiten. Haben  ineine  Versuche  eine  nützliche  Seite, 
entweder  als  neue,  oder  als  bestätigende  oder  als  erwei- 
ternde, so  ist  es  ffir  das  Publicum,  das  daran  Interesse 
nimmt,  am  Ende  gleichgültig,  ob  sie  den  Versudien  sis- 
dcrer  Physiker  nachgefolgt  oder  ihnen  vorangegangen 
sind,  oder  sich  mit  ihnan  gekreuzt  haben. 

2. 

Bei  der  Anlage  der  elektrischen  Telegraphen  bilden 
die  Leitungen  und  nicht  die  zeichengebenden  Apparate^ 
die  auf  die  mannicbfSEiltig^te  Weise  oombinirt  werden 

können,  eigentlich  den  schwierigsten  und  wichtigsten 
Theil.  Der  Gegenstand  ist  noch  zu  neu,  als  dafs  die 
verschiedenen  Methoden,  deren  man  sich  bedient  ha^ 
diese  Leitungen  herzustellen,  schon  jetzt  ihre  Vorzüge 

hät- 

1)  siehe  „Einige  Notir-en  über  galvanische  Leitungen"  ( Siunng  vom  8. 
October  1842),  BulUlin  Scientißque  CUuse  physico^mathimaii' 
tfue^  r.  /,  N.  9. 


\ 


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209 


hätten  bewähren  können.  Betrachtet  man  die  Sache  vom 
administrativen  Standpunkte  aus,  so  scbeiat  es,  dafs  die 
Sidierstellttog  dieser  Leitangeo,  sowohl  gegen  muthwiilig« 
BeecbMdiguiigen,  $h  aveh  gegen  die  fiinflfiue  dee  Klioiai^ 
eine  Bedingung  ton-  bOobiter  Wichtigkeit  ist;  eine  Be- 
dingung, die  aber  meines  Erachtens  nur  erreicht  wer- 
den kann,  wenn  man  die  Drähte  in  die  Erde  gräbt.  ■ 
Andererseits  aber  kennt  Jeder  die  grofsen  Schwierigkei- 
ten, die  es  hat,  weit  ansgedehnte^  vom  feoehlen  Erdrei- 
die  umgebene  Leitnngen  gcbörig  so  iaoliren.  Eine  solbhe 
Isnlirang  wflrde  ganz  'ttnTeril8ltoif8nififsig  grofse  Kosten 
verursachen,  wenn  überhaupt  die  Rede  davon  sejn  könnte,  ' 
sie  so  vollständig  herzustellen,  wie  es  allenfalls  bei  Ver- 
suchen im  Cabinetle  möglich  ist.  Bei  der  vollständig 
isolirten  geschlossenen  Kette  mufe  die  Stfirke  des  Stroms 
in  jedem  Quersdinitte  des  Leitungsdrabtes  dieselbe  sejn; 
dieselbe  dicht  bei  der  Batterie  so  wie  an  dem  von  ihr 
entferntesten  Punkte.  Ist  die  Leitung  nicht  vollständig 
isolirt,  so  wird  ein  Theil  des  Stromes  aixgeleitet  werden, 
nnd  unmittelbar  von  einem  Drahte  xnm  andern  durch 
das  umgebende  Mittel  geben.  Die  uraprOngtiche  Stro^ 
mesknift  wird  daher  einen  Verlust  erleiden,  der'  um  so 
gröfser  ist,  je  unvollständiger  die  Isolirung  und  je  wei- 
ter man  sich  von  der  Batterie  entfernt.  Läfst  man  die 
allgemeine  Verminderung  der  Kraft  bei  Seite,  welche  durch 
den  eigenthümlichen  Widerstand  der  Leitung  selbst  en^ 
st«bt;  B0'*fa9lngt  es'voin  der  Beschaffenheit  der  Isolirung, 
der  Empßndiiebkeit  "der  Apparate  and  von  der  Stirke 
der  Batterien  ab,  bis  auf  welche  Entfernung  die  zur 
Activirung  der  telegraphischen  Apparate  erforderliche 
Kraft  noch  fortgepflanzt  werden  kann.  Wir  werden  spä- 
ter sehen,  daiis  bei  völlig  unisolirten  Dribten  diese  fort- 
gepflansle  Kraft  schon  auf  geringe  Entfernnngen  beinah 
gHnzlich  verschwindet.  Die  Anlage  elektro-telegraplil- 
scher  Linien  mit  unterirdischen  Leitungen  ist  daher  ein 
ttufserst  verwickeitcr  Gegenstand,  indem  sich  bei  dem 

PoffcnaorfPa  AiumL  B4.  LXYI.  1^ 


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210 

ycteigmi  Ziwfainde  ttoaeres  Wisseiit  lilerttb«r  «krdhaas  noek 
Gesetz  Uber  die  relatiTe  Almahme  der  Sirontskrifte 

«ufsteUen  lifeC,  oder  mit  andern  Worten,  weil  man  a 
priori  nicht  vorausbestiminen  kann,  bis  auf  welche  Ent- 
fernuDg  hin,  bei  Anwendung  einer  bestimmten  Isolirung^- 
melhode,  die  erforderliche  Kraft  wird  fortgepflanzt  wer- 
den kOnneD.  Wir  werden  noeh  ynnyam  GelegenMl 
haben  zu  sehen,  welche  Aiatte  verschiedenartiger  Um- 
stände bei  diesen  unterirdischen  Leitungen  zur  Berück- 
sichtigung kommen,  Umstände,  weiche  bei  der  sogleich 
SU  erwähnenden  andern  Methode,  teiegraphische  Linien 
»1  fahren,  keineswegs  ▼orkoomien. 

3. 

Hr.  Wheatstone,  der  in  England  elektro-teiegra« 

phischc  Linien  von  gröfserer  Ausdehnung  ausgeführt  hat, 
bediente  sich  bekanntlich  zuerst  gufseiserner  Rührenlei- 
tungen, vm  seine  Drähte  hindurcbzuführen.  Diese  Me- 
thode war  nicht  nnr  Aufserst  kostspielig»  sondern  erfOUte 
nicht  einmal  ihren  Zweck.  Seitdem  hat  man,  TieUeicht 
weil  man  an  der  Ansffihrbarkeit  unterirdischer  Leitungen 
▼erzweifeltc,  dieselben  aufgegeben,  und  die  von  Herrn 
Stein  heil  in  München  früher  angewandte  Methode  an- 
genommen, hohe  hölzerne  Pfosten  zu  errichten,  and  über 
^ese  hinweg  die.Leitungsdrflhte  in  freier  Luit  fortznfUb- 
ren.  Indem  man  anf  solche  Welse  leicht  eine  beinah 
'  vollkommene  Isolining  erhalten  kann,  umgeht  man  mit  ei- 
nem Male  alle  Schwierigkeiten,  welche  die  unterirdischen 
Leitungen  darbieten,  und  erleichtert  sich  ausnehmend  die 
Ausführung  solcher  Anhigen.  Indessen  kann  man  diese 
Leitungen  in  freier  Luft,  weder  als  einen  wisaenaohafUi- 
ehen,  noch  als  einen  fecbniscben  Fortsehrilt  beieichnen. 
Sic  sind  vielmehr  als  ein  Nothbchelf  zu  betrachten,  denn 
solche  Leitungen  sind  weder  bei  gewöhnlichen  Landstra- 
ÜBen,  noch  bei  den  Linien,  die  durch  das  Innere  der 
iStädte  gehen  müssen,  sondern  nnr  bei  Eisenbahnen  an- 
wendbar, wo  sie  leichter  der  bestHndigen  BeaHlBicbtigung 


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211 


imlerworfen' Mrdeii  kOmleD,' deraii  sie  bedOrfeD.  M 

meinen  eigenen  Arbeiten  hat,  aus  administrativen  und 
localen  Rücksichten,  die  Führung  der  Leitungen  in  freier 
Luft  ganz  aufser  Betracht  kommen  müssen,  and  es  ist 
hier  wr  Aii%abe  geworden^  bei  angemesseiister  Oecono- 
mie  dorcb  nnterirdisdie  Leifon^gen  diceelbeQ  Zweehe  »t 
erreichen,  welche  man  »nderswo  dnreh  Leitongen  in  freier 
Luft  auf  leichtere  Weise  zu  erlangen  hofft. 

4. 

Es  ist  nicht  unmöglich,  da(s  man  den  Verlos^  wel- 
dier,  wie  ich  erwtthnt  habe,  bei  der  Fortpflansnng  der 
galvanischen  Krallt  stattfindet,  den  nnterirdiseben  Leit«^ 

gen  zum  grofsen  Vorwurfe  anrechnen  dürfte.  Deshalb 
will  ich  hier  nur  kurz  erv^ähnen,  dafs  man  hierbei  nicht 
etwa  an  ein  Maximum  des  Nutze ffects  denken  muCs,  wie 
man  ihm  bei  Maschinepanlagen  s.  B.  allerdings  eine  grofse 
Sorgfolt  m  widmen  gewiriint  isL  Sind  nimlich  die  gal- 
vanischen Batterien  zweckmlfsig  eingerichtet  nnd  die  «ei- 
chengebenden  Apparate  von  der  äufsersten  Empfindlich- 
keit, so  ist  die  absolute  Zinkconsumtion,  welche  das  Te- 
legraphiren erfordert,  ein  so  geringfügiger  Gegenstand, 
dals  er  bei  dem  fisdjet  für  die  Unterhaltung  der  eleklro^ 
telegraphisehen  Linien  kanm  ^in  Betracht  gezogen  zn  wer- 
den brancht.  Unler  gibistigen  Umsttnden  ntariiiA  kanli 
z.  B.  die  Thätigkeit  einer  Linie  von  30  bis  4ü  Werst 
sehr  wohl  durch  einen  täglichen  Aufwand  von  15  Solot- 
nik  Zink  unterhalten  werden;  und  man  wird  eingestehen, 
dafii  ein  soiloher  Anfwand  nicht  sehr  beträchtlich  wire, 
wenn  er  anob  den,  walcher  nnr  bei  ToUkommenster  bo- 
lirung  der  Drihte  stattfilnde,  um  etwa  das  8-  bis  lOfache 
überträfe. 

5. 

Ana  dem  oben  erwähnten  Aufsätze  »über  galvani- 
sche Leitungen«  *.)  wird  man  eich  erinnern,  daÜB  ich  mich 
bei  der  im  Jähre  1842  angelegten  Lisie  von  8030  Fob 

1)  Annalcn,  Bd.  58,  S.  409. 

14* 


Länge,  welche  derch  einen  der  lebhaftesten  Theile  der 
Stadt  geht,  gläserner  Röhren  bedient  hatte,  um  die  mit 
eiaer  Lage  Mastix  umgebenen  Drähte  hindurchzuführen.. 

Icfa., hatte  .damals,  gleick  nadi  VoUendlmg  dieser  An^ 
lege  .mgkiclMiide  Afttssim^ett  to>  beide»  Endte  der  la- 
ute .angestellt,  wekbe  .nur  den  geringes  iCraft^Maat  ▼on 
6,6  Pioc.  ergeben  hatten.  Indessen  hatte  sich  dieser  vor- 
treffliche Zustand  derlsülirung  nicht  lange  erhalten.  Durch 
Sprünge  oder  Brüche,  welche  einige  Glasröhren  entwe- 
der, sj^te  öder  'gleioh  bei  der  LeguBf;-  bekonmen  haben 
möchten,  mr  .einige  Feuchtigheit  in  die  Ri&hren  gedrv&r 
^en,  so  dafs  spätere  Beebaehtangen,  die  ieh  im  Anfange 
des  Jahres  1843  angestellt  hatte,  im  Durchschnitt  einen 
Verlust  von  etwa  30  Proc,  ergaben.  Defsungeachtet  war 
die  TlUitigkeat  des  Telegraphen  durch  dieeeii  Verlust  nicht 
«nterbrocdiefi  €»der  nur  merklich  afficirt  irorden. 

Da  bei  technischen  Anlagen  der  bessere  oder  ediiedi- 
tere  Erfolg  oft  von  Umstünden  abhängt,  die  in  wissen- 
schaftlicher Beziehung  für  kleinlich  gelten,  so  uiufs  ich 
um  Entschuldigung  bitten,  wenn  ich  erwähne,  .dafs  es 
bei  der  Bespinnung  der  Drähte  bdsser  ist  BaamwoUeBp 
i^ea.za  gebrauchen,  alb  starken  ZJ^rin,.  wie  idb  ihn  an- 
gewandt hatte.  Bei  der  Baumwolle  nämlich  legen  sieh 
die  einzeluen  Windungen  dichter,  sowohl  an  einander, 
•  als  auch  am  Drahte  selbst,  und  ihre  Rauhigkeit  bewirkt 
ein  besseres  Anhaften  des  Mastiv.  Die  von  mir  gebrauch- 
ten; Drähte  hatten  das  Uebel,  dafs  schon  geriage  BiegODr 
gen,'  wie  sie  bei  den  Aibeiten.  mnveAneidU»  sind,  eine 
Trennung  der  eintelnen  Fäden  und  Spt^nge  oder- Brl^ 
che  im  Mastix  bewirkten,  die  der  Feuchtigkeit  einen  leich- 
teren Zugang  verschafften.  Auch  finde  ich  es  besser, 
wenn  die  Baumwollenfädeu  nicht  sehr  stark  gezwirnt  sind. 
VorU^effliqh  ist  ^  die  Drähte  aas-*freieff  Hand  mit  rohem 
Hisf.  oder.  Flachs,  «a  bewickeln»,  weil  der  Mastix  sehr 
^stidmitf  hailet.iiod  aeiw  vidle^BiigpMikisit  behält.  . 

r 


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• 

213 


Obgleich  iiieiiie  früheren  Messungen  die  grofsen  Vor- 
züge ergeben  kattea,  welche  die  Beuutziuig  des  J^dbo^* 
deas  als  Hälfte  der  gaLvaMsdieir  ^Leitiing'  <gewähHei*  w 
wer  es  doch-  wklktig*  diese  -  MesMiiig«!  in*  Wint^  M- 
niedrigerer.  Bedmiteiii^rafiir'  zu  wiederholeri.«    Eh  bf;< 
wie  man  weiCs,  ein  guter  Isolator,  auch  soll  sich,  wie 
man   behauptet,  im  Aligemeiueu  die  Leituugsfähigkeit- 
der  Flüssigkeiteu  mit  ihrer  Temperatur  erliölieD Die» 
MetaUplattea»5  die  anr  .FoHleitaag  dee  Stroms^  diettüBB,- 
ODd  die.  man  -bier  ':el>titfalbiSlekiii»den  liemielh  kdiiate,. 
waren  zwan  Mb-M-  eioe  gröfseHe  Tiefe  eiog^reben,  iM 
der  Frost  gewöbnlich  in  die  Erde  dringt,  auch  war  über- 
dieÜB  der  Winter  von  1642  bis  1843  ausnehmend  milde 
gewesen,  dennocb  wollte  ich  \aiicb>  dieser  Versuefae  nicbfri 
Iberiidien,  die  ich  äm'.9.  Felnrtiar  1848  nAlemaliiii,  ilkdi^ 
dem  mehrere  Tage,  hinter  einaBder'.wbiRgsleBs  «ine  hMlttl 
von  9^  bis  10"  R.  stattgefunden  hatte.     Ich  will  das 
Detail  dieser  Versuche  nicht  weiter  anführen,  und  nur 
erwähnen ,  dafs  das  mittlere  Resultat  aus  fuufzeim  sehr 
nahe  liegaiuien  Beobachtungen/  für  100  Th^  Gas»  wel* 
t^e  in  dam  hei  dbr  Batterie  hefindKchen  Völfameter  ent^. 
wiekelt  worden,         Tb.  in  dem  auf  der  andeni-Sl»^' 
tiou  beßndlichen  Voltameter,  und  also  nur  einen  Ver- 
lust von  1,8  Proc.  ergab.     Nach  den  früheren,  in  der 
erwähnten  I*^ote  mitgetheiiten  Beobachtungen  hatte  ein 
Verlust  von  =3  'Proa  stattgefundeuw  Batlctten  :nttd>  Völ-* 
tameter.  waden'.die  Mheren  gewesen,  von  der  Leteng 
hatte  ich  mir  einaa  'einfacheD:  Draht  iMOutzt,  und  eben 
so  wie  früher  eine  Verbindung  mit  dem  Dache  des  Win- 
terpalais hergestellt,  das  durch  die-  Ablekestangen  den 

1)  Ulieser  Punkt  ist  noch  uichi  ganz  ausgemacht,  und  bedarf,  wie  alles, 
wai  die  T.citungslähigkeit  der  Flüssigkeiten  betrifft,  noch  einer  Revi- 
sion.   Dafs  erliitz.te  Flüssigkeiten  besser  wirken ,  lafst  sich  eben  so-  _ 
wohl  auf  andere  Weise  als  aus  ihrem  verminderten  Leilungswider-  ' 
Stande  erklären.     ( Vt  rgl.  indofs  Oboi|  Aua.  Bd.  33»  S.  403,  iimi  ' 
Uenrici,  Bd.  66,  5.  175.  P.) 


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I 


214 

Strom  bis  zum  feuchten  Erdboden  fortleitete.  Als  ich 
bei  noch  foofzehn  andern  Versuchen  die  beiden  Drähte 
das  Sjstams,  das  mir  zur  Baoatninc;  frsi  stand,  nebaa 
einander,  m  einem  «iniigcn  Drahte  ron  doppeltem  Quer- 
admitte  Terband,  ergaben  die  vergleiebenden  Messongen 
nicht  den  allergeringsten  Verlast,  oder  nur  solche  schwan- 
kende Differenzen,  welche  den  Beobachtungsfehlem  zu- 
geschrieben werden  konnten.  Ich  will  noch  erwähnen, 
da(s  icb  bei  eben  dieser  Combinalion  früher  lOQ  Tb.  Gas 
SB  10  C!obikoent  in  2  Minuten  erbahen  hatte.  Bei  den  ' 
gegenwärtigen  Versndien  wurde  dieselbe  Gasmenge  schon 
in  I7  Minuten  entwickelt.  Dieses  scheinbar  günstigere 
Resultat  berechtigt  indessen  wohl  vorläufig  zu  keinen 
andern  FolgemDgeo,  als  dafs  entweder  dennoch  eine 
kleine  NebenscUieisung  oder  eine  f^rOlsere  Kriftigkeit 
der  Batterie  Mttgefunden  haben  mdchte. .  Obgleidi  diese 
Beobachtungen  zu  Gunsten  einer  Benutzung  des  Erdbo- 
dens als  Leitung  selbst  im  Winter  sprechen,  so  sind  sie 
doch  aus  den  oben  angeführten  Ursachen  nicht  ganz  ent- 
scheidend. Ich  werde  in  der  Folge  andere  Versuche  ao- 
Üdupen,  die  unter  strengeren  Bedingungen  angestellt  wor- 
den smd,  nndf  diese  wichtige  Benntibarkeit  der  Leitungs- 
fähigkeit der  Erde,  unter  alleu  Umstäuden,  ganz  und  gar 
aufiser  Zweifei  stellen. 

7. 

Es  war  mir  aus  venchiedenen  Grrfinden  wahraobeiiK 
lieh  vorgekommen,  dals  das  Verhültnifo  swiscfaen  der  or* 

sprQnglichen  und  der  fortgepflanzten  Kraft  bis  auf  «ine 
gewisse  Griinze  günstiger  ausfallen  werde,  je  schwächerer 
Stsöme  man  sich  bediene.  Diese  Versuche  lassen  sich 
indessen  nur  mit  magnetischen  Galvanometern  anstellen, 
die  unter  sich  vergleichbar  sind,  und  bei  denen  das  Ge- 
setz der  Ablenkungen  entweder  emjpirisch  oder  ihrer  Con- 
stmction  gemäfs  bekannt  ist.  Die  Wasserzersetzung  er- 
heischt ,  besonders  wenn  bequem  und  ^enau  mefsbare 
Gasquantiläten  producirt  werden  sollen,  wie. mau  weiÜB, 


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215 


scboD  ab  and  für  «ich  ansehDliohc  Stromtskrilte,  imd 
hier  am  so  grOfsere,  da  zwei  Voltameter  in  der  Kette 
eiogeschaUet  -siDd,  tod  denen  das  Ton  der  «Batterie  ent- 
ferntere gewissermafsen  so  betrachtet  werden  kann,  als 
befände  es  sich  in  einem  Zweigstrome.  Aus  der  bekann- 
ten Ohm 'sehen  Formel  läfst  sich  aber  ieicht  die  Bedin» 
gong  abieiten,  unter  welcher  die  Gasentwicklung  in  lelB^ 
terem  Voltameter  seO  werden  mub.  Ist  nSadich  /  der 
Leitungswiderstand  der  durch  mangelhafte  Isolation  ent- 
standenen Nebenschliefsung,  L  der  Leituogswiderstand 
der  Batterie,  inclusive  dem  der  Leitungsdrähte  bis  zur 
Stelle  dieser  Nebenscblieisung,  die  eigentlich  auf  der  gan» 
zen  LSnge  der  Leitung  Tertheilt  gedacht  werden  mnfsi  S 
die  elektromotorische  Kraft  der  Batterie  und  ^  die  Po- 
larisation des  entfernteren  Voltameters,  so  hat  man,  mit 
▼orläufiger  Beiseitesetzung  der  durch  Polarisation  der  Lei- 
tungsdräbte selbst  entslebenden  Modificationen  für  den 
durch  das  Voilameter  gehenden  Strom  tf(/*4-/«) 
=0.  Die  Gasentwicklung  wird  also  um  so  ▼er- 
schwlnden ,  je  gröfser  L  wird «  d.  fa.  )e  welter'  das  Vol- 
tameter sich  von  der  Batterie  entfernt,  und  je  schlechter 
die  Isolirung  ist,  d.  h.  je  kleiner  /  ist.  Das  magnetische 
Galvanometer  mufs  aber,  weil  bei  ihm  e={^  ist,  auch 
in  ZweigstrOnien,  bei  denen  die  Angaben  des  Voltame-' 
ters  längst  veiiBchwunden  sind,  noch  Indicationen  geben» 
die  natürlich  mit  der  Empfindlichkeit  desselben,  die  bei« 
nah  beliebig  erhöht  werden  kann,  zunehmen  müssen. 

Da  ich  mich  damals  nicht  im  Besitze  zweier  für  diese 
Versuche  geeigneter  magnetischer  Galvanometer  befand, 
so  stettte  ich  einen  Versuch  mit  der  elektro- chemischen 
Zersetzung  des  Kupfervitriols  an,  die  bekanntiich  nur 
schwacher  Ströme  bedarf.  Ich  verband  daher  auf  der 
einen  Station  die  beiden  früher  angewandten  Leitungs- 
drähte mit  einer  kleinen,  nur  aus  zwei  Daniell'scben  Ele- 
menten bestehenden  Batterie,  auf  der  andern  Station  aber 
mif  zwei  Kupferelekfroden,  die  in  einem  kleinen,  mit  K»-' 


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216 


pleratriol  gefüllten  Glastroge  tauchten.  Die  ElektrodeD, 
d>eD  80  wie  die  beideo  Kupfercjlioder  der  Batterie,  warea 
▼orher  ^enau  ^ewo^eo  wordeo.  Die  Wiilmiig  war  8c^ 
sehwadi,  so  '  dafe  nach  mehreren  Sttinden  noch  keine 

Spur  von  Kupferniederschlag  an  der  Kathode  zu  erbiik- 
ken  war.  Nach  einer  ununterbrochenen  Wirkung  von 
vier  Tagen  hatte  aber  die  Kathode  57  doli  (=2^^,53) 
^  an  Gewicht  zugenommen.  An  dem  einen  Knpfercytia^ 
der  der  Batterie  waren  wihrcsd  dieser  Zeit  57|  doli 
nnd  an  dem  andern  564  ^^^h  oder  im  Mittel  gerade  57 
doli  Kupfer  reducirt  worden.  Dieser  Versuch  zeigte  also, 
dafs  dem beluinnten  Faradaj'schen  Gesetze  geiuäfis,  beim 
Durchgange  dieses  schwachen  Stroms  durch  die  in  der 
Erde  befindlidie  Drahtleitnng  von  2x9030  FuJIb  Länge, 
nicht  dei^  allermindcete  VerloBt  ttattgefonden  hatte.  Aber 
dennoch  glaabe  ich,  dafs  man  aus  diesem  Versuche  nicht 
die  Folgerung  ziehen  kann,  dafs  dieselbe  Leitung,  die 
bei  Anwendung  der  stärkeren  Ströme,  von  25  Piatten- 
paaren  einen  Verlust  der  übertragenen  Kraft  von  30 
Woc  Teranlalst  hatte,  bei  Anwendung  der  sehr  schwa- 
chen  Ströme  Ton  nur  swei  Plattenpaaren,  für  ▼ollkom* 
men  isolirt  gelten  könne.  Ich  bin  vielmehr  der  Meinung, 
dafs  diese  schöne  Uebereinstimmung  gröfstentheils  der  Po< 
larisation  zuzuschreiben  ist,  welche  die  Leitungsdrähte 
durch  die  vier  Tage  lang  ununterbrochen  fortgesetzte  Wir-* 
hüng  des  Stromes  erfahren  haben.  Diese  PoUuriaation 
tritt  nicht  mit  einem  Male  auf,  sondern  nimmt,  wie  ich 
in  einem  zweiten,  die  Tsarsko- Seioer  Leitung  betreffen- 
den Artikel  zeigen  werde,  mit  der  Zeit  allmälig  bis  auf 
eine  gewisse  Gränze  hin  zu.  Zeichnet  man  sich  nlimlich 
das  Schema  dieses  Versuchs  au(  so  fibersengt  man  sich 
leicht,  dafs  die  Polarisation  der  Leitungsdrfthte  die  Stirke 
des  Hauptstroms  schwScht,  die  Wirkung  des  übertrage- 
nen Stromes  dagegen  verstärkt.  Es  mufs  also  gerade  in 
dem  Falle  unseres  Versuchs  entweder  zufällig  oder  viel- 
leicht natumothwendig,  und,  ungeachtet  der  mangelliaf- 


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217 

ten  Isolation,  eine  vollkommene  Gleichheit  beider  Ströme 
stattgefunden  babeo.  Es  ist  übrigeiia-,keioe8weg8  unwahr« 
scheinlich,  dafs  die  ZersetzuDg  des  Kupfervitriols  .uul^ 
diesen  Umsf finden,  selbst  nach  Entfernung  der  Batterie, 

sich  noch  eine  Zeit  lang  vermöge  der  elektromotorischen 
Kraft  der  Leitungsdrähte  allein  fortgesetzt  haben  ^ürde. 

8. 

Die  Classe  wird  sich  erinnern,  daüs  ioh'in<der  Sitzung 
TOm  17;  Mttn  1843  einen  mündlichen  Beriebt  Über  einige 
w^tere,  die  Leituugsfähigkeit  des.  Wassers  betreffende 
Versuche  abgestattet  hatte.  Diese  Versuche  hatten  zum 
-  Zweck,  die  bisherigen  Erfahrungen  über  diesen  Gegen- 
stand um  ein  AosehoUches  zu  erweitern,  und  fanden  eine 
bereitwillige  Unterslfitzung  Seitens  Seiner  Kaiserli- 
chen Hoheit,  des  General- Inspeetors  d«r  Ingenieure, 
Grofsfürsten  Michael.  Wir  hatten  am  13.  März 
1843,  wo  diese  Versuche  angestellt  worden,  noch  eine 
Kälte  von  9"  bis  10^  R.,  so  dafs  ich  diesen  Umstand 
benutzte,  um  einen  Leitungsdraht  aof  dem  Eise»  das  noch 
eine  Dicke  Ton  etwa  2  Fufs  hatte,  auszustrecken,  um  mir 
so  dse  absolut  voHkoraraene,  natQrÜche  Isolation  zu  Ter- 
schaffen.  Der  Draht  war  0",075  dick  und  beiläufig  mit 
rohem  Hanf  bedeckt,  und  mit  einer  Mischung  von  Leinöl 
und  Kautschuck  bestrichen  worden.  Seine  Länge  betrug 
d  Werst  in  der  Richtung  Ton  der  Insel  Petravski  am 
Anaflusse  der  Neva,  nach  dem  finnischen  Meerbusen  zu. 
Da  dergleichen  Verrache  nicht  allzub8ufig  angestellt  wer* 
den  können,  so  hatte  ich  ein  ausführliches  Programm  al- 
ler zu  machenden  Beobachtungen  und  eine  demgemäfse 
Instruction,  entworfen.  Elinige  Mifsyerständnisse  aber,  die 
hierbei  vorgefallen,  VenAgemngen,  die  durch  AufBuchen 
einiger  schadhafter  Stellen  im  Drahte  entstanden  waren, 
die  von  einem  frischen  Winde  begleitete  Kälte  von  10® 
endlich  machte  eine  zu  lange  Ausdehnung  dieser  Versu- 
che, deren  Vorbereitung  schon  von  6  Uhr  Morgens  an 
gedauert  hatte,  nicht  eben  sehr  wüoschenswerlh.  Ich 


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218 


mufste  mich  daher  auf  die  Constatining  allgemeiner  Effecte 
beschränken,  und  für  diesesmal  auf  inesseude  Beobach- 
tUDgeo  verzichteo. 

9. 

Die  Elektromotoren,  deren  ich  mich  bei  diesen*  Vor- 
suchen  bediente,  nnd  die  in  einem,  an  der  BrOcfce  «wi- 
schen Petrovski  und  Krestovski  belegenen  Hause  aufge- 
stellt  waren,  bestanden: 

1)  In  einer  Volta'schen  Säule  von  100  Plattenpaa- 
ren  Kupfer  und  Zink,  von  5  Zoll  im  Quadrat,  welche 
durch  mit  Salibiakauflitoangen  befeuchtete  Pappscheiben 
▼on  einander  getrennt  waren. 

2)  In  einer  magneto- elektrischen  Maschine,  nach  Art 
der  Ciarke'scben,  aber  von  besonderer  Confitruction. 

3)  In  einem,  mit  einem  Unterbrecher  ▼erseheaea 
elektro-magnetiachen  Inductionsapparat,  bestehend  aus  ei- 
ner mit  einer  galvanischen  and  einer  magneto-elektrischen 
Spirale  umgebenen  bohlen  Rolle,  worin  sich  ein  Bündel 
weicher,  stark  lackirler  Eisendrähte  befand. 

4)  in  einer  Grove'scben  Batterie  von  zwölf  Elemen- 
ten Plattn-Zink,  ersteres  ungeCUhr  von  Quadratfufs  Ober- 
flache. 

Von  diesen  Apparaten  bot  der  Indnctionsapparait  die 
meiste  Energie  dar,  sobald  nnmiich  die  galvanische  Spi- 
rale mit  der  Platinbatterie,  die  mau  zu  sechs  Paaren  von 
doppelter  Oberfläche  combinirt  hatte,  verbunden  wurde. 
Verband  man  das  eine  Ende  der  Indoctionsspirale  mit 
dem  9  Werst  langen  Leitungsdrahte,  das  andere  aber 
mit  einer  Zinkplatte  von  ungefähr  10  Quadratfufs  Ober- 
fläche, welche  in  eine,  in  das  Eis  gehauene  Oeffnung 
gesenkt  worden  war,  so  war,  ungeachtet  der  grofseu  In- 
tensität des  Apparats,  keine  Spur  von  einem  Nebenstrome, 
weder  durch  Ablenkung  der  Galvanometernadel,  noch  durch 
elektro* chemische  Zersetzungen,  noch  durch  physiologi- 
sche Wirkungen  bemerkbar.  Dieser  Versuch  beweist  die 
Vollkommenheit  der  Isulirung,  welche  das  Eis  darbietet* 


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219 

Denn  ein  solcher  Nebenstrom  hätte  sich  bei  der  grofsen 
Eisoberfläche,  die  mit  dem  Drahte  in  Berührung  war,  bei 
nur  etwas  maDgelhafter  Isolation  unfehlbar  zeigen  müssen. 
Da  indessen  der  Leitungsdraht  schon  an  und  für  sich  mit 
einer  isolirenden  Substanz  bedeckt  war,  so  liefs  ich  an 
dem  von  der  Batterie  entfernteren  Ende  desselben  riet 
Zinkplatten,  jede  von  10  Quadratfufs  Oberfläche,  befe- 
stigen und  unmittelbar  auf  das  Eis  legen.     Auch  unter 
solchen  Umständen  war   kein  Nebenstrom  bemerkbar. 
Spllter  liefs  ich  noch  zwei  blanke  Kupferdrähte,  jeden 
▼on  3  Werst  LSnge  und  fl*,075  Dicke,  auf  das  Eis  aus- 
breiten, und  verband  zwei  Enden  desselben  mit  der  mag- 
neto- elektrischen  Spirale,   während  die  andern  beiden 
entfernteren  Enden  von  einander  getrennt  waren.  Auch 
hier  fand  noch  eine  vollkommene  Isolation  statt  ich 
füge  himUy  dafs  ich  bei  Anwendung v  der  andern  Elek" 
tronotoren,  oder  wenn  ich  in  der  Indoctionsspirale  ei- 
nen soliden  Eisenkern  statt  des  Dnihtbflndels  sobstitairte, 
ebenfalls  keine  Indicien  eines  Nebenstromes  erhielt.  Diese 
Versuche  sind  als  eine  vollkommene  Bestätigung  und  Er- 
weiterung derjenigen  zu  betrachten,  die  Faradaj  (j&r- 
p$rimmial  researekes,  §§.381,  419)  ')  Ober  die  Isoti- 
ningsnihigkeit  des  Eises  fraher  angestellt  hatte« 

10. 

Der  Platinpol  der  zv^ölfpaarigen  Batterie  wurde  mit 
der  nicht  weit  davon  im  Wasser  befindlichen  Zinkplatte, 
der  Zinlqpol  der  Batterie  aber  mit  dem  Leitungsdrahte 
verbunden.  An  dem  9  Werst  davon  entfernten  Ende 
des  letztem  war  ein  Platindraht  befestigt.  Es  wurde  hier- 
auf ein  kleiner  poröser  und  mit  Kupfervitriol  gefüllter 
Thonbecher  genommen,  und  in  einer,  am  Ende  der  Lei- 
tung in's  Eis  geliaueoen  Oeffilung  bis  zum  Rande  vor- 
sichtig in's  Wasset-  gesenkt.  Sobald  der  Platindraht  mit 
dem  Kupfervitriol  ni  Berflhmng  gebracht  wurde,  fand 
augenblicklich  eine  Reduction  des  Kupfen  statt,  die  sicli 
durch  eine  Rötbung  des  Platindrabts  manifestirte.  Wahr- 
1 )  AnMlea,  Bd.  31 ,  S.  226  uiul  237. 


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220 

scheiiilich  hiiltc  auch  bei  Anwendung  einer  geringeren 
Anzahl  Plattenpaare,  oder  vielleicht  gar,  mit  Hinweglas- 
8Ui)g  der  Batterie,  djofdi  alleinige  Wirkoog-  4^t  9  Weunl 
entferQteo  Ziakplatte,  ein«  solche  elektro-cheoMsehe  Zer« 
Setzung,  aber  freilich  onr  langsamer,  stattgefaodeo.  Ob- 
gleich dieser  Versuch  nicht  geradezu  etwas  Unerwartetes 
darbot,  so  setzte  er  doch  alle  Anwesenden  in  Erstaunen; 
denn  ip  der  Thal,  wenn  man  von  den  herrschenden  An- 
siebten  aojigeht,  welobe' uneodlicbe  Menge  Atove  Was- 
ser müssen  bier  in'  einer  beinab  unmefsbaren  Zeit  «er- 
legt und  wieder  hergestellt  worden  seju,  am  diesen  Re- 
ductionseffect  an  einem  Ende,  und  den  entsprechenden 
Oxjdationseffect  am  andern  Ende  hervorzurufen?  Und 
dennoch  haben  die  Ungeheuern  Kräfte,  die  hierbei  im 
Spiele  geweseii  fejn  müssen,  sieb  nur  durch  eine  rubigc^ 
al^er  energische  Wirkung  manifestirt!.  Ich,  erlaube  mir 
bei  dieser  Gelegenheit  folgendes  Apercu.  In  jedem  Quer- 
schnitte eines  Elektrolyten  findet,  der  Hypothese  nach, 
eine  entsprechende  Decomposition  und  Kecompositiou 
der  Atome  statt.  Die  Producte  dieser  Zersetzungen  kön- 
nen sieb  nur  an  den.  Oberflächen  der  End-  oder  der  Zwir 
scbenplalten  zeigen,  weil  da  eine  Recomposition  unmög- 
lich ist.  So  viele  Zwischenplatten  mau  hat,  so  viele  zer- 
setzte Atome  müfste  man  erhalten.  Was  hindert  also, 
sich  der  Ungeheuern,  bei  der  geschlossenen  Kette  in.Thä- 
tigkeit  gesetzten  Kräfte  zu  bemächtigen?  Offenbar  nur 
der  Umstand,  dafs  wir  bis  jetzt  kein  Metall  oder  ^eiao 
sonstige  Substanz  besitzen,  welche  keinen  Uebergangs- 
widerstand  darbietet,  durch  die  Producte  der  Zersetzun- 
gen selbst  keine  chemische  Veränderung  erleidet ,  oder 
durch  Berührung  .mit  letzteren  keine  Polarisatiou  erfährt. 

11. 

Die  anderen  Versncbe,  die  ich  noch  anstellte,  be- 
standen gröfstentheils  in  telegraphisehen  Uebungen  mit 

mehreren  Apparaten,  die  ich  hatte  construiren  lassen,  und 
die  bei  dieser  Gelegenheit  geprüft  weiden  sollten.  Ich 


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221 

habe  die  meisten  dieser  Apparate  in  meiner  öffentlichen 
Vorlesung  über  £lektroteIegrapbie  vom  8.  Januar  1844 
{Recueil  des  aci€$  1844)  bareila  emahnt,  mufa  abar 
die  detailHrta  Beacbreibvng  darselben  einer  andern  Ga- 
leganhdtt'  "Vorbehalten.     Hier  will  ich  nur  hervorheben, 
dafs  auch  bei  dieser  (Gelegenheit  mit  einem  physiologi- 
schen Telegraphen  von  höchst  einlacher  Coustrucüou  ge- 
arbeitet worden  iat.     Man  walf»,  dafs  Hr.  V^raelman 
de  Heer  die  erafe  Idee  hatte,  düreb  sebwache  atektri- 
acbe  ComiDOtioneik  m  felegrapbiren,  nnd  dafs  er  die 
Tbaorie  eines  aolchen  Telegraphen  in  einer  vortrefflichen 
Abhandlung  auseinandergesetzt  hat  •).  Indessen  leidet  die 
Form,  in  welcher  der  Erfinder  die  Ansführbarong  die- 
aar  Idee  bat  bewerkstelligen  wollen»  an  bedeutenden 
practiaeben  Mangeln,  und  wird  schon  der  vleleli  Leitnngs- 
ditihte  wegen,  die  er  nöthig  hat,  gewissermafsen  unmög- 
lich.    Da  ich  bei  diesen  Versuchen  das  Meer  als  eine 
Hälfte  der  Leitung  benutzte,  so  nahm  ich  nur  einen  Draht, 
durch  welchen  man  aber  auch  nur  ein  Zeichen  erhielt. 
Berührt  man  mit  dem  Zeige-  und  Mittelfinger  der  linken 
Hand  xwei  klebie  Metallplatf en ,  die  mit  der  Leitang  in 
Verbkidnng  stehen,  so  Tcrspört  man  im  Augenblicke,  wo 
an  der  andern  Station  der  Strom  gebildet  wird,  eine  leichte, 
nicht  unangenehme  Erschütterung,  welche  gleichsam  als 
Elementarsignal  betrachtet  and  mit  1  bezeichnet  werden 
kann.    Wiederholl  man  dieselbe  Operation  ewei  Mal 
aehnell  hinter  einander,  ao  erhalt  man  einen  Doppel- 
scblag,  der  sich  vom  einfachen  Schlage  scharf  unterschei- 
det und  mit  2  bezeichnet  wird.     Bei  einiger  Uebung 
kann  man  auch  einen  dreifachen  Schlag  von  einem  Dop- 
peiacblage  noch  leicht  unterscheiden,  bei  einem  vieria-  * 
eben  Schlage  aber  sehefnan*  sich  die  Empfindungen  schon 
SU  verwirren.    Aua  den  beiden  Zeichen  1  und  2  wer- 
d^  nun  auf  die  bekannte  Weise  Chiffercombinationen 
gebildet,  die,  nach  dem  Bedürfnifs,  aus  einer  gröfseren 
oder  geringeren  Anzahl  von  Elementen  bestehen  können. 
1)Abim1cii,  84.46«  S.  613. 


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I 


222 

Das  Geben  der  Signale,  das  durch  eine  Taste,  und  das 
Motiren  derselben,  das  durch  die  frei  gebliebene  rechte 
Hand  geschieht,  ^ht  mit  grofser  Schnelligkeit  von  Stat- 
ten, weil  mao  seine  Aufmerksaiiikeit  auf  keinen  fremd* 
artigen  Gegenstand  zn  richten  hat.  Nacb  der  Conatraction 
des  Erfinders  sind  zwar  45  verschiedene  Signale  mög- 
lich, es  findet  aber  die  Unbequemlichkeit  statt,  dafs  beide 
Hände  mit  ihren  zehn  Fingern  dabei  beschäftigt  sind,  so 
dafa  man  die  erhaltenen  Zeichen  einem  Gehülfen  dictiren 
mnfs;  eben  so  mag  wohl  eine  sehr  bedeutende  Uebnng 
dazQ  giehOren,  bei  schnell  hinter  einander  gegebenen  Sig- 
nalen unterscheiden  zu  können,  in  welchen  Fingern  man 
die  Coinmotionen  verspürt  hat,  besonders  wenn  letztere 
nur  schwach  sind.  Der  physiologische  Telegraph,  den 
ich  bei  den  erwähnten  Versuchen  gebraucht  habe,  be- 
darf, um  mit  ihm  operiren  zu  k^Hinen,  beinah  gar  kdner 
Uebung,  und  ist  so  einfach,  dafs  ihm  Jedermann  leicht 
selbst  construiren  kann.  Zu  seiner  Aclivirung  bediente 
ich  mich  eines  Inductionsstromes,  der  durch  Oeffnen  und 
Scbliefsen  einer,  mit  einem  Drahtbüodel  angefüllten  hoh- 
len elektro -magnetischen  Spirale  erzeugt  wurde,  deren 
Enden  mit  einem  einzigen  Platin -Zink -Paare  ▼erkunden 
waren.  Obgleich  die  ganze  Kette,  die  Länge  der  In- 
duclionsspirale  ungerechnet,  aus  9  Werst  Wasser  und 
9  Werst  Draht  bestand,  &o  war  die  Stärke  des  Stromes 
doch  beträchtlich  genug,  um  an  den  äufsersten  Punk- 
ten der  Leitung  noch  merkliche  Empfindungen  hervom- 
bringen. 

12  ' 

Von  den  dainals  an^ieslellten  Versuchen  will  ich  zum 
Sjßhluis  noch  erwähnen,  dafs  bei  Auwendung  der  VolU'- 
sehen  Säule  von  100  Plaltenpaaren  und  der  oben  er- 
wähnten InducHonsapparate  auf  diese  Entfernung,  ▼•n  9 
Werst  sehr  lebhafte  Funken  aus  zwei  an  einander  ge- 
riebenen KohlenstQcken  erhalten  wurden,  und  dieselben 
sogar  zum  Glühen  gebracht  werden  konulen.   Sehr  düu- 


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1 


223 

ner  Platindraht  dagegen  wurde  mit  dieser  Säule  nicht 
merklich  erhitzt.    Ich  hatte,  wie  oben  erwähnt,  zu  den 
ui's  Wasser  gesenkten  £lektrodeD  Zinkplatten  ?0D  IQ 
Quadralfufia  Oiierfiäclie  ^emraimeii»  weil  ich  oicht  ta  we- 
nig thun  wollte,  indem  Hr.  Steinbeil  aus  einigen  von 
ihm  angestellten  theoretiscben  Betracbtongen  gefolgert 
hatte,  dafs  eine  Metallplatte  von  61  Quadratfufs  uöthig 
9ey,  um  die  Leitungsfähigkeit  des  Wassers  der  eines  Ku- 
pferdrebtes  von  0,5  Quadratlinien  gleicb  zu  machen.  Ei- 
nige der  zulefaU  erwähnten  Yeraaohe  waren  aber  zoföUig 
so  angestellt  worden,  dafs  dann  erst,  nachdem  die  Ver- 
bindungen mit  den  KohlenstQcken  gemacht  worden,  die 
Zinkplatte  mit  dem  daran  befestigten  Leitungsdrahte  in's 
Wasser  gesenkt  wurde.    Bei  dieser  Gelegenheit  bemerkte 
der  Hr.  Generallieutenant  TonVitoytov,  Chef  der  In- 
genieure des  Garde-  und  Grenadier- Corps,  der  des  wis- 
senschaftlichen Interesses  wegen  allen  diesen  Versuchen 
seine  Gegenwart  geschenkt  hatte,  dafs  bei  dem  Auein- 
anderreiben  die  Kohlen  schon  zu  glühen  anfingen,  als 
nur  der  Band  der  Zinkplatte  das  Wasser  berührte.  Als 
daher  die  Zinhplatte  §jua  weggelassen  wurde,  erregte  es 
nicht  wenig  Erstannen,  als  man  alle  die  oben  erwähnten 
Effecte  erhielt,  sobald  nur  die  Spitze  des  einen  Drahts 
auf  etwa  einen  Zoll  lief  in's  Wasser  gesenkt  wurde.  Eben 
so  erhielt  man  sehr  lebhafte  Erschütterungen,  als  man 
das  Ende  des  9  Werst  langen  Hauptleirers  mit  der  eir 
neu  Hand  hielt,  und  nur  eine  Fingerspitze  der  andera 
Hand  iB*s  Wasser  tauchte.   Dieser  Versuch  spricht  dafür, 
dafs  die  Wassermasse,  welche  an  der  Leitung  des  Stro- 
mes Antheil  nimmt,  sogleich  von  den  erregenden  Punk- 
ten aus  eine  grofse  Ausdehnung  nach  allen  Bichtungen 
gewinnt;  eine  Ausdehnung,  die  twar  von  den  I>imensio- 
Btn  der  Elektroden  abhängig  seyn  mag,  bei  dar  es  aber 
in  Bezug  auf  die  Leitungsfähigkeit  der  durch  sie  begräns- 
ten  Wassermasse  gleichgültig  ist,  ob  sie,  dem  Querschnitte 
nach,  einige  Quadraifufse  mehr  oder  weniger  beträgt. 


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224 


13. 

Nach  dieser  Digresskni  wollen  wir  jetzt  za  der  oben 
beschriebenen  telegraphischen  Leitung  wieder  zurtickkeh- 
ren.  Diese  hatte,  bei  Anwendung  zweier  Drähte,  dea 
ganzen  Winter  hindurch  ununterbrochen  ihre  Dienste  ge- 
leistet, als  im  Fr«h}ahr  1943,  naeb  eingetretenem  TkaMi- 
wetter,  plötslieb  eine  Unterbreschiing  eintrat  Da  an  vier 
Stellen  der  Leitung  Brunnen  abgeteuft  worden  waren, 
durch  deren,  mit  Steinplatten  bedeckte  Oeffnungen  man 
zu  den  Drähten  gelangen  konnte,  so  wurden  mehrere 
vergleichende  Beobachtungen  -angestelit,  ans  denen  es 
zwar  nicht  mit  Gewifslieit,  aber  doch  mit  grofeerWahr- 
scheinlicbkeit  hervorging,  daih  nicht  etwa  ein  Bruch  der 
Drähte  oder  ein  metallischer  Contact  an  irgend  einer 
Stelle  diese  Unterbrechung  veranlafst  hatte,  sondern  dafis 
wahrscheinlich  vermöge  d^r  in  die  Röhren  gedrungenen 
FeuchtiglLeit  so  ausgedehnte  Nebenaehliefeungen  entstm-, 
den  waren,  dafs  die  StArke  des  libertragenen  Stromes 
bedeutend  dadnrefa  beeinträchtigt  wurde.  SpHter  wurde 
diese  Vermuthung  bestätigt  durch  starke  Spuren  von 
Feuchtigkeit,  welche  an  einigen  Ausmündungen  der  Röh- 
ren bemerkt  wurden»  Eine  Discussion  der  angestellten 
Beobachtungen,  deren  Details  mir  leider  abbrniden  ge- 
kommen sind,  ergab  aber  anfserdem  noch  den  unange- 
nehmen Umstand,  dafs  diese  Ncbeiischlicfsung  nicht  etwa 
nur  local,  sondern  ziemlich  gleichmäfsig  über  die  i^anze 
Linie  verbreitet  war,  mit  dem  Unterschiede  jedoch,  daÜB 
aie  sich  aal  der  einen  Hftlfte  weit  betrSehtücher  erwies^ 
als  auf  der  andern.  Indessen  hatte  ich  von  einem  der 
Brunnen  aus  einen,  mit  einer  Metall|»latte  vereebeneii 
Draht  zu  dem  in  unmittelbarer  Nähe  befindlichen  Ca- 
tharinenkanal  führen,  die  andere  Platte  aber  in  einen. 
Teich  senken  lassen,  der  sich  in  der  Nähe  der  Station 
II  befand.  Als  nun  die  beiden  Leitungsdrahte  neben  ei»- 
ander  verbanden- wurden,  um  nor  als  ein  elnsiger  za 
wirken,  fiind  zwar  schon  bei  geöffneter  Kette  eine  starke 

Gas- 


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22S 

Gasentwicklung  als  Indicium  einer  beträchtlichen  Neben^ 
schliefsung  statt,  zeigten  sich  zwar,  verglichen  mit  den 
Beobachtungen,  bei  deneo  die  Leitungsdrähte  alieiii  dieil'- 
teil,  keine  betritcbtlioheii  Untersdiiede  in  dem  relativen 
VerfaSltnisse  zwischen  der  mpfüngUehen  und  der  über- 
iragenen  Strom eskraft,  dennoch  aber  überstieg,  und  das 
ist  das  Wichtigste,  die  absolute  Gröfse  der  letzteren  die 
frühere  um  mehr  als  das  Doppelte.  Es  wurde  daher, 
sobald  es  thunlteh  war,  auch  auf  der  Station  I  eine  ¥ei(- 
biadnng  mit  dem  Erdboden  hergestellt,  welche  den  be- 
sten'Erfolg  halte,  und  die  zum  Telegraphirsd  erfonbr- 
liche  Kraft  wieder  herstellte. 

\4. 

Vergleichende  Versuche  mit  dieser  Combination  konn- 
ten nicht  'Sogleich  angestellt,  sondern  muCsten  bis  tum 
4.  September  1813  verschoben  werden,  wo  dieselben  voll 
den  zur  Dienstleistung  bestimmten  Ingenieurofficieren,  HH. 
▼  on  Götschel  und  Baron  von  Herwart,  unternom- 
men wurden. 

Diese  Versuche  gaben  die  in  der  Taf.  I  zusammen- 
gestellten Resultate,'  welche  jedesmal  die  Mittel  ans  meh- 
reren nahe  ÜbereiustimmenAni  Beobachtungen  sind. 

* 

Tafel  I. 

▼cmMiie  yon  4*  Septenhir  1^43•  Lettung  dnrdi  isn  MMeo^ 
die  DrShCe  1  and  2  neben  einander  verinmden. 


.Möi  der 
Ver- 

Anzahl  der  Danlell'-I 
sehen  Elemente  | 

Angaben  der  Voltameter  in 

y'ö  Cubikcent, 

Die  tar  GaJefeit* 
Wicklung  erfor- 
.derliche  Zeiu 

auf 

Auf 
StttdiiD  II- 

auf 
StatiavLiti 

auf 

lif  2 

6 
6 

"'ii  ' 

16 

24 
10 
12 

100 

100 

100 
49 
45,9 
40,7 

64 

59 

49,7 
100 
100 
100 

V 

Wir  ersehen  aus  diesen  Versuchen,  dafs  wenn  von 
Station  I  aus  Gas  gegeben  wird,  man  auf  Station  Ii  ver- 

Posfcndorfr«  Aamd.  Bd.  LXVl.  15 


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226 

hSlttiifeiBftfti^  mehr  Gas  erhalt,  Ab  w«Bn  rate  van  Süi* 

tioD  II  aus  nach  Slaliou  1  hin  giebt.  Es  ergiebt  sich  fer-^ 
ner  aus  den  iu  der  sechsteu  Columne  befindlichen  Zah- 
Jmi,.  daf»  die  Gasen tv?ickiung  auf  der  Station  II  bei  allen 
Versafb^n  enei^pacher  war»  als  auf  der  Statioa  L  Man 
kimo  daher»  da  mn  diese  Uatersehiede  nicht  aussehlieWeh 
^er  y ersehiedenbeit  in  der  StSrke  der  Batterien  zuscbrei« 
ben  darf,  wohl  mit  ziemlicher  Wahrscheinlichkeit  annehr 
men,  dafs  die  gröfsere  Nebeuschliefsuug  näher  bei  SUh> 
tioD  I  als  Jbei  11  gelegen  seyn  müsse«  was  sich,  wie  wir 
oebaa  werden,  nock  «berdem  aus  den  spUer,  §.  17»  sä 
gdbenden  Formeln  erklaren  Ittlst 

15. 

Da  die  zu  einem  abgesonderten  Telegraphensjstcrae 
^früher  bestimmten  und  a«  a,  O.  erwähnten  zwei  andern 
jUeitungsdrähte,  die  sich  noch  In  den  Glasröhren  befan- 
Jm,  fttr  jetzt  nicht  benutit  werdeia»  so  beschloß  iob 
dieselben,  in  die  Leitung  mit  anfennebmen,  läkl  alle  vier 
Drähte  neben  einander  als  einen  einzigen  Leitungsdraht 
von  vierfacher  Dicke  zu  verbinden.  Es  war  zu  erwar- 
ten, dafs  wegen  des  hierdurch  auf  den  vierten  Tbeii 
berabgebrachten  Widerstandes  dee  Leitungsdrahts  die 
Wirknng  noch  beträchtlich  erhöht  werden  wflrde.  Ob- 
gleich es,  der  Erfahrung  gemSfs,  in  solchem  Falle  gentigt, 
-nur  die  Enden  der  gleichliegendcn  Drähte  mit  einander 
zu  verknüpfen,  und  es  keinen  Eintrag  thut,  wenn  die- 
selben auch  sonst  ihrer  ganzen  Länge  nach  isoUrt  sind, 
so  liefe  ich  doch»  gröfserer  Vorsicht  wegen»  eine  solche 
gemeinschafdiobe  Verbindnng  auch  noeh  In  allea  Bnin- 
nen-  bewerkstelligen ,  die  einen  Zugang  zu  den  DrShten 
gestatteten.  Die  mit  dieser  vierfachen  Verbindung  an- 
gestellten Versuche  sind  in  der  Tafel  II  zusammengestellt. 


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227 


Tafel  II.  . 

Venache  vom  12.  September  1843.   Leitnng  durch  dm  BxüMWBf 
alle  vier  Drähte  neben  einander  verbunden. 


5ucbe. 


Anzahl  der  DanleU'- 
schen  Elemente 

Aligaben  der  ' 
l'h  <^'>b 

V  olt  .Tnn  Irr  in 
i!»<  t  rit. 

auf 
Station  I. 

auf 
StalioD  II. 

auf 
Siaiiun  I. 

auf 
Station  II. 

24 
16 

— £4- 

24 

100 
lüO 
77,2 

76,6 

1  (MM. 

I  75 
73,5 
100 

^  100 

Die  zur  Gasent- 
wicklung crfor- 
derlicbu  Zeit. 


s^2 
3 


1,45 
2,3:3 
l',56 
2,41 


Aus  diesen  WMsiuhcM  geht  nun  unzweideutig;  eine 
ZuDahiDC  der  iibeitra^eueu  Kraft  hervor;  aber  es  scheiat 
mgleich,  dafs  durch  diese  gemeinschaftliche  Verbiodung 
ail^r  DrSbte  die  Stelle  der  NebenflchliefattQg  mehr  'lD  die 
HUkhe  ▼onStetibnl  biogerGekt  ^rdea  ist,  was  sieb  vie^ 
leicht  dadurch  erklilren  läfst,  dafs  ein  Theil  der  hinzu- 
gekommenen Drähte  gerade  in  der  Nähe  von  Station  X 
etwas  mangelhafter  isoUrt  gewesen  sejn  mochte.  Hinzu* 
fOgen  will  icb,  dafs  man  bei  imgesckiasMer  Kette  mit 
24  Paareo  in  1'  auf  der  Stafioo  I  and  auf  dsr  8ta^ 
tioB  II  ^2  TbeÜe  Gas  erhielt  Diese  Beobacbtang  wQrde 
also  ebenfalls  für  eine  etwas  gröfsere  Nebenschliefsung 
auf  der  Seite  von  1  sprechen,  wenn  die  Ungleichheit  der 
Batterien,  die  doch  immer  vorausgesetzt  werden  muft^ 
die  fierttckfiichtiguDg  von  0,5  Tb«  Gas  gesteUele,  oder 
flberbaupt  sokben  Maalaliestimmangen»  we|ebe,'lrie  ancb 
die  der  secbsten  Columne,  meist  von  der  Stärke  der  Bat- 
terie abhängen,  nicht  einen  precären  Werth  verliehe. 
Noch  nie  mehr,  als  bei  diesen  Versuchen,  habe  ich  das 
Bedürfnifs  empfunden,  beständige  fiiektricitfitaquellen  lur 
]>iBpo8ition  an  beben. 

16. 

Im  darauf  folgenden  Jahre  wurden  «die  Tergleichen*- 
den  Messungen  der  Tafel  III  ebenfalls  von  den  oben  er- 
wähnten Ingcniettroffioieren  angestellt,  um  den  Zustand 

15» 


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1 


22S 

der  Leitung  zu  prüfen,  die  den  Sommer  über  oicbt  im 
Gebrauohe  gewesen  war. 


Ta^el  III. 

I  ,!)  i. 


Versuche  ^om  i8.Aupui^i$44.  Leitoag  techiiSBcA^  titii 
vier  IMHiteli^bea  ittaaaMr >«fimtt(leii7)f.,i 


Ver- 
suche. 


Anzahl  der  Danii  U' 
sehen  Elcrucute 


AojH^be  der  Vollameler  in 
Cubikcent. 


auf 
Station  1. 


4- 


auf 


24 
16 
12 


aal 
Station  I. 


auf 
Station  II. 


Die  ZI 
derlic'lie  Zeil. 


er 


foi 


1 

2 
3 
4 
5 


15 
12 


100 

100 
63 
54,3 
47,3 


49,5 

46 
100 
lOU 
100 


2* 
2',75 
0,89 
2',2 
3.2 


Ver^dil^ttaii  ibeae  Veraucbe  BiitudeiieiiiiMr.iSlll 
fei  II,  so  enieht  man  daraas,  dafs  das  YerfaaltDifa  «wf- 
flcben  der  orsprOn^lcben  und  der  flbertrageneii  Stromea» 

kraft  etwas  nachtheiliger  geworden  ist,  dafs  aber  auch 
bier  die  gröfsere  j^ebenschliefsung  der  Station  I  uäher 
liegt.  Dieses  wird  zum  Theil  durch  die  Zahlen  der  sechsten 
Colomne,  mm  Tbeil  dadurcb  bestätigt,  dafs  bei  Mjftfsc'A/as- 
sener  Kette  und  bei  Anwendung  von  12  Elementen  in 
einer  Minute  auf  der  Station  I  27  und  auf  der  Station  II 
24  Theile  Gas  entwickelt  wurden.  Diese  Versuche,  wel- 
che, abgesehen  von  möglichen  BeobacbtuDgsfeblern,  schon 
der  Verwicklung  der  dabei  vorkommenden  incalenlablen 
ümsUnde  w>egen  keine  weitere  Diseussion  Vertragen,  bat* 
ten  wenigstens  das  gelebrt,  woran  es  «igentÜob  gelegen 
war,  dafs  nämlich  die  zur  Hälfte  aus  dem  Erdboden  be- 
stehende Leitung,  obgleich  sie  zwei  Jahre  in  der  feuch- 
ten Erde  selbst  befindlich  gewesen  war,  ihre  Leitung&> 
fftbigkeit  nicbt  verloren  batte,  sondern:  immer  nocb-eine 
zum  Telegraphiren  überflOssige  Kraft  zu  übertragen  im 
Stande  war.  Dagegen  ^wSre  das  kam  von  deih  Anwen- 
dung zweier  auf  die  früher  beschriebene  Weise  isolirten 
LeitongBdrfihto  zu  erwarten  gewesen«   Rechnet  mau  noch 


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J 


22a 

binza,  ikft  es  n^r  seit  dieser  ersten  Anlage  gelungen  ist, 
die  zefcbeiigebcudeu  Apparate,  sowohl  in  Bezug  auf  ihre 
Empfindlichkeit,  als  auch  auf  die  Schnelligkeit  ihrer  Thk-i 
tigkeit,  ausuebmend  zu  TärvoUkommneo»  so  dafs  statt  ei- 
ner irttber  mgefrandten'  Batterie,  toq  34  DanieNfscben 
Elementen  jelzt  nur  eine  ^vön  5  Elementen  erforderÜcb 
ist,  und  selbst  diese  geringe  Anzahl  vielleicht  noch  bis 
auf  2  oder  3  herabgesetzt  werden  kann,  so  läfst  sich 
wohl  die  Hoffnung  aussprechen,  dafs  die  im  Jahre  1843^ 
as{|elcg^e  Leitung,  ungeachtet  ihrer  untroyUstllndigeB:  Isii- 
lation,  sieb  noch  ian§e  Zeit  in  diesem  Zustande  ununter- 
brochener Tbatigkeit  erhalten  wird.  Die  mannicbfacb  aus- 
gesprochene Meinung  also,  unterirdische  Leitungen  sejeu 
unausführbar,  wäre  daher  dahin  zu  berichtigen,  dafs  un- 
terirdische Leitungen  schwieriger  anzulegen  sind,  weil  sie 
mehr  Au6nerksamkeit  und  wissenschaftliches  Studium  er- 
fordern, und  weil  'sie  erbeisehen,  dafs  man  den  zeichen- 
gebenden Apparaten  den  höchsten  Grad  von  Emplfitid- 
lichkeit  verleihe,  den  die  Natur  ihrer  speciellen  Con- 
'  struction  und  die  Geschwindigkeit  der  Activität,  die  man 
Ton  ihnen  verlangt,  gestattet. 

17. 

Ich  will  nun  noch  die  annähernden  Formeln  geben, 
welche  die  Bedingungen  ansdrficken,  die  bei  den  obigen 
Versuchen  vorhanden  waren.  Ich  verweise  hierbei  auf 
das  beigefügte  Diagramm,  bei  welchem  B  die  Batterie, 

B       r        L  V  F* 

— poo  — •  o-o-| 

L  V 

V,  V*  die  respecliven  Voltameter  und  Z,  L*  die  Lei- 
tnn^n  sind.  N  ist  die  Nebenschiiefsung,  die  wie  ein 
dnrcb  eiAen  feuchten  Leiter  getrenntes  Plattenpaar  be- 
trachtet werden  kann;  oder  gewissermafsen  der  Schwer- 
punkt der  NebenschliefsuQgy  da  diese»  wenn  sie  nicht 


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'230 


lM»l*4ft,  Mier  die  ^ame  LeHoog-wbrijlet  gedadit  wer* 

den  inufs.  Seyen  nun  die  eleklrp^uotorischen  Kräfte  und 
Leitungswiderstände :  .  • 

1)  für  die  Batterie  E  und  ' 

Ukr  dki  polarinrte»  Vollameter         und  /» 
'  S)  fDr  die  polariiirte  NesbeoscUiebiiiig  p  .iiad  r.. 

Seyen  ferner  L,  L'  die  WiderBtÜide  der  LeHmig»- 
dröhte  von  der  Batterie  bis  zur  Nebenschliefsung,  und  von 
da  bis  TABU  entfernten  Voltameter,  setze  man  ferner  Jp 
imd  L'-^/'zsff',  und  die  reepectiveo  Gaa- 
entwiekkiogeii  ßmd  G\.so  bat  «an: 

Die  meisten  Elemente»  die  in  dieser  Formel  vor- 
kommen, sind,  wie  schon  enväbnt,  von  der  Art,  dafs  ihr 
numerischer  Werth  sich  schvrer  bestimmen  läfst.  Beson- 
der$  giU  dieses  aber  von  p  und  r  oder  von  den  £le^ 
nenteo.  der  polarisirten  Leitungisdrähte,  über  deren  Phä- 
nomenologie man.  bia  jetzt ,  noch  TfiUig  im  Dunkeln  isl. 
Vielleiobt  gelingt  es  mir  später  in  einem  der  folgenden 
Aufsätze,  wo  von  der  Zarskoe-Seloer  Leitung  die  Rede 
seyn  wird,  wenigstens  einiges  Licht  hierüber  zu  verbrei- 
ten, leb  will  nur  vorläufig  erwähnen,  dafs  diese  Pola- 
risattiin  sebr .  bedeutend  ist,  dafs  sie  auf  eine  merkwür- 
4igie  Weise  allniSlig  fortscbreitet,  und  nicbt  auf  einmal 
in  ihrer  ganzen  StSrke  anftritt,  dafs  die  Besehaffeoheit 
des  umgebenden  Mittels  oder  des  Erdbodens  hierbei  von 
grofsem  Einflüsse  zu  seyn  scheint  und  dafs  endlich 
diese  Polarisation  weit  constanter  ist  und  ungleich  lang- 
samer verschwindet,  als  man  es  bei  der  Polarisation  der 
kleinen,  zur  Wasserzersetzung  gewöhnlicb  angewandten 
FlatjiDpIatten  zu  beobachten  gewohnt  ist. 

il)  Ist  die  Kette  in  Zarskoe - Scio  geölToek,  utod  verbindet  man  :faitr  kl 
.  ^t.  ^«lersburg  die  Enden  de«  Multiplicflor«  mit  der  t<ei|MPi^  ^'^^ 
.   der  im  Wasser  befindlichen  Kupferplaiie,  so  erhält  man  eine  bestan- 
dige,  nur  um  einzelne  Grade  schwankende  Ablenkung  von  30*,  in 

^  '  dcni  Sinne,  dab  die  Kopferplatle  positnr  gegeä  die  LeitOD|;  ist.  :  '  . 


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»1 

Aat  der  olilgeii  Fomiel  (I  )  ksten  Mk  jedodi  iut^ 
dier  6«iig«r  allgenMÜie  Soblfitse  lUhen,  sir  z,  M>  nnHM 

Cr 

sich       mehr  derEUnbeit,  je  kleiner  Z',  oder  d^  L^ha'* 

eine  constante  Gröfse  ist,  je  grdfser  das  iu  <p  entbalteoe 
£  wird,  oder  je  niber  m  dei*  ent^MnteB  Station  eich  die 
NebeoflcMieiiung  befindet  Wendet  man  Matt  der  ITot 
taneter  .nrngnetiflehe  GaWantomeCer  mr  Meesong  an,  so 

verschwinden  e  und  e\  und  man  erhöh: 

'  Da  ferner,  wenn  die  Batterie  ane  einer  unr  einl§er« 
maüMn  betrilcMieheD  Ansaht  von  Elenentea  bestebl,  p 
gegen  E  innner  nur  sehr  klein  se jn  wird,  so  erhilt  unoi^ 

1-^^^   0") 

Aus  den  obigen  Versuchen  haben  wir  gesehen,  daCs 
die  .üiiertraffsne  Kraft  ▼erhttltniliniä£Big  giMer  wnsde, 
sMrkere  Baterien  man  anwandle.  .Biese  Ersdielnong,  w«fi 

sie  constant  ist  und  sich  tiberall  zeigt,  kann  niebt  yon 
zufälligen  Umstcinden,  z.  B.  von  Verschiedenheiten  der 
Batterien,  herrühren.  Wie  soll  man  sich  aber  diese  That4 
Sache  aus  den  eben  gegebenen  Formdn  erklären?  da  diese 
•tgentlich  gerade  das  €regentheil  erwarten  lieben.  Es 
bleibt»  so  sdieiat  es,  nichts  anderes  fibrig,  ab  anmnehn 
uien,  dafs  die  Polarisation  der  Leitungsdrähte,  oder  viel- 
mehr die  Gröfse  pcp,  mit  der  Stärke  oder  der  elektro- 
motorischen Kraft  der  Batterie  mehr  als  verhältDifsmäfsig 
annimmt«  Bieie  Annahme  scheint  aber  in  der  Thal  dorob 
die  Venudie  an  der  Zarskoer  Leitnng  oberflSehlioh  be# 
sIStigt  zu  werden,  bedarf  aber  wohl  noch  genauerer  ün- 
^^suchungeu,  um  sich  bestimmt  darüber  auszusprechen. 

18. 

Die  gemeinschaftlich  von  meinem  Collegeu  Lenz 
und  mir  durcbgefOhrten  Untersnchungen,  welche  alle  Be- 
dingungen umfafsten,  die  bei  der  ConsCruction  der  Elek- 


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232 

tfonuifoete  oder  MultipUcatoren  zur  Sprache  konmen, 
iNUteo  za  dem  widitigaa  iiiifl  einiadieii  Getelie  geffilu^ 
dafs  man  f&r  eine  gegebeoe  Batterie  ood  für  ein  gege- 
benes Multipltcatorgestelle  das  Maximum  der  Wirkung 
erhält,  wenn  der  dieses  Gestelle  ausfüllende  Draht  einen 
Widerstand  besitzt,  der  gleich  ist  dem  Widecstande  der 
Batterie  -H  dem  der  Zuleitungsdrilfate.  Da  nun  zugleich 
diese  Untenaebongen  geieifft  hatten^  da&  es  hei  der  Knft 
der  Elektromagnete  oder  Maltiplicaforen  nahezn  mir  a«f 
die  Anzahl  der  Windungen  ankommt,  und  die  Dicke  des 
Drahtes  hierbei  von  keinem  spccifischen  Einflüsse  ist,  so 
erhält  man  dadmxh  ein  Mittel,  die  Kraft  oder  die  Empfind- 
lichkeit dieser  Apparate  durch  VennehiMg  der  Draht« 
messe  ond  rsspectire  VergrOlsening  ihrer  msentliehe^ 
Dimensionen  so  weit  zu.  steigern,  als  es  andere  eon- 
structive  Bedingungen  gestatten.  Ist  nämlich  der  Lei- 
tungswiderstand des  Drahtes  einmal  gegeben,  so  verhak 
ten  sieb  die  Maxima  nahezu  wie  die  Quadratwurzeln  ans 
den,  «B  -  den  Mnltiplicatoren  Terwendeten  ^DrahtmaisA 
IMeee  Stttse  sind  von  den  Phjsikern  flbendl  benont  weiw 
den,  theils  da  wo  es  sich  um  practische  Constructionen 
handelte,  theils  da  wo  blofs  von  theoretischen  Untersu* 
chungen  die  Kede  war. 

indessen  leidet  der  obige,  die  Maiima  der  Wirkwig 
anssptechende  Salz  einif^e  Modificationen^  wenn  sich  so« 
gleieh  eine  NebenscUielBUDg  in  der  Kelt6  befindet  Be* 
halten  wir  die  oben,  §.17,  gegebenen  Bezeiehnungen 
bei,  mit  der  einzigen  Modification,  dafs  man  keine  Vol- 
tameter,  sondern  Mnltiplicatoren  oder  Elektromagnete  an* 
wcbde,  so  erhalten  wir  für  die  Stärke  dss  übertragenen 
Ströns:  . 

C'—  Er-hpf   ™v 

Ist  die  Masse  des  Drahtes  =m,  so  erlialten  wir, 
wenn  /'  dessen  Länge  ist,/'  =  — ,  daher: 


% 


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233 


Q'=  (Er'hpif)m  ■ 

<f{rm'i-L'm-i-r^)-hr{L'm-i-l'^)  •  :  '     ■  > 
Die  Kraft  des  Multiplicators  wird  also  seyn: 

l'G'  =  K=  {Er-^p<f)mV  

7D(rm-f-L'iM-hr^)-hr(L'w-+-rM 
Suchen  wir  für  K  das  Maximum  in  Bezug  auf  /'  auf,  so 

erhalten  wir  aus  der  Bedingungsgleichung: 

dK 

^'-^'-^{-^y  (vii) 

woraus  sich  ergiebt: 

--=/'  =  i^'-+--^  (VIII) 

d.  h.  um  das  Maximum  zu  erlangen,  mufs  der  Wider- 
sland des  Drahtes  gleich  seyn  dem  Widerstande  Z'  (siehe 
Diagramm,  §.  17)  +  dem  Widerstande  des  Zweigsystems, 
das  einerseits  den  Widersland  r,  andererseits  den  Wider- 
stand y=iP+Z  enthält. 

19. 

Da  es  schwer  gewesen  wäre,  durch  directe  Beobach- 
tungen alle  die  in  der  Formel  Vtll  vorkommenden  Ele- 
mente numerisch  zu  bestimmen,  so  hatte  man  sich  bei 
den  hiesigen  Anlagen  begnügen  müssen,  die  Umwicklung 
der  Elektromagnete  oder  der  Multiplicatoren  nach  dem, 
durch  Uebung  in  diesen  Dingen  erlangten  Tact  einzu- 
richten. Indessen  mache  ich  auf  eine  practische  Methode 
aufmerksam,  deren  Durchführung  ich  mir  für  die  Zukunft 
vorbehalte,  durch  welche  man  aber,  wie  es  scheint,  denje- 
nigen Widerstand  des  Multiplicators,  welcher  dem  Maximo 
entspricht,  wenigstens  annähernd  wird  erfahren  können. 
Man  stelle  nämlich  an  der  entfernten  Station  eine,  zu 
Messungen  der  Stromesstärke  eingerichtete  Galvanome- 
terbussole auf,  bei  der  man  den  Leitungswiderstand  des 
Drahtes,  den  wir  durch  q  bezeichnen  wollen,  genau  kennt. 
Ist  nun  aus  der  Construction  der  zeichengebeuden  Appa- 
rate die  Form  der  Multiplicatoren  u.  s.  w.,  oder  die  gröfst- 
möglichste  Drahtmasse  m  bekannt,  die  man  zur  Verwen- 


334 

dung  bringen  kanu,  so  erhält  man  diejenige  Drabtlflnge 
/,  welche  degi  Widerstände '  und  der  Drahtmasse  m 
eni spricht,  nSmiich:  - 

/teVe/rt  (IX) 

Ist  nqn  k  die  gemesseoe  S6r0iiies8l8rke,  so  ist  die 

Kraft  des  Multiplicators : 

kl=kVQm   (X) 

Hat  mau  nun  in  der  KcUe  andere  Leitungswider- 
stände q\  q'\  (>"'  u.  s.  w.,  und  mifst  die  correspoodi- 
reodeo  Stromeskrttfte  i',  k\  k*"  u.  s.  w.,  so  erhält  man 
eine  Reihe  von  Werthen  k'^ q' k**\/'Q" m  u.  s.  wC; 
unter  welchen  man  leicht,  «entweder  darch  graphische 
Verzeichnung  oder  Rechnung  zwei  Gränzwcrthe  wird  auf- 
finden können,  zwischen  denen  das  dem  Maximo  ent< 
sprechende  q  liegen  muds.  Es  versteht  sich,  dafs  es  Ieich| 
ist,  später  diese  Gränzen  so  weit  zu  verengen,  ab  der 
Grad  der  gewünschten  Genauigkeit  erfordert  Mit  H&Ife 
einer  gewöhnlichen  empfindlichen  Bussole,  bei  der  man 
vorher  das  Gesetz  der  Ablenkung  empirisch  aufgesucht 
bat ,  so  wie  mit  Hülfe  eines  Vorrathes  gemessener  Lei^ 
tungswidcrstände  und  des  Agometers,  dürfte  eine  grofse 
lalbX  Ton  Beobachtungen  in  kurzer  Zeit  angestellt  weij- 
den  können,  aus  denen  sich  die 'Dimensionen  des  zum 
zeicheugebenden  Apparate  zu  verwendenden  Drahtes  leicht 
berecbucn  lassen« 


I  • 


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235 

•  ^^^^^  • 

III.    Zum  elektrischen  Nehenstrom; 
ion  Knoßhenhauar.  ' 


Als  ich  die  Abnalimt  det  «lektrisdieo  NebefistroiDS  nK 

der  EntfeinuDg  vom  erregeudeii  Hauptdrahte  von  deui- 
seiben  Gesetze  abhängig  gefunden  hatte,  nach  weicbem 
die  Quantität  der  gebundenen  Elcktricität  beaUnunt  wird^ 
spradi  ftch  di<i  Aniicbt  aa«,  d«Cs  beide  Hei^Qge,  die  EDt- 
alefauDg  der  geboadeDett  £WktriciUlt  «owobl,  ab  de»  Ne* 
benstroms,  aaf  glelobd  Welse  erklärt  Verden  mOfiteo. 
Gegen  diese  Ansicht  können  aber,  so  viel  ich  sehe,  noch 
zwei  Bedenken  erhoben  virerden;  denn  zuerst  läfst  es  sich 
in  Zweifel  »eben,  ob  das  Gesetz  über  die  ß^bondefie 
ElektrieitJlt,  welches  bei*  zwei  Ku^Ja  gefandeo  wordeo 
ist»  aosh  attf  swei  neben  eimoider  gespannte  Drihte,  wn 
die  Längendimensionen  vorwalten,  unmittelbar  fibertra- 
gen werden  dürfe,  und  zweitens  fragt  sich,  wie  weit  man 
Oberhaupt  von  freier  £UkiriGität  auf  dem  Schliefsungs- 
drabte  der  Batterie  »t  reden  befugt  sey,  da.bier  dev 
Strom  daa  Innere  dea  Drabia  dorchdriiigt»  wabread  dia 
freie  Elekiricttat  soost  nor  an  der  Oberfläche  haftet* 
Ueber  diese  beiden  Punkte  hoffe  ich  durch  die  nächste* 
benden  Versuche  einige  nähere  Auskunft  zu  geben« 

Dais  der  Scbiiefsun^draht  einer  Batterie  bei  ihrer 
Eatladnng  nicht  gsoz  der  freiett  Elaktrieiiät  ennangall; 
kann  man  adioti  aua  dar  bekannlett  Thatsache  lolgam, 
dafs  der  Strom  von  der  Leitung  auf  einen  anders  ihm 
genäherten  Draht  überspringt,  wenn  dieser  auf  kürzerem 
Wegewr  Aufsenacite  der  Batterie  überführt.  Noch  deut- 
licher wird  diefs,  wenn  .man  van  dam  Schlieisungsdrahta 
aiaen  andant  Draht  saitmikla  abgehen,  und  in  aina  Spüta 
endigen  lilst^  «etat  aum  dieaer  aiM  Harzplatte  gegettr 
über  oder  in  geringem  Abstände  die  Kugel  eines  Elek- 


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tromelers,  so  teigt  sich  ioi  enteren  Falle  eine  elektri- 
sche Figur,  im  anderen  wird  das  I^eklrometer  mit  der- 
jenigen Eleklricität  geladen,  welche  sich  auf  der  Innen- 
seite der  Batterie  befindet.  (Ich  bemerke  dabei,  dafs  bei 
allen  Verbuchen  die  AuÜBenseite  meiner  Batterie  mit  dem 
Erdboden  in  einer  gut  leitenden  Verbindung  stand»  in- 
dem ein,  fast  eine  Linie  starker  Eiseodraht  Iiis  in  xias 
an  meiner  )etzigen  Wohnung  vorbeifliefsende  Wasser 
führt.)  Am  stärksten  tritt  die  freie  Elektricität  auf  dem 
seitwärts  abgehenden  Drahte  hervor,  wenn  hinter  dei»- 
selben,  d«  k.  nack  der  ftuCBeren  Belegung  zu,  der  Scklie- 
feungsbogen  mit  einer  Wasserrillire  unterbrochen  ist;  hier 
wird  die  freie  Elektricität  selbst  bei  ganz  schwadien  La- 
dungen der  Batterie  bedeutend,  während  sie  hinter  der 
Wasserröhre  fehlt.  —  Ich  benutzte  nun  zunächst  diese 
freie  Eiektricitit,  nm  durch  sie  auf  einem  anderen  Drahte 
gebundene  su-  erzeogen,  und  ihre  Stttrke  bei  wechseln- 
den  AbstSnden  aus  der  StSrke  der  frei  gewordenen  zu 
messen.  Zu  diesem  Behufe  spanute  ich  die  beiden  19' 
langen  Kupferdrähte  II  (AnnaL,  Bd.  64,  S.  75)  in  den 
frtther  beschriebenen  Gestellen  isolirt  aus,  und  liefs  durch 
de«  einen  die  Entladung  der  Batterie  von  vier  Flaschen 
hindurchgehen;  hinter  diesem  gespannten  Drahte  brachte 
ich,  nm  recht  sicher  zu  gehen,  zwei  sich  auf  einander 
folgende  Wasserrohren  an,  die  eine  von  6^  Zoll  Länge 
(gemessen  zwischen  den  Spitzen  der  in  die  Röhre  hin« 
eingehenden  Drähte)  und  von  3^  Lin.  inneren  Durch- 
messer^ die  andere  IO4  Zoll  lang  und  2  Lin.  im  Lieh* 
fttn  weit.  Femer  ftthrte  ich  von  dem  Nebendrahte  aus 
seinem  oberen,  mit  Quecksilber  gefüllten  Napfe  einen 
isolirten  Draht  zu  einer  gleichfalls  isolirteu  feinen  Näh- 
nadel, die  mit  der  freien  Spitze  nach  unten  in  einer  Glas- 
röhre eingekittet  vrar,  in  welcher  sich  zw  Verbindung 
Qaeeksilber  befand.  Diese  Spitse  «war  vemteilbar,  toid 
wurde  in  eine  passende  Eatfsmting  von  der  tafsem  Km* 
gel  der  Cuuiomb^schen  Drehwage  gebracht,  die  gerade 


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237 

Aem-M  TOiig^icbtet  war,  wie  ioli  nit  ihr  ineiue  früheren 
Versuche  gemacht  halte  (Bd.  56,  S.  47 ).  Der  untere 
Napf  des  Nebendrahts  blieb  frei  oder  isQÜrt.  Die  Spitze 
strömte  bei  positiver  Ladung  der  Batterie  positive  £lek^ 
tficitüt  alle,  und  ich  beobachtete»  jnde«i  der.  AhataDd  4er 
fcapaimteii  Drihte  im  Liebten  genomnien  ziravet  3  Lio. 
oder  IJ,  dann  12  Lin.  oder  4d  betrug,  folgende  Ab^ 
lenkungswinkel  x  an  der  Coulonib'schen  Dreh  wage: 
Id.  29»  ,  29  ,  29^  ,  28^  ,  29  ,  29|  ,  28  ,  28^  ;  Mittel  x=2S'  4^ 
Ad.  20°  ,  21^  .  20i  ,  20^  ,  20i  .20  ,  21  ,  19^  ;  Mlitel  ^=20»  26'. 
Berechnet  man  die  Gröfse  b  für  die  ausgeströmte  Elek- 
tricität  nach  den»  Bd.  58,  S.,42  und  43,  mitgetbeilt^n 
Foruielii  ao8:_       ...  ,  ,  . 

^dHo  it  eine  CoDstaote  bezeichnet  ^  so  «rb^lt  omr  aiik 
beiden  Angaben: 

eine  Gröfse,  welche  mit  dem  am  angefahrten  Orte,  S.  214, 
gefundenen  Mittelwerthe  von  /ö^^  =  0,84964  —  1  voll- 
kommen übereinstimmt.  —  Dieser  Versuch  blieb  indefs 
mit  besonderen  Schwierigkeiten  verbunden.  War  die 
Spitze  so  eingestellt,  dafs  bei  dzszX  ein  passender  Win- 
kel für  '.erfolgte,  so  wollte  sie  oft  bei  J=s4  die  Elek- 
tricität  nicht  mehr  ansstrOmen  lassen;  wurde  sie  dage- 
gen zuerst  für  d=.\  eingestellt,  so  war  die  Elektricilät 
für  d=\  zu  jgrofs,  und  die  Angaben  der  Drehwage  fie- 
len eben  so,  wie  es  sich  frtiber  gezeigt  hatte,  zu  klein 
ans.  Um  diesen  Uebelstand  zu  entCemen,  hatte  ich  zu- 
nächst die  innere  Kogel  der  'Drehwage  mit  einer'  Mes- 
singkagel  von  4  Lin.  Durchmesser  vertanseht,  und  die 
äufsere  mit  einer  von  15  Lin.  Durchmesser,  die,  oben 
eingebogen,  die  Spitze  in  dieser  Versenkung  aufnahm. 
Da  aber  auch  diefs  noch  zu  keinen  fiberall  sicheren  Re- 
sultaten fOhrte,  so  änderte  ich  die  Ladungen  der  Batte- 
rie bei  den  wechselnden  Abstanden  der  Drähte,  und 
stellte  die  Kugeln  des  üenlej^'schen  Ausladers  jedesmal 


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238 

in  eine  solche  Entfernung  von  einander,  dafs  die  Dreli« 
wage  immer  nabe  denselben  Winkel  gab.  Durch  dieses 
Verfahren  erreichte  ich  endlicb  Dicht  nur  die  verlaogte 
Sieberbeit  in  den  Beobaehtoof^en,  Bondern  ieh  konnfe 
auch  noeb  dem  Bedenken  begegnen,  dafe  vielleioht  bei 
weehseTnder  Stärke  der  Elektricität  die  Spitze  nicht  mit 
711  derselben  proportionalen  Kraft  ausströme.  Die  La- 
dung der  Batterie  bestimmte  ich  das  eine  iVlal  nur  nach 
den  Umdrebongen  der  Scheibe,  das  andere  Mai  zugleich 
nach  dieisen  und  hinterher  mit  der  Lane^ehen  Flasche, 
indem  ich  die  Batterie  über  die  Kugeln  des  Ausladers 
allein  entlud.  Bei  den  Versuchen  nämlich  konnte  die 
Lane'sche  Flasche  nicht  unmittelbar  angewandt  werden, 
weil  sich  auf  der  Aufscnseite  der  Batterie  keine  freie 
EiekUridtSt  ansammeln  durfte,  die,  auf  den  gespannten 
Draht  flbergehend,  den  Draht  des  Nebenstroms  aCßdrt 
bitte.   Die  Beobachtungen  ergeben: 

»     

Erster  Versuch. 

Unidr.       jc  Umdr.  .r. 


u  .      6s    '    361         1  7| 


V  'I   vWa       6      i    38        M.    jll'O    1        .    i-  -  8J 

<!  Afi  I     'ITO  OOf  ^ 


35 

36 

36  fKK 
35  , 


.Mitid  6,08  1  37"  33'  Miuel  7.951   35«  12' 

"  \  -  Hieraus  nach  b^^.  -itJ/\    f /«  ^iang  ^)  ,  worin  £/ 

-vm|/    i  m?!'»   JfMi  '»•'f;>r<l'i'fi/!K" '•'A''»'  '2if  "t"  51/  »  . 

die  Anzahl  der  Umdrehungen  der  Scheibe  bezeichnet: 


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t 


9tD 


7' 
•iwdß  73 


-ni  7| 


a29 


33 


7J 


32i  ^  l(„ü  Iii 


IfKt  Ol 


ib  . 


• 

-  .«"'^»» 
34i» 

33^ 

■  32 

3.) 

32  : 

II 

3i  :i 

31 

^Xi»..^  Mitu  31,4 

34iiRl  < 
35,' 


34^        :       ,  ,   11  35i 


1^ 

17 

l4 

l.    17'  » 


» 


34 

31 

33^ 


34^ 

33 
34i 

35 
33i 


46 

46'. 

46  .  . 


•     '  1 


'  V.  ^  i-rA.M 

y*l»t}ili  ■  ■■■{•fl         331  ■'' ' 

"  ,Tf(  ^  Mli,.  l6,98    |~33"  42' 

Setzt  man  22.2  L.  F.  =  7,69  C/,  so  ist  31,4  L.  F.  =  10 88  U 
«iiid  46,6  L.  F.S2 16,14       demnach  hn  Mittd  A^t'^^l 

^t^,mi ^  dzi^i  üd±  ia^jd^  uia  h^aä^  1/4  u  56 

liiemit  ei^alPW'S^  deiC Stehenden  Formel:  ' 

aus  ^=1  «nd  ^=4  'Wo^ 5  =  0,85784 -  1 ,       "  * 
•'"^»•^  '      aus  d=\  lind  rf=9    :    /o^^ 6  =  0.85360 -  1 ,  ' 

aus  rf=4  uod  rf=9    :         />  =  0,84936  —  I ,  *    >»  j-  ,  . 


Da  auch  dieie  Werthe  von  Jagä  mit  dem'  llrQher  j^fun- 
denen'  neehl  gut  ttbertinatkniiieD,  8o  'dUifen  wir^danui 
eielwr  den*SoliIiii8  «ielien,  diiCs  die  Quantität  der  geborr- 
denen  Elektridtät  auch  bei  zwei  gespannten  Drähten  dem- 
selben Gesetze  folgt,  welches  bei  zwei  Kugeln  stattfin- 
de!«. £oaiil  wäre  der  eine  Puoki  voiklindig  erledigt. 


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24Ü 

Was  den  andern  Punkt  betrifft,  die  Anwesenheit 
der  freien  Elektricilöt  .^uf  dem  Schliefsungsdrahte,  so  leh- 
ren eben  diese  Versuche,  dafs  auf  der  Leitung  vor  den 
Wiuerrdbrett  freie  £lek(ricitfit  forbaDdea  ist,  die  die 
beobachteten  Wirkongea  herrorbriogf,  dafs  diese  aber 
hinter  den  WasserrObren  fehlt,  weil  die  WIrkaogen  aas- 
bleiben, wenn  man  jene  vor  dem  gespannten  Drahte  ein- 
schaltet.    Es  durchströmt  indefs  die  Ladung  der  Batte- 
rie den  ^nzen  Schliefsongßdraht,  scy  es  auch  hier  iu 
einem  so  laugen  Zeiträume,  dais  sich  kein  Ni^benstrom 
mit  dem  Lufttbermometer  aulfinden  lAist;  wir  werden 
demnach  gezwungen  seyn,  die  freie  ElektricitSt,  die  nur 
auf  einem  Theile  der  Leitung  vorhanden  ist,  von  der 
Ton  der  Innenseite  der  Batterie  zur  AuOsenseite,  also 
die  ganze  Leitung  hindurchströmenden  zu  untersdieiden, 
und  wollen,  um  sie  beide  kflrzer  zu  bezeidinen,  jene 
den  flufsem,  diese  den  innern  Strom  nennen.  Ueber- 
diefs  ist  auch  die  Richtung  dieser  beiden  Ströme  jeden- 
falls ungleich;  der  innere  Strom  geht  von  der  inneren 
Belegung  der  Batterie  zur  dufseren  über,  der  äufsere  da- 
gegen kann  nur  an  der  Wasserrohre,  als  dem  Hinder- 
nisse in  der  Leitung,  zuerst  auftreten,  mufs  sidi  Ton  hier 
aus  rOckwftrts  zur  Innenseite  der  Batterie  verpflanzen, 
und  hinterher  erst,  wenn  der  innere  Strom  abgelaufen 
ist,  sich  gleichfalls  nach  dem  Erdboden  begeben;  er  bat 
also  eine  doppelte  Richtung,  gietrennt  der  Z^it  nach. 
Ueber  das  Verhalten  des  inneren  Stroms  haben  uns  die 
bisherigen  Beobachtungen  mit  dem  Luftthennometer  viel- 
fachen Aufscblofs  gegeben ;  das  Verhalten  des  äufseren 
läfst  sich  schwerer  ermitteln,  und  ich  habe  ihn  bisher 
nur  durch  die  elektrischen  Figuren  einigermaÜBen  verfol- 
gen können,  da  diese  nicht  überall  ein  umfanendea  Ur- 
llwil  gestatten.  Ich  würde  deehaUi  Bedenkeir  tragen'  diese 
meine  Beobachtingen  vollstiodiger  darzulegen,  wein  aiMt 
mehrere  von  diesen  Figuren  schon  an  und  für  sich  ei- 
nen so  schönen  Anblick  gewährten,  dafs  es  sich  wohl 

der 


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S4I 

der  MOhe  lohnte  sie  in  ihren  manuichlaltif^eD  Gesfalleo 
darzustellen  und  die  Umstände  kennen  zu  lernen,  unter 
welchen  sich  die  prächtigsten  von  ihnen  zeigen.  Zur 
Darstellung  dieser  Figpiren  habe  kh^niich  eines  riindeB 
Blechtellen  von  64  ZoliJDurdiiBesser  bedient,  4ler  mä 
einer  dOnnen  Schellaoksebiohl  angelAlU  ist;  er  lag  a«f 
einem  isolirten  Gestelle,  ward  vor  jeder  Beobachtung 
über  eine  Spirituslampe  zur  Entfernung  der  auf  ihm  etwa 
zurückgebliebenen  Elektricität  gehalten,  und  konnte  nach 
Umtftoden  mit  den  Erdbodcm  oder  mit  dem  Nebendmbt 
in  kitende  Veribiodtuig  geeetKt  werdenu  Die  aumtrO^ 
mende  Spitze  bildete  ein^  elarke  NSbnadel,  die  balb  :in 
einer  mit  Quecksilber  gefüllten  Glasröhre  eingekittet  war, 
und  isolirt  nur  mit  der  Last  der  Röhre,  also  jedesmal 
gletchmftiai^  auf  der  Harzplatte  aufstand.  Von  dem  Queck- 
silber gingen  die  die  £lektrici|j|t  xolabrendeii  Dribte  nae. 
Die  Spitse  strOmt  In  den  meisten  Fitten  positive  und 
negative  Elektricität  zn  gleicher  Zeit  aus,  von  denen  )ene 
die  Strahlen  bildet.  Ist  nämlich  die  positive  Elektricität 
noch  in  den  Strahlen  siebtbar,  so  bildet  die  Figur,  wenn 
sie  mit  Scbwefelblumen  überstreut  wird,  zuerst  einen 
inefar  oder  weniger  von  Scbwefei  freien  Kreis,  darqm  , 
liegt  ein  Ring  von  kürzeren  oder  längeren  Sfriiblen,  die 
mit  wenigen  Ausnahmen,  wo  sie  sperrig  oder  büschel- 
weise  stehen,  sämmtlich  als  verlängerte  Radien  aus  dem 
Kreise  hervortreten,  und  bald,  wenn  sie  sehr  dicht,  flach 
und  lang,:  oder  aueb  .wieder,  wenn  sie  sebr  vereinaek 
und  hnn  sind,  nur  als  gerade  Stritibe  ersebefnen«  dage- 
gen wo  sie  zwsr  aocJb  zaUreicb,  aber  besondere  kriftig 
hervortreten,  mebr  oder  weniger  nach  den  Seiten  aus- 
fahrende Aeste  erhalten.  Werden  diese  Figuren  mit  Men- 
nige bestreut»  so  habe  ich  es  niemals  zu  irgend  einer 
scbarfen  und  zuverlässig  Beiobacbtung  bringen  kAnnen; 
man  eskewit  aucb  bier  nur  mit  Sicbetbeit  den  matt  he^ 
vortretenden  Strablenring.  Ich  werde  daber  von  flescti 
Figuren  allein  den  Durchmesser  ^  des  inneren  Kreises 

^oggoaAurO*»  AmuO.  Bd.LXYI.  16 


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242 

m6  ded  Durdiisemr  tS'  dM  StralileDbftti^es  dogeben. 
Dämlich  ^ie  weit  die  äufserstcn  Spitzen  der  diametral 
sich  gegeu überstehenden  Strahlen  von  einander  entfernt 
eind;  Wenn  dagegen  die  Strahlen  in* «iiier  Figur  feh- 
Im  Q&d  fUeae  das  Votbandeniej^  der  ^negadven  Elefe- 
tarieitit' allein  angiebt,  00  iiiidet  niaii,*wetan'iifaii  sie  mit 
Mennige  bestreut,  erst  ein  dentlidies  Centrum,  dann  ei- 
nen ziemlich  feinen  Kreis,  darum  einen  dicht  mit  Men- 
nige bedeckten,  mehr  oder  weniger  breiten  Bing,  und 
dhiviii'' wieder  eine  freie  Zone.  Streut  -  naii-  Jetzl:  Sohwe* 
felUaaiea  darauf  80  bedtbken  diM  «la' wenig  das  Cefl* 
«mib  «nd  'daon  eiiBt  glelehfdmitg  die  Harzplatte  binter 
der  freien  Zone.  Ich  werde  den  Durchmesser  des  inne- 
ren Kreises  mit  yi,  des  Ringes  mit  B  und  der  Zone  mit 
C  bezeichnen,  jedesmal  den  äüfoersten  Umlang  dersel- 
h$A  «migebeiiMi«  Die  Beobaeblniigen  wordett"  freaigstens 
Mal  aogesMil,  and'  ans  den  Metaangen  diia.  Mittel 
geBomwett.  -fiel  alle»  beetund  die  BAtferle  iiiii*'^er  Ffo" 
schen,  und  wurde  abwechselnd  mit  positiver  und  nega- 
tiver Elektricilät  geladen;  der  Strom  ging  zuerst  über 
416' Kugeln  des  ikuiey sehen  Ausladers,  die  etwa  4  Li- 
nien von  einander  standen,  and  trat  in  den  tint^Mn  Napf 
des  einen  ausgespannten' Drabts  von  19^;  der  als  Haupt- 
draht  aufgeführt  werden  soll;  von  hier  a6s  ging  er  ent- 
weder durch  diesen  Draht  zur  Aufscuseite  der  Batterie, 
indem  er  hinterher  Iheiis  durch  die  beiden  Wasserröh- 
k'en  gebemBit  wurde,  theiis  frei  durch  einen*  beiläufige €f 
h&gen»  4  Linie  staiken  Kupferdr^bl  ^«liief/  od0r  er  ver- 
folgte diesen  '^c^g  unmittelbar  vom  *  nnlemi  'Mapfie  ans, 
wo  dann  der  Hauptdraht  nur  einen  längeren  Ausläufer 
vom  Schliefsungsbogen  darstellte.  In  3  Lin.  Entfernung 
vom  Uaupdraht  war  der  ebenfalls  19'  lange  Mebendraht 
«ttag^ttpannt)  -auf  welchem  eieh  *der  Nebenatroni  erzäi^tt 
Z»r  Abbünuing  will  ich  dcn>'obei»d  ünd  -iMeren  Napf 
tfos  Kebiftfdrabta'mit  0(  und  £/«.beieiofanen,  'und  P.  ikn/., 
P,m.  E,,  P.  m,  O.,  P,  m,  K  ,  0.  m.  E.^  U,  m.  E,  sol- 

.:./»••'  .... 

I 


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^43 

len  angeben:  dBÜ^  iit/ lOkiSlMl^^^^  iAilH 

mit  der  Erde,  mit  dem  obereu  oder  unteren  Napf  in 
leitende  Verbindung  gesetzt  war,  eben  so  dafs  diese 
JSäpfe  zur  Erde  aJiititend  verbundeo  wären.  Die  Beob- 
achtungen, in  denen,  jiiflt  ZBlüeii'*da8']llaaiiB, od  PaikeiLI- 
wkm  angcftton»  fiod  ifel^en^cMi:  -rx  ;\      v    .A  .m\ 

I.   Der  Schliefsungsdraht  der  iBatterie  geht  nicht  durch 
•  den  Haniptdraht,  ,entl^(«bMr.  di«  WaieerrMiren; 
dve  aofistrdmende  Spitze  etf ht  mit  f3?|n  p|?jereD.If a|(f 

des  Hauptdr^ts.     -Y.^rf)indiiug.    i  r  \     ..\      .  \ 

1)  Positive  Ladung  der  Batterie. 

P.  isoL  A 10  iS'Sä;  d6r%^fei^<Kk^^'^tön  ToUkommen 

rund;  Strahlen  flach  und  geradlinig."''  •  •  *•  • 'i'' 
JP.  m.  E.  A21i^  ^5  41^;  der  innere  Kreis  noch  seltener 
rund;  auch  in  den  Strahlen  bisweilen  leere  Fitere. 

2)  Negative  Ladung  der  Batterie. 

P.  m.  E,    A\2  B  \b.  C  20;  recht  deutliche  iiegati,ve 
Figur. 

P.  iSoL   B  9;  äfanlicbi  «fteri  i^n^^n^id^.^. ,  „i,| /( 

IL    Schliefsui^^^aht  wie  in  No.  I,  mit  Ausschlufs  der 
'Wasserröbren;  Spitze  mit  dem  oberen  Napf  des 

*^tei$iawlii^'vöibttiidtti:^  ' 

T)  Positive  Liffairg'iie^^aMeHe.  -^^ 

P.  iW.  i5  17i;  schöner  Ring.  , 

Strahlen. 

2)  Negative  Ladung  der  B,»t.^er.iep 

P.m.£.  A9  B  la^^iKieia  beMubt^  :&ahlto  w^tlttafi|, 

sperrig,  ungleich.  .-..I  «'V  .*\  .-^a  >V 
P.  Mi  jiib'JB'^ ;  %i$Aig#Oftuie ,  ungleiihe-Stilihkn/\ 

16* 


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m 

1)  PosUive  LftdQBg  der  Bakterie* 

a)  Spitze  mit  dem  «bereu  Napf  des  Nebend^'abu  verbimdeii. 

P,  isol.    A  b      19?;  schöner  Ring. 

jP.  m.  £   ^  15     35;  innei^r  ICittis  oft  niehl  ToUkiMi* 

m^n  rand,  und  bestlobt  bis  apf  ein  freies  Centrum. 

.  »•  I  »r :  I  •  .    •  >•}  -i  •  •.   .  .  .  •         *  *■  . 

P.  isöl  A  4  J9 144 ;  sieliOner  l^lng  mit  kraftfgen  Strahlen. 

P,  m.  E,    yi\liB29f  innerer  Kreis  bestäubt  bis  auf 
das  Centrum. 

2)  ?ifga^jlTe.I*M«A^  der  pst^erie. 

«)  SpSiac  mit  dem.  «Iwfir.llipf .d«9  Ifcboidfahlt  w^^mnäßt^  . 

IKm.  E.    A9  B  12^  C  nicht  scharf;  deutliche  negative 
Figur. 

P.UoL   B  i;  äbnücfa,  aber  undeutlich. 

b )  Spitze  mit  dem  unteren  Napf  des  Nebendrabu  verbanden. 

P.m,E,   AS  B  \  l  C  nicht  scharf;  negative  Figur. 
IV.  Schliefsonj^dräht  n^ie  in  I^.  IL  • 
.1)  Positive  LadiiBg  der  Batterie. 

a)  Spitze  roit  dem  oberen  Napf  des  Nebendrabts  veribunden. 

P.isol.    A6  B  \l;  kurze  kräftige  Strahlen. 

P.  m,  E.       JIO.     Si(3i;  schtoec  .Binfi  mit  luraftigen 

Strahlen. 
P. fypL  —  K m. R  AI  Ä 12. 
P,m,B,  ^  ZK  m,  £,  '  A  S  B  IS;  etwas  matter  Ring. 

b)  SpStM  mit  dem  vnterai  Napf  det  Nebendrabta  vcfbanden. 

P.  isol.    Ab  B  Si;  wenige  gerade ,  starke  Strahlen. 

jP.  m.  Er  A%.B  20;  schöner  Ring.  . 

P,  isol.  ^  O,  m,  E,  ASBlb, 

P.9ä.'Ei'^  iO^^E,  ii^.l5;  tftmsoBtterBiDg. 


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245 


t)  tregatW«  Laduog  der  Batterie.   •  -  ■  ' 
a)  Spiise  mit  dem  oberen  Napf  de*  Nebcadreliu  mtknUäm* 

P.m.  E.    AI  B  104;  Kreis  besMubt;  Strahlen  verein- 
zelt, sperrig,  sehr  ungleich. 
P.  isol.    A  3;  Spuren  weniger  Strahlen. 
P,  m.  E.  ^  U.  m.  E,    .^6;  Spuren,  yop  ßtraU^ 
P.  isal.  —  U.m.E.  Nichts. 

b)  Spitze  mh  dem  unteren  Napf  des  Nebeddrahts  'irerbaadcn. 

P.m.K    A6i  B9i  Kreis  bestftabt;  SUttUeH  ^min- 
zeit,  sperrig,  sehr  ungleich.  , 

Von  den  vorstehenden  Figuren  gehören  offenbar  die 
unter  l  und  III,  eben  so  die  unter  II  und  IV  zu  ein- 
ander, da  die  ersteren  durch  die  freie  Elektricalüt  auf 
dem  Hauptdrahte  unmittelbar  erzeugt  fferden,  die  mdt-» 
reo  durch  die  Eiehtricitäl,  .welche  vpq  der  luif  dem  Ne^ 
bendrahte  gehimdeoen-  fkei-  wirdi  oder  vielmehr,  in  II 
und  IV  durch  die  eigenthümliche  Wirkung  des  inneren 
Stroms  auf  den  Hauptdraht.    Denn  nur  wenn  die  Lei- 
tung durch  die  Wasserröhren  erschwert  und  dadurch  die 
Kraft  des  inneren  Stroms  gebrochen  ist,  zeigt  der Haiipt^ 
draht  ond  Nebendraht  vorherrschend  diejenige  £lektrid- 
tXt,  mit  welcher  die  Batterie  geladen  wird;  wenn  dage- 
gen der  innere  Strom  Geltung  erlangt,  so  tritt  auch  die 
eulgegengeselzte  Elektricität  hervor,   wenngleich  in  so 
schwachem  Grade,  dafs  die  Strahlen  der  mit  negativer 
Ladung  dargestellten  Figuren  o'ur  vereinzelt  und  sperrig, 
d.  h.  büschelweise,  am  Rande  des  Kreises-  von  unglei- 
cher Länge  hervortreten.    Es  möchte  desMb  wohl  ein 
Gegenstand  der  Erwägung  seyn,  ob  nicht  die  erregende 
Wirkung  des  inneren  Stroms  auf  den  Hauptdraht  eine 
andere  ist,  als  die,  welche  von  dem  äufseren  Strom  aus- 
geht.   Die  Riehtang  des  Stroms  euf  dem  Haaptdrahte 
giebt  sich  offenbar  als  eine  vor-  and  rOckwSrtsgiAnide 
kund,  die  wahrscheinlich  nach  beiden  Seiten  uieht  mlf 
ganz  gleicher  Schnelligkeit  erfolgt,  denn  einmal  übt  der 


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m 

NebendnJit.49<>ll«Ueik>EMeB.^«lei«kfi.«Wirto  aus, 

dann  hat  er  aber  wieder  am  uDtereu  Bode  eioe  etwas 
geriogere  Kraft.  .  • 

y.    Der  Leitungsdraht  der  Batterie  schliefst  den  Haupt- 
draht ohne  die  WasseitÖhren  in  sich ;  die  Spitze 

iftHllt  ittit  dein  Nebieindi^ht  in  Verbindung. 

•  . '    . .     .    .  • 

,    1)  Pofitiye  Ladung  der  Batterie. 
•flioi»^S|ilritl«[iib  deoat'Cib«ie»>Napl  4ei  NelModrahto  vcrbupden« 

P.isoL  Nichts. 

jPUnf/£  »1^5*  Bili)  schöner  Ring  mit  kräftigen  Strahlen. 
Pi  isoL       U.m,E,    Ab  B6;  wenige  kurze,  dicke 
*' Strählen.      '  "■        '  • 

Pjm:  E.       U.  m.  E.  Nichts. 

P.ini'iöi  i'itf  5?-  bestlubtei'  Kreis*  mit  schwachem  Stricb 
huiüfcogen, ! woran  in  eiiAgen  Steilen  Spuren  "von  Strahlen. 

■  1  P^'  Q^M^rca  Napf  lies.  Nebeodrabu  vtrhuiideii. 

P.  is.ql,    A  G  B  11;  Bing  mit  kräftigen  Strahl.en. 
P.  m,E.    Ali)  B2i;  sehr  schöner  Ring. 
P..  isol.     ,0^u^.  JE,    Ai  ß^  't.  Strablea  km:z,  aber  ver- 

Piip^iß,.  'r^,.Q>pi,£i  ,  A6  ß  18;-  eti^iras  matte  Strahlen, 
jp^  iil^.a   4.ei,.J9  17;,, schöner,. kräftiger  Bing. 

' \  ^)  Negative  Ladnag  der  Batterie. 

I  vlit)  Sfpls^  m^^4^  ohertp  Napf  d«$  I^kbendnW«  v«fl»tiiidtfi. 
üiWU/ll.'^NiaiS.'. 

PlnK  -R'*  NicfaHt  oder  kleiner  bestinbCer  fleclu 

Pi  isoL  V^  m,  Ei  Ali  ^  11;.  Ring  mit  verästelten 
-^Strahleiic  i. .  i. 

Si  m,  E,  .fTt*  .£/.  m«  E.  •  A.l'-.  ßX^^\  iSlraUeu  uemlich 

P^mtü.  .A%.  B  ISiv  sdMner  Alug  aiitaiMreisben  wer- 
i'istskan.Stnehleii. .. 


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SI47 

P.  isoL    Ein  Paar  verworrene  Striche. 
P.  m.  E,       6;  am, Kreise  eioz^lqe  «perrigp,  lu^leiche 
Strahlen. 

P.  isoL      O,  m.  E,   Ab\  Spiireo  tod  Strahlen. 
P.m.  E.  ^  0.m.E.   ^6;  Krtis  besttubt,  dmnm  cinif;« 
•ebr  kltine  Stnüilen.  * 

P^  m,  O,    AZ\  Spuren  voo  Strahlen.     .  '        .  • 

•  VI.    Leitungsdraht  wie  No.  V,  mit  Einschlufs  der  Was- 

serröbreo;  die  Spitze  st^ht  mit,  deot  Net^ei^^rahte  ia 
Verbindttiig. 

1)  Positive  Ladung  der  Batterie. 

a)  Spitze  mit  dem  oberen  Napf  des  Nebeodraku  Terbunderi. 

P.m.  E.  ' kW 

frei;  Strahlen  dicht. 
P,mȟ.    A      B  1^;  wenige  kurze  Strahlen. 

'Bei  P.  isol.  —  U,  m.  E,  und  P.  m,  E,  —  U.  m.  E, 
sprln°;t  der  Funke  auf  delt^  tf^ti^Ddrabt^flSb^.^^i^^M^' 
die  Figuren  eigentlich  unter  Wo.  fV  fallen.  Man  b'elrommf: 
P,  isol.  —  U.  m.  E.    ^  8t      19;  sehr  schöner  Ring  mit 

starken  Strahlen. 
P.  m.  E.       U.  m.  E.    AI  B  \9;  ebenfalls  sehr  schö- 

*  ner  Ring. 

b)  Spijlse  nul  dem  unlKren  Napf  des  NehnafiiKahls  veibwiden.  j  ,.  ^ 

i'.  isoL        B  l&f#tarke  Sirablao« 

JP.  m.  £  udf  13^  i3  31 ;  iooeiser  HniB  giNr5bBl&cb:lii«bt. 

rund,  bestäubt  und  nur  in  der  Mitte  frei. 
P.  rn.  O.       67  ^  8;  wenige  kurze  Strahlen.  , 
P.  isol.  —  O.  m,  E.    AlO  B  19;  schöner  Ring»     ,  .  « 
P.  m.E.      0.m.jE.  AS  B  23;  deaflIiekhMi. 

Iq  den  bflideD  letzten  Ftikn  afffioc;!^^ 
Qbet.  • 


T  B  32\  Kreis  bestäubt.  Qur  in  der  Mitte 
I  r   .         Ii       1-  w  inißlA  n'JltH  1   floiTwIiiflr;  tu  si?/ 


248 


Spilse  mit  dem  oberen  Napf  des  Nebendrabu  Tcrbonden. 

P.  m.B.   Ali  Bl^  C 17;  deutliche  negaÜTe  Figor. 

P.isoi.         ßi  CQ;  uDdeullich. 

.  • 

.  :  Dm  ibrigcli  Fignreit  Ua$m  sieb  scholl  nach  diesen 
ADgabeD  aas  den  Ergebnissen  mit  posktrer  Ladung  ent- 
nehmen. —  Die  Torstehendei)  Tbatsachen  mrd  uiau  am 
leichtesten  auffassen,  wenn  man  von  No.  VI  ausgeht,  wo 
der  Hauptdraht  nur  durch  den  äufseren  Strom  wirkt,  und 
▼ön  einem  ▼dllkommen  gescbwttcbten  inneren  Strom  durch- 
flössen wird.  Jeher  Ulist  auf  dem  Nebendrafate  die  ihm 
gleiche  Eletoidtlt  aultreten»  und  da  sie  ans  beiden 
Enden  gletchmäfsig  heraustreibt,  so  mufs  mau  ihm  wie- 
derum eine  doppelte  Richtung  beilegen.  Ist  die  Platte 
isolirt,  so  sind  die  Wirkungen  schwächer,  als  wenn  man 
die  Verbindung  mit  dem  Erdboden  herstellt»  indem  jetzig 
wie  es  in  ahnlichen  Fällen  stattfindet,  die  Spitze  mit 
grOfserer  Leichtigkeit  ansstrOmt  Wo  die  beiden  Enden 
des  Nebendrahts  sich  auf  der  Platte  entgegenwirken,  ver- 
schwinden die  Erscheinungen,  wie  natürlich,  fast  gänz- 
lich. Bei  No,  V  haben  wir  auf  dem  Haupldrahte  einen 
kraftigen  inneren  Strom  mit  einer  festen  Richtung;  die- 
ser wirkt  auf  den  Nebendrabt  so  ein,  daCs  er  die  ihm. 
entgegengesetzte  Elektricitat  zwar  vorherrschend,  doch, 
wie  bei  No.  II  und  IV,  nicht  allein  aus  dem  oberen 
Ende,  die  ihm  gleiche  eben  so  aus  dem  unteren  heraus- 
treibt. Zu  gleicher  Zeit  kann  aber  auch  der  äufsere 
Strom  nicht  gpins  fehlen,  nnd  da  dieser  ans  beiden-  En* 
den  die«  üm  gleiche  Ekktridtat  beraosfährt,  so  giebt  der 
obere  Napf  bei  positiver  Ladung  der  Batterie  positive 
und  negative  Elektricität  zugleich,  der  untere  dagegen 
vorherrschend  positive;  eben  so  bei  negativer  Ladung 
der  obere  Dsgatffe  und  positive  Elektricitat  zngleieh,  der 
onlepe  mbetrMaheod  nur  negative,  der  aber,  wie  die 
Figuren  zeigen,  immer  noch  gerade  so  viele  positive  bei- 


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gemischt  ist,  dafe  Sparen  von  Strahlen  auftreten,  die,  wie 
in  No.  II  und  IV,  die  negative  Figor  nicht  za  ihrer  Vollen* 

dung  kommen  lassen.  Mit  diesen  Daten  ^ird  man  sich 
leicht  durch  die  Beobachtungen  hindurchiinden.  Dafs 
übrigens  bei  einer  Figur,  die  selbst  kräftige  Strahlen  zeigt, 
die  ausströmende  Spitze  mehr  negative  als  positive  Eiek- 
tricitSt  bergeben  kann,  lehrte  eine  Beobachtung  mit  der 
GonIomb*8chen  Drehwagc,  der  die  Spitze  bei  negativer 
Ladung  der  Batterie  gegenüberstand,  während  das  untere 
Ende  des  Nebendrahts  mit  dem  Erdboden  in  leitender 
Verbindung  war;  dieser.  Fall  entspricht  unter  No.  V  dec 
Figur  %  B)  UoL  ^  ü.m.  wo  die  Drehwage  mit 
negativer  Elektijcität  geladen  wurde. 

Fassen  wir  die  Resultate  aus  den  vorstehenden  Beob- 
achtungen zusammen,  so  ergiebt  sich  erstens,  dafs  auch 
bei  parallel  gespannten  Drähten  die  Quantität  der  ge- 
bundenen Elektricität  von  derselben  Formel  abbüngt,  wie 
bei  zwei  Kugeln,  und  zweitens,  daüs  man  den  inneren 
Strom  der  Batterie  nicht  unmittelbar  als  freie  Elektrici- 
tät  ansehen  und  daraus  seine  Wirkung  erklären  dürfe. 
Wenn  derselbe  indefs  einen  inneren  Nebenstrom  erzeugt, 
dessen  Stärke  bei  wechselnden  Abständen  der  Drähte  un- 
ter demselben  Gesetze  steht,  wie  der  IMiiaere  JKebenstrom, 
der  von  freier  Elektricitftt  hervorgemfen  wird,  so  steht 
wohl  zu  erwarten,  dafs  wir,  wenn  uns  die  Entstehung^ 
weise  der  gebundenen  Elektricität  bekannt  seyn  wird, 
auch  die  Entstehungsweise  des  inneren  oder  eigentlichen 
elektrischen  Nebenstroms  nach  denselben  Principien  wer- 
den erklären  können. 

Menningen,  im  Jiili  1845. 


250 

«icid         .  j,    c^'  tv^    tt  T\^   5ii>  u')i(ib  Jod. 

.  .   mente  auf  nie.  Siednitze"  '1;       .  , 

Dritte  AbhandfuDg. 

,    •  •  • 

.  In  der  in  der  Uebersehrift  genannten  Abfaandlang  fio- 

den  sich  S.  402  folgende  mich  beircffende  Stellen: 

»Vor  Kurzem  ist  Bogen  1  bis  18  von  Löwig  s 
Chemie  der  organischen  Verbindungen  erschienen;  der- 
sdbe  theilt,  nachdem  ihm  meine  Schrift  bekannt  wurde» 
HaehtriigHcb  noch  einige  Andchtfen  fiber  die  Siedhitse  der 
Verbindungen  mit.«  »toNamm  xa  ieigen sagt  derselbe 
sonderbarerweise  in  seiner  Vori  ede,  »»»dafs  sich  auch  ohne 
die  Sehr  öd  er'schen  Componenten  die  Siedhitze  der 
organischen  Verbindungen  bestimmen  lasse,  habe  ich  die 
§.  140  mitgetheilten  Berechnungen  angestellt.*«* 
•  •  »Ldwig  hat  in  dem  Bogen,  in  weichein  er  eigent* 
lieh  von  den  Siedpunkten  spricht,  §.55,  Si  69  bis  90 
seiner  Schrift,  welche  nach  einer  Angabe  desselben  in 
der  Vorrede  bereits  gedruckt  waren,  ehe  ihm  meine 
Schrift  ^)  zn  Gesicht  gekommen  ist,  nichts  gesägt  von  dem 
'  Emflufs  der  Elemente  anf  die  Siedhitse;  aachher  erst 
Ittid  er  sieh  Tcranlafst  in  §§.  138  bis  144  eine  Ergänzung 
zvL  dem  in  §.  55  Mitgetheilten  nach  dem  in  der  Vorrede 
angegebenen  sonderbaren  Grunde  zu  geben.  Hier  spricht 
er  von  dem  Eintluis  der  Elemente  auf  die  Siedhitzc. 

Hr.  Schröder  legt  besonderen  Nachdruck  darauf, 
deCs  ich  erst,  nachdem  mir  seine  Schrift  zugekommen, 

1)  S.  Atomleo,  Bd.  64,  S.  367. 

2)  Die  Siedhitze   der  chemiscben  Verbiodungeo  etc.     MannliciiD  bei 
BasserinaDD,  1844. 


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231 

T0tt.4eA  £iiiiwle'  der  Elameifte  aiif  die  Siedinlze  sprof 

ehe,  ond  giebt  sehr  deutlich  zu  TentebeD,  dafs  ich  vor« 
her  von  einem  solchen  Einflufs  keine  Ahnung  gehabt; 
erst  durch  dieselbe  «ey  ich  der  Sache  auf  die  Spur  ^ 
hmamtUt  und  habe  nun  die  angeführtea  BeredumDgett 
▼orgenommen. 

'  Nun  sage         62  meieer  organischen  Chemie: 
»Die  Flüchtigkeit  und  Nichtfliiehiigkeil  einer  organischea 
Verbindung  wird  bedingt:  •  ..• 

1)  </(<rcÄ       Elementarzuseunmensetzung , 
'  2)  .durch  die  Anzahl  und  Verdichtung  der  eiiifachea^ 
Afome,  mkhe  in  äenekemüeken^  F^indung  »or^ 
kpmmm^  ünd- 
^)  dfo^oh  die  Ordnung ,       fPfikher^  die  Verbindung 
gehört. 

Bei  den«  meialeu  organischen  VerbinduogßO;  fehlen  ge« 
Baue:  Abgaben  über  den  Siedpunkt;  eben  so:  sind  die 
richtigen  Ateoigewlchtie,  ,die  Verbindinigs-  und  Verdiißh- 
tangRverbaltnisse  der  Besfandcheile  im  gasförmigen  2a« 

Stande  vieler  organischer  Verbiiukuii^en  noch  gänzlich  un- 
bekannt. Da  aber  diese  Verhältnisse  auf  die  Flüchtig- 
keit der  organi&chjeu  Verbindungen  den  wesentlichsten 
Einflufs.  ausüben.,  SO  läfst  sich,  so  lange,  dieselben  niebi 
auf  dbs.  SfibArbtQ  bestimmt  sind»  etwas  Allgemeines  über 
den  Antheil,  den  die  näheren  und  entfernteren  Bestand-« 
theile  auf  die  Flüchtigkeit  einer  organischen  Verbindung 
haben,  nur  annäherungsweise  augeben.  Jedoch  liegen 
Beobachtungen  vor,  welche  auf  Gesem^isigkeit  in  .ge- 
nannter Beziehung  scbliofoeo  lassen«.  . 

.  Femer     §,,W:  •  . 
»Die  FiiichtigKeit  einer  organischen  Verbrndung  wird 

hauptsächlich  durch  den  Wasserstoff  bedingt  

Auch  der  Stickstoff  trägt  bis  zu  einem  gewissen  Grade 

zur  Flüchtigkeit  bei   Wie  der  Wasserstoff  die 

Flttohtiglueit  erhobt,  TerminderC  der  £b^ifts/ci/Sr  dieselbe. 
Je  mahn  dto  Kobtenatofibtome  in  .einer  VeAindnng»  .so* 


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262 

wohi  iu  absolutem  als  relativem  Verhältnifs,  zuDehmen, 
desto  vollständiger  geheu  dieselben  iu  den  nicht  flüchti- 
gen Zustand  über.  Auch  der  Sauerstoff  vmundtri  bis 
auf  eilien  gewwsen  Grad  (ohne  Zw&M  wagen  der  Oni- 
densatioB,  welche  bei  seiner  Verbindung  etattfindet,  §.  140) 
die  Flüchtigkeit  der  orgauischen  Verbiudungen.« 

Es  folgen  nun  die  Beobachtungen  von  Kopp, 
Schiel,  Ri  eck  her.  In  den  Paragraphen  58  bis  62 
spreche  ich  von  dem  fiinflufs,  den  die  näheren  Bestand- 
theile  auf  den  l^dpnnkt  einer  Yerbindnng  höherer  Ord- 
nang  ausüben,  und  dennoch  behauptet  Hr.  Schräder, 
iu  all  den  citirten  Paragraphen  stehe  nichts  von  einem 
solchen  Einflüsse.  Nun  habe  ich  keine  bestimmten  Wer- 
th« angegeben,  weil  die  zahlreichen  Berechnungen,  wel- 
che ich  ▼orgenommen,  mich  noch  zu  keinen  bestimmten 
Resultaten  geföhrt  hatten,  und  auch  später  würde  ich 
'  die  Berechnungen  nicht  mitget heilt  haben,  wenn  es  nicht 
Pflicht  gewesen  veäre,  sich  gegen  die  gränzenlosen  Will- 
kührlichkeiten  des  Hrn.  Schröder  auszusprechen.  Hierin 
liegt  die  einfache  Lösung  »des  sonderbaren  Grundes *u 
In  einer  Note,  S.  183,  meiner  organischen  Chemie  sage 
ich:  »Die  mitgetheilten  ZahlenverhSltnisee  bedürfen  noch 

der  sorgfältigsten  und  umsichtigsten  Prüfung  

Die  Veranlassung  zu  ihrer  Mittheilung  gab  eine  Abhand- 
lung von  Schröder,  in  welcher  derselbe  zu  beweisen 
sucht,  dafs  alle  organische  Verbindungen  ans  7  Gompo- 
nenten  bestehen  sollen  etc.«^  was  ich  gleich  fOr  unrichtig 
erkannte.  WilK  Hr.  Schröder  im  2.  Bande  der  ersten 
Auflage  meine  organische  Chemie  nachsehen,  so  wird  er 
daselbst  ein  Kapitel  mit  der  Ueberschrift  finden:  »Wird 
die  Flüchtigkeit  einer  organischen  Verbindung  von  ihrer 
Zusammensetzung  bedingt,  und  welchen  Antheil  haben 
die  einzelnen  Bestandtheile  an  der  FlOchtigkeit  und  Nicht- 
flftchfigkeh  der  Verbindungen?«  und  er  wh^  sich  Ober- 
zeugen,  dafs  sich  dieses  Kapitel  in  den  §§.  54  und  55 
in  der  zweiten  Auflage  abgedruckt  findet,  und  S.  575 


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253 

heifst  es:  »Es  läfst  sich  daher  als  Regel  angeben,  dafs 
bei  organischcD  Verbindungen,  welche  auf  derselben  Stufe 
der  Zusammensetzung  stehen,  die  VerbiaduDgen  um  so 
flüchtiger  sind,  je  einfoober  ihre  EiementarzusamoMiiteliiiiig 
kf^  |e  nmhr  WMsttsioff  nnd  je  mmgmr  SauersU^f  imhI 
KMMBtoff  ^les^heik  eodiBlteii«. 

Da  Hr.  Schröder,  wie  aus  seinen  früheren  Schrif- 
ten bekannt  ist,  viel  auf  Priorität  hält,  so  mufs  ich,  um 
nicht  wieder  iu  eiuea  ähnlichen  Verdacht  bei  Hrn.  Schrö- 
der zu  kommen,  noch  eine  Bemerkung  machen*.  >  Im  3t» 
Hefilo  dee  Inofcmdcn  Mrgangs  dieeer  Aaneften  befindet 
sich  die  oben  dftirte  Abbeodlong  desselben;  fiber  den 
Eioflufs  der  Elemente  auf  die  Siedhitze,  und  im  4.  Hefte 
komme  ich  ebenfalls  auf  denselben  zu  sprechen.  Meine 
Abhandlung  ist  vom  1.  Januar  datirt,  und  ich  habe  sie 
in  der  ersten.  Woche  des  Januars  an  Poggendorff 
abgesandt  Die  Abhandlung  des  Hm.  Schröder  bringt 
das  Datum  vom  1%  Januar.  Obgleich  nun  Hm.  Schrö- 
der's  Abhandlung  früher  erschien,  als  die  meinige,  so 
ivar  die  letztere  jedenfalls  doch  eher  in  den  Händen  der 
Redaction,  als  die  des  Hrn.  Schröder. 

Der  Zweck  der  folgenden  Blätter  ist:  zu  beweisen, 
da/s  auf  der  pon  Bm,  Sehr  öder  eingeschlagenen  Bahn 
kein  Ziel  in  Beziehung  auf  die  Siedpunkte  der  organi' 
sehen  Verbindungen  zu  erreichen,  dafs  überhaupt  seine 
ganze  UiUersuchungsweise  in  jeder  Beziehung  willkülir» 
lieh  und  unwissenschaftlich  ist.  Ich  werde  jedoch  Hrn* 
Schröder  Tor  der  Hand  nnberlicksicbtfgt  lassen,  und 
erst  am  Ende  der  Abhandlung  wieder  auf  deneelben  zo- 
iflekkommen. 

Die  organischen  Verbindungen  zerfallen,  in  Bezie- 
hung auf  die  relative  und  absolute  Anzahl  der  Kohlen- 
imd  Wassenieffiitome,  ja  zwei  grofse  iUasaea»  In  die 
mte  gdböMO  di4  Verbindnogem  mlebe  ^weder  gleicli 
viel  Atome  Kehlenetoff  and  Wasserslofl  enihidten,  odjSt 
in  denen,  das  eine  dieser  Elemente  um  1  At  überwiegjt, 


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I 


954 

lu  den  Verbindungen  der  zweiten  Klasse  pradominiren 
die  Kohlenstoffatome  über  die  des  Wasserstoffs. 

Die  Verbindungen  der  ersten  Klasse,  weiche  ieb  im 
Folgenden  etncr^  leifemi  Bedrachtang  ufttarwerfen  woi>d^ 
iMTfallen  In-  vier  Gruppen.  -Die  Glieder  )eder\Grvppe 
lassen  sich  auf  Gnindverbindungen  oder  GiUndradieale 
zurückführen,  und  geht  man  von  diesen  Grundverbin- 
düngen  aus,  so  erhalt  man  eine  l\eihe,  in  der  jedes  foU 
gende  Glied  sich  von  dem  Torbergeheuden  «m  H, 
ttnterscheidet.  .  Das  VerfaifttnifS'  der  KobleO'*'.  and  Wa^* 
tevstAffatome  iat  daher  in  den  .^c^bindaDg^n,  wididi^  m 
eiii'  und*  dereelben-Gruppe  gehören,  nur  rekUi^  Teivclüe- 
deu,  absolut  aber  immer  das  (lieiche.  Die  Grundradi* 
eale  dieser  vier>  Gruppen  sind:         '  ->  .  ' 

1.  Gruppe.  '  2.  Gruppe.   31  Gruppe.  4.  Gm^pch 

Durch  Hinzutretet)  von  Cg  H,  zu  jeder  Grundver- 
bindnng  bildet  sich  stets  ein  neues  Radical»  welches  aber 
in  seinen  cheu^isphen  Verhältnissen  mit  dem  Grnndrädi- 

cal  übereinkommt.  Nur  die  physikalischen  XTerhältnisse, 
Atomvolunie,  Siedpunkt  verändern  sich,  jedoch  in  sehr 
einfachen.  Proportionen.  Die  aufsteigenden  Glieder  die- 
ser Gruppen  sind  daher:  _ 


Glied. 

Gruppe. 

Q.-  Gruppe. 

3.  Gruppe. 

4*  Gruppe. 

-  l. 

C,  H 

,  C  H 

2. 

C4  H3  * 

'      Cg  H3 

Ce  He  • 

.Gft  •  Hj.  . ' 

Cii  H|' 

•  Ca  H9 

» >C  j.'  Hg 

5. 

CioHii 

HiQ 

C9  H9 .. 

16 

CaaHja 

^3  2  1^3  5  . 

^8»  ^3  l 

.C3 1 H3 1 

'  Kennt  man  dAher  die  Gruppe,  m*  Wekher  eine  Ver- 
bindung ^ehön,  s^  kommt  man  Imf' die'Wieeentfichslen 

chemischen  Eigenschaften  derselben,  und  weifs  man,  dafs 
z.  B.  die  Verbindung  das  vierte  Glied  der  Reihe  ist,  so 


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.  BS» 

kennt  mvii  MMk  sisme  Atomzusammensetzatig.'  »Bis  jetzt 
sind  zwar  künstliche  Glieder,  welche  zu  einer  Gruppe 
gehören,  noch  nicht  bekaant;  die  entsprechenden  Glie- 
der jeder  Gruppe  könaenr  aber  in  mauder  Qbergeheti* 
So  entstehen  duidi  Verlust  von  H^-aos  der  ersten' Gruppe 
die*  entspreehendeli  Verbhidangen  der  dritten  Gruppe, 
und  aus  der  dritten  Gruppe  bilden  sich  durch  Verlust 
von  C  die  entsprechenden  Glieder  der  vierten  Gruppe. 
So  entspricht  *  .* 

dem  Methji  H3     der  Formji     C%  H  . 

-  jAelbyl    €4        •       Aedtyl  H,  • 
.    Ainyl      C.oH,,      -   Valterji*  C.,H, 

-  *  Celhjrl     Csa  Haa    die  Verbind.    Cg  ^H  ,,  in 

der  Aelhalsäure. 

Fetners  • 
\  de^.  Acetyl  •    €4  Ha    die  VerBindong      H^'^  '^i 

'  "  Die  Glieder  der  dritten  Reihe  sind  fast  vollständig 
bekannt,  und  die  Annahme,  dafs  jede  Verbindung  der 
dritten  Reibe  eine  entsprechende  in  der  ersten  und  zwei-^ 
ten  Gruppe  habe,  gehört  gewifs  nicht  in  das  Reich  der 
reinen  Hvpotheäe.     '  *    -  ' 

Die  bekannten  Gjieder  der  ersten  Gruppe  geben  mit 
1  At.  Sauerstoff  Verbindungen,  welche  sich  wie  Basen 
verhalten,  indem  sie  mit  Wasser  und  der  Säure  salzar- 
tige Verbindungen  bilden.  Diese  Verbindungen  sind  von 
allen  dr^kiischiil  Velbindojügen  die  i^asserstoffreichsten, 
Wodorch'-ohne'Zweiferihire  vorhtorsbtiend  basisehien' Cha- 
raktere bedingt  werden.  Auch  die  Glieder  der  vierten 
Gruppe  verbinden  sich  mit  l  At.  Sauerstoff;  diese  Oxjde 
sind  aber  indifferent,  wenigstens  vereinigen  sie  sich  nicht 
mit  Wassel"  und  den  Stttiren.  Die  Glieder  der  dritten 
Gruppe  shid  die'  :eigentlieb  elektronegatlven  Radicale; 
sie  verblndei^  sieb  last  adle  mit  3  At.  Sanerstoff,'  und  ge- 
ben eine  zahlreiche  Klasse  von  organischen  Säuren;  da- 


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256 

^gen  verhalten  sieb  die  Glieder  der  zweitatt*  Gruppe 

mehr  wie  das  wasserfreie  Ainmoniak,  und  gebeu  z.  B. 
mit  der  Schwefelsäure  gepaarte  Säureu  ersUr  Orduun^ 
Biß  SauerBtoffverAwidiiDgea  dieser-  Gruppen  sind  daher: 

GIM.    1.  Grappe.         ^Gruppe;  A.Cmfi§n. 

1.  C,  H,  ,0   C,  H    ,03    €        ,0  Fonmlen? 

2.  C,  H,  ,0        Ha  ,03    C3  H,  ,0  Aceton 

3.  C,  H,  ,0    Ce  H,  ,03    C,  H,  ,0 

4.  C,        ,0    Ca  H,  ,03    C,  H,  ,0  Butyron 

5.  C,oH,i,0  Cj^il,  ,0,   C,  H,  ,0  Vaieroo 

6.  C|9H|a,0  Gi^HiifOj    C,  |H, ,  ,0  GaproDopn 

7.  C,4H,5,0   C,4H,3,03  CaH.a.OOanantlion? 

8.  C.,H,,,0    C,eH,,,03    C,.H,,,0  Caprj^loü 

u.  s.  w. 

Diese  Verbindungen  der  ersten  und  dritten  Gruppe 
besitMu  nun  die  Eigenschaft,  sich  ait  1  At  Wasser  zu 
Hydraten  zu  Terbinden;  in  de«i  Verhähaifs  als  die  Glie- 
der aufsteige  II ,  werden  die  Hydrate  in  Wasser  unlösli- 
cher, zuletzt  gar  nicht  mehr  löslich,  lösen  sich  aber  dann 
in  Weingeist  und  Aether*  Die  Hydrate  dieser  Verbin- 
dungen sind: 

GEe&  1.  Gnippe,  8L,Gmppe. 

1.  Cs  H«  O  9  HO=Cb  H«  Os       Ct  H  O«  >  HpssCa  O4 

2.  C«  0,  O  »  HO^C«  H«  O4       C4  H3O3  ,  n6=G«  O4 

3.  Ce  H7  O  ,  HO=C«  Hg  O,  H5O3  ,  H0=C6  H«  O« 

4.  C«  H7  O  ,  HOssCs  HjoOa  H7O3  ,  HO  =  C%  n,  0» 
CmH|,0  9  HO«Cj»H»0,       Ci^H^Os  ,  HO»CwHaGi 

u.  s.  w. 

,Da  jiich  nun  die  Oxyde  der  ersten  Grnppe  mit  der 
Saure  der  dritten  Gruppe  verbindet^,  so  folgt,  dals  wenn 
das  erste  Glied  der  ersten  Gruppe  sich  mit  dem  zwei- 
ten Gliede  der  dritten  Gruppe  verbindet,  in  beiden  Ver- 
bindungen die  Zahl  der  Atome  gleich  seyn  mufs,  uud 
dafs  diese  Verbindungen  isomer  seyn  müssen  mit  dem 
Hydrat  des  dritten  Gliedes  der  Gruppe  8.  Das  Gleiche 
mufs  stattfinden,  wenn  äch  das  erste  Gliad  der  ersten 
Gmppe  mit  dem  dritten  Glied  der  zweiten  Gruppe,  uud 

das 


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Ca  H3  O 
C4  Hj  O 
C«  B,  O 

Ca  H,  O 
C4H,  O 


257 

das  zweite  Glied  der  ersten  Gruppe  sieh  mit  dem  zw«», 
ten  Glied  der  zweiten  Gruppe  vereim^^;  die  darMisher- 
Torgehenden  Verbindungen  sind  isomer  mit  d«m  Hydrat 
des  Tiertea  Gliedes  der  dritten  Gruppe  q.  s.  w.  So 
entsteheo  eine  grofte  Anzahl  isomerer  Verbindungen: 

C4  H3  03= Cß  He  0i=e88ig8nure»  MefbyUayA 
Ca  H  03=C6  Hg  0i=&mei8eDsmires  AethyUtMy^H 

C«  H,  03= Cg  Hg  O4  • 
C4  Ha  OsaCg  H«  04e^ei8lgsaiire8  Aethyloxjd 
HO      •  «aC,  Hb  04«llatteniftiirebjdnit. 

Cj  H3  o  ,  Ca  H7  03=C,oHjo04=batterBaarei  Metäyioxyd 

C4  H5  O   ,  Ce  H,  0,=  C,„H,o04 
CitH»  O,  ^  HO  BBOMHiiO«! 

Ca  H3  O 
C4  Hj  0 
CiaHii  Os 

Ca  H3  O 
C4  Hs  O 
CuHiaO 

Ca  Ha  0 
C4  H,  O 

Ferner  ist 

Ca  H3  0 
C4  H,  O 

C»H,  O 
C«  Hf.  0 

CioHi  1 0 
CttHjpOa 

C|«H„0 
CiiHiiO» 

C|oH|i  O 
CuHjaOj 


CjoHg  O3  =C,2H,3  04  =  baIdriansaiire8  Meibyloxyd 
Cg  H7  03=Ci2H,2  04  =  buttersaures  Aethj'Ioxyd 
HO'  •  BCiaHja04s=CaprooBäiirebydrat. 

C,aH,i 03  =  C,4H,4  04=Capron8Miref  MeUiylox;^«! 
C10H9  Oa^Cj4H,4  04=baldrian8Biires  Aetf^o^^ 
HO  n>C,4ai4O4a06iMaibjlfliiinhjeni«k 

CuH,3  03=C,6H,6  04  =  oenaothjlsaures  Meth^^Ioxyd 
C,a  Hii  OaSsCio  H16  04=caproDsaure9  Aetbj^Iozjrd 
HO     •  «BC^0HjfiO4»CaprylBäurebjrdrat* 

IL  8.  W. 

Ca  H  03  =  C4  H4  04=ameifieosaures  Metjijlo^d 
HO       =€4  H4  04=K«ai^aÄureb^drat. 

C«  H»  Ol  »Ob  H»  0«vfMi|giswres  AeClylo^yd 
HO       eCt  Ha  OAOiBattffaftDreliy^at.. 

C10H9  03~CaoH2o04cbaIdriansanre8  Amyloiyd 
HO  »CaoHa»0«aCapria«fture<^ydnU. 

Ct  H  Oa=CiaHia04=sanei86Dmires  Anyloxjd 
HO       n  Ci,  Hia  04:^  CaproiHSord^dml« 

C4  H3  03= C, 4 H,4  04= essigsaures  Amyloxyd 
HO  »Cj4Hi«04=Oeiuuithjr]Bfliirelordnit. 


U.  fl.  w. 


VuSgwdorlTs  M  LXVI. 


.17 


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258 

essigsaures  Amjloxjd  C^^H^^O^ 
baldriansaures  Acthyloxyd    C ,  4  H ,  4 
•  caproDsaures  Methyloxyd     C ,  4  tt ,  4  O4  ; 
Oenttitbylstafebyclrat         C,4Hi4  04 
und  diese  YerbiiiduQgen  entoprecbeo  alle  4  Maais  Gas. 

.  Ich  habe  qud  in  meiner  ersten  Abhandlung  (Annal. 
Bd.  64,  S.  214)  gezeigt,  dafs  bei  der  Verbindung  des 
Sauerstoffs  mit  den  Radicalen  der  ersten  Gruppe  eine 
CondeiMiatioa  stattfindet,  welche  dem  Volumen  des  Sauer- 
stoffs entspricht.  Aas  den  Gliedern  der  ersten  Gruppe 
bilden  sich  die  entsprechenden  dritten,  indem  2  At. 
Wasserstoff  austreten ;  die  zurückgebliebenen  Atome  Ter« 
ändern  aber  ihre  Ausdehnung  nicht;  das  condensirte  Sauer- 
stoffatom bleibt  verdichtet.  Aus  C^Ur  O  wird  C4H3O. 
Oxjdirt  jkh  aber  die  Verbindung  C4ilaO  zu  C4HaO 
H-O«,  so  «Dtopricbt  Jedes  hinzugelrene  Sanerstoifatom 

1  JR.  E.  Deshalb  ist  das  Volum  von  C4H5O  gleich 
dem  von  C^H^O,;  und  einige  neuere  Beobachtungen 
inachen  es  mir  wahrscheinlich,  dafs  in  den  Verbindun- 
gen, in  welchen  das  Atomvolum  des  Wasserstoffs  =2 
B.E*  ist,  auch  das  Sauerstoffatom  beim  Eintreten  2  B.£. 
entspricht;  dafs  also  Oberhaupt  die  Oxyde  der  ersten 
Gruppe  und  die  entsprechenden  SSuren  der  dritten  glei- 
ches Alomvolum  haben.  Aus  der  Säure  der  dritten  Gruppe 
bilden  sich  die  Oxvde  der  vierten,  indem  1  At.  C  und 

2  At.  O  austreten.  Die  2  At.  O,  welche  austreten,  sind 
die  nicht  TercKchteten;  da»  voUkommen  verdichtete  Sauer- 
stoffalom  bleibt  auch  in  dem  neugebildeten  Oxyde. 

In  meiner  «weiten  Abhandlung  (1.  c.  S.  190)  habe 
ich  für  die  Siedpunkte  folgende  Relationen  gegeben: 

Erhöhung  für: 
1  At.  Kohlenstoff  =:38^4 

1  -  Sauerstoff    =28  , Obel  vollkommener  Verdiclitung; 

Erqiedrigung  för; 
1  At.  Wasserstoff  =29^,2 

1  -  Sauerstoff    =:  8  ,4  auf  1  oder  2  J^.E.  verdichtet; 


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29» 

danach: 

Eriiöhuog  für  C,  H,  ==  18^4 
ErniedrigoDg  für  C  H,=:20  ,0 

-    -       -    C  0,s=;3l  ,4  Ossi  ader  2 
ErbOhuDg      -    C  0,=:94  ,4  OzszQ  R.E« 

Unterdessen  hat  Febling  die  Siedpunkte  des  Hydrats 
der  Capronsäure  und  der  Caprylsäure  bestimmt.  Diese 
iSiedpunkte  berecbaen  sich  nach  ji^eioen  Fonoelo  für: 

gtlbiid6iiü 

CapronsäMTS 

C.,H,.03  ,  HO=(llCH+C+afHOM>, 

sr(101,2+38+28+42,S)-ia,8=194" ,  202» 

Caprylsäure  )t;^„o:    'mIv  u^^^ 

G.i^Hufti  «,tiO=(»5CH+C+0+HO>-0, 

Mme  aufgesteU|ffip.,W#i|)ii#;«fQNrr^  kaivi- 
men  daher  ganz  mit  «der  Erfahrung  übjerein,  sie  geben 
sicher  die  richtigen  Siedpunkte  an,  wonach  die  gefun- 
deiieu  corrigirt  werden  können.  .£&  gjcht  aus  denselben 
hervor,  dafs  bei  dem  Uebergange  von  C^H^O  und 
C^H^O«  sich  der  Siedf^unkt  iin  2.29— >2,M=41''^ 
erhöbea  rnttfa,  Qberbaopt  dafs  für  H,,  welche  anstreten» 
und  O2,  welche  eintreten,  sich  der  Siedpunkt  constant 
um  41^,2  erhöhen  mufs,  vorausgesetzt,  dafs  beim  Ein- 
tritt des  Sauerstoffs  keine  vollständige  Condensation  statt- 
finde. Eben  so  mufe,  sich  ,bei  der  Umwandltiiig  von 
C4H,  0,  in  CaHs  O  der  Siedpuokt  um  3^4— 16,8 
s=2P,6  ^emiindern,  weil  nur  die  nicht  verdichteten 
Sauerstoffatome  austreten.  Aus  demselben  Grunde  mufs 
der  Siedpunkt  des  Butyrons  bei  92^,4  liegen,  obschon 
derselbe  von  Chevreulzu  14ü°  angegeben  wird.  Mein 
früherer  Asistent,  Hr.  Kran^,  hat  schon  Tor  acht  Jak- 
ren  das  Butxton  dargestellt,  nnÜ 'dasselbe  konnte  aof 
dem  Wasserbade  überdastilUrt  wardan.  Wii^  ^revsohie- 
den  bisweilen  die  Angaben  Über  den  Siedpunkt  ein  und 
derselben.  Verbindung  sind,  ist  bioreichend  bekannt;  so 
:        '  -17*  ■  • 


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260 

kocht  nach  Lerch  das  capronsaare  Aethjloxyd  bei  IM** 

und  nach  Fehling  bei  161".  Die  letztere  Eestimmang 
ist  jedenfalls  die  ricliligere. 

Verbinden  sich  die  Oxjdc  der  ersten  Gruppe  and 
die  Säure  der  dritten  mit  dem  Wasser  zu  Hydraten,  so 
erhlSht*  sich  fQir  l  Af.  Wasser  der  Sledpunkt  constant  um 
42^fiy  und  eben  so  yermindert  sich  der  Siedpnnkt  der 
Säure  durch  die  Verbindung  mit  dem  Metbyloxjd  um 
20  bis  21".  Treten  aber,  statt  Mclhyloxyd  (C^HgO)» 
die  folgenden  Glieder  ein,  so  findet  wieder  eine  Zu- 
nahme Ton  2.9,2=  18<>,4  statt. 

Dafs  in  den*  oben' angefahrten  isomeren  Verbindan- 
gen  die  constituirenden  Bestandtheile  als  solche  enthal- 
ten sind,  geht  aus  ihren  Zcrsctzungsproducten  hervor. 
So  giebt  essigsaures  Methyloxyd  =C«H0O4,  mit  einer 
weifigeistigen  Kalibydrat-Lösung  zasammengebracht,  essig- 
saures Kali  und  Holzgeist,  und  bei  gleicher  Behandlung 
"ifffd  elti  ameisentfaures  Aethyloxyd  CeHgO«  stets  Amei* 
'iitts8tire  und  Weingeist  enthalten.  Essigsaures  Aelhyl- 
'ö^vd  liefert  durch  Behandhins;' mit  Kali  nie  buttersaures 
Kali.    !Nimmt  man  daher  bei  der  Bestimmung  der  Sied- 

  • 

•funkte  auf  nichts  weiter  Rficksicht  ab  auf  die  £lemeii- 
tiineasdmmens^töüng  und  4  Maafe  Gas,  so  kann  unmög- 
lich eine  Gesetzmäfsigkeit  erkannt  werden. 

Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dafs  die  isomeren  Ver- 
bindungen meistens  gleiches  Atomvolum  haben,  z.  B.: 

«      .  *         •  »  • 

Buttersaiires  Aethyloxyd      s=50    +29=:  ^9  E.E. 

Baldriansaurcs  Methyloxyd  =62  +18=  80  -  - 
Caprousäurehydrat  s:74    +  5=  79  -  - 

(  Capronsaures  AethjloKjd  »74  •  •§-29=103  -  - 
.  I  Oenanthylsavres  Alethyloxyd  s86  -f  18s:  104  -  » 
.    f  Capryls»nrehydrat  =98    -f'  5=103  -  - 

SAuieisensaures  Methyloxyd  =16(?)+18=  34  -  - 
.Essigsfiurehydrat'  3b29-  .  -h  5a:  34  - 

*    I  JSssi^saures  Aethyloxyd    *  4-29=  58*  -  - 

(  ButlersAurehydrat  =50    4-  5=  55  -  - 


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m 

*  ^^V-Baldriansaures  Aethyloxyd  =62  +  29  =  91  -.  -^,  f, 
:  J  Capronsaures  Melhjloxyd  .  =74  +  18  =  92,  -  ,^...\^ 
g.J  Oenanlbykäurehydrat  =86+  ösJH  ^  ,r„.it2 
bnn  Wenn  man  aber.dea  Satz  anfsl^U^n  tfpUtf:  iaqmßffii 
Veibindangen  haben  immer  gleiches  AtomToIanif  sp  wäre 
er  in  der  Allgeraeinheit  unrichtig,  weil  die  verschiedene 
Ausdehnung  der  Kohlen-  und  Wasserstoflatoiue  sehr  be- 
deutende Modilicationen  bedingen,  wie  dicfs  auch  zwi^ 
sehen  essigsaurem  Aetjkjrlca^d  UQd<JKiUter64ur^||ydr^(,dei^ 
»St.  j   ,  .  .* 

^v.  die  Siedlp^ie  Jtkr  isomeren  oder 

nelmeir  der  metameren  Verbindungen  verschieden, 
um  so  mehr,  Je  mehr  sich  die  einzelnen  Glieder  in  deri 
seihen  von  einander  entfernen,  . ' 

■W/TT,.,.  ^  ,        ••  -1  .-.j 

ÄanieSsemaores  Aethjloxjd  siG^      O4.8iedetb6l.-54«>  . 
EssigBBorea  .lVIethjIoxjd    ffeC«' fl;.  58  : 

Ameisensaures  Melhyloxjd=C4        O4  -      -  '  38  • 

Esaig^äurehjdrat  =X^4  H4  04  *  -  120  ^ 

Essigiiaares  Aethjrlifxjrd  ^  sC,       O4  .  74 

BottenSurehydrat  >  =0«  Hg  O4  .  .  .  162 

Ameiseosaures  Amjloxjd  =C|,H|204  -  .  106  (?) 

Capronsäurehjdrat        '  ^i^^t^O^  .  .  208^  '> 

Buttersaurea  Aethylozjjd  sCisHi^.O«  -  '-^llO 

Capronsaures  Aethjlox^d  =0»  ^O^  -  -  162 
Caprylsäurehjdrat  =^16^4604^  -      -  236 

Baldrian8anresAfULjloijd=Ci4l]|40,  ....  ,  .  130  (?) 
Etsigsanres  Amyloxjd   -  =Ci4Hi404    .\  -  125 
Capronsaures  M^thyloxyd  =€14114404-  -  >  -  142  (?) 

u.  s.  w. 

Bestimmt  kann  die  Abhängigkeit  des  Siedpunkts,  ei- 
ner Verbindung  nicht  hervortreten.  Es  geht  hieraus  her- 
Tor,  daÜB  der  Siedpunkt  des  essIgBauren^Aethjrloxjds  zu- 
nld»t  bedingt  wird  durch  den  wediselseitigen  Einflufs 
der  Essigsäure  und  des  Aetbers;  der  Siedpunkt  des  Aethjl- 


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262 


oxjds  ist  abhängig  von  dem  Einflufs  des  Sauerstoffs  auf 
das  Aetbyl  C^H^,  und  der  Siedpunkt  des  Aethjls  wird 
darch  die  Zahl  der  Kohlen-  and  Wasserstoffatosie  be- 
stimmt Das  Gleiche  aaeh  iBr  die  Essi^Blttre;  .es 
hornmen  io  Betniebt  C«  H3  O  :      ;  :  O  mid 

C4  H3. 

Ich  halte  daher  die  Siedpunkte,  vereint  mit  den  Atom- 
▼olumen  oder  dem  spec.  Gewicht  für  das  sicherste  Mit- 
tel, in  zweifelhafteo  FsUea  die  rationeüe  Zusammeii* 
setzmig  der  org^niselieii  Verbitaduiigeii  ni  erfemAeiis 
die  Atomgewichte  and  die  Gasbestimmaogen  reichen  daca 
nicht  aus.  Gewicht,  Maafs  und  Siedpunkt  müssen,  so- 
bald man  ihre  Bedeutung  gehörig  zu  würdigen  versteht, 
)edea  Zweifel  entfemeo.  Haben  wei  Verbindungen  glei- 
che rationelle  Zasammensetzang,  so  mfissen  die  Ranm- 
▼erfaMtnlsse  in  gleicbem  VeriiSitqilii  va.  den  At— gewiol». 
ten  stehen,  und  bei  den  Si^dponkten  mäfk  der  «wechsel- 
seitige  Einüufs  der  Elemente  ebenfalls  der  gleiche  sejp« 
Aetäsr  und  Aceton  haben  gleiche  rationdüe  Foi:inela: 

AtoiDToIaii).  Siedpankt  Atomrolum.         SiedpunlcU  \ 

H.»  *  -  -        0—28     ,  ;-.H,a>  a  ^      ■  i  u/0dm2a  A 
^  "  ,  <  )  dSIt^     )r.  O  "  0  ■  -  '  n')  (ui;>(lilVI3 

Wäre  der  Weingeist  wie  der  Aether  zuLsammengesebäL 
so  wie  seine  Formel  C.H^O  tud  ^W/  >^^^';;f'oiqß<J 

15=30  " 
mit  m  iBiiieT«tbinddbg'«te'AMlei<iMii  ^sser : 

■°AiilÄ^orom.  • '    siiiat»aÄ-^>^»^^^ »'»-^ 

C4H5  0=29         ''C^HsO=:35',6  .10/ 


IJ.  . 


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208 


IHt  Siel|iiiokt  4iB  Weibflcbtt  C4HS  O  ,  HO  Mii  M 
41 '',6  niedriger  liefen,  als  der  von  EssigsSurebjdrltt 
C4H3O3  ,  HO  und  120  — 4l,6  =  78",4. 

Man  kann  bei  der  Bestiuimiw^.  der  Siedpuokte  dea 
ciiMii  Bastandtlittl  der  Vei^Hiidasg  db  moe  l^tbetcacbr 
teo,  wdche  danh  den  «Mteren  §Bliol|eft.'vmdeii.8<^lb 
Die  Anxahl  Wttmiegrade,  die  der  lettlere  ii6qIi  bederf, 
um  den  ersteren  in  den  gasförmigen  Zustand  überzufüh- 
reD,  giebt  den  Siedpunkt  der  Verbindung  an.    So  ifil 
im  AetbylG^sLast,  und  H  5  =  Kraft  und  7^6  Zuookldil 
an  Wärmegraden  und  der  Siedponkt  dea  AMbjlat 
Laal        »4.3^4  ta»mfi: 
Kraft       t»a.29,2  =t^»«l_,ROß 
Zuscbufs  =    7.6  i"^'^** 

Verbindet  sich  Aetbjl  mit  Sauerstoff,  so  verhalten  sich 
beide  wie  Last-Zuschufs  für  Aethyl  =;7'',6,  für  0=:28^ 
folglich  SinliNnikt  fttr  AeOzcilfi-^USatS^^fi,  Bei 4air 
YerbinduDg  darf  Aetlm;  mit  dem  Wasser  a«  Waaai^eiat 
ist  Zuscbufs  für  Aether  35,6  und  für  Wasser  42,4,  folg- 
lich Siedpunkt  für  Weingeist  35,6  H- 42,4  =  78 

'  Der  Siedpunkt  des  Wassers  liegt  bei  lÜ0^4  *und  .in 
aeiner  Verbindung  mit  Aethyloxjd  bei  42'',4i  >«eMl.aA« 
ganoauDi»  wini»  dafis  dar  Siedpunkt  diis : Aelhera«*iteifaiVt 
ändert  bleilit  Man  kabn  alier  auch  sagen,  der  $iedpunkt 
des  Wassers  werde  durch  die  Verbindung  mit  Aethyl« 
oxjd  um  18"  vermindert.  In  diesem  Falle  ist  Wasser 
die  Last,  Aether  die  Kraft  und  der  Zuachnfii.  73^.  'V^er* 
hindel  eich  .der  Aethtfr  mit  der  Esaigianre,  lo  bmo/maii 
edtar eder  annehmen,  der  Siedpunkt  dea  Aetbora  faerde  mn 
^8^4  eriiMit,  oder  anth  der  Siedpunkt  der  Essigsaure 
werde  um  3"  vermindert.  Im  ersteren  Fall  ist  der  Sied^ 
punkt  der  Essigsäure  in  seiner  Verbindung  mit  Aethyl- 
ozyd  38,4  und  für  sich  bei '77^,2.  Es  versteht  8ii;b 
von  aelbat,  dafo  die  Beaultale  liach  beiden  Anoahinan 
ateta  diet^ben  aind.  ... 

Ich  habe  angeführt,  dais  die  angegebenen  W^he 


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au 

ftv  dte'Si^^kte  mir  für  ^10  lVeMaii^0^.plkm,  yifü* 
che  ans  den  ftafgestellten  ^er  Gruppen  reanllmn.  Die 

Siedpunktc  der  Verbindungen,  iu  welchen  der  Kohlen- 
stoff überwiegend  über  den  Wasserstoff  ist,  lassen  sich 
nach  denselben  nicht  berechnen.  So  siedet  das  Betuin 
Gl  2  He  bei -86^,  and  die  Reehnimg  naek  den  angegebe- 
nen Weirthen  gidbt: 

12.38,4=460,8—6.292  oder  ^-305^6. 
Jedoch  auch  für  diese  Verbindungen  ergeben  sich  Re- 
geknäfoigkeiten,  sobald  man  von  anderen  Grundvecbio- 
dangen  aasgeht 

Aus  diesen  Betrachtungen  geht  demnach  benror,  dafs 
man  bei  der  Bestimnrang  der  SiedpwdLfe  nicht  blofis  die 
Elementarzusammenselzung  auf  4  Maafs  Gas  berechnet, 
sondern  zunächst  die  rationelle  Zusammensetzung  der 
Yerbindung  berücksichtigen  mufs,  und  dafs  die  Verbin- 
dangen  der  ersten  Klasse  nicht  mit  dene»  der  aweUen 
▼erglldien  werden  dOrfen.  Und  nun  kehre  kh  na.  Hrn. 
Schröder  mrQck* 

Derselbe  stellt  als  Grundsatz  auf,  dafs  bei  der  Be- 
stimmung der  Siedhitze  alle  Aequwalente  so  genommen 
fperdea  müssen^  dafs  sie  in  Gasfarm  gleiches  Fohun 
annimmt.  Ich  habe  den  Grundsatz  ausgesprochen  and 
den'  Beweis  geliefert,  dafs  bei  dem  Siedpunkte  die  .1»* 
tionelle  Formel  zu  berücksichtigen  ist;  fragt -man  aber 
nach  den  Gründen,  welche  den  Herrn  Schröder  zu 
seinem  Grundsatz  bestimmt  haben,  so  ist  die  einfache 
Antwort:  am  einige  Siedhitze  -  Regelmäfsigkeiten  für 
das  Aus*  nnd  Eintreten  ron  H^O,,  C^O,,  C,0«t 
C4H4  ete.  herausznrechnen.  Das  kohlensaure  Aethjl« 
oxyd  ist  nach  diesem  Grundsatze  nicht  C4H5O  ,  CO,, 
sondern  CigHjoO,  ,  C^O^,  eben  so  ist  das  kleesaur^ 
Aethyloxyd  CsHjoOo  ,  C4O6,  das  aconitsaure  Aelhjl- 
otyd  0«H|oOt  9  CgHfO^,  das  bemsteiDsaar^  Aetlr[ri<- 
oxyd  CgHioO,  ,  CsH^O«  u.  s.  w.;  dagegen  ist  im 
easlgrtareft  Aethjrlosyd  C^H.O  ,  C^HaOs,  and  Ober* 


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265 

baopt  in  den  meisteo  AetheiTerUndcnigen  C4H5O  ent- 
halten. Hr.  Schröder  findet  aber  nicht  einmal  für  nöthig' 
eine  rationelle  Formel  zu  geben.  CgHjoO,  ,  C2O4 
ist  bei  ihm^eicbbedcutend  mit  C 1 0  H ,  „  n.  s.  w.  Ver- 
glichen wir  nm  kohlennuras  Aethjloxyd  mit  easigsaB- 
rem  Aethyloxjd,  so  finden  wir  in  allen  Beziehungen 
fibereiiistimiDendes  Verhalten  gegen  Reagenlien.  Eine 
weingeistige  Lösnng  von  Kalihydrat  zersetzt  beide  augen- 
blicklich in  kohlensaures  oder  essigsaures  Kali  und  ia  < 
Weingeist;  der  Weingeist,  welcher  von  beiden  gewon- 
nen wird,  iat  genan  dieselbe  SabetaBK.  So  wie  man  nur 
mne  Eesfig^Snre  C4H3O3  kennt,  so  iat  «nch' nur  eine 
Kohlensäure  CO,  bekannt.  Es  Ist  also  ganz  klar,  und 
kein  Chemiker  wird  an  der  Richtigkeit  zweifeln:  ist  essig- 
saures Aethyloxyd  CiH^O  ,  C^Ü^O^,  so  kann  als  die. 
vationelie  Formel  für  das  kohlensaure  Aetbjrloxyd  keine 
andere  als  O » £0«  anlgesteUt  werden. .  Eise  Ver- 
bindung in  der  einen  und  eine  CaH|o  in  der 
andern  Substanz  anzunehmen,  ist  ein  reiner  Einfall  des 
Hrn.  Schröder;  ein  Chemiker  hätte  nie  auf  denselben 
kommen  können.  Will  nun  ür.  Schröder  seine  4  Maafs 
Gte  niebt  aoiigeben»  so  mag  er  sie  bnmerbin  beibehal* 
tan;  nar  lalle  er  triebt  wieder  in  neue  WiUkabrlicbkeiteiw 
Die  rationelle  Formel  fQr  kohlettsanres  Aethyloxyd 
ist  C4H5O  ,  CO,,  und  sein  Siedpunkt  liegt,  bei  125^, 
entsprechend  2  Maafi»  Gas,  Durch  Muitiplicatioa  mit  3 
erhalten  wir: 

CsH.oO«  ,  C«0«8=SiedpanU  2öa<»s34  Maafe  Gaa. 
Hr.  Schröder  nraltipUeirt  aber  nur  die  Formel  und  die 

Gastbeile,  und  bringt  den  Siedpunkt  unverändert  in  Rech- 
nung^ Wenn  die  Verbindung  C4  O  bei  35",6  siedet, 
so  siedet  die  Verbindung  C4HtoOt  nicht,  wie  Schrö- 
der meint,  auch  bei  35^,6,  sondern  bei  71^,2.  Der 
Siedpunkt  des  kleesauren  Aetbyloxjds  C«HgO,CtO« 
siedet  bei  IttM^,  und  ftilf^  mufo  eine  Verbindung 
CeH^pO,  ,  C^Oe  bei  3W  kochen.   Demnach  ist: 


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2ß6 


kohlensaures  Aethyloxjd  C ,  a  H  n,  s960^ 
kleesaiires  Aethyloiyd.    C|4H,oOa  =370 
'  Differeni  für  O,    =  12i)C 

Nacb  Hro.  Sehröder  Ist  aber  die  Diffitrcm  für  €«0. 

es60«. 

Und  nun,  welehe  Verbindungen  Tergleidit  Hr.  SebrO* 
der  mit  einander:  Cumin  m\t  zimmt saurem  Aelhyloxyd; 
Kohlenwasserstoff  mit  spiroylsaurem  Meihyloxyd;  Koh- 
lenwasserstoff mit  BreuLSchleimsäureäLher ;  Meuiylchlo' 
rid  nM  Miehyä' Ammoniak;  Cauischin  mit  Cuihinsäurä* 
l^drai^  Okm  wAi  aeatdUaurem  jUtfyhxfd;  JauötwM 
Aldehyd;  Aether  mit  Oel  aus  MmiHa  Pulegimnt  -Essig- 
säure mit  Bittermandelöl;  Oleen  mit  buttersaurem  AeihyU 
oxyd;  Cinnamin  mit  spiroylsaurem  Meihyloxyd;  Para- 
methylen  mii- kohlensaurem  Aethyloxyd;  Paramethylen 
nk  bmUersawim  Aeihjrloxyd;  Naphta  mit  Mtailflasyi 
ete.  etc.  ete.  >  : 

'Wie  gellt  null  Hr.  SobrÖder  bei  seines  Verglei- 
chungen  zu  Werke?  Betrachten  wir  irgend  eine  dersel- 
ben, z.  B.  Oleen  mit  aconitsaurem  Aethyloxyd.  Das 
Oleen  siedet  bei  55^,  und  entspricht  der  Fonn^  CJe-U^ 
was  nil  nebm  Wertben,  6.^3  s66f»4i>  fiUts^instinivts 
6ebr0der  setst  aber  C,,H,,  css4  Maaf»  Gas,  bebilt 
aber  den  Siedpunkt  55^  bei.  Der  Siedpunkt  für  C » ,  H,  , 
ist  aber  110".  Die  Formel  des  aconitsauren  Aethjloxyds 
ist  C4  O  ,  C4HO3  ;  diese  Verbindung  kocht  bei  236". 
Nun  ist  C^He  =2  Maafe  Gas  und  C4H,0,  C|HO, 
ebenfalls  ac2  'Maaf8'<6as.  Die  Vfrbnidan^n  aind  alaa 
nach  Hrn.  Sehröder  vergleichbar :' 

C^H.O  ,  C^HOjSsCg  H,  O4  Siedpunkt  23ß« 

Oleen   ^e=Ce  ^     ■»  55 

Differenz  für  C,         O4     -     -*  181«' 

i^hr04er  ▼ergleicl^t  aber: 

G , «  H , ,  O,  Siedpnnkt 

Oifeen.   ggC,,H,,        /        >  69.  

•  Differenz  =C#  -     -    181  ^ 


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\ 


267 

Co a erbe  hat  einen  Kohlenwasserstoff  erhalten,  wel> 
eher  bei  25  bis  dO"",  also  im  Mittel  bei  27"  koditi  ¥S» 
ditod^  Y«plMDdi«tig  Dlmint  Hr.  Soh«>>dde<r>  C^Hs  «fr;  uilH 

^  fAf  C.^H,,  den  Siedpankt  tlliito«<iftii  n^nodfüi  is  »1. 
'  Also     ^        '   C,,Hjj=55^    if'iiohfMlfji'i  «lih  q-.uf 

*  Differenz  für  =28",  folglich  C^ttvttirm 

^al  auii:f|iii|.i8l>6.14as84  und  i|lMMMli*(i>iji^tu  luU 

^vv  $chrö*dfe^vergleiclit  im^n<^»ir'jl^A^ 
Aconits  äurehydrat,  Nun  ist,  nach  C  ras  so,  die  Aco- 
nitsäure,  wie  die  Ameisensäure,  eine  einbasische  Säure; 
auch  ist  das  spec.  Gewicht  der  AetherverbinduDg  der 
AconitsSnre  gar  nicht  bekannt,  und  dennodi  setzt  Hr. 
Schröder  ffir  C^H^O«  die  Formel  C^H.O,.  Nun 
liegt  der  Siedpunkt  von  C«  O«  bei  leO"",  folglich 
siedet  G«  bei  320^ 

L'i  ;  Siedponkt.  k 

afttmitsSure  '  dCgH^O^  r3320»       •  ' 

Aflfeto^s.  Methyloiyd  =€411404  ±f  36<>^  ul  >öiiii  ..b  il>m\^ 

^»jHf  uiiu^oigiidi^  r>  C4  O4  =tf!ia«<iitofaW 

Aufserdem  hat  Hr.  Schröder  die  Verbindungen  der  er- 
sten und  zweiten  Klasse  bunt  durcheinandergeworfen. 

AdC  solchen  FuMlaoienten  bemhen  mm  sADBOitliche 
Entdeckungen  des  Hrn.  Schröder.  Dafs  sich  bet  sol* 
eher  WilikQhr,  welche  sich  Hr.  Schröder  erlaubt,  alles 
Mögliche  herausrechnen  läCst,  versteht  sich  wohl  von  selbst, 
und  ich  würde  sicher  die  Geduld  des  Lesers  zu  sehr  in 
Anspruch  nehmen,  wollte  ich  mit  der  Kritik  der  Sehr ö- 
der'schen  Vergleichongen  fortfahren.  Das  Mitgetheilte 
genügt  gewUs  mehr  als  hinrdcfaend.  Mag  sich  Hr.  Schrö- 
der merken,  dafis  man  die  Natur  einer  Verbindung  noch 
nicht  kennt,  wenn  man  weifs,  dafs  dieselbe  aus  C ^  2H,  ,0^ 
besteht  und  4  Maafs  Gas  entspricht.   Diese  Verbindung 


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268 

kann  buttersaures  Aethjloxyd,  baldriansaures  Methyloxjd 
und  CapronsSurehydrat  seyn;  )e  nachdem  die  Formel 
die  eine  oder  die  andere  Verbindung  angabt,  sind  diß 
Siedpunkte  Tmchiedeo;  dieselben  htegen  wiii^st  von 
den  nSberen  Beetandtlielleii  ab»  und  erst  bei  diesen  kon- 
men  die  entfernteren  in  Betracht.  Zieht  Hr.  Schröder 
bei  seinen  künftigen  Untersuchungen  die  ganze  Natur  der 
Substanz,  und  nicht  bloCB  4  Maafs  Gas  in  Betracht,  wozu 
ihn  ein  gründliches  Studium  der  organischen  Chemie  füh- 
ren wird,  80  wjrd  er  bleibende  Reaqltate  erhalten,  und 
dia  Chewker  werden  von  denselben  nicht  m4hr>  wie 
bisher,  behelligt  werden. 

Zürich,  den  3.  Juli  1845. 


y.   HiUe  müielsi  sUtrrer  Kohlensäure* 


Als  ein  merkwürdiges  Beispiel  von  Wärraeerzeugung 
durch  chemischen  Procefs  führt  Hr.  C  h  a  n  n  i  n  g,  zu  Boston, 
an,  dafs  wenn  man  ein  kleines  Stück  starrer  Kphiei^^änrji^ 
b^aontliiph  dfNr  Sobatanz»  die  ao  grqfse  Külte  zu  erre- 
gen im  Stande  ist,  mit  etwas  gepülvertem  Aetzkali  in 
Baumwolle  wickle  und  darauf  mit  den  Fingern  zusam- 
mendrücke, die  Masse  so  hcifs  werde,  dafs  man  sie  nicht 
mehr  zu  halten  vermöge.  {^iWi^^k^'^Jouriu^  Fol^XLFl 


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269 

Vi.   Beiträge  zur  Kenntmfs  des  SefsirS mischen 

Frictionsphänornens ; 
pon  Th.  Seheerer  in,  Christiania* 

'   (Hietu  Tafel  11.) 


J3er  wissenschaftliche  Streit,  welcher  8icb>  in  der  neusten 
Seit  Aber  die  Eotetehttngsweiee  des  bekaMiten  FrictioBS* 
f^httttonieiis  eriloben  liat,  fordert  zu  fortjgeseteteD  BeiM- 

gen  auf,  die  zur  Erweiterung  unserer  Kenntnifs  dieser 
interessanten  Erscheinung  dienen  können.  Trotz  Sef- 
ströin's  klarer,  auf  zahlreiche  Beobachtungen  basirter 
Theorie,  sind  jetzt  die  Meinungen  der  Geologen  (Iber 
die  Ursaelie  der  Friolibnestreifeo'  sehr  getheilt»  und  der 
Z^Hpenilet  «cbeiht  nocli  fern  zu  Hegen,  wo  eine  Verei- 
nigung der  streitenden  Parteien  vor  sich  gehen  dtirfte. 
Der  Grund  dieser  Meinungsverschiedenheit  liegt  wolil  hier, 
wie  bei  so  vielen  anderen  Streitfragen  der  Geologie,  haupt- 
flScbiieh  darin,  daCs  jeder  der  betreffenden  Forscher  ein 
l>e8ondeire8  Feld  hatte,  anf  wetehen  er  seine  Erfahran- 
gen  sannnelfe/  und  dafs  er  von  der  BeschafTenheH  des 
von  ihm  untersuchten  Feldes  auf  die  der  übrigen  schlofs. 
So  unumstöfslich  gewifs  es  aber  ist,  dafs  sehr  verecliie- 
dene  Ursachen  anscheinend  ganz  gleiche  Phänomene  her- 
Torrufen  können,  so  aosgemacht  ist  es  auch,  dais,  ine€ 
^rsa,  anscheinend  identfeche  Fjrseheinungen  niclit  notb- 
wendig  anf  ein  und  dieselbe  Weise  entstanden  zu  seyn 
brauchen.  Besonders  aber  ist  letzteres  bei  Erscheinun- 
gen zu  beherzigen,  deren  äufsere  Aehnlichkeit  vielleicht 
nicht  einmal  so  grofs  ist,  wie  man  glaubt.  Es  ist  daher 
nicht  onmOgiich,  dafs  mehrere  der  Über  die  Entsteliang 
der  FHctldnastreifen  aufgestellten  Theorieo,  trotz  dm  sie 
einander  widersprechen,  dennoch  mehr  oder  weniger  der 
Wahrheit  nahe  gekommen  sind,  das  heifst  der  Wahrheit, 


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270 

wie  sie  fiDr  die  betreffende  LocalitSt  ^It.   HierOber  ni 

eDtscheiden  ist  inzwischen  nicht  der  Gegenstand  dieses 
Aufsatzes,  sondern  ich  will  in  demselben  hauptsächlich 
nur  einen  kleinen  Beitrag  zur  KeDDtoifs  des  Fhctions- 
phttnomeiis  in  Normgen  liefem,  und  sugleich  bevorwor- 
ten,  daÜB  ich  mir  nicht  getmue  mit  einer  Meinung  Ober 
die  Entstehongsweise  desselben  in  anderen  Ländern  hev- 
vorzutrelen. 

In  keinem  Lande,  in  welchem  bisher  Frictionsstrei- 
fen  angetrottea  wurden,  vielleicht  nicht  einmal  Schweden 
anagenoauneii,  Itssen  sieb  ausgedehntere  und  instnistivere 
Beobscbtungea  bierfiber  ansitUeo,  «als  in  Norweg^  Die 
Entblftirangen  seines  Felsenbodens,  (seine  tiefen  Thal- 
einschnitte  und  Fjorde,  besonders  aber  der  breite  Gür- 
tel von  unzähligen  nackten  Klippen  (S^Jär),  welcher 
^einc  felsigen  Ufer  umgiebt,  bieten  ein  Oberaus  reiches 
Beobachtungskld  dar.  Wer  grdlsere  Tbeile  ram  Nor- 
wdgeli,  vorzüglich  der  KQstengegenden»  dnrehteist,  und 
¥oa  da  seinen  Weg  in's  Innere  des  Landes  lu-  den  b5- 
heren  Gebirgsgruppen  genommen  hat,  wird  sich  der  Ueber- 
zeugung  nicht  erwehren  können,  dafs  keioe  Theorie  das 
FrictiousphSnomen  an  Norwegen  auf  eine  geoQg^ndere 
Weise  zu  eriJären  Temag  als  die  Sefstrdm'scbe,  und 
dab'sicb  höchstens  nur  die  Agassi z'scbe  Theorie  mit 
ihr  in  die  Schranken  stellen  kann.  Bei  genauer  Betrach- 
tung beider  Theorien  ergiebt  sich  nämlich,  dafs  es  kei- 
neswegs so  leicht  ist,  wie  es  vielleicht  im  ersten  Au- 
genblick erscheinen  mag,  darüber  zu  enischeiden»  ob  es 
eine  wild  einherbrausende  Wasserflutb  oder  eine  eicb 
.sohleidiend  bewegende  Gletsehermasse  waf,  welche  die 
Geschiebe  vor  sich  her  wälzte  und  den  Weg  derselben 
in  die  Felsen  eingrub.  Denkt  man  sich  ganz  Skandina- 
nico  so  tief  unter  das  Meer  versenkt,  dafs  nur  die  G^Csl 
seinsff  höchsten  Gebirge^  und  vieUeicbi  diese  lunm,  lÄer 
dis  Wasserflifibe  beryorragen,  und  denkt  man  sieb  dar- 
Mif  Äefb  Land  Ida  fast,  ai  Miner  jetzigen  Höhe  pUHslidi 


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871 

emporgehobea,  80  wird  sidi  eme^ao^beure  Wassermasse, 
Schutt  und  FelstrÖmmer  mit  sich  führend,  vom  Inneren 
des  Landes  nach  allea  Seiten  hin  über  die  neu  entstan« 
deaea  Ufer  stürzen.    Dia  Ricbtuiigen  dieses  Abflusses 
werden  fiicbJiD  jUigi^meuun  nach  der  Landesabdachung 
im  Grofaen  riAtun»  im  Ewelnen  aber  von  den  loca- 
len  Unebenheiten  des  Felsengrundes  modificirt  werden. 
Ganz  wie  es  dieser  Vorstellung  entspricht,  ist  die  Kich* 
tung  der  FricÜaQsstreifen  in  allen  Tbetlen  Norwegens 
fiad  Sob^edispv  weiche  bisher,  in  Bezug  auf  dieses  Pbtt> 
MfloteQ^^MQtismipdit  vrur^ea...  Denken  wir  uns  nun  abef 
Skiandinaviaii^  anstatt  .es  in's-Meer  zn  versenken,  Ton  ei- 
ner  gewalligen  Gletscherinasse  überlagert,  die  sich  noch 
weit  über  seine  jetzigen  Ufer  hinaus  erstreckt,  so  läfst 
sieb,,  nach  allen  neueren  Untersuchungen  über  die  Glet« 
a^bet,  nit.Gewilsbeit  annebmenv  dais  sieb  dieses  colos- 
aala' Eiebger,  aus  Ji^eldiem  wir  uns,  Wenfalls  nur  die 
Gipfel  der  höheren  Berge,  als  Eis -Pyramiden,  hervor- 
ragend denken  müssen,  von  einer  gewissen  Centralge- 
gend  aus,  ebenfalls  radial  nach  der  Küste  hin  bewegt 
und  FelsbrofikeA  mit  sich  geführt  haben  wird,  und  dafs 
aeiue  B^wegongßricbtung  im  AUgemeinen  parallel  den  be- 
jbrelfendeq.  AbdMsbungslinien  des  Landes ,  im  Einzelnen 
aber  parallel  den  Thalschnitten  gewesen  seyn  müsse.  Aas 
der  Richtung  der  Frictionsstreifen  läfst  sich  also  kein 
Gtuod  entnehmen,  welcher  mit  Sicherheit  mehr  für  die 
ebie  al^'fftr  die  andere  der  genannten  Theorien  spräche^ 
VeiMgen  wir  didier  die  beiden.  Vorstellungen,  welche 
wir  uns  so  eben  T^n  der  Entstehung  des  Frictionsphä- 
noineus  gemacht  haben,  weiter  iu's  Detail,  um  zu  sehen, 
ob  wir  nicht  hierbei  auf  Punkte  stofsen,  wo  beide  Bil- 
der nothwendig  von  einander  divergiren  müssen. 

Eine  Wa^seisflotb,*  welche  sich,  der  Laiidesiibdachung 
Calgien^  von  den  Hochgebirgen  des  Landes  her»  Ober  die 
niedrigeren  Ktsteo  hinstürzt,  wird  noth  wendiger  weise  eine 
desto  m?hr  beschleunigte  Geschy^indigkeit  anuehmeu  miX^ 


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272 

sen,  je  näher  sie  ätr  Ktetc  \ümmt,  and  je  gfinstigete 
Verhältnisse  die  Oberflächengestalt  des  Terrains  dem 
scboelien  Abflüsse  des  Wassers  darbietet.  Das  Frictions- 
phanomeu  wird  daher  im  Allgemeinen  auf  niedrigem  Kü- 
stenboden in  weit  intensiverem  Grade  au8gei>ragt  erschei- 
nen mflssen,  als  auf  hodiliegenden  Plateaas,  im  Innern 
des  Landes.    Dafs  diefs  wirklich  eine  mit  grolser  Deat- 
lichkeit  ausgesprochene  Thatsache  ist,  dafür  lassen  sich, 
wenigstens  in  Norwegen,  zahlreiche  Belege  beibringen. 
Man  soüte  also  glauben,  dafs  hierin  ein  vollkommener 
Gegenlieweis  der  Gletscbertheorie  li^ge;  allein  soBclieint 
es  nur  bei  oberflSchücher  Betraditang*  AutK  eine  Glet- 
scherniasse  bewegt  sich,  obgleich  nar  immer  schleichend, 
dennoch  desto  schneller,  oder  eigentlich  desto  weniger 
langsam,  je  weiter  sie  von  jenen  Centraleisniassen,  die 
natavlich  auf  den  höchsten  and  aosgedebntesten  Gebirgs- 
plateaus  desl.andes  gesucht  werden  mflssen,  entfernt  liegt 
Gleichviel  ob  man  sich,  wie  Agassi«,  die  Bewegung 
der  Gletscher  durch  Eisausfüilung  der  Haarspalten,  oder, 
wie  Petzoldt,  durch  Kälteausdehnung,  hervorgebracht 
denkt:  jedenfalls  giebt  es  einen  oder  mehrere  dieser  Cen- 
traibezirke der  Ruhe,  Ton  wo  aas  das  Schieben  der  Glet- 
scher stattfindet,  und  Ton  wo  ans  dasselbe,  in  gleidiem 
Verhältnisse  mit  der  Entfernung  vom  Centrnm,  nach  al- 
len radialen  Richtungen  zunimmt.    Also  auch  hier  haben 
wir,  obgleich  immer  nur  eine  schleichende,  dennoch  eine  be- 
schleunigte Bewegung,  ans  welchem  Grande  das  Frictions- 
pbSnomen  in  den  Küstengegenden  ebenfalls  IntensiTer 
auftreten  mufs,  als  auf  den  Hochgebirgen  im  Innern  des 
Landes.    Freilich  wird  aber  auch  die  Annahme  noHiweii- 
dig,  dafs  die  Mächtigkeit  des  Gletschereises,  von  letzte- 
ren Gegenden  nach  der  Küste  hin,  eine  abnehmende,  und 
dafe  folglich  der  Druck  der  gehobenen  und  schiebenden 
Massen  ebenfalls  in  diesem  Verfatitnisse  ein  ^ermiuder- 
ter  gewesen  seyn  mulh;  was  also  das  FiiclionspliSAomen 
durch  schnellere  Bewegung  der  Gletscher  in  den  Küsten- 


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27S 

gegenden  gewonnen  haben  kann,  dürfte  dureb  diese  Mttch* 
tigkeitsaiHMiiiDe  TieUeidil  .wieder  coB|»eMurt  werden  sejm 
Dal»el  mafs  aber,  erinnert  werden,  defe  die  Moiteen,  je 
weiter  Vom  Central* Else  entfernt,  desto  mehr  an  Mäch- 
tigkeit zunehmen.  Es  bleibt  also,  da  sich  hier  durchaus 
kein  Angriffspunkt  für  eine  genaue  Berechnung  bietet, 
eebir  8chwier%  auf -diesem  Wege  zu 'einem  Scblule  m 
gdengeu,  wdcher  sq  Gnnsfen  der  einen  oder  andern  je* 
ner  beiden  Tiroorien  iniafiele.  So  vieleobeintmir  )edoeh 
ausgemacht,  dafs  der  aufserordeniliche  Unterschied,  wel< 
eher,  wie  später  gezeigt  werden  soll,  an  vielen  Stellen 
in  Norwegen  zwischen  der  Intensität  des  Erictionsphliuo* 
mens  in  den  Knetengegenden  ond  auf  den  Hochgebirgen 
slittllndet^' sehr  m  Gunsten  der  Sefttrnm'scben  Theo- 
rie spriolit. 

Es  entsteht  nun  die  Frage:  ob  es  denn  nicht  irgend 
ein  Kriterium  gebe,  welches,  aus  den  nachgelassenen 
Wirkungen  dieses  räthselhaften  Naturereignisses  entnom- 
men, mit  Sicherlieit  derttlier  eBlsclieidet,  ob  die  onab* 
laugbaren  Sparen  einer  gewaltigen  Frletion,  wekbe  wir 
dem  skandinwriabhen  Felsgmnde  eingegraben  finden,  von 
einer  leicht  beweglichen,  pfeilschnell  fortschiefsenden  Was- 
aerflutb  oder  von  einem  starren,  dahinschleichenden  Eis- 
strome herrühren?  Offenbar  können  doch  beide  Ursa- 
chen, wenn  anch  eehr  äbniiche^  doch  nkht  vöü%  gki* 
ehe  Wiri^ungen  zor  Folge  haben.  Bei  genener  Beob- 
achtung mufs  es,  sollte  man  meinen,  sich  ans  der  Be- 
schaffenheit der  geritzten  Felsen  gleichsam  herauslesen 
lassen:  ob  die  ritzenden  und  furchenden  Geschiebe  pfeil- 
geschwind än  den  Felsen  i>orüberfuhren,  oder  ob  sie  im 
Sohneckengamge  über  sie  kinkroehen,  Diefs*ist'  nnn  In 
der  Tbet  möglieb;  ein  'gennnee  Stndinm  des*  FHctioiie> 
phänomens  in  Norwegen,  sowohl  in  den  Kfistengegenden 
als  auf  den  Hochgebirgen,  ist  vollkommen  dazu  geeignet, 
diese  Streitfrage  zu  entscheiden.  Im  Verlaufe  metuea  Auf- 
BBtnee  wefde  ich  lnel»af>xiMekkomaieD. 

PattcadorflTa  AnaaL  Bd,LXVI.  18 


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274 


Wie  bereits  enn^Ünt,  giebt  es,  anfser  1)  der  Rieh-* 
(ung  der  Frictionsstreifen ,  meiner  Meinung  nach,  noch 
xwei  andere  wesentliche  Punkte,  welche  bei  der  Erfor« 
sehatag-  dicaer  Eracheioung'  von  Wichtigkeit  siDd^  nta* 
lieh'  2)  da»  y«lrhaltiiif8  dbr  IntftDsiUi  dM  FffiolioiltpliS^ 
nomens  wA  Hochgebirgen  tmd  in  lachen«,  fielsigen  Kfi^ 
stengegendeii ,  und  3)  die  eigeuthümlichc  Beschaffenheit 
der  durch  Friction  zugeformten  Klippen.  Zu  allen  drei 
genannten  Punkten  sollen  in  dem  Folgenden  einige  erlfto- 
ternde. Beiträge  geliefert  werden. 

<  ,Was  luent  die  Mtehiung  der  Frieiiemsstrei/en  be* 
trtfft^  r80  folgt:  sie  in  allen  bisher  in  diecer  Hinsieiil  an- 
tersuchten  Gegenden  Norwegens  denselben  Gesetzen,  wie 
sie  für  Schweden  gelten;  auf  hochgelegenen  Gcbirgspia- 
teaus  richtet  sie  sich  nach  der  betreffenden  Ai)dachung 
des  Landes,  und  in  Thälern  *  wird.sas  durah  die  Thai- 
irttnde.  modiiidrt«  Keilhau  bat.zahlreidie.  Beobechtuh 
gen  liierOber  angestellt,  deren  Besaitete  beso^nders  in  zwei, 
im  iVr/  Magazin  for  Naturvidenskaberne  enthaltenen  Auf- 
sätzen niedergelegt  sind.  In  einem  dritten,  in  derselben 
Zeitschrift  befindlichen  Aufsatze  giebt  Derselbe  an,  dais 
sich  bis  dahin  .über  die  Bicfatung  der  .Fciclioilsstreifen  in 
Norwegen  !  etwa,  folgende  allgemeine  Regeln,  anlstellea 
lassen.  Diese  Richtung  ist:  in  der  Gegend  um  Fredriks- 
bald  etwa  gegen  SW.;  bei  Christiania  gegen  SSW.;  in 
disr  Mitte  von  Aggershuus  •  Stift  gegen  S. ;  in  den  westli- 
cheren Theilen  dieses  Stiftes  gegen  SO.;  in  .den  üstli- 
eben  Theilten  von  Christiansandstift  gegen  SO.;  durch  din 
Mitte  desselben  Stiftes,  bis  zum  Cap  LindesnKs,  gegen 
S. ;  am  nordöstlichen  Arm  des  Hardanger- Fjord  gegen 
W.;  im  nördlichen  Theile  von  Opdals- Kirchspiel  (zwi- 
schen Dovre-Fjeld  und  dem  Trondhjems- Fjord  gegen 
MW.  und  W#$  an  der  GrSnze  von  Helgeland,  bei  Golfig 
jB.LekAe-Iürchs|uel^  gegen  WNW«;  bei 'Bad6e  gegen 
MW.;  zwischen  dem  Tys  Fjord  mid  Lakft^Träsk,  in 
einer  Landschaft,  deren  mittlere  Höhe  etwa  2000  Fuis 


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275 

Aber  Amiüeere  betiUgt,  gegen  WNW.;  am  imiereii  Bode 

des  Alten -Fjord  gegen  ONO.;  bei  Polmak  und  am  in- 
neren Ende  des  Tana- Fjord  gegen  NO.;  an  der  Nord- 
seite des  Varangcr-Fford  gegen  OSO.;  au  der  Südseite 
ron  diesem  Fjord  gegen  «NQ.  Auf  Reisen  itf  Gold* 
brandsdaleo,  in  dem  sQdUolien  KQstenstriehe  «wiefchendbri« 
stiania  und  Flekkel)ord,  durch  Teilemarken  und  Säten- 
dalen,  fand  ich  Gelegenheit  mich  davon  zu  überzeugen, 
daÜB  das  oben  ausgesprochene  Gesetz  auch  hier  in  sei- 
ner AUgemeinbeit  Stich  hält.  Leider  habe  ieb.ite  frfiher 
verallamty  bkireichend  detailUrfe  Aaü&eiohnungen  *  4lber 
m^ine' derartigen -Beobaehtun  gen  zu  naehto,  da.'ich  'mir, 
vor  der  Ausbreitung  der  A ga ssiz'schen  Theorie,  nicht 
vorstellen  konnte,  dafs  weitere  Forschungen  über  diese 
von  Sefström,  meiner  Meinung  nach,  so  genügend  er- 
klärte-Erscheinung,  Ton  Wichii^eit  waren.'  *  Erat  auf 
meiner'  letzten  Reise,  dnrck-Tellemairken:  und 'SSterada«- 
len habe  ieh^  auf  einer  Längenetetreckting  vm  ««t#a  €0 
geographischen  Meilen,  Beobachtungen  über  das  Frictions- 
phänomen  in  diesen  Gegenden  aufgezeichnet,  deren  De- 
tails, was  die  Richtung  der  Frictionsstreifen  betrifft,  baldigst 
im  Magazin  far  J}iaiur»idensiabeme  ytr9iSeni}k^ 
sollen,  Idi  wtU  daker  hier  nnl*  die  bügemeineri'  Besuhate 
dieser  Beobachtungen  anCiQhren.  Die  durchschnittliche 
Richtung  der  Frictionsstreifen  zeigte  sich:  vom  Langesuud- 
Fjord  (bei  Brevig),  am  Frier- Fjord^  Nordsöe  und  Hitterdale- 
See  vorbei,  bis  n^  Hitterdal,  gegen  SO.;  von  Hittefdal bis 
Hordel  gegen  D.,  von  Hjerdali  diirch  Fladdal,  >SiUe)erd, 
Hvidesde  bis  Lanrdal  gegen- SC,  sidb  bald  nabb  SSOi, 
bald  nach  OSO.  hinneigend;  auf  einem  etwa  3000  Fufs 
hohen  Gebirgsplateau  zv^^ischen  Tellemarken  und  Säters- 
dalen  gegen  SSCr;  in  dem  etwa  30  Meilen  langen ,  bei 
Christiansand  ausmündenden  Sätersdai  ge^en  SSO. 

Ikis  FerhäUm/s  zwischen  der  Intensität  des  Frktims- 
Phänomens-  auf  Hoeh^ebirgen,  und  inßaehen,  felsigdn 
Küstengegenden  bietet  an  vielen  Stellen  die  auffallendr 

18* 


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276 

.CimtfaBte  dar;  Cottfraste,  ude  sie,  meiner  Ansieli 

nach,  nur  durch  eine  gewaltige  Wasserfluth,  kaum  aber 
durch  schleichende  Eismassen  hervorgerufen  seyn  kön- 
nen. Auf  hochliegenden  Felsplateatis  im  Innern  des  Lan- 
deiB  'Scliemt  das.  FrictionsplUliiomeD,  nach  alleii  bis  jelst 
hierQber  bckamitcn'BeobachCiihgen,  atets  nur  einMi  saht 
gerin^n  Grad  der  Intenflitit  «u.  besitien.  So  sah  ich 
z.  B.  auf  dem  4000  Fufs  hohen  Plateau  des  Espedal- 
F)eld  in  Guldbrandsdalen  (^dz  in  der  Nähe  der  dortigen 
Mickelscbilrle)  iMir  sehr  wenige,  und.  schwache  Frictiona- 
spoven»  aber  mrgenda  sokbe  Bhnen  und  andere  derartige 
starke  Antfi(ttdongen,  wie  sie  ao  bltafig.  an.  dba  Kfiaten 
angetroffen  werden.  Auf  dem  etwa  3000  Fnfe  hoben  Pbi» 
teau  des  Strömsheien,  zwischen  Tellemarken  und  Säters- 
dalen,  beobachtete  ich  ein  gleiches  Verhältniis;  auch  hier 
zeigten  sich  nur  wenige  deutliche  Schrni— Mm>  Sehr  auf- 
faUeod  war  mir  der  Gontnfst  «wiscten  der  verscUeda» 
lien  Intensität  des  Frietion^bSnonens  aof  meineili  Wege 
von  Brevig  durch  Tellemarken  bis  auf  das  letztgenannte 
Gebirgsplateau.  Während  sich  an  der  südöstlich  von 
firevig  liegenden  Küste,  zwischen  Fredriksvarn  und  San- 
dte, aUe.  nacktem  Klippen  auf  eine  wahrhaft  (äkstaunens* 
werlbe  Weise,  polkt,  geforebt.  oder  ansgehAfalt  seigai^ 
und  wibrend  diese  Ersciieinang  bei  den  Klippen  des 
Langesuud- Fjord,  Frier -Fjord,  Nordsöe  und  Hitterdab- 
Vand  mehr  oder  weniger  in  demselben  auffallenden  Grade 
ausgesprochen  ist,  wird  das  Frictionsphänomen .  schwir 
ober  und  scbwäbher,  je  tiefer  man  in*s  Innere  dea  Lan- 
.dds  -eindringt,  und  je  hoher  man  binanfiBteigL  JJm  ▼on 
•dem  Grade,  der  IntensitSt,  in  weldiem  der  Felsboden  der 
erwähnten  Küsten  -  und  Fjord -Gegenden  die  Spuren  der 
Friction  an  sich  trägt,  einige  Belege  zu  geben,  dazu  m6- 
gen  folgende  Beispiele  dienen. 

.  .  Aiif  der  Insel  Sandöe  (in  der  Mibe  der  wegen  ihres 
.Leufibtthnraies.  bekannten.  .Insel  Firder,  etwa  3  geogr. 
•Hsian  .,ui  .ONO.  Ton  .Fi'ednksTarn)  findet  ,  man  das 


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277 

Frictionspbffnomen  mit  einem  GMe  der  luteosität  auf- 
tretend, wie  ich  denselben  bisher  an  keiner  Stelle  über- 
traffien  gesehen  habe.    Die  insd,  welche  ungefähr  i  Meüei 
lang  nnd  ^  Meile  breit,  seyn  Mg,,  keitcdbt,  gleioh-idleD; 
beoachiiarltti  haaeka  vai  dem  .angrfiDMHkn  ^FesÜM^ 
ans  demselben  Syenite,  welcher  «ich  bekanntlich  bei  Fre- 
driksvärn,   Laurvig  und  Brevig  in  so  ausgezeichnetem  , 
Grade  zirkonführend  zeigt,  also  aus  einem  massig -krj- 
slalÜDischen  Gesteine,  welches  weder  SchichtuDg,  ZlsrUfiC« 
tnng  noch  AbUtaung  beeilst;   Die  Bichtoflkg  der.  Frietions** 
slieifeB  wifd  da^eriWer  genau' die  einstmalige  Richtung 
der  afaBehenemden  und  furchenden  Kraft  andeuten,  und  ^ 
durch  Verwitterung  des  Gesteins  werden  keine  Streif un- 
gen,  Furchuugen  und  überhaupt  keine  Erscheinungen  her- 
vorgebracht werden  kdnnen,  wekhe  mit  dem^Sel^trOm - 
sieben  oder  Agassiz'adien  Ffaftnome»«  ^entechsbla 
wtren;  wie  diefs  bsi  deatÜoh  g!e8cfa^^cbtefetf  iCrebirgsarten 
"wohl  mitunter  der  FalL  sejn  mag.    Wenn  man  diese,  nur 
stellenweise  und  sparsam  mit  Erde  und  Vegetation  be- 
deckte Insel,  deren  gröfste  Erlii^uogen  kaum.  viel. -fibet 
100  bis  150  F.u£b  Meereshöhe  erreichen  mdgen^  in  euMi$ 
den  Mendian  senkrecht  dorchBchneideQden  Bioblwig,  za 
dnifahi^indef n  <  vefsncht,  so'  triffit  man  hierbei  auf  viele 
Hindernisse,  denn  der  Felsgrund  der  Insel  ist,  parallel 
seiner,  etwa  mit  dem  Meridian  zusammenfallenden,  gröfs- 
ten  Längenausdehnung,  von  einer  girofsen  Anzahl  gleicb« 
laofender  Gräben  durchfurcht,  deren  breite  steUwi^e 
SO  Ellen,  nnd  deren  TieCs*  15  EUsn  mid  darilber  er- 
nicht.    Einige  TOn  diissen  'Binnen^  oder  so  zu  sagen 
Bfhriaturthälern ,  lassen  sich  auf  eine  Länge  von  80  bis 
100  Schritt  verfolgen ;  ihre  wahre  Tiefe  ist  stets  um  Eini- 
ges gröfser,  als  sie  sich  dem  Auge  zeigt,  indem  ihr  Boden 
auhr  oder  weniger  mit  Geschieben  bedeckt  ist  Die 
H^ilnde  der  Rinnen  sind  meistens  steil,  inweilen  aeiik» 
recht,  znwdlen  sogar  fIberhXngend ,  und  überall  zeigen 
sich  an  demelben  die  beftigjBten  Wirkungen  der  poUren-' 


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278 


den,  ritModen  und  farchendea  Kraft.  Die  Richtoeg  der 
FriolioBiMreifeiv 'labil  icb  BD'soMeo'Stelkii»  wo  sie,  wie 
iMsdAdiera-aiif 'deo  swkcheD  ded  Riantn»  liegeade»  Fei»* 

1iiiniD0ii/  darelr  keinen-  lienrorragenden  •Gegenstand  eine 
Ablenkung  erleiden  konnte,  vollkommen  parallel  mit  den 
Rinnen,  nämlich  etwa  hora  12^,  Die  Figuren  1  und  2» 
Tafel  •il^  stflien  ein  Paar  Beispiele  dieser  grofsartigea 
Farehnnf  «kir(  beide  MDd  vertioele,  v€m  Ost  aaefa  West 
göMid^  Dnrobschiiitte' kleinerer' Partiell  des  d^ok  Rin- 
nen  ausgehöhlten  Terrains.  Die  Höhe  der  Seitenwinde 
beträgt  bei  Fig.  l  etwa  20  Fufs,  bei  Fig.  2  (ich  vergafs 
die  Maafse  anzumerken)  dürfte  sie  um  etwa&  geringec 
sefb.  Nicht  stttfs  bilden  die  Seiten wfiode  eine^zässH^ 
menblBf^nd'  ibrtläafende  Fehmasse,  waiem  t^^n  akb 
an  «  einigen  "Stellen  In  4er  Art  cerstHeki,  wie  Fig.  3  wm^ 
glebt;  die  abgerundeten  Seiten  a,  a  sind  stets  nach 
Norden  gerichtet.  Ganz  interessant  ist  es  die  Spuren 
der  Energie  zu  studiren,  welche  die  merkwtirdige  Kraf^ 
die  diesie  Rinnen  «fie  Felsen  einwQhlte,  an  den-Wttn'^ 
deii  dlBmelben*  znrllokliefiK  Fig.  4  ist  ein  Tlieil  einer  30 
biiB  40  Fufs  faolien  Rtnnenwand,  a»  welolterv  nittdn  ia 
feinkörnigen  Syenite,  ein  ungefähr  2  Fufs  mächtiger  Gang 
desselben  Gesteins,  aber  von  sehr  grobkörniger  Beschaf-  ^ 
lenheit,  entlang  läuft.  Die  Masse  dieses  Gao^  hat, 
wabrscheinlieh  wegen  ibrer  Grobkömigkeil^  wenljger  Wi* 
derstand  geleistet;  -als  der  umgebende '  totere  und  inebr 
feinkörnige  Syenit,  denn  in  seiner  ganzen  Länge  ist  die- 
ser Gang,  einer  grofsen  Cannelüre  gleich,  bis  zu  einer 
Tiefe  von  2  Fufs  ausgehöhlt.  Dafs  hier  auch  nicht  im 
Entferntesten  von  einer  Verwitterung  die  Bede  sejn  kann, 
bsweiat  dieToUkommen  glatteuodzngM^'g^foi^te  Ober- 
flaebtt  des  'Genggesteins,  das  tberdiefs  den  Hammer  den 
stärksten  Widerstand  leistet.  Ein  ähnliches  Verhaltiiifs 
stellt  Fig.  5  im  verticalen  Schnitte  dar.  Die  Tiefe  der 
durch  den  grobkörnigen  Syenit  an  der  10  F.  hohen  Rinnea- 
waaMl>«feiranla(Bten  Audiöbiuag  beträgt 'hier  ifegin-id  F; 


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279 


'  Am'  MrMkMk  Eaie  des  HIHerdatt-Yana,  eHieoi 

Landsee  in  Tellemarken,  welcher,  zur  Zeit  als  der  skan-^ 
dinavische  Felsengrund  abgescheuert  und  gefurcht  wurde, 
wahrscheinlich  mit  dem  Nordsöe,  dem  Frier-  und  Lao^- 
8ade*F|ord  einen  euni^n  gro^Ben,-  von  Süden  Micb;1S«v 
den  lanfenden  Meerbwen  ')  Mimaelile^  findet  «mn'ebdn* 
ftdk  KlippenpaHteo,  dch>eD  Oberflibhe  elcfc  M  eine  aebr 
intensive  Weise  von  der  abscheuernden  und  furchenden 
Kraft  bearbeitet  zeigt.  Fig.  6,  Taf.  II,  stellt  eine  dieser 
lUippenpartien  dar,  nicht  weit  von  der  Hitterdalskirchd^ 
■nmittellMr  an  der  Landstraiae  belegen.  Der  abgebildete 
Felsen  ist  elm  W  Sebritt  lang,  ond  seine  Höhe  nag 
dieser  Lttnge  etwa  gleichkommen.  Die  scharf  abgebro^ 
chene  Fläche  d  desselben  ist  nach  Süden  gewendet,  ge-^ 
gen  iV  hin  ist  Norden.  Alle  Theile  e'y  e,  e  ,  .  .  zeigen 
msh,  Ton  fiorden  her,  stark  abgescheuert,  poiirt  und  ge^ 
sofaraBiBt,  wabrend  die  Slldseile  d  Ikberali  •scbarfklintigo 
BmcbfllHcben  besHxt  and  keine  Spar  des  FriotionsplHlMW 
mens  an  sich  trägt.  Bei  a  und  b  gewahrt  man  eilen- 
breite  und  zum  Theil  eben  so  liefe  Rinnen  in  dem  Ge- 
steine (quarziger  Granit -Gneus)  aiugehühit.  Zwischen 
beiden  Binnen  liägt  eine  'Gesteinsparti«'«^  -h^  det  icb 
niebt  entscbettes  will,  ob  isie  ifare  ^ebasfon  Bnubiicbs» 
ibrer'  Lage  gegen-  die  Biebtrinf  der  abscbeoemden  «KrafI 
oder  irgend  einer  späteren  Lossprengung  zu  verdanken 
bat.  Die  Rinne  a  wird,  wenn  man  sie  von  derjenigen 
Seite  her  sieht,  von  weicher  die  Zeichnung  entworfen 
wurde, '»un  Tbifil  dorcb  die  Gesteinsparte  tf'fiFerdeokt; 

1)  Dafs  Norwegen,  wenigstens  theilweise ,  seit  Ucr  Zeit  der  Folsab- 
schcucning,  nicht  imheHculend  gehoben  worden  ist,  dafür  spricht  in 
der  Umgegend  von  Christiania  eine  überaus  instructive  Localitat.  Dicht 
b«ini  St.  HaD.s-Höieo,  einem  kleinen  Berge,  sieht  m»n,  in  einer 
Mecrcshöhe  von  170  Fufs,  Serrula- Gehüu5C  auf  ansteheudera  Thon- 
schiefer fostgcwachscn,  und  zwar  auf  Stellen  desselben,  -welche  sehr 
deutlich  abgeiciieucrt  und  geritzt  erscheinen.  Während  der  vorjäh- 
rigen Versammlung  der  Naturforscher  nahmen  unter  Anderen  v.  Buch, 
Murchiton  und  For  chhammer.  die»c  äteiic  in  An^emchein. '  ' 


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9W 

Id  F%.  7  ist  dittte  Rionc^  in  yergrgfeertaMtJflmfaUibe^ 
dar^telll,  wie  sie  einm  bei  B  befindfiohen  BedMoli* 

ter  erscheiDt.  Sie  ist  zum  Theil  mit  Erde  gefüllt.  Es 
kommt  mir  wahrscbeinlich  vor,  dafs  diese  rinnenartige 
Aushöhlung  dorcb  die  frühere  Gestalt  des  Felsens  ver- 
anlafst  wurde,  iodem  aiÖgUcherweisfe,  TOr  der  Einwir- 
käDg  der  absokeaenidcQ  Kraft,  bier  «dMon  kgead  eine 
Art  TOii  Verl lefang  Torliaadeii  war,  die  dano  ipSter  ver- 
gröfsert,  ausgeschliffen  und  gefurcht  wurde.  Einer  an- 
deren Ursache  verdankt  aber  die  Rinne  b  ihren  Ursprung. 
Man  erblickt  dieselbe  in  Fig.  8,  TaL  Ii,  ebenfalls  nach 
elwas  vecgrttfiierteai  Maafetebe  gcseicfaiiet*  Es  meigt  sich 
bier  aebr  deutlicb,  dafa  diese  eUenbreite  und  etwa  fnli- 
'  tiefe  Gamielare  dadurch  entstand,  dafe  der  weniger  harte 
Theil  des  Gesteins  vorzugsweise  augegriffen  wurde,  /ist 
nSmlich  eine  sehr  quarzreiche  Gesteinspartie,  gleichsam 
Ton  der  Structnr  eines  Astes,  wie  auf  der.  Zeichnung 
durch  die  conceDtriachen  Striche  angedeutet  Die  Sei* 
tenaltticht  eines  Verticakehnittes  durch  aß  seigt  Fig.  ft. 

Diese  beiden  Beispiele  werden  hinreichend  sejn,  um 
einen  Begriff  von  der  aufserordentlichen  Intensität  des 
Erictionsphänomens  in  den  norwegischen  Küsten-  und 
den  inneren,  niedrig  gelegenen  Fjordgeginden  zu  geben. 
Die  nnafthligen  kleinen  Inseln  und  Klippen»  wekhe  bo- 
soodeifis  an  .der  Ostliehen  und  sOdgedichen  KMe  Norwe- 
gens ausgestreut  sind,  bieten  unzählige  solcher  Beispiele 
dar,  und  man  findet  derselben  ebenfalls  in  grofser  An- 
zahl, wenn  man  landeinwärts  in  die  Fjorde  und  fläche» 
ren  Küstengegenden  eindringt.  So  sah  Keilhaa^)  z.B. 
in  der  g^en  Umgegend  von  Sandefjord  das  Frictions- 
phSnomen  mit  groCiBer  IntensitSt  ausgeprägt.  In  dem  Lan- 
gesund- Fjord  bei  Brevig  beobachtete  ich,  au  der  Nord- 
seite einiger  der  dort  befindlichen  Inseln,  Schrammen 
und  tiefe  Furchen,  welche,  in  einer  Erstreckung  von  40 
bis  50  Fuby  scliiefe  Ebenen  yon  40<*  bis  45^  l^nanlau- 

1)  ifyi  Mag.  fon  Ntätrt^.,  fid,  lU^  A  US. 


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SSI 

An.  SowoU  b«m  NordiAe.  Mm  Hitttirdtls^ Vaii4  m 
TidbinariLMi  tih  icb  gane  iMudiche  Erscheinuugen.  Ib 

der  Stadt  Skeen,  zwischen  dem  Frier- Fjord  und  dem 
Nordsöe,  befinden  sieb,  an  einer  verticalen  Felswand  (im 
Garten  des  Blom'scben  Hotels),  Frictionsfurcben,  die 
wm  .Tbeil  I  Fufo  breit  imd  i  Fiifo  tief  sind.  — 
rficbsichtiglt  man  alle  $o  eben  geeohiiderteo  ^•fiiartigea 
Spuren,  welehe  jene  eindt  so  Ihfitige  und  noa  ausgestor- 
bene Kraft  auf  dem  Felsgrunde  Norwegens  zurückgelas- 
860  hat,  80  dürfte  die  Ansicht  vielleicht  nicht  zu  gewagt 
erKbeineii»  dafs  ein  TheU  dar  iiorwegischen  Küstengch 
fandeo. dieser. Kraft  sein  «erriwcmas,  durch  kieiaelAeerr 
eniseii  uDd  F|orde  yielfacb  .seratGckiBllea  Areal  Terdauktt 
Mb  dieselbe  vielleicht  grofeen  Antheil  an  der  Bildung 
solcher  Thäler  und  Fjorde  nahm,  deren  Entstehung  man 
der  sogenannten  Erosion  j^u^uschreiben  pflegt.  Wirft 
man  efiMil  Blick  auf  eine  im  gröfseren  Mnafsstabe  iHiSr 
gafübrle»  geiMue  Landkarte  von  Norwegen,  wfA  betmcb- 
tet  ,z.  B.'  die  KOslengegcnd .  xwiscben  Brevig  und  Töns- 
berg  * ),  so  erscheint  eine  solche  Annahme  keineswe- 
ges  unwahrscheinlich,  wenn  man  dabei  erwägt,  dafs  die 
Frictionsstreifen  hier  sowohl  dep  .kleinen,  etwa  von  iNor- 
deo  nach  &tidaa.^bei4deB  Melangen«  wi^  den  groiaea 
f)orden  parallel  .laufeu*  .  Wenn  i^a  aber  aneb  bis  jelst 
nodi  nicht  bewiesen  ist,  da(k  die  «bschenernde  und  fur- 
chende Kraft  wirklich  solche  herkulische  Arbeit  verrich- 
tet hat,  so  stellt  es  sich  doch  als  in  hohem  Grade  ein- 
kuehtend  heraus,  dafs  sie  wenigstens  in  den  Küstenge- 
g^nden  ein  sehr  Bedeutendes,  .mebr.  kistet«»  4^  in  den 
blAer  liegenden  LiandatFichen,  deren  Frioti<ins-<&r€%^ 
im  Vergleich  zu  den  Frictions  d^r  Kflste,  eine 

wahre  Pygmäen- Arbeit  zu  nennen  sind. 

J)i^^  eigenlhUmliche  Beschßfjenheit  vieler,  in  den 
SüsUagegmd^a  durch  FrieUm  .xugtifwmim  Klipp w  ist 

1)  Dieselbe  in  «ehr  genau  und  üemlich  detailterl  ävf  der  geognost&idieii 
Karte  getcidinaC,  wddM  mm  1.  Heft»  der  Qäa  norvegica  gehSn. 


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38S 

emie  ganz  andere  ats  die  der  poUrteo  und  gerÜMa  FeU 
seu  In  hoch  Uegefuden  TMlem  oder  auf  IMalma  im  In- 
nera  des  Landes.-  In  lettCeren*  Gegenden  treten  ^  Ge^ 

birgsarten,  j;leichviel  ob  Gneus,  Granit,  Porphyr,  GrÄn« 
stein,  Quarzit,  Quarzschiefer  u.  s.  w.,  da  wo  sie  der 
Einwirkung  der  abscheuernden  Kraft  bloßgestellt  waren, 
stets  in  mehr  oder  weniger  bauchigen  Formen  auf  etim 
wie  Fig.  lö,  Taf.  II,  angiebt.  Zeigen  sich  FrietfodsM«^ 
fen  an  solchen  bauchförmigen  Protuberanaen,  so  werden 
diese,  wie  zu  erwarten  steht,  vorzugsweise  an  der  so- 
genannten Stofsseite  angetroffen,  aber  auch  die  Leeseite 
ist  mehr  oder  weniger  abgeschliffen,  und  die  Schrammen 
der  Stofsseite  sind  nicht  selten,  wenn  auch  mit  geringe* 
rer  Intensittit,  bis  in  die  Leeneite  hinein  loirtgesettl.  Je 
mehr  jnan  sich  dagegen  den  Ktistengegenden  nähert;  desto 
atiffallender  tritt  es  hervor,  wie  die  Leeseite  vieler  Klip- 
pen durchaus  von  aller  Friciion  verschont  geblieben  ist, 
wahrend  ihre  Stofsseite  auf  das  Intensivste  abgerundet 
polirt,  geschrammt  ond  gefbrcht  Mebeint  Alle  Öber  dem 
Meeresnfer  herrorragenden  KHppen,  namentlich  die  klei- 
neren derselben,  haben  an  manchen  Küstenstrichen  eine 
Form,  welche  Keil  hau  ')  sehr  treffend  mit  der  eines 
etwas  über  die  Hälfte  in's  Wasser  gesenkten  Eies  ver- 
Reicht,  dessen  spüzee  Ende  nach  Norden  gerichtet^  nnl 
dessen  istiimpfes,  nadi  SOdeil  gewendetes  Etfdo'  cbg§^ 
Stekkten*  ist.'  Solche  £iformen,  bisweilen  etwas-  der  Kn- 
gclform  angenähert,  sah  ich  in  aufserordentiicher  Menge 
an  mehreren  Strichen  der  norwegischen  Küste  zwischen 
Christiania  und  Flekkefjord.  An  solchen  Steilen, 'Wo  die 
abscheuernde  Kraft  vorzugsweise  stark  gewirkt-  zu  laben 
iseheint,  ist  diese  eigenthflmliche  Form  der-ndrmale  H»» 

»  i:     ■  V  • 

I)  Leicht  verwillorncJc  und  ierbröckelnde  Gesteine,  wie  besonders  Thon- 
schiefer,  Kalkstein  iiiul  gi-wisse  Porphyrarten,  haben  ihc^  ZfigeraBÖ^ 
ten  Foiuicu  nalürlicUt:i-wci»c  am  leichte«ten  eincttbüUu 


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283 


bitus  aller  Klippen.  Das  Dampfschiff,  welches  von  Chri* 
sliaDia  nach  Chrisliansand  gebt,  fährt  oft  auf  beträchtli- 
che Strecken  mitten  dmch  den  breiten  KUppengtirtel 
(&k|ttre§atard>.  der  Kitetb,  ilad^  del*  feistede  ^eologpaeb« 
ForaelMr.  hat  hier  die*  ausgeseieluietst«,  ihudcr  .aar'  etwM 
zn  schnell '▼ortifoergehende  Gelegenheit,  die  merkwOrdi« 
gen,  zu\TeiIen  durch  localc  Umslaude  modificirteii  For- 
men -der  abgescheuerten  Klippen  zu  studiren.  Auch,  in 
Inoern  und  in  ^r  Umgegend' ^r  Fjdrde  tund  der  zu* 
Biobtt  inil  ilmett  in  Vart»admg-  stebtiMiett'Ltodeeeii  -be* 
ätaen  die  der  Absobeuinniog  «OifMieten  anageeefit 
wescneu  Klippen  und  Felspartien  diese  charakteristische 
Form.  Man  findet  dergleichen  z.  E.  im  Langesund-Fjord, 
Frier.  Fjord,  Nordsöe  und  Hitterdais- Vaud.  Mitten  im 
Kordiöe,  swiacbien  Uidbfs^-Eifeimefk.aud  NfiÜBiKircbe; 
sab  idi  ein  Paar  atbr  efaarakteiii8isdie,...voii:  der  Mord* 
weelseile  her-  abgerundete  owt  etairk  geaireifte,*  an  der 
Stidostseile  aber  so  zu  sagen  abgeschniltene  Klippen. 
Bei  den  Bewohnern  der  Umgegend  sind  dieselben  unter 
dem  eben  so  naiven  als  bezeichnenden  Namen  »auge* 
aehnittaDer  Speck«  (jA:aar0<  JFksky  bekannt,  wail,.iia^ 
nentlicb  dfa  grOfeere,  atw»  2Q.'Fuf8  avs  dem  Wasa^ 
hervorragende  «id  et#a  §§  Fbfli-iattge  Klippe  taMerdings 
aussieht,  als  hätte  man  von  einer  länglichen,  ursprüng- 
lich ganz  zugeruudeten  Masse  ein  Stück  abgeschnitten. 
Auch  noch  am  nördlichen  Ende  des  Hittcrdals-Yand,  ganz 
diabt  bei  der  bäreiu  in  Fi^j.  6;  Tai.  ll»4ibgdiiideCe».Stett^ 
sab  ich  noeh  Felapartien  too  ditear  ForinbasdHifienheit. 
Einer  dieser  Felsen  ifit  in  Fig.  ll'  darglestellh  'Er  ist  etwa 
90  Fufs  lang  und  20  Fufs  hoch.  Auf  meinem  ganzen 
Wege  durch  Oevre- Teilemarken  -Ül^er  das  3000  Fufs 
bobe  GebirgBplataau  deaStrönshdieriWch  SMer^daien  sab 
icb  dagegen  niabt  ainc«  aimigcii  Felsen  ^oä  dieaer  ae- 
gentbfimlidian  Gestalt  Es  fragt  aibb  irnnv '  ob  dia 
Agassiz'sche  Theorie  das  nnabläugbare  Factum  zu  er- 
klären vemU>ge:  dafs  die  eben  geäachie  Ferscäonu/ig 


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284 


der  Lee$eHe  der  Fekm  por  ' dem'  Wirhmgen  der  ab^ 

scheuernden  Kraft  in  hohem  Grade  zunimmt,  je  mehr 
man  sich  den  niedrigen  Kästen'  und  Fjord-  Gegenden 
nähert  f  während  zugleich  die  Intensität  des  Fricäans- 
pkämomem  in  diesen  Qe^emdm  mufe  Häekeie  'getieigeri 
in?  Man  sollte  metaioD,  dafe  eme  aoB  Eil  and  Gesdnt* 
ben  bestehende  Conglomeratmasse,  die  ticli»*bci  der  Zo- 
runduug  der  auf  hochliegenden  Landstrichen  so  bäofig 
vorkommeDden  bauchförmigen  Felspartien,  so  plastisch 
und  beweglich  gezeigt  bat,  und  die  sich  sogar^  bei  der 
Absübeuennig  der  Stototite  -vieler  in  den  KOslen-  nnd 
Fjord^Gegenden  befindlidien  Klippen  nidbt  ^«niger  pla» 
stiBch  und  beweglich  zeigte,  unmö^ch  die  Leeseite  der 
letzteren  so  ganz  und  gar  verschont  haben  könne.  Man 
kann  hierbei  nicht .«eiimeiuien,  dals  die  Gleicher  in  den 
niederen  KOsteDge§enden  mur  Sebaalen  yon  geringer.  Mtehr.  ■ 
tigkeit  bildeten,  wekhe  dnrch  ibrci  eigene  Sekvrere  nioht 
mehr  binreicbend  zusaaimengedrQckt  worden,  oni  sich  an 
hervorragende  Felspartien  vollkommen  anzuschmiegen; 
dieser  Einwand  würde  mit  der  so  sehr  in  die  Augen 
fallenden  Intensität s zunähme  des  FrlcilonspbäuQmene  in 
den  Kiisiengegenden  im  direeiesien  fVidersjfrudhe  sie* 
ben,  Da&  dagegen  die  Sefstrdm'ad»  Tbeotie«  ▼er- 
mittelst der  sebr  natdrliehen  GescbwindigkeitsconahM  eig- 
ner sich  vom  Innern  des  Landes  über  die  Küsten  hin- 
sttirzeqden  Wasserfluth,  dieses  Phänomen  höchst  genü- 
gend zu  erklären  vermag,  bedarf  kaum  der  Andeutung. 

AuCser  Sefstr&m  haben  sieb  besonders  JSdtblingk, 
Keilhau  und  früher  aucb  Bnch  fOr  die  Ansicht  aus- 
fj^esprochen,  dafs  die  Ursache  des  FrictionsphlUiOBiens  io 
Skandinavien  in  einer  gewaltigen  Wasseriluth  zu  suchen 
se/i  und  diese  Ansicht  dürfte  sich  wohl  ohne  Zweifel 
nach  und  nach  die  Herrschaft  erringen.  Dafs  groCse  Theile 
der  Felsmaase  Skandinaviens  einst  durch  ein  grolaeS'Na- 
tnreveigDÜB.  hinweggefilhrt  wurden,  ist  .4am  iMtstebende 
Thattiehe,  für  welche  sich  iu  fast  allen  Theilen  des  Laor 


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265 

des  unzweideutige  Belege  finden.  An  mehreren  Stellen 
in  der  JSShe  des  Christianeoser  Uebergangsterritorium  läfst 
es  sidi  deutlieh  erkennen,  dafs*  ^rofi^  Strecken  .dei  U#« 
gneam»  diei  jetzt  hMa  gelegt  emd,.  frfiher  ak  ScUcbten 
des  Uebergangsgebirge»  bededit  waren;  an  ▼iel«n  Pank« 
ten  in  der  Umgegend  von  Christiania  sieht  man  Porphyr, 
und  Grünsteingänge,  auf  ganz  horizontalem  Terrain,  gleich 
abgerundeten  Mfiuern  und  Wällen,  zuweUen  mebneffa 
Klafter  hoch  ieMia  dlem .  Thonschiefer  henporta^co.  Die 
Entstehung  eiBsgei' Jaofoter  Berge,  wia.x.  B.  des  »SöIts- 
b|erg  in  Hadelaiidj  «IMst  'sieb  kaum  auf  eine  andere  Weise 
erklären,  als  dadurch,  dafs  die  sie  früher  umgebenden 
Gebirgsmassen  gewaltsam  fortgerissen  wurden.  Dafs  wahr«* 
scheinlich  auch  die  Bildung  der  sogenannten  Erosions- 
thaler^  wenigstens  xam  Tkei^,  .hierher  zn*  rechnen  sej, 
habe  ich  schon  frfiher  angedeutet  Bedenkt  man  endlidi 
iie  Vertheilung  der  nordischen  Geschiebe  innerhalb  ei- 
nes grofsen  Kreissegmentes,  welches,  nach  Pusch,  Skan- 
dinavien  und  Russisch -Finnland  zum  Centrum  habend, 
.  England  tangirt,  und  in  Holland,  Nord-D enischland,  Po- 
len und  Rttfohiud  einschneidet^  s6  wird  es  in  der  That 
unbeg^reiftich,  wie  man  enr  ErkUhrong  aller  dieser  im  Can>> 
salzusammenhange  stehenden  Thatsachen  etwas  Anderes 
ausfindig  machen  will,  als  eine  von  den  genannten  Cen* 
traliändern,  conform  ihrer  Abdachung,  radial  ausgebeo^ 
den  Wasserflnth.  Dennocb  aber  will  «oh  es  nicht  zu 
entscheiden. wagen,,  ob,  die  SeCströmMie  Theorie  canst 
ihre  Herrs^aft  auch  Ober  die  Schweizer.  Alpen  ausdeh* 
nen  werde. 

Es  läfst  sich  nicht  in  Abrede  stellen,  dafs  es  seine 
"  Schwierigkeiten  hat,  sieh  die  Ursachen  einer  soloheu  Was- 
aerflulh  kiar  zu  machen ;  denn  e»  bleibt  immer  ein  unbe- 
quemes Ezpesimettt,  ein  iBO  ausgedehntes  Lan^  wie  SkaK- 
dkiavien,  mif  einem  Ruck  aus  dem  Meere  emporzuheben, 
und  gleichwohl  giebt  es  kein  anderes  Mittel  sich  die,  nach 
fast  allen  Beobachtungen   besonders  aber  nach  denen 


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286 

Ton  Keilhau,  weit  mehr  radiale  als  longitiidinale  Floth 
zu  erklären,  wenn  man  nicht  etwa  annehmen  will,  dafs 
das  Wasser  vom  Himmel  gefallen  sey!  Berücksichtigen 
wir  Qbrigent  das  onbetfreitliare  Faclum,  dafs  Skaiulina« 
▼len,  noch  nach  6er  EnCstehmifj  das  FHeticNMphabomeiii, 
)a  sogar' wShrerid  der  ^efaichtHcheli  Zeit  ^ehoban  wor- 
den ist,  und  dafs  es  sich  sehr  %TahrscheinIich  selbst  ge- 
genwärtig noch  in  einem  langsamen  Emporsteigen  begrif- 
fen befindet,  so  verliert  )enc  Annahme  vieles  von  ihrer 
UnwahrteheinUohkeit  DaCs  diese  Hebongen  warn  Theil 
rueApßeise  geschahen, -worauf  es  natfirUch  biOfbei  ankouMi^ 
wird  darcb  eine  Localität,  etwa  2  Meikn  von  Christfa- 
nia,  in  der  Nähe  von  Asker,  sehr  klar  vor  Augen  gelegt. 
An  einer  steilen  Felspartie  des  Uebergangsthonschiefers, 
sieht  naii'  hier,  oiitgefähr  150  FoCb  über  dem  jefo^cn 
M^oeref Spiegel,  eme  Reihe  kleiner  LOcher,  welche  von 
BohruMischeln  herrihren ;  in  mehreren  dieser  LOoher  wer« 
den  sogar  noch  die  Schaalen  dieser  Thiere  angetroffen. 
Dieses  Faclum  beweist  mit  grofser  Schärfe,  dafs  der  Spie- 
gel des  Meeres  einst  diesen  schmalen  Gürtel  der  Bohr-  . 
moschellöcher  dnrchschnitt  GewiCs  ober,  würde  man  hiec 
keine  schmale  isolirt  stehende  Zone  soleber  CaviUten  sor 
treffen,  wenn  das  Meer  nach  und  nmck  sein  l^ivean  vei^ 
ändert  hätte,  oder  wenn  das  Land  allmäUg  aus  demsel- 
ben emporgestiegen  wäre;  in  solchem  Falle  würde  auch 
die  Colonie  der  Bohrmuscheln  eben  so  aifanlilig  dem  sin- 
kenden Meeresspiegel  gefolgt  seyn,  und  .md •würde,  an- 
statt jener  sehmalen  Zcne,  ganse  Felsenwttnde,  bedeckt 
mit  solchen  Anshöhlnngen ,  vorfinden. 

Nichts  in  der  Natur  hat  einen  plötzlichen  Anfang 
ond  ein  plötzliches  Ende.  Eine  Erhebung  Skandinaviens, 
wie  sie  zur  Entstehung  der  petridelannischett  Fluth  oP- 
fiorderl  wird,  Ittfst  sieh  wohl  kam  eioo  idolirt  sto- 
kwode  Kraftlofserung  denken  9  dieselbo  hat  vielmehr  sehr 
wahrseheinlicb  ihren  alhnaligen,  mit  Intervallen  der  Ruhe 
Tcrbondenen  Anfang-  gehabt,  welcher  sich  endlich  bis  zur 


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/ 


287 

,  mächtigeu  KulmiDationswirkuDg  steigerte,  und  dann  ^vie- 
der  zu  schwächeren  Stadien  überging.  In  diesen  letzten 
Hebungsstadiea  .«cbeiot  skJI»  j^lwuidinavien  noch  jetzt  zn 
Wftadea,  oad  .c»  i»!  »i  .itffmrteQ».  idafBiZeiteii'  J^ommeii 

7a  vieUdoht,  WO'  es -Meder.  «nlSDgt  in*s  Meer  aiurlickziH 

sinken.  Jedoch  glaube  ich  nicht,  dafs  die  Bewohner 
Skandinaviens  deebiiib  o^i§  bah«»  werden  baldigst  »ita* 

«Hwtaderni.-r*  '  •  2  * 

•  .  ,  ■  t 

•  .         '         '     #  •  .i  .  I    .tm  — m>*~*         •  I 

Ehe  ich  diesen  Aufsatz  schliefse,  will  ich  noch  Ei- 
niges Ober  eine  Erscheinung  anfuhren,  von  welcher  man 
gewöhnlich  annimnt,  dafs  sie  in  enger  Verbindung  mit 
dM  Ffictiofphttuwen  stoben  nümlich  lühet-  da«  uemlicb 
bSnfige.AiBfMao  dtr  aogcaanntdn  RieaentOpfa  i&  Ska»- 
dinavieb,'  betboders  m  Korwe^wt  Unter  RMsaöfOpfeii 
{Gjettegryder)  versteht  man  bekanntlich  mehr  oder  we- 
niger cylinderformige,  nach  unten  zu  sphärische  Aosböh- 
longeo  im  änsteb^nden  Felsgesteine,  von  denen  man  an- 
BiiDdiBien  pflegt,  dab  aie  doreh  Staise  gebildet  wordet 
fliakl/welebe  yom  Wasser  im  Kreise  hferambewegt  wup- 
den.  '  Das  kreisförniige  Heriunfähren  diesei'  Steine  setzt 
natürlich  einen  Strudel  im  Wasser  voraus,  und  dieser 
kaan  hauptaXcfalich  nurvda  entstehen,  wo  ein  schnell  Üier 
fsender  Wasserstrom  sich  an  einer  scharfen  Kante  Btöfst^ 
hinter  .welcher  er  sich  wiecfer  auabreiten  und'  ungehin- 
dert weiter  flieiiett  kann.  .  Diese  Bedingungen  findet  man 
am  häufigsten  bei  Wasserfällen  erfüllt,  die  sich,  auf  stark 
geneigtem  Rinnsal,  durch  enge  Felsspalten  drängen  oder 
an  vorspringenden  Felspartien  Toniberscbiefsen.  Auf 
meiner  bereits  im  Yoiiiergehenden  erw&hnten  Reise  durch 
Tellemarken  und  Sftttersdalen  hatte  ich  Gelegenheit  ei- 
nige Beobachtungen  tiber  das  Vorkommen  und  die  Bil- 
dungsweise der  Riesentöpfe  anzustellen,  welche  ich  in  dem 
Folgenden  mittheilen  will.  .  . 


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288 


Ein  sebr  imtractires  Bild 
Riesentöpfe  zeigt  der  Gryde-Fofs  (Topf-Fall)  in  der 
Nähe  von  Höidalsmoe- Kirche  bei  Laurdal,  in  Oevre- 
Telleinarken.  Fig.  12,  Taf.  II,  ^elH  «ine  Skizze  di«MS 
Wa«ierfell8  mit  eeinen  fOnf  RiesenlllpfNi' n,  ^,  dmd 
tOB  denen'  e  und  d  zösemnenlifingen,  indem  Hm  ehe* 
malige  Scheidewand  }etzt  durchbrochen  ist.  Die  Aushöh« 
lang  a  mag,  nach  einer  Augenmaafsschätzung,  einen  Dia- 
meter von  etwa  5  bis  6  Fufs  haben.  Ueber  die  Tiefe 
dieser  Aushöhlungen  liefe  sich  nichts  bestimmen,  da  ich, 
des  hohen  Wasserstandes  wegen,  nicht  an  die  Seite  des 
Flusses  gelange»  konnte',  an welcher  sieh  die  Riesen- 
tOpfe  befanden.  Bei  einigen  derselben  war  es  deutlich 
zu  sehen,  dafs  sich  das  Wasser  in  ihnen  iin  Kreise  be- 
wegte, was  aber  nicht  geschehen  konnte,  wenn  die  Was- 
sermasse des  Wasserfalls  geringer  ist,  als  sie  sidi  damals 
rar  -Zeil  dnes  schon  mehrere-  W^hen  anballenden,  nn- 
gewöhnlich  starken  Regenwetters  ' )  zeigte.  ' 

Vollkommen  analog  mit  diesen  localen  Verhältnis- 
sen ist  das  Vorkommen  zweier  Riesentöpfe  beim  Skjeis- 
Fofs,  nicht  weit  vom  Hofe  Lindtvedt,  Aaraks-Bygd,  in 
SMersdalen.  Ich  halte  es  für  fiberllisstg,  eine  Ahhü- 
dung  dieses  Wasserfalles  zn  geben,  da  man  sich  in  Fig.  13- 
nur  zwei  RiesentOpfe  anstatt  fönf  derselben  zn  denken 
braucht,  um  ein  hinlänglich  genaues  Bild  von  dieser  Lo- 
calitlit  zu  haben. 

Auch  beim.  Hailands -Fob,  hinter  Valle*  Kirche  in 
SHersdalen,  kommt  ein  Riesentopf  von  bedeutender  Grölm 
anf  gani  ähnliche  Welse  tot.  Dieser  war  aber,  das  er- 
wähnten Regenwetters  wegen,  gänzlich  unter  Wasser  ge- 
setzt, und  ich  konnte  seine  Lage  nur  durch  einen  Baum- 
stamm erkennen,  weicher  zufällig  hineingerathea  war,  und 

mit 

1  )  Ein  50  regenvoller  Sommer,  wie  der  des  Jahres  1844,  isl  vielleicht 
seit  einigen  Decennien  weder  in  Norwegen  noch  Schweden  vorge- 
kommen. 


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9» 

»ttl  salDCn  eiMD'  Eoder  aot-  -Wns^.lia^itragte. 
Sm  viel  liefs  Mi  fedocfc,  beim*  Auf-  und  Almog«ii  des  zu 

Schaum  zerschlagenen  Wassers  erkennen,  dafs  die  Mün- 
duDg  des  Topfes  dicht  unter  der  Oberfläche  desselben  lag. 

Der  GroTe-HuI'Fofs,  bei.5iUe)ord8-Kirche  in  Oevt« 
Tell«iiiMk«ii,  hat  ein  AnsBehen  wie  Fig.  13,  .T«t  II,  ai». 
fjukt  Bei  0  Wfiildet  mne  AwlMJang,  weldie  ge- 
Hav  Mrieht  wite  4ie  einiB  Hälfte  eines  Bliesen  top  fes.  Das 
Felsstück,  in  Tvelchem  sich  die  andere  Hälfte  desselben 
befand,  ist  also  wohl  auf.  irgend  eine  Art.  hinweggafUhit  ' 
wanden*  ^  Aliar  auch  der.gMM«.iBBtere  bedienärtige  Ran^ 
in  den  sich  das  Wasser  siün,i  {md  dem  BlU»  i6il?  der- 
aelbe  dorob  Idtn  Fiäsaa  ^•.irerdeckt),iliil44t'ciocfl  gro- 
Csen  Riesentopf  Ton  etwa  20  Fufs  Durchmesser.  Der 
Grundrifs  desselben  sieht  etwa  aus  wie  Fig.  14 ,  Taf.  II, 
angiebt.  Indem  sich  das  Wasser,  beim  Ausflufs  aus  dem 
▼im  durcbbroclien^n  Tdple  a»  die  acbarie  Kaiite  A  MM, 
wiid  eia  neii 'desselben  im  Krsise  bewe^' 

•  INese  Beispiele,  besondera  Tdie'btfdien*  aoevet  einge- 
führten, werden  hinreichend  seyn,  um  einleuchtend  zu 
machen,  dafs  die  betreffenden  Riesentöpfe  ihre  Entstehung, 
wenigstens  dea  Anfang  derselben,  nicht  einer  Zeit  ver- 
danken küntei,  'in  ^eicbcr*  die  orognipliischen  VeibÜl» 
nisae-  genav  dleselbeD'  ^arenf  «wie  die  feteigen,  sondern 
dafs  der  Wasserstand  damals  ein  höherer  gewesen  sejki 
mnfs.  Diefs  angenommen,  hat  die  Entstehung  der  ge- 
dachten Riesentöpfe  wohl  eben  nichts  R^lthselhaftes,  zur 
mal  wenn  man  erwägt,  daüs,  nach  der  Bildung  dmelben, 
gsfuifi  mebr  oder  wenigir  bedcHaiende  •VerAndenmgki  -in 
der  Uaigebang  deipselben  -^rgegangen  8in4  wodmxb  ifave 
Entstehung  zoweflen*  weniger  motirirt  erlscheint.  Loäaf- 
lltaten,  von  denen  diefs  Letztere  ganz  besonders  gilt, 
traf  ich  ebenfalls  auf  meiner  Reise,  die  eine  bei  Brevig 
nnd  die  aqdere  auf  Sandito.        '  « 

'  'Bei  Brtvig  trifft  man  an  eider  tibilen,  bei  der  Emu 
ntMinng  des  Fricrol^ofd 'in  den*  LaDgesand*F)drd{  mn 

Po«gej>dor£ri  Anoal.  Bd.  LXVI.  19 


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ÜMveMifieri  gtle^ta«!  >PdBwaDd,  ^smbi'BineBlBpfe'  ditolit 
mbeh  cioaiid^^,  in  del*  Art  iffife  Fig,  15JTBf.  II,  angieUl 

Die  Tiefe  dieser  Töpfe,  deren  vordere  Wände  abgebro- 
cbeu  sind,  konnte  ich  nicht  ermitteln,  da  beide  bis  zur 
Meeresoberfläche  a  ganz  mit  Geschieben  angefüllt  M-areo. 
Der  tidnere  Topf  rag^'mit  iiaiieii  abgeiMbUff«BCB.Wild- 
dep  "«lwa"5,.  onfl^diMr.  grftfnre'lMI  Fofa:  wäB-  dem  Walser 
iiin^or.'  '  I>er  Dilmeler-  des  grsttre»  -  Gefragt  '»ingefilhrt,0 
und  der  des  anderen  ungefähr  20  Fufs.  In  geringer  Ent- 
fernung Ton  beiden  sieht  man  noch  einen  diiltcu,  klei- 
Mreli  Topf  von  6  Fufs  DiMMterlmid  2  Fafe  Tie£a  Mt 
nir  GtsoÜebeassfflllsHig.   :  ' 

.  h>  lierMMreoget  'einsQbte  SaiidOfe  mri  dtr  Westlidi 
davon  liegenden  grOfseren  Insel  finden  skli. an- einer  stei- 
len Fi  Isvrand,  in  einer  Höhe  von  wenigstens  50  Fafe 
über  dem  Meeie,  drei  Kiesentöpfe  dicht  neben  einander. 
Ber  Durchmesser  des  ^Uliiteii:  beträgt  UDgelMbr  4  Fufs. 
Alle  sind  mebr  ^oder  weniger  nifl'Gcsöbltbciih  angeCöUi 
•Die  ei^bBt«'  Fekwaiid  «igt»-  zugleich  stinAe-  Fnotions- 
streifen  und  sonderbare  Aushöhlungen,  deren  Entstehung 
man  sich  kaum  anders  erklären  kann,  als  durch  die  An- 
nahme, dafs  ein  früher  hier  in  Thäiigkeit  gewesener,  lange 
«iihällender  and  , «heftig. wkkeadet  Wasseiatim  auC  ttid«' 
denuBse  getroICso  'welebfi.  ^til*<likbt  mebr  toiImh^ 
den' sind.  '  '  •  •  l-  •  : 

Aus  den  angeführten  Beispielen  scheint  mir  hervor- 
zugehen, dafs  die  Riesentöpfe,  wenigstens  die  hier  er- 
.wähnten,  entstanden  sind  1)  während  einer  Zeit,  zu 
welcher  der .  Wassetatand  in  Nonte^  mm  ein  Befariebt- 
kebe« .  bAber  #ar .  als  lan!  QMn».      akb  difr 

Stritabung  des  Wassers  Hindenrissedin  den  Weg  stctli- 
len,  namentlich  also  in  verbältniüsmäfsig  engen  Rinnsa- 
len. —  Dafs  die  Sefst römische  Gcschiebeiluth  sehr  wirk- 
samen Antheil  an  der  Bildung  der  Rieseatöpfe  genom- 
miaia  beben  nmf^  liegt  klar  .top  Augen;  ea  kl  aber  durch- 
MS  liebt  b<«hwcidi§.toMiebni0%.  itedor  dafiiidiaan  Flillb 


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291  . 


5amm///V:^^  Riesentöpfe^  hervorgebracht,  nöch  dafs  sie  die 
wirklich  herrorgebrachten  biä  zu  dem  Grade  ihrer  Ati»i 
hitdiing  voMeodet  habe,  in  welchem  diesdliea  |ettbte^ 

ftor  (die  UriMil»6flii  ^  Mfi^ge  MeUr  Meseittöpfe  ^ 
wesen,  und  der  ■Groöd*  «nr  »T^MdÄig  derselben  dürfte 
in  den  atmospbörischen  Niederschlägen  zu  suchen  sejo» 
welche  zur  Zeit  derjenigen  geologischeu  Periode,  inner- 
htäb  welcher  das  großartige  fireignifs  der  ]»efHdelaunl- 
scheif  fiuth'BMIlfalid;  fje^  «ngleieh  MMender 
reu,  «b  rie^fi^  Vorkfibmeü  kÖiiiMii;  i  f 


VII.      Einige  Bemerkungen  über  die  Versuche 
iks  Hm*  fVilliam^on,  betreffend  das  Oloh^  . 

p&ri  C:  F.  Schönt  ein,  ' 

«     .1'",     .'Ii/.'.      •   ...  I  '  • » 

.)■•.••'.•*.    '    .  •  r  '  .  ♦ .  •    '  • 

Die  Meinungen,  die  bis  ietzt  über  das,  unter  dem  Ein- 
iofo  des  Pbospbonr*  a09  d«r  ätmosphäriseh^o  Luft  üeh 
emwidielüdii  tieöbend^if  Prlneip  ^ttäliB«rt  weiden,  wei- 
difeD*  00  wlir  ¥00' einander  ab^  als  dfefs-'mir  hiliiier  mög- 
lich ist.  Nach  dem  Einen  ist  dasselbe  salpetrichte  oder 
Salpetersäure,  nach  Andern  unterphosphorichtd  oder  phos- 
pfaorichte  Süure,  nach  de  la  Rive  und  Marignac  Sauer* 
Stoff,  modificiit  dareb  idie  ElektridUltv  welche -sich  bei 
4fk  EiaWbPkatig  des  I^hoaffboi^'aiif'SftifefMotf  embiiideii 
ioH;  man  hat  einmal  aiNA  ▼on  Arsemkoxjd  odc^  iknenich- 
ter  Säure  gesprochen,  welche  sich  bei  der  Oxydation  des 
Pho^hors  bilde,  und  Einige  wollten  sogar  eine  eigenthüm-^ 
liebe  organische  Materie,  die  in  d^r  Luft  Vorhanden  sej 
imd  -vom  Phosphor  inödificSit  "werde,*  in  iMiiieiii  Ocon 
stehen.  Hf/  W  i  II  U«i  so Imt*  ttttA '  sdüile'  Ansicht 
Ober  den  fraglichen  Gegenstand  geäufsert,  wiki  einfach 
erklärt,  daCs  der  bei  der  Einwirkung  des  Phosphors  auf 

19» 


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m 


fmkdbU  «tmosphSrische  L^ft .  miftretfwj^  aneckende  KJDK" 

Ijt^f^ ;Wa0l4rscir86|xung  erzeugtea:0901l.fi||ll9.  Zn^jMH 
gPQj  sira^  denn  dieser  eigenthüinliclie  GeFUfch  sey,  dessen 
hat  sich  Hr.  Williams on  gänzlich  eothaUea.  Weim 
Hi^  W.  von  meinen  ei^en^n  Versuchen  fiowohl  aU.di^ 
nep  dea.  Hrn.  Marignac  Kiinntnifs  genomni0i|  liat^i  «fi 
nmfi^.«8  anffaU^n,,  wie  d#r  angebe- Q^eniiker.vi.^eyiMni 
solche«,  KodergebnifB  gelangen  .luHinte;  devffttdaneijttidl 
hätte  in  einem  solchen  Falle  wissen  müssen,  dafs  das 
mit  Hülfe  des  Phosphors  erzeugte  Ozon  haarscharf  alle 
die  Eigenschaften  hat,  welche  das  auf  Voltaischem  oder 
elektrischem  Wege  dargestellte  besitzt.   Oder  hat  er  etwa 
meioeD  und  Marignac's  Angaben  keinen  Glauben  ge- 
sciienkt?   Selbst  auf  die  G^febr  hftar,  mich  tu  wiedefbd- 
len,  bemerke  ich  hier,  dafs,  wie  das  Volta'sche,  so  das 
mit  Hülfe  des  Phosphors  erzeugte  Ozon,  nachdem  letz- 
teres sorgfältigiBt  durch  Waschen  mit  groDsen  Mengen 
Wassers  von  aller  Säure  befreit  worden,  unter  andern 
folgend  Eiglinscbaftea  lie^itat:  . 
.1)  Es  zeratttrt  mit  grofeer  Energie  alle.PQaasenferbeD^ 
so  dafs  ich  z.  B.  neuerlich  damit  ziemlich  groCse 
.  .    Stücke  von  mit  Indigo  gefärbtem  Baumwolicnzeug 
und.  roher  Leinwand  blendend  weifs  gableicht  habe»' 
3)  £s  roxjrdirt  .bei.  gewMmUcher  /Temperalpr  die 
.  .„  .tal|c|.bis.  zam:lakbsten:Grade^.dafm«if^fibig'aiiill^ 

selbst  das  Silber  nicht  ausgenoqinieii.  v 
,  3)  Eine  Reihe  von  Oxyden,  wie  z.  B.  diejenigen  des 
Bleies,  des  Mangans,  des  Kobalt^,  des.Nipkei^  jdes 
Silbers«;  WiSrdßn  bei  ihrer  Berührup^  mit  chemiscbfoi 
.  .  .Ozpn.,i]pid  gewöbnliober  TeniparAtar  .in  die.H^par* 
..  ,  4>3iU^djei  .4ieAer  Metolle  tä^r^fiÜsi^,  « ;  ^  ,      ,  „  ^ 
.  .4y  Jod  wird  durch  chemisi^es  O^oix ip  JodsMure,  Phos- 
,  phor  in  Phosphorsäure,  schweflichte  Säure  in  Schwe- 
.t      fekäure,  UntficsalpQ^Qrs^e  in.  S#{{ie(eff8äui:a  raacb 
i:»i;  •  ♦y^tw^jadelif , ,        ...      .n  ,  «' 

-  O, 


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293 

6)  Es  verwandelt  irfele  Schwefelmetalle  s^nell  itt 
schwefelsaure  Salze,  wie  z.  B.  das  Schwefeiblei.  ^ 
6)  fici  fOhrt  JodkaUam  in  .jodeaores  Kali  Ql^er;  • 
'7}  &  «ersefet  SdhWd'-,  Seletf-,  nosj^W- ud' Jod- 
'  '  wasftertloff  'bei'  ge^vMidiito'  TetD^enito  au^en- 
'    blickiich.    '  •  •  '  ■   •    •      •  •      •  »    •  ' 

8)  Es  verwandelt  das  gelbe  Blutlaugensalz  in  das  rotbe. 

9)  Es  wird  bei  derselben  Temperatur  zerstört^  liei  wel- 
'   dief  'te  Voifia'scbe  Ozon  ▼ertiicbtel  wlrd^'*     '  - 

10)  Es  löst  sieb  ili'Wasser  bbeo  so  wienlg  als  dai  Voli . 
ta'sche'  Ozoo  auf. 

11)  Es  riecht  wie  das  Volta*sche,  polarisirt  wie  das 
Yolta'scbe^/^lrkt  p))ysiologi8cb  wie  das  Yoita'scbe 
Ozon. 

Das  cbemiscbe  Ozod  nnlMcbeidet  sieb  mit' efneni 
Wötte  mdi  meitoi  bisberigen  V^rsacben  durcb  gai^nidifs 
von  dem  Volta'scben,  und  wenn  Hr.  Williamson  sich 

die  Mühe  geben  will,  in  einige  mit  Luft  gefüllte  und  ei- 
niges Wasser  haltende  Ballone  Pbosphorstticke  mit  rei*- 
ner  Obeüfliebe  zu  bifingen ,  miid  'das  •  Ganze  nia  'wenigö 
Standien  lang' einer  Ttoperator  auszosettttn^iBtf'iiM'«^ 
lileb*  anf  üie  leiebHeste  nnd  btofriedig^dste  Wi»ile'«b«ri 
zeugen,  dafs  meine  Angaben  vollkommen  richtig  sind. 
Warum  Hr.  W.  mit  seinem,  durch  Asbest  mechanisch 
zertbeiltep  Pbosphor  kein  Ozon  erhielt,  lag  gerade  in  der 
Weise,  wie  er  seine  Yersuclfe  anstellte»  begründet'  Ein* 
^1  ertteilgt  ti^,'  Wik'  diefe  obidtt  to^^ftbit ' WiiKda/'bdm 
^frömen  dIer'IMfr  Ober  ftNuspbor  Überbanpt  8«iir  ^«nig 
Ozon,  und  dann  hatte  der  sehr  zertheilte  Phosphor  Ge-i- 
legenheit  das  Bischen,  unter  seinem  Einflufs  gebildete 
Ozon  sofoK  wieder  aufzunehmen;  denn  wie  meine  Ver- 
sncbe  ^^ge&j  'VerseUncKt,  wie  die' OMgetf  Oi^y^bareii 
HHrpeir,  <o^  flticH:d(^r''¥1ioa^bor  das^Ozonv  sey  «  VoIl> 
^a^feben  oder'ebf^mfedbenrXJfsp^iings,  mit  gt^fter'BegMk 
und  wirkt  derselbe,  wenn  fein  zertheilt,  auf  eine  Ozon- 
atmospbttre  geriade  wie  Eisenfeile  u.  s.  w.    Um  freies 


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m 

Ozon  .mit  IKiUe  4e«.  Pboqphomtsu  .erhalten,  .kaop  man 
diber '  nicht  >  woU :  oosfreckmafeigfr'  veiMm*  /  riB  Lnit 
durch  ffHi'Wihiqilten  Phosphor.  strOiimi  UßBffs^ 

rSobliefslich  nur  noch  ein  Wort.  Hr.  WiiUra- 
80 n  ist  offenbar  ein  angebender  Cbemiker;  er  wird  es 
mir  daher,  als  einem  älteren  Manne,  nicht  verübeln,  wenn 
ich  ihm  bei-rfi^eiii  Aalifilft  dfiDiWc^ta^mdewMto»  Rsith  gth^ 
kOalU^lün  elwM  behulsam^r  »a'»eJn^h«f0r  «^Qkier  An- 
gaben, die  das  Ergebnifs  yiel)ahriger.Untler«aA^ngen  el- 
.  nes  Dritten  sind,  sein,  Urtbeil  eröffnet.,      .  ,-. 


Vni.  Per  suche  über  künstliche  Bildung  ygfi  ent- 

^^_f^ißfjlli^m  Blut  durch, .'äK^mi^i^H^S^*^ 

I  ^:  ■    -  .i, 

I9,  dem  «»ßjAtem -deriCirculaitioinMi  ($,*6Afr)  baW/ich  h>er 
ml^  dnseb.  VeiMiiqiie  getilgt,  dab  m^n.  da^fk^; j(p8»t9  iri^ 
Suiten  zmn,  aus  der  Ader  geflossenen  Blut  die  Plbalic^ 
tftt  desselben  so  verringern  kann,  dafs  die  Fasergewe- 
bebildung sehr  vermindert  und  zuletzt  aufgehoben  wird. 
Ebendaselbst  (S,  85)  habe  ich  ber(9iU  angeführt,  dafs 
aeharfe  Anqeien  die  Bl4tg9ripwqg  .^iint«rM|i.  i|p4  ein 
giiot  rtlhea  Serum  erzeugen4  E;».  hg  hiernach  nahe^  drfi 
die  beizenden  and-  entzfinduu  gerregen  den  Aneneien  durch 
Vermischung  mit  Blut  den  entgegengesetzten  Zustand,  wie 
die  Salze,  mtifsten  erzeugen  können,  nämlich  die  Faser- 
|#frdMeb>ldnog.ZU  erhöhen,  und  wie  im  eotziUidiif hf9i^  Blut 

.  deiv  geirOtteten  Farbatofif  ^tur  AfiOomg  im  Fbwnia'iivd 
bn  SMMEi/m;  biba^s^n»  Diese  •Yoreoitfietiung  hat  eich  in 

folgenden  Versuchen  durchaus  foewttfart,  aqs  denen  sich 
ergiebt,  dafs  man  die  Fasergewebebildung  im  gerinnenden 
Blut  durch  Zusätze  yon  reizenden  Arzeneien  erhoben»  und 
dNaae  Krh^^hung  bis  aufadae  Doppelte  der.  im  leupbfii  Bkit 


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I 


sich,  wie  iin  entzündlichen  Blut,  der  geröthete  Farbstoff^ 
in)  PJasiija  lö^L,  (Vprgl.  Allg..  fir^l^^ei^^Kk^fb  ^^48^^^^^ 

1)  Versuclie  mit  Veoeublut  von  einem  gesunden  Pferde. 

'  I 

Das  Blut  ward«  in  Cylindergläsern ,  welche  die  zn 
prüfenden  Arzneien  enthielten,  aus  der  Ader  aufgefan- 
gen, .daaa  zur  freien  Gerinnung  hingestellt,  in  seinen  YeUi 
&oderaqxen :  beobachtet  und  nach  Verlauf  voa  24  Stun- 
dw,  das  Fasergewebe  anf§eimaliei»f.  >  .v,  n  . 

j.'Aaf  4i|8e  AjTt  arbielt'ü^  ^  FasergeWebemen^r 


4i 


[ 
! 

*4. 


d 


a 

o 

Im 


u 


«  - 
I: 


Von  15  Drachmen  reinem  Blut .   •   .   .  . 
^    9  Dr.  Termischt  mit  1  Dr.  Sptr.  campk. 


.9 
-  IT 


1»  i  •  •  O' 

17 


fr 


12  - 

10.  r 

13  . 

20  i 

.  16  - 

-  10  - 

-  IQ  - 

-  12  I 

I  16  I 


mit  G  Dr.  Spir.  campk, 

-  lJ>r.  O/.  Trre6tnf  A. 

-  1  Dr.  eines  Gemcuges 
von  fiieiclien  Theilen 

kiAol  ^  •  .4  * 

p>  2Dr.des8eIb.6emeng. 

-  l  Dr.  Tinct.Pimpinell. 
^  .  '  l  Bx,TinctX:»rUliari4, 
V  -  IDr.  O/.  Pelr«»  .  ,  . 
- '  *  1  Dr.  BtocMl.  Qt(«^ciM 
- .  t  •  2  Dr.  DecocL  Querctu 

-  3  Dr.  Decoet.  Quercu» 
•  -  1  Scrupel  Tinct.  Spi- 
J  r> ;  *  Iaif4.(  Aircg'ucy  Roux ) 

-r  1  Dr.  derselb.  Tinctiur 
1  Dr  Spir.  Cochleariae 

*  \fUim^,Ol.Cajeput 
r-  i  Dr.  OL  Rorifinarini 

•  '2  Grao  Chimim  nUph. 

-  2«r.C|llMiMM^&.aiik 
ehr.  Alkohol  vermischt 

-  1  Gr.  Strychnin  nitric. 
-2Dr. Alkohol  .  .  .  .  . 


•if 


Gran 

13 
13 
11 
10 
20 


26 
23 
11 
10 
15 
20 
17 

lai 

12 
12 
12 
15 

24 


G  ran 

3i 
5| 


7 

3 

^ 

3 
5 


3 

3 

3i 

4| 


17  5 

8  I  2 


1,44 
2,40 
2,03 
1,66 
1,97 


2,N 

2,25 
1,52 
1,66 
2,08 
1,66 
1,57 
1,41 

2,00 
2,00 
1,81 
?,08 

2,74 
2,(Jü 


1,57 

1,9 

Ml 


0,36 
0,64 
0,50 
0,41 
0^1 


0,6» 

0,68 
0,41 
0,41 
0,41 

o,4r 

0,41 
OyU  . 

0,50  > 
0,50 
0,53 
0,65 

0,72 
0,50 

0,46 
0,47 


* 

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das  den  Vormitfag  gedurstet  hatte,  daher  concentrirter 
war.    (Vergl.  Versuche  des  menschl.  Lebens,  S.  311.) 
Ich  erhielt  an  Faserte  webe  auf  die  angegebene  Art: 


a 


a 


'JS 
u 
3 


e 


Tob  15  Drachmen  reioem  Blut  

-  11  Dr.  mit  5  Gr.  Campher  vermischt  .  . 

-  ^19;  iTjur, '  2Ö. Tropfen  Aet/ier  tulph.  .  . 
•  llT  -   -  STr,TineL»pilanih.olerac. 

-  IS  »  ?•  10  Tr,Tinei.PimfnfulUu.  . 
jtK>^^*i  tti.  10      Tinct.  Opüsimpl,  .  . 

-  7  -  -  2  Grau  Morpl.  actiie,  • 
-':14  -      ■  7  Tr.  O/.  Fetrae  .... 

20'  -      [10  Tr.  O/.  ftitafMor.  a«fA. 
-?18  -  ^  flOTr.O/.7VreMiifA.f2iiW»KM. 

10  Tr.  Ol.  tg&tnaw»-»-»  w 

5  Tr.  Creosot  

8  Tr.  O/.  Horismarini  .  • 
OTr.  O/.  Caryophyllorum 
10  Tr.  Ol.  CMjepm  i  ,  . 

10  Tr. -Nerton   . 

|2ft  lV.  aViv«.  CiimamowU 


—^18 

-  18 

-  16 

12 

-  11 

**ayo 


ZILL 


T 

Bcschaffinl^eit  des  ^j^i|^r||^^jireb«a. 

DaiF ;(ili|rc|if      jvcrschiedenen  Artneiea  ^  tt--^ 

Fasergeweb^  zeif^i  mancherlei  kleine  VersdUedeDbeiten« 
Im  Allgemeinen  v^tfrldaii  dnrch  di^  fttherischeo  Oel^,'<den 

Aclhor  und  die  Tinktureu  gewonnene  Gewebe  sehr . 
ileisclnoth  und  elastisch,  das  durch  Chinin,  Eichende* 
kokt  gewonnene  mehr  |^iu;]^^-..^<f^,^^^^  daa.  dorch  .Rps- 
nua^KoDiicl  ^^MifOl  jgenioniiene  zeichnete  aicb  darch 
efj^  I^^f^i44*i^upe  Farbe  aus,  die  siicE  aoch  nach  Jan- 
gen^)  Einweichen  in  IWasser  nicht  ganz  verlor. 

Auf  dem  mit  Aelher,  Pimpiuelleulinklur,  Paraguay 
Koux,  Aceton,  Morphin  und  Opium  vermischten  Blut 
hatte  sich  eine  Entzündungshaut  |;ebfl(^ei.aiid  die  obento 


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297 

Benskafr^iilleit  dcd'Hkraaii. 

Das  mit  RosiDaiioöI,  Cajeputöl,  ätheriscbem  Senfttl, 
älkobolüBcbem  Teipeothinöl,  Crebsot,  Steinöl^  OpiaiDtink- 
tur  xmi  Morpbin  Terinischte  Blut  war  zu  einei^  so  fesfeii 

Masse  geronnen,  dafs  es  \em  Serum  abschied;  die  mit 
den  übrigen  Arzeneien  vermischten  Blutportioneü  batteu 
mehr  oder  weniger  Serum  abgeschieden.  ' 

Unter  diesen  batten  ein  gelbröfbes^  wenig  mebr  als 
das  reine  Blufsemm,  gefärbtes  Seruin  gegeben:  kampber, 
Eicbendekokf.      *  .  . 

Ein  höchroth  concentrirt  gefärbtes,  aber  klares  Se- 
nun  hatten  gegeben:  OL  Caryophy Horum ^  Ol.  Sabinae^ 
Tinct,  Cinnamomi,  Tinct,  Pimpinellae^  TincL  Spilan- 
ihes,  Aether  sulpL,  Aceton^ 

\     • •    I  ».  J     .  ....  .  '  • 

VeräDderung  der  Blutblasen. 

'   W»  nilroskoiHsMe-  XMersadiung  der  Bfotblasen 

zeigte,  dafs  diese  durch  alle  genannten  Mittel  aufge- 
schwollen, aus  der  platten  in  mehr  oder  weniger  runde 
Formen  Übergegangen  waren,  wie  ich  es  ähnlich  im  ent^ 
zfiadeten  Blut  bescbrieben  habe.  Die  Blasen  erschienen 
dabei  mehr  oder  weniger  ebtftrbt»  in  dem  Maafse  als 
der  Farbstoff  im  Serum  oder  Plasma  aufgelöst  war.  Die 
Bläschen  werden  dabei  von  Ansehen  mehr  oder  weniger 
perlend,  und  erscheinen  um  so  mehr  isolirt,  als  sie  Farb- 
stoff wloren  haben  und  blafs  geworden  sind;  am  so 
mebr  zusammenklebend,  als  sie  noch  roth  erscheinen.  Am 
meisten  waren  die  Blasen  entßirbt  durch  BosmarinOl,  Ca- 
jeputöl,  Terpenthinöl ,  Campberspiritus.  Zwei  Drachmen 
Terpenthinöl  zu  2  Unzen  Blut  gesetzt,  entfärben  die  Bla- 
sen so  vollständig,  daCs  sie  glasartig  hell  aussehen  und 
4m  ganze  Bkit  durchsichtig  wird,  so  dafs  man  die  Bla- 
eaii  für  ifBna&  aii^elöst  balten  kannte.  jAehnlithes.  siebl 
mm  niob'iyepmfsehiiftg  grOfiMrer  Meibgen  toB'  Bei^lmh 
*  rinöi^  Steinöi,  Aetber,  AlkolK>l  mit  Blut.    Je  geringer 


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298: 

die  Menge  der  xiiiii*filiit  gesefM^B^idMiischeii  Oele  isl, 

df^&io  weniger  entfärben  und  verändern  sich  die  Blasen. 

.» ,  Die  Tinkturen  (von  Opium,  Zitntnt,  Piiupine)Iei:^- 
^Tjonel,  Cantbarid<eD^  eotfärbeq  in  den  an^egebeoe^i  ^efi-^ 
geil  4^  glasen  weniger dahiyr  ersch^ioen,  sie  nyebr  ^yifj, 
g;escbwo)len»  undorcbsicbtig  gefärbt.    ,  '  j^j 

Im  Ganzen  wird  durch  alle  genannte  Mittel  die  Cpn- 
tractilität  und  Reizbarkeit  der  Biascnmembranen,  wie  im 
<^tzüpdiichen  Blut,  aufserordentlich  erhöht,  und  um  so 
mehr,  je  mehr  sie  entfärbt  sind.  Man  sieht  diefs  auf^ 
ffilleDd,  'W^DO  man  die  durch  Stberiscbe  Mitlel.  aufge- 
achwolienen  Blasen  in  S^zwasser  bringl,  wo  sie  augen- 
blicklich sich  im  höchsten  Grade  zusammenziehen,  ab- 
platten und  verkleinern.  Die  in  Blausäure  gelähmten 
Blasen,  auch  die  Bjasen  aus  Coniinblut,  werden  gelähmt; 
dagegen  durch  Opinm,  Chinin,  Strychnin  die  Contraction 
erhöbt  wird.  ^ 

f.'>-  Mehl*  peilend  erlebeinen  die  Blasen  nach  Rosmtorindl, 

Tcrpenthinöl,  Cajeputöl.     Mehr  confluent  nach  Opium, 
Zimmt,  Pimpinellentinktur,  Chinin,  Strychnin,, Eichende«^ 
hokt,  Aetheryi^enföl^  Spiritus  Cochi^aria^f^  ('i-  uonno'i 
.  .  i'.     '  '       :  ' '  '    •'  •  ..... 

'  •  ...     ^     •   .   ^  •   •  .•..•:•'!.!.. 

IX.  .  Notiz  über  die  üniersuchungm  des  Eise^ 

.  .  4ils  fesißn  Körpers;,  i^oß  TV.  S^ri^i^e^ 

'    (Am        Butt^tt  de  U  Cäüse  p9^i^9*9iMuL  Si't^M  de- 


r  .  t. 

I  f  •  ■    *  '  '  I  t  f  '  »  '  ' f 


Nach  den  Angaben  von  PI.  Heinrich  soll  die  Aus- 
dehnung des  Eises  als  festen  Körpers  für  80°  B.  0,024512 
der  Länge  betragen.  Diese  Zahl  figurirt  «0  naswntUGh 
iMi..Grehl<sf*a^phy8ihiiUsehfl0i  WMmjbariittyi'aeQA  Aas- 
galM^*  und-  in'  den,  S.obaiMe|cbe(r*8dia»»4akitediaitt. 
\Wim  sie«  richtig,  n»«  betrüge^  die  Lttngenftndening  des 


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« 


Eises  mehr  als  das  7  fache  gegen  die  des  Zinks,  welches  ' 
uoter  allen  andern  festen  Körpern,  und  oameollich  allen 
Metallen,  die  stärkste  AusdeUiiU9g  hat.  An  der  Richtig* 
k#it  4er  Angahe. HeioTicii's  xvfeifelfi«  ich  ling^,. 
ihr  zafolge  hei  eioer  Temperatorlndernag  von  20® 
die  LängeoTerSodenMig  des*  Elses  nahezu  betragen 
müfste,  oder  etwa  22  Fufs  auf  eine  Werst  Eis.  Das  wi- 
derspricht aber  den  Erscheinungen,  welche  unsere  Eis- 
flächen im  Wioter  darbieten,  die  zwar  die  Thatsache  der 
Zo^ttinmeipziehang  des  Eises  bei.  zuoehmender  Kälte  Qher 
•Ile  Zweifel  erhebeo,  aber,  doch  keinesweg^'  i,  B.  anf 
der  Entfeniiing  Von  24  Werst '  zwischen  der  Mfindung 
der  Newa  und  Kronstadt  eine  Summe  der  Spalten  uud 
der  Verschiebungen  am  Ufer  von  über  500  Fufs  dar- 
bieten, wenn  plötzlich  nach  Thauwetter  eine  Kälte  von 
Üher  2ü**  R.  sich  einstellt  Weqn  aber  ein  deutscher 
Phjsilier,  lfr>  Petzholdt,  vtoäk  im  Jahre  1B43  ans  di* 
recten  Verisuchen  hat  beweisen  wollen,  dafs  des  Eis  sich 
bei  zunehmender  Kälte  ausdehne,  und  darauf  eine  neue 
Theorie  des  Vorrückens  der  Gletscher  begründete,  so 
sieht  man,  dafs  er  einen  verunglückten  Cabinetsversuch 
(lemacht  hat»  ohne  die  Erscheinangm  in  der  Nator  za 
kennen,  über  die  ihm  jeder  Ban^  des  NordInndfa  hIttB 
Auskunft  geben  können. 

Schon  seit  längerer  Zeit  beabsichtigte  ich,  die  Ver- 
suche über  die  Ausdehnung  des  Eises  Torzunebmen,  für 
deren  Tolbtändige  Ausdehnung  sich  in  Pulkowa  alle  vor- 
theilhafte  Um^Ulnde  Tereinigteo.  Die  Wichtigkeit  des 
PliSnomens  in  Bezug  auf  die  noch  immer  schwebende 
Frage  über  die  Bewegung  der  Gletscher  hat  mich  jetzt 
zur  Ausführung  schreiten  lassen.  Ich  übertrug  die  Ver- 
suche zweien  |üngeren  Gelehrten  unserer  Sternwarte,  dem 
Hni«  Schumacher  aus  Copenhagen  und  dem  Me- 
cbwDiker,  Hrn.  Pohrt  Die  Versuche  sind  bis  jetzt  an 
twel'EätcjriÜndeni  aoelnftlrelem  .Wasseiv  Qher  5  Fufs 
Länge,  ausgef(ibrt  worden,  un4  gf^eo  vom  -»1^  R.  bis 


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30(1 

auf  —22®  R.  Vorläufig  berechnet  sind  nur  erst  die 
Schumacher' sehen  Versuche,  bei  welchen  die  Diffe- 
ranzen'  der  mittleren  Temperatur  in  den  drei  Haiiptrei- 
hen  auf  I5^85,  13^21  änd  i5^6&geheD.  DiesaRedu 
irang  hat  gegebenr  •  •  '  • 

1)  Die  Ausdehnung  für  80<>  R.  =0,0(1929  aud  der  1.  fieihe; 

•  '     •  532  -    -  2.     -  • 

•  529  -    .  3.  - 

i-.h        .  ri  M.    -    Littel:  « 

^2)  Sein-  nahezu  ist  die  Ausdehnung'  von  — bis  — 22° 
,  dur(:h  alle  Grade  d^s  Thermometers  eiue  deichfOr- 
mige. 

3)  Es  jpt,,al80  der  Coefiicient  iroii  PI.  Heinricji 
0,024512  gänzlich /alsclip  iin^  gegen  fünf  Mal  grö- 
\  fser  als  unsere  Versuche  ihn  eeben.  ^  - 

Die  Versuche  gehen  noch  fort.  So  wie  sie  geschlos- 
sen sind,  werde  ich, der  Acndeniie  die  beiden  Arbeiten 
der  HH.  Schumacher  und  Pohrt  vorlesen,  nebst  den 
aus  beiden  eeiolgerten  SchlÜJBsen.  , 

X.    Dr.  P etzholdt* s  Versuche  über  die  Dich- 
,  tißkeif  des  Eiscfi  bei  verschiedenen  Tempera- 

I   ,      .             :    -  >.         .  ,  •         .   ,  j 
 r- 

Die  im  Winter  I8|4  von  Hrn.  Dr.  A.  Petzholdt  zur 
Ermittlung  der  Dichtigkeit  des  Eises  bei  verschiedenen 
l'empe^turen  angestellten  Versuche  ^),  woraui^  icli  das 
Resultat  berechnet  hatte.  daCs  das  Eis  bei  S^unahme  der 


1)  Diefs  Mittel  iiiiniDt.uanllcli  mll  ^cn  von  C  Bronner  durch  Wfi- 
«hig  gcfu&debeii  Werth  6;<M395  ISlr  1*  C,  -«ra«  ijsr  eben  lUra- 

-  '  WaOMi  (Mr  O^maa'nuMW.-  (8.  Ada.  ,  M.  M,     lia)    •  H 

2)  A.  Petiholdt,  BeiUrSgc  lur  GcogocMie  von  Tyrol,  1843.  ' 


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m 

KSlfe  ■ich  üffscMme-niid      Abnalme  4enelbei^  sich  zu« 

zammenziehe,  siud  yqn  Demselben  in  den  beiden  fol- 
genden Wintern  fortgesetzt  worden.  Hr.  P.  sah  bei  die- 
sen neuißfi  Ve^si^^i^hen  von  künstlich  erzeugter  Kälte  ab, 
und  waMtü  -aHMT  Ofebiigkeiltebestuninnng  dei»  Weg  der  di- 
recten  Messung.  Er  schlofe  sn  diesem  EndzWedie  Eis- 
stCicke  in  ein  mit  Quecksilber  gefülltes  Glasgeßlfs  ein, 
durch  dessen  eingeriebenen  Glasstöpsel  hindurch  eine  an 
beiden  Enden  offene  Thermometerröhre,  so  wie  ein  Ther- 
nometer  in  das  Quecksilber  binabreichfteii.  Des  SUnd 
des  Quecksill|tn«iii^der.Glatfabr6.1ie^  ancfadeai  irorher 
die  Ausdehnung  des.  G^fSU^es  «rmpttctU  worden  war,  auf 
die  Ausdehuung  oder  resp,  Zusauimenziehung  der  Eis- 
stücke schliefsen.  Als  ferner  im  Anfange  dieses  Jahres 
Hr.  C.  Brunn  er  in  derselben  Absicht  angestellte  Ver- 
snohOibiekAoiit' Machte  ward  aneh  die  Brun  »er 'sehe 
MMbode'Bk  bJrdl46latüeher^  W%ung  in  Stelii4d  .yan  Hnni  - 

in  Anwendung  gebracht  Aus  allen  diese»  Versucheni 
so  weit  sie  von  uiir  der  Bechnung  unterworfen  werden 
konnten,  habe  ich,  entgegengesetzt  der  früher  aufgestell- 
ten Behauptung,  das  Besultat  gefunden,  dafs  sich  bei 
ihnen  das  Eis,  me  festen  Körper^  bei.  Tempfraiw/^ 
abnkthme  zusammg^ag  und  bei  Temper^Utrerhäbung  aus^ 
dehnte.  Ein  znveriSssiger  AusddiiiongseoSffielent  konnte 
aber  bis  jetzt  noch  nicht  bestimmt  werden,  da  theils  nicht 
hinreichend  grofse  Eisstücke  benutzt  worden  waren,  theils 
nicht  hinlängliche  Temperaturdifferenzen  zu'Gebote  stan* 
ddn,  '«ndJich  «ttch  bei  .der  directen  Messung. sich  Feh« 
lerquelUn  »eigtln^  die  *  IKKch  nicht  gfinzVeh.  beseitigt  wer? 
den  konnten.  Im  Laufe  des  nSelisten  Winters  gedenkt 
daher  Hr.  P.  unter  möglichst  günstigeren  Umständen  seine 
Beobachtungen  fortzusetzen,  namentlich  mit  Rücksicht 
auf  den  Versuch  tob  Hm.  Marchand,  der  we99n  der 
GffOise  d«a  in  Anwendmig  gebiacbteu  EisstOckes  und  der 
Benutzung  des  Qabcksllbel^  mt  hydcostatisifteii  WSgung 

1)  ]d  dieser  ^tichrift,  SUidi  I,.  daucs  Jahifsofu« 


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3(» 

vor  allen  früheren  den  Vorzug  verdienen  dürfte  Je- 
denfalls wird  Hr.  P.  dann  selbst  das  Nähere  ausführlich 
mittheileo. 

'  Ostaiar  Forty 

.  '  Ldbrer  4«  Miiliürtiiil  Sa  Bniimi 


XL    Ueher  die  Bildung  der  unterjodigen  Säure, 
und  die  beiden  Umwandlungen  dieser  aeuen 

•  Säure  staUßnäendea-  ReacUoMn;' 

•    •  •  vöm  'Dr.  Koene. '  •  * 

•  PrafeMor  der  Chemie  an  der  UnivertiUt  tu  BvOhA  • 


Seitdem  die  schönen  Untersacbung^n  der  HH.  Balard, 
Gay*LosMc  und  Peldttze  fibef<  die  Elnwirkaog.  des 
Ghlorr  eof  das  Queeksilberoxjd  bekannt  g^wordeä  sindt 

und  die  Existenz  der  ünterjodsäure  von  Ilrn.^  Millen 
bewiesen  worden  ist,  haben  alle  Chemiker,  welche  die 
Analogie  berücksichtigteu ,  die  zwischen  dem  Chlcur  und 
dem  Jod  bemcbt,  diesem  letzteren  das  Vermögen  nh 
f^cbrieben»  unter  gewissen  Ümstlndeii  die  der  düofi- 
ge»-nhd  der  untercblori^n 'SSnre  enfapredienden  Sl«« 
ren  zu  bilden.  Wenn  man  auf  die  innige  Verbindung 
Rücksicht  nimmt,  welche  zwischen  der  Wissenschaft  und 
den  Ideen,  die  ihren  Fortschritt  leiten,  besteht,  so  muCs 
es  sfehr  wahrscheinlich  werden^  Mm  diejMHgen,  welche  die 
Bitdong  der  Oxjsanren  des  Ohioni'etsdiften,  Unterso^ 
ehuB^en  angestellt  haben  oder  in  diehem' Augenblieke  a»* 
stellen,  um  die  entsprechenden  Säuren  des  Jods  aufzu- 
finden. 

Aber  obgleich  die  jodige.  nnd  die  uoterfodige  Sttwre 
sieh  'bilden  können»  so  kann  man  sie  d(Ook  nieht  unter 
den.  Ueistlaiien:  erhalten,  wtkiie  di4  BflduDg  der  eUwi» 

1)  S.  Erdmanii*«  Jonni.  für  pract.  Chenue,  Bd.  35,  VithA*  • 


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303 


gen  ^«wd'  a«/.  cmiAltobloHgen  MiiiMfeg^ti^ehv*  Diefs 

Kbgt  vorzüglich  an  dem  Streben  der  Jodsäure,  sich  alle- 
mal zu  erzeugen,  wenn  sein  Radicai  sich  mit  dem  Saiier« 
«toff  verbindet.       ^  .  : 

'Wbait  iBiBn  bei  der^ewöhaUoben  Tenifefiltar  da» 
{lod  nU  <d«ii  'QiwoksUbvroxyd  iu  BerOlmag/ bringt  ^  «o 
«tttdtiBfat-  «Mb  i»3  niidi  Jodfoeckäilbtr  ited  jodsaures 
Quecksilberoxyd;  wenn  man  aber  die  Mischung  erbittt» 
so  findet  mau  nur  Jodquecksilber  und  Oxjgengas.  -i 

Wean  whxi  QDtercbloriodige  SSdre  aüf  Hg  eihiwir> 
k0D  Mit,  re«f^  dftsoGbl^^  «I«  ob  es  frei  w9re.  Jod 
getxlI'sieM  da^^K^wö  'di«:  AfBilitSten  des  Chlors  in's  Spiel 
gebracht  worden  sind.  » 

•  «Wenn  man  eine  Aviflösuug  des  Jods  im  AÜLohol 
mit'  auf''tttydtiiem '  Weg6  i^ereltetefi'  umscbätfelt,  so 
eotförbt  sie  sich  äof  i^ine  merklithä  Weise,  iind  es  setzt 
sich  Jodquecksilber  ab.   :  » 

Aber  wenn  man  sich  in  diesem  Falle  des  auf  nas- 
sem Wege  bereiteten  Oxjrds  beiHent,  so  entfärbt  mh 
die  Fiüssigkeit  demaüm*.  da&.  «ie  ne^h  .«itwgea  Secßuoh 
den  gant  biaffigdb  Istj  •       .  - 

Wemirmaa-.  In  diesem'  Aagenbljeke  einen  Theil  von 
ihr  durch  Quecksilberoxjd  sickern  und  in  eine  Auflö« 
sung  von  Stärkmehl  fallen  läfst,  so  wird  diese  milchig 
io  folge,  .4es  ilgJo,  daß  <lie  alkoholhaltige  Flüssigkeit 
in  Qieg^nwart..  des.  iWa^ers.  iabrep  Wst,  ,  Bald  nacl^p 
b|Br;iTii:d  die  St^fl^eaiiflOfiqng  purp^r&rben  und  9m  Ende 
Xio|etf. 

Wenn  man  die  alkoholhaltige  Auflösung  durch  Pa^ 
pier  seiht,  sp  wird  die  Stärkeauflösung  durch  ifire  Be- 
rfibrung  augpoblicklich- vioi^tt^  gefärbt. ,  Sie  wird  im  Ger 
gentbeile  miichigt,  w«Bn  jenß  nicht  abgelilärt  ist  und 

einen  Ueberschufs  von  Hg  in  Schwebe  hält,  welches  die 
vermittelet  des  Jods,  hbli.^ljrbie  $üU:keauO0simg  .i^nl^ 
färbt.  .  ,1 

I .    Die  FiOssigkeit  wird  auf  der  Stelie  dunlielblau,  wenn 


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•M 


Biati,  anatatt  Üft  atitlltoble  alkohoUmkigft  AnflOMH«  4cr 
SUlrkMlilanflOiliog  iuiizi»n(fügeD».äeiifBf  üadi  dar  Ab- 
klärung mischL  :     '  ' 

Eine  durch  Quecksilberoxyd ,  Papier  oder  gestofse- 
aes  Glafi  geseihte  Auflösimg  läfst  ebeufaik  Jod  fahren, 
setzt  etil  'imfaelB  PaWer  .ab»,  tmd  nimmt  oadi  Verlauf 
eioigef.  Stiteden  eine,  jcsbeotiac  stafke  EirlNMlg..aii;  ab  die 
AafltaiDg  dea  Joda  in  Alkobal»  die  zn  den  Xmathum 
gedient  hat. 

Aus  diesem  Allen  geht  heryor,  dafs  das  Jod,  in  AI- 

kohoL  aii%alM»  sich  auf  Kosten  des  SauenlofiiB  dts  Hg 
<mj(dirt^'Qed  eine  yerbwduitg.lNyely  'dicf.aicb  bei  ikmi 
Entotehen  Terwandelf. 

Es  giebt  folglich  eine  Oxysäure  des  Jods,  welche 
weniger  Sa^e^sloff  enthält  als  die  Jod-  und.die  Unter- 
{odsäare«.  Die  Aaalpgie  enndcbtigt  uns,  aie  .als  .die  der 

Cl  entsprechende  Sftore  zu  betracbten. 

'  Um  diefs  zn  bestätigen  verschaffte  man  sich  reines 

und  trocknes  Jod,  indem  man  Cu' Jo  mit  Mn  destillirle 
vtad  das  erhaltene  Product  unter  «einer  Glocke  neben 
einer  Schale  mit  Schwefelsaure  ti'ocknete.'  Mm  Iltele 
bierron  • -1,712  Gm.  In  SSgradfgetn  (B)  Aikohbl  auf, 

schüttelte   die  Auflösung  10  Secunden  lang  mit  einem 

Ueberschufs  von  auf  nassem  Wege  bereiteten  Hg,  und 
seihte  sie  durch  eine  möglichst  kleine  Masse  Von  Asbest 
Schön  während  der  'Filtration  fing  die  FlQssigkeit  ad  sich 
merklich  zu  trOben  und  ku  färben,  nnd  als  dife  H&lfte 

hindurchgegangen  ^var,  sah  man  sich  genöthigt  die  Un- 
tersuchungen nur  auf  diesen  Theil  zu  beschränken. 

Die  24  Stunden  lang  sich  selbst  iJberlassenc  Auflö- 
sung'hatte  eine  weniger  kräftige  Farbe,  als  Vor  ihrer  Mi« 
scfauDg  'mit  dem  Queckäilb^bxyde/' 

-  Um  die  Menge  des  freigewordenen  Jods  zu  bestim- 
men, destillirte  man  die  abgeklärte^  Flüssigkeit  (das  weifse 
Pulver  hatte  sich  während  der  Verwandlung  abgesetzt^ 

•   '     .»•..*.     '/   •  •     :  wmA 


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305 

« 

and  um  die  letef^n  Spuren  des  Jods  fortzubringen,  be- 
diente man  sich  des  Alkohols,  mit  dem  man  den  Nie- 
derschlag gewaschen  hatte. 

^       Man  fi^te  zu  dem  der  Einwirkung  des  Schwefel- 
{  wasserstoffg^es  ausgesetzten  Producte  der  DeBtillation 
'  zwei  Mal  so  Tiel  luftfreies  Wasser  hinzu,  als  sein  Vo- 
lum hätte  fassen  können.     Die  abgeklärte  und  vom  Al- 
kohol befreite  Flüssigkeit  gab  0,048  Schwefel,  welchem 
0,376  Jod  entsprechen, 
f  *       Der  Niederschlag  selbst  wog  0,133  Grm. 
j      Diese  Substanz  ist  ein  ToUkommen  weifsea  Pulver 
*obnc  krystallinisdie  Gefüge,  unauflöslich  im  Alkohol,' 
wenig  auflösbar  im  Wasser,  auflösbar  im  Ammoniak. 
^  Schwache  Salpetersäure  scheint  nicht  auf  sie  einzuwirken; 
i  «oncentrirte  Salpetersäure  (HN)  roagirt  eist  recht,  wenn 

man  die  Temperatur  erhöht;  concentrirte  Schwefelsäure 
.  ... 

(HS)  löst  sie  nur  in  demselben  Falle  auf;  mit  achweß- 
\  liger  Säure  bildet  sich  Jod  in  der  saureu  Auflösung.  Eine 
Auflösung  von  Kali  im  Alkohol  scheidet  dayoa'Hg  ab, 
-ohne  sieh  zu  ftrben.  HCl  löst  sie  auf,  läfst  Chlor  ent- 
weichen, und  bildet  Chlorquecksilber  und  chlorjodige 
Säure 

^)  Man  vvei£s,  dafs  durch  die  Einwirkung  des  HCl  auf  Jo  oder  aaf 
ein  jodsaures  Salz,  aufser  einer  Verbindung  des  Chlors  mit  dem  Jod, 
auch  Chlor  sich  bildet.  Man  welfs  ferner,  dafs  das  Chlor  mit  dem 
im  Wasser  eingerührten  Jod  eine  Verbindung  eingeht,  aus  der  die 
kohl  ensaurcn  Alkali  eine  grofse  Menge  Jod  niederschlagen.  VN'^cnn 
man  endlich  der  Verbindung  JCP  genug  Jo  hinzufugt,  um  JCP  zu 
bilden,  so  erhält  man  mit  Hülfe  einer  .gelinden  Wärme  eine  flüssige 
Verbindung,  die  beim  Erkalten  zu  Krystallen  anschiefst,  und  deren 
Auflösung  Im  W^asser  fast  dieselbe  Farbe  hat,  als  die  oben  erwähnte 
^  Verbindung  des  Chlors  mit  dem  im  \A' asser  eingerührten  Jod,  und 
mit  den  kohlensauren  Alkali  tu  derselben  Erscheinung  Veranlassung 
giebt. 

Hieniaeh  scheint  es,  d«1k  sieh  m  Gegenwart  des  Wassers  chlor- 
jodige Saure  bildet,  mag  Cl  auf  Jo,  oder  HCl  auf  Jo  oder  auf  eio 

jodsaures  Salz  reagiren. 

PoggendorfPs  Aanal.  Bd.  LXVl.  20 


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SM 

Uater  äSO^  bleibt  diese  Verbindong  anrrerandert, 
und  ▼erlieft  Bldits  von  ihrem  Gewichte;  aber  Uber  die- 
sen Wärmegrad  hinaus  läfst  sie  Wasser,  O  und  Jo  ent- 
weichen, und  verwandelt  sich  in  Hg  Jo,  welches  schmilzt 
und  sich  in  O  und  IlgJo  zersetzt,  wenn  die  Tempera- 
tur 300**  Obersteigt. 

Diese  Merkmale  kämen  einem  jodsauren  Quecksil 
beroxyde  zu,  welches  mehr  als  1  Acquivalcnt  Säure  ent- 
hält.   Diese  Folgerung  mufs  durch  die  Analyse  bewährt 
werden. 

Weil  indessen  dieses  Salz  sein  Wasser  nur  unter 
einer  Temperatur  fahren  läfst,  die  zu  gleicher  Zeit  ehieil 

Theil  der  Stiure  zersetzt;  weil  man  ferner  die  Menge 
dieses  ^^'^ssers  nicht  dadurch  bestimmen  kann,  dafs  man 
zu  dem  öalze  ein  Oxyd  hinzufügt,  welches  energischer 

als  Hg  wirkt,  und  dann  das  Ganze  erhitzt;  weil  endlich 
bei  der  Behandlung  mit  einem  Ueberschufs  von  Natron 

dieses  Alkali  mit  der  SSure  auch  ein  wenig  Oxyd  hin- 
wegnimmt,  so  glaubte  man  zu  einem  wenigstens  eben  so 
genauen  Resultate  zu  gelangen,  wenn  man,  anstatt  die 
drei  binären  VerbiodungeD,  did  das  Safe  ansmaeheo,  zu 
isoliren,  das  Oxyd  nur  als  Metall  bestimmte  und  hieiv 
nach  die  Zusammensetzung  des  Salzes  berechnete. 

Auf  diese  Weise  gaben  0,24  der  Substanz  0,065  Hg. 
Diefs  führt  auf  die  Zahlen: 

Gcfundeo.    Aeqoival.  Berechnet. 

.Quecksilberoxvd  29^16  2  .  aCV07 
Jodsäure  —  3  ^,70 

Wasser  —  1  1,23. 

'  '  Dieses  Salz  kann  offenbarerweise  nicht  mehr  als  I 
Aequiv.  Wasser  enthalten.  Da  diese  Menge  wegen  der 
verschiedeneu  Verhältnifszahlcu  des  Wassers  und  der 
Jodsäure  eben  so  wenig  auf  die  berechneten  Zahlen  ein- 
wirkt, als  der  unyermeidlicbe  Verlust  an       so  ist  man 


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307 

ermächtigt  dieses  Resultat  als  einen  materiellen  Beweis 
ffir  folgende  Zusammensetzung  anzusehen: 

(2HgJo+HJo), 

und  zu  bebauptcn,  dafs  man  irrthüinlicherweise  dem  Hg  Jo 
das  Vermögen  zugeschrieben  hat,  sich  merklich  im  Was- 
ser aufzulösen.  »Das  jodsaure  Kali  schlägt  die  Ueber- 
sähe  des  Quecksilbers  nicht  nieder«,  sagt  der  Baron  The- 
nard.  Diefs  Ist  nodi  ein  Irrthum.  Denn  dieses  Salz 
bildet  in  einer  wasserhellen  Auflösung  von  Hg?i-  einen 
reichlichen  weifsen  ISiederschlag.  Diefs  findet  in  der 
That  in  einer  Auflösung  von  Hg  Gl  nicht  statt,  was  aber 
an  der  Bildung  einer  eigenthOinlichen  Verbindung  liegt» 
die  ich  besonders  untersuchen  werde. 

Un^  sich  von  der  Qildung  des  Hg^  Jo^  Kechenschaft 

1  712 

zU  geben,  mufs  man  sich  erinnern,  dafs  von  -^^—=0,856 

Jßd  cÜe  Httl&e  (0,43&)  sich  durch  die  Bildung  meier  ' 
im  Alkohol  auflösbaren  Verbindungen  osjdirfc  hatt 

2  Jo  4- Hg = Jo -f- Hg  Jo. 
Ple  unteijodig^  Säure  bildet  bei  ihrer  Umwandluiig:  .  . 

I       .    '  .  5Joa9Jo^-4Jo. 

Wenn  Jo  nach  dieser  zweiten  Umgestaltung  keine 
Veränderung  erlitten  hätte,  so  hätte  man  vermittelst  des 

HS  eine  den  ^^4^— =0,342  Jo  entsprechende  IVfenge 

Schwefel  erhalten  mOssen.  Man  erhielt  aber  0,048  S 
=0,376  Jo,  weil  die  Jodsäure  durch  ihre  Reaction  auf 
das  Jodquecksilber  anderthalb -}odsaures  Quecksilberoxjd 
ood  Jod  bildet: 

17  Jo+ lOHg  Jo=:5Hg^  Jo» -I- 12  Jo. 

Aufser  den  4  Aeq.  Jo,  die  von  den  5  Aeq.  Jo  frei 
werden,  entspringen  noch  \^  Jo  aus  der  gegenseitigen  Re- 

.V. 

aüßtioli  der  Jo  und  des  HgJo: 

17  ( 5  Jo        Hg  Jo =TVHg»  Jo^  +  4 14  Jo  ), 

20* 


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«BW 

0 428  4 '  ° 

80  dafs  man  — — =^—^bO,401Jo  hatte  erhalten  mfissen, 

wenn  dieser  Stoff  nicht  auf  die  Elemente  des  Alkohols 
reagirt  hätte.  Man  weife,  dafs  das  Jo  mit  dem  Wasser- 
stoffe des  Alkohols  mit  der  Zeit  HJo  bildet,  und  diefs 

wird  um  so  eher  statlfindeu,  wenn  man  eine  alkoholhal- 
tige Auflösung  von  Jo  destillirt.  Man  kann  folglich  nicht 
alles  Jo  erhalten,  welches  frei  geworden  i&L  Deshalb 
gab  die  Analyse  nur  0,376  Theile. 

Die  Erklärung,  welche  wir  so  eben  über  die  Er- 
scheinungen gegeben  haben,  die  die  Umwandlung  der 
nnterjodigen  Säure  begleiten,  ist  aus  der  Bildung  des 
Jods  und  der  Jodsäure  gefolgert  worden.  Was  die  Er- 
klärung der  Reaction  betrifft,  die  nach  dieser  Umwand- 
lung stattfindet,  so  kann  man  ihre  Richtigkeit  auf.  eine 
sehr  einfache  Weise  bestätigen. 

Wenn  man  Jodsäure  von  der  Dichtigkeit  des  Sjrups 
in  eine  alkoholhaltige  Auflösung  von  HgJo  schüttet,  so 
wird  die  Flüssigkeit  einige  Augenblicke  nach  der  Mischung 

trtlbe,  und  es  bildet  sich  Jo  und  Hg^  Jo'.  Da  aber  in 
diesem  Falle  die  Jodsäure  sich  nicht  erzeugt,  so  kann 

sie  nicht  eben  so  schnell  zurückwirken.    Selbst  in  dem 
vorher  erwähnten  Falle  ist  die  Energie  der  chemischen 
Wahlverwandtschaften  nicht  stark  genug,  um  die 
action  nach  einigen  Stunden  zu  bewirken.   Man  kann 
sieh  davon  Überzeugen,  wenn  man  eine  AnflOsniig'  von 

Jod  in  Alkohol  mit  einem  Ucberschufs  von  Hg  von  Zeit 
zu  Zeit  umschüttelt,  und  die  farblose  Flüssigkeit  nach 
einigen  Augenblicken  der  Buhe  erhitzt.  Sie  nimmt  die 
Farbe  des  Jods  an,  sobald  nur  die  Hitze  zu  wirken 
anfängt. 

Eine  Auflösung  von  HgJo  und  von  Jo  in  Alkohol 
färbt  sich  gleichfalls,  wenn  man.  sie  erhitzt,  und  setzt 

Hg""  Jo'  ab,  während  Jo  sich  Terflttchtig^  Zehn  Minur 
ten  reichen  zur  VoUenduDg  der  Operation  bin.  Dieis 


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beweist,  dal's  die  Theorie  mit  den  ErscheiuuDsen  Uber- 

einstimmt,  ^velcbe  die  ReactioD  des  Hg  auf  eioe  alkohol- 
baltige  Auflösung  Ton  Jo  begleiten,  dafe  folglich  diese 
Iteaction  der  des  Chlors  auf  dasselbe  Oxyd  zur  Seite 

gestellt  werden  kann.  Der  Analogie  zufolge  kann  man 
selbst  aiinehmeD,  dafs  diese  beiden  Metalloiden  in  Gegen- 
wart des  Wassers  und  der  energisch  wirkenden  Oxyde 
ebenfalls  auf  dieselbe  Weise  reagiren.  Während  aber 
die  unteijodigßauren  Salze  sich  bei  ihrem  Entstehen  in 
Jodinetalle  und  in  jodsaure  Salze  Terwandeln,  ganz  wie 
die  unterchlorigsauren  durch  den  Einflufs  der  Hitze: 

6(R-|-Jo)=:3(RJo-i-RJo)=:RJo-|-5RJo, 
so  verändern  sich  die  unterchlorigsauren  Salze  durch  den 
einzelnen  Einfluis  des  Chlors  auf  folgende  Weise: 

3Ria+2Cl=RCl+2Ü+2RCl=:RÜ+2RCi+2Ci. 

» 

XII.    Einige  fragmentarische  Nachrichten  über 
einen  neuen  Stoff  im  Eudialyt; 
von  £•  Spanberg, 

^Ofji'crsigt  uf  Kongl.  f^etensk.  Acnd.  Förhmidl.^  1845,  No.  3,  p.  37. 
—  Es  ist  dicis  die  Notiz,  deren  ISIilihciluog  bereits  im  Bd.  65  dieser 
AnnaleOi  S.  319|  versprochen  wurde.) 


Im  Zusammenhang  mit  der  früheren  Nachrieht  (über 
neue  Erden  in  den  Zirkonen)  theilte  Hr.  S.  Folgen- 
des mit. 

Bei  der  Untersuchung,  mit  welcher  ich  eine  Zeit 
lang  beschäftigt  war,  um  das  Verhalten  der  Zirkonerde 
nSher  auszumitteln ,  sah  ich  die  Nothwendigkeit  ein,  mir 
Zirkonerde  zu  bereiten,  nicht  nur  aus  Zirkonen  von  ver- 
echiedenen  Fondstatten,  sondern  auch,  so  weit  ich  de 
mir  zu  verschaffen  vermochte,  aus  den  wenigen  anderen 
Mineralien,  welche,  den  Analysen  zufolge,  Zirkonerde 


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310 


entfaalteD.    Durch  Hrn.  Prof.  Forehhammer  in  Ko- 
penhagen ist  es  mir  möglich  geworden  mit  dem  seltenen' 
Eudialyt  von  Grönland  zu  arbeiten,  welcher,  nach  den 
Untersuchungen  von  Gruuer,  Pfaff  und  Stromeyer, 
Zirkonerde  ealhält  0*    Hr.  Prof.  Forchhammer  hat 
mich  mit  einer  80  reichlichen  Men^e  des  genannten  Mi- 
nerals yersehen,  dafs  ich  darin  kleine  Antheile  Ton  Be^ 
standlheileu  zu  entdecken  vermochte,  die  der  Aufmerk- 
samkeit der  früheren  Untersucher  desselben  sicher  leicht 
entgehen  konnten,  da  einige  dieser  Stoffe  kaum  0,1  bis 
0,01  eines  Procents  betragen«  ja  sogar  in  gewissen  Stu- 
fen in  noch  geringerer  Menge  ▼orsukommen  sdieinen. 
Anmerkung.    Ich  mufs  hier  bemerken,  dafs  das  un- 
ter dem  Namen  Eudiaht  bekannte  Mineral,  wie  die 
Orthite,   in   seiner  chemischen  Zusammensetzung, 
sehr  zu  variiren  scheint.    Dlefs  erklärt  einen  Theii 
der  Unterschiede  zwischen  den  analytischen  Re- 
sultaten, die  man  angegeben  findet;  aber  ich  glaube^ 
dafs  gevf ifs  noch  mehre  und  auch  sehr  wesentliche 
ferner  gefunden  werden,  sobald  genaue  und  quan- 
titative Analysen  an  reinen  und  homogenen  Exem- 
plaren in  gröfserem  Maafsstabe  als  bisher  ausgeführt 
werden  können. 
Die  Zirkonerde,  wie  sie  nach  den  bisher  angegebe- 
nen Darstell nngswelsen  aus  dem  Eudialyt  erhalten  wor- 
den ist,  zeigt  sicher  Eigenschaften  (wie  die  fast  wcifse 
Farbe  nach  starkem  Glühen),  dafs  man  sie  für  identisch 
halten  konnte  mit  der  aus  den  Zirkoneu.    Nachdem  ich 
sie  indefs  näher  untersucht,  habe  ich  gefunden,  dafs  sie  , 
eine  Menge  von  Stoffen  beigemengt  enthält,  die  zum 
Theil  bereits,  obwohl  erst  neuerlich,  entdeckt  worden, 
zum  Theil  aber  so  eigenthümlich  sind,  dafs  ich  sie  nicht 
anders  als  für  ganz  neu  in  der  Wissenschaft  halten  kann. 
So  habe  ich  darin  einige  Erden  gefunden,  welche  zwar 
v|el^  Aebnlichkeit  zeigen  mit  denen,  die  bis  vor  weni- 

1)  Audi  OMb  4m  «o«  a«U«l«t»erg.    AoMlen,  üd.  ^,  &  149.. 


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m 

^  Jabl-eii  unter  Nafii«a  YiUrfitde  2xmmwkm§MB(t^ 
später  jedoch  in  drei  ^«Mmdert  wurden,  welcbe  «ber  bei 
niberer  Udleff8«ebnng  aocb  von  ibnen  durch  Umstünde 
abweicheil,  die  wohl  auf  neue  V^erwaudtschaftcu  mit  der 
aiteu  Yttererde  hindeuten,  sie  iudets  ^ed«r  mit  dieser, 
noch  mit  dereu  AbköminiiD^en,  der  Xerbin*  und  Erbinh 
erde,  ideDtifieireil. 

Der  Eudialyt  wird  mit  Köuigswatser  bebandelt  und 
die  Kieselsäure  aiiegelatlnbrt»  dann,  nach  Abljltratiou  der 
Kieselsäure,  die  Lösung  mit  ätzendem  Aiinnouiak  gefällt. 
Dieser  Niederschlag  wird  wiederum  ia  Salzsäure  gelöst, 
und  die  sehr  saure  Lösung  mit  Kleesdure  jgefallt.  Der 
Niederschlag  wird  durch  Glühen  von  der  Kleesäure  be« 
freit,  darauf  der  geglühte  Theil,  welcher  sich  nur  noch 
partiell  in  Salzsäure  löst,  bis  zur  vollen  Lösung  mit 
concentrirter  Schwefelsäure  gekocht.    Die  schwefelsaure 
L^ösuog,  verdünut  mit  vielem  Wasser  uud  vereelzt  mit 
freier  Salzsäure,  wird  aufs  Neue  mit  Kleesäure  gefällt. 
Diese  Fällung  mit  Kleesäure  wird  molumals  wieijerholf, 
and  bat  den  Zweck,  den  Niederschlag  zu  befreien  von 
Zirkonerde  und  anderen  Stoffen,  die  zuerst  gefällt  wer- 
den, deren  Niederschläge  mit  Klccsäure  aber  in  Salzsäure 
weit  löslicher  sind,  als  eiu  anderer  Theil  der  Oxjde  und 
£rden,  die  im  Eudialyt  vorkommen.  Nachdem  man  diese 
Operation  4  bis  5  Mal  wiederholt  hat,  wird  derNieder> 
schlag  mit  einem  groCsen  Ueberschufs  von  saurem  klee- 
saurem Kali  gekocht,  und  dadurch  ein  Körper  ausgezo- 
gen, welchen  näher  zu  untersuchen  ich  noch  nicht  Ge- 
legenheit hatte,  weicher  sich  aber .  gröfstentheile  in  der 
l^ortion  findet,  der  ans  der  sauren  LOsung  auf  Zusatz 
von.  Kleesäure  uicht  niederfällt.   Nachdem  nun  das  saure 
kleesaure  Kali  alles  darin  Lösliche  von  dem  Niederschlage 
ausgezogen  hat,  wird  die  Kleesäure  in  dem  Ungelösten 
forlgebrauut  und  der  Hückstaud  iu  Schwefelsäure  gelöst, 
alsdann  die  Lösung  der  schwefelsauren  Salze  bis  zur  voL 
len  Sättigpng  mit  neutralem  schwefelsauren  Kali  vemetxt. 


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tu 

Hiebei  enteteht  eia  Niedenehhig,  welebcr  Cer,  Lanlkni 
und  Didjm  eDthllt,  and  weldm  ioh  niebt  nSher  imter- 
snebte,'  auch  nicht  der  Mfihe  einer  Untersuchung  werth 

halte,  ehe  nicht  Prof.  Mosander  seine  vielfältigen  und 
genauen  Beobachtungen  über  diese  Stoffe  veröffentlicht 
hat;  und  obwohl  sich  mir  in  dem  chemischen  Verhalten 
dieses  Niederschlag  einige  nnerklärliefae  ErsdiefaiuDgen 
zeigten,  so  glaabe  ich  doch,  daCs  sie  erst  vollkommen 
aufgehellt  werden,  sobald  Prof.  Mosander  die  Erschei- 
nungen ,  welche  bei  Behandlung  der  im  Cerit  vorkom- 
menden Stoffe  auftreten,  veröffentlichen  wird. 

Nachdem  von  der  vorbenannten  LOsnng  das  mit  K  S 
FStlbare  abfiltrirt  vforden,  bleiben  in  der  LAsang  zwei 

Stoffe,  welche  daraus  mit  ätzendem  Ammoniak  gefällt, 
dann  in  Salzsäure  gelöst  und  mit  Kleesäure  niederge- 
schlagen werden.  Der  letztere  Niederschlag  wird  durch 
Glühen  zersetzt,  und  die  rückständige  Erde  in  Schwe- 
felsäure gelost.  Die  schwefelsaure  Lösung  wird  in  der 
Wärme  auf  ein  kleines  Volum  abgedunstel,  wo  dann  bei 
einer  gewissen  Concentration  in  der  Wärme  ein  weifses 
Salz  krystallisirt,  welches  hernach  ganz  schwerlöslich  in 
siedendem  Wasser  ist.  Nach  dem  Aüskrjrstallisiren  in 
der  Wärme  wird  die  Lösung  für  sich  vorgenommen,  wie 
ich  weiterhin  erwähnen  will;  hier  mag  nun  Einiges  Aber 
das  Heraiiskrystallisirte  und  die  darin  enthaltene  Erde 
gesagt  seyn. 

Das  Hjdrat,  su  wie  es  aus  der  Lösung  der  Erde  in 
Salzsäure  durch  Fällung  mit  ätzendem  Ammoniak  erhal- 
ten wird,  ist  weifs  und  voluminös,  doch  nicht  so  volu- 
minös als  die  Thonerde,  sondern  am  meisten  der  Be- 
rjllerde  zu  vergleichen.  Beim  Trocknen  schrumpft  es 
sehr  zusammen  und  wird  wie  Thonerdehjdrat.  Es  aus- 
zuwaschen hält  nicht  schwer,  doch  zieht  es  dabei  Koh- 
lensäure aus  der  Luft  an.  Das  Hjrdrat  ist  unlöslich  in 
ätzendem  Kali.  Nach  dem  GIflhen  erhält  man  eine  Erde 
von  blab  strohgelber  Farbe.   Die  geglühte  Erde  löst  sich 


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313 

träge  in  verdQnnten  SSoren  (Salz-,  Salpeter-  oder  Schwe- 
felsäure), so  lange  sie  kalt  sind;  oft  habe  ich  diese  Säuren 
solchergestalt  uud  unter  Üeifsi^em  Umrühren  auf  ^  Gran 
^et^abter  £rde  einwirken  lassen»  ohne  daCs  m  nach  12 
Stunden  gelöst  war;  dangen  VM  sie  whbald,  wenn  die 
Flüssigkeit  auch  noch  so  wenig  erwfirmt  wird. 

Das  schwefelsaure  Salz,  das  neutrale,  kryslallisirt 
leicht  in  ganz  grofsen  prismatischen  Krystallen,  selbst 
ans  einer  sauren  Lösung,  und  besonders  wenn  diese  Lö- 
sung etwas  erwärmt  wird.  Es  ist  schwerlöslich  in  war- 
mem Wasser,  aber  leicht  löslicher  in  kaltem.  Das  kry- 
stallisirte  Salz  enth&lt  2%4  Proeent  Wasser,  welches  durch 
Erwärmung  ausgetrieben  werden  kann,  ohne  dafs  das 
Salz  etwas  von  seiner  Schwefelsäure  verliert;  aber  das 
Salx  verwittert  nicht  bei  einer  Temperatur  von  +90^« 
Durch  Analyse  des  wasserfreien  schwefelsauren  Salzes 

habe  ich  gefunden,  dafs  es  49,137  Procent  S  und  50,863 
Proc.  Erde  enthält,  welches,  unter  Annahme,  dafs  das 
Atom  der  Schwefelsäure  =501,1  und  das  Saiz  nach  der 

  «  •  • 

Formel  RS*  zusammengesetzt  sej  (welche  letztere  An- 
nahme durch  die  basisch  schwefelsauren  Salze  der  Erde 

bestätigt  wird),  für  das  Atomgewicht  der  Erde  1556,  und 
für  das  des  darin  enthaltenen  Radicals  628  giebt.  Diefs 
Atomgewicht  wird  indcfs  künftig  erhöht  werden  müssen, 
da  ich,  wie  ich  sogleich  zeigen  werde,  das  schwefelsaure 
Salz  dieser  Erde  nicht  mit  grofser  Genauigkeit  von  dem 
schwefelsauren  Salz  einer  anderen  Erde  reinigen  konnte, 
für  welche  letztere  Erde  ich  ein  weit  geringeres  Atom- 
gewicht, nämlich  480,5,  gefunden  habe.  Die  Zahl  1556 
mufs  daher  nur  als  eine  ungefähre  Angabe  betrachtet 
werden;  sie  war  schwer  genauer  zu  bestimmen,  da  mein 
ganzer  Vorrath  von  dieser  Erde  nicht  mehr  als  6  Deci- 
gramuien  betrug.  Das  neutrale  Salz  ertrügt  starkes  Glü- 
hen, ohne  mehr  als  eine  höchst  geringe  Menge  seiner 
Schwefelsäure  zu  verlieren,  und  vielleicht  mag  dieser 
geringe  Verlust  davon  herrühren,  dafs  es  bisher  nicht 


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814 


vollkoiumeu  reiu  erbaltea  wordea  Uu   lias  krjrsumüicle 

Sab  bat  die  ZasammeDsetzung  R  S*  +BH« 

Setzt  man  Ammoniak  za  einer  neutralen  LOsang  des 

schwefelsauren  Salzes,  so  enlsteht  wohl  eine  Trübung, 
aber  sie  verschwindet  anfangs  wiederum  beim  Umrühren 
der  Flüssigkeit,  bis  diese  mit  dem  neugebildeten  basischen 
Salze  gesättigt  ist;  alsdann  wird  der  Niederschlag  be- 
ständig. Bei  Bereitung  dieses  basiseben  Salzes  muis  man 
natürlich  einen  Theil  des  neutralen  Salzes  in  der  Lösung 
zurücklassen.  Das  gefällte  basische  Salz  kann  auch  nicht 
auf  ein  Filtrum  gebracht  und  gewaschen  werden,  weil 
es  sich  dabei  löet;  aber  befreit  man  das  Salz  durch  Aus- 
pressen zwlsdien'  FUefepapier  von  der  Mutterlauge»  so 
findet  man  durch  Analjse,  dafs  es  ein  wasserhaltiges  ba- 
sisch schwefelsaures  Salz  ist,  worin  Erde,  Schwefelsäure 
und  Wasser  gleiche  Mengen  Sauerstoff  enthalten,  gemäfs 

der  Formel  ii  S+3fi.  Die  Löslichkeit  dieses  basischen 
Salzes  unterscheidet  die  Erde»  wie  mir  scheint,  auf  eine 
recht  charakteristische  Weise  von  anderen  Erden,  und 

überdiefs  spricht  es  sehr  für  die  Zusammensetzung  der  Erde 

nach  der  Formel  Ü.  Diefs  letztere  wird  ferner  durch  die 
Thatsache  bestätigt,  dafs  wenn  das  neutrale  schwefelsaure 
Salz  der  Erde  kalt  mit  einem  grofsen  Ueberschufs  von 

Aetzainmoniak  gefällt  wird,  sich  ein  anderes  basisches 
Salz  niederschlägt,  worin  die  Erde  drei  Mal  so  viel  Sauer- 
stoff enthält,  als  die  Schwefelsäure,  was  also  auf  eine 

  _  •  •  •    •  •  • 

Zusammensetzung  gemäfs  der  Formel  ft^S  hinweist. 

Ein  saures  Salz  mit  S  habe  ich  nicht  hervorbringeu 
gekonnt,  denn  auch  bei  Ueberschufs  dieser  Säure  kry- 
stallisirt  sowohl  in  der  Wärme  als  bei  freiwilliger  Ver* 
dunstung  das  neutrale  Salz» 

Setzt  man  schwefelsaures  Kali  zu  einer  Lösung  des 
schwefelsauren  Salzes,  so  entsteht,  auch  wenn  die  Flüs- 
sigkeit conccntrirt  und  damit  gesättigt  ist,  kein  Nieder- 
schlag; wenn  aber  die  gemeinsame  Flüssigkeit  bis  zum 


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315 


Sieden  erhitzt  wM,  und  sie  nidit  allni  verdOoDt  ist  oder 

zu  viel  schwefelsaures  Kali  enthlilt,  so  krystallisirt  das 
neutrale  schwefelsaure  Salz  der  Erde  heraus,  ohne  mit 
dem  Kalisai«  in  Verbindung  zu  treten.  Läfst  mau  dage- 
geu  eine  gemeinsaiDe  Lösung  vom  neiUralen  firdsalze  und 

KS  freiwilltf;  ididiiiieten,  so  sdile&t  ein  Doppelsalz  an, 

welches  in  Wasser  weit  löslicher  ist,  als  jedes  der  ein- 
zelnen Salze  für  sich,  und  zufolge  einer  approximativen 

Analyse  die  Zueammensetzang  hat:  3kS-h^S'<4-3B. 
Das  salpetcvsawe  Salz  trocknet  zu  einer  strahligen 

krystallinischen  Masse  ein,  die  zwar  weifs  ist,  aber  ei- 
nen änfserst  schwachen  Stich  in's  Roseurothe  hat,  und 
an  der  Luft  leicht  zerfliefst. 

Die  Chlorverbindung,  dargestellt  durch  Lösung  der 
Erde  in  SalisSUire  und  Eindunsleb,  habe -ich  ueht  zum 
Krystallisiren  bringen  gekonnt,  sie  trocknet  hei  fernerer 
Abdunstung  zu  einer  gummi^hnlichen  Masse  ein,  welche 
Feuchtigkeit  aus  der  Luft  anzieht. 

Das  kohlensaure  Salz  erhält  man  durch  Fällung  mit 
kohlensauren  Alkalien;  es  schlägt  sich  wei£i,  nicht  schwer, 
aondern  etwas  volnminds  nieder,  und  IM  .sieh,  obwohl 
nicht  reichlich,  In  kohlensaurem  Ammoniak,  ans  weldier 
Lösung  es  durch  Kochen  wieder  gefällt  werden  kann. 
Durch  Glühen  über  einer  Argand'schen  Lampe  kann  nicht 
alle  Kohlensäure  ausgetrieben  werden.  £8  hat  noch  nicht 
analjairt  werden  kttamen. 

Das  kleesaure  Sek  iBlIt  schwer  nieder,  schwach  infs 
Bosarothe  spielend.   Bei  Untersuchung  zeigte  es  sich  ge- 

wäfs  der  Formel  ft€^+6H  zusammengesetzt.  Durch 
Glühen  kann  die  Kleesäure  zerstört  werden,  und  die  zu- 
rückbleibende strohgelbe  Erde  liraust  nidit  im  Geriog- 
eten  mit  Säuren.  Fällt  man  dagegen  die  Erde  mit  Klee- 
säure aus  einer  Lösung,  die  auch  Kali  enthält,  so  schlägt 
sich  zugleich  ein  Theil  des  Alkali  nieder,  und  nur  dann 
entwickelt  die  Eirde  nach  dem  Glühen  Kohlensäure  mit 
Sftnren.   Säuren  iflsen  das  kleesaure  Salz  äuiserst  schwer 


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316 


und  nur  bei  einer  gewissen  ConceDtratioD«  Beim  Ko- 
chen mit  saoreni  Ueesanren  Kali,  anch  in  grofisem  Ueber- 
sebufs,  ist  es  Tollkomnien  unlDsIidi. 

Anmerkung.  Zufolge  einiger  vergleichenden  Ver- 
suche, die  später  mit  schwefelsaurer  Yttererde  von  YUer- 
erde  aus  Ytterby-Gadolinit  augestellt  wurden,  will  es 
scheinen,  dais  die  angefitihrte  Erde  nichts  anderes  ist  ab 
Yttererde,  dafs  aber  ifie  Yttererde  too  der  ZosamaMO- 

sctzung  R  ist.  Indefs  mögen  künftige  Versuche  die  Sa- 
che entscheiden ;  einstweilen,  bis  die  Salze  der  Yttererde, 
der  Erbinerde  und  Terbinerde  näher  untersucht  worden, 
steht  diese  Erde  aus  dem  Eudialjt  als  eine  problemati- 
sche Yttererde  da;  denn  vergleidit  man  die  obigen  An- 
*  gaben  mit  denen,  welche  über  die  vorher  untersuchte 
Yttererde  vorhanden  sind,  so  ist  die  Uebereinstimmuug 
nicht  besonders  grofs. 

In  dem  Vorhergebeaden  habe  ich  angeftihrt,  dais 
das  schwefelsaure  Salz  der  oben  angelfihrten  Erde»  so 
yne  es  Tor  der  Krystatlisation  in  der  "Wärme  erhalten 
wird,  ein  schwefelsaures  Salz  von  einer  anderen  Erde 
enthält,  welches  viel  leichtlöslicher  ist  sowohl  in  kaltem 
als  in  warmem  Wasser.  Von  diesem  leichtlöslichen  Salze, 
welches  ÜberdiefS  Wasser  enthttU»  habe  ich  nicht  mehr 
als  etwa  1  Decigramm  zu  meiner  Verfügung  gehabt  Biels 
Salz  verwittert  an  der  Lufl  nicht  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur, wohl  aber  bei  einer  Temperatur  von  etwa  90® 
C.    Das  schwefelsaure  Salz  hat  die  Zusammensetzung 

r  S+3H,  es  verliert,  wenn  es  einer  Temperatur  von 
200^  C.  ansgesetzt  wird,  sein  Wasser  vollkommen  vor 

der  Schwefelsäure.    Beim  Glühen  entläfst  es  ein  Drittel 

seiner  Schwefelsäure  und  wird  r^S^.  Mit  Kleesäure  fällt 
die  Erde  schwer  und  schneeweifs  nieder;  bleibt  aodi 
dann  beim  GlQhen  weifs.  Eine  Bestimmung  des  Atom- 
gewichts dieser  Erde,  unter  Annahme,  dafs  sie  aus  1  At. 

Radical  und  1  At.  Sauerstoff  bestehe,  hat  die  Zahl  480,5 
gegeben;  diese  Zahl  mufs  indefs  geringer  seyn,  da  die 


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317 

kleine  Menge,  die  mir  zu  Gebote  stand,  nicht  erlaubte 
>  die  Erde  durch  wiederholtes  Krjstallisiren  ihres  schwe« 
felsauren  Salzes  YoUstaiidig  za  treoiwn  wm  der  zavor 
^nannten  Erde,  die  ein  hökeres  Atomgewicht  beaitst 

Endlich  müfs  ich  mich  noch  üufsern  Aber  die  Ab- 
tbeil ung  der  Bestandtheile  des  Eudialyts,  welche  sich  der 
eigentlichen  Zirkonerde  am  nächsten  anschliefsen.  Ich 
habe  indefs  dabei  nicht  sonderlich  mehr  anzuführen»  aia 
daEb  es  mir  bisher  noch  nicht  geglüoiLt  ist,  weder  dieae 
proUematisoha  ZlilLOnerde  so  rein  von  einem  damit  ge* 
mengten  neuen  Metalloiyd  darzustellen,  noch  dieses  Me« 
talloxjd  so  von  der  bisher  für  Zirkonerde  angesehenen 
Erde  zu  reinigen,  dafs  ich  mich  bestimmter  aussprechen 
könnte.  Denn  die  sogenannte  Zirkonerde  hat  sich,  nach 
Ansftflong  als  Hydrat,  noch  immer  mit  diesem  MetallU  . 
oxyd  yerunreinigt  erwiesen,  was  sieh  dadurch  in  erkenn 
nen  giebt,  dals  sie  stets  einen  schwachen  Stich  in's  Uran- 
gelbe hat,  und  beim  Kochen  dunkler  wird.  Das  färbende 
Metailoxyd  ist  als  Oxjdul  dunkelgelb,  und  löst  sich  mit 
gelber  Farbe  in  Stturen;  aber  als  Oxyd  wird  es  braun, 
und  giebt  mit  Stturen  elsenrothe  Lösungen,  weUhe  mit 
Salz88ure  in  der  WSrme  Chlor  entwickeln«  Eine  Spur 
dieses  Metalloxyds  habe  ich  auch  in  gewissen  Zirkonar- 
ten  gefunden;  und  aus  der  Zirkonerde  kann  sie  zum 
Tbeil  ausgezogea  werden,  wenn  man  die  Erde  in  einem 
Strom  von  Wasserstoügss  heftig  glüht  und  darauf  mit 
Sahsfture  behandelt,  wo  sich  dann- das  MetaUcUorOr  löst. 

XIII.    Einige  Bemerkungen  zu  der  Abhandlung 
■'  ■■^'  "des  Hrn.  Heintt  über  die  ZusmtmenseUung 
'^'-  ■■  'des  Salpetersäuren  Harnstoffs  *);  ,  '      .  ' 
"  ■  von  R.  F.  Marchand.  ' 

Hr.  Heintz  sucht  in  der  angeführten  Abhandlung  zu 
zeigen,  dais  die  Zusammensetzung  des  salpetersauren 

1)  AmialeB,  Bd.  06,  S.  lU. 


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31S 


HariMfoffii  allein  N,  H,  -4-N O5  -hHO  »ey ,  nmA 
dafs  meine  Angabe,  eine  saure  Verbindung  erhalten  und 
analjsirt  zu  habe^ ,  auf  einem  Irrthum  beruhen  müsse; 
eben  so  hält  er  die  wasserfreie  Verbindung,  weiche  von, 
Proat,  Lebmasn  noid  auch  mir  analysirt  wurde,  ftlr 
nicht  existfrend.  Gegen 'die  erste  Methode  derProot'- 
sehen  Untersnebung,  die  Salpetereikire- Mengen  durch 
die  Quantität  des  kohlensauren  Kalks  zu  bestimmen,  wel- 
che durch  den  salpetersauren  Harnstoff  gelöst  wird,  läfst 
sich  nichts  einwenden,  um  so  weniger,  wenn  Man  die 
Genauigkeit,  mit.  welcher  Proqt  seine  UntenniohODgeB 
anstellt,  in  Anaehlag  bringt.  Lehmann  hat  bei  seiner 
Untersuchong  sich  nicht  darauf  beschränkt  die  Salpeter- 
säure-Menge zu  bestimmen;  er  hat  auch  den  Harnstoff 
abgescliieden  und  gewogen,  welcher  mit  der  Salpeter- 
saure  vei^miden  war.  In  dieser 'doppelten  Gewichtsbe-» 
Stimmung  lag  ohne  Swisifel  die  beste  Contiöle,  und  es 
ist  daher  ein  Irrthom,  wenn  gesagt  wird,  es  fehle  S» 
Coutrole  für  die  Richtigkeit  der  Analyse.  Ich  selbst 
habe  einmal  eine  Verbindung  der  Salpetersäure  mit  dem 
Harnstoff  erhalten,  welche  47  Proc.  Saljietersäare  ent* 
hielt,  ohne  dafe  ich  die  Verhältnisse  angaben  kann,  im- 
ter  denen  sidi  dieselbe  bildete.  *  Ich  ^anbe  daher  die 
Eadstena  dieser  Yerbindang  annehmen  zu  müssen. 

In  einer  Nachschrift  zu  der  von  Hrn.  Heintz  ange- 
führten Notiz  von  mir,  im  Journal  für  pract.  Chemie, 
Bd.  XXXV,  S.  481,  habe  ich  gezeigt,  daüs  die  gewöhn« 
lieh  sichbildende  Verbindung  von  Salpetersttore  und  Harn* 
Stoff  die.iat,  deren  Zusanimensetaong  Regniittlt  pierst 
angegeben  hat,  mit  I  Aeq.  Wasser  nnd  1  Aeq.  Säure 
auf  1  Aeq.  Harnstoff;  diese  Verbindung  haben  Werth  er, 
Fehling,  Heintz  und  ich  sehr  häufig  analjsirt.  Sie 
bildet  sich  ohne  Zweifel  am  leichtesten  nnd  unter  den 
gewöhnlichen  Umstanden. 

Hr.  Heinta  hat  sieh  bemfibt  ein  Mittel  sn  finden, 
»DU  VrnnögUchhü  der  Exisiene  mer  Ferbmdung  von 

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819 

Salpetersäure  mit  Harnstoff,  die  mehr  als  1  Atom  Säure 
atrf  1  Atom  Harn  enthielte,  bei  mehr  als  100°  C.  di" 
red  zu  bemisem  Er  ist  der  Uebeneu^nng»  dafs  ihm 
diefe  dadurch  gelungen  sey,  dafs  er  HanistofF  bei  60^ 
bis  80°  C.  mit  überschüssiger  Salpetersäure  eingedampft» 
den  Rückstand  bei  100°  getrocknet  und  gewogen  hat. 
Unter  diesen  Umständen  hätte  sich  die  von  mir  gefun- 
dene Verbindung,  wie  Hr.  Heintz  meint,  bilden  mäs- 
sen.  Er  erhielt  sie  nicht,  lolgKoh  waren  meine  zabb'ei- 
eben  Analysen  falsch,  oder  Ich  habe  eine  aofseiordent- 
lieh  unreine  Verbindung  untersucht.  Es  sej  mir  erlaubt, 
diese  Schlüsse  etwas  in  Zweifel  zu  ziehen.  Die  Art  und 
Weise,  die  Salpetersäure  quantitativ  zu  bestimmen,  ist 
SO  einfocb,  dafs  es  nicht  wohl  möglich  ist,  anstatt  44 
•  Proc  derselben  61  Proc  zu  finden,  und  diefs  nicht  ein 
Mai,  sondern  mehr  als  vier  Mal;  sollte  mechanisch  Sak» 
petersäure  angehangen  haben,  so  müfste  diese,  nach  Hrn. 
Heintz's  eigenen  Versuchen,  entwichen  seyn  bei  dem 
Trocknen  der  Verbindung;  endlich  hätte  die  umkrjstal- 
lisirte  Verbindung  diesen  Ueberschufs  nicht  wohl  mit 
i^ch  führen  kitainen.  Der  Schluis,  dafs  die  Verbindung 
nicht  exlstire,  welche  Hr.  Heintz  unter  denUmstSnden 
nicht  hat  hervorbringen  können,  unter  denen  sie  sich, 
seiner  Meinung  nach,  hätte  bilden  müssen,  scheint  etwas 
gewagt.  Ich  fürchte,  die  Chemie  würde  eine  Anzahl  von 
Verbindungen  einbüfsen,  wenn'  sie  alle  diefenigen  ver* 
lieren  sollte,  deren  Darstellung  Hm.  Heintz  nidit  ge- 
länge. Die  günstigsten  Umstände  zur  Darstellung  de« 
anderthalb-kohlensauren  iSatrons  scheinen  z.  B.  die  gleich- 
zeitige Auflösung  eines  Aeq.  des  sauren  und  eines  Aeq. 
des  neutralen  Salzes  zu  seyn.  Ans  einer  solchen  Auf- 
lösung -erhalt  man  jedoch  bekanntlich  niemab  das  Ses- 
quisalz.  Hr.  P^louze  hat  die  Bildung  der  Aetherphos- 
phorsäure  beschrieben,  indem  dickflüssige  Phosphorsäure 
mit  Alkohol  zusammen  gekocht  wird.  Dieser  Versuch  ist 
von  einer  sehr  grolsen  Anzahl  von  Personen  wiederholt 


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MI 

worden;  et  ist  Keinem  gdungen  die  Verbindong  wieder 
dmustellen,  aber  leb  weifs  nicbt  anders,  aU  dads  keiner 

dieser  Personen  eingefallen  ist  zu  zweifeln,  dafs  die  Aetber« 
phosphorsäure  existire.  D'Arcet's  Aetherarseoiksäure 
bat  inau  ^eicbfalls  nicbt  wieder  erhallen  können,  nacb  der 
▼OD  ihm  angegebenen  Methode.  Beide  Verbiudangen 
sind  aoC  andere  Weise  sebr  ieicbt  bemistellen.  Es  würde 
sebr  fiberflOssig  se  jn,  diese  Betspiele  vermebren  in  wollen. 

Schliefslich  niufs  ich  noch  die  Erklärungsweise  be- 
tracbten,  welche  Hr.  Heiutz  für  die  Abweichung  mei- 
ner Analyse  von  der  seinigen  anführt.  £r  fand,  da£s 
der  Salpetersäure  Harnstoff  bei  120^  C.  zersetzt  werden 
und  daan  Ammoniak  enfbielte.  '^Es  ist  also  gewifs.m 
sagt  er,  »dafs  Marchand  durch  Se  Steigerung  dsr 
Temperatur  bis  120"  C,  eine  Zersetzung  einleitete^  wO' 
durch  ich  die  Verschiedenheit  unserer  Resultate  erklä- 
ren zu  können  glaubte,  u  Hr.  Heintz  hat  |edocb  selbst 
gefunden,  dafs  der  durcb  Hitae  zerseiile  salpetenaore 
Harnstoff  weniger  SalpetersSure  als  44  Proe,  eolbiell^ 
woraus  mir  ziemlich  deutlich  hervorzugehen  scheint,  dafs 
üh  eben  nicht  die  Verbiuduii^  vor  mir  gehabt  habe, 
welche  sich  bei  120^  zersetzt,  und  Salpetersäure  verliert. 
Dafs  ich  aber  wirklich  eine  saure  Verbindung  untersucht 
bebe,  gebt  hinreichend  daraus,  hervor,  dafe  ich  dweh 
Znsatc  von  HameCofif  zu  derselben  die  neutrale  Verbin- 
dung erhalten  habe.    (A.  a.  O. ,  Bd.  34,  S.  251.) 

Aus  den  Untersuchungen  über  diesen  Gegenstand 
möchte  sich  daher  ergeben,  dafs  der  Harnstoff  mit  der 
Salpetersäure  io  mehren  Verhähnissea  siah  verbinden 
könne  j  dalb  die  neutrale  Verbindung  erhalten  werden 
kSme,  sich  jedoch  unter  den  gewöhnlichen  Ümstinden 
wasserhaltig  bilde,  wie  sich  namentlich  aus  den  Uotersu- 
cbungen  des. Hrn.  Heiiitz.ergiebt. 


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1845.  ANISALEN  JTo.  11. 

D£R  PHYSIK  UND  CHE]m£. 

ßAND  LXVI. 

'  SBBSBB^BBBaSBSBSSSSSBBmBmSB^mm 

\,^^  ,  j^Jcus tische  l  ersuche  auf  der  Nieder/ändif^^ffgß 

...^  zur  Theane  des  Hrn»Rpoß\Doppler^); 

iom  Dr.  Buijs  Bailot  zu  Utrecht,    .  . 


„-.lt.  .V  Ii-  ''•     >i  '.i- 


jautiidas  ÄiiuriitoheD^desfiiiKib  iDo^^lteir  la  dki 

darin  eotwibkelten  Theorie;  es  wurden  aber  auch  Zwei- 
fel in  mir  erregt  über  die  Anwendbarkeit  dieser  Theorie 
auf  die  Farben  der,  ÜuppcUt^'^^^*  falste.^i^ion  da? 

mal»  den  Vorsatz,  eio^e  Verauche  dieserbaib  anuistellen 
und  nigicidi  die  Anwendiing  der  Theorie  an  anderen 
bekannten  Thatsachen  zu  prfiCei^  allein,  dorch  Umstttnde 
daran  verhindert,  begnügte  ich  mich,  am  Schlüsse  meiner 
Dissertation  ^ )  eine  Thesis  aufzustellen,  welche  mir  auch 
der  folgenden  Discusfiion  als  Motto  dienen  kann: 
Theoriam  Doppleri  prohtmäam  existimQ\  ad  stel- 
lanun  mUem  duplickm  cohrßs  expüeandos  noa 
cientem  dtco. 

Obgleich  mau  schwerlich  berechtigt  ist,  die  Aussage 
einer  woblbegrüudeten  Theorie  zu  bezweifeln,  —  und 
wer  möchte  dieses  bei  der  Theorie  des  Lichts  oder  des 
Schalls,  —  80  hielt  ich  es  doch  nicht  üttr  Qberlifissig,  den 
Ton  Hm.  Doppler  zoerst  zur  Sprache  gebrachten  Ein- 
Mb  der  relativen.  Geschwindigkeit  eines  fönenden  Instru- 
ments auf  die  wahrgenommene  Tonhöhe  durch  directe 
Versuche  nachzuweisen,  besonders  da  einige  Musiker,  de- 
nen ich  diese  Theorie  mittheilte,  die  Haltbarkeit  dersel- 
ben bestimmt  verneinten.    Sie  stfiftzten  sich  dabei  on- 

1 )  lieber  das  farbige  Licht  der  DoppeUterne  u.  s.  w.    Prag  1842. 

2)  De  Synaphia  et  Prosaphia.    Trautet,  ad  Rhen.  1844. 
PoSSCDdoilP«  AimaL  Bd.  LXYI.  21 


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322 

*  •  • 

ter  anderem  raf  die  Thatsiche,  dab  man  das  GerSoadi 

eines  rasch  vorbeifahrenden  Wagens  nicht  anders  höre, 
wena  er  sich  nähert,  als  wenn  er  sich  entfernt;  auf  die 
Erklärung  dieser  Thatsache  werde  ich  weiterhin  zurück- 
kommen. 

Mit  dem  Lieht  in  dieser  Hinsicht  tn  experimentiren 
ist  nicht  möglich,  *da  uns  keine  Geschwindigkeit  zu  Ge- 
bote steht,  die  nur  einigerin ai^^en  mit  der  FortpÜanzungB- 
gesch windigkeit  des  Lichts  vergleichbar  wäre.  Es  ist  aber 
auch  nicht  nothwendig,  da  mau  volles  Recht  hat,  Resul- 
tate akustisclier  Beobachtungen  <  auf  das  Licht  zu  ttbertra- 
gen.  UebeidieCs  bg  hht  die  Gelegenlieit  zur  Anstdkmg 
eines  solchen  Versuchs  ganz  nahe,  da  mir  dne  Locomo* 
tive  auf  der  Eisenbahn  bei  Utrecht  ein  treffliches  Mittel 
dazu  darzubieten  schien.  Ich  wandte  mich  deshalb  an 
den  Director  der  Rhein- Eisenbahn,  Hrn.  L.  J.  A.  van 
der  Kun,  der  den  Vorschlag  liberaus  günstig  anfiiahmy 
mir  Ton  Sr.  Exceüenz  dem  Minister  des  Innern  die  Er* 
laiAnifs  der  kostenfreien  Benutzung  einer  Looomotiye  zu 
dem  vorgesetzten  Zwecke  auswirkte,  und  überdiefs  mit 
der  gröfsten  Bereitwilligkeit  jede  Gelegenheit  verschaffte^ 
die  Theorie  des  Schalls,  welche  bereits  so  viele  Proben 
glücklich  überstanden  hat,  auch  in  dieser  Hinsicht  %n  be- 
wfthren.  £s  ist  mir  ungemein  angenehm,  dnrch  den  gu- 
ten Erfolg  meiner  Versuche  sein  Wohlwollen  belohnt 
zu  sehen;  seine  Güte  verpflichtet  mich  ihm  zum  aufrieb* 
tigsten  Dank. 

Ich  werde  meinen  Aufsatz  in  zwei  Theile  zerfftUen, 
in  der  Anordnung,  dais  ich  zunttchst  die  Bestitigping  der 
Doppler 'sehen  Theorie  gdbe,  und  dann  die  Untanglidh 
keit  der  Anwendung  derselben  auf  die  Farben  der  Dop« 
pelsterne  erweise. 

Die  isochronen  Schwingungen  eines  tönenden  Instm* 
ments  werden  nach  gleichen  Zeitintervallen  zum  Ohre  des 
Wahmeluners  gelangen,  und  darin  also  die  Empfindung 


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323 

eine*  oikd  deiteflbeli  Teiiei»  der  lwrv«r^irielit  %rar,  eiv 

regen.  iJer  subjec(ive  Ton  wird  für  den  Beobachter  dem 
objectiven  Tone  gleich  seyn,  wenn  Instrument  und  Be- 
obachter ihre  SteIleo>  nicht  oder  gleichviel  ändern,  also 
relativ  in  Ruhe  bleiben»  Wenn  sie  aber  in  relativer  Be- 
legung sind,  so  findet  etwas  anderes  statt  Es  sey  das 
Instrument  in  Belegung:  «o  geht  )ede  Schwingung  von 
einem  anderen  Punkt  aus  als  die  vorherigen;  sie  wird 
also  längere  oder  kürzere  Zeit  brauchen,  um  zum  Beob- 
adder  zu  gelangen ,  je  nachdem  die  Beweguog  von  ihm 
aby  oder  auf  ihn  zu  gerichtet,  ist  Die  Gröfse  der  Yer- 
zögemng  oder  BescUeunigungp  welche . dadurch  Jede  lal- 
gende  Schwingung  erfahrt,  wird  gleich  tejn  der  Geschwin- 
digkeit der  Bewegung  dividirt  durch  die  FortpflanzuogSr 
gesduvindigkeit  des  Schalls  und  muitiplicirt  mit  dem  Co- 
sinus des  Wiokeisy  welchen  die  Bichtung  der  Bewegjung 
mM  4ct  Irfinie  voiq  InfttroneBt  wm  Beobachter  macht 
,:  In  meinen  Versuchea  habe  ich  die  Standorte  der  Be^ 
obachter  immer  so  gewählt,  dafs  dieser  Cosinus  möglichst 
grofs  war,  und  nur  im  Vorbeifahren  seinen  Werth  merk- 
lich änderte.  Während  nämlich  die  Locomotive  auf  den 
Schienen  hin  und  her  fuhr,  standen  die  Beobachter  auf 
der  Eisenbahn  1  bis  2  Meter  von  den  Schienen  entfernt! 
Wenn  man  auch  21  Meter  für  diese  Entfernung  annimmt, 
so  war  doch,  sobald  die  Locomotive  über  20  Meter  Abstand 
erlangt  hatte,  der  Cosinus  immer  gröfser  als  l — 1.^7  4-.., 
also  nahe  der  Einheit  gleich.  Die^r  Cosinus  war  also 
nur  'in>.  dewi  Falle,  dafs  die  Locomotive  sisli  innerhalb 
eines  Abetandes  von  2Q  Metern  befand»  ein  Factor  von 
einigem  Einflufe;  ich  werde  also  seiner.  iii<jit  weit^  ejcr 
wähnen. 

Die  Verzögerung  also,  um  auf  diese  Gröfse  zurück- 
zukommen, ist,  wenn  ^  die  FortpHanzungsgescliwimiigkeit 
des  Schalls  und  a  die  Geschwindigkeit  des  Ioatr«mei|tjB| 

beide  auf  die  Secunde  reducirt,  bedeuten,  gleich  =i=— ^  * 

'  21» 


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324 

worin  dlai-  oBltre  Vomioben  ÜBr^dfen  Fall  «iiitMr  BbbcMm^ 

nigung  oder  einer  Annäherung  des  Instruments  zum  Be- 
obachter gilt.  Die  auf  einander  folgenden  Schwingungen 
eines  Tons,  der.  n  Scbwio^ungen  in  der  Secunde  macht, 

werden  einander  nunmehr  nicht  nach  —  Secunde  folgen, 

sondern  nach       —       X>er  wahrgenommene  Ton  wird 

n 


also  1^  _|_  ^  Schwingungen  in  der  Seeonde  vx  «lachen  sdiei- 

ilei,  'inijl  dieft*  «t  8Uiier'8ri»)«ctiv«>tt9h)Bi  >  o  :;iiim^ 
-fii>ffWeim  nicht  das  Instrument,  sondern  der  Beobachter 
in  Bewegung  ist  (ein  Fall,  welcher  stattfindet,  wenn  auf  dem 
Wege  geblasen  und  auf  der  Locoo^otive  beobachtet  wird), 
SO  gehen  zwar  die  Schwingimgen  von  einem  seihen  Ponkta 
aasj  aber  sie  rattssen  den  Beobachter,  der  sich  nü  der 
Geschwindigkeit  a  bewegt,  einholen  oder  ihm  entgegen 
kommen,  und  sie  erreichen  ihn  daher  später  oder  früher 
1' 

als  nach  —  Secunde,  nSmlich,  wie  euie  leichte  Beredi- 
nung  zeigt,  nach  der  Zeit  \(y^  Tj}'        subjective  Ton 

ist  also  yon  n  ^l=b^^  Schwingungen.  Bas  obere -{-Zei- 
chen gilt  hier  wieder  für  den  Ton,  welcher  beim  Ent- 
fernen gehört  wird  nnd  in  dem  Folgenden  \mmet  gehat^ 
der  Ton  genannt  sejn  soll,  während  ich-  mit  kommenden 
Von  denfentgen  bezeichnen  will,  der  bd  Verringerung 
des  Abstandes  zwischen  Instrument  und  Beobachter 
nommen  wird.  Dieser  ist  immer  der  höhere,  jener  der 
tiefere.  Man  sieht  aus  den  Formeln,  dafs,  wenn  a  =  Vj 
der  kommende  Ton  als  die  höhere  Octave,  der  gehende 
gar  nicht  vernommen  wird,  falls  der  Beobachter  sich 
mit  dieser  Geschwindigkeit  bewegt;  daCs  dagegen  der 
kommende  Ton  unendlich  hoch,  der  gehende  die  tiefere 


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* 


326 


Octave  oeyn  wird,  im  Fall  das  lostrament  die  Bcwe^pm^  . 
oieidet. 

Um  die  WafaroelmNuigen  so^^eh  dem  Calcal  w 
«Bferwerfen»  hat  man  not  die  'Werthe  von  a  und  zu 

kcDoen.  Bei  meiiieu  Versuchen  siud  die  von  a  sehr  ge- 
nau beobachtet  worden,  da  nach  Angabe  zweier  Chrono- 
meter der  Zeitpunkt  aufgezeichnet  ward,  wo  jedesmal 
hinter  einer  .festen  in  dem  Wagen  fewflUtan  Linie  efae 
Mittiarie  oder  eini2ehntel  derselben  Tersebwand;  eo  besads 
man  fedesmal  die  -Zeit,'  wttkrend  welcher  die  Loconiotive 
100  Meter  durchlaufen  hatte.  Die  Werthe  von  sind 
für  jeden  Baro-,  Thermo-  und  Hygrometerstand  aus 
den  BeobadUttngen  von  Moll  und  Beek  bekannt  ^  ); 
sie  mnfo  aber  vergr^sert  werden  am  die  Geschwindig- 
keit des  Windes,  ^Icgt  nach  der  lUchlnng  lostru- 
inente  zum  Beobachter. 

§.  2. 

iNacbdem  ich  einige  vorläufige  Versuche  angesteilty 
nm  mich  von  der  TaugUchlieit  der  zu  Hülfe  gezogenen 
Mnsikanten  zq  fthcraeogen,  gelang  es  mhr.  am  3.  und  &• 
Jiml  d.  J.  die  Sache  genauer  in  .lintersachen  ' ). 

1)  Sbn  sehe  dSeie  Amul.  Bd.  V,  S.  951  und  469,  aiid>  Simons  Ibid. 
Bd.  XIX,  S.  115.  Zur  butonacheD  üeberuclik'  aller  der  vor  Bestim- 
nniDg  der  FortpflansungsgetdiWui^glEeit  des  Schalk  femadnen  Yer» 
muh»  vergkicbe  man  Bravais,  ^im.  de  chtm,  ei  dg  pky*.  1845 

,Jtm$f*  odfr  JS&fioih*  xtfnivers.  de  Genive  iVo.  JOB  p,  149  (ioi 
fidfenden  Aufsatz  niitgeUieilt.  jP.),  wonn  besonders  die  dbcn  dtnten 
Versuche  hervorgehoben  und  ge^nrfird^  werden.  Gelegentlich  scy  es 
mir  erlaubt  zu  Leiuerkcn,  dnfs  wenn  in  der  Formel  fiir  die  ForU 
pflanzungsgcschwindigkcit  statt  des  G a  j-Lu s sa c 'sehen  Ausdehnung 
coctTicicnten  die  Rudberg'schc  Zahl  0^00366,  und  statt  des  g  -roh 
Bor  da  9,8281  das  g  nach  Pnisson  gleicb  9!»8088  gesetzt  wird, 
man  für  das  Yerhältnils  der  beideu  \'Värrnccapac!taten  der  Luft,  d.  b« 
för  die  Grör:se  den  Werth  1,4122  findet,  was  bis  auf  ein  Zehn- 
tausendstel mit  der  I)  u  lo ng '  sehen  Bestimmung  uhcrcinkommt. 

2)  'Wer  dic^e^  umständlicher  /.u  lesen  wünschen  sollte,  kann  es  in  der 
Nederlandsch  MuzykaalTjdsckriß  CaecUia,  vom  1.  ^fprii»  15.  Juli 
und  1.  Aug.  1845.  . 


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LoGomodve  hatte  nur  eioeD,  möglichst  offenen  Wagea 
hinter  sieb,  und  in  diesem  befanden  sich  die  Personen, 
welche  mich  sa  onterstfitzen  bcceit  wiren.  An  drei  Sta- 
tionen, die  am  ersten  Tage  400  Meti,  am  zweiten  aber 

'  300  Met.  aus  einander  lagen,  and  die,  in  Richtung  auf 
Maarsen,  so  weit  von  Utrecht  entfernt  waren,  dafs  die 
Locomotive,  bevor  sie  die  ersiere  erreichte,  eine  hiuiäng« 
lidie  Geschwindigkeit  erlangt  hatte,  setzte  ich  ^ei  die* 
•er  Personen  ans:  eine»  Bfasikanten,  der  bksent  einen 
Musiker,  der  den  Tonnntersehted  beobachten,  schSizen 
und  aufzeichnen  sollte,  und  einen  meiner  Freunde,  der, 
genau  nach  einem  von  mir  entworfenen  Plan,  zu  blasen 
und  zu  hören  befahl,  auch  seine  Aufzeichnungen  machte. 
Auf  der  LocomotiTe  befanden  sich  natürlich  ebenfalls  drei 
soldie  Personen,  am  zweiten  Tage  sogar  zwei  Mnsikan- 
ten,  um  nüthigenfalls  unaufhörlich  blasen  «tt  lasaen;  ich 
selbst  war  auch  auf  der  Locomotive,  deren  Geschwindig- 
keit wie  gesagt  genau  aufgezeichnet  wurde.  Es  waren  also 
^rzehn  Personen  in  steter  Wirksamkeit  und  fest  statio- 
irirt)  die  Qbrigen^  worunter  nmtk  mancher  Musiker  and 
LMbhaber,  >hatte»i8leh  iSng8  der' Bahn  <Veftheill,  hm  da 
aufzuzeichnen  und  etwaige  Mittheilungeu  von  einer  Sta- 
tion  zur  andern  zu  überbringen.  ,    .  .   / 1 y  i a 

•»•/  :'i,t  §•  3.  ^  i»  '^oBcii 

<:t  Ich  hatte  zur  Absiebt  recht,  .viel«  Seobachtunginic  za 
sammeln,  und  traf  demnadi  eine  Anordnmig,  die  ans  der 
folgenden  Zeichnung  verstSndlich  werdto  wird.  Es  be- 
zeichnet darin  die  voll  ausgezogene  Linie  UM  den  zwi- 
schen Utrecht  und  Maarsen  gelegenen  Theil  der  Eisen- 
bahn, B  und  C  die  Standpunkte  der  drei  Gruppen 
Ton  Beobachtern,  und  die  Ziffern  die  Anzahl  der  Millia- 
lien  und  deren  Unterthefle.  Die  beiden  punktirten  Linien 
geben  an,  wann  auf  den  Stationen  A,  B,  C  oder  auf  der 
Locomotive  L  geblasen  wurde,  während  letztere,  in  der  einen 
oder  anderen  Richtung  auf  der  Bahn  hinfahrend,  sich  an  den 
durch  diese  Buciistaben  bezeichneten  Orten  befand. 


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327 


1—4 — I — 1—4 — I — .r  ■>    \  ■  1 — — • 

.  Es  wird  geblasea  in: 

■      >     IUI  I  »       I  ^  > 

£  «tf  £  ML  e  L 

9 

WsbreiMl  Jcimiach  die  Loeomotive»  in  Ricbtong  Ton 

Utrecht  nach  Maarsen,  an  den  Stationen  j4,  B,  C  vor- 
beifuhr, konnte  man  die  Abänderungen  der  daselbst  an- 
{«BtimiDten  Töne  beobachten.  So  wie  man  sich  A  nä- 
karte  «m1  der  Ton  von  dort  meriLlich  wurde,  begann  er 
bOber  zn  werden,  nod  wenn  man  jich  darauf  Ton  A  in 
Ricbtong  nach  B  entfernte,  hörte  man  ihn  tiefer  werden* 
Dasselbe  geschah  bei  B  und  C,  Auf  der  LoconiotiTe 
selbst  wurde  geblasen,  während  sie  sich  zwischen  A  und 
B  oder  zwischen  B  und  C  befand,  damit  der  Ton  so* 
wohl  in  w4  als  in  oder  sowohl  in  ^  als  in  C  ffst* 
noaunen  wtirde  und  der  Unteiacfaied  klar  herrortrite» 
Bs  wvrden  also  wahrend  man  von  U  und  M  fuhr  HOnf 
Beobachtungen  gemacht. 

Auf  der  Rückfahrt  fand  das  Gegentheil  statt.  Im 
Vorbeifahren  vor  jeder  Station  blies  der  auf  der  Loco* 
motive  befindliche  Musikant,  und  der  Unterschied  des 
kommenden  und  gehenden  Tons  unter  sich  und  mit  dem 
oh^ecfiven  Ton  wurde  von  den  ruhenden  Musikern  auf* 
gezeichnet.  Zu  dem  Ende  sollten  C  und  B  oder  B  und 
A  jedesmal,  wenn  die  Locomotive  zwischen  C  und  B 
oder  B  und  A  war,  einen  und  denselben  Ton  anstimmen, 
weil  dadorch  der  Unterschied  der  beiden  gleichzeitig  ver- 
nommenen Tone  sehr  scharf  bitte  festgesetzt  werden  kO»> 
nen.  Aus  zwei  Ursachen  habe  Idi  aber  diese  Methode  nicht 
so  ausführen  lassen;  erstlich  weil  wegep  des  Geräuschs  der 


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Maschine  die  Tdae  nicht  weit  genu^  ^öit  werden  konn- 
ten, und  sweitens,  weil  die  Musikanten  nicht  ßenan  ge- 
nng  a  Umpo  Miesen  und  hörten,  Bitte  ich  den  Ahstand 

der  Stationen  yerringert,  um  besser  hören  zu  lassen,  so 
würden  die  Versuche  noch  rascher  auf  einander  gefolgt 
sejn,  und  somit  wfire  es  noch  nothwendiger  gewesen, 
mit  dem  Blasen  im  rechten  Augenblick  anzufangen. 

Idi  habe  deshalb  das  Blasen  auf  der  LocomotiTe 
zwischen  den  Stationen  unterlassen  gemofist  und  nur  im 
Yorüberfahren  Beobachtungen  anstellen  gekonnt,  erwähne 
indefs  der  fehlgeschlagenen  Versuche,  weil  sie  mir  überaus 
günstig  und  fein  zu  sejn  scheinen  und  ich  also  Jemanden, 
der  übor  stärkere  Instrumente  oder  disciplinirtere  Perso* 
nen.zu  Ttfittgen  hat,  sehr  rathen  möchte»  die  Versuche 
m6d  in  dieser  Weise  zu  wiederholen«  Als  nan^b  die 
Locomotive  von  C  nach  B  fuhr,  hatte  ich,  während  die 
auf  derselben  belindlichen  Musiker  nichts  davon  wufsten, 
bei  B  etwa  einen  halben  Ton  tiefer,  und  als  sie  von  B 
nach  A  fuhr,  etwa  einen  halben  Ton  höher  als  yerab- 
redet  war,  blasen  lassen,  hatte  also  dadurch  die  Töne, 
welche  von  B  und  C  oder  Ton  i?  and  A  zagleich  ton 
Ohre  des  Wahrnehmers  gelangten,  beinahe  gleich  und 
einen  kleinen  Unterschied  derselben  merkbar  gemacht; 
auch  erlangte  ich  den  Vortheil,  dafs  die  Beobachter  nicht 
Immer  das  Nämliche  zu  beobachten  brauchten,  und  da- 
durch weniger  leicht  in  einen  constanten  Fehler  ^erfiielen. 
Da  ich  nun  aber  diefs  Verfahren  nicht  ausführen  konnte^ 
mufstc  ich  mich  auf  die  folgenden  Beobachtungen  be- 
schränken, welche  am  3.  Juni  mit  Klapphörnern  ( Ventil« 
trompeten)  gemacht,  und  am  5.  mit  SignaUrompeten  wie- 
derholt worden. 

Ich  schreite  nun  zur  Beschreibung  der  Vorsiditsmaais- 

regeln  und  Schwierigkeiten  bei  den  Beobachtungen. 

Zuerst  müssen  die  Instrumente  gut  mit  einander  ab- 
gestimmt sejn,  was  leicht  zu  erreichen»  aber  schwerer 


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« 


329 

Mrf  die  Dan^r  xa  ODCepbalteo  iil;  ieDi^  «bglcMi  dM  Wet* 

ter  wann  war,  schienen  doch  ein  Paar  derselben  sich  et- 
was verstiuimt  und  einen  höheren  Ton  gegeben  zu  haben. 
Auch  ist  zu  bemerken,  diSs  bei  Sonnenschein  und  18  bis 
20,^  Wttrme,  hesondera  w^nn  die  InstrumeD^  nicht  sehir 
▼onfl||Ucb  fiitfd,  lekbl  kleise  fiiffereos  s^ufioden 
kano.  Wir  'werden  diefs  atis  den  Beobechtue^n  eree^ 
hen  können,  wenn  wir  sie  prüfen.  Es  hält  sehr  schwer, 
den  Ton  gut  zu  vernehmen,  weil  die  Locomotive  nicht 
allein  eia  etarkea  GeriUißch  macht,  sondern  auch  sehr  viel 
Wind  errcf^;  nur  unter  güneligen  UmfitHnden  .  gelingt  eii 
die  Tondiffereni  richtig  zu  ecbtttsen«  Da^  erwähnte  Ge- 
rtkisicli  war  am  3«  Jqni,  wo-  ieb  noch  die  etwas  aehw^ 
cheren  Klapphörner  anwandte,  mehrmals  Ursache >  dafs 
der  kommende  Ton,  der  doch  nicht  allein  der  höhere, 
sondern  auch  der  stärkere  sc^n  sollte,  gar  nicht  vemom* 
men  wurde.  Wenn  daher  auch  ein  musikalisches  Ohr 
hü  rqhiger  BecAafshtung  noch  ein  Komma  kleiner  ab  ff 
zn  natersdieiden  vermag,  so  wird  doch  Rdner  sieh  wun^ 
dem,  wenn  ich  sage,  dafs  es  unter  obigen  Umständen 
kaum  möglich  war  den  Unterschied  bis  auf  ein  AchteL- 
oder  Yiertclton  zu  bestimmen.  Man  mufs  Übrigens  be- 
denket^ dafo  .ein  Achteiton^  ein  Verhj^tnifii  von*  naha  ü 
ist,  also  einen  Unterschied  darstellt^  den  mftn  in  der  Mur 
sik  vernachlässigt. 

Ist  die  relative  Geschwindigkeit  der  Instrumente  ge- 
ring, 60  ist  auch  der  Unterschied  klein  und  ein  Fehler 
▼on     oder  groCsen  £influfs;  und  dochläfst 

sich»  wie  gesligt,  ein  Fehler  von  dieser  GrOise  nicht  Ter- 
meiden,  obgleich  man  in  diesem  Fall  den  Ton  längte 
Zeit  hindurch  beobachten  kann.  Yergröfsert  man  die 
Geschwindigkeit,  was  uothwendig  ist,  um  das  Gesetz, 
nach  welchem  die  Tondiffereoz  von  der  Gesjchwindigkeit 
abhängt,  zu  entdecken  oder  zu  bestätigen ,  so  Terstärki 
man  auch  das  GerSusch  und  ▼erkllrzt  die  Zeit  anfseror- 
dentlich.  Man  kann  den  Ton  nur  aus  einer  Entfernung 


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m 

von  etwa  M  Met«r  vem^kmta,  lAid  dd  ^  'M  10  Mder 

bereits  merklich  abzunehmen  anfängt,  so  hat  man  nur 
eine  Secuude  (wenn  die  Geschwindigkeit  25  Meter  be- 
trägt) um  die  Höhe  des  kommoden  Tones  wahrzimeho 
nen,  irahrdbd  noch  daza  ein  Geraoseh  andureft  Urspraogs 
die  reine  Beobachtung  beeinMclitlfif.'  Wenn  man  die 
Pfeife  der  Locomotive  selbst  ansprecben  läfst,  wie  leb 
einmal  gethan  habe,  so  ist  freilich  die  erste  Schwierigkeit 
beseitigt,  und  wenn  man  nicht  nur  das  Instrument,  son- 
dern auch  den  Beobachter  auf  einer  zweiten  Loeomottve 
Alt  grd(staiöglieher  Gescbivindigkeit  fortführte,  ao  würde 
es  leieht  sejn,  eine  relattTe  Geschwlndi^dt  von  äber 
50  Meter  zu  erhallen  und  die  Tondifferenz  auf  eine  Terx 
zu  steigern;  allein  die  Pfeife  der  Locomotive  ist  noch 
kein  reiner  Ton  und  bis  jetzt  liegt  auf  der  Khein-fiisen- 
bahn  auch  noch  kein  Doppelgleise. 

Darch  die  Verandenmg  der  Tonhöhe  innerhalb  20 
Meter  wird  der  Unterschied  «wischen  dem  kommenden 
Ton  und  dem  objectiven  leicht  etwas  zu  gering  gefunden, 
da  erstercr  in  der  Zwischenzeit,  dafs  der  Musikant  den- 
selben zur  Bestimmung  mit  seinem  Instrument  vergleicht, 
immer  etwas  abnimmt.  Dieser  Nachtheil  findet  sich  nicht 
bei  der'  Bestimmung  des  gehenden  Tons;  dieser  sinkt  tie- 
fer bis  die  Locomotive  auf  eine  solche  Entfernung  von 
Beobachter  gekommen  ist,  dafs  man  annehmen  darf,  sie 
entferne  sich  geradlinig;  dann  bleibt  er  constant  derselbe, 
80  dafs  also  genau  festgesetzt  werden  kann.  Ein  kleiner 
Unterschied  ist  ▼ieileicht  dadurch  herrorgebracht  worden, 
dafs  die  Instrumente,  um  den  Ton  möglichst  stark  cum 
Ohre  des  Beobachters  gelangen  zu  lassen,  jedesmal  dem- 
selben zugewandt  werden  mufsten,  wodurch  er  denn  das 
eine  Mal  wider  und  das  andere  Mal  mit  dem  Winde 
ging.  Ich  weifs  nicht,  wie  die  hiedurch  entstehende  Mo- 
dification  des  Tones  am  besten  in  Rechnung  zu  ziehen 
Ist,  glaube  indefs,  dafo  aie»  •  obgleldi  kl^in,  doch  merk- 
lieh  sey. 


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331 

§.5.  -  •  • 
Die  Schälzungen  der  Musiker  sind  in  Achtel-,  selten 
nur  in  Sechszchnteltöneu  angegeben;  einige  haben  nicht 
anders  dofgeKekbaet-  als:  nahe  i  mehr;  nieh^  ala  4  oder 
i  tt.  0.  nir.  'Die  «weite  und  dfitte  Spalte  der  folgended 
Tafel  esttialteii  die  gescbfitvte  Amahl  der  S^diazelialel^ 
töne.  Wenn  also,  die  Musiker  den  Unterschied  gleich 
einem  halben  Ton  angaben,  habe  ich  8  eingeschriebeow 
Immer  haben  sie  den  kommenden  Ton  höher,  und  .deii 
gcdieodeii  tiefer  pküifi  als  den  obj#ctiveii,  md  daher  war 
es  nicht  nOthig»  die  Zahlen  jeder  erat^  Zeile  mit  +  und 
die  feder  «wehen  mit  —  zu  bezeichnen. 

Die  vierte  Spalte  enthält  die  Anzahl  der  Schwingun- 
gen der  sub)ectiveu  Töne  nach  der  Theorie,  die  Anzahl 
der  Schwingungea  des  objectivcn  Toni  gleich  11)00  ge- 
setzt. Eine  dciue  Zeile»  die  hiozugefögt  worden,;  enthiUl 
den  Unterschied  im  Vorbeifahren^  also  den  Uo^enichied 
des  koanmenden  und  gehenden  Tons  unter  sich;  in  ihr 
bezeichnet  die  Üieoretische  Zahl  die  Anzahl  der  Schwin- 
gungen des  kommenden  Tons,  bezogen  auf  den  gehen- 
den, wenn  die  Anaahl  der  Schwingungen  des  lieUteren 
gMch  .1000  angcAmnmen-  wird«  Auf  diese  Weise  Ist  das 
Niehlstiromen  der  Inatramente  dnd  der  Einflnls  der  l^n* 
desrichtung  eliminirt.  In  dieser  Zeile  sind  denn  auch, 
wie  zu  erwarten,  die  Unterschiede  kleiner,  wenn  man 
nur  den  guten  Werth  für  einen  halben  Ton  nimmt 

Um  das  genaue  Verhttkaifis  zweier  Töne»  die  nm.einett 
halben  Ton  differiren,  aningdben,  hatte  ich  Chladni's 
Akustik  zu  Rathe  gezogen.  .  Es  konnte  mir  aber  nieht 
viel  helfen,  da  ich  in  meinem  Fall  zu  wissen  wünschte, 
nicht  wie  das  theoretische  Yerhältnifs  war,  sondern  was 
die  Musiker  einen  halben  Ton  nannten,  ob  sie,  wann  g 
geblasen  worden  oder  gü  für  einen  halben  Ton  tie^ 
ier  oder  hoher  hielten,  oder  ob  sie  das  gleich  schwebende 

Vcrhältnifs  1/^2  annahmen.  Ich  mufste  also  die  Musiker 
selber  dieserhalb  befragen,  konnte  aber  von  allen  keine 


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m 

bestimmte  Antwort  erhalten;  da  nun  der  eine  uumögiicli 
fOr  den  andern  sprechen  konnte»  so  eoUtskUtS»  i«h  mich, 
ihre  Angaben  naeh  beiden  Hjpotii««cii  SU  kerecbifeii.  Die 
filnfte  Spelle  ^jtdiit  elio  den  Uoteiediied  der  tbeoretischeB 

Schwinguugs- Anzahl  mit  der  Mittelzabi  am  den  Angaben 

beider  Beobachter,  berechnet  nach  dem  Verhältnifs  V^2. 
Die  seehete  enthält  den  Unterechied  mit  deieelben  Mittel- 
asilil,  aber  berechnet  niicb  dem  VerbHltnib  4|  für  den 
kommenden,  und  naeh  4t  gehenden  Ton. 

Am  3.  Juni  befand  sich  nur  ein  Beobachter  auf  je- 
der Station;  ich  brauchte  also  damals  die  theoretische 
Zahl  nicht  mit  der  Mittelzahl  aus  zwei  Beobachtungen 
tm  vergleichen,  da  nur  eine  einzige  Angabe  vorhanden 
war.  An  diesem  Tage  mifsglflekten  iKe  Beobachtungen 
auf  der  Station  und  die  aiif  deb  Loconiotiye  gingen 
verloren,  so  dafs  nur  zwei  Beihen  übrig  blieben.  An 
den  Beihen  selbst  wird  man  leicht  erkennen,  welchen 
Werth  die  Musiker  dmn  halben  Ton  gegeben  haben,  da 
die  eine  viel  besser  der  ersten,  die  andere  viel  besser 
der' «weiten  Hypothese  genügt.  Es  ist*  eine  Reihe  von 
Beobachtungen  darunter,  wdche  sich  durch  Genauigkeit 
und  Consequenz  auszeichnet;  sie  stammt  von  Hrn.  Dan- 
men.  Dieser  ausgezeichnete  Musiker  befand  sich  am 
3»  Juni  einmal  auf  der  Station  C,  ward  aber  am  5.  Juni 
mit  auf  die  Locomotive  genommen,  weil  ich  ihn  ans  sei- 
nen BeobachtaAgen  sogleich  als  den  gesdricktesten  ei^amnt 
hatte,  und  weil  überdiefs  eine  Vertauschung  der  Stand- 
orte von  Nutzen  war.  Leider  zeichnete  er  dicfsmal  nur 
das  Mittel  aus  den  im  Vorbeifahren  an  den  drei  Statio- 
nen beobachteten  Tondifferenzen  auf,  und  nicht  jede  für 
eich,  was  offenbar  nicht  nOthig  gewesen  wSre,  wenn  die 
Locomotive  eme  ganz  gleichförmige  Geschwindigkeit  ge- 
habt hätte;  allein  am  5.  Juni  war  diefs  sehr  wünschens- 
werth,  da  die  an  diesem  Tage  benutzte  Locomotive  von 
anderer  Construction  wie  die  .Irftdere  war  und  aie  von 


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I 


dem  Maschinisteo  nicht  mit  gleicher  Greschwindigkeit  an 
den  Tersciiiedenen  Stationen  Törbeigefllhrt  ward. 


litange 


TlieriÄdBdter'20*,8  C,  Bair^Betck  750"»",09.    Dampfdruck  O^o^lS. 

Icli^ge^cliwindJgkei^  ^  ^  Met.  ' 

[Es  MeoMK  die  B^ttttlhtung  itd  Kimrifen,  G  litt  f^GMien, 


Station 


win 
.digkeit 


V  na 


•  I 

U  V. 

O  Wi 

V  Q 


.1.  ' 

Unterschied 

7.\v.  flicoret. 
u.  heobnrht 
Znlil  l.ir 


s  t 


a  t  i  o  n 
e  ^ 


Geschwin- 
digkeit. 


w  * 

'S  a 

ja  t> 

V  n 
»P 


u  ^ 

^  Sc 


B. 

Uotersclucd 
zw.  tkeoret. 
u.  hfohnrht, 

Zahl  iür 


V2| 


24 

iL 


DiÜ  ^iftCe  Bd^Mhtaag  üMilaog 
fftnslicliy  irül  nlcbts  gehdrt 


\1,\g.  14,8 

A:  14,5 
IIL  G.  14,1 
lK14,3 

IV.jG.  17,9 

\q,  16,7 


5 

957 

—  8 

-19 

5 

1042 

H-  5 

H-16 

5 

959 

—  6 

— 1« 

10 

1086 

■+-13 

-1-30 

6 

948 

—10 

-22 

7 

952 

0 

-13 

8 

939 

r-21 

iK.  15,3 
II.  G.  15,5 

Ir.  15,4 

\K.  12,8 

III.  G.  12,2 
( V.  12,5 
(ä:.  15,8 

IV.  {G.  15,0 
( V  15,4 

K.  15,6 
WAG 


15,2 


Vi! 


:k.i5u 


5 
5 

10 
5 
5 

10 
7 
5 

12 
8 
5 

13 
5 


1044 

955 
1093 
1037 

965 
1074 
1046 

957 
1093 
1045 

956 
l093 

941 


—  7-hl8 
—10  —20 
-1-20-1-41 

ü  -f-ll 
0,-10 
0-H22 

—  5-h  9 

—  8—18 
-h  5-h3l 
-14-1-  3 


-  9 

—  3 
-t14 


—  19 
+25 


Beobachtungen  am  5.  Juni. 

ThelMBeier  18%4      Bironetor  785"»,6i  Danyllirack  ]]0»|83. 
'  •  StiudlgMiiMBdickeft  ».  344,7  Me^*  * 

B  t  a  1 1  o  a  C.  '  * 


GctdiwiiidMfcat. 

l  \ 

Beobachteter 
UnterMiiied. 

1  ;  2 

1 

! 

Theoret 
Sdiwmgangt- 
AuäliL 

Unterschied  zw.  thcor. 
Zahl  u.  MitieUakl  für 
den  kalb.  Ton  a 

1  ^2  1 

I  (  K.  8,3  1 
'        0.10,9  1 

6 
9 

14!  -^i 

4 
9 
•12 

1024 
^J109T 

—13 

;  ,-|j«9 
'  ^-11 

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.334 


Ciesrliwiniligkril. 


Beobachteter 
Unlcrscliied. 


TWcoret. 
Scliwlngungs- 


XJnlerscKied  zw.  tlieor. 
ZaIiI  u.  MitleUahl  iur 
den  halb.  Ton  = 


1 

j 

1  2 

la 

1^2 

94 

TS 

12,5 

6 

4 

1036 

-  1 

-HlO 

14,3 

8 

8 

958 

+14 

—  2 

"i 

13,4 

14 

12 

lOSl 

—  14 

H-12 

9,1 

8 

8 

1026 

—3:3 

-16 

III. 

Ii 

10,1 

6 

4 

971 

+  6 

+  4 

9,6 

14 

12 

1056 

—  79 

—  12 

9,6 

8 

8 

1028 

-U 

-14 

.v.| 

11,8 

8 

8 

966 

H-22 

6 

10,7 

16 

16 

1066 

-52 

—20 

12,5 

2 

8 

1036 

—  1 

-4-10 

1?;; 

12,6 

2 

8 

963 

—  2 

—  12 

12,5 

4 

16 

1075 

+  1 

-h22 

VI.  \  G. 

9,5 

1027 

11,1 

10,3 

968 

\ 

!  V 

9 

12 

1057 

-19 

H-  9 

I. 

11.' 
III. 

IV. 
V. 
VI. 


t  a  t  i 

0  n  B. 

K. 

9,5 

/ 

8 

1027 

-28 

-15 

G. 

10,6 

1 

0 

969 

-27 

—28 

V 

10,1 

8 

8 

1059 

0 

+17 

K. 

14,3 

7 

7 

1043 

—  8 

-f-  6 

G 

13,3 

4 

2 

961 

—18 

-24 

V. 

13,8 

11 

9 

1085 

-hll 

4-33 

K. 

11,1 

7 

7 

1032 

—  19 

—  5 

G 

10,5 

4 

4 

969 

—  3 

—  11 

V 

10,8 

II 

11 

1065 

—  16 

-h  8 

K. 

n.i 

7 

7 

10.32 

-19 

—  5 

G. 

13,3 

5 

0 

961 

—11 

-16 

V. 

12,2 

12 

7 

1074 

—  8 

-hl3 

K. 

14,3 

0 

0 

1042 

-H42 

-f-42 

G. 

14,3 

14 

12 

958 

-M9 

+23 

V. 

14,3 

14 

12 

1088 

—  8 

+22 

K. 

11,1 

8 

8 

1032 

-27 

-10 

G. 

11,1 

6 

2 

967 

—  5 

—13 

r. 

11,1 

14 

10 

1067 

-19 

+  5 

II. 


8 

t  a  t  i 

0  n  ^. 

K. 

9,5 

2 

8 

1027 

—10 

+  1 

G. 

8 

8 

6 

978 

+27 

+13 

V, 

8,8 

10 

14 

1050 

—38 

—12 

K. 

14,3 

2 

8 

1043 

+  6 

+17 

G 

16 

8 

8 

953 

+  9 

—  7 

V. 

151 

10 

16 

1094 

—  2 

+25 

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335 


Goscliwlndigkeit. 


Bcob.irlitcter 
LnltTstliied, 

r 


Tlicorcl. 
Schwingiings- 
Anzaiil. 


Unterschied  zw.  iheor. 
und  mittlerer  Zalil  iiir 
den  lialb.  Ton  = 


12 


n 


,  K. 

11,1 

0 

0 

KK32 

-1-32 

-+-32 

III. 

M  mm  9 

G 

12,5 

9 

12 

963 

-+-35 

-f-15 

!  V 

11,8 

9 

12 

1072 

-  3 

-f-17 

12,5 

8 

8 

1036 

-23 

-  6 

IV. 

G. 

15,4 

8 

8 

955 

-+-11 

-  5 

\  V. 

14 

16 

16 

1085 

-33 

0 

K. 

16,7 

4 

2 

1051 

-+-29 

-^36 

V.  , 

G. 

14,3 

8 

9 

958 

-hl7 

0 

V. 

15,5 

12 

11 

1097 

-hl3 

-+37 

.  K. 

11,1 

8 

1 

1032 

—  1 

-+-  9 

VI. 

G. 

12,5 

1 

8 

963 

—  6 

—  14 

\  V. 

11,8 

9 

9 

1074 

-4-  7 

-+-26 

JLi 

0 

c 

U  III 

U     Ir     I  V 

14,4 

6 

1043 

—  1 

-+-11 

1. 

G. 

14,2 

6 

958 

0 

-12 

\  V. 

11,3 

12 

1089 

—  1 

-+-27 

15,0 

5 

1044 

7 

-hl8 

II. 

G. 

15,8 

8 

954 

-HIO 

-  6 

>  V. 

15,4 

13 

1094 

—  2 

-+26 

[  K. 

5,5 

4 

1016 

-13 

—  4 

III. 

G. 

5,5 

4 

984 

-1-12 

-t-  4 

1  y- 

5,5 

8 

1035 

-25 

—  7 

5,1 

4 

t 

1015 

-14 

—  5 

IV. 

G. 

4,9 

4 

986 

-t-14 

-h  6 

1  V. 

5 

8 

1031 

—28 

—  11 

[  ^ 

14,3 

8 

1042 

—  13 

0 

V. 

»  G 

14,1 

8 

959 

-M5 

—  1 

'  V. 

14,2 

16 

1088 

—28 

-H  2 

i  ^ 

18,3 

8 

1053 

—  6 

-+11 

VI. 

'  G. 

18,4 

8 

947 

-f-  3 

—13 

1  y- 

18,3 

16 

1106 

-10 

-+•20 

§•  7. 

Man  sieht  also,  dafs  im  Allgemeinen  die  Theorie  be- 
stätigt wird.  Die  Unterschiede  schwanken  in  Plus  und 
Minus:  raeist  sind  sie  in  den  beiden  Hypothesen  von  Ent- 
gegengesetztem Zeichen  oder  verschwinden  fast  in  einer 
von  ihnen.  Man  bedenke  nur,  dafs  selbst  ein  Unterschied 
von  10  Schwingungen  verschwindend  klein  ist. 

Einige  Unregelmäfsigkeiten  lassen  sich  vielleicht  durch 


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SM 


Folgendes .  beseitigen.  Eine  erste  ist  darin  begrfindet, 
dafs  einige  der  Musiker  Ungneten,  der  kommende  Ton 
sey  auf  grofse  EnCfemangen  hOber  als  der  ob)eetiTe.  Sie 

sclirieben  die  Erhöhung,  wie  sie  sagten,  der  vorübcrflie- 
geoden  Luft  zu,  gestanden  aber  alle,  dafs  der  gehende 
Ton  in  jeder  Entfernung  tiefer  bleibe,  und  schon  darin 
liegt  eine  Inconseqnenz.  Diese  Ansicht  gründete  sich  aof 
Beobachtungen  entweder  der  Töne  Ton  Signaltrompeten 
oder  der,  welche  die  Pfeife  der  Locomotive  einmal  an- 
gab, und  welche  darauf  von  einem  Musiker  auf  derselben 
Höhe  gehalten  ward.  Im  ersten  Falle  ist  sehr  zu  vermu- 
then,  dafs  man  den  Ton  der  Trompete  von  den  andern 
Stationen  mit  dem  der  Locomotive  yerwechselte»  und 
dann  mufiste  sieb  freilich  der  Ton  nicht  yerändera;  im 
anderen  Fall  weifs  ich  nicht,  ob  der  Ton  der  Pfeife  rein 
genug,  frei  von  begleitendem  Geräusche  war.  Die  Mu- . 
siker  auf  der  ersten  Station  C  konnten  gar  nicht  darüber 
entscheiden,  da  die  Locomotive  auch  in  grofser  Entfer- 
nung noch  lange  nicht  die  Geschwindigkeit  erlangt  hatte^ 
mit  der  sie  hernach  Torbeifuhr.  Die  Beobachter  der  Sta- 
tion B  haben  es  nicht  angegeben;  die  Angaben  von  A 
würden  von  grofser  Autorität  seyn,  wenn  nicht  alle  für 
den  kommenden  Ton  zu  gering  wären.  Diefs  erweckt 
'  die  Vermuthung,  dafs  die  Instrumente  dieser  Station  sich 
Terstlmmt  hatten.  Ich  wollte  diefs  nur  erwSbnen,  weil 
mehre  es  behaupteten,  glaube  aber  doch,  daÜB  jene  ^n- 
gäbe  auf  einer  Täuschunj^  beruht. 

Eine  zweite  Anomalie  ist  darin  zu  bemerken,  dafs 
man  den  kommenden  Ton  weniger  erhöht,  als  den  ge- 
benden erniedrigt  gehört  hat  *  fis-  ist  diefe- weniger  aus 
den  obigen  Angaben  zu  ersehen,  als  es  aus  den  münd- 
lieben  MHtheifonjgen  anfebgs  hervorging.  Dieser  Umslnnd 
erklärt  sich  aber,  da  er  nicht  bei  allen  Beobachtungen 
stattgefunden  hat,  aus  einem  leichten  Verstimmen  des  In- 
struments (immer  das  aof  der  Station  A),  aus  der  bei- 
Habe  launer  im  Zunehmen  begriffenen  Geschwindigkeit 


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337 

der  Locomotive  und  aus  einem  physiologischen  Gegen- 
satz. Man  hörte  den  kommenden  Ton  etwas  höher,  dann 
unterhalb  20  Meter  ein  biseben  weniger  hOber  uad  dar- 
auf schneller  abnehmen  bis  auf  den  tie&ten  Ton;  man 
TCi^gMi  ilia  -«ber  idtam  yiaUeiGht  nidit  mit  dem  ob)ecti- 
ven  Ton»,  aondeni-mit  dem,  welchen  man  einen  Augen- 
blick zuvor  gehört  hatte.  Diefs  würde  zugleich  erklären, 
weshalb  man  die  Unterschiede  durchgängig  etwas  zu  groCs 
hörte;  man  hatte  nämlich  das  Steigen  des  kommenden 
Tons  bereits  angegeben  und  filgte  non  einen  zu  grofoea 
Untersehied  filr  den  ^gehenden  hinzu»  wedurcb  anch  die 
Summe  ni  grofa  ward.  Ich  gebe  diese  Erklärung  gern 
für  eine  bessere  hin,  besonders  da  ich  selbst  nicht  über 
die  Unterschiede  entscheiden  kann;  ich  habe  wohl  jedes- 
mal die  Verschiedenheit  der  beiden  subjectiven  Töne  ge- 
hört, bin  aber  nicht:  musikalisch  genhg»  um  die  Unta^ 
schiede  sn  schlltzeil,  geschweige  denn,  um.  den  Unter> 
adiied  von  Unlerachieden  angeben  m  kOnnen. 

Die  Basis  der  Doppler 'sehen  Theorie  bestätigeD> 
beifst  noch  nicht  mit  der  Anwendung  derselben  auf  die 
Farben  der  Dcpiidslerae  einterstanden  sejn;  so  kann 
ich  es  nidili,  well  mir  der  aus  dieser  Theorie  gezogene 
Schlufs  nicht  richtig  zu  seyn  scheint.  Um  nKmlich  den- 
selben mit  voller  Gewifsheit  ziehen  zu  können,  müfsten 
folgende  Prämissen  als  bewiesen  anzusehen  seyn: 
1)  Dafs  man  berechtigt  sey,  die  obigen  ResuUate  vom 

Schall  wd.  das  Lkfat  za  UbertrageB;  . 
3)  daÜB.  die  Sterne  4n  einigen  Theilen  ihret  Bahn  eine 
hinlängliche  Geschwindigkeit  besitzen,  um  eine  merk- 
bare Färbung  und  Farbenänderung  zu  erfahren; 

3)  dafs  die  Doppelsterne  wirklich  eine  .solche  Färbung 
und  Farbenänderung  erleidien»  wie  sie  nach  dem  be^ 

'  sagten  Salze  erlahren  mHÜBten; 

4)  daÜB  kein  anderer  Eiklftrongsgrund  eben  so  Iwht 
vorhanden  sej; 

Poggeodorir»  AnnaL  Bd.  LXVh  22 


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8M 


5)  dafs  keine  Thatnche  die  Anweadonf  der  Dopp- 
ler'schen  Theorie  auf  die  Farben  der  Doppclsteroe 
widerspreche. 

§.  8. 

Nur  die  erste  dieser  Bedingungen  gebe  ich  unmittel- 
bar zu.  Was  die  zweite  betrifft,  so  scheint  auch  sie  mir 
keine  bedeutende  Schwierigkeit  danubieten,  aber  mich 
dflnkt  doch,  daCs  die  Sterne  nur  selten  eine  hinlttngliohe 
Oesdiwindigkeit  haben  werden,  um  ans  das  Farbenphä- 
nomen  zu  zeigen;  es  fällt  diefs  sogleich  in  die  Augen, 
wenn  man  bedenkt,  dafs  sowohl  Dr.  Bolzano  als 
Prof.  Doppler  in  der  Beurtheilang  dieser  Hinlänglich- 
keit zu  weit  gegangen  und:  der  Erstem  weil  er  den  Ster- 
nen im  Allgemeinen  eine  su  grofiie  GesdMrÜldigkeit  bei- 
legt; der  Andere,  weil  er  dem  mensehUchen  Auge  eine 
zu  grofse  Empfindlichkeit  für  das  Licht  zutraut. 

Nicht  dafs  ich  den  Sternen  alle  eigene  Bewegung 
absprechen  and  wieder  zu  Fixstemen  machen  will:  ich 
meuie  nur,  dals  der  Dr.  Bolz  an  o  durch  einen  falschen 
Schlafs  anf  eine  zu  gröfse  Gesfchwindigkeit  geratheb  sej. 
Nach  ihm  soll  nämlich  die  Geschwindigkeit  der  Haupt- 
plaoetcn  gröfser  seyn,  als  die  der  Satelliten,  und  dar- 
nach vermutbet  er,  dafs  die  Geschwindigkeit  der  Fixsterne 
anch  gröfser  aej  als  die  der  Hauptplaneten.  Ersteres  ist 
aber  ohne  Ansnahme  nidit  ganz- -der  FalL  Jeder  der  Ja- 
piterstrabanten  bewegt  sich  echneHer  nie  der  Üranns,  der 
zweite  dieser  Trabanten  schneller  als  die  beiden  letzten 
Planeten,  und  der  erste  Trabant  des  Jupiters,  so  wie 
der  erste  des  Saturns,  schneller  ab  der  respective  Haupt- 
planet* Die  Satelliten  des  Urämie  sind  noch  nicht  ge- 
nugsam beobachtet;  wahrscheinlich  giebt  es  deren  noch 
nShere  als  wir  kennen,  und  dann  könnten  auch  einige 
darunter  sejn,  die  schneller  gingen  als  ihr  Hauptplanet. 
Freilich  mufs  man  zugeben,  dafs  bereits  die  Erde  sich  mit 
gröfserer  Geschwindigkeit  bewegt  als  selbst  der  schnellste 
1)  Diet.  Amitl.  Bd.  60,  5.  83. 


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339 

^SateHiteti^  idier  matt  Iwt  dttram  Bodi  kcki  Recht  dm 

Schlufs  allgemein  auf  die  Fixsterne  auszudehnen,  deren 
gegenseitige  Abstände,  falls  sie  nicht  physische  Doppel- 
sterne sind,  ein  weit  gröüseres  Yerbältuifs  haben  zu  den 
Abständen  der  HaoptpUneten,  ai»  die  Halbaxen  der  Bah.« 
nen  dieser  za  den  Abstanden  der  Satelliten,  und  folglich 
nftfsfen  sie  aoch  ein  weit  gcöfseres  VerfaSltnife  von  Masse 
haben,  was  nicht  wahrscheinlich  ist  und  nicht  mit  den 
Annahmen  von  Argeiander,  Bravais  und  Mädler 
übereiustiffimt  Es  verhält  sich  also  mit  der  Geschwin- 
di^eit  gans  so  wie  Prof,  Doppler  sag^  pnd  die  Vor- 
aussetzung des  Dr»  Bolzano  ist  eke  Uebertreibung. 

§.  ». 

Glaubte  ich  in  dieser  Hinsicht  von  Hrn.  Dr.  Bol- 
zano's  Meinung  abweichen  zu  müssen,  so  kann  ich  doch 
andrerseits  auch  Hrn.  Prof.  Doppler  nicht  beistimmen, 
wenn  er  sagt,  schon  das  Auatreten  von  einem  Hiudertsl 
der  »m  wei(seii  Lieht  gehdrlgen  rothen  Strahlen  sej 
merkbar  für  das  menschliche  Auge.  Ich  erinnere  mich 
nicht,  solches  bei  Herschel,  der  dafür  als  Autorität  an- 
geführt wird,  gelesen  zu.  haben,  habe  es  auch  in  dessen 
TraUe  de  ia  Ltutdere^  von  welchem  ich  die  Ausgabe  yo« 
Qoetelet  lUBd  Verbalst^  mit  det  Znsfttzen  dieser  Ge- 
lehrten, besitze,  ttieht  auffinden  kfianeu,  wohl  dber  eine 
Stelle  {p.  309  §.  510),  welche  zu  einem  entgegengesetz- 
ten Schlüsse  führt.  Herschel  sagt  nämlich  daselbst,  dafs 
man  1,000,000  Tinten  erlange,  wenn  man  die  drei  Far- 
ben, Roth,  -Gelb  und  Blau  (in  der  Brewster' sehen 
Hypothese)  in  vieraehiedenen  Verhiltniasen  von  1  bis  100 
menge;  und  er  filgt  hittsm:  €0      est  plus  que^  süffisant 

1)  Da  man  vielleicht  nicht  geneigt  ist^  die  ausfuhrlichen  Abhandlimgen 
der  genannten  Gelehrten  nachzulesen,  so  will  ich  beispielsweise  an- 
fuhren was  Prof.  Kaiser  in  seinem  W'erke:  Tie.  s  t  e  r  r  enhemel 
verhlaard  p.  283  sagt:  ,,De  ster,  weihe  de  sneiste  eigen  be- 
weging  heejt,  beweegt  zieh  in  een  uur  33500  jD.  G,  mijlen  ttc**^ 
was  noch  nicht  10  Meilen  in  der  Secunde  beträgt. 

22* 


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340 

guer.  On  dit  que  les  romains  imiaient  dans  leurs  mö- 
satques  plus  que  30000 //«/^^ :  en  supposant  mime  que 
la  nalure  nous  o/fre  uri  nombre  dix  fois  plus  grand, 
elles  se  trow^erdnt  ioutes  dans  nötre  ächetie. 

Es  fragt  sich  aim*  noch«>  bb  bei  nifafgtr  Betraob- 
fung  tnid  genügend  starker  BetsiiohttiBg»' die  suppoBirtca 
300000  Nuancen  würde  unterscheiden  können;  es  hät- 
ten besonders  die  Maler  darüber  zu  entscheiden.  Iliozu 
braiiehte  man  aber  bereits  das  Austreten  von  0,03  der 
rolhen  StrahleDy  und  also  weni^ens  eine  dreifaGbe  Ge- 
scbftindigkeit;  wie  Hr.  Prof.  D'o^ppler  anäimit  Zieiit 
man  dazu  noch  in  Betracht,  dafs  die  Sterne  selten  ruhig 
genug  stehen,  um  nicht  beim  Funkeln  ein  wenig  gefärbt 
la  sejn,  dafs  sie  bereits  durch  die  Dispersivkraft  der 
Atmosphäre  Farben  zeigen  daCs  sie  nicht  gleichzeitig 
nicht  einmal-  ton  derselben  Person  mit  sieb  selbst  ver- 
^hen  werden  bMneU;  erwägt  dan,'  diii' selbst -die  9h- 
solute*  Lidhtstai-Ite,  weiche  doch  noch  leichter  als  die 
Färbe  bestimmbar  zu  scyn  scheint,  schwerlich  ohne  Hülfe 
▼on  Instrumenteo  bis  auf  -^^  bestimmt  werden  kann 
nd  daCs  man  'in  der  chromatischen  Photometrie  noch 
immer  sehnsuehtsvbli  auf  die  ÜAleiilBttchmlgtti  nnld  liisti«- 
metite'  Arago's  tu  warten 'hat ^  'ObwoU  derselbe  neneii- 
lieh  wieder  Hoffnungen  dai^anf  angeregt  hat  '),  so  wird 
man  sich  nicht  wie  Hr.  Dr.  Bolzano  wundern,  dafs 
man  bei  den  übrigen  Fixsternen  solche  Unterschiede  noch 
nidit  wahrgenommen  hat,  wird* auch,  nicht  mit  Um.  fioL 
Doppler 'eine -Geschwindigkeit  von  S8  Meilen  in  der 
l^unde  fQr  genügend  halten,  um  jenen  FarbenoBterechied 
hervorzurufen.  Somit  würden  also  nur  die  physischen 
Doppelsterne  zu  betrachten  übrig  bleiben. 

» 

1)  Beiael.  Compies  rend,  T,  XT,  p.  18|. 

3)  Arf  elander,  in  Sclmmacker'«  «flniMiB.  Jahriniche  för  1844, 
&  185  nad  106b 

3)  Arago,  Compt,  rend,  T,  XX,  p.  1704. 


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S4i 

t 

§•10. 

Uiiteniioh«D  mr  donna^  ob  ei  walir  «ej,  dafo  die 
Dofpelileroe.  wirUidi  solohe  Firi»im|^  «pd  Faili!«MtiKleT  . 
ruDg  eiisideii,  wie  aus  dem  in  Redeatebeaden  SatKntlrde 

erklärt  werden  können.  . 

Es  ist  nicht  genug  zu  sagen:  die  Farben  einiger 
Doppeiatenie  ändern  .uxh,  yiele.  stebeii  zu  ewiaiid^  im 
Gegensatz,  sindtcoknpkittentiir,  aUo  mösseo  ei^  aas  der 
Bewegung'  erblirt  werden;  Tielmebr  miida  «ntemncht  wer- 
den» hft  welcheti  ZefalenrerbSitaHs  solche  Doppelsteme 
zu  den  übrigen  stehen,  um  einigcrniafsen  entscheiden  zu 
können,  ob  man  ihrer  Bewegung  mit  einiger  Wahrschein- 
lichkeit zuschreiben  Jiiiione»  vas  ihnen  selbst  vielleicht  an- 
gehört. Um  24ablen  von  Autorität  anzofübren,  würde  ich 
hier  den  oompetcotesten  Richter ')  seUiw  sprechen  lassen 
können;  ee  wSre  diefe  besser  als,  nach 'meinem  früheren 
Plane,  aus  der  Abhandlung  von  Herschel  und  South 
in  den  Trans aciions  der  Royal  Asironomical  Society 
T.  I  und  ///  etc.  die  farbigen  Steme  auCzuz^hlen;  aU 
lein,  der  Kaumevspaning  wegen ,  werde  ich. mich  docb 
damit  begnügen,  nur  auf  die  Abhandlung  von  Str.aT.f 
m  verweisen;  man  wird  bei  Lesung  derselben  gestehen 
müssen,  dafs  sie,  so  viel  Angaben,  so  viel  auch  Wider- 
sprüche gegen  den  Doppler 'scheu  Fundamentalsatz  ent- 
hält 

DaÜB  beide  Sterne  einerlei  Farben  haben,  ist  bei  w^jr 
fem  der-  häufigere  FaiJI,  sagt  dergrofse  Beobacbter.  Aber 

in  diesem  Fall  ist'  die  Farbe  nur  aus  der  relativen  Be- 
wegung des  Sternenpaars  und  unseres  Planetensystems 
zu  erklären,  und  die  Doppelstei'ne  stehen  in  dem  näm- 
lichen VerhältnitB  zu  uns,  wie  die  einzelnen  3terne,.  ha- 
ben also  keine  hinlängliche  Geschwindig|Leit,  dafs  von 
476  gleich  geförbten  Paaren,  lediglieh  durch  Bewegung 

1)  Struve,  über  die  Doppelsterac  nach  den  Dorpater  Mikrometer-B^ 
obachtangcQ.   Ben'rht  an  S<.  SxcelL  T.  UwaroüC   S.  34 — 36. 

%)  DoppUr  s.  «.  O.  7. 


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843 

118  gelblich  oder  rötUldi  vmd  63  bläulich  encheineD. 

Auch  wäre  es  eicht  leicht  einzusehen,  aus  welchem  Grunde 
sich  denn  fast  zweimal  so  viel  Sterne  von  uns  entfernen, 
als  sich  uns  nähern  soUeo.  Dagegen  kommen  16  Paare 
mit  sehr  grofser  Geschwindigkeit  auf  öm  zUf  deren  Haupt* 
item  giün  imd  deren  Begleiter  blau  ist  ;  man  weise  nun 
die  Kralt  Bach,  dai<ch  weldie  ^e  mit  Wahracheinbclikeit 
eine  solche  Geschwindigkeit  erlangt  haben.      -  > 

Die  Färbung  spricht  also  nicht  gar  sehr  für  die  An- 
wendbarkeit der  Theorie  des  Hrn.  Prof.  Doppler,  wenn 
es  wahr  ist,  wie  wir  §.  10  gezeigt  haben,  daCs  uns  nur 
die  physischen  Doppekterae  solche  Gesohwiodigkeit  dar- 
bieten liönnen,  Indem  sidi  die  oben  erwähnten  Färbun- 
gen nur  aus  der  Bewegung  des  Sternenpaars,  nicht  aus 
der  gegenseitigen  Bewegung  der  beiden  Sterne  erklären 
lassen.  Aber  auch  die  Sternenpaare,  welche  coroplemen- 
tare  oder  fast  compleroentare  Farben  zeigen,  sprechen 
nicht  sehr  daüQr,  denn  wir  müssen  dann  annebmen,  dais 
fiist  alle  Haoptsteme  sich  von  uns  entfernen,  alle  Beglei- 
ter sich  uns  nähern;  bei  157  solchen  Paaren  sind  53 
Hauptsterne  weifs,  52  hellgelb,  52  gelb  oder  röthlich, 
die  Begleiter  alle  blau  oder  bläulich,  und  es  giebt  nur 
wenige  Paare,  13,  in  denen  der  Begleiter  purpurfarben  ist 

' »     ..  §.  n.  .... 

Auch  die  Farbenänderung  ist  Hrn.  Prof.  Doppler 
weit  weniger  günstig,  als  man  nach  seinen  Worten  er- 
warten würde,  „Kein  Wunder  also,  lesen  wir  S.  12, 
wenn  sich  neuere  Beobachter  (Siehe  Mä  dler's  populäre 
Astronomie,  S.  493)  zu  der  F^age  aufgefordert  ftiblen, 
db  sich  denn  in  der  That  die  Farben  der  Doppelsteme 
während  der  letzten  50  Jahre  so  gar  bedeutend  sollten 
geändert  haben."  Wenn  wir  aber  Mädler  aufschlagen, 
ab  finden  wir  S.  500:  „Haben  diese  Sterne  (die  beiden 
ison  /  Delphitti  )  ihre  Farbe  seit  dO  Jabnen  so  starke  Ter- 
Indert,*^  und  $.  493  heifst  ^  kmumen'SWar  xwl- 

1)  Der  mtft  imii  folgende  Satz  stiinnit  fast  wörtlich  mit  der  AeuTse- 


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343 

sehen  Berschel  and  Strave  mandie  kleine  Verschie- 
denheiten der  FarbenbezeichDODg  vor,  jedoch  meist  so, 
dafs  bei  Berschel  die  Sterne  um  ein  Geringes  mehr 
in's  Rothe  spielen,  was  durch  eine  Eigentbümlicbkeit  des 
Teleskops  wa  erklären  sejn  dttrfte.  Hier  aber  zeigt  sid^ 
und  ftwsr  bei  .einem  Stemenpaar».  dessen  Farben  sich  ntt 
Bestinunthdt  aussprechen,  das  Gegentheil,  and  man  mafs 
demnach  vermuthen,  dafs  es  seine  Farbe  seit  jener  Zeit 
merklich  geändert  habe,  was  übrigens  in  der  i  ixsternwelt 
nicht  ginzUch  ohne  Beispiel  ist."  Bas  klingt. doch  we- 
nigstens etwas  schwilcher. 

Das  Schttnste  von  allem  aber  ist,  dafs  gerade  aal 
die  zwei  Stemenpaare,  y  Leonis  und  y  Deiphini,  aof 
welche  diese  Worte  anwendbar  seyn  sollten,  die  Theorie 
des  Hrn.  Doppler  in  keinem  Falle  passen  kann,  denn 
sie  haben  in  diesen  50  Jahren  ihre  gegenseitigen  Abstände 
nicht  geändert,  und  was  die  Positionswinkel  betrifft,  so 
bat  y  Leonis  diesen  um  22**  und  y  Deiphini  den  seini- 
^eu  gar  nicht  geändert.  Es  kann  sich  also  die  Richtung 
und  Gröfse  der  Bewegung  keinesweges  in  der  Weise  ge- 
ändert habeil»  dafs  daraus  eine  solche  Farbenäuderung 
würde  hervorgehen  kennen. 

Auch  Sirius  wird  wohl  nicht  viel  beweisen,  und 
<$.  17)  die  Bahnen  der  sogenannten  neuen  und  ver» 
scliwundenen  Sterne  so  einzurichten,  dafs  sie  alle  Farben 
des  Kegeubogens  durchlaufend  endlich  mit  kupferrothem 
Liebte  verschwinden,  würde  doch,  auch  schwer  halten* 
Abgerechnet,  dafs  ich  diesen  Farbenwechsel  nicht  von  al- 
len angelQhrt  finden  mOchte  ich  auch  fragen,  ob  sie  ange- 
fangen habmi,  uns  mit  einem  grün-  oder  bläulichen  Lichte 
sichtbar  zu  werden.  Diefs  mag  geniigen,  um  zu  zeigen, 
dafs  die  Färbung  und  Farbenänderung,  die  wir  hie  und 
da  an  den  Doppelsternen  wahrnehmen,  uns  nicht  nötbi-  ' 
gen,  ihre  £rklärung  in  der  Bewegung  zu  suchen. 

rung  von  Stru  ve.  a.  a.  O.,  S.36,  übqreio,  widerspridit  dagegen  schnur- 
ttralu  Um.  Doppler  S.  12.    •  • 


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844 

ZirrOrderif  mOiBeD  wir  nim  anterrachen,  oll  es  nicfat 
einen  anderen  bel^annten  Erklirangpgrand'  gebe,  cumal 
die  Bewegung,  wie  wir  im  folgenden  Paragraphen  zeigen 
werden,  nicht  einmal  im  Stande  ist,  merkliche  Farben- 
Änderungen  hervorzubringen.  Es  ist,  wie  mich  dünkt, 
eine  ganz  willktthrltche  Annahme,  dab  dKe  Farbe  aller 
Sterne  weiis  und  unverilnderlicli  sej.  Es  Ist  do^  nicht 
leichter,  jedem  Stern  diejenige  Richtnng  and  G^hwin- 
digkeit  anzudichten,  welche  er,  in  der  Hypothese  ei- 
ner weifsen  objectiveu  Farbe,  haben  mufs,  um  diejenige 
Farbe  zu  zeigen,  welche  wir  au  ihm  wahrnehmen,  •— 
als  anzonefamen;  dafe  die  Fixsterne  alle  möglichen  Farben 
besitzen  können.  Dafs  sie  JedenisUs'  nicht  alle  weiis 
sind,  beweisen  die  Beobeditungen  genugsam,  tnd*liognet 
auch  Prof.  Doppler  nicht.  Am  Eude  mufs  man  denn 
doch  seine  Zuflucht  zu  der  Voraussetzung  nehmen,  dafs 
die  verschiedenen  Sterne  nicht  alle  eine  gleiche  objective 
Farbe  haben.  Etf  iieg^  nichts  Ungereimtes  in  der  An- 
.  liabme,  dafs  verschiedene  Sterne  T^cscbiedene  Faiben  her- 
▼orzabringen  fthig  sejen.  Udberdiefs  haben*  wir  andi 
directe  Beweise,  dafs  sie  wirklich  nicht  einerlei  Farbe 
haben.  Nach  den  Beobachtungen  von  Fraunhofer 
zeigt  das  Sonnenspectrum  ändert  dunkle  Linien  als  die 
Spectra  mehrer  Sterne,  und  da'  nun  also  das  Licht  soU 
eher  Sterne,  ungeachtet  es  durch  dieselbe  Atmosphäre 
unserer  Erde  gegangen  ist,  wie  das  Sonnenlicht,  sich  doch 
von  diesem  verschieden  zeigt,  so  sind  wir  zu  schliefsen 
berechtigt,  dafs  es  in  der  That  von  diesem  verschieden 
ist.  Aber  wie  denn  die  Veränderlichkeit  der  Farbe  und 
yerSnderlichen  Sterne  erklären?  Ich  sehe  hier  keine 
grofse  Schwierigkeit,  diese  VerSnderlichkeit  den  Sternen 
selbst  zuzuschreiben.  Es  wfirde  interessant  sein,  Fraun- 
hofer's  Messungen  auf  solche  Sterne  auszudehnen,  die 
wohl  periodisch^,  ihre  Intensität»  aber  nicht  ihre  Farbe 
ändern.    Uebrigens  möchte  das  periodisclie  Vencbwin- 


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MB 

den  der  veränderlichen  Sterne  ebeii  so  leicht  durch  die 
sonstigen  Hypothesen,  wie  unwahirscheinlicfa  sie  auch  axk 
sich  Mjn  mögen,  als  doroh  die  ainmiehe  uikd  im  erateo 
AugenMick'wabraclieiiiliclM^  alMr  hkt  mntilSange  Theo^ 
rie  des  Hnk  Doppler  «rklM  wMea 

§.  13.  • 

Man  wird  dieses  um  so  leichter  eingestehen,  als 
eodlich  die  Bewegung  nicht  Ursache  des  Farbenwechsels 
aejn  kann.  Berits  die  Analogie  bei  dem  Scballc  lehrt 
es.  Als  •  itii  tu  Anfange  diefees  Jabres  einen  MoÄer 
.  nach  dem  mathmatMlcßen  Erfolg  der  Von  nrir  beabsieh^ 
tigten  Versuche  befragte,  sagte  er  mir  und  Andere  sag- 
ten es  ihm  nach:  „Sie  dürfen  nicht  hoffen,  dafs  dieselben 
ein  Kesiiltal  geben  werden,  denn  ich  habe  in  dem  Qt* 
rSosche  eines  ^Vorbeifahrenden  Wagens  niemals  eine  Aen- 
deruDg  gehört."  Auch  die  MMÜuoiten»  ab  sie  znm  ei^ 
stenmaie  anf  der  Eisenbahn  waren  und  der  gewöhnliche  ' 
Wagenzug  uns  mit  grofser  Geschwindigkeit  vorbeifuhr, 
sagten  mir,  obgleich  ich  sie  vorher  darauf  aufmerksam 
gemacht  hatten  sie  hätten  keinen  Tonunterscfaied  bemerkt, 
denn  es  sey  ein  Geriwoh,  kein  Ton.  ^en  so  ist  die  Farbe 
der  Doppelsteme  einGeadsefa  von  Farben,  keine  einfache 
Farbe.    Was  mufs  also  in  beiden  Fällen  stattfinden? 

BckaniUlich  ist  ein  Geräusch  als  ein  Gemisch  ver- 
schiedener Töne  zu  betrachten,  wie  Ohm  diels  dargetiian 
zn  haben  scbeini,  oder  man  muCr  annehmen^  es  aey  gar 
kein  Ton  darin,  eondeni  beetehe  nns  Wellen  Ton  ver- 
schiedener Lange,  deren  keine  sieb  so  oft  regelmäfsig 
folge,  dafs  sie  im  Ohre  die  Wahrnehmung  eines  Tons 
hervorrufe.  Diefs  ist  mir  gleich;  in  jedem  Falle  haben 
wir  Wellen  von  Ter8cliie<)eaer  auf  einander  folgender 
Lange.  Bei  Annilberong  alsO'Werden  die  längeren 'Wei- 
len- zn  kürzeren,-  diese  wieder  an  noch  kfirzeren,  nnd 
)ede  nimmt  die  Stelle  der  ihr  in  KUrce  folgenden  ein, 
so  dafs  am  Ende  das  gesammte  Geräusch  keine  andere 
Veränderung  erlitten  hat,  als  dafs  die  längste  Weile  auf- 


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346 

gehört  hftt,  ab' solche  wahmdiBibar' «ti  lejrn»  md  eiae 
aUerkfireeste  iinzu^ekorinDfl»  ist 

Aber  darin  eben  ist  der  Grund  zu  suchen,  dafs  die 
Sleme  eine  Farbenänderung  erleiden,  wird  man  mir  ent- 
gegnen, und  das  lelclit  aueh  hin  sie  sn  erklAcen:  ro- 
theo  Wellen  werden  za  orangefarbenen,  diese  zn  gelben, 
U.-8.  bis  eodlidi-dle  violetten  nnricblbar,  «nwahmehm- 
bar- werden;  es  felilen  also  in  dem  Spectrum  die  rothen 
Strahlen  und  die  Farbe  des  Sterns  ist  nicht  mehr  rein 
weifs,  sondern  in's  Violette  oder  Blaue  spielend.  Das 
Gegentheil  findet  beim  Entfernen  statt. 

Bei  oberfl&chiicber  BetracbtoBg  des  Gegenstandes  nag 
dieser  Einwurf  riehlig  scheinen;  aber  er  ist  es  nicht,  denn 
man  darf  die  Analogie  nicht  weiter  treiben,  als  sie  wirk- 
lich besteht,  und  darum  ist  auch  die  Anwendung  eine 
falsche.  Für  das  Auge  sind  nur  sehr  wenig  Licbtwelien 
sichtbar:  die  Längegranzen ,  zwischen  welchen  sie  wahr- 
nehmbar sind,  liegen  emander  sehr  nahe»  Wenn  beim 
Gerlosch.  ein  neoer  Ton  hinziikonunen  kann  und  eine 
Welle,  welche  früher  die  längste  war,  bei  der  Auuähe- 
rung  aufhört  als  solche  wahrgenommen  zu  werden  und 
in  eine  etwas  kürzere  übergeht»  so  mufa  man  dagegen 
beachten,  dafe  beim  Lichte  die  neue  Farbe  auch  ansieht 
bar  ist,  und,  beim  Entfornen,  die  Stelle  des  Yioletts  durch 
eine  kQrzere,  frfihdr  «nsichtbare  Welle  eingenommen 
wird,  mithin  das  Spectrum  in  seiner  Reinheit  wiederher- 
gestellt ist,  d.  h.  ganz  zu  dem  geworden  ist,  was  es  frü- 
her war.  Auch  selbst  wenn  die  Geschwindigkeit  so  grofs 
wttre,  dais  die  Tonaab  Tioletten  Strahlen  zu  rothen,  oder 
tningdLehrt  diese  zu  )enai  wfirden  und.  der  ganze  -fibrige 
Theil  des  Speotnmis  verschwancie,  so  wtren  doch  immer 
noch  genug  unsichtbare,  aus  kürzeren  oder  längeren  Wel- 
len bestehende  Strahlen  da,  um  das  übrig  gebliebene  Licht 
zum  Tollkommnen  Spectrum  zu  ergänzen.  Diefs  nun  eben 
'findet  im  AMgemeinen  bei  dem  Gerftosehe.nichft  statt;  und 
dennMi  ist  selbst  bd  ihm  die  Verlndaiimg  nichtrinefUitf . 


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347 

§.  Ii- 
Ks  wird  leicht  m  erweisen  seyn»  daCi  dieser  Slite 
keine  blolse  Aniialiine,  sondern  in  der  Natnr  begründe! 

ist,  denn  erstlich  würde  das  Gegentheil  unwahrscheinlich 
sejn,  und  zweitens  auch  der  bisherigeu  Erfahrung  gera- 
dezu widersprechen. 

lo  der  Theorie  der  Bildung  von  Aetherwellen  lie^l 
kein  Grund,  warom  Tonngsweise  Schwingungca  von  el« 
ner  gegebenen  LSnge  erregt  werden  sollten,  eben  so  we- 
nig wie  diefs  bei  den  Schallwellen  stattfindet.  Es  hängt 
nur  von  der  Natur  des  schwingenden  Körpers  ab,  ob 
schnellere  oder  langsamere  Schwingungen  erregt  werden. 
Es  würde  demnach  sehr  sonderbar  seyn,  wenn  nur  dte^ 
Jenigen  Schwingungen  herrorgemfeii  würden,  weldie  fOr 
das  menschliche  Auge  sichtbar  sind.  Ueberdiefs  wider« 
spricht  es  der  Analogie  mit  dem  Schalle,  denn  in  der 
Luft  können  bestimmt  Wellen  erregt  werden,  die  für  die 
Wahrnehmung  durch  das  Ohr  zu  lang  oder  zu  kurz  sind. 

Das  Gegentheil  ist  also  sehr  onwahrscheinÜGb;  es 
ist  aber  auch  der  Erfahrung  zuwider.  Ich  werde,  nm 
mich  nicht  in  Hypothetisches  zu  verwickeln,  nnberfick« 
sichtigt  lassen,  dafs  diefs-  und  jenseits  des  Lichtspectrums 
chemische,  wärmende  oder  anderweitige  Strahlen  Torhan- 
den  sind,  zumal  ich  es  für  sehr  wahrscheinlich  halt^ 
dals  diese  Strahlen  nicht  in  leoohtende  ttbetgehen  kön- 
nen, sondern  •  von  den  Lichtstrahlen  durch  eine  solche 
Modification  der  Wellen  unterschieden  sind,  wie  wir  beim 
Schalle  Klang  nennen,  —  vielmehr  will  ich  mich  nur 
auf  die  Lichtstrahlen  beschränken. 

Berschel,  und  Einige  mit  ihm,  haben  aufserhalb 
des  fQr  uns  unsichtbaren  Violetts  noch  Strahlen  von  La- 
vendelfarbe gesehen.  Diese  Strahlen  müssen  also  notb- 
wendig  zu  violetten  werden,  und  vielleicht  könnte  ein 
Anderer  noch  jenseits  dieser  Lavendelstrahleu  eine  an- 
dere Farbe  wahrnehmen.  Besonders  wird  meine  Be- 
hauptung verstärkt  durch  die^jvor  «twa  dreifeig  Jahren 


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348 

von  Ara^o  gemachte  BeobachtuDg,  daCs  der  Brechuogs- 
index  -de»  von  Gestirnen  mf  die  .Erdci  geBandten-  Lichts 
HDgefindert  bleibt,. die  Erde  inag  sich  ibneA  ndiflni  oder 
von  ihiieii  entfe^neB Diese  Be^baehtang  ist  nun  nicht 

anders  zu  erklären  als  durch  die  Aunahme  Arago's  ^): 
,^que  les  corps  tumineux  emettent  des  rayons  avec  tour- 
ies  iei  ¥iiesses  posdbles  et  que  dms  iemsemble  de  ces 
ifiesBgs  me  tsmde  prodmt  la  Sensation  de  iumütne,  -ee 
fid  rend  dompie  aussi  de  iSg^Ukä  de-  vitesse  joppmreBte 
des  royans  'de-  toutes  les  SUdles^  Wönil  mah  diefs  in 
die  Sprache  der  Undulalioustheorie  übersetzt,  und  be- 
denkt, dafs  CS  im  freien  Aelher  nur  Eine  Fortpflanzungs- 
geschwindigkeit geben  kana^)^  ad  nuifs  man  annehmen» 
dafs  die  Geatirne  Wellen  vQn  anendlicb.  veiFschicdeiier 
Osbillationsgeschwindigkeit  anaiendeD,  und:  dbfa  von  der 
Geaaainrtheit  dieser  Oscillationsgeschwindigkeiten  nnr  die- 
jenigen die  Empfindung  des  Lichts  und  einer  bestimmten 
Farbe  erregen,  welche  wir  als  solche  im  Sonnenspectrum 
baben  kennen  gelernt.  Sind  dann  auch  die  Strahlen, 
welche  bei  relativer  Bube  der  Erde  aiohtbar  waren,  in  ^ 
Folge  der  BevFegung  mehr  oder  weniger  abgelenkt 
frfiher,  so  ist  doch  auch  zugleich  die  Oscillationsgeschwin- 
digkeit  eine  andere  geworden,  sie  haben  dadurch  ihre 
Farbe  geändert,  und  andere^  früher  uosichibare. Strahlen 
haben  ihre  Stelle  und  Natur  genau  eini.ond  angenommen« 
iNur  eine  Schwierigkeit  bleibt  mir  noch  au  beaeitigen; 
sie  entapringt  daraoa,  da&  man  deu  veMhiedeiien  Farben 

1)  Man  findet  «e  aiudnaiidergeseUl  in  BSot'«  TntUi  ^A^wunom, 
physique  Edif.  JU,  T.  III,  p.  139  et  141. 

*2)  Die  Erklärung,  welche  Fresnel  in  AufTordcrung  von  Arago  ge- 
geben hat,  isl  nicht  haltbar,  ylnn.  de  phj's.  et  de  chiinie  T.  IX, 
p.  58;  auch  gegen  die  Erklärung  Cauchy's  {Cumpt.  rcnd.  T.  ^Ill^ 
p.  327  )  ist  einzuwenden,  dals  nurh  das  Vorhaltnils  der  relativen  Ge- 
schwindigkeit sich  bei  der  Bewegxing  ändert.  Arago  hat  seine  Ej> 
klärung  wiederholt  in  den  Compt.  rend.  T*  VlUt  P'  «^26. 

8)  Gftachy,  Disptnian  dä 'ta  turnuin» 


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s 

desSpe^ram  vmdMeäeire  Intentitttmi  zagesdirieben  hat, 
nameutlich  den  e;elben  und  blauen  Strahlen  die  gröfste. 
Wenn  dem  wirklich  so  iväre,  80  könnte  man  sagen,  es 
•  würde,  bei  Stellv^ertr^tuDg  einer  Farbe  durch  die  andere, 
in  dem  verlodertOD'iSpectrum  dis  intensit^.  Gelb  in  in- 
tenmes  Orange,  dae  'ftoktvraehe  GrOn  in-icbweches  Grelb 
u.  s.  w.  tibergehen,  und  folglich  das  Spectrnm  eine  ganz 
andere  Tinte  annehmen.  Allein,  wenn  man  auch  aufser 
Acht  lassen  will,  da£s  es  beinahe  die  complemeotaren 
Farben  sind,  welche*  eine  gleiebe.  Intenaitöt  su  ihahen 
sdieinen,  so  moia'  et  doch 'ala  <)iii[  knlftiget.Arganient 
gegen  jenen  Einwarf  angesehen  werden,  dafs  die  erwHbnh 
ten  Farbenintensiläten  höchst  wahrscheinlich  subjecfiv, 
von  dem  Auge  selbst  abhängig  sind.  Ich  will  hier  nur 
an  das  erinnern,  was  Melloni  in  diesen  Annalen  ge- 
sagt hat  *).  Ist  dieaes  ridittg,  ao  lst  auch  ao^leich  jener 
Einwarf  beseitigt,  .denn  *  dan»  werdenr  sehwache  g;rüne 
Strahlen  «i  inlenmen  geibeli; '  nnd  inleBsir  gelbe  »i 
schwach  orange farbeneo.  i 

'  §.  15.  ,  : 
Ich  kann  nicht  umhin  hier  noch  mit  wenigen  Wor- 
leo  der  zwcatca-  acbönea  Abbandhmg  dea  Hrn.  PneÜBasor 
H <»ppl er  sn  gedenbea Gegen  ^ese  mag  wohl  nichli 
einzuwenden  -  seyn;  d«'  sdwedioh  iemaDd  die  oben  er- 
wähnte Annahme  Fresnel's  billigen  wird.  Aufser  dafs 
Hr.  Prof.  Doppler  viele  astronomische  Beobachtungen 
angegeben  iiat,  durch  welche  die  Tiieorie  geprüft  werden 
kann,  hat  .er  auch  einige  intereaaante  Folgeningen  gezo- 
gen, und  gezeigt,,  dais  sie  auch  für  spätere  Entdeckungen 
fruchtbar  aejrn  kann,  sobald  sie  nur  einmal  erst  ganz  be- 
stätigt  ist.  .  •       !  . 

1)  Melloni,  Compt,  rend,,  XIV,  p.  328,  und  dSeso  Ann.  Bd.  56, 
S.  574. 

2)  Christian  Doppler:  Ueber  emc  bei  jeder  Rotation  des  Forl- 
pflanziingsmitlels  eintretende  eigcQtUüniliche  AbleakuDg  der  Licht-  und 
Sdudbtrahlen.   Prägt  1^44.  i 


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360 


Hierauf  kommt  es  nan  aber  ebeo  aD,  and  es  wundert 
mleb  darum,  dafs  gerade  diejenige  astronomische  Beob- 
aehtangy  welche  am  leichtesten  diesen  Beweis  liefern  kann, 
nicht  aoedrflcklich  angefahrt  ist  Ich  meine  die  Bedek- 
kung  der  Jupiterstrabanten  nicht  durch  den  Kemschatten 
des  Planeten,  sondern  durch  den  Planeten  selbst,  welche 
lelzlere  Beobachtung,  wenn  sie  aucli  eben  so  schwierig 
als  die  erste  seyn  möchte,  doch  den  Vorzug  hat,  dafe 
sie  einen  doppelt  so  grofsen  Unterschied  giebt.  In  der 
Annahme  nftmlich,  dafs  die  Bahn  des  Trabanten  genan 
in  der  Ebene  des  Jupiter-Aequators  läge,  würde  der  Sa- 
tellit erst  hinter  seinem  Hauptplaneten  verschwinden,  wann 
er  bereits  26,86  Raumsecunden  hinter  demselben  fortge- 
rückt ist,  und  würde  sdion  wieder  sichtbar  werden,  wenn 
er  noch  eben  so  viele  Seeanden  fortrücken  mfifstCy  nm, 
im  Fall  die  rotatorische  Ablenkong  nicht  vorhanden  wSre, 
sichtbar  zu  scjn.  Zu  solchen  Beobachtungen  hat  man 
oftmals  Gelegenheit  und  ist  unabhängig  von  einer  genauen 
Zeitbestimmung.  Ich  glaube,  es  würde  auf  diese  Weise 
leichter  sejn  die  rotatorische  Ablenkung  darznthun^  als 
^hiroh  flas  sogleich  erwähnte' Instrament,  welches  tu  viele 
practieche  Sdiwierigketten  hat,  uat  in  Anwendung  kommen 
zu  können,  selbst  wenn  man  einen  Künstler  hätte,  wie  Hr. 
Arago  in  Hrn.  Bruguet  gefunden  hat.  Es  würde  im- 
mer noch  leichter  seyn,  die  von  Arago  zur  Entachei- 
dmoig  tiber  die  Emiseion»-  md  UndnlatioBstheorie  ersoo- 
ttenen,^  sich  2000  Mal  üi  einer  Secunde  «ndrehenden 
Spiegel  darzustellen  als  einen  Glascylinder  anzuferti- 
gen, welcher,  bei  einem  Meter  Durchmesser,  1000  Mal, 
oder  bei  i  Meter  Durchmesser,  2000  Mal  in  der  Secunde 
um  eine  horizontale  Axe  rotirte,  dabei  eine  genau  cjlin- 
driscfae  Oberfläche  darböte,  ans  homogenen  Glase  be- 
stände, und  höchst  genan  centrirt  w8re,  um  dem  Licht- 
strahl, d(T  ihn  in  einer  auf  der  Axe  senkrechten  Ebene 
durchlief,  eine  rotatorische  Ablenkung  von  4  Secunden 
1)  Araso,  Coa^i,  rend,,  T.  FIJ,  p.        Dim.  Ann.  B<L46»  &  2S. 


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3S1 

einzuprägen,  eine  GrÖfse,  welche  immer  noch  nicht  leicht 
zu  messen  seyn  würde.  Ich  gebe  aaob  darum  nur  die 
Idee,  nicht  die  Details. 

Utrecht 9  den  5.  August  1845. 


II.   f^on  der  Gfsi^mndigkeü  des  Schalls  zwischen  • 
zwei  Stanifyiunki^  von  gleicher  oder  unglei^ 

eher  Höhe  über  dem  Meere; 
PQnide^  Mfif  ^.  jßr.at^ais  Ufi4,  Qh^  M^ajJfinSf 

{Amt,  ilr  dl4n.  0i  de  phys.,  Ser,  iU,  T.  XIU^  p.  5.) 


L  ScliAlIceschwiDdifkeU  swisohen  swet  Standpunkten 
▼on  gleicher  Höbe  fiber  dem  Meere. 

e-entan  Veranche  übor  die  FortpflanzBDgBgeBcIiwi»- 
^keit  de»  SdNiHs  in  der  LofI  «wiseben  lifrei  Stand- 
punkten, deren  Höhenunterschied  I^uU  oder  unbedeutend 
ist,  stammen  von  Mersenne  und  Gasseudi  her;  sie 
wurden  von  vielen  Physikern  wiederholt;  unter  andern  von 
deMOi  der  Aeemdeada  del  dmatio,  rmk  Rob.  Bojrle, 
Bienooni,  Flftttbteed  und  Hallej.  AUelo.der  Wi- 
dersprodi  twisdien  den- von  ihn«i  erhaltenen  Zahlen  be- 
weist genugsam,  dafs  die  experimentellen  Methoden  da- 
mals noch  nicht  weit  genug  waren,  um  genaue  Resultate 
VBL  erlangen;  auch  hat  es  die  Pariser  Academie  der  Wis- 
eeoschaften  für  ihre  Pflicht  gebaiten,  Veraiiche  m  imteiv 
ttehmen,  am-  die  Gesefse  dieaer  ForIpfleDtung  scharf  za 
bestimmen.  Es  wurde  eine  Codamission  ernannt,  bestehend 
aus  Lacaille,  Maraldi  und  Cassini  de  Thury,  de- 
nen mehre  Gehülfen  hinzutraten  Die  Sternwarte,  die 
Pyramide  von  Montmartre,  che  Mühle  von  Fontenay'oux- 
Roses  und  das  SchloÜB  Lay  waren  die  von  den  Acade- 

1)   Sur  In   propngatiun   du   sari ,  par    Mr.   Cassini    de  Thurj 
{^Metn,  de  tacad.,  armie  \T^,  p,  128.).  • 


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m 

aikem  erwSlüien  iStenilpniikle.   Bti  tei  ktaten  Vi». 

suche  nahmen  sie  den  Thurm  von  Dammartin  hinzn. 
Man  schofs  folgweise  eine  Kanone  beim  Observatorium, 
bei  Montmartre  und  Montlhery  ab.  Die  Beobacbl#r  hat- 
ten sich  vorgesetzt,  den  Einflafs  des  Windes  zu  ermit- 
teln ;  sie  liefsen  datier  an  zwei  Standpunkten  wechselsei- 
>  Hge  SchQsse  thon  ond  nahmen  als  Maafs  der  Schall- 
geschwindigkeit in  ruhiger  Luft  die  halbe  Summe  der  an 
jeder  Station  zwischen  Blitz  und  Knall  beobachteten  Zeit. 
Allein  Hr.  Arago  macht  mit  Recht  die  Bemerkung 
dafs  nnter  allen  diesen  Sehfissen  nor  die  Vom  14.  und 
16.  &ISrz4738  zwischen  Montlher^  uBd]llontipartire;wecb- 
s^eitige  genannt  werden  können,  wenn  man  Oberhaupt 
Schüsse  wechselseitige  nennen  kann,  die  in  Zwischenzei- 
ten von  35  Minuten  gethan  sind.  Was  die  betrifft,  wel- 
che um  9^  25'  und  9^  30'  Abends  am  14.,  16.  und  20.  März 
beim  Obsermtorio  und  auf  «fem  Monlmartrei^tUtot  wnr> 
4kn,  so  geben  sie  nor  ein  uariditi^es  Kamlta^  und  kQi^ 
»en  et  nur  gdben,  w^l  beide- Standpunkte  nur  5918  Me- 
ter auseinander  liegen.  Zur  Messung  der  zwischen  dem 
Blitz  und  dem  Knall  der  Kanone  verstncbeoen  Zeit,  hör- 
ten die  Beobachter  auf  das.  Schlagen  eines  Secundear 
Pendeb,  und  be^nfl^^ten  Mi,  die  hidben  Seounden  w 
sehttlsen«  Sie  zeichneten,  auch  den  Btand  dea  Bar«»-  und 
Thermometers  auf;  letzteres  hielt  sich  während  der  gan- 
zen Dauer  der  Versuche  zwischen  5°  und  7°,5  C.  ^). 
Allein  sie  hatten  keine  Mittel,  die  Menge  des  in  der  At- 
mosphäre enthaltenen  Wasaerdampfe  zu  schätzen.  Jeden- 
lails.  hat  die  Commission  naehgewiesen»-  dbfii.  die  ScIuiUr 
jgeschwindigkeit  gleichförmig  ist,  dafe  .sie  feiner  gleieh  ist 
bei  schönem  Wetter  und  bei  Regen,  bei  Tage  und  bei 
!Nacht,  welch  eine  Richtung  die  Kanone  auch  haben  möge. 

Sie 

1)  Hitiöir*  d*  taead.  des  seitnce^,  tumie  1788,  p.  2. 

9)  Oormaissmnee  des  iemps  pour  1829,  p,  370. 

3)  Mimoiret  de  tacad.  Jej  scUnc,  annie  1738«  p.  141«  • 


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I 


353 

Sie  hat  den  Einflufs  der  Richtung  und  Stärke  des  Win- 
des hinsichtlich  der  Beschleunigung  oder  Verzögerung  der 
Geschwindigkeit  und  der  VerstSrkiiDg  oder  Schwücknog 
der  btenritilt  auiser  allen  Zweifel  gesetzt  Aus  der  6e- 
sammlheit  ilirer  Versnche  ergiebt'  sieh  die  Sehallgeschwin- 
digkeit  in  der  Luft  bei  O""  im  Mittel  zu  332,9  Meter  in 
der  Secunde. 

Im  folgenden  Jahre  machten  Lacaille  nnd  Cas- 
sini einige  Yenache  zwischen  jügues^Maries  imd  Cette^ 
m  den  Eniiiifii  der  Mhe  des  Meeres  and  eines  ande^ 
ren  Glfana  za  ermitteln       Der  Abstand  zwischen  bei* 

den  Stationen  betrug  43574  Meter,  allein  die  Schüsse 
waren  nicht  wechselseitig.  Derselbe  Vorwurf  trifft  die 
Versuche,  welche  La  Gondamine  i.  J.  1740  zu  Quito 
nnd  i.  J*  1744  zu  Gajenne  maobte.  Ffir  den  in  einer 
Zeitsecnnde  vom  Sdiall  dorchlaafenen  Ranm  fand  er  das 
erste  Mal  339  Meter,  das  zweite  Mal  357.  Diese  grofse 
Schallgeschwindigkeit  in  einer  Luft,  deren  Temperatur 
hoch  war^  mufste  die  Physiker  auf  die  Nothweudigkeit 
aufmerksam  machen,  die  l'emperatur  der  Luft,  in  welcher 
sich  der  Schall  fortpflanzt»  zo  berücksichtigen. 

im  J.  1776  wandte  Kästner  in  Göttingen  zuerst 
eine  Terzienahr  mit  Sperrung  an ,  um  die  Zeit  zwischen 
Blitz  und  Knall  zu  beobachten*);  allein  Benzenb erg, 
der  diese  Uhr  prüfte,  lehrt  uns,  daCs  ihr  Gang  sehr  un-  ' 
regelmäfsig  war  und  der  Mechanismus  des  Sperrens  auf 
sie  Eniflaft  hatte  *),  Ueberdiefs  war,  da  die  Kanonen- 
sebfisse  nicht  wecbsebeitig  gesdiahen/  der  Emflnfs  des 

1)  Sur  Ut  opiraiions  giomeirbfutg  faite*  «i»  Frimee  dans  h*  on- 
nies  1737  tt  1738  {.Mim,  de  tacad^  auUe  1739«  p,  119.). 

2)  Jourmä  du  pojroffe  fmt  par  ordre  du  roi  ä  tiguoieur,  T,  Z, 
p»  98. 

3)  Rehtiion  ebrigie  dhm  voytige  fmt  dam  fintiritur  de  fmmirS"' 
que  ( M4m.  de  tacad,^  annie  1745«  p.  488, ). 

4)  Göttingtschc  An^elgen  von  gelchrtm  Sachen,  Jahrg.  1778,  S-  1145. 

5)  Giihert's  Annal.  der  Physik,  Bd.  35,  S.  385. 
PotgemlorfiP«  AnnaL  Bd.  LXVL  23 


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354 


Windes  nicht  beseitigt.    Ans  beiden  GiUndeii  mflssea 

diese  Versuche  vvenio:er  Zutrauen  oinÜofsen,  als  die  der 
französischen  Akademiker.  Die  voti  Müller  i.  J.  1791 
gleichfalls  zu  Göttingcn  aDgestcllteii  Versuche  sind  mit 
derselben  Fehlerquelle  behaftet  Die  i.  J.  1794  von 
Espinosa  nnd  Bauza  za  SL  Jago  de  Chüi  gemacfaten, 
hatten  den  Zweck,  den  Einflnfs  der  Temperatur  m  er- 
mitteln, die  von  21  bis  25"  C.  ging*).  Allein  die  Mittel 
aus  vier  Beobachtungsreihen  stimmen  wenig  mit  einander 
überein  und  können  also  den  Physikern  kckiL  grofses  Ver- 
tränen  einfliöCseD. 

Ain  5.  Not.  1809  schätzte  Benzenberg  bei  fanf- 
zehn  Kanonenschüssen  zu 'Düsseldorf  die  Zeit  zwischen 
Blitz  und  Knall  in  einem  Abstände  von  4627  Metern. 
Am  2.  und  3.  Dccember  begab  er  sich  auf  den  Tbunn 
▼on  Kätingen,  der  9072  Meter  von  Dösseldorf  entfernt 
st  Er  bediente  sich  einer  mit  Sperrung  Tersehenen 
Terzieiinhr  von  Pfaflius,  welche  den  Tag  in  nAiSk  Mil- 
lionen Theile  theilte  nnd  hinsicbtHeh  Ihres  Ganges  sorg- 
fältig studirt  worden  vrar.  Die  Zahl  der  beobachteten 
Kanonenschüsse  stieg  auf  60 

Diese  Versuche  würden  ontadelhaft  sejn ,  wenn  die 
Schüsse  wechiselseitig  gewesen  wären.  Sie  wurden  bei  nie- 
deren Temperaturen  gemacht  nnd  Gilb  ort  spricht  in  einer 
Anmerkung  zuBenzenberg's  Abhandlung  dieNothwen- 
digkeit  aus,  Temperatur  und  Druck  zu  berücksichtigen, 
und  mittelst  der  Newton'scben  Formel  in  Rechnung  zu 
nehmen,  da  sie  die  Undulationsgeschwindigkeit  in  einem 
elastischen  Mittel  in  Function  der  Schwerkraft,  des 
Drucks  und  der  Dichtigkeit  des  Floidums  giebt  *),  Diese 
Bemerkung  von  Gilbert  veraulafste  Benzenberg  seine 

1)  Göttiog.  Anadg.  n.  a.  w.,  Jdw«.  1791,  S.  1593. 

2)  Jnn,  de  ehim.  et  de  phjre,,  Ser.  tt,  7.  Flt^  p,  93. 

3)  GIlbMt's  Amuileii,  Bd.  3S,  S.  383. 

4)  EbendaidlMt. 


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3Ö& 

Versuche  im  Juni  1811  zu  ^viederholen  ').  Bei  drei  auf 
einander  folgenden  Reihen  war  die  Temperatur  der  Luft 
12",ü,  28",0  uod  28",4  C.  Die  Gesammt- Anzahl  der 
Schüsse  stieg  auf  Tierzig.  Dttrch  Vergleieh  der  bei  ver- 
sohieden«!  Temperaturen  asgeateUten  Vereucbe  Ire— In 
Ben zeolierg  eine  empirische  Tafel  entwerfen,  wdcbe 
die  Schallgeschwindigkeit  iu  einer  Sexagesimalsccuude  für 
alle  Temperaturen  zwischen  0"  und  30 C.  angab.  Die 
Zahl,  welche  er  aus  der  Gesammtheit  seiner  Beobachtui^ 
gen  für  den  in  Luft  von  0^  in  einer  Secoiide  durchlao^ 
fenen  Raum  abbitet,  ist  833*7« 

Vom  Joli  1S20  bis  November  1S21  beobachtete 
Goldingham,  Astronom  zu  Madras,  mehr  als  achthun- 
dert  Kanonenschüsse,  die  auf  dem  Fort  St.  George  und 
bei  der  Artilleriekaserne  auf  dem  St.  Thomasberg  abge- 
feuert worden  Wählt  man  91  bei  ▼oUkonimen  rdhi-' 
ger  Liifit  xwisdieB  Blito  and  Knall  beobaditete  Zeilna; 
ans,  so  Uhdet  man  BSi\'"fi  für  die  Oeschwindl^eit  des 
Schalls  in  der  Luft,  deren  Temperatur  nach  der  Newton'- 
scheo  Formel  auf  0^  zurückgeführt  worden. 

Dieser  kurze  geschichtliche  Abrifs  genttg(.  zu  zeigen, 
daÜB  die  experimoitellen  Methoden,  welche  man»  nm  in 
einer  strengen  Bestinunung  der  Schallgesdiwindig^eit  zu 
gelangen,  angewandt  hat,  seit  den  berühmten  Versuchen  von 
1738  keine  erhebliche  Fortschritte  gemacht  hatten.  Die 
Beobachter  erfüllten  nicht  die  Bedingung  der  Wechsel- 
seitig^eit  der  Schüsse,  obwohl  die  französischen  Akader 
nlker  die  ganze  Wichtigkeü  derselben  herrorgcfaoben  hat- 
ten. Nur  die  Mittel  zur  Zeitmmnng  waren  Tsrvollkommt 
worden.  Ueberdiels  hatten  Gilbert  und  Benzenberg 
zuerst  das  Element  der  Temperatur  bei  der  Reduction 
der  BeobachtoDgen  eingeführt,  obwohl  schon  Bianconi 

1)  GSlbert*i  Anoalea,  Bd.  42,  S.  1. 

2)  Poggendorfr«  Ann.  d.  Phj«ik,  Bd.  6^  5.  47t. 

23* 


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856 

l  J.  1740  ermescB  hatte ')»  Ms  Ae  SchaUgisdiwiAdig- 
keit  m  einer  Luft  von  35^  iveit  ^PDliier.  iat  alt  in  einer 

VOD  —  1",5. 

Um  diesen  Unsicherheiten  ein  Ende  zu  machen,  er- 
nannte das  Bureau  des  Longitudes  i.  J.  1822  eine  Com- 
missioB  znn  fielmfe  der  Ansteliong  von  Yersiichen  über 
die  SchaUgesdiwIndigkelt  nnd  Bomit  einer  PrOfiing  der 
neuen  Üieereliscben  Bestimmung,  welehe  La  Place,  aus 
den  Versuchen  des  Hrn.  Gay-Lussac  abgeleitet,  fiber 
die  specilische  Wärme  der  Luft  gemacht  hatte.  Diese 
Commission  bestand  aus  den  HH.  Prony,  Boavard, 
Mathien  und  Araf;o,  denen  die  HU.  Gaj-Lossac 
nnd  Humboldt  binzatraten  Die  yon  den  Beob- 
achtern gewählten  Stationen  waren  YiUejmf  und  Monl- 
Ihery,  deren  Entfernung,  durch  Hrn.  Arago  trigonome- 
trisch bestimmt,  18613  Meter  beträgt.  An  jeder  dersel- 
ben hatten  sie  einen  SechspfÜnder,  von  ArtiJlensten  be- 
dient Fünf  Chronometer  mit  Sperrung  von  Hm.  Bre- 
gaet,  dienten  wr  .  Messung  der  Zeit  Hr.  de  Proay 
hatte  einen  Chronometer  ohne  Sperrung,  der  IM  SchlSge 
in  der  Minute  machte.  Am  21.  Juni  1822  wurden  die 
zu  Montlherj  gethanenen  Schüsse  vollkommen  zu  Ville- 
jaif  gehört,  während  die  you  Villejuif  dermafsen  ge- 
schwächt in  Montiberj  anlangten y  daÜB  sie  unter  den 
drei  Beobachtern  nur  von  swei  und  znweüen  nur  von 
etnem  dnzigen  Temommen  wurden.  Sieben  conespon- 
dirende,  in  Zwischenzeiten  von  fünf  Minuten  abgefeuerte 
Schüsse  wurden  indefs  an  jedem  der  beiden  Standpunkte 
gehört  Die  gröfste  Abweichung  in  der  Schätzung  der 
Zeit  swiscfaen  BUta  und  Knall  eines  Schusses  betrug  fiir 

1)  HtUa  diversa  Ptheita  det  suono  in  Venezia^  1746»  und  Com- 
mmlurii  JBononienset,  7.  //,  Pars  I,  p,  365. 

3)  Ritutuat  de*  expiHeneet  faUes  par  ordre  du  Bureau  des  hm' 
gUudee  pour  ia  dJiermination  de  ia  püeese  du  een  dam  tainw 
sphkre,  par  Mr,  Arafo  {Connaieeanee  deeTempe, 
361). 


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357 

beide  Stationen  0,4  Secunden.  Am  andern  Tage»  22.  Juui, 
wurde  von  12  zu  Villejuif  ab^eCeuerten  Schüssen  nur  ein 
einsiger  zu  MonUberj  gehört,  Ton  den  HH..  Bovvard 
und  Gay-LuBsac,  so  dafs  diese  Versudie  denen  des 
TOrherigen  Tages  nichts  hinzufügten.  Während  der  gan- 
zen Dauer  der  Versuche  beobachtete  man  von  5  zu  5 
Minuten  das  Baro-,  Thermo-  und  Hygrometer.  Die  sie- 
ben wechselseitigen,  in  Zwischenräumen  von  5  Minuten 
abgefeuerten  Schßsse  geben  für  die  Scballgescbwindigkeit 
in  ir^ae/aur  Luit  bei  0®,  wenn  man  0,0366  als  Ausdeh* 
mingscoefficient  der  Luft  und  die  von  La  Place*)  für 
die  Feuchtigkeit  der  Luft  nachgewiesene  Berichtigung 
ü",d7  annimmt,  die  Zahl  330™,8. 

Der  berühmte  Berichterstatter  der  Commission  be* 
itebt  dringend  auf  die  Nothweodigkeit,  .  die  -  Kan<men- 
sdiflsse  wechselseitig  abznfeuem,  um  den  Einfluis  des 
Windes  zu  eliminiren.  Er  zeigt,  dafs  das  Ideal  dieser 
Art  von  Versuchen  ein  gleichzeitiges  Abfeuern  der  Ka- 
nonen an  beiden  Stationen  verlangte,  und  beweist,  dafs 
selbst  in  diesem  Fall  die  halbe  Summe  der  Zwischensei» 
ten  nicht  immer  nothwendig  dae  Maais  der  FortpflaBxnng 
4es  Schalls  in  ruhiger  Luft  sejn  wQr^ 

Ohne  Zweifel  waren  es  diese  Gründe,  welche  die 
HH.  Moll  und  v.  Beek  bewogen,  diese  Versuche  zu 
wiederholen,  und  dabei  alle  Vorsichtsmaafscegeln  zu  tref- 
fen, daCs  dte  wechselseitigen  Schüsse  in  so  kurzen  Ziwi^ 
scbenzeiten  wie  möglidi  abgefcaert  worden  *).  Prins 
Friedrich  von  Holland  hatte  den  beiden  Grel^rten^  Tier 
Kanonen,  6-  and  12-Pfünder,  zur  Verfügung  gestellt. 
Mehre  Officiere  und  Studenten  der  Universität  Utrecht 
wirkten  als  Gehülfen  mit  zu  diesen  Versuchen.  Die  Zeit 

1)  Sur  la  i'itesse  du  son,  par  M,  de  la  Place  (Connaistance 
des  Temps,  1825,  p.  372.). 

2)  Versuche  über  die  Geschwindigkeit  des  Schalls,  gemacht  in  Holland. 
(Poggendorff's  Annal.  der  Physik,  Bd.  6,  S.  3&1  und  469.  ^ 
PhÜMoph.  Troiuact^  1824»  p.  424.). 


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358 


wurde  durch  zwei  CliroDometer  vod  wohlbekanntem 
'  Gange  gemessen.  Die  Zeiten  zwischen  Blitz  und  Knall 
maCB  man  dorcli  swei  PlifOas'sche  Tenienohren  mit  Sper- 
rung, deren  Zeiger  geradezu  Hundertel  einer  Decimal- 
eecnnde  angaben  Bd  diesen  Uhren  hat  das  Pendel 
eine  doppelte  Aufhängung  und  beschreibt  einen  Kegel, 
dessen  Scheitel  der  AufhJingepunkt  ist.  Im  Moment,  da 
.man  den  Blitz  gewahrt,  setzt  man  durch  einen  Druck 
auf  eine  Feder  den  Zeiger  in  Gang;  im  Augenblick ,  da 
man  den  Knall  yemimmt,  zieht  man  den  Daam  znriick 
mid  der  Zeiger  steht.  Ueberdiefs  waren  die  Beobachter 
mit  Barometern,  Thermometern  und  DanieU'schen  Hygro- 
metern versehen.  Eine  Windfahne  zeigte  die  Richtung 
des  Windes  an.  Ab  Standpunkte  wählten  sie  in  der 
Haide  Ton  Utrecht  zwei  Hügel,  Zevenboompjes^  welchen* 
wir  mit  A  bezeichnen  wollen,  and  Kimltjesiferg,  welchen 
wir  B  nennen.  I>ie  Entfernung  beider  Stationen  ist 
I7669",3.  Sie  wurde  aus  vier  verschiedenen  Dreiecken 
berechnet,  die  sich  auf  ein  Dreieck  der  Krayenhoffschen 
Vermessung  stützte  Der  gröCste  Unterschied  zwischen 
dtesen  vier  BestimoMmgen  stieg  auf  2"*,45. 

Die  Versuche  worden  auf  folgende  Weise  angestellt 
Am  23.  Juni  1828,  Abends,  liefs  man  von  der  Station  A 
eine  Rakete  aufsteigen.  Diels  war  das  Signal,  dafs  auf 
dieser  Station  alles  bereit  war.  Ais  Antwort  stieg  vom 
Punkte  ß  eine  Baketc  auf;  sie  benachrichtigte  die  Be- 
obachter an  der  ersten  Station,  dafs  die  der  zweiten  auf 
ihren  Posten  waren.  Um  8^  0"  des  Chronometers  der 
Station  A  that  man  den  ersten  Kanonenschnfs,  nnd  um 
5'  einen  zweiten;  einen  dritten  Schufs  that  man  an 
beiden  Stationen  gleichzeitig  um  S**  10'  0".  Diese  drei 
Schtisse  beabsichtigten  die  Chronometer  in  Beziehung  zu 

1)  Ucber  em  Gentrifugal-Pendel  (Gl  Iben 's  Annal.  d.  Physik,  1804, 
Bd.  16,  S.  494  ). 

2)  Prt^cis  des  o  p  c  rat  ions  g  e  odis  iq  nes  et  t  r  i  g  o  no  rn  e  t  r  i- 
tfues  en  Hoiiande;  pur  Mr,  ie  Qiniral  KrayeDhoff. 


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mp 

satBtD*  Um  gemm  in  eioeoi  Aiif;eiiblick  abzuleuern  ver- 
fuhr man  folgendjergntalt:  Ein  Öffieler  luelt  die  bren- 
nende Lonle  Uber  den  Zündloch;  ein  anderer  hielt  den 

Chronometer  vor  Augen  und  faiste  den  erster eu  am  Arm. 
Genau  im  Moment,  da  der  Zeiger  die  verabredete  Se- 
cunde  erreichte,  drückte  er  den  Arm,  der  die  Lunte  hielt, 
nieder  and  die  Kanone  gin^  los.  Wenn  die  Chronome* 
ter  verglichen  waren,  beg^nen  die  VerBnche«  Man  thal 
anf  der  Station  A  einen  Sehufig,  und  eine  oder  höchsf  ens 
zwei  Secunden  hernach  antwortete  man  auf  der  Station  ß 
mit  einem  Schufs.  km  23.,  2J.  und  25.  Juni  wurden  in- 
dels  die  Schüsse  der  Station  A  nicht  an  der  Station  B 
gehört,  obwohl  man  sich  am  24.  und  25.  eines  12-PfÜn- 
ders,  geladen  mit  3  Kilogramm.  Pulver,  bediente.  Am 
25.  verhielt  es  flieh  umgekehrt.  Die  Beobachter  der  Station 
A  hörten  nicht  die  SchOsse  der  Station  B.  Allein  am 
27.  halte  man  22  wechselseitige  Schüsse  und  am  28.  de- 
ren 14.  Das  Mittel  der  bei  diesen  36  wechselseitigen 
Schüssen  zwischen  Blitz  und  Knall  beobachteten  Zeit 
giebt  für  die  Geschwindigkeit  des  Schalls  in  trockner 
Luft  bei  O*',  berechnet  nach  dem  nenen  Ausdehnungs- 
cogfiicienten ,  332'",25.  Der  Unterschied  der  Resultate 
beider  Reihen,  vom  27.  und  28.  Juni,  beträgt  ü^öö.  Be- 
rechnet man  dagegen  aus  den  36  nicht  wechselseitigen 
Schüssen  des  25.  nnd  26.  Juni  die  Schallgeschwindigkeit, 
SQ  findet  man,  daHs  die  Mittel  der  an  beiden  Abenden 
gemachten  Bestimmongen  nm  6^"^  von  einander  abwei* 
eben.  Diese  Zahlen  machen  genugsam  einleuchtend,  wie 
änCserst  wichtig  die  Wechselseitigkeit  der  Schüsse  ist. 

Die  eben  angeführten  Versuche  scheinen  uns  alle  Ge- 
nauigkeitsbedingungen, welche  man  an  diese  Art  von  Ver- 
suchen zu  machen  berechtigt  ist,  sn  erfüUeni  denn:  1)  die 
Standlinie,  genau  gemessen,  betrog  über  17  Kilometer;  2) 
die  wechselseitigen  Schüsse  wurden  in  Zwischenzeiten*  von 
einer  bis  zwei  Setuiideii,  und  in  hinreichender  Anzahl  ab- 
gefeuert, um  einen  genauen  Mitlelwerth  zu  geben;  3)  alle 


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S08 

erforderlielieD  metcoffologiiclieD  losUniiiieBte  wurden  wSli- 
lend  der  ganzen  Dauer  der  Venndie  beobachtet;.  4)  die 
ZShIer  waren  aorgrältig  Terglidien  mit  Ghronemetem,  die 

nach  aslronoraischeu  Beobachtuugeu  regulirt  worden;  in-' 
defs  sind  die  Zähler  selbst  nicht  gegen  allen  Einwurf 
gesichert.  Der  Zeiger  setzt  sich,  wie  gesagt,  in  Gang, 
sobald  man  an  eine  Feder  drückt  £be  er  in  Bewegung 
kommt,  geht  nothwendig  Zeit  verloren;  und  dieser  Zeit* 
▼erlust  kann  nicht  derselbe  sejm  wie  beim  Anhalten  des 
Zeigers.  Es  findet  also  keine  Cotnpensation  statt,  wie 
bei  den  Uhren  mit  gewöhnlichen  Sperrungen.  Die  punk- 
tirenden  Zähler  der  UH.  B regnet  sind  gegen  diesen 
Uebelstand  volikommen  sicher  gestellt;  denn  der  Hebel, 
welcher  den  Punkt  macht,  ist  von  dem  Uhrwerk  |anz 
onabhSngig  und  folglich  ohne  Einflufs  auf  den  Gang  des 
Secundcnzeigers.  Noch  mehr:  da  man  den  Augenblick 
eines  Phänomens  dadurch  anmerkt,  dafs  man  einen  Knopf 
mit  dem  Daumen  niederdrückt,  so  haben  die  Verzöge- 
rungen gegen  diesen  Augenblick  immer  einen  fast  glei- 
chen Werth  und  compensiren  sich  daher.  Bei  den  von 
den  hollSndlsdien  Beobachtern  angewandten  Uhren  er- 
fordern das  Anhalten  und  Loslassen  verschiedene  Mus- 
kelbewegung, und  da  fragt  es  sich  dann,  ob  diese  bei- 
den Bewegungen  gleiche  Dauer  haben. 

Nach  den  denkwürdigen  Versuchen  der  französischen 
und  holländischen  Physiker  finden  wir  di^  welche  Gre- 
gory i.  J.  1824  zu  Woolwich  machte,  um  den  EinfluÜB 
des  Windes  zu  ermitteln  ' ).  Sie  konnten  nicht  zu  ge- 
nauen Resultalen  führen,  weil  weder  die  Schüsse  wechsel- 
seitig geschahen,  noch  die  Eiilfernung  grofs  genug  war. 

Obwohl  diese  beiden  Vorwürfe  auch  die  Versuche 
treffen,  welche  die  englischen  Seefahrer  auf  Ihrer  Ueber- 
wintemng  in  Nordamerika  anstellten,  so  kennen  wir  sie 

I )  An  Aecouni  of  sonu  experiments  made  m  wrärt  to  dtiermine 
the  i'clocily  with  which  the  sound  is  transmiiied  in  the  atmo' 
tpAere  (Phiiosoph,  Magazine,  im,  T.  LJUU^  401.> 


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361 


doch  nicht  mil  StUbdiweif^en  fibtr^en»  denn  sie  Migen, 

da(is  die  Schallgeschwindigkeit  abnimmt,  so  wie  das  Ther- 
mometer sinkt.  Auf  der  Reise  von  Franklin  liefs  Lieu- 
tenant Keudall  am  31.  Octbr.,  3.,  5.,  14.  I^ovbr,  und 
23.  Decbr.  1825  vierzig  Schüsse  -am  Ufer  des  grofsen 
Bärensee'  abfeuern  Die  Temperaturen  lagen  zwischen 
— 2^&  und  —  iO^'^O  C,  lind  die  Abstinde  gingen  von 
464  bis  1856  Meter.  Er  sachte  den  Einflufs  der  Winde 
zu  bestimmen,  indem  er  denselben  duich  directe  Ver- 
suche schätzte.  Ken  da  11  fand  die  Schallgeschwindigkeit 
in  einer  Seciinde  bei  —  2'',5  C.  s  331",2  uud  bei  —  40^" 
.  SS 

Wihrend  seiner  Ueberwfnternng  zu  JnglooUA  und 

Winter -Island  machte  Parrj,  mit  seinen  Lieutenants 
HH.  Nyas  und  Fischer,  achtzehn  Versuche  über  die 
Schallgeschwindigkeit  Sieben  davon  wurden  bei  Ab* 
ständen  von  878  bis  1629  Meter  gemacht,  di^  übrigen 
elf  bei  dem  Abstände  von  2580  Meter.  Die  Schüsse 
waren  nicht,  weohsekeitig.  Sie  fanden,  dafe  bei  — 0**,?  C. 
der  Schall  326'",1  in  der  Secundc  durchläuft,  dagegen  bei 
—  40^,7  C.  nur  SOü'^jS.  Diese  Resultate  stimmen  bei 
weitem  nicht  mit  denen  von  Kendall.  Auf  seiner  drit- 
ten Reise  wiederholte  Parrj  diese  Versuche  zu  Port 
Bowen  mit  seinem  Lieutenant  Hm.  Foster  Die  Ka- 
nutte bdind  sich  am  Lande,  und  die  Beobachter  auf  der 
3930  Meter  vom  üfer  vor  Anker  liegenden  Corvette.  Sie 
schätzten  die  Zeit  zwischen  Blitz  und  iCnall  mittelst  Ta- 

1)  Ohserpaiioru  in  tht  »eheity  of  sound  at  difftreni  tta^eraiU' 
res  {Narratipt  of  a  stcond  ejtp^diiion  to  ike  sAores 
of  ihe  paiar  säOt  hy  Jokn  Franklia.   Apfimdufi  If»), 

2)  Appendix  iü  eapioin  Parry*«  Journai  of  a  second 
9oyag€  for  the  ditcovery  of  ihe  Norih'West'patsage 
in  ihe  rears  1821—1823. 

3)  Experiments  to  determine  the  rate  ai  whieh  sound  trapels  at 
porious  iemperatures  and  pressnres  of  the  atmo^here  {Journ, 

'  of  the  third  poyage  for  the  ^^«cof'^r^  of  a  North" 
west'passage  in  the  yeare  1824^1825»  Appendix^  p,  86.). 


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3flK 

sdienchTonometer,  aof  deren  Sehlige  sie  hMen.  Bei  ra- 
biger Loft  und  einer  Temperatur  von  — 38^,5  C.  fanden 
sie  eine  Geschwindigkeit  von  309'%2  in  der  Sccunde. 

11.   Schallgeschwindigkeit  zwisclieu  zwei  Standpuak- 
ten  von  ungleiclier  Röhe  übar  dem  Meere* 

Bei  allen  so  eben  angeflibrten  Versuchen  war  der 
HOhennntersdiied  der  beiden  Staticfnen  enfweder  Null 

oder  unbedeutend.  Die  Theorie  zeigt  an,  dals  die  Fort- 
pflanzung des  Schalls  in  lothrechter  oder  in  mehr  oder 
neoiger  schiefer  Richtung  mit  dei-selben  Geschwindigkeit 
geschehen  müsse  wie  in  horizontalen  Es  Ittist  sich  auch 
voraussehen,  dafs  der  emporsteigende  Ton  sieb  mit  glei- 
cher Schnelligkeit  bewegen  mufe  wie  der  herabkomniende. 
Indefs  da  es  immer  gut  ist,  die  Angaben  einer  Theorie 
durch  Erfahrung  zu  prüfen,  so  beschlossen  zwei  östrei- 
chische  Gelehrte,  die  UH.  Stampfer  und  v.  Mjrbach, 
dazu  die  Signalfeuer  zu  benutzen,  durch  welche  man  im 
Sommer  1822  den  Lftngenuntersdiied  mehrer  Berge  in 
Tyrol  bestimmte  ■). 

Es  wurden  zwei  Kanonen  aufgepflanzt,  die  eine  am 
Münchstein,  bei  Salzburg,  die  andere  am  Untersberg. 
Der  Höhenunterschied  beider  Standpunkte  beträgt  1364 
Meter,  die  schiefe  Entfernung  derselben  9940  Meter. 
Mithin  machte  die  vom  Schall  durchlaufene  Linie  einen 
Winkel  von  7**  53*  mit  dem  Horizont.  Hr.  Stampfer 
befand  sich  an  der  oberen  Station  und  beobachtete  mit 
Hülfe  eines  Secundenpendels  und  eines  Chronometers, 
der  4,7  Schläge  in  der  Secunde  machte.  Hr.  v.  Mar- 
bach war  am  Möndistein  stationirt  und  beobachtete  ein 
Secundenpendel.  Am  30.  Sept.  1822  wurden  unten  13 
und  oben  20  Schüsse  gethan.  Bei  diesen  Versuchen  wich 
die  Geschwindigkeit  des  aufsteigenden  Tons  von  der  des 
absteigenden  im  Mittel  nur  um  0"',22  ab,  und  die  halbe 

1)  Poggendorfr«  AimaL  d.  PhjiSk,  Bd.  6,  6.  4M,  und  Jahrbfichcr 
des  Wientr  polytedmiscfacn  Inidtatt,  Bd.  7,  S.  28w 


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363 


Summe  beider  Geschwindigkeiten  in  Luft  von  0**  betrug 
pro  Secunde  332"',96,  wenn  man  sie  mit  dem  neuen  Aus- 
debDungscoeffidentea  der  Luft  bereckiiet.  Die  öfitreichi- 
sdien  Gelehrten  haben  nicht  das  Hygroineter  beobachtet; 
wenn  man  aber  eine  mittlere  Feachtigkeit  TOn  75  pCt 
bei  der  Temperatur  3 '^,4  voraussetzt,  so  nähert  sicli  die 
erhaltene  Zahl  noch  mehr  der  der  holländischen  Beob- 
achter. 

Jßegierig  diese  Versoshe  bei  einem  noch  bedeuten* 
derem  Höhenanterscbied  «i  wiederholen,  Tcrschafllten  wir 
uns  zwei  solche  gafseiseme  Kanonen  von  kurzem  Laufe, 

wie  man  gewöhnlich  Böller  (boiles")  nennt.  Das  Gewicht 
einer  jeden  betrug  25  Kilogramm,  und  ihr  innerer  Durch- 
messer 44  Millimeter.  Sie  hatten  ein  Zündloch  zur  Seite. 
Eine  dieser  Kanonen  wurde  aof  das  Faulhom  gebracht, 
die  andere  im  Dorfe  Tracht,  bei  Brienz,  am  Ufer  des 
gleichnamigen  Sees,  gelassen.  «Die  schiefe  Entfernung 
beider  Stationen  betrug  im  Mittel  QööO",?,  ihr  Höheu- 
untcrschied  2079  Meter,  und  die  !Neiguog  der  vom  Schall 
durchlaufenen  Linie  12'^  26'. 

Zum  Messen  der  Zeit  zwischen  dem  Erscheinen  des 
Lichts  und  der  Wahrnehmung  des  Tons  besafsen  wir 
zwei  punktirende  Zähler  (No.  621  und  528),  welche  Hr. 
Breguet  die  Güte  hatte  uns  zur  Verfügung  zu  stellen. 
Bei  diesen  Instrumenten  verpflanzt  sich  bekanntlich  der 
mit  dem  Daumen  auf  einen  äufseren  Knopf  ausgeübte 
Dmck  durch  einen  sinnreichen  Mechanismus  auf  einen 
beweglichen  Hebel,  welcher,  indem  er  aof  das  Zifferblatt 
niedergeht,  daselbst  einen  schwarzen  Punkt  hinterlafst, 
und  dadurch  die  Zeitserunde  und  deren  Bruch  bezeich- 
net. Ueberdiefs  hatten  wir  eine  Sperr-Uhr  von  Jacob 
(No.  180),  die  320  Schläge  ia  der  Minute  machte.  Der  Me- 
chanismus dieser  Uhren  ist  von  Ünrem  Elriiuder  im  JSui- 
letm  de  la  SoeiM  dPEnc%wvf^ement  (4^  1830)  be- 
schrieben. Unser  letztes  Instrument  Midlich  war  «In  sehr 
guter  Chronometer  (No.  63)  von  Winne rl,  dessen  täg- 


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I 


304 

lieber  Gang  +  3",0  war,  und  welcher  halbe  Secimdeu 
schlug. 

Bei  jedein  der  auf  der  oberen  Station  gemachten 
Venndie  wurden  die  Uhren  vor-  und  naokher  nt  dem 
Chronometer  No.  03  vergtichen.  An  der  unteren  Station 
konnte  dieser  Vergleidi  nicht  ^eden  Al>end  gemadit  wer- 
den, allein  der  zu  dieser  Station  gehörende  Zähler  No.  528 
wurde  am  20.  Oct.  Abends  mit  dem  Chronometer  in  Be- 
ziehung gesetzt,  unter  Temperatur-Umständen,  die  mit  de- 
nen der  Torlierigen  Abendbeobaditungen  sehr  nahe  iden- 
tisdi  waren. 

Die  ersten  Versnelie  landen  am  21.  Sept.  Abends 
statt;  es  war  für  uns  der  Probe-Abend,  dessen  Resultate 
wir  hier  fortlassen.  Die  Kanone  auf  dem  Faulhorn  wurde 
mit  70  Gnu.  Pulver  geladen,  die  bei  Tracht  mit  75  Grm. 
Alle  Schüsse  wurden  deutlieh  gebM;  allein  der  Knall 
der  Kanone  auf  dem  Berge  langte  in  Tracht  sehr  ge- 
schwächt an;  in  Folge  defs  wurde  die  Pulverladung  auf 
der  Faulhorn- Station  vergröfsert  und  bis  90  Grm.  ge- 
bracht. Von  da  an  war  die  Wahrnehmung  des  Knalls 
genügend;  der  Knall  war  stets  scharf  und  von  keinem 
Rollen  begleitet. 

Die  folgenden  Tafeln  geben  die  Resultate  der  Beob- 
achtungen vom  24.,  25.  und  27.  September  Abends;  die 
Dauer  der  Fortpflanzung,  wie  sie  sich  in  die  zweite, 
dritte  und  vierte  Spalte  eingeschrieben  findet,  ist  zuvor 
berichtigt  worden  wegen  des  täglichen  Ganges  der  Uhr, 
deren  jeder  der  Beobachter  sich  bediente. 

An  den  Abenden  des  24.  und  25.  bediente  sich  Hr. 
A.  Bravais  der  Uhr  No.  180  auf  der  oberen  Station; 
allein  da  die  Sperrung  dieser  Uhr  am  Morgen  des  27. 
plölzhch  in  Unordnung  gerietb,  so  wandte  derselbe  spä- 
terhin den  Chronometer  No.  63  an;  er  hörte  die  Schläge^ 
zShlte  sie  selbst  und  schätzte  die  Unterschiede.  Hr.  Mar- 
tins bei^Mcbtete  stets  mit  dem'  ZMer  No.  531.  Ein  drit- 
ter Beobachter  endlich,  Hr.  Camille  Bravais,  Bruder 


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365 


des  einen  tod  uns^  an  der  unteren  Station  anfgesteilt, 
hatte  den  Zähler  No.  528  in  Händen. 

'  Zuweilen  erblickte  man,  Schlag  auf  Schlag,  zwei  ge- 
sonderte Fener,  das  der  Mündung  und  das  des  Zfindlochs, 
welcheB  letzten  noth wendig  dem  ertteren  TorangiBgi  In 
diesem  Fall  war  es  pinmöglich  den  Daumen  zur  rechten 
Zeit  von  der  Sperrfeder  abzuziehen,  und  der  auf  dem 
Zifferblatte  abgelesene  Zeitpunkt  entsprach  immer  dem 
Erscheinen  des  Lichts  vom  Zündloch  In  diesem  Falle 
fand  man  eine  zn  grofse  Zwischenzeit;  wir  haben  diefs 
in  unseren  Regpstera  angegeben  und  diese  Fehlerquelle 
kami  also  eliminirt  werden.  -  Die  Fslle  des  Doppellichts 
sind  in  der  Tafel  durch  ein  Doppelstemchen  bezeichnet. 

Zu  Anfang  und  Ende  jeder  Reihe  wurden  Tempe- 
ratur« Luftdruck  und  Dampfspannung  gemessen.  Die  an- 
gegebeneii  Barometerstände  sind  wegen  des  constanten 
Fehlers  der  iBBtramente  beriditig^  und  stellen  also  ab- 
solute Werthe  des  Druckes  vor.  Alle  Beobachtungen 
der  unteren  Station  sind  überdiefs  reducirt  auf  das  Ni- 
veau des  Brienzer  Sees  (SöS^jQ),  alle  der  oberen  Sta- 
tion auf  das  Niveau  der  Horizontalebene^  die  den  Gipfel 
des  Berges  berührt  (2683  M.et). 

Die  Dampfepannung  wurde  an  beiden  Stationen  mit- 
telst des  Psydirometers  gemessen  und  nach 'der  iForaiel 

berechnet  endlich  bediente  man  sich  der  neuerlich  von 
Hrn.  Regnault  veröffentlichten  Tafel  der  Dampfspan- 
nung. 

Die  Temperatur  der  Luft  wusde  genommen;,  indem 
man  die  Thermometer  in  der  Lufit  herumschwenkte;  die 
Lage  ihrer.  Nullpunkte  war  am  24.  Jnli  und  2.  Sept.  ge- 

prftft  worden.   Unten '.enthält  die  Tafel  die  Mittelwerthe 

* 

1)  Eben  M  miadl  e»  «eh,  im  F^l  dm  Jcdhachter  .«yf  die  Mlige 
dca  Chronoiaeten  körte. 

2)  Siehe  die  franiAMMhe  UeberseUimg  ▼on  Kfinti'«  Meteerologie, 
S.78. 


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366 

der  Beobachtungen  eines  jeden  Abend.  Bei  der  Berech- 
nung der  mittleren  Dauer  der  Fortpflanzungszeit  sind  die 
mit  dein  Erscheinen  eines  Doppellichts  behafteten  Be- 
obachtungen ausgeschlossen;  glücklicherweise  sind  diese 
Fälle  selten.  Ueberdiefs  wird  man  bemerken,  da£s  die 
sechs  Zahlen,  welche  mit  einem  Doppelsternchen  bezeich- 
net sind,  alle  das  entsprechende  Mittel  unter  der  Tafel 
übersteigen.  Der  IVIittelwerth  dieses  Ueberschusses  ist 
0",24. 

Endlich  haben  wir  angegeben:  den  Zustand  des  Him- 
mels, die  Stärke  des  Windes,  gemessen  mittelst  des  Ane- 
mometers von  Hrn.  Comb  es,  und  die  Richtung  dessel- 
ben, geschätzt  nach  dem  Azimuth  wohlbekannter  irdischer 
Gegenstände  in  der  Umgebung.  Die  obere  Station  lag 
N.  19 O.  von  der  untern. 


[In  den  drei  letzten  Spalten  sind  die  Beobachtung:en  der  unteren 
Station  mit  üy  und  die  der  oberen  mit  O  bezeichnet.] 


Zeit  des 
Schusses. 

Aufsteigender  Schall. 

Niedersteig. 
Scliall. 

Temper.  d. 
Luft. 

Barom. 

6°,0 

Dampf- 
span- 

A. Hravais. 

Martins. 

nung. 

7k  29'  50" 

7  38  35 
7  43  40 

7  53  25 

8  0  30 
8    4  50 
8  18  0 
8  24  45 
8  28  30 
8  34  35 

8  39  35 

28",65** 
28  ,35 

28  ,60 
28  .45** 

28  ,15 
28  ,55 

28",4l 
28  ,31 

28  ,71 
28  ,96** 

28  .41 
» 

28  ,76 

28",9 

28  ,3 

28  ,85»* 
28  ,7 

(E/.+14»,4 
lO.-h  1  ,2 

jL.-f-13  .1 
jO.-h  0  ,9 

rnm. 
713,0 

552,75 

713,4 

552,95 

rom. 

9,7 

4,6 

9.9 

4,3 

Mittel 

28",4I 

28",52 

28",63 

i  17. -+-13,75 
(0-+-  1.0 

713,2 
552.85 

9.8 
4,45 

Himmel  heiter,  aber  schwach  beschleiert  j  einige  Cirro-ttratu*. 
Untere  Station.  —  Ruhig;,  um  7'»  45'  schwacher  Nordwind,  uod 


znletKt  schwache  Brise  aus  NNO. 

Obere  Station.  —  Süd,  in  SSW.  übergehend,  sehr  schwach. 


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367 


Zeit  des 
Schubes. 

Aufsteigender  Scliall. 
A.  Bravais,  |  Marlins. 

Niedcrstelg. 
Schall. 

C.  Bravais. 

Tcrnper.  d. 
Luft. 

1 

Barom. 

6%0 

Dampf- 
span- 
nung. 

71»  18'  40" 

7  35  40 
7  43  0 
7  47  50 

7  52  40 

8  3  45 
8  14  55 
8  20  15 

8  25  50 

28",58 

28  ,68 
28  ,78 

28  ,58 
28  ,63 

28",51 

28  .56 

28  .64 

28  ,39 
28  .81 

28  ,75 

28",S5 
28  ,9 

28  ,45 

(C7-hl2»,9 
I0.-+-  1  ,4 

O.-h  0  ,9 

it/.-hl2  ,75 
lO  -h  0  ,7 

mm. 
715,9 
554,75 

716,2 
554.9 

mm. 
10,65 
4,8 

10,6 
48 

Mittel 

28",65 

28",61 

1  28",69 

lO-i-  0  ,95 

716.05 
554,82 

10,62 
4,8 

Himmel  halb  bedeckt  durch  Oumuli  aus  SW.  kommend,  zu 


Anfange  der  Beobachtungen  4000  Meter  hoch,  gegen  8'*  40'  bis  zum 
Gipfel  des  Faulhorn  herabsinkend. 
Untere  Station.  —  Windstill. 

Obere  Station.  —  Um  7'»  48'  schwache  Brise  aus  N.;  um  10' 
unausgesetzt  bald  SW.,  bald  W.;  die  Geschwindigkeit  in  der  Se- 
cunde  um  8'»  10'  =  0-,9,  um  8*«  18'  =  l'",4,  um  8»'  22'  =  4«>,0 
und  um      26'  =  2»,6. 


Zeit  des 
Schus.se.s. 

Aufsteigender  Scliall. 

A.  Bravais.  |  M.nriins 

Niedersteig. 
Schall. 

C.  Brav.Tis 

'Temper.  d. 
Luft. 

Barom. 
6%0 

Dampf- 
span- 
nung. 

7>>  19'  40 " 

7  25  30 
7  30  40 
7  38  55 
7  44  50 
7  50  5 

7  56  30 

8  2  30 
8    8  25 
8   14  15 
8  20  5 
8  26  35 

8  32  30 

28",35 

28  ,60** 

28  ,15 
28  ,40 
28  ,65 

27  ,90 

28  ,15 

28",53 

28  ,48** 
28  ,43 
28  ,38 
28  ,68 

27  ,98 

28  ,48 

28",45 
28  ,72 
28  ,55 
28  ,35 
28  ,35 
28  ,9 

(C;.+15»,9 
lO.-h  5  ,2 
0.-*-  5  ,1 

i7.  +  I6  ,2 
i;.H-16  ,0 

(l/.-f-16  ,1 

jO.-f-  4  ,8 

mm. 
718,0 
557,75 

718,1 

557,6 

mm. 
11,5 
5,4 

11,15 

5,5 

Miucl 

28",27 

28",41 

ib  ,55  \\q  _^  4  95 

718.05 
557,67 

11,33 
5,45 

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368 

Himmel  halb  heiter,  geäpfelt;  CirrtHCumtiK  Mif  SW. 

üntare  Station,  Anfangs  aehr  schwadier  NO.;  um  8^  14' 
und  8^  9ty-  MlnirMSber  O. 

Obtn  Suaiam.  —  Aofiingt  acbwacker  MKOu;  um  8^  30^  achwa- 
dier     mit  ebier  Getdiwüidlgkeit  von  1%9  In  der  fleoonde. 

Wir  haben  nun  noch  ans  den  obigen  Z^ibien  die 
Schallgeschwindigkeit  abzuleiten.  Im  vorliegendeo  Fall 
betrag  der  Tom  aufsteigenden  Schall  durchlaufene  Weg 

9624",2  (siehe  den  Zusatz  am  Ende)  bei  einem  Höhen- 
unterschied von  21I6'",4.  Der  vom  niedersteigenden 
Schall  zurückgelegte  Weg  betrug  PGTT^jS  bei  einem  Hö- 
henuntendiied  yon  WAl'fi,  Das  Jüüttel  ans  beiden  Ab- 
Mnden.  ist  9050",?.    ,  . 

Es  ist  leicht  jede  beobachtete  Dauer,  z.  B.  2S",7,  in 
die  zu  verwandeln,  welche  sie  für  diese  letztere  Entfer- 
nung seyn  würde.  Für  den  aufsteigenden  Schall  wird 
die  an  der  beobachteten  Dauer  anzubringende  Berichü- 

gung.sejn:  +28",7^j2^-l)  =  -t-0',08;  für  den  nie- 
dersteigenden wire  sfe  —  0",08. 

Berichtigen  wir  hienach  die  Mittel  der  Beobachtun- 
gen von  jedem  Abend,^  nehmen  wir  die  halbe  Summe  aus 
den  an  jedem  Abend  von  den  beiden  Beobachtern  der 
oberen  Station  gelieferten  Mittelwerthe,  und  bezeichnen 
wir  endlich  mit  K  das  Verhältnifs  der  Spannung  des  in 
der  Lufit  vorhandenen  Wasserdampfe  zum  Barometerdruck, 
dann  haben  wir  die  Resultate  der  folgenden  Tafel: 


Mittlere  Dauer  der  Fortpflananng  dee  Sohalle. 


Sept. 

Dancr  der  Fort- 
pflanzung. 

Anftteig.  |  Niederst, 
Schall. 

Mittel. 

Mittel- 
temperat 

Dauer 

refluclrt 

auf  (y 

MittdTon 

K. 

Dauer  Sb 

trockncr 
Luft  b.O« 

24 

25 
27 

28",545 
28  ,71 

28  .42 

28",55 
28  ,61 
28  .47 

28",547 
28  ,Ü6 
28  ,445 

-h7V25C 
4-6  ,77 
-hlO  ,42 

28",i)22 
29  ,010 
28  ,984 

0,0108 
0,0117 
0.012« 

28".982 
29  ,074 
29  .053 

JVlitul 

2t*",558j  2b"M:i 

28  ,551 

-HhM7C. 

28",972j  -f-0,0U7 

29",ü36 

Schallgeschwindigkeit. 
|337».92|338-lfl|338«,01|  |333»11|  1332»,37 

Ver- 


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369 

Vergleicht  inau  den  G<iug  des  aufsteigenden  Schalls 
mit  dem  des  niedersteigenden,  so  sieht  inau  zuvörderst, 
dafs  beide  einander  gleich  sind.  Die  kleinen  von  Tag  ' 
za  Tag  yerSnderliehen  Unterschiede,  rfihren  ohne  Zweifel 
von  dem  Winde  her,  der  während  der  Beobachtungen 
wehte.  Ucbrigens  war  diese  \\  ii  kuug  iimner  nur  von 
geringem  Belang  und  ihr  Einflufs  mufs  aus  dem  Mittel 
der  drei  Abende  fast  gäuziicli  verschwinden. 

Es  scheint  indessen,  sowohl  durch  Theorie  als  durch 

  • 

Erfahrung»  dafs  die  Schallgeschwindigkeit  unabhängig  ist 
▼om  Barometerstand;  allein,  wenn  man  auch  diefs  Ge- 
setz annimmt,  so  konnte  man  doch  glauben,  dafs  die 
Fortpüanzung  einer  aufsteigenden  Schallwelle  in  ihrer 
Geschwindigkeit  modüicirt  werde  durch  den  Uebergang 
in  eine  immer  lockerere  Luft,  und  dafs  eine  umgekehrte 
AbSnderung  bei  der  niedersteigenden  Welle  stattBnde. 
Man  würde  dann  zwischen  der  Geschwindigkeit  des  Gehens 
und  Kommens  consfanle  Unterschiede  wahrneimien,  allein 
der  Unterschied  0  ,15  zwischen  den  beiden  Zeiten  ist  ein 
solches  Minimum,  dafs  es  dieser,  übrigens  auch  nicht  durch 
die  Theorie  begründeten  Ansicht  gänzlich  widerspricht.. 

Wie  dem  auch  sej,  und  selbst  wenn  die  Dichtigkeits- 
Veränderung  des  durchlaufenen  Mittels  die  Schallgeschwin- 
digkeit modificiren  würde,  genügte  es,  zur  Elimination 
dieses  Eintlusses  das  arithmetische  Mittel  aus  den  Fort- 
pflanzungszeiten  des  auf  -  und  absteigenden  Schalls  zu 
nehmen.  Man  findet  diese  Mittel  in  der  vierten  Spalte 
der  letzten  TafeL 

Um  den  Einflufs  der  Temperatur  in  Rechnung  zu 
ziehen,  haben  wir  angenommen,  d^fs  dieses  Element  vom 
INiveau  des  Brienzer  See's  bis  zur  oberen,  2119  Meter 
darfiber  liegenden  Station  -  regelmäfsig  abnehme.  Sey  t 
die  so  erhaltene  Mitteltemperalur:  die  Redaction  auf  0^ 
geschieht  dann,  indem  man  die  beabachfete  Dauer  mt 
1/1-4-0,00366./  multiplicirt.  Um  endlich  die  Feuchtig- 
keit der  Luft  in  Rechnung  zu  ziehen,  mufs  man  die  Zei- 
PofKcndoriP«  AnaaL  Bd.  LXYI.  24 


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I 


370 


tea  durch  \/l—0,3SK  dividiren;  der  Coefficient  0^ 
bezeichnet  den  Dicht igkeiUoaterschied  zwischen  trockncr  . 
Luft  und  WasserdaiDpf. 

Die  letzte  Spalte  der  pbigen  Tafel  zeigt,  dafs  die 
Resultate  der  einzelnen  Abende  bis  auf  0,1  Secunde  mit 
einander  übereinstimmen.  Die  Unterschiede  lassen  sich 
erklären  entweder  durch  Mangel  an  Gleichzeitigkeit  der 
wechselseitigen  Sehiisse,  oder  durch  eine  weniger  regel- 
mSfsige  Temperator-Abnabnie,  als  die  engenommepe;  sie 
Ubersehreiten  Übrigens  nicht  die  Fehler,  die  man  bei  die- 
ser Art  von  Beobachtungen  erwarten  kann. 

Combinirt  mau  die  mit  der  Entfernung  9650",7  er- 
haltenen mittleren  Zeiten,  so  ündet  man  für  die  Schall- 
geschwindigkeit in  der  Luft  pro  Secunde  die  Zahlen,  die 
in  der  letzten  Zeile  der  Torstehenden  Tafel  enthalten 
sind.  Wir  machen  bemerklich,  dafs  das  Endresultat 
332'",37  nur  wenig  von  dem  der  HH.  Moll  und  v.  Beek 
abweicht,  denn  deren  Versuche  geben,  mit  Anwendung 
des  Coefiicieuten  0,0366,  eine  Geschwindigkeit  von  332,25 
Meter  pro  Secunde. 

£ndiich  stellt  sich  noch  eine  Frage  ein.  Kann  bei 
Wahrnehmung  der  Dauer  durch  de»  Beobachter  selbst 
eine  constante  Fehlerquelle  hinzutreten?  Es  scheint  zu- 
vörderst, dafs  die  Person,  welche  beim  Erblicken  des 
Blitzes  den  Sperrbaken  zu  spät  niederdrückte,  sich  auch 
beim  Hören  des  Schalls  um  dieselbe  Gröfse  yerspSten 
»fiCste.  Allein  dieser  Schlufs  wird  yoreilig  erscheinen, 
wenn  man  bedenkt,  dafs  das  in  Ansprach  genommene 
Organ  in  beiden  Füllen  nicht  dasselbe  ist;  diefs  macht 
die  Existenz  persönlicher  Gleichungen  möglich.  Um  die- 
sen Verdacht  zu  prüfen,  haben  wir  die  gleichzeitigen 
Schätzungen  Ton  A.  Bravais  und  Martins  verglichen, 
In  Jedem  der  16  Paare,  welche  diese  Schfttzangen  unter 
sich  bilden.  Bei  diesem  letzten  Beobachter  überstieg  die 
Mitteldauer  des  Intervalls  um  0,10  Secunde  das  von  sei- 
nem Begleiter  erhaltene  Mitlei,  und  wenn  man  annimmt, 


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371 


dafs  die  halbe  Summe  der  beiden  Zeiten  die  wahre  Dauer 
des  lutervalles  sey,  so  gehen  daraus  persöniiche  Gleichun- 
gen 35  =bü",05  hervor;  £in  Fehler  gleicber  Ordnung 
steht  dso  in  der  vom  dritten  Beoliaditer  an  der  unteren* 
Station  gemachten  Messung  der  Daser  zn  belürcbten. 

Wie  dem  auch  sey,  das  Endresultat  unserer  Ver- 
suche wird  sevn:  dals  auf-  und  absteigende  Schalle  in 
trockner  Luft  und  bei  0*^  eine  Geschwindigkeit  =5^32^4 
Meter  in  der  Secunde  besitzen. 

Zusüiz.  .  Wir  gdieli  hier  die  Elemente  ' und -Haiqif^ 
detafils  der  Rechnung,  trelche*  uns  die  Lange  d^s  bei 
seren  Versuchen  vom  Schall  durcManfenen  Weges  kennen 
lehrte.  •  • 

nereohDaaer  der^horisoatalea  Bnlferaaaeen. 

Die  Seite  zwischen  Faulhom-Gipfel  und  Brienz  (Kir- 
che) läfst  sich  mittelst  des  Dreiecks  Faulhorn-Tannhorn- 
Brienz  (Kirche)  berechnen;  bekannt  darin  sind  '): 


Seite  Brienz- Tannhom  .  ^  ;  .  V  l".  l  11197,6  do. 
Daraus:  Seite  Faalhorii:Bi^eni.'l'''s^%31",6. 


Dieselbe  Seite  ergiebt  sich  aus  dem  Dreieck  Faul- 


horn-Rolhhorn  -  Brienz,  worin  bekannt  siud-): 
Winkel  am  Rothhorn  .  .  ....    .  .  11«  8' 15",!, 

Seite  Faulbom-Rothhorn',. .  .  i\  .  40022,5  PanF./ 
Seite  Brienz- Rothhom  .'.  11923,5   do.  ' 

Daraus:  Seite  Faulhom- Brienz  .  .  =  9231'",0,      ,  ' 

_  Mittel  beider  Resultate  =  9231",3. '  ' 

Im  Dreieck  Faulhorn  (Gipfel)  -  Brienz  (Kirche)  -  Tracht 
(Belvederc)  kennt  man  die  eben  berechnete  Seite  Faul- 


Winkel  am  Tannhorn  .  . 
Seite  Faulhom- Tannhom 


49«  16'0",8, 
34429,5  Par.  F., 


1)  und  2)  Diese  Elemente  ergeben  sich  aus  den  Dreiecken  No.  16  und 
No.  366  des  Registers  der  Triangulation  des  Kaoton  Bern  vom  In- 
genieur Wagner.  Das  Regidter  beGndei  sich  üpi  den  Ard>iTen  der 
Sudt  Bern. 


24* 


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372 

Winkel  am  Faulhorn  ....    7«»   1'  15", 
Winkel  bei  Tracht  74«^  28'  0".  ' 

Daraus  ergiebt  sieb  der  dritte  Winkel;  der  sphäri- 
sche Ueberschufs,  weniger  eine  Secnnde,  kann  ▼ernadi- 
lAssigt  werden.   Man  findet  dann: 

Seite  Fanlhom- Tracht  =  9475",7. 

Das  Belvedere  zu  Tracht  ist  die  Station  der  Wahr- 
nehmung dos  herabsteigenden  Schalls. 

Die  obere  Schiels- Station  iiel  nicht  genau  mit  dem 
Gipfel  des  Faulborns  zusammen;  der  Abstand  davon  be- 
trag 24"4.  Mit  den  beiden  Seiten  9475»  7  nnd  24";!, 
und  dem  eingeschlossenen  Winkel  24^,23,  der  direct  mit 
dem  Theodolilhen  gemessen  wurde,  findet  man: 
Seite  Faulhorn  (Kanonc)-Tracht  (Belvedere)  =9458™",0. 

Diefs  ist  die  horizontale  Eolferoung,  welche  der  her- 
absteigende Schall  durchlief. 

Mit  einer  auf  ebenem  Boden  gemessenen  Basis  von 
45"',9,  die  einerseits  an  der  Kanone  bei  Tracht  and  an- 
dererseits an  einem  Hülfspunkt  endete,  mit  den  am  Theo- 
dolilh  gemessenen  Winkeln  an  der  Basis  81"  49' 50"  und 
69 57'  3.V',  fand  man  für  die  diesem  letztem  Winkel  ge- 
genüberliegende Seite: 
Seite  Tracht  (Kanone)- Tracht  (Belvedere)  s=  91",22. 

Mit  den  beiclen  Seiten  9475'",7  und  91 '",22,  mit 
dem  eingeschlossenen  Winkel  (gemessen  am  Theodolith) 
20"  31'.  dessen  Scheitel  im  Belvedere  zu  Tracht  liegt 
fanden  wir 

Faulhom  (Gipfel) -Tracht  (Kanone)  =  9390— ,31. 
Die  Hdr-Station  auf  dem  Faulhom  endlich,  war  5 
Meter  vom  Gipfel  entfernt,  in  einer  Richtung,  die  50? 

abwich  von  der,  in  welcher  der  auf  dem  Gipfel  befind- 
liche Beobachter  nach  der  Kanone  zu  Tracht  visirle. 
Man  schlofs  daraus: 

Horizonlale  Entfernung,  anfeteigender  Schall  ss  9387'°,1. 

1)  Der  Winkel,  desMa  Sekeitel  an  der  Kanone  zu  Tracht  liegt,  gab, 
dured  gcmcMen,  159<*  16'. 


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878 

Berechnung;  der  verticalen  Bntfernung^eir. 

Der  Gipfel  des  Faulborn  lie^^  26S3^Q  Ober  den 
Meere  imd  der  Brienxer  See  (dessea  Spiegel  zur  Som- 
merszeit kamn  am  0%5  schwankt)  563",9  (siehe:  Er- 
gebnisse der  trigonometrischen  Vermessungen  in  der 

Schweiz).  Der  Unterschied  2119'",!  wäre  der  loth rechte 
Abstand  der  beiden  Stationen,  >venu  sie  genau  in  jenen 
Höhen  lägen,  allein  die  untere  Station  lag  über  dem  See^ 
und  die  obere  unter  dem  Gipfel  des  Berges.  Daher 
denn  die  folgenden  subtractiven  Correctionen. 

Aufsteigender  Schall.  Die  Kanone  zu  Tracht  stand 
1",2  über  dem  Spiegel  des  Sees;  die  Beobachter  auf  dem 
Faulhorn  befanden  sich  \^,b  unter  dem  Gipfel.  Daraus: 

Lothrechter  ^ des  aufsteigenden  Schalls  2116'",4. 
Absteigender  SchaU,  Das  kleine  Hülfsdreieck  zwi- 
schen Tracht  (Belvedere),  Tracht  (Kanone),  und  dem 
schon  erwähnten  Hülfspunkt,  ein  Dreieck,  an  den  Enden 
von  dessen  Basis  die  Höhenwinkel  des  Belvedere  von 
Tracht  gemessen  wurden,  lehrte,  da(s  die  untere  Hör- 
Station  (Belvedere  zu  Tracht)  74'",1  über  dem  Spiegel 
des  See*s  lag.  Die  Kanone  auf  dem  Faulhom  stand  3",5 
unter  dem  Gipfel.   Man  hat  also: 

Lothrechter  Weg  des  absteigenden  Schalls  2041^5. 

Berecbnnng  der  eehlefen  ■ntfernuDiren. 

uiiif steigender  Schall.  Mit  den  beiden  Componeu- 
ten  des  Weges,  nämlich  9387",!  und  2U6"A  dabei  die 
Krfimmnng  der  Erde  und  den  die  beiden  Verticalen  tren- 
nenden Bogen  0^  5'  4"  in  Rechnung  gezogen,  erhalten  wir: 

Aufsteigender  Schall,  schiefer  Weg   9624'*,2. 

Absteigender  Schall.  Mit  den  beiden  Componenlen 
9458^0  und  2041^5,  dabei  die  Krümmung  der  Erde  und 
den  die  beiden  Verticalen  trennenden  B^gen  0^  5'  6"  in 
Rechnung  genommen,  linden  wir: 

Absteigender  Schall,  schiefer  Weg  9677",3. 


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874 


III.    Untersuchungen  über  die  Beschaffenheit  der 
stehenden  FFellen;  pon  Hrn.  N.  SavarL 

(Atm,  de  dum.  et  de  phys,,  Ser.  Ul,  T.  XlFy  p.  385.) 


W  eun  Schallwellen  von  einein  in  Schwingung  ver^ 
setzten  Körper  aasgeben  und  eine  ebene  Fläche  treffen^ 
so  bringen  sie  ein  Sjstem  Ton  Lnftwellen  hervor,  die 
keine  Fortbewegung  zn  haben  scheinen,  und  Knoten  und 

Bäuche  erkennen  lassen,  deren  feste  Stellung  leicht  durch 
Beobachtung  aufgefunden  werden  kann. 

Nachdem  ich  diese  Thatsache  in  einer  früheren  Ab« 
handlang  festgestellt habe  ich  die  Besonderheiten  stu- 
dirt,  welche  sie  längs  der  Aeflexionsaxe  zeigt,  d.  b.  ISngs 
der  Geraden,  welche,  durch  den  Mittelpunkt  des  schwin- 
genden Körpers  gehend,  winkelrecht  ist  auf  der  reQecti- 
renden  Wand.  Dabei  habe  ich  gefunden,  dafs  der  Ab- 
stand zwischen  zwei  benachbarten  Knoten,  gcnoramen 
auf  dieser  Axe,  beinahe  gleich  ist  der  Länge  einer  directeq 
"Welle,  berechnet  aus  dem  Mittel  der  Fortpflanzungsge- 
schwindigkeit des  Schalls  und  der  Anzahl  der  vom  tö- 
nenden Körper  in  der  Zeileiulieit  ausgeführten  Schwin- 
gungen. Nur  allein  die  erste  feste  Welle,  zwischen  der 
Wand  und  dem  ihr  zunächst  liegenden  Knoten,  zeigte 
eine  Ausnahme  von  diesem  Gesetz,  indem  ich  sie  bei  mei« 
nen  Versuchen  kleiner  fand  als  eine  Wellenlänge. 

Gegenwärtig  beabsichtige  ich  die  Molecularbewcgun- 
gen  zu  sludiren,  die  in  der  Flüssigkeit  die  (jestiilt  und 
Gröfsc  der  stehenden,  Wellen  bedingen.  Diese  Arbeit 
erfordert,  dafis  ich  zu  entdecken  suche,  ob  nicht  die  in 
der  Uinge  der  ersten  Welle  beobachtete  Verkürzung  eine 
Anomalie  sejr,  von  der  man  die  Erscheinungen  befreien 
könne;  und  da  ich  zur  Bestimniung  der  verschiedenen 

1)  Con^u  rewU»      VU^  p,  UMift  (Ann.  Bd.  46,  S.  458.). 


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87» 

Punkte  der  Wellen,  nur  das  GehOrorf^an  beimlit  habe, 
sdie  kh  nicfa  auch  genOthigt  zuwar  lestzastellen,  weiche 
Lage  einer  dieser  Punkte  fin  Bezog  auf  das  Gehörorgan 

besitzt,  wenn  der  Beobachter  die  Empfindung  verspürt, 
welche  ihm  das  Daseyn  des  nämlichen  Punktes  anzeigt. 

1.  Mitten  in  einer  Ebene,  die  von  allen  der  Schall-' 
reflection  fähigen  Gegenständen  entbldfst  ist,  errichte  man 
eine  ebene  und  lotbrechte  Wand,  und  stelle  vor  dersel- 
ben, in  15  bis  90  Meter  Abstand,  einen  Körper  auf,  der, 
in  Schwingung  versetzt,  einen  anhaltenden  Ton  von  un- 
veränderter Stärke  giebt. 

Zwischen  die  Wand  und  den  tönenden  Körper  stelle 
sich  ein  Beobachter  dergestalt,  dafs  die  Gerade,  welche 
durch  seine  beiden  GehOrgänge  geht,  mit  der  Refiexions- 
axe  zasammenfalle.  In  dieser  Stellung  verstopfe  er  das 
gegen  den  Ursprung  der  Schallwellen  gerichtete  Ohr  (es 
sey  diefs  das  rechte),  und  suche  dann  mit  dem  offen  ge- 
lassenen linken  Ohr  einen  Punkt,  wo  die  Intensität  des 
Tones  Null  ist.  Sobald  dieser  Punkt  gefunden  worden, 
bezeichne 'man  mittelst  Merkzeichen  die  .Lage,  welche  der 
Kopf  des  Beobachters  einnimmt. 

Hierauf  verstopfe  derselbe  das  gegen  die  Wand  ge- 
richtete Ohr,  d.  h.  in  der  gemachten  Voraussetzung  das 
linke,  und  suche  mit  dem  jetzt  offenen  rechten  Ohr  den 
Ort,  wo  er  die  Empfindupg  bekommt,  die  ihm  das  Da- 
sejn  des  schon  in  der  vorherigen  Operation  gefundenen 
Knotens  anzeigt.  Mittelst  Merkzeichen  bezeichne  man 
auch  jetzt  die  Lage  des  Kopfes. 

Es  ist  klar,  dafs  wenn  das  Huren  in  irgend  einem 
Theile  des  Ohrs,  z.  B.  im  Labyrinthe,  geschieht,  wie  ich 
es  in  meiner  ersten  Abhandlung  über  die  Schallreflexion 
angenommen  habe,  der  Kopf  des  Beobachters  sich  beim 
Uebergauge  von  dem  ersten  Verfahren  zum  zweiten  tm 
eine  Gröfse  verschieben  mufs,  die  gleich  ist  dem  gegen- 
seitigen Abstände  beider  Labyrinthe,  d.  h.  etwa  einem 
Bedmeter. 


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376 


Allein  was  i^escbieht,  wenn  man  den  Abstand  der 
beiden  successiv  vom  Kopfe  eingenommenen  Orte  mifst? 
Man  findet .  diesen  Abstand  absolat  gleich  Null;  nnd  in 
der  That,  ohne  dals  man  irgeodwle  die  Lage  des  Kopfes 
ändert,  verbleibt  die  Empfindung  des  Knotens,  was  für 
eins  der  beiden  Ohren  man  auch  zur  Wahrnehmung  an* 
wenden  möge. 

Aus  dieser  Thatsache  geht  hervor»  daÜB  der  Ton  von 
keinem  der  Theile  unseres  Gehör*  Apparats  vernommen 
wird,  vielmehr  dafs,  da  diese,  als  doppelt,  symmetrisch 
zn  beiden  Seiten  der  Mittelebenc  des  Kopfes  liegen,  in 
dieser  Mittclebeue  selbst  der  Silz  des  Gehörs  seyn  raufs. 

Es  folgt  auch,  da£s  mau  nicht  gezwungen  ist,  blofs 
ein  einziges  Ohr  anzuwenden,  sondern  dafe  man,  um  die 
Lage  der  bemerkenswerthen  Punkte  der  Wellen  anfzo- 
finden,'  beide  Ohren  offen  lassen  kann.  Diefs  verdient 
sogar  den  Vorzug,  sobald  man  in  dieser  Gattung  von 
Beobachtungen  hinidu^lich  geübt  ist. 

Bei  dem  eben  beschriebenen  Versuche  kann  man, 
statt  des  Knotens,  die  Mitte  eines  Bauches  oder  irgend 
einen  andern  Punkt  der  Welle  nehmen:  immer  bekommt 
man,  wenn  man  seine  Stellung  nicht  Sndert,  successiv  in 
jedem  der  beiden  Ohren  die  Empfindung  eines  Tons  von 
gleicher  Starke.  Diese  beiden  Tüne  gehören  offenbar 
einem  und  demselben  Punkte  an,  weil  in  einer  (stehen* 
den  P*)  Welle  die  Intensität  des  Tons,  wie  wir  gefunden 
haben,  von  einem  Punkte  zum  andern  verschieden  ist. 

Wenn  man  mittelst  Wülsten  aus  sehr  dickem  Slol^. 
die  man  an  das  Profil  des  Kopfes  anbringt,  das  Hinder- 
nifs,  welches  dieser  Tlieil  des  Körpers  den  directen  wie 
den  reÜectirten  Schailstrahien  in  den  Weg  legt,  bedeu- 
tend vergrdfsert,  und  nun  die  Lage  eines  Knoten  oder 
irgend  eines  andern  Punkts  aufsucht,  so  findet  man  sie 
genau  eben  so  wie  zuvor  ohne  diese  Vergröfserung  des 
Hindernisses. 

Für  den  Fall  also,  dafs  die  Gerade,  welche  durch 


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377 

die- beiden  Geh6i|;8B^.  gebt,  mit  der  Rcflexionsiie  w- 
samnienfttllt,  ist  es  erwiesen,  dafis  der  Punkt,  dessen  Da« 
seyn  darcb  die  Gebör-EinpfmduDg  angezeigt  wird,  in  der 
Mittelebene  des  Kopfes  liegt. 

2.  Ich  hatte,  wie  oben  erwähnt,  in  der  früheren 
Arbeit  vorausgesetzt,  daCs  das  Hören  in  dem  Labyrinthe 
des  offen  gelassenen  und  gegen  die  refl^ctirende  Wand 
gerichteten  Obrs  gescbebe.  Da  nnn  der  voistebende  Ver- 
SDcb'den  Ort  der  Tonempfindung  in  die  Mittelebene  des 
Kopfs  versetzt,  so  bedürfen  die  Zahlen,  welche  ich  für 
die  Abstände  der  Wand  von  den  Knoten  und  Bäuchen 
der  stehenden  W^ellen  gegeben  habe,  nothweudig  einer 
Berichtigung,  und  diese  Berichtigung  besteht  darin,  dafs 
man  zu  jedem  der  Abstünde  den  des  Labyrinths  von  der 
Mittelebene  des  Kopfes  hinzufügt. 

Ich  mafs  an  dem  Beobachter  die  Breite  des  Kopfes» 
und  da  ich  sie  =  154  Milliii».  fand,  wovon  die  Hälfte 
77  Miilim.,  so  zog  ich  von  dieser  halben  Breite  die  für 
das  Labyrinth  angenommene  Tiefe  27  Miilim.  ab,  und 
nahm  den  Untersohied,  also  50  MUlim^  für  den  Abstand 
des  Labyrinths  Ton  der  Mittelebene  des  Kopfes.  Man 
hat  also,  um  den  wahren  Ort  der  Knoten  und  Bäuche 
zu  erhallen,  50  Miilim.  zu  den  von  mir  angegebenen  Ab- 
ständen hinzuzufügen.  £s  ist  klar,  dafs  diese  Addition, 
indtem  sie  alle  Knoten  um  eine  gleiche  Gröfse  verschiebt, 
die  Folge  hat,  dafs  sie  die  erste  Welle  grdfser  macht, 
ohne  die  folgenden  zu  verUndern.  Es  konnte  also  durch 
diese  Vergröfserung  die  erste  Welle  allen  folgenden  gleich 
werden,  und  diefs  ist  es,  was  wir  prüfen  wollen. 

Die  Beobachtungen  mit  einer  Glocke  {iünbre),  die 

den  Ton         gab       hatten  für  die  Länge  der  ersten 

1)  Nämlich  ich  wähle  hier  wieder  aus  dem  früher  (Annalcn 

Bd.  65,  S.  446)  angegebenen  Grunde  «Utt  der  gewöhnUdiien  Beaeich- 

nwif  Ct  c,  Cf  die  den  Ditick  nidit  venmitaltende    ,  €„ ,  e^u  «.  w. 


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378 


Welie  geliefert:  0",373.    Berichtigt  mau  diese,  indem 

man  O^jCtöO  binzofügty  so  kommt: 

Ltaff«  der  enten  Welle  0»y49S 

LftDge  der  Ewelteo^  direet  geftudea  .  .  .  0  ,627 
Die  ente  Uelaer  ala  die  swdte    •  .  .  .  O^^SMM. 

Mit  einer  andern  Glocke,  die  den  Ton  a  ^ab,  fand  ich 
die  er&te  Welle  s  0'°,256.  Vergrölsert  um  0,050  hat  man: 

Linge  der  erstea  Welle  «  0*,908 

LiBge  deMBweiftea^  dirteft  geflnden  •  .  *  0  ,31» 
Die  erate  kleloer  ala  die  xweHe   .  .  •  .  0"/Ni7. 

Man  sieht,  dafs,  ungeachtet  der  an  der  Länge  der 
ersten  Welle  angebrachten  additiven  Berichtigung,  in  den 
beiden  so  eben  erwähnten  Fällen  ein  bedeutender  Unter- 
sobied  zwiacben  ibr  und  der  der  zweiten  Welle  bleibt. 
Woher  nun  diese  Ungleichbeit?  Biese  Frage  ist  es,  wel- 
che noch  ganz  zu  lösen  bleibt. 

3.  Mnn  wird  zunächst  beinerkoii,  dafs  die  Verkür- 
zung nicht  constaiit  ist,  weil  sie  iin  ersten  Fall  0",204 
und  in  dem  zweiten  O^jOS?  beträgt.  Sueben  wir  also, 
welcber  Umstand  dieiis  bewirken  konnte. 

Die  reflectirende  Wand  blieb  dieselbe  bei  beiden 
Versuchen.  Vielleicht  war  das  ein  Grand,  weshalb  ihr 
Eintiufs,  wenn  sie  einen  halte,  verschieden  war  auf  Wel- 
len, die  an  sich  verschiedene  Längen  besafsen.  Allein 
ich  habe  mich  versichert,  dafs  dieser  Einflufs  ganz  Null 
ist;  ich  nahm  nSmIich  als  Wand  suceessiv  KOrper  von 
▼erschiedener  Natur  und  Dicke,  unter  welchen  ich  nur 
folgende  nennen  will: 

Eine  sehr  dicke  Mauer;  —  eine  Scheidewand  von 
Backsteinen;  —  eine  hölzerne  Scheidewand;  —  eine  Fen- 
sterscheibe; —  ein  im  Rahmen  ausgespannter  Papierbo- 
gen; —  ein  Trommelfeil,  dessen  Spannung  verändert 
ward;  —  Wacbstafft,  über  einen  Rahmen  gespannt;  — 
Wachstafft,  tkber  die  MQnduiig  eines  Geßlfses  gespannt 

Diese  Versuche  gaben  zu  bemerken  Anlafs,  dafs  der 
Klang  des  reileclirten  Tons  sich  mit  der  Natur  des  re- 


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379 

flectirenden  Körpers  verändert.  So  z.  B.  erkannte  man 
sehr  gut  den  dem  Glase  eigenfhümlichen  Ton,  wenn  die 
Wand  au8  einer  Glasscheibe  besUiid;  allein  was  die 
LäDge  der  ersten  Welle  betrifft,  so  seigte  sich  von  einem 
Kttrper  znm  andere  kein  wahraehmbarer  Unterschied.  In 
der  Rolle,  welche  die  Wand  spielt,  darf  man  also  nicht 
hoffen,  die  Ursache  der  Erscheinung  zu  finden. 

Eben  so  wenig  liegt  sie  in  der  Art  und  Weise,  wie 
die  JKeilexion  geschieht;  denn  diese,  nothw^ndig  von  der 
Lftnge  der  Wellen  unabhängige  Reflexionsweise  wfirde 
VerkÜrraigen  nach  sich  xieheti,  die  diesen  Längen  pro- 
portional wären.  Allein  diese  Proportionalität  existirt 
nicht.  Denn  bei  dem  ersten  der  beiden  Versuche,  deren 
Resultate  oben  angegeben  wurden,  sehen  wir,  dafs  die 
Verkürzung,  verglichen  mit  der  Länge  der  Wellen,  giebt: 
0,204 


0,627 


=  0,33,  während  bei  dem  zweiten  das  VerhältniCs 


0087 

der  beiden  entsprechenden  Gröfsen  ist  =  '  =0,22. 

Kach  diesen  fruchtlosen  Versuchen  haben  wir  nur 
noch  einen  Weg  zu  ergreifen:  uns  an  den  tönenden 
Körper  zu  wenden;  weil  er  unter  den  Elementen  des 
Versochs  das  einzige  ist,  welches  wir  noeh  nicht  untere 
sucht  haben. 

Die  folgende  Tafel  enthält  die  Resultate  successiver 
Versuche  mit  fünf  verschiedenen  Glocken  {timbres),  die 
^  mit  ihren  Rändern,  in  eine  auf  der  retlectirenden  Wand 
winkelrechte  Ebene  gestellt  waren  und  durch  einen  paral* 
lel  der  Wand  gefährten  Violinbogen  gestrichen  wurden. 
Da  »an  den'  tiefsten  Ton  hervorrief,  den  sie  geben  konn-» 
ten,  so  (heilte  sich  ihre  Oberlläche  in  vier  Theile,  von 
denen  zwei  im  Sinn  der  Retlexionsaxe  und  zwei  in  dar- 
auf senkrechter  Richtupg  vibrirten. 


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380 


Mummer  der 

Durcliraesser 
der  GIockcD. 

der  wstcn 
Welle. 

der  zweiten 

Welle. 

der  ersuai 

W^clle. 

1 

0«,40 

0»,423 

0",627 

0'»,204 

2 

0  ,19 

0  ,42 

0  ,50 

0  ,09 

8 

0  ,18 

•  ,308 

0  ,395 

0  ,087 

4 

0  ,14 

0  ,30 

0  .38 

0  ,08 

5 

0  »13 

0  ,30 

0  ,37 

0  ,07 

Btmtrkmig.  Die  CHoeke  No.  1  Ist  die,  welche  bei  HWioen  Mi^ 

bereu  Versuchen  den  Ton  gab;  die  Glocke  No.  3  ist  die^  wel^ 
che  den  Ton  Oi  gab. 


Diese  Resultate  xeigen,  dafis  die  VerktInmgeD  der 
ersten  Welle  zngleicli  mit  dea  Darchmegsem  der  GloL- 

keo  abnehmen,  und  dafs  sie  beinahe  den  Hälften  dieser 
Durchmesser  gleich  sind,  was  glauben  läfst,  dals  ina»  die 
YerkürzuD^en  fast  Null  machen  würde,  wenn  man  i^iok- 
ken  von  einem  sehr  kleioen  Durchmesser  anwendete. 

Allein  fahren  wir  fort,  den  Eintlufs  des  Tibrirenden 
Körpers  auf  das  uns  bescLsfligende  Phänomen  zu  unter- 
suchen. Statt  den  Rand  der  Glocke  in  eine  auf  der 
Wand  winkelrechte  Ebene  zu  stellen,  wollen  wir  ihn  in 
eine  damit  parallele  Ebene  bringen.  Bei  dieser  Bedin> 
^ng  sind  alle  UngleichbeiteD  versdiwunden,  wie  grols 
audi  der  Durchmesser  der  angewandten  Glocken  sejn 
mag;  es  werden  nicht  nur  die  Wellen  alle  tob  Reicher 
Länge,  sondern  es  stellen  sich  auch  die  Bäuche  in  die 
Mitte  des  Abstnndes  zweier  benachbarten  Knoten,  was 
nicht  der  Fall  ist,  wenn  die  Glocke  die  früliere  Stel- 
lang hat. 

Dieser  Unterschied  in  der  Anordnung  der  Wellen, 
hervorgebracht  durch  eine  blofse  Aendemng  in  Richtung 

der  Axe  des  tönenden  Körpers,  entspringt  ohne  Zweifei 
daraus,  dafs  die  schwingenden  Theile  der  Glocke,  die 
im  ersten  Falle  ungleich  von  der  Wand  entfernt  waren, 
im  zweiten  einen  gleichen  Abstand  von  ihr  hatten.  Diese 
Eigenthtlmlicbkeit  scheint  mir  um  so  merkwfirdiger  zu  se^, 
als  die  mehr  oder  weniger  grofee  EntfemuDg  des  tönen- 


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äSl 

den  Körpers  von  der  Wand,  wir  wir  wissen,  keinen  Ein* 
flufs  hat  auf  die  Stellung  der  Wellen. 

Wir  wollen  hier  nicht  versuchen,  diese  ThatsMhe  m 
erkläre»;  es  genfigt  für  den  betracbteteD  G«geD0tand  za 
wiseen,  darch  welches  Mittel  mm  fede  Coaiplioattoii  ans 
dem  Phänomen  der  festen  Wellen  entfernen  könne.  Die 
verschiedenen  Verfahrungsnrlen,  die  zu  diesem  Zwecke 
führen,  ergeben  sich  leicht  aus  dem  eben  Gesagten.  Ich 
beschränke  mich  also  darauf,  den  Apparat  su  hoschrei*< 
ben,  den  ich  bei  aUeo  noch  zu  erwihnenden  yeraacfaen 
gebraucht  habe. 

Eine  Zungeopfeife  mit  frei  durchschlagender  Zunge 
von  sehr  geringer  Oberfläche  wurde  an  einer  der  Oeff- 
nungen  einer  gewöhnlichen  Tonne  befestigt.  Die  andere 
Oeffnung  nahm  die  Düse  eines  Blasebalgs  auf,  welcher 
Luft  in  die  als  Windkasten  dienende  Tonne  bringen 
sollte.  Barch  diese  Sufserst  einfache  Vorrichtung  erhielt 
ich  einen  Ton  von  constanter  Stärke,  der,  ohne  einen 
Gehiilfen  zu  erfordern,  ohne  Geschicklichkeit  und  Er- 
müdung, so  lauge  als  es  die  Beobachtungen  verlangten, 
unterhalten  werden  konnte. 

4.  Bisher  haben  wir  unsere  Aufmerksamkeit  auf 
die  Eigenthflmlichkeiten  gerichtet,  itte  sich  längs  der  Re- 
flexionsaxe  wahrnehmen  lassen.  Unterandien  wir  )eftz^ 
was  aufserhalb  dieser  Axe  vorgeht. 

Zu  dem  Ende  errichten  wir  in  irgend  einem  Punkt 
der  Wand  eine  auf  ihr  Winkeirechle  und  verfahren  auf 
dieser  neuen  Geraden  eben  so  wie  frOher  auf  der  Aze^ 
indem  wir  die  verBohiedenen  Punkte  bezeichnen,  wo  wir 
die  Empfindung  eines  Knoten  oder  eines  Bauches  be- 
kommen. Wir  werden  linden,  dafs  der  erste  Knoten 
um  eine  Wellenlänge,  der  zweite  um  zwei  Wellenlän- 
gen, o.  s.  w.' von  der  Wand  absteht,  dafe  die  Bäuche  die 
Mitten  der  Wellen  einnehmen;  mit  einem  Wort«  daCs  zwi- 
schen den  Erscheinungen  auf  dieser  Geraden  und- den  frU« 
her  auf  der  Aze  beobachteten  eine  Einerleilieit  besteht  Da 


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382 

Bon  flier  Vorg^uig  in  alles  Winkelrechten  auf  dar  re* 
flectirenden  Ebene  derselbe  bt,  so  folgt»  dafs  die  Kno- 
ten und  Bflucbe;  deren  Laf;e  anf  der  Refleinnmixe  wir 

bestimmt  halten,  nur  besondere  Punkte  sind  von  Ebe- 
nen, deren  säiumtücbe  übrige  Punkte  dieselben  Eigenscbaf- 
teo  besitzen. 

Allein  diese  Flächen,  die  uns  vor  einer  Wand  von 
nodiwendig  betchrSnktcr  Ausdehnung  als  eben  erscheinen^ 
wQrden  sie  nicht  mehr  oder  weniger  gekrOmmt  sejn,  wenn 
die  reflectirende  Ebene  nacli  allen  Seiten  unbegränzt  wäre? 
£s  war  wichtig,  hierüber  keinen  Zweifei  zu  lassen,  und 
deshalb  verfuhr  ich  folgendergesialt: 

Als  reflectirende  Ebene  nahm  ich  die  horizontale 
und  nnbegränzte  Fläche  des  Bodens.  Der  den  Ton  er- 
zeugende Apparat  wurde  auf  ein  Gestell  von  3  bis  4 
Meter  Höhe  gebracht:  Bei  dieser  Einrichtung  war  die 
Reflexionsaxe  lothrecht,  und  ich  konnte  mich  von  ihr  be- 
liebig entfernen.  Und  siehe  da:  in  welchen  Abstand  man 
steh  stellte»  wie  schief  also  auc^  die  SohaUstrahlen  gegen 
die  reflectirende  Ebene  seyn  mochten,  so  fand  man  doch 
die  Knoten  und  Bäuche  auf  jeglicher  Lothrechten  eben 
so  verlheilt,  als  sie  es  auf  der  Reflexionsebene  sind. 

Wenn  mithin  ein  schwingender  Körper  von  so  klei- 
nen Dimensionen,  dafs  man  alle  von  ihm  abgesandten 
Wellen  als  von  einem  einzigen  Punkt  ausgehend  betcach^ 
len  kann,  sich  einer  ebenen  Fläche  gegenttfm  befindet, 
so  bildet  er  vor  dieser  Fläche  eine  Reihe  von  Knoten- 
ebenen, welche  letzterer  paraflel  sind.  Diese  verschiede- 
nen Ebenen  und  die  Fläche  sind  um  eine  Wellenlänge 
▼on  einander  entfernt,  und  mitten  in  dem  Räume  zwi» 
seilen  zwei  bi'nachbarteu  Ebenen  befinden  sich  die  Punkte^ 
wo  die  Intensität  des  Tons  auf  ihrem  Maximum  ist 

.  Unter  den  ▼orstebenden  Thatsachen  bemerken 
wiv:  1)  dafs  die  Stellung  des  tönenden  Körpers  in  Be- 
zug auf  die  Wand  ohne  Einflufs  ist  auf  den  Ort  der 
Knotenflächen;  2)  daia  die  Knotenfläcben  Ebenen  dar* 


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383 


stellen,  die  der  Wand  in  ihrer  ganzen  Erstreckung  pa- 
rallel sind;  3)  dafs  der  rcficcürte  Ton  in  seinem  Klange 
▼erschiedea  ist  nach  der  Natur  des  refleGÜrendeo 
pers. 

Diese  drei  Umstlinde  zasammen^efaist  laaseii  glau- 
ben, dafs  die  stehenden  Wellen  ihre  unmfticlbare  Ursa- 
che in  den  SchwlDgungeu  der  Wand  haben,  und  dafs 
die  TOD  der  ursprünglichen  Schallquelle  herkommen  den 
Wellen  nur  in  so  fem  zu  der  Erscheinung  lBitwurkell^ 
als  sie  der  Wand  die  Schwingungsbewegung  einprägen. 

Ist  diese  Vermuthuug  gegründet,  entspringen  die  ste- 
henden Wellen  aus  Schwingungen  der  secundär  erschüt- 
terten W^and,  so  müssen  wir  hinter  dieser  Wand  ein 
anderes  WeUensjrstem  antreffen;  denn  bei  einem  starren 
Körper  von  geringer  Dicke  kann  eine  der  Seiten  nicht 
in  Schwingwng  gerathen,  ohne  dafs  nicht  der  ganse  Kör- 
per Theil  nimmt  au  derselben  Bewegung,  und  ohne  dafis 
er  sie  nicht  den  mit  ihm  in  Berührung  stehenden  Kör- 
pern mitthealt 

Die  Anwesenheit  dieses  zweiten  Wellensjstems  ist 
nun  über  durchaus  nicht  zweifelhaft  Stellt  sich  n&mlich 
der  Beobachter  hanter  die  Wand,  dergestalt »  dais  die 
Mittellinie  seines  Kopfes  immer  dieser  Wand  parallel 
bleibl,  so  lindet  er,  wenn  er  sich  stufenweis  entfernt, 
oder  nähert,  dafs  die  Tonstärke  in  Strecken  von  einer 
halben  Wellenlänge  wächst  oder  abnimmt,  dafs  die  Kno« 
ten  imd  Bäuche  in  parallelen  Ebenen  liegen,  mit  einem 
Wort,  dafs  zifiscfaen  den  beiden  Systemen  fester  Wel« 
len  eine  vollkommene  Symmetrie  vorhanden  ist.  In  bei« 
den  Tällen  müssen  die  Abstrmde  der  verschiedenen  Punkte 
von  der  nächsten  Seite  der  Wand  gemessen  werden. 

Es  ist  also  erwiesen,  dafs  der  reÜectirendc  Körper 
secundär  erachOttert  wird,  und  dafs  die  festen  Wellen  eine 
Folge  des  Scbwingungszustandes  dieses  Körpers  sind. 

6.  In  den  Punkten,  welche  die  Mitte  der  Strecke 
zwisdicn  zwei  Knolenebenen  einnehmen,  und  dem  Maxi- 


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384 


mum  der  Tonslärke  angehören,  müssen  begreiflicherweise 
die  Theilchen  des  Fluiduins  eine  auf  diesen  Ebenen  senk- 
rechte Vibrationsbewegiin^  besitzen.  Diefs  wird,  wie  wir 
sehen  werden,  von  der  Erfahrang  besttttigt. 

In  einer  Abhandlang  fiber  die  ZorQckwerfong  and 
Beugung  des  Solialls  (Poggendorffs  Annalen,  Bd.  59, 
S.  177)  hat  Hr.  Seebeck  die  Orte  der  Knoten  und 
Bäuche  stehender  Wellen  mittelst  eines  sehr  sinnreichen 
Yerfahrens  bestimmt.  Der  berühmte  deutsche  Physiker 
hat  bei  seinen  VerBnchen  das  Gehdroiigan  ersetzt  durch 
eine  Qber  einen  Holzrahmen  gespannte  Membran  aus 
Goldschlägerhäntehen  {peau  trh-fixe  de  cygne)  oder 
Kautschuck.  Da  er  diese  Membran  in  lollirei  hier  Stel- 
lung gebrauchen  wollte,  und  sie  also  nicht  mit  Sand  be- 
streuen konnte,  so  hing  er' parallel  ihrer  Fläche  ein  klei* 
Des  Pendel  auf«  Diefs  war  gebildet  aus  einem  einfachen 
Coconfaden,  an  dessen  einem  Ende  ein  Stückchen  Sie- 
gellack von  der  Gröfse  eines  Stecknadetknopfes  befestigt 
war,  während  das  andere  Ende  an  dem  Rahmen  der  Mem- 
bran safs,  solchergestalt,  dafs,  wenn  diese  senkrecht  war, 
das  kleine  Pendel  ihrer  Mitte  entsprach. 

Hr.  Seebeck  brachte  eins  dieser  Instrumente  in 
eine  parallele  Ebene  mit  einer  lothrechten  Wand,  und 
beobachtete,  als  er  den  Absland  der  Membran  von  der 
Wand  veränderte,  dafs  das  Pendel  in  Ruhe  blieb  oder 
die  Lage  eines  Knoten  anzeigte,  wenn  die  Membran  sich 
in  Abständen  gleich  1,  2,  3,  ...  Wellenlängen  befand; 
dafs  das  Pendel  dagegen  sich  in  dem  Maafse  starker  be- 
wegte, als  es  sich  Ton  diesen  Punkten  entfernte,  und  dafs 
seine  Ablenkungen  das  Maximum  der  Amplitude  erreich- 
ten, also  die  Milte  von  Bäuchen  anzeigten,  wenn  die  Ab- 
stände 7,  7  ...  Wellenlängen  betrugen. 

Diese  Resultate  stimmen  vollkommen  mit  denen  über- 
ein, die  man  mit  alleiniger  Hülfe  des  Gehörorgans  be- 
kommt; sie  zeigen,  dafs  an  den  Pilnkten,  wo  die  Bäuche 
sind,,  die  SciiwiQgungen  der  Fiüssigkeitstheilchen  recht- 

wink- 


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385 

wiuklich,  gegen  die  Membran  und  folglich  auch  gegen  die 
Knotenebenen  geschehen. 

Wir  machen  bemerkiicfa,  dafs  die  Membran  sich  nicht 
nothwendig  in  der  Reflezionsaxe  zn  befinden  braucht, 

sondern  dafs  der  Versuch  auch  für  Jede  andere,  wiilkühr- 
lieh  vor  oder  hinter  der  Wand  genommene  Lage  gelingt. 
Man  kann  dazu  auch  horizontale,  mit  Sand  bestreute 
Membranen  anwenden,  wenn  man  sich  des  Bodens  als 
reÜectirenden  KOrpers  bedient 

7.  Bisher  stellten  wir,  wenn  es  sich  darum  handelte 
mit  dem  Ohre  zu  beobachten,  die  Mittelebeue  des  Kopfes 
parallel  mit  der  M'and,  und,  wie  wir  wissen,  ist  dann 
die  Lage  des  beobachteten  Punktes  durch  die  jener  £bene 
gegeben.  Es  ist  diefs  nicht  das  einzige  Verfahren,  wel- 
ches man  anwenden  kann.  T^ichts  hindert  z.  B.  die  Mit- 
telebene  winkelrecht  gegen  die  Wand  zu  stellen;  auch 
in  dieser  Stellung  kann  das  Gehörorgan  zur  ]S  ach  Weisung 
des  Daseyns  der  festen  W^ellen  dienen.  In  der  That 
findet  inan,  wenn  man  längs  einer  auf  der  reflcctii'enden 
Ebene  Normalen  fortgeht,  daCs  die  Intensitttt  des  Tons 
von  einem  Punkt  zum  andern  yariirt,  dafs  es  Knoten  ond 
Bäuche  giebt.  Allein  welche  Beziehung  herrscht  dann 
zwischen  der  Lage  des  beobachteten  Punkts  und  der  des 
Gehörorgans  im  Moment,  da  man  die  Empfindung  be- 
kommt, welche  das  Dasein  dieses  Punktes  anzeigt? 

Um  diese  Frage  zu  beantworten,  werden  wir  unsere 
Zuflacht  zu  einem  ähnlichen  Verfahren  nehmen^  wie  wir 
uns  schon  in  einem  sehr  ähnlichen  Falle  bedienten. 

Der  Beobachter  kann,  ohne  dafs  die  Miltelebene 
aufhört  winkelrecht  gegen  die  W^and  zu  sejn,  seinen 
Kopf  in  ganz  verschiedene  Lagen  gegen  diese  bringen. 
In  der  einen  wendet  er  das  Gesicht  zur  Wand,  in  der 
andern  den  Hinterkopf,  in  einer  dritten  den  Scheitel  des 
Kopfes  u.  s.  w.  Bezeichnet  man  nun  jedesmal  durch 
Merkzeichen  den  von  den  Gehörgängen  eingenommenen 
Ort,  wenn  durch  die  Empfindung  das  Dasejn  einer  sel- 

Pogg«odoifr«  Anml.  Bd.  UYI.  25 


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* 


386 

ben  KDOtenebene  angezeigt  wird,  so  findet  man,  dafs 
alle  diese  Merkzeichen  in  gleicher  Entfernung  tod  der 
Wand  liegen.  Wenn  also  die  Mittelebene  des  Kopfes 
winkelrecht  auf  der  reflectirenden  Ebene  ist,  liegt  der 
beobachtete  Punkt  auf  der  Geraden,  welche  durch  die 
GehOrgän^e  geht. 

8.  Wir  haben  aUo  zwei  Mittel,  vermöge  des  Ohrs 
die  Lage  der  zu  den  festen  Wellen  gehörigen  Punkte 
zn  bestimmen.  Die  Mittelebene  des  Kopfes  kann  parallel 
oder  winkelrecht  zur  Wand  gestellt  werden,  und  in  bei- 
den Fällen  betindet  sich  der  beobachtete  Punkt  im  Durch- 
schnitt der  Mittelebcne  und  der  Geraden,  welche  durch 
die  beiden  Gehörgänge  geht. 

Wendet  man  folgweise  diese  beiden  Mittel  zur  Auf- 
sndinng  der  Knoten  und  Bäuche  eines  Weliensjstems 
an,  so  erhült  man  folgende  Resultate: 

Beim  Parallelismus  der  Mittelebene  und  Wand  üu- 
det  man,  wie  wir  schon  sehen, 

die  Knoten  bei  1,  2,  3  ...  )  ___  „   _  ,  ^  u 

«  I   a   •       >  Wellenlangen  von  der  Wand  ab. 
die  BiBdie  bei  ^  1,  i  . .  •  )  ^ 

Bei  Rechtwinkllcbkelt  zwischen  Mittel^Mse  und 

Wand: 

die  Knoten  bei  ^,  4,  f  ...)____  _  ^  . 

t.   u    1  o  o       !  WelleDläDgenvonderWandab. 

die  Bauche  bei  1,  2,  J  ...  J  ^ 

Der  Vergleich  dieser  Resultate  zeigt,  daÜB  die  Ver- 
theilnng  der  Knoten  und  Bäuche  variirt  mit  der  Lage, 
welche  man  der  Mittelebene  giebt.  Wenn  man  bei  der 
ersten  Lage  in  einem  gegebenen  Punkt  das  Daseyn  eines 
Knoten  eikeniil,  so  findet  man  bei  der  zweiten  an  dem- 
selben Punkt  die  Mitte  eines  Bauches.  Umgekehrt,  wenn 
man  durch  das  erste  Mittel  die  Mitte  eines  Bauches  er- 
bfilt,  so  entdeckt  man  durch  das  zweite  die  Gegenwart 
eines  Knotens. 

Dieser  Gegensatz  in  den  Resultaten  beider  Beobarh- 
tnngsweiseu  ist  sehr  merkwürdig  und  daher  wichtig,  dafs 
wir  die  Ursache  kennen  zu  lernen  suchen. 


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387 


Stellen  wir  die  Mittelebene -parallel  der  Wand  und 
suchen  einen  der  Punkte,  wo  die  Tonstärke  ihr  Maxi- 
mum bat;  dieÜB  wird  die  Mitte  eines  Bauches  seju,  und, 
wie  wir  wissen,  ist  daselbst  die  Richtung  der  Schwin- 
gnn^bewegong  winkebredit  auf  den  Knotenflttdien,  Mg- 
lieb  auch  winktfbecbt  auf  der  Miftelebene.  Wenn  wir 
nun,  ohne  diesen  Punkt  zu  verlassen,  die  Lage  der  Mit- 
telebene ändern  und  sie  winkelrecht  gegen  die  Wand 
stellen,  so  wird  die  Richtung  der  Molecuiarbewegung, 
die  offenbar  nicht  geändert  ist,  der  Mittelebene' parallk 
se^.  In  dieser  Lage  aber  finden  wir  einen  Knoten» 
▼emebmen  keinen  Ton,  und  dennodi  sind  die  schwin- 
genden Theilchen  auf  dem  Maxime  ihrer  Amplitude.  Es 
lüüsseu  also  die  Theilchen,  welche  parallel  der  Mittel- 
ebene schwingen»  keine  Wirkung  auf  un^er  Gehörorgan 
ausüben* 

Diese,  wie  uns  scheint,  rechtmSfsige  Folgerung  er- 
laubt eine  Beziehung  aufzustellen  zwischen  der  Richtung 

der  Schwingungsbewegung  und  der  Natur  der  Eindrücke, 
die  sie  in  gewissen  Fällen  auf  unser  Orgnn  hervorbrin- 
gen. Die  Knoten-Empfindung  zeigt  also  an,  dafs  die  Be- 
wegung im  winkelrecbten  Sinn  gegen  die  Mitteleb^e 
Null  ist,  und  dafs,  weün  Oberhaupt  eine  Bewegung  m 
diesem  Punkt  vorhanden  ist,  sie  nur  longitudinal  gegen 
jene  Ebene  sejn  kann.  Das  Daseyn  eines  Bauches  wird 
anzeigen,  dafs  die  Schwingungsbewegung  strenge  winkel- 
recht gegen  die  Mittelebene  ist,  wenn  man  in  dem  beob- 
achteten Punkte  für  alle  Lagen  der  Mittelebene,  £e  auf 
ihrer  Irfiberen  winkelrecht  sind,  die  Empfindung  eines 
Knoten  bekommt. 

9.  Die  Anwendung  dieser  Angaben  auf  die  Resul- 
tate der  verschiedenen  Beobachtungen,  welche  wir  mit 
dem  Gehörorgan  gemacht  und  in  dieser  Arbeit  mitgetheilt 
haben,  liefert  folgende  Begriffe  über  die  in  den  festen 
Wellen  vorhand^en  Moleculaibewegungen.    Wir  stel- 

25* 


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388 


len  sie  in  einer  einzigen  Tafel  zusammen,  damit  man  die 
Gesammtheit  derselben  leicht  Überblicken  könne. 

Kürze  halber  und  zugleich,  um  uns  der  in  der  Aku- 
stik angenommenen  Ausdrücke  zu  bedienen,  werden  wir 
longitudinal  diejenigen  Bewegungen  nennen,  die  im  Sinn 
der  Fortpflanzung,  winkelrecht  gegen  die  Wand,  gesche- 
hen, und  folglich  transversal  die,  deren  Richtung  der 
Wand  parallel  ist.  Der  Buchstabe  d  bezeichnet  ein  un- 
bestimmtes und  veränderliches  Stück  einer  halben  Wel- 
lenlänge. 


Abstand  d.  be- 
obaclit.  Punkte 
von  d.  W  and 
in  Wellen- 
iHngen. 


Stärke  des  wahrgenommenen 
Tons. 

Mittelebene  gegen  die  Wand 


parallel. 

■winkelrecht. 

Zu-  oder  ab- 

Ab-  oder  zu- 

nehincDd, je 

nehmend,  je 

nachdem  d 

nachdem  d 

zu-  od.  ab- 

zu- od.  ab- 

nimmt. 

nimmt. 

Maximum. 

Null. 

Ab-  oder  zu- 

Zu-  oder  ab- 

nchinend, je 

nehmend,  je 

nachdem  d 

nachdem  d 

zu-  od.  ab- 

zu- od.  ab- 

nimmt. 

nimmt. 

Null. 

Maximum. 

Schwingungsweite 
longitudinal.  transversal. 


d,  \-k-dj  2-hd 


1      1  5 


T-hdj..  , 


1,  2,  3 


Desto  grö- 
Cser,  je  grö- 
Cser  d. 


Maximum. 

Desto  klei- 
ner, je  grö- 
Cser  d* 


NuU. 


Desto  klei- 
ner, je  grß- 
Dser  d. 


Null. 

Desto  grö- 
fser,  je  grö- 
fser  d. 


[Maximum. 


Beachtet  man  den  Umstand,  dafs  eine  in  dem  re- 
flectirenden  Körper  erregte  Schwingungsbewegung  Luft- 
wellen von  fester  Lage  hervorbringen  kann,  so  wird  man 
zu  der  Frage  geführt,  ob  nicht  ein  direct  erschütterter 
Körper  ebenfalls  Wellen  von  dieser  Natur  zu  erzeugen 
vermöge.  Ich  beabsichtige  diese  Frage  in  einer  künfti- 
gen Arbeit  zu  bebandeln. 


d  by  Google 


389 


IV.  Veber  den  Ausflujs  der  tropß>aren  Flüssig- 
keiten durch  kleine  Oeffnungen  im  Boden 
der  Gefäfse;  fon  Parrot,  Vaier* 


Herr  Dr.  O.  v.  Feilitzsch  hat  die  alte  Frage  von  der 
Erklärung  des  FundamcDtal- Phänomens  der  Hj^drodyna- 
mik  in  den  Anoaleu  der  Physik  und  Chemie  1844,  No.  9 
und  10,  wieder  zur  Sprache  gebracht  und,  nach  AnfOh- 
rang  der  Haupt- Arbeiten  liber  dieses  wichtige  Thema, 
eine  neue  Theorie  davon  zu  liefern  Tersucht. 

Wie  alle  seine  Vorgänger  betrachtet  Hr.  v.  Fei- 
litzsch die  tropfbaren  Flüssigkeiten  als  blofs  flüssige 
Massen  ohne  ILl^MoiVaX^  indem  er  zwar  ihnen  die  £la- 
stidtät  nicht  ganz  abspricht,  aber  sie  als  nnbedeatend 
und. als  auf  das  PhSnomen  des  Ausflusses  g^r  nidit  ein- 
wirkend ansieht.  In  diesem  Punkte  stimmt  derselbe  mit 
allen  den  von  ihm  angeführten  Vorgängern  ein.  Meine 
Arbeit  (im  Isten  Bande  meiner  theoret.  Physik,  1809, 
§.527—542)  war  Hrn.  v.  F.  wohl  nicht  bekannt  »)• 

£^  ist  mein  Zweck  nicht,  diese  etwas  dunkle  Stelle 
in  der  Abhandlung  des  Hro.  v.  F.  besonders  zu  commen- 
tiren,  auch  nicht  die  Theorie  des  Verfassers  besonders 
zu  beleuchten,  sondern  die  Unrichtigkeit  aller  bisherigen 
Theorien,  von  Newton's  Cataracte  an,  darzuthun,  in- 
dem sie  sämmtlich  mit  dem  Fundamental-Fehler  behaftet 
sind,  die  tropfbaren  Flüssigkeiten  als  blois  schwere  und 
flüssige,  und  als  unelastische  Massen,  zu  betrachten.  Dafis 

1)  Diefs  ist  leicht  erklärlich,  da  diese  Arbeit  in  einem  Grundrisse  für 
Vorlesungen  vorkommt,  der  vor  36  Jahren  erschien.  Ich  hatte  die  pa- 
radoxe Idee,  daHs  die  Compendien  wohl  Neues  von  dem  Verfasser 
selbst  enthalten  dürften,  dadurch  mehr  VN'^erUi  erhalten,  und  so  für 
länger  als  ein  Paar  Jahre  diesen  Werth  behalten  kdontcti.  Ditaer 
Fehler  findet  sich  «ehr  oft  in  demselben  Werke* 


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390 


jeder  dieser  Autoren  durch  mehr  oder  minder  richtige 
Rechnungen  auf  das  Resultat  der  Experimente  kommt, 
mehr  oder  minder  genau,  beweiset  nur  wie  leicht  der 
Mifisbrauch  der  edlen  Recbnimg  in  solchen  Fällen  ist, 
was  ich  namentlich  an  La  Place's  Theorie  der  CapU- 
laritSt  (s.  Ueber  CapillaritSt,  eine  Kritik  der  Theorie 
des  Grafen  La  Place  etc.,  von  G.  F.  Parrot,  Dorpat 
bei  Fr.  Meinshausen,  1819)  streng  nachgewiesen  habe. 
Ich  will  jetzt  beweisen  1)  dafs  die  tropfbaren  Flüssig- 
keiten» als  blofs  schwm  und  flüssige  Massen,  den  Tor- 
ricelirschen  Satz  nicht  erklSren  können,  2)  Dafs  die 
tropfbaren  Flüssigkeiten  die  Eigenschaft  der  Elasticität, 
und  zwar  in  einem  sehr  hohen  Grade,  besitzen,  3)  Dafs 
diese  Eigenschaft,  mit  der  Schwere  und  Flüssigkeit  ver- 
bunden, alle  Phänomene  des  Ausflusses  vollkommen  er- 
klärt 

I.  Die  Schwere  allein^  bei  vorausgesetzter  Flüssigkeit, 
kann  die  Phänomene  des  Ausflusses  tropfbarer  Flüssig- 

keiten  nicht  erklären. 

Sogar  der  Grundsatz  der  Statik  der  Flüssigkeiten, 
daOs  der  Druck  auf  der  Gmndfläche  eines  Gefiftfses  durch 
das  Product  der  Basis  in  die  Höhe  und  das  spedfische 

Gewicht  der  Flüssigkeit  ausi^edrückt  wird,  läfst  sich  nicht 
aus  der  blofseu  Schwere  erklaren.  Denn: 

Es  seyn  JJ,  C  (Fig.  8  Taf.  I)  drei  oben  offene, 
unten  verschlossene^  mit  Wasser  gefüllte  Gefäfse.  £&  sej 
A  ein  Cylinder,  die  beiden  andern  Kegel.  £*fir  den  Fall 
des  cylindrischen  Geföfses  ist  der  Satz  in  beiden  Hypo- 
thesen richtig  und  klar;  denn  der  Druck  auf  der  Grund- 
fläclie  läfst  sich  vollkommen  aus  dem  Gewichfe  dieser 
Wassersäule,  so  wie  auch  aus  ihrer  Elasticität  darstellen. 
Mit  dem  Grefäfse  B  hat  es  aber  eine  andere  fiewandtnifs. 
Denn  denken  ivir  uns  den  Cylinder  abba  von  gleicher 
Grundfläche  als  der  Boden,  so  leistet  er  schon  allein 
durch  sein  Gewicht  den  ganzen  Druck  auf  die  Grund- 


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« 


391 

'flftcfae,  Dod  es  bleibt  eine  flfisnge,  coniscfae«  sonearlige 
Masse,  welche  dureh  die  Dreiecke  aeb  imd  aeb  ange- 
deotet  wird,  und  es  fragt  sich,  welche  RoUe  sie  in  dem 

Phänomen  des  gleichen  Drucks  als  der  des  Cjlinders  A 
spielt.  Diese  Masse  ist  schwer,  wie  die  übrige ;  sie  liegt 
auf  schiefen  Flächen  und  übt  also  eine  ▼oticale  Kraft 
ausy  die  sich  verbot  zu  ihrer  gansen  Schwere  wie  ab:  aCf 
da  der  senkrechte  Druck  auf  der  schiefen  Fläfche  .durch 
bc  ausgedrückt  wird.  Was  wird  aus  diesem  verticalen 
Drucke  ba?  Er  wird  nicht  durch  die  schiefe  Ebene  zer- 
stört. Er  soll  aber  auch  nicht  auf  die  Bodeniläche  wir- 
ken. Ferner  kann  er,  als  unelastische  Masse,  keinen 
Seitendrack  ausüben»  um  so  weniger»  da  er  durch  die 
Wand  des  Geföfees  yernicbtet  würde.  Wolhe  man  end- 
lich diese  Masse  als  ein  Aggregat  von  Keilen  wie  acb 
ansehen,  welche  län^s  den  Wänden  des  Gefäfses  zu  fal- 
len trachten,  so  müiste  die  Flüssigkeit  abba  über  ihr 
nrsprüugUches  Niveau  steigen  und  folglich  einen  erhöh- 
ten Drw^  auf  die  Grundfläche  ausüben,  abgerechnet^' 
dafs  eine  solche  partielle  Erhöhung  gegen  den  Begriff 
von  Flüssigkeit  streitet.  Betrachten  wir  endlich  das  co- 
nische Gefäfs  C,  so  haben  wir  im  Vergleich  mit  dem 
Cjrlinder  A  einen  Maugel  an  schwerer  Masse,  und  den- 
noch einen  eben  so  starken. Bodendruck  als  in  A  und 
B,  —  Was  wird  hier  aus  dem  Grundsatze,  dem  höch- 
sten Axiom  der  Mechanik,  dafs  die  Wirkungen  den  Ur- 
sachen proportional  sind? 

Wenn  aber  der  Satz  des  gleichen  Drucks  bei  glei- 
cher Grundfläche  und  Höhe,  und  bei  jeder  Figur  der  Ge- 
fttCse,  sich  aus  der  Schwere  allein  nicht  erklären  l䣻^ 
wie  wird  es  mit  der  Lehre  des  Ausflusses  stehen?  Wir 
wollen  diese  Frage  lösen. 

Wenn  bloCs  schwere  Massen,  welche  sich  wechsel- 
seilig berühren,  und  die  Eine  A  eine  Bewegung  in  der 
Richtung  beider  Schwerpunkte  erhält,  so  wird  die  An« 
dere  B  keine  gröfsere  und  keine  kleinere  Geschwindig« 


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392 

keil  erhalten  können  als  die  Masse  A,  Und  wenn  sie 
sidi  Tor  der  Ertheilung  der  Bewegnng  an  die  Masse  A 
nicht  berfihrten,  so  wird  die  Masse       sie  sey  grOüser 

oder  kleiner  als  Ay  keine  ^öfsere  Geschwindigkeit  er- 
halten, als  die  Masse  A  nach  dem  Stofse  behält,  sondern 
beide  werden  sich  nach  dem  Stofse  fortan  berühren  und 
mit  einer  gemeinschaftlichen  Geschwindigkeit  bewegen, 

die  durch  ^' ^^^^  ß  ausgedrückt  wird,  wenn  v  die  Ge- 
schwindigkeit ist,  welche  A  ursprünglich  erhalten  hatte. 
Sind  aber  die  Massen  elastisch,  so  entstehen  die  bekann- 
ten Phänomene  nach  den  Gesetzen  des  Stofses  elastischer 
Massen.  Diese  Satze  sind  durch  Versuche  bestätigt  und 
▼on  alleto  Djmamikem  anerkannt  Es  kann  also  weder 
doreh  den  Dmck,  noch  durch  den  Stöfs  unelastischer  Mas- 
sen eine  Acceleration  erzeugt  werden. 

Aber  schon  Newton  wufste  durch  directe  Versuche, 
dafs  in  einem  vollen  Gefäfse»  mit  einer  yerhöltnifsmäfsig 
kleinen  Oeffnung  im  Boden,  das  Wasser  mit  der  beiläu- 
figen G^eschwindigkeit  pss0,li/2gh  ausllieist,  daÜB  aber 

der  Wasserspiegel  nur  mit  der  Geschwindigkeit  ^'-jj? 

sinkt.  Wir  haben  also  hier  eine  Acceleration  in  der  Be- 
wegung.  Woher  aber  kommt  der  Ueberschufs  der  Ge- 
il* 

ßchwindigkeit  ^  über  die  Geschwindigkeit  ^'"^^  wenn 

•alle  Bewegung  von  der  Schwere  herrObren  soll?  Gewifs 

nicht  von  der  Flüssigkeit,  da  die  Flüssigkeit  keine  Kraft 
ist;  noch  weniger  von  der  Fiächenanziehung,  welche 
überall  die  Bewegung  vermindert.  Die  Gase  fliefsen 
schneller  als  die  tropfbaren  Flflssigkeiten,  nnd  unter  die- 
sen der  Symp  langsamer  ab  Wasser.  Weder  die  Zer- 
legung der  Kräfte,  noch  die  Rechnung  kann  diese  Schwie- 
rigkeit lösen.  Nur  Newton's  Cataract  könnte  es,  wenn 
die  Versuche  sich  ihrer  Annahme  nicht  widersetzten,  weil 
in  dieser  Hypothese  die  Flüssigkeit  nicht  durch  ihren  Druck, 


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393 

soadom  doreli  den  freien  FaU  vm  AmflieCsen  gebraebt 
und  nnteiliaken  wird* 

U.  Die  Elasticit&t  kommt  den  tropfbaren  Flüssigkeiten 

in  hohem  Grade  zu. 

Die  Djmamiker,  indem  sie  die  ElaBtidtät  aas  den 
*  Phänomenen  des  Dracks  and  der  Betreguug  der  Flflssig'- 
keifen  aosschlossen»  scbeinen  diese  Eigenschaft  nicht  ge- 
hörig gekaDDt  zu  haben.  Früher  läugnete  man  sie  in 
den  tropfbaren  Flüssigkeiten»  zugleich  als  man  sie  in  den 
Gasen  anerkannte.  Heute  erklärt  man  sie  in  jenen  für 
unbedeutend  und  mit  eben  so  ^Csem  Unrechte. 

Da  es  hier  nicht  gilt  eine  Theorie  der  Elasticititt 
fiberhaopt  zu  liefern,  welche  von  mehreren  Physikern 
mit  grofsem  Erfolge  bearbeitet  worden  und  noch  bear- 
beitet wird,  so  beschränke  ich  mich  auf  folgende  sehr 
einfache  Betrachtung: 

Wenn  man  eine  Portion  atmosphttrisch«  Luft  einem 
Drucke  von  812- Atmosphären  aussetzte»  so  wdrde  sie 
nahezu  die  Dichtigkeit  des  Wassers  haben,  Toransgesetzt, 
dafs  das  M  a  ri  otte'sche  Gesetz  sich  bis  dahin  bestätigte ' ). 
Würde  man  aber  die  Elasticitüt  dieser  Luftportion  defs- 
halb  läugnen,  oder  für  unbedeutend  halten,  weil  eine  sehr 
bedeutende  Zulage  an  Druck  nur  eine  sehr  geringe  Yo- 
lumverminderung  bewirken  würde?  Man  mufs  ^elmehr 
diesen  Elastidtatsgrad  für  sehr  hoch  halten,  im  Vergleich 
der  andern  Elasticitätsgrade,  die  wir  kennen.  Möge  man 
diesen  Widerstand  des  Wassers  gleichviel  welcher  Ur- 
sache zuschreiben,  so  ist  er  da,  und  wir  nennen  ihn 
Elasticüät  der  tropfbaren  Flässigkekm;  und  er  mufs 

1 )  Die  Pamer  Aoidaiue  liat  u  liit  tarn  STüen  siiiio«phiriadh«B  Drackt 
bewikrt  gefnaden.  In  in^«i&  VwMidwii  wurde  ne  bis  70  aoldier 
Dracke  Tollkominen  bettSdgt  und  mit  einiger  Ungewa&hcit  bis  100. 
S.  la  den  MimoirtM  tÄeadimie  de  St»  PHenbourgt  6.  Sirie, 
T.  11^  Sciences  maiAAn,  ei  pfys,  1832«  meine  ExperUneee  de 
foHe  cwnpreeetan^  p,  616. 


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394 

Mch  thfttig  zeigen,  so  oft  w  Um  durch  Vermeiuniiig  des 
Dnicks  oder  durdi  Yenninderang  dazu  auffordem. 

Die  PhäDomene  der  Elestidtat  der  starren  KOrper 
zeigen  uns  ganz  analoge  Resultate.  Wie  klein  ist  nicht 
die  Abplattung  im  Contacte  bei  dem  Stofse  zweier  elfen- 
beiDemen  Kugeln,  oder  bei  dem  Fall  einer  solchen 
Kugd  anf  eine  eehr  harte  Fliehe!  £8  sej  z.  B.  eine 
soldie  Kogel  von  zwei  Par.  Zoll  Dorchmesser  anf  eine 
gebSrtete  Stablplatte  von  einer  Höhe  von  I4  Fufs  ge- 
fallen, so  zeigt  sich  ein  Fleck,  dessen  Durchmesser  etwa 
1  Linie  ausmacht,  und  es  zeigt  die  Rechnung,  daCs  der 
ZurÜcktretungsraum  0,00036  oder  etwa  t^Vt  l^e  tief 
war.  Und  diese  kleine  GrOÜBe  erscheint  noch  zu  grofe; 
denn»  da  man  den  Darchmesser  des  .Oelfleck^  zom 
Maafse  genommen  hat,  mofs  man  die  Dieke  der  Oel- 
schicht,  die  man  aufgestrichen  hat,  noch  in  Betrachtung 
ziehen,  welche  den  wahren  Durchmesser  des  Abpiattungs- 
kreises  gröfser  erscheinen  Idüst,  indem  das  Oel  durch  den 
Stofs  nach  allen  Richtungen  auszntreten  gezwungen  wurde. 
Nach  den  Begriffen»  wonach  man  die  Elasticitit  des  Was- 
sers ffir  ganz  unbedeutend  hält,  würde  die  der  elfenbei- 
nernen Kugel  auch  höchst  klein  erscheinen,  da  man  sie 
doch,  nach  den  Versuchen  auf  der  Percussionsmaschine, 
für  bedeutend  hält.  Ich  könnte  mehrere  Betrachtungen 
dieser  Art  anstellen.  Allein  es  ist  an  diesen  genug,  um 
zu  zeigen,  dafs  die  GfOfse  des  Zurfickdrllng^ngs^aums 
nicht  zum  Maafetabe  für  die  Grdfse  der  ElastIcitSt,  we- 
der in  den  festen,  noch  in  den  flüssigen  Körpern  genom- 
men werden  kann,  sondern  die  Kraft,  mit  welcher  der 
Kfirper  in  seinen  vorigen  Zustand  zurückzutreten  trach- 
tet^ verglichen  mit  derjenigen^  welche  angewandt  werden 
nmfste,  um  seinen  natürlichen  Zustand  ja§  QerändenL 
Es  sej  also  diese  Kraft  ==  p  Und  jene  =     so  ist  die 

Grö&e  der  Elastidttt  s^.   Ist  g=p»  so  ist  die  Elasti- 

P 

cität  vollkommen,  das  heifst  im  Masimo.    Nach  unsern 


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I 


395 

bisherigen  Versuchen  hab^i  wir  Ursache  anzunehmen, 
dafs  die  Elasticität  aller  Flüssigkeiten  in  diesem  Falle 
sej,  mitbin  im  höchsten  Grade  bedeutend^  in  den  festen 
Ktepent  aber  meist  onYoUkommen. 

Verglcidien  wir  die  Gase  mit  den  tropfbaren  FlQs- 
sigkeiten,  so  finden  wir  zwiscben  diesen  swei  Gattungen 
von  Substanzen  zwei  charakteristische  Unterschiede.  Der 
Eine  uns  in  die  Augen  fallende  ist,  daCs  die  tropfbaren 
Flüssigkeiten  eine  viel  gröfsere  Adhäsion  ihrer  Theile 
unter  einander  haben,  die  Gase,  aber  eine  sehr  geringe  'X 
welches  mit  Ursache  ist,  dafs  üir  Ansflufo  int  bedeutend  . 
gröfserer  Leichtigkeit  stattfindet.  Der  «weite  Unterschied 
ist,  dafs  die  Gase,  wie  wir  sie  unter  dem  mittleren  Druck 
der  £rd-Atmosphäre  besitzen,  durch  kleine  Drucke  eine 
sehr  grofse  VolumTerminderung  erleiden,  die  tropfbaren 
FlGssigkeiten  hingegen  durch  sehr  grofse  Drucke  nur  sehr 
kleine.  Wir  werden  weiterinn  sehen,  wie,  ungeacbtel 
dieser  dem  Volum  nach  sehr  kleinen  Veränderung,  die 
Elasticität  dieser  Flüssigkeiten  dennoch  die  Phänomene 
des  Ausflusses  nach  den  bekannten  Gesetzen  entstehen 
läfst. 

Wenn  man  eine  Sand-Uhr  in  ihrer  TbtUgkeit  be* 
trachtet,  so  zeigt  sich  bei  dem  ersten  Blicke  an  der  Ober- 
fläche der  Sandmasse,  in  der  verticalen  Richtung  des  Ab- 
flusses des  Sandes,  eine  Verliefung,  die  anfangs  beinahe 
unmerklich  ist,  sich  aber  nach  und  nach,  zu  einem  Trich- 

1)  Diese  Eigenschaft  der  Gase  yr»T  lange  unbekannt  und  aoftr  geUof- 
net.  Man  dachte  sogar  das  Gcgentheil  der  Adhäsion  annehmen  zu 
müssen,  weil  eine  comprlmirte  Gasportion  sicli  augenblicklich  wieder 
ausdehnt,  sobald  die  Conipression  aufliört.  Mein  Sohn  (Friedrich), 
Professor  in  Dorpat,  war  der  Ei"ste,  der,  noch  in  seinen  Studenten- 
Jahren,  durch  Versuche  sie  darstellte,  Indem  er,  mittelst  des  von  ihm 
damals  erfundenen  Gasometers,  Gase  durch  enge  Mündungen  unter 
beständig  gleichem  Drucke  ausflieisen  licis.  Young  hat,  bald  nach- 
her, diese  Eigenschaft  der  atmosphärischen  Luft  als  die  Gränzx  der 
Höhe  der  Erd-Atmosphäre  anxeigend  oder  vielmehr  bestimmend  auf- 
gestellt. 


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396 


ler  erweilert,  völlig  wie  Newton  seine  Cataracte  für 
den  Ausflufs  des  Wassers  sich  dachte,  aber  in  der  That 
nicht  ist.  Dieser  Aosflofs  aber  würde  bald  aufhören, 
wenn  die  Luft  im  nntern  Gefildse  (die  dorch  die  Sand- 
maue  immer  diditer  werden  mtlfste  and  ebstischer),  in^ 
defs  die  Lalt  nn  obem  Geftfse,  immer  Terdfinnt  and  min- 
der elastisch,  sich  nicht  zwischen  den  feinen  Sandkörnern 
durcharbeiten  könnte.  Bedenkt  man,  dafs  z.  B.  eine 
Stunde  Zeit  erfordert  wird,  am  die  kleine  Sandmasse  aus 
dem  obern  Glase  in  das  ontere  fallen  zu  lassen,  and  daCs, 
Termöge  dieser  langen  Zeit»  der  Widerstand,  den  die  ans 
dem  nntern  Glase  in  das  obere  dringende  Lnft  dem  Fal- 
len des  Sandes  einen  äufserst  kleinen  Widerstand  ent- 
gegenstellt, so  mufs  man  sich  über  diese  lange  Zeit  wun- 
dem. Denkt  man  sich  hingegeOy  dafis  Wasser  an  Stelle 
des  Sandes  im  obem  Glase  wSre^  so  würde  es  nicht  eine 
Minnte  znm  Abllieisen  brauchen,  voransgcsetzt,  dafii  man 
im  obem  Boden  des  obem  Glases  and  am  Halse  des' 
untern  ein  kleines  Loch  angebracht  hätte,  um  die  äufsere 
Luft  in's  obere  einzulassen  und  in  dem  untern  auszu- 
lassen. 

Aas  dieser  Vergleichnng  folgt,  dafis  der  Sand  nicht 
dnrch  den  Drnck  der  obem  Schiditen  aasgetrieben  wird, 
wie  es  mit  dem  Wasser  stattfindet,  sondern  dadurch  her- 
auskommt, dafs,  wenn  die  erste  Schicht  in  der  Oeffuung 
frei  herabgefallen  ist,  die  nächste  ihr,  eben  auch  durch 
den  freien  Fall,  folgt,  indem  sie  die  Stelle  der  ersten 
annimmt,  and  also  alle  diese  Schichten  nur  mit  einer  An- 
fangsgeschwindigkeit herausfallen.  Diese  Ansicht  wird 
durch  folgende  sehr  auffallende  Versuche  bestätigt  '). 

Eine  Bohre  von  verzinntem  Blech,  20  Par.  Fuis  lang 

1)  Ich  stellte  sie  im  Jahre  1820  o(icr  1821  »um  ersten  Male  an,  um 
einem  Freunde  die  Lnhaltbarkcit  der  Theorie  de  la  poussee  des 
terres  dej  ehrwürdigen  Vetcrans  Prony  /.u  beweiien,  und  habe  sie 
nachher  in  meinen  Vorlesungen  zum  Behüte  memer  Theorie  de*  Aa*- 
flu9«es  der  FlüMigkeken  wiederhoh. 


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397 


und  4  Zoll  Durchmesser,  hatte  an  ihrem  obern  Ende  ei- 
nen Trichter  von  etwa  6  Zoll  Hohe,  18  Zoll  im  obern 
Darchmesscr  und  4  Zoll  im  untern,  wodurch  er  an  der 
langen  Röhre  angelöthet  wurde,  um  Sand  in  die  Röhre 
XU  fÜlleD.  Am  tmtern  Ende  der  Röhre  war  ein  Knie  TOtt 
gleichem  Durchmesser  Aufgeschoben,  so  dafs  der  hori- 
zontale Theil  des  Kniees  um  6  Zoll  seitwärts  hervor- 
ragte. Die  lange  Röhre  war  vertical  aufgestellt  und  wurde 
nun,  anfangs  sehr  langsam,  dann  schneller  gefüllt.  Der 
Sand  war  fein  und  Tag^  vorher  in  einem  Backofen  stark 
gelrocknet  Am  Tage  des  Versuches  zeigte  er  nicht  die 
allermindeste  Feuchtigkeit  Als  die  Röhre  mit  sammt  dem 
Trichter  gefüllt  war,  fand  es  sich,  dafs  er  nicht  nur  nicht 
aus  der  Seitenröhrc  ausgeflossen  war,  sondern  sich  scliräge 
gelegt  hatte,  ungefähr  wie  derselbe  Sand,  frei  in  Kegel- 
form  auf  dem  freien  Boden  sanft  geschüttet^  sich  legt. 
Als  ich  das  geradlinige  Knie  durdi  ein  krummliniges  er- 
letzte,  fand  derselbe  Erfolg  statt. 

Ich  nahm  das  Knie  ab  und  liefs  nahe  über  der  un- 
tern Mündung  der  langen  Röhre  drei  Füfsc  wie  a  und  c 
von  Gardinendraht,  welche  unten  spitzig  waren,  anlöthen, 
tlieils  um  die  Mündung  der  Röhre  etwa  1  Fnfs  hock 
über  dem  Fufsboden  zu  halten,  theils  damit  sie  sich  aus 
ihrer  Stellung  nicht  verrücken  lasse.  Nach  der  gehöri- 
gen Stellung  der  Röhre  schüttete  ich  unter  ihrer  Mün- 
dung einen  Haufen  Sand,  bis  zu  etwa  2^  Zoll  über  die- 
selbe, und  rund  herum,  bis  der  Sand  seine  natürliche  Bö- 
schung bildete^  welche  ungefähr  35  beträgt  Nun  wurde 
die  Röhre  immer  sachte  gefüllt.  Diese  hohe  Sandsäule, 
von  welcher  man  hätte  erwarten  sollen,  dafs  sie  sich  mit 
ihrem  ganzen  Gewichte  senken  und  den  unten  liegenden 
Sandkegel  auseinanderjagen  würde,  blieb  in  der  Röhre 
hängen  und  trieb  die  Spitze  des  Kegels  nur  sehr  wenig 
in  die  Breite. 

Endlich  legte  ich  an  die  Mündung  der  verticalen 
Röhre  (Fig.  1,  Taf.  I)  eine  Zugklappe  wie  X,  welche 


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398 


sich  in  einem  Tiereckigeu  Fake  in  borisontaler  Riditna^ 

biu  und  her  schieben  liefs,  um  die  Röhre  zu  schliefsen 
oder  zu  öffnen.  Nun  wurde  bei  geschlossener  Röhre  wie- 
der Sand  auf  den  Boden  bis  zur  Berührung  der  Klappe 
oad  etffas  darüber  gesehfittet  Dann  liefs  ich  die  Röhre 
fallen,  nnd  gleich  darauf  zog  idi  die  Klappe  heraus.  Die 
äafsere  SandoberflSche  verflaclite  sich  sehr  wenig,  so  daCs 
diese  kleine  Wirkung  sehr  gut  nur  dem  natürlichen  Falle 
der  ganzen  Sandsäule  in  den  leer  gewordenen  Raum  der 
Klappe  zuzuschreiben  ist« 

Diese  drei  Vennche,  welche  gewifis  zu  den  auffaU 
lendsten  in  der  Dynamik  gehören,  beweisen,  dafs  der 
Lateral -Widerstand  einer  Sandschicht  von  2  bis  3  Zoll 
Dicke  fähig  ist  den  Fall  einer  Säule  gleichen  Sandes 
von  2O7  FuÜB  Höhe,  die  über  220  Pfd.  russ.  wog,  zu 
verhindern,  und  also  diese  Säule  trägt  Sie  beweisen, 
dafs  der  Sand  keinen  Seitendruck  Suisert,  und  dafe  also 
nur  solche  Körper  einen  Ausflnfs  bewirken  können,  die 
durch  ihr  Gewicht  die  Elasticität  (welche  nach  allen  Rich- 
tungen wirkt)  in  Thätigkeit  setzen  *). 

Man  kann  nicht  einwenden,  dafs  die  Erfolge  der 
obigen  Versuche  der  Reibung  der  Sandkörner  zuzuschrei- 
ben sej.  Denn  es  ist  keinem  Zweifel  unterworfen,  dais, 
wenn  ich  an  der  verticalen  RMire  einen  Boden  mit  ei- 
nem Loche  angebracht  und  einen  freien  Raum  unterhalb 
gelassen  hätte,  und  dieses  Loch  nur  2  oder  3  Linien  im 
Durchmesser  gehabt  hätte,  der  Sand  aus  dieser  Oeffnung 

1)  Ich  kann  nicht  umhin  hier  wieder  zu  erinnern,  dafs  die  Mathema- 
tiker, "Welche  ihre  \A  isscnschaft  mit  so  grofsem  Aufwände  von  Scharf- 
sinn auf  die  Nalurlchre  anwenden,  vor  Allem  die  Vorsicht  hahen 
sollten,  die  nöthigen  Versuche  anzustellen,  um  ihre  Grundformeln  zu 
construiren.  Hätte  Prony  die  eben  erwähnten  oder  ähnliche  Expe- 
rimente angestellt,  so  Würde  der  berühmte  Analytiker  seine  durchaus 
nicht  haltbare  Theorie  de  iu  pouss^e  des  terres  nicht  aufgestellt 
und  den  falschen  Begriff  von  fluides  iinparfaits  in  die  W^issenschaft 
eingeführt  haben.    Sand,  Erden,  Humus  sind  gar  keine  Flüssigkeiten, 

'  weder  vollkommene^  noch  an  vollkommene. 


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389 


gefallen  wäre»  wie  es  in  der  Sand -Uhr  geschiebt,  und 
zwar  mit  keiner  gröfsem  Geschwindigkeit.  Woraus  wir 
den  Schlafs  zieheo  müssen,  dafs,  um  den  Ausflufe  mit 
der  Gesehwindigkeit  0=n»y/2gh  zu  bewirken,  deryon 

der  Höhe  abhängige  Druck  der  Flüssigkeit  einen  Seiten- 
druck erzeugen  mufs.  Dafs  aber  die  tropfbaren  Flüssig- 
keiten, so  gut  als  die  Gase,  eines  Drucks  nach  allen 
Richtungen  fähig  sind,  das  beweisen  alle  Versuche  mit 
SeitenaosÜQssen  und  die  Springbrunnen.  Dafis  ab»r  kein 
Aggregat  von  harten  Küraem  fiHdg  sej,  in  einer  Tertica- 
len  Säule  nach  unten  drückend,  ein  Aufsteigen  in  einer 
andern,  gleichfalls  vcrlicalen  oder  nur  horizontalen,  com- 
municirenden  Röhre  zu  t>ewirken,  bedarf  nach  den  obi- 
gen Yersucben  kaum  einer  Erwähnung. 

IlL  Erklftrung  der  PhAnomene  und  Gefetse  des  Ana» 
flustea  der  tropfbaren  FlfisaigkeUea. 

1)  Schon  Rossut  hatte  beobachtet,  dafs,  wenn  ein 
Gefäfs  mit  einer  TerliäUnifsmäisig  kleinen  Oeffnung  am 
Boden  mit  Wasser  gefüllt  worden,  und  man  dann  durch 
diese  Oeffoung  das  Wasser  ausfliefsen  läfst,  die  Ober- 
fläche des  Wassers  bis  zu  dner  kleinen  Entfernung  vom 
Boden  beständig  eben  bleibt,  jedoch  nur  unter  der  Be- 
dingung, daiis  das  Wasser  vorher  völlig  ruhig  gewor- 
den war. 

2)  Wenn  aber  das  Wasser  im  Geföfse  nicht  völlig 
ruhig  ist,  so  bildet  sich  bald  in  der  Mitte  der  C^erflSche 

eine  Vertiefung,  desto  gröfser,  je  gröfser  die  Bewegung 
ist.  Erzeugt  man  absichtlich  eine  gjratorische  Bewegung 
in  der  Wassermasse,  so  bildet  sich  förmlich  ein  hohler 
Trichter,  in  welchen  die  Luft  eintliefst.  Ist  diese  Bewe- 
gung, 'stark,  80  reicht  die  Spitze  dieses  Trichters  bis  un- 
terhalb der  Ansflofsöffoung,  und  die  Wasserader  bildet 
unter  dem  J^oden  des  Gefäfses  öine  Blase,  die  sich  nadi 
unten  schraubenförmig  zuspitzt,  und  dann  herum  ver- 
sprützt  wird. 


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400 


3)  Wenn  das  Wasser  im  Geföfse  völlig  ruhig  wai, 
zeigte  es  sich  in  meinen  Versuchen: 

a)  daÜB  das  Wasser  zu  Fliefsen  aufhörte,  wenn  nnr 
noeh  eiine  1  Linie  dicke  Schiebt  auf  dem  Boden 
zarfickblieb. 

b)  Während  des  Ausflusses  blieb  die  Oberfläche  des 
Wassers  eben.  Erst  wenn  der  Spiegel  sich  so  weit 
genähert  hatte  als  des  Durchmessers  der  Ausflufs- 
•ffoung  ■+-  die  eben  erwähnte  Höhe  fängt  die 
Vertiefung  des  Spiegels  an  merklich  wa  werden. 

4 )  Wir  haben  wieder  unser  Gefills  mit  der  Boden- 
öffnung (Fig.  2,  Taf.  I)  mit  Wasser  gefüllt,  und  hängen 
in  dasselbe  kleine  Kugeln,  die  specifisch  etwas  schwerer 
sind  als  dieses  Wasser,  und  zwar  in  verschiedenen  Hö- 
hen nicht  weit  vom  Boden  und  in  verschiedenen  Entfer- 
nungen von  der  Aze  der  Oeffnong.  Sobald  der  Ausflals 
anfängt,  werden  diese  Pendel  sich  dieser  Axe  mehr  oder 
weniger  nähern,  nachdem  sie  näher  am  Boden  und  an 
dieser  Axe  oder  weiter  davon  entfernt  aufgehängt  wur- 
den. Sind  z.  B.  die  Pendel  ad  und  ch  in  gleicher  Ent- 
fernung von  der  Axe,  aber  ad  tiefer  als  so  wird  die 
Kogel  d  sich  der  Axe  bedeutend  mehr  nähern,  ab  die 
Kugel  h.  Hängt  man  nun  mehrere  solche  Pendel  auf  ei- 
nem Radius  e  b,  und  hebt  jedes  derselben,  bis  es  sich 
eben  nicht  mehr  gegen  die  Axe  der  Bodenöffnung  nähert, 
so  sieht  man,  dafs  die  Strömungen  die  Gestalt  annehmen, 
welche  die  Fig.  2  zeigt.  Der  höchste  Punkt  der  krum- 
men Linie  steht  um  4  Durchmesser  der  Oeffnung  über 
dem  Boden.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dafs  dieser  Ver- 
such mehrere  Proben  erforderte.  Die  Pendelkügelchen 
waren  von  Wachs,  von  gleichem  Durchmesser  und  mit 
etwas  eiDgedrücktem  Blei  gleichmäfsig  schwerer  gemacht. 

Wenn  ich  ein  Pendel  so  aufhing,  dafs  es  die  Axe 
der  Oeffnung  erreichte,  so  blieb  es  daselbst  in  beständi- 
gem Zittern,  so  lange  der  Wasserdruck  hinreichend  dazu 
war.  Denn,  so  wie  die  Höhe  des  Niveau's,  und  also  der 

Druck, 


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*  401 


Diiick,  abnahm,  waren  die  StidoNingen  seliwScher  und 

die  ganze  Gränzc  der  Strömungen  senkte  sich  allmälig. 

5)  Ich  füllte  das  Gefafs  mit  zwei  Flüssigkeiten  von 
verscbiedeuer  Farbe  (auch  mit  dreien),  deren  specifisches 
Gewkiit  nur  um  etwa  t^Vt  ▼enchieden  war«  Die  Grün* 
xen  zwiaehen  denselben  waren  scharf  beE^ohnet'*)«  *  ^ 
Alles  in  Ruhe  war  liefs  ich  den  Abflafs  erfolgen  nnd  es 
zeigte  sich,  dafs  jede  Gränze  zwischen  je  zwei  Flüssig- 
keiten völlig  horizontal  und  eben  blieb,  bis  sie  in  einer 

I^Dm-  bmnmient,  woout  ich  Mlche  Ffiltongea  mit  bedentender  6e- 
nawigki^it  ohne  YcrwiMfamif  der  Gtiueo  in  Stande  Innng»,  healda 
ans  einem  Trichter  mit  fainlinslMh  Uifer  coninlfcBr  Spkaet  dcros 
nnteret  Ende  etwa  4"'  Dnrchmesfer  hat.  Zu  dieter  Spitie.  Terfert^ge 
Seh  einen  KorlcslSpsel  mit  4  sdmuJen  LSngenemsdmitten,  welche  eben 
io  viele  kleine  Kanäle  bilden.  Die  untere  Flache  det  Kork«  ut  et- 
was gewölht^  damit  die  Flüssigkeit  auf  allen  vier  Seiten  ihren  Anaflnf« 
erhalten  könne.  Für  den  oberen  Thcil  dieser  Spitze,  am  Uebergange 
aus  dem  Trichter  in  dieselbe,  ist  ein  anderer  sttlir  weiciier  KorkstÖp~ 
sei  mit  einem  eingekitteten  Stiele  von  starkem  Drahte,  mit  welchem 
man  den  Abfluls  der  Flüssigkeit  des  Trichters  willkührlieh  zulassen 
oder  hemmen  kann.  WiU  man  den  Abflufs  beginnen  lassen,  so  dreht 
man  den  Stöpsel  langsam  herum,  um  ihn  auf  diese  Art  nnr  um  ein 
sehr  Weniges  zu  lüften.  Allmälig  lafst  man  diese  Lüftung  warlisenj 
und  wenn  die  eingeflossene  Flüssigkeit  etwa  2"  Höhe  erreicht  hat, 
kann  man  den  Stöpsel  ganz  aus  dem  Halse  des  Trichters  ziehen. 
Die  Füllung  selbst  geschieht  auf  folgende  Art:  Man  giefst  zuerst  die 
leichtere  Flüssigkeit,  so  viel  man  ihrer  haben  will,  in's  Gefafs  und 
läfst  sie  zur  Ruhe  kommen.  Dann  wird  die  Spitze  des  Trichters  mit 
derselben  gefüllt  und  mit  dem  Stöpsel  gesperrt.  Die  Flüssigkeit  wird 
In  der  Trichterspitzc  schweben.  Nun  wird  der  eigentliche  Trichtec 
gelrt)rLnci,  die  schwere  Flüssigkeit  hineingegossen  und  in  senkrechter 
Riclitung  (las  Ganze  auf  die  Mitte  der  noch  verschlossenen  Boden- 
öfihung  gesenkt.  Fndlich  lüftet  man  den  Stöpsel  wie  eben  gesagt 
worden,  wodurcli  die  zweite  Flüssigkeit  gehörig  gefüllt  wird.  Soll 
eine  dritte  nadifolgen,  so  wird  der  Stöpsel  wieder  sugedrfickt,  der 
Trichter  trecken  gemadtt  und  die  neue  Flüssigkeit  hineingegossen, 
die  nun  ihre  angewiesene  Stelle  am  Boden  4»  Gelablis  aihnilig  ein- 
nimmt So  auch  eine  vierte  nnd  fenAe,  wenn  man  es  wfinsdit.  End- 
lich schliefst  man  den  obem  Stöpsel  gano  und  siefat  den.  ganaea  Ap- 
parat sehr  langsam  und  in  senkrechter  Richtung  gaaa  herans«  Ea  ent- 
steht dadoreh  keine  meilttiehe  SHtmng  in  den  Schiefatcnb 
Poggcndo^s  Aanal.  Bd.  LXYI.  26 


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402 


gewissen  EntferauDg  yoiii  Bod«n  ^etroken  war,  welche 

EnlfernuDg  weiterhin  bestimmt  werden  wird.  Daraus 
folgt,  dafs  die  Behauptung  gewisser  Hydrodjnamiker  ir- 
rig ist,  dafs  das  Wasser  von  oben  herab  in  hyperboli- 
M^bes  Krilmmangeii  nach  der  AosflufsöffDong  ach  iMwegf. 
Es'  ist  also  wahr,  dals  das  Wasser  so  aosflieCrt  fvie  Fig.  % 
Tai.  I  seigt  0* 

6)  Setzt  man  auf  die  Ausflufsöffnung  eine  Röhre 
abba,  Fig.  3,  von  gleichem  Durchmesser,  und  deren  Höhe 
=5  4  Durchmesser  der  Oeffnung,  und  senkt  zwei  der  obi- 
gSB  Peadel  in  die  Flüssigkeit,  so  dafs  das  eine  in  d,  das 
andere  in  e  liSiige,  nnd  daüs  die  Kugel  des  erstein  in  der 
Hohe  der  Mflndang  bb,  die  andere  nur  ain  einen  oder 
zwei  Durchmesser  der  Röhre  von  ihr  abstehe,  so  wird  das 
Pendel  in  d  die  Lage  dt^  annehmen,  das  andere  aber  seine 
verticale  Lage  eu  behaupten,  wenn  die  AusflufsmünduDg 
geöffnet  wird,  obgleich  das  letztere  Pendel  ntther  an  der 
Rohre  hangt 

7)  Nach  dem  gänzlichen  Abflüsse  der  Flüssigkeit  ans 

dem  Gefäfse  lasse  man  die  Pendel  an  den  frühern  Punk- 
ten d  und  e  hängen  und  fülle  das  Gefäfs  mit  zwei  Flüs- 
sigkeiten von  verschiedener  Farbe,  deren  Gränze  etwa 
in  FP  sej.  Sobald  diese  Gränze  durch  den  Abflufs 
l[il4K,der  OefTnung  bb  genähert,  fangen  die  zwei  Farben 
an  sich  über  bb  %vl  Termischen  und  zusammen  anszuflie- 
fseu;  bald  aber  hört  diese  Vermischung  auf,  sobald  PP 
die  Tiefe  bb  erreicht  hat,  und  die  Gränze  erhält  die  Fi- 
gu^  fböf,  ohne  mehr  von  der  untern  Flüssigkeit  mitzu- 
nehmen. Schliefst  man  unter  diesen  Umständen  plötzlich 

1)  In  dieser  Figur  stellen  die  dunklem  Tinten  die  gröfsern  Geschwin- 
digkeiten vör.    Man  begreift  leicht,  dafs  diese  Figur  nicht  in  alleo 

' '  Fflhn  die  nlmliche  ist.  Sit  v«rint  nacli  d«ii  Vcrfalltiiisse  der  Braie 
tor  HShe  dös  Gcfi&et  imd  vonQglldi  nach  dtm  Ttiliiltaisse  dct 
DordiBMHttt»  det  AiisflnfaSflbniig  wa  dem  de*  GdK&e«  in  /ff.  Eine 
'GMdkung  f&r  die  KrfimoMmf  /Af  wird  Aach  die  lAerftinnigste  Ane- 
hfA  iAmAUk  fiadwi,  ao  ofitilsdi  ea  «ndi  aejn  vMat  wenigsteoa 
den  Sdwiiel  derntteii  andere  ab  dttrck  Vcnodie  beattouneii  ra  ktancn 


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403 


die  MlinduDg  aa,  so  wird  die  Oberfläche  der  untern 
Flüssigkeit,  und  also  die  Gränze,  ¥pieder  eben  wie  öx 
tmterbalb  der  Oeffnung  b6\  öffnet  man  die  nntere  MttiF 
dnng  aa  wieder,  so  krfimmt  sich  die  GrSnze  wieder  wie 
/Abf. 

Läfst  man  die  ganze  Flüssigkeit  bis  b  h  abiliefsen, 
80  bleibt  die  GrUnze  in  o:r  unverwiscbt  zurück. 

Wiederholt  man  denselben  Versuch  mit  drei  Filis- 
sigkeiten,  so  bleiben  am  Ende  des  Abflusses  ^e  dünne 
Scbfdit  der  mittleren  und  eine  dickere  der  obersten  in 
der  Höhe  hb  zurück. 

Diese  letzten  Versuche  lehren  uns  mit  Bestimmtheit 
etwas  das  man  schon  aus  den  Versuchen  mit  den  Pen- 
deln vermuthen  konnte,  nämlich  dafs  die  Flächenanzie- 
bnng  der  Tbeilchen  der  Flüssigkeit  unter  sich  an  der 
Bestimnrang  der  krummen  LIniieii,  welche  das  Wasser 
in  der  Nähe  der  Oeffnnng  während  des  Aasflusses 'b€^ 
schreibt,  einen  sehr  thätigen  Antheil  nimmt.  Denn,  wenn 
wir  den  Durchschnitt  der  Oeffnung  nr'^  nennen  und  x 
dhe  Höhe  der  horizontalen  Wasserschicht,  welche  mit  der 
•  zukommenden  Geschwindigkeit  einen  hinreichenden  Zu- 
floCB  am  Rande  der  Oefinung  erzeugen  soll,  so  habei^ 
wir  nr^  a2nrT  und  irss^r.  Wir  sehen  aber  durdk 
die  ersten  Pendel- Versuche,  dafs  diese  Höhe  mit  immer 
abnehmender  Geschwindigkeit  bis  zur  Höhe  8r  sich  er- 
streckt, welches  sich  nicht  wohl  anders  als  mit  Zuziehung 
der  Thätigkeit  der  Adhäsion  erklären  läfist  Was  wir 
aber  hier  nur  stehliefSBen,  das  zelgif  der  l^echste  Versuch 
klar  dem  Auge.  Denn  das  Wasser  innerhalb  fbm  ist 
über  sein  >iivean  nach  bb  geschleppt  worden,  welches 
weder  der  Druck  noch  die  Eiasticität  vermögen.  Das 
Phänomen,  dafis»  bei  Anwendung  von  drei  Flüssigkeiten^ 
zulettf  isAe  dünne  Schicht  yon  Jeder  der  %wei  obem 
zurttdiblelbt,  ist  eine  Wiederholung  des  Versodies  mit 
zwei  Flüssigkeiten  unter  immer  verminderter  Dmckböhe. 

Aus  dem  bisher  Vorgetragenen  ziehen  wir  den  Schlufs, 

26* 


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I 


404 

dsi&t.wemi  man'  eine  Flüssigkeit  durch  eine  Seitenö^ 
oapg  io  (Fig.  4,  Taf.  I)  aus  einein  Geisse  A  anaflie- 
fsen  ISlsty  der  Raam,  in  welchem  alle  Strömungen  sich 

bclmden  werden,  durch  Linien  wie fgo  begränzt  wird, 
und  dals  man,  um  die  Reibung  am  Boden  zu  \  ermeiden, 
.dafür  sorgcu  niufs,  dafs  der  Punkt  ß  hücbfitens  den  Bo- 
den erreiche.  Der  Y^iHStt  den  man  durch  Erhöhung 
d^.  Se^tenöfihuiig  Über  den  Boden  erleidet,  kann  man 
durch  eine  geneigte  Anslitsröhre  vollkommen  ersetzen. 
So  Üiefst  das  Wasser  in  Fig.  3  nicht  minder  schnell, 
wenn  gleich  die  obere  Mündung  b  b  der  Köhre  um  8r 
ühec  der  AusÜufsöffnung  aa  steht. 

;^ach  diesc^n  Prämifsen  der  Erfahrung,  welche  alle 
Sdtwierigkeiten  ans  dem  Wege  rftumen,  Vinnen  wir  nun 
d^n  TunrieelUsehen  Satz  aufstellen. 

Ich  nenne  elastisch  alle  Flüssigkeiten,  die,  wenn  sie 
durch  eine  äufsere  Kraft  comprimirt  werden,  eine  Kraft 
nach  aufsen  in  allsn  Richlunßen  äuisern,  und,  nach  auf- 
geliob^nem  äufserq  Drucke^  sich  mehr  oder  minder  voll- 
kojwiAen  ip;  ihren  .vorigen  Stand  ron  selbst  wieder  setzen. 
Dies0  Wiederherstellung  ist  eine  Bewegung,  welehe  ako 
als  eine  Kraft  wirken  mufs  gegen  jeden  Körper  der  ihr 
im  Wege  steht,  und  ihm  Bewegung  ertheilen  wird.  Da 
aber  diese  Wege  in  allen  Kichtungien  stattfinden,  so  mufs 
jeder  Körper,  d^r  in  irgend  einer  dieser  Richtungen  sieh 
befindet,  selbst  in  Bewegvng  versetzt  werdim,'  wenn-  sein 
Widerstand  nicht  überwiegend  ist 

Es  sej  also  ein  Gefäfs  mit  einer  tropfbaren  Flüssig- 
keit augefüllt.  Diese  Flüssigkeit,  als  eine  elastische,  mufs 
angesehen  werden  als  aus  physisch  unendlich  dünnen  ho- 
rizontalen Schichten  bestehend,  welche  nach  allen  Aich- 
'  tungen  einen  Druck  aulsern.  Da  nnn  ihre  ElastidtM 
durch  den  Druck,  den  jede  von  den  obem  erleidet,  be- 
dingt und  diesem  Drucke  proportional  ist,  so  wächst  die 
Elasticitat  einer  jeden  von  oben  nach  unten  im  Verhält- 
nifs  der  Anzahl  der  darüber  belindlichea  Schichten.  -Den- 


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405 

keu  wir  uns,  dafs  plölzlicL  ein  Loch  im  Bodeu  entstehe, 
80  wird  die  Flüssigkeit  ausfliefseu  vermöge  aller  Kräfte 
und  also  aller  Geschwindigkeiteil»  die  jede  Einzelne  für 
sidi  finCsern  kann,  weldie  voti  der  Noll  an  aritbmetiseli- 
wachsen.  Da  non  der  freie  Fall  der  Körper  aoeh  bot 
durch  Smnmirung  von  arithmetisch  zunehmenden  Ge-' 
schwindigkeiten  slatlündel,  so  mufs  auch  der  Ausflul's  det 
Flüssigkeiten  aus  einer  Oeffnuug  im  Boden  nach  dem 
Gesetze  des  Falls  der  Körper  staltfinden,  —  mkhes  dtr 
TamceUUche  Stits  ist. 

Nun  Meibt  ons  noch  fibrig  zu  aeigeu,  wie  andere 
Phänomene  des  Ausflusses  tropfbarer  Flüssigkeiten  sich 
nach  der  obigen  Theorie  erklären  lassen,  welches  eine 
neue  Bestätigung  dieser  Theorie  abgeben  wird,  da  eine 
andere  Erklärung  derselben  unmöglich  ist. 

Wir  nehmen  wieder  das  Geftlfs  A  (Fig.  4,  Tai  I), 
aber  obne  die  Seitendffinnng  io  und  die  dazu  gehörigen 
Linien,  und  versetzen  die  Ausflnfsöffhung  d  in  die  Mitte 
des  Bodens.  An  dieser  Oeffnung  wird  die  communici- 
rende  krumme  Röhre  den,  deren  horizontale  Mündung  n 
in  derselben  horizontalen  Linie  als  d  sieb  befindet,  nd- 
gebradit 

Ist  die  Mündung  n  verschlossen,  so  ist  der  Dinck* 
des  Wassers  ^  auf  den  Deckel  in  n  so  grofs  als  in  d. 

Denn,  wenn  man  die  Flüssigkeit  in  der  krummen  Röhre 
in  ihrem  tiefsten  Durchschnitt  bc  getheilt  denkt,  so  hebt 
der  Druck  der  einen  Hälfte  den  Druck  der  andern  auf. 
So  ^ufs  denn  auch  die  Elasticität  in  d  und  n  wechsel- 
seitig gleich  sejm,  nftmlich  die  dem  ganzen  Brocke  in  ^ 
zukommende.  Wenn  man  nun  die  Mündung  n  öffnete 
und  einen  Stab  nrn  von  gleichem  Durchmesser  n,  von 
gleicher  Höhe  als  fd  (der  Hohe  des  Wassers  über  d), 
und  von  gleichem  specifischen  Gewichte  als  das  Wasser 
in  y^,  senilrecht  aufstellte,  so  würde  dieser  Stab  dem* 
Drucke  des  Wassercylinders  df  das  Gleichgewicbt  hal- 
ten und  seine  Lage  behaupten. 


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406 

-  Nun  6e|;^ii  wir  voraus,  dal's,  vreiiu  der  Stab  nm 
al9g0iioiDinen  wird,  weder  die  Reibung  in  d^r  Mündung  n 
und  iii  der  RObre  dn^  nocli  der  «Widerstand  der  Lufit 
sich  der  Ausströmung  aas  n  'entgegenstelle,  und  wir  be- 
bfiupten,  dafs  der  Ausflufs  aus  n  ToUkommen  so  stark 
seyn  werde,  als  in  d  mit  weggenoiuinener  Ilöhre  den, 
weil  die  beiden  Elasücitäten  iu  d  und  n  gleich  sind. 
Nan  denken  wir  uns  in  der  Mündung  n  zwei  unendlich 
dtione  Schlichten  der  Flüssigkeit  a  mAfi  über  eioaader. 
Da  die  Schicht  c  keine  Bewegung  pach  unten  erzeugen 
kann,  weil  ein  gleicher  Gegendruck  entgegenwirkt,  so 
äufsert  sich  die  ganze  Elaslicitäts  -  Wirkung  auf  die 
Schicht  a.  Sobald  aber  diese  aus  der  ROjire  getreten 
ist«  tritt  die  Schicht  e  an  ihre  Stelle  und  wird  eben  so 
wie  a  ausgetrieben.  So  mfisaen  denn  (wenn  das  GeCäis 
A  imaier  gleich  voll  erhalten  wird)  die  herausgetriebenen 
Schichten  bald  einen  Wasserstab  bilden,  dessen  Druck 
dem  Drucke  des  Wassers  in  d  das  Gleichgewicht  halten 
wird,  das  heilst  die  Höhe  nm  hd))en  mi^fs.  Da  nun  die- 
ses Aufst^ep  der  Schichten  eine  Bewegung»  sogar  in 
entgegengese|zt^r  Wirkiing  der  Schwer«»  isi^  so  kann  nur 
die  Elasticitftt  der  FlOssi^eit  dieses  Aufsteigen  bewirken. 
Ist  nun  die  Höhe  um  =s  erreicht,  so  kann  sie  nicht 
mehr  üherscbritten  werden,  und  die  Flüssigkeit  luuls  als 
schwere  Masse  von  allen  Seiten  ablliefsen. 

Es  verhält  sich  aber  im  Versuche  die  Sache  etwas 
anders;  die  HiUie  nm  wird  nie  erreicht»  ans  folgenden 
Ursachen:  \)  Da?  Wasser  fliefst  nicht  in  die  Mün- 
dung d  in  geraden  verticalen  Richtungen,  sondern  in  un- 
zähligen krummeu  Linien  wie  Fig.  2,  Taf.  I  zeigt,  wo- 
durch eine  Entgeg/eu^eizung  und  also  ein  Verlust  au 
Kräften  und  Bewegungen  ^tsteht.  2)  Die  Beibuog  in 
der  ganzen  Röhre  den  erzeugjl  eine  nane  Retardation. 
3)  Der  Widerstand  der  Luft  anfeerhalb  der  Mündung 
stellt  sich  dem  Aufsteigen  des  Wasserstrahls  entgegen. 
Der  erste  dieser  Verluste  ist  so  grois,  dafs  man  bebaup* 


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m 

teil  kann,  dafs,  wenu  man  das  Wasser  aus  einer  Seiteur 
öffouog  iii  eine  Köhre  von  bedeateDdem  DurchmoBS«*» 
wd  daraM  wiedte  durch  eine  eben  so  kinn«  Oef&raig» . 
ab  die  in  GefMse  in  ^ine  andere  gleifih  ^lae  flielMn 
liefse,  und  so  fort  darch  mehrere  solche  Abwechslnngen, 
der  Ausflufs  sehr  unbedeutecd  werden  müfste.  Nimmt 
mau  z.  B.  an,  dafs  der  Ausflufs  aus  dem  Gefäfse,  in  so 
fern  er  nur  durch  die  luUgegnuug  der  Kräfte  vermindert 
wird,  70  pCl.  aounacfa«^  «o  .würde  der  wirklicho  AHsfluCi 
ans  der  sechsten  Bohre  nicht  ganz  ^  betrag.  Der  Wi«- 
derstand  dw  Luft  zeigt  sich  im  Springbninoen  dem  .bfe- 
fseu  Auge  dar.  Bis  zu  einer  gewissen  Höhe  (die  von 
der  Höhe  des  Niveau's  abhängt)  ist  der  Strahl  voll  und 
durchsichtig.  Ueber  derselben  aber  erweitert  sich  der 
Strahl  nnd  encfaeint  mUohig  durch  Vemuschnng  mit  der 
Lnfk,  |e  hBikisft  desto  mdir,  bis  endlich  er  sich  ll^nnUeh 
in  Tropfen  vertheilt,  welche  die  sehftne  Garbe  bilden, 
die  das  Auge  so  aDgenehm  ergötzt 

Wir  wenden  jetzt  unsere  Betrachtungen  auf  die  Phä-  * 
uomene  der  hydraulischen  Sprungcylinder  und  Sprung* 
kegei.  Ich  werde  nur  die  Haupt- Versuche  .beschrdbeo. 

1)  Wenn  man  eine  cjlindrische  ROhre  A  von  glut«- 
tem  verzinnten  Bleche  nimmt,  von  12  Zoll  HAbe  und 
24-  Durchmesser,  mit  einem  Boden,  in  dessen  Mitte  ein 
Loch  von  6  Linien  Durchmesser  (Fig.  5,  Taf.  I),  das 
man  mit  dem  Daumen  schliefst,  sich  befindet,  und  den 
Cjlinder  in  senkrechter  Richtung  in  einen  mit  Wasser 
gefüllten  Eimer  langsam  taucht,  bis  dessen  Boden  gans 
nahe  dem  Niveau  des  Wassers  im  Eimer  ist  —  und  nun 
den  Dauuieu  schnell  wegnimmt,  so  steigt  das  Wasser  in 
den  Cvlindcr,  indem  es  die  Luft  durch  die  nun  freie 
Oeffnuug  schnell  austreibt.   Ist  nun  das  Wasser  bis  .an 

1  )  Das  bekannte  Geblase,  raittclst  welchem  man  durch  einen  Wasiei- 
fall  in  einer  Böhre  Luft  heninliMriclit  iind  in  einem  Kasten  conden- 
sirt,  um  als  Gebläse  in  eine  Ksse  zu  iahren,  em  äbniiciie«  Plui- 
nomea  im  entgegeDgCMSUter  Ricbuing. 


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408 

den  Boden  gekommen,  so  erhült  dieser  einen  Stöfs  und 
es  stürzt  ein  verticaler,  aber  momentaner  Strahl  von 
etvras  mehr  als  9  Fufs  Höhe  senkrecht  heraus.  Für 
andere  Dhnensionen  ist  natürüdi  die  Sprang^he  ver- 
scbied^. 

2)  Wenn  mau  einen  abgekürzten  Kegel  B  (Fig.  6, 
Taf.  I)  von  12  Zoll  Höhe,  2^  unterem  Durchmesser  und 
von  6  Linien  oberem  Durchmesser,  und  den  Versuch  ganz 
so  anatellt  wie  den  vorigen,  so  erreiGht  der  Strahl  auch 
etwas  mehr  als  9  Fofe,  also  die  Hübe  wie  im  vorigen  Ver- 
soche. 

3)  Wenn  man  einen  Kegel  C  (Fig.  7)  von  11^  Zoll 
Höhe,  2^  unlerem  und  1  Zoll  4y  Linien  oberem  Durch- 
messer nimmt,  anf  welchem  man  einen  andern  Kegel  aa 
auflöthet,.  dessen  oberer  Durchroesser  6  Linien  grois  ist, 
und  dessen  Durchschnitt  die  Figor  P  liat,  und  man  den 
Versuch  damit  wie  die  vorhergehenden  anstellt,  so  steigt 
der  Strahl  bis  ungefähr  15  Fufs  hoch. 

Ich  habe  einen  ähnlichen  Versuch  (auf  einem  ge- 
fromen  kleinen  Teiche)  angestellt  mit  einer  Böhre  von 
3  Fofe  Höhe,  7^  Zoll  unterm  Durchmesser  und  1  Zoll  ' 
*  oberstem  Dordimesser.  Die  Sprunghohe  betrug  ungefilhr 
30  Fufs. 

Diese  drei  und  alle  ähnliche  Versuche  lassen  sich 
nur  aus  der  Elasticitäts- Theorie  erklären,  denn  es  ist 
schon  unmöglich,  dafs  eine  nicht  elastische  Flüssigkeit 
(wenn  es  eine  gttbe)  in  eine  dieser  Rohren  aufsteige 
und  noch  weniger,  dafs  sie  eine  beschleunigte  Geschwin- 
digkeit erhalte,  welche  einen  Theil  derselben  mehrere  Ftafs 
hoch  über  die  Mündung  zu  steigen  zveinge.  Aber  mit 
der  Annahme  der  Elasticität  erklären  sich  diese  Versuche 
sehr  leicht,  wie  folgt: 

Das  in  dem  CyUnder  mit  der  einer  Hohe  von  einem  Fufs 
zukommenden  Geschwindigkeit  *)  steigende  Wasser  stOlst 

1)  Man  möclile  vielleicht  eiuwendon,  dafs,  d.i  d;»s  W'^asscr  ( uiu  4-^  Li- 
•  nien)  in  dem  Gelinder  steigt,  diese  Schicht  dem  12zdlügen  Drucke 

% 


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409 

an  den  Deckel,  wodurch  die  Elaslicität  eine  Rückwir- 
kung erzeugt,  welclter  die  ganze  unterhalb  befindliche 
Wassennasse  dank  ihre  Bebarrliohkeit  widearstefat.  80 
nrafe  üe  sidi  denn  auf  eine  gewisse  Portion  dts  Was- 
sers nahe  an  der  Oeflnong  äufsern.  So  haben  wir  denn 
eine  grofse  elastische  Masse,  die  ihre  Wirkung  auf  eine 
viel  kleinere  üufsert,  und  ihr  also  eine  weit  gröfsere  Ge- 
schwindigkeit mitlheiien  mufs,  als  sie  selbst  hat,  wie  es 
der  Fall  ist,  Wenn  an  einer  PercoBsionsmaschine  eine 
grofse  elastisdie  Kugel  eine  lilehiere  stOfst 

Im  zweiten  Versuche  wird  der  aceelerirte  Strahl  anf 
eine  andere  Art  erzeugt,  nämlich  durch  die  Kegelform. 
Da  nämlich  jede  aufsteigende  Wasserschicht  in  einen  im- 
mer kleinern  Kreis  kommt,  so  mufs  sie  immer  an  Höhe 
gewinnen,  und  zwar  dadurch,  dafs  die  unteren  Schichten, 
die  selbst  im  Steigen  begriffen  sind,  den  Rficktritt  def 
obem  nicht  nnr  hindern,  sondern  auch  als  kleinere  Mas- 
sen ihre  Steiggeschwindigkeit  erhöhen,  und  zwar  nach 
Verhällnifs  des  Quadrats  der  Durchmesser.  Nach  den 
angestellten  Versuchen  scheinen  die  Accelerationen  in 
beiden  Versuchen  gleich  zu  seyn,  —  eine  Gleichheit 
die  zu  interessanten  Berechnungen  Anlals  geben  konnte^ 
welche  aber  nicht  Gegenstand  dieser  Abhandlang  sejn 
können. 

Im  dritten  Versuche  sind  beide  Wirkungsarten  ver- 
eint und  folgen  auf  einander.  Die  des  zweiten  Versuches 
mIkCste  eine  Sprunghöhe  erzeugen/  die  zwar  viel  kleiner 

cniBOfen  ut,  wenigstens  um  diese  4^  Linien,  aber  mit  Unrecht.  Denn 
diese  Schicht  ist  durch  die  erhöhte  Elasticitat  der  eingeschlossenen 
Luft  comprlmirt  und  besitzt  also  einen  Zusatz  zu  ihrer  naturlichen 
F.lasticltät  unter  dem  gewöhnlichen  atmosphärischen  Drucke,  der  dem 
Uebcrschusse  der  Elasticitat  der  eingeschlossenen  Luft  entspricht.  So- 
'  bald  also  die  Luft  durch  die  Ausflufsmündung  entweicht,  wird  der 
Uebcrschufs  der  Elasticitat  dieser  Wasserschicht  thätig,  deren  "Wir- 
kung darin  bestellt,  ihr  die  zukommende  Steigegeschwindigkeit  zu  er- 
theilen,  wie  es  hei  Gelegenheit  der  Bildung  de«  StrabU  in  Fig.  4, 
Taf.  1  gezeigt  worden. 


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410 


wäre  als  die  dieses  dritteu  V^crsuclies,  aber  eine  iu  dem- 
selben Verhältnifs  ( nahe  zu  1:7)  gröfsere  Masse  aus« 
stofeen  würde,  wepu  der  Ke^l  den  Ansatz  P  nicht  bMte^ 
Es  slüfec  aber  diese  Maate  §c^en  die  viel  sebiefereii  «vad 
zur  Efzengung  eines  geraden  wisammenhftag^en  StraUs 
sehr  vorthellhaften  WSnde  des  Ansatzes,  wodorch  der 
Strahl  so  weit  verengt  wird  als  in  den  frühern  Versu- 
chen, und  also  vermöge  des  AnsloCses  zuieUt  eine  grö- 
fisere  Strablböhe  entstehen  luufs. 

Um  mich  zu  Temobem,  dafa  beide  - Wirkungsarten 
hier  wirklich  stattfinden,  habe  Ich  denselben  Kegel  C 
(Fig.  7,  Taf.  I)  mk  offener  Mändung  aa,  mit  einer 
mäfsigen  Geschwindigkeit  in's  Wasser  gesenkt  und  sab 
%vrei  auf  einander  folgende  Strahlen  entstehen 

Diese  sämmtlichen  Versuche,  wie  noch  mehrere,  die 
man,  sum  Beispiel  mit  AnsatzrOhren«  aasteUen  kttamte^ 
lielera  neue  unwiderlegbare  Beweise  unserer  Theorie, 
Ja,  sie  kdonen  an  und  für  sich  als  strenge  Experimental- 
Beweise  für  die  Elasticität  der  tropfbaren  Flüssigkeiten 
gelten  und  machen  die  übrigen,  als  die  von  Ca u ton, 
Abich  und  Andern,  die  ohnehin  so  schwer  mit  hioläng- 
lieber  Schürfe  anzosAeUen  sind,  entbehrlich. 

Hr.  Prof.  Monke  hat  im  neubearbeiteten  Gehler'- 
sehen  physikalischen  WOrterbuche,  Bd.  8,  der  hydrauli- 
schen Spruugkegel  ausführlich  erwähnt,  dabei  aber,  gleich 
zu  Anfange,  S.  979,  geaufsert,  dafs  zur  Erklärung  dieser 
Phänomene  es  nicht  nöthig  sey,  die  Elasticität  der  tropf- 
baren  Flitosigkeiten  zum  Grunde  zu  legen.  Diefs  ist  ganz 
richtig,  wenn  man,  wie  dieser  geldirte  Physiker  thut,  die 
Massen  ab  mit  den  Ihnen  zukommenden  QuantitSten  der 
Bewegung  begabt  voraussetzt ;  welches  aber  nicht  gesche- 
hen darf,  ehe  man  den  Torricellischen  Satz  erwiesen  hat. 
Meine  Absicht  aber  ist,  dessen  strengen  Beweis  zu  lie- 
fern, den  man  nie  früher  geliefert' hatte,  den  ich  aber 

1)  Eine  zu  rasche  Senkung  vereinigt  beide  6uaUlcu  in  Linen,  eine  tu 
UngMme  lä£it  nur  den  zweiten  tu. 


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411 

jetzt  in  strengerer  Form  als  in  meiner  theoretischen  Phy- 
«   sik,  1809,  durchgeführt  zu  haben  glaube.    Sollten  aber 
die  SpruDgcjliuder  und  Sprungkegel  dazu  beitragen,  in- 
dem sie  sich  nur  mittelst  der  Elasticität  erklären  laa- 
sen,  80  mnÜBte  ich  o6  opo  ausgeben  and  dieses  beweiaea. 
Sollten  wir  einst  unelastische  FlQssigHeiten  entdecken,  sa 
wSre  der  Sprungkcgel,  diese  so  einfache  Vorrichtung,  ge- 
eignet, um  sie  zu  entdecken.    Dahin  aber  gehören  nicht     -j-  ■ 
diejenigen,  als  Sjrrupe,  Theer  etc.,  welche  sui  deren  Was-  O.'i 
ser  oder  Oeien  viele  nur  mechanisch  beigemischte  con-  \ 
crete  Substanzen  enthalten,  oder  wirkliebe  Auflösungen 
von  vielem  Zucker,  Gummi,  deren  Zähigkeit  die  Bewe- 
gupgeii  überhaupt  erschwert 

Nachdem  w  ir  die  Wege  kennen  gelernt  haben,  wel- 
che das  Wasser  durchläuft,  um  zu  der  Ausllufsmündung 
zu  gelangen,  so  wie  auch  die  durch  den  Druck  entstehende 
£lastidtät,  die  Acceleratifio  erzeuf;!,  unterliegt  das  Phäno* 
men  der  tusBomengezogenen  Wasserader  kmner  Schwie- 
rigkeit. Alle  Hjdrodynamiker  seit  Newton  haben  sie 
(die  Reibung  und  den  Widerstand  der  Luft  abgerechnet) 
von  den  schiefen  Richtungen  und  Entgegensetzungen  ab- 
geleitet, unter  welchen  das  Wasser  sich  der  Mündung 
ntthert,  diese  von  ihnen  angenommenen  krummlinigen  Be- 
wegMUgen  mögen  die  wahren  oder  nur  eingehildete  sejn. 
Vorzüglich  hat  Bossut  sich  bemfiht,  durch  seine  Ver- 
suche, mit  und  ohne  Ansatzröhren,  die  Gröfse  des  durch 
jene  Entgegensetzungen  entstehenden  Verlustes  auszumit- 
teln.  £s  ^ind  auch  seine  BesuUate  bis  jetzt,  so  viel  mir 
bekannt  ist,  als  richtig  angesehen  worden.  Daher  ich 
das  oft  Gesagte  nicht  wiederholen  will.  Dasselbe  gilt 
▼on  dem  Ausflusse  aus  den  Seitenöffnangen. 

Es  ist  oben  bewiesen  worden,  dafs  in  den  Gefäfsen, 
wie  .4,  B,  C  ( Fig.  8,  Taf.  I),  mit  gleichen  Grundflächen 
und  Höhen,  aber  verschiedeneu  Verlical- Durchschnitten, 
der  Satz  der  Gleichheit  d^  Drucks  auf  der  Gnindflftdie 
nicht  aus  dem  blofsen  Prino^  der  Schwere  xu  erklttren 


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412 


sey.  Es  ist  aber  unsere  Pflicht  zu  zeigen,  dafs  dieser 
höchst  ^vichtige  Satz  sich  aas  der  Schwere  und  Elastici- 
iäi  streng  beweisen  lUfst. 

Es  sej  A  (Fig.  9,  Taf.  1)  ein  cylindrÜBdies,  ganz 
gesdilossenes  GefUfs,  auf  weldies  eine  Röbre  B  mit  dem 
Gefäfse  A  commanidrend  aufges'eM  ist,  so  wird  £e  bis 
aa  eingefüllte  Flüssigkeit  auf  der  Grundfläche  bc  des 
Gefäfses  einen  eben  so  gruisen  Druck  hervorbringen,  als 
wenn  die  Rühre  d a  ad  einen  eben  so  grofsen  Durcli- 
messer  als  das  Gefifs  A  hStte. 

Beweis,  Da  der  Druck  einer  schweren  und  elasti- 
schen Flüssigkeit  nicht  nar  in  der  Aiehtimg  der  Schwere, 
sondern  in  allen  Richtungen  gleich  stark  drückt  (diefs 
ist  die  Definition  einer  elastischen  Flüssigkeit),  so  wird 
irgend  eine  Schicht  x  x  derselben  im  Gefäfse  A  eine 
Elastidtit  erhalten,  die  der  Höhe  ax  entspricht-  Folg- 
lidi  wird  ihre  ElastidtSt  in  den  Richtungen  7/  und  xy 
dfücken  und  die  ganze  Schicht  yxxy  die  der  Höhe  ax 
zukommende  Elasticität  erhalten,  die  also  dem  verticalen 
Drucke  der  Säule  a  x  gleich  ist.  Dasselbe  wird  in  al- 
len horizontalen  Schichten  wie  y^r'yy  stattfinden.  Da 
aber  alle  diese  Elasticitäten  auch  nach  unten  mit  gleicher 
kraft  drücken,  so  nnifs  der  Boden  hc  des  Geföfses  in 
allen  seinen  Punkten  mit  derselben  Kraft  gedrflck't  wer- 
den als  die  dem  DurchscLuilt  der  Röbre  B  gleiche  Grund- 
fläche mn. 

Kehrt  man  den  Apparat  um,  setzt  in  i>a  einen  Bo- 
den und  nimmt  den  Boden  B  C  weg,  so  beweiset  eine 
Shnliche  Sdiluisfolge,  dafs  das  Wasser  in  A  nicht  mehr 
und  nicht  weniger  als  auf  den  Boden  aa  drückt  als  die 
Säule  maan  allein  drücken  würde. 

In  meinem  Grundrisse  der  Physik  der  Erde  luid 
Geologie y  S.  385,  habe  ich  die  hohen  Fluthen,  welche 
an  Untiefen,  engen  Buchten,  Insel -Gruppen  etc.  stattfin- 
det!, aus  der  Theorie  der  Sprungkegel  und  Sprungcylin- 
der  erklart,  und  die  Beispiele  der  canariscben  Inseln,  der 


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413  . 


Meerenge  von  Gibraltar,  der  Häfen  von  Cherbourg  und 
St.  Malo  und  der  Mündung  der  Saverne  in  dieser  Hin- 
sicht genannt.  Namentlich  ist  das  Beispiel  der  Saverne 
sebr  auiüaUeiicl,  da  die  Fluth  daselbst  um  54  FuCs  steigt. 
Baffir  aber  bat  die  Natar  einen  colossalen  ^parat  dazn 
Gonstniirt.  Das  Geföfs  ist  das  atlantische  Meer;  der  erste 
Theil  des  Kegels  ist  der  Canal  von  Bristol,  dessen  Ba- 
sis zwischen  dem  Cap  St.  Gowers  und  dem  Cap  Hart- 
iand  45  englische  Meiieu  breit  und  von  da  bis  zur  Insfel 
Seillj  70  M.  lang,  wp  er  ^ich  bis  10  M.  Breite  Ter^ogj^ 
und.  dann  den  spitzigen  K^;el  bis .  zum  Ansflnfo  der  Sa- 
verne, mit  der  Basis  10  und  der  LSnge  35  Meilen  bildet 
Hätte  diese  grofse  Bucht  nicht  einen  NebenausÜufs  durch 
den  Geoiges-Canal  in  das  irländische  Meer,  und  von  da 
durch  den  Nord -Canal  wieder  in  das  atlantische  Meer, 
so  wfirde  die  Fluth  in  der  Saverne  ungleich  höher  sejn. 

An  jedem  Ufer»  weiches  eine  spmngkegelartige  Con* 
figuration  hat,  erzeugen  Winde,  die  in  der  Bichtung  der 
Axe  blasen,  ähnliche  Hebungen  des  Wassers.  Hr.  Prof. 
Munke  führt  im  physikalischen  Wörterbuche  eine  solche 
(wahrscheinlich  das  gröiste  Phänomen  dieser' Art)  an, 
welche  bis  an  die  Laterne  des  Leuchttbnrms  Simdnay 
head,  3410  Fnis  hocli,  steigt.  Wir  mQssen  fibrigens- sol- 
che Sprunghöhen  Überhaupt  nicht  allein  der  horizontalen 
Verengung  der  Buchten  zuschreiben,  sondern  es  liefert 
die  allmälige  Erhöhung  des  Grundes  einen  guten  TheU 
des  Phänomens. 

Diesem  Gesetze  des  Sprungkegels  verdankt,  leider!  • 
Petersburg  lilhrlich  eine  oder  mehrera  Uebersehwenunan- 
gien  Att  niedrigsten  Theile  der  Stadt, .  und  namentlich 
anch  die  grofse  Ueberschwemmung  von  1825,  welche  so 
Vieles  zerstörte  und  mehr  als  tausend  Menschen  das  Le- 
ben kostete.  Wie  viel  unheilbringender  wäre  sie  gewe- 
sen, wenn  nicht  der  finnische  Meerbusen  sich  von  Hel- 
aingfors  an  bis  iom  Ausflüsse  der  Na^wa  erweiterte,  son- 
dern in  semer  ganzen  Länge  seine  Kegelgeslalt  beliaaptete! 


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414 


Diese  Theorie  des  Aasflusses  der  Flüssigkeit  aas 
BodeDöffnungeo,  und  vorzüglich  der  Satz,  dai&  das  Maxi- 
mniii  der  horizootalen  GesdiwmdigkeiteD  sehr  mibe  am 
Boden  stattfinde»  babe  idi  in  meiner  Geologie  mit  Yor- 
tlieil  daxn  angewandt,  um  den  Ton  allen  andern  Geolo- 
gen (so  viel  ich  weifs)  nur  postulirten  Strömungen  im 
Ur-Ocean  den  Ursprung  anzuweisen,  den  Strömungen, 
welche  durch  ihre  Gewalt  so  viele  Thäler  ausgewaschen, 
flo  Tiele  Felsenkämme  durchgebrochen,  und  ihre  Trüm- 
mer, nebst  denjenigen,  welche  dorcb  gewdtige  Tulcamsche 
Erschfitteran^en  entstanden  sind,  als  erratisdie  Blöcke 
weit  und  breit  verschleppt  haben  —  ein  Geschäft,  welches 
man  sonst  und  noch  heut  zu  Tage  den  im  Angesichte 
solcher  Verheerungen  zwergartig  erscheinenden  heutigen 
Flössen  aufbürden  will. 


y.    Veber  das  Verhältnifs  der  eMirischen  Pola 

rität  zu  Licht  und  TVärme; 
ifom  Dr.  Neef/  in  Franli/wrt  o.  M. 


zu  andern  Naturkräften  ursprüngliche  Thatsachen,  wel- 
che, wie  in  einer  Knospe^  einen  ganzen  Oi^^anismus  ent- 
halten. Von  ihrer  genauen  Beobachtung  ansgehend,  ent- 
wickelt sieh  durch  ilie  Reihe  der  Einzelnheften  die  Er- 
kenntnifs  des  Ganzen.  Eine  solche  z.  B.  war  för  die 
Lehre  vom  Elektrochemismus  die  Wasserzersetzung,  als 
man  an  dem  positiven  Pol  den  Sauerstoff,  am  negativen 
den  Wasserstoff  auftreten  sah.  Ein  solches  Factum  war 
es  fftr  den  Elektromagnetismus,  als  Oersted  die  That- 
sadhe  wahrnahm,  dafc  der  Magnet  sich  senkrecht  auf  den 
elektrischen  Strom  lagert,  •  indem  seine  Polarität  zu  der 


(Mitgeiheflt  ▼om  Jbn»  Yerfimer.) 


1. 


Verhältnisse  der  Elektricität 


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41» 


des  Strotns  in  einem  beMimmteD  Verhältnisse  steht.  Aocb 
bei  den  andern  BetiehuDgen  der  ElektrieitSt  mufs  die' 

wissenschaftliche  Untersuchung  von  solchen  Fundamen- 
talversuchen ausgehen,  deren  scharfe  und  methodische 
Beobachtung  aliein  zu  einer  genügenden  Ableitung  und 
Entwicklung  führt.  Und  so  nmfe  es  auch  für  die  Err^- 
gnng  des  Lichts  und  der  Wärme  durch  Elektricität  XJf- 
phinoniene  geben,  welche,  wenn  man  die  €oni|^ttesftioiietf 
eUminirt,  einfach  und  klar  die  elementare  Thatsache  dar- 
stellen. —  Bei  einer  Untersuchung  über  die  Eigenthüm- 
lichkeiten  der  elektrischen  Pole  habe  ich  Erscheinungen 
beobachtet,  welche  mir  diesen  Character  zu  haben  schle- 
nen,  nnd  dersn  Entwicklung  ich  denen,  ivelchen  reiebete 
Mittel  tu  Gebot  Mehen,  hiermit  inur  PrSfung  vorlege. 

I.  üeber  dea  Ursprung  des  elektrisebea  LIeat«. 

2.  Man  hält  das  elektrische  Lieht  für  ein  Ausglei- 
chnngqphänomen  l>elder  Elektricitäten,  welches  zwischen' 
den  Polen  in  schlecbtleitenden  Medben  stattfinde.  Ob' 
eine  oder  zwei  ElektricHäten  selbst  leodvten,  ob  das 
Licht  ihnen  als  Flüssigkeiten  zukomme,  oder  ob  das  elek- 
trisirte  Medium  leuchte,  sowie  auch  über  die' Frage,  wel- 
chen Antheil  die  Wärme  an  dem  Lichtphän'omen  habe, 
darüber  herrschen  weder  hinreichend  kl»e  Vorstellüngi^n,: 
noch  sind  auf  experimentalem  Wege  / «ilängBäie  iieob- 
achtungen  angesteth  worden.  Nor  komnff'man  0lh*ifr  ^ber- 
eiD,  dafs  hier  eine  Bewegung  des  Leuchtenden  stattfinde, 
welche  man  sich  als  eine  Strömung  in  Einer  Richtung 
oder  in  zwei  entgegengesetzten  vorstellt,  als  überschl^^ 
gende  Funken,  an  deren  Licht  beiffle  Pl^re  Adtheil  haben,' 
nnci  vorzugsweise  der  positive.      '  f  '  '        •  -    \i  • 

3.  Die  objectiren  Ursacioi  dieser  tJnlilailieit  ^ktä 
hauptsächlich  die  Flüchtigkeit  des  Phänomens,  und  die 
mitwirkende  Wärme.  Ist  die  leuchtende  Entladung  ein 
einzelner  Blitz,  so  geschieht  sie  i»  einem  so  unermefs-' 
lieh  kleinen  Augenblick«  daCs  sie  nicht  distinct  gesehen 


416 

werden  fcaiui.   Ut^.f^  eine  hdclist  taeehe  Aufeiiiaiider« 

folge  uDsShIiger  Fanken,  wie  z.  6.  im  elektrischen  Strah- 
lenbüschel  des  Conductors,  so  bleibt  die  Polarität  des 
leuchtenden  Wesens  unsicher;  denn  was  hier  leuchtet, 
kann  entweder  die  ausströmende  positive  Elektricität,  oder 
das  durch  Indnetion  hier  ne^tiv  elektrisirte  Medium  aeyn, 
80  wie  umgekehrt  am  anderen  PoL  Tritt  endlich  ein 
hoher  Grad  von  Wirme  hinzu,  wie  bei  starken  Leydaer 
Flaschenschlägen  oder  bei  den  Verbrennungserscheinun- 
gen der  Yoltaischen  Batterie,  so  erscheint  das  Lichtphä- 
nomen complicirt,  und  beinahe  ganz  als  ein  secundäres; 
man  muCs  es  glühenden  Metall-  oder  Kohlentheücbai 
mschreiben,  fast  so  gewife,  als  man  daa  Licht  des  zwi- 
schen den  Polen  glühenden  Platindrahts  nur  mittelbar 
der  Elektricität,  unmittelbar  aber  der  Wärme  zuschrei- 
ben mufs.  Dafs  es  aber  ein  primäres  elektrisches  Licht 
giebt,  ein  nicht  durch  die  Wärme  vermitteltes,  so  wie 
eine. dunkle  elektrische  Wärme,  ist  gewift«  Viele  Phi- 
Domene  der  Reibnngselektricität  zeigen  ein  sidcfaes  höchst 
glänzendes  elektrisches  Licht  mit  einem  Minimwn  Ton 
Wärme.  Es  ist  nur  schade,  dafs  man  aus  den  erwähn- 
ten Gründen  den  Ursprung  des  Lichts  hier  wie  dort  nicht 
mit  Erfolg  studiren,  und  aus  dem  Chaos  der  £rscheinuBp 
gen  ausscheiden  kann. 

4.  Es  ist  mir'  gehmgen»  auf  einem  anderen  Wege 
dies  zu  erreichen.  Bei  der  Magneteklttridiät  nSmlioh, 
— .  unter  welchem  Namen  ich  die  durch  entstehenden 
und  verschwindenden  Magnetismus  hervorgerufene  Elek- 
tricität begreife^  nicht  nur  wenn  die  Erregiong  durch  den 
f^jsrmanenten  Magiietismus  des  Slahlmagneten,  sondern 
auch  wenn  sie  durch  den  momentanen  des  Eleklroma- 
gpeten  geschieht,  —  kann  man  unter  günstigen  Bedin- 
gungen das  elektrische  Licht  frei  von  verwirrender  Com- 
plicatiou  und  sehr  distinct  sehen,  kann  es  bis  zu  seinem 
Urs|n'ung  verfolgen  und  die  Art  seiner  Polarität  unzwei- 
dan^  eriLennen.  Denn,  da  diese  ElektriotHtsquelle  eine 

hö> 


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«7 

höhere  Intensität  und  geringere  Quantität  Uufsert  als  die 
Yoltakette,  so  giebt  sie  mehr  primäres  Licht  und  weni- 
ger Wärme  als  diese.  Sie  nähert  sich  mehr  der  Frictions- 
elektricatäti  ist  aber  weniger  oberflächlich  und  wirkt  kräf- 
tiger chemisch  als  diese.  Sie  steht  also  in  einer  für- sol- 
che Untersuchungen  gificklichen  Mitte  zwischen  den  Ex^ 
treuien.  Auch  kann  man  beliebig  sowohl  ihre  Intensität, 
als  auch  ihre  Quantität  schwächen  und  verstärken,  je 
nachdem  mau  zur  Spirale  einen  längeren  oder  dickeren 
Draht  wählt,  ihr  UauptTorzng  ist  aber,  dafs  man  die 
PolareCTecte,.  welche  beim  Yoltaischen  Strom  dem  Expe- 
rimentirenden  unter  der  Hand  verschwinden ,  indem  sie 
sich  schnell  neutralisiren,  bei  ihr  besser  auseinander  hal- 
ten, und  unverinischt  zu  einer  bedeutenden  Höhe  steigern 
kann. 

5*  Ich  bediente,  mich  dazu  meines  Magneteielciro- 
motors  (Poggend.  Ann.,  Bd.  46,  S.  104),  weldier  auch 
hierzu  der  zweckmäfsigste  Apparat  ist,  indem  er  zum  Her- 

s,  vorbringen  sowohl  einzelner  magnetelektrischer  Entladun- 
gen, als  einer  Reihe  von  zahllosen  höchst  rasch  sich  fol- 
genden sich  eignet;  zudem  ist  die  Entladungssteile  blei- 
bend dieselbe,  einer  scharfen  BeobacMong  folglich  be< 
quem  zugänglich.  Die  Constroctionsart  des  Medianismns 
war  etwas  abweichend  von.  der  a,  a.  O.  beschriebenen, 
namentlich  darin  verschieden,  dafs  das  Lichtphänomen 
nicht,  wie  dort,  von  einer  abgestumpften  Spitze  verdeckt 
wird.  Es  war  nämlich  die,  deren  sich  der  Mechanicus 
Desaga  in  Heidelberg  bei  diesem  Apparat  bedient:  der 
Hammer  ist  mit  einem  Platinplftttchen  bedeckt,  und  senk- 
recht auf  dessen  Ebene  berührt  er  die  conische  Spitze 
eines  Platindrahts,  der  mit  dem  Ambofse  verbunden  ist. 
So  hat  man  den  Vortheil,  die  Lichterscheinung  überall 
unverdeckt  zu  sehen,  und  sie  eben  so  gut  an  einer  Ebenc^ 
als  an  einem  conischen  Körper  beobachten  und  messen 
in.  können.  Als  Erreger  ist  die  a.  a.  O.  beschriebene 
Batterie  am  zweckmäfsigsten.  Eine  einfache  Kette  relebt 

PoggendoiiP«  Anoal.  £d.  LXYI.  27 


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418 

meiBfeiis  bin.    Bei  WirkongnbDahme«  oder  wenn  man 

stärkere  Effecte  beabsichtigt,  kann  man  2,  3,  4  Platten- 
paare ungleichnamig  verbinden.  Bei  einer  so  mäfsigen 
Quelle  sind  alle  Effecte  blois  magnetelektrische;  selbst 
permaneDte  Schliefsung  erregt«  eben  so  wenig  ein  Glühen 
der  Platindrabtspitze,  als  eine  schnelle  Folge  unterbro- 
chener Conlacte. 

6.  Es  ist  bekannt,  dafs  bei  diesem  Apparate,  wenn 
er  vibrirt,  zwischen  dem  Hammer  und  dem  Ambofse  bei 
)ederOeffnung  der  Kette  ein  sogenannter  Funke  erscheint, 
und  dafs  diese  Lichierschemmg  bei  den  schnell  sich  wie- 
d(»'holenden  Trennungen  eine  scheinbar  stätige  wird.  Ir- 
riger Weise  bSlt  man  ^ie  för  wirkliche  (von  Pol  zu  Pol 
überspringende)  Funken,  oder  schreibt  sie  (wie  früher 
ich  selbst  a.  a.  O.)  immer  einer  Metallvcrbrennung  zu. 
Erst  bei  sehr  starker  Elektricität  entsteht  Verbrennung; 
bei  so  schwacher  Quantität  und  Torherischeoder  Span- 
nung ist  die  Liditerscheinung  nur  mit  einem  Minimum 
yon  Warme  verbunden.  Schon  das  blofse  Auge  sieht 
sie  bei  gedämpfter  Tageshelle  als  ein  violettes  Licht;  die 
Stromrichtung  möge  nun  vom  Hammer  zum  Ambofse  oder 
umgekehrt  gehen.  Aber  sie  ist  überaus  klein;  und  diefs 
brachte  mich  auf  den  Gedanken,  mit  dem  Mikroscop  sie 
XU  untersuchen. 

7.  Man  beobachte  also  mit  bewaffnetem  Auge,  und 
sogleich  wird  man  sehen,  dafs  das  Licht phänomen  im- 
mer am  negativen  Pol  erscheint  y  d.  Ii.  dafs  die  Platin- 
spitze des  Amboises  leuchtet,  wenn  der  Strom  vom  Ham- 
mer zum  Ambofise  geht,  und  die  Platinfläche  des- Hammers, 
wenn  die  umgekehrte  Richtung  stattfindel.  Bekanntlich 
geht  die  MagnetelektricitSt  beim  Oeffnen  der  Kette  in 
derselben  Richtung  wie  der  primäre  Sd  oni;  auch  zersetzt 
sie  z.  B.  das  Wasser  in  demselben  Sinn,  entwickelt  Sauer- 
stoff an  der  vom  Kupfer  der  Kette  herkommenden  Elek- 
trode, und  Wasserstoff  an  der  zum  Zink  führenden.  Dals 
also  die  letztere  der  nc^ive  Pol  ist,  kann  keinen  Zwei- 


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419 

fei  erleiden.  UeberdielB  kano  man  die  J^acfaweisang  Gaa- 
siot's  (Ann.,  Bd.  65,  S.  479)  vergleichen. 

8.  Schon  mit  einer  fünfmal  vcrgrölseniden  Loupe 
entdeckte  ich  dieses  Fundamentalphänomen.  Schon  so 
fällt  es  unzweideutig  in's  Auge,  aber  die  genaue  UnUr- 
Scheidung  de$  Details  fordert  stärkere  Ver^rdCsernng* 
Am  vortlrailliaftesten  fand  ich  die  25-  und  die  50fache 
eines  PlöfsUschen  Mikroscops,  zu  welchem  ich  mir  ein 
Horizontalstativ  machen  liefs.  Sie  erlauben  eine  l|zöl- 
lige  Entfernung  des  Objecüvs  vom  Gegenstand.  Mit  der 
66fachen  sieht  man  nicht  mehr,  als  bei  jenen,  und  das 
Bild  ist  weniger  nett  UebriigenB  ist  auch  hier  keine  starke 
Verdunklung  des  Sehfeldes  nötbig,  und  eher  nacbthei' 
lig;  die  Spitze  z.  B.,  wenn  sie  leuchtet,  spiegelt  sich  dann 
in  der  Fläche. 

9.  Mit  dieser  Bewaffnung  nun  unterscheidet  das 
Auge  deutlich,  dafs  das  Licht  von  zwei  verschiedenen 
Quellen  kommt  Die  erste  besteht  aus  blendend  weifsen 
Pünktchen  vom  lebhaftesten  Glänze,  aber  unmefobar 
klein,  so  dafs  selbst  bei  66facher  Yergröfserung  kein 
wirklicher  Durchmesser  zu  unterscheiden  ist,  so  wenig 
wie  bei  Fixsternen  auch  durch  das  stärkste  Femrohr. 
Diese  Pünktchen  sitzen  am  Platin  fest,  sej  nun  die  Ebene 
des  Hammers  oder  die  conische  Spitze  des  Ambofises  ne- 
ptiver  Pol.  Niemals  erscheinen  sie  frei  in  der  dfinnen 
LicbthüUe,  von  welcher  nachher  die  Rede  seyn  soll,  oder 
gar  aufser  ihr  in  der  Luft.  Sie  erscheinen  bald  hier,  bald 
da,  beim  Wechsel  der  Schläge.  Sie  sind  am  häutigsten 
am  Extrem  des  Pols,  also  an  der  Contactstelle,  an  der 
Spitze  des  Lichtkegels  beim  Ambofe,  in  der  Mitte  der 
Lichtscbeibe  beim  Hammer.  Diese  Lichtpunkte  sind  höchst 
feine  Spitzen  der  rauhen  Oberfliicbe,  welche  als  solche 
concentrirtes  Licht  ausstrahlen,  was  man  bei  derReibungs- 
elektricität  Spitzenlickt  nennt;  bei  einer  vollkommen  po* 
lirten  Madel  erscheint  es  daher  nirgend  als  an  der  äuiser« 
fteii  Spitse. 

27* 

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10..  Die  andere  Lichtquelle  will  ich  Flamme  nen- 
nen, weil  sie  einer  sdiwach- leuchtenden,  ststen,  viirfet-^ 

tcD  FlaiTiiTie  gleicht,  und  weil  auch  Anderes,  wovon  un- 
ten, dazu  berechtio;t.  Erscheint  sie  am  Ambofse,  so  um- 
giebt  sie  die  Piatinspitzc  ak  leuchtende  Hülle.  Bei  mitt- 
lerer GröCse  sab  ich  sie  0,5«"  lang  und  0,04'"*'  bis  0,05'"* 
dick.  Tritt  sie  aber  am  Hammer  auf,  so  lieg^  sie  hori- 
zonta!  anf  dessen  Ebene,  eine  Scheibe  von  gleichfalls 
4^  JVIiilim.  Durchmesser  und  bis  Millim.  Dicke  biU 
dend. 

11.  Dafs  das  sichtbare  Gesammtphänomen  vom  ne- 
gativen Pol  herrährt,  und  ihn  mit  bedeutiender  Verbrei- 
tnng  omlenchtet/ ist  ganz  unverkennbar.  Die  MögUchknt 
ist  nicht  zu  leugnen,  dafs  auch  am  positiven  Pol  ein 

schwächeres  Leuchten  scvn  könne:  nur  kann  man  es 
nicht  s^ehcn,  weil  er  eintaucht  in  die  Lichtsphäre  des  ne- 
gativen; dagegen  giebt  es  eben  kein  Mittel,  und  nur  die 
Analogie  mit  der  Frictionselektricität  kann  zur  VenMi* 
thung  einigen  Anlafs  geben. 

12.  Bisher  setzten  wir  immer  die  Beobachtung  am 
vibrirendeii  Magnetelektroniotor  \  oraus,  und  wirklich  lernt 
man  das  prachtvolle  Phänomen  so  am  besten  kennen.  Es 
ist  hier  so  stät,  dafs  man  es  Viertelstunden  lang  bequem 
betrachten'  und  messen  kann.  Aber  so  gleichförmig  auch 
bei  roafsiger  Intensität  die  Flamme  bleibe  so  unstAt  sind 
hier  die  weifsglUnzenden  Punkte;  sie  erscheinen  in  wim- 
melnder liewegung.  Erwägt  man,  dals,  was  man  schein- 
bar stät  sieht,  eine  höchst  rasche  Succession  unzahliger 
Blitze  ist,  so  erkennt  man  leicht >  dafs, diese  Bewegung 
eine  optische  Täuschung  ist,  herrührend  von  dar  Vielheit 
der  Punkte,  von  denen  bald  dieser,  bald  jener  anfleuch* 
tet.  Es  ist  daher  nöthig,  dafs  man  auch  einzelne  Blitze 
beobachte;  welches  leicht  zu  bewerkstelligen  ist,  wenn 
man  den  Hammer  nicht  dem  Spiel  der  Maschine  über- 
läfst,  sondern  mit  der  iiand  lenkt.  Wem  der  erwähnte 
Apparat  nicht  zu  Gebot  steht,  bedarf  nur  einer  einfachen 


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Voltakette,  einer  Spirale  nnd  einer  etwa  12fach  vergrö-  ' 

fserndeu  Loupe,  um  sowohl  das  Polaipliaiioiiicii,  als  das 
beschriebene  Detail  in  einzelnen  Blitzen  deullich  zu  se- 
hen. Mau  sieht  nämlich  die  Flamme  und  die  weifseu 
Pünktehen  zugleioh  anfblitzeo;  aber  diese  sind  üx,  sie  be- 
wegen sich  üach  keiner  Richtung,  es  sind  keine  „Funken." 

13.  Wir 'lernen  die  Erscheinung  noch  besser  ken- 
nen, wenn  wir  die  bisher  angenommene  magnctelektrische 
Intensität  alluiiilig  schwächen.  Man  kann  diels  nin  be- 
sten durch  den  Moderator  (Poggend.  Auual.,  Bd.  50, 
S.  236)  bewirken.  Man  bringt  nftmlich  einen  mit  Was- 
ser gefüllten  Glascylinder  zwisdien  die  magnetelektrischen 
Pole,  und  senkt  den  einen  derselben  immer  tiefer  in  das 
Wasser.  Das  Licht  wird  dadurch  immer  schwächer,  bis 
es  ganz  verschwindet.  Hierbei  verkleinert  sich  die  vio- 
lette Flamme  und  wird  zugleich  dünner  und  daher  mat- 
ter leuchtend.  Die  Spitzenlichter  aber  (die  weifisglänzen- 
den  Pfinktdien)  vermindern  sich  in  der  Zahl,  und  kom- 
men zuletzt  nur  an  dem  Conta  et  punkte  vor,  bis  sie  auch 
hier  verschwinden,  liebt  man  die  eine  Elektrode  am 
Moderator  albnälig  wieder  herauf,  so  sieht  man  beide 
Lichter  wieder  anwachsen.  Wenn  man  die  Lichtqueliea 
so  ▼erringert  hat,  dafs  nur  noch  einige  Spitzenlichter  er- 
scheinen, so  kann  man  von  der  violetten  Flamme  nichts 
mehr  wahrnehmen.  Je  kleiner  daher  das  Lich(ph8nomen, 
desto  weifser,  je  grofser,  desto  violetter  erscheint  es.  Es 
fragt  sich  nun,  ob  die  Flamme  wirklich  ganz  verschwinde, 
während  die  weifsen  Punkte  noch  leuchten,  so  dafs  jene 
nur  bei  einer  höheren  Stärke  der  Magneteiektricität  statt- 
findet; oder  ob  sie  dann  nur  dem  Auge  nicht  erkennbar 
ist.  Für  letzteres  spricht,  dafs  ihr  Licht  an  sich  schon 
weit  weniger  intensiv  ist,  als  das  concenlrirte  der  weifsen 
Punkte,  und  dafs  es  durch  die  Dünne  der  leurhtendcii 
Scliichl,  die  nur  den  zehnleu  Theii  des  Durchmessers 
derselben  beträgt,  wenn  diese  GrOfsen  auf  ein  Minimum 
redttcirl  werden,  wohl  unsichtbar  *  werden  kann,  ohne 


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422 


wiiklich  venchwiiiideii  m  sejn.  Ob  die  Planme  daher 

den  LichtpünktGhen  zo  coordinnren,  oder  ob  diese  pri- 
mär,  jene  nur  secundär  seyen,  wage  ich  nicht  zu  ent- 
scheiden. 

14.  Eine  andere  Art  von  Schwftchung  bot  ein  lehr- 
reicher Yersach  dar.  Ich  vertheilte  BimUdi  das  Licht- 
pbSDomen,  indem  ich  aaf  den  Hamaier  eines  zweiten 

Magnet elektromotors  eine  sehr  feine  Stahlnadel  („Perlen- 
nadel")  befestigte  und  ihre  Spitze  auf  der  Platinfläche 
des  ihr  gegenüberstehenden  Ainbofses  hämmern  liefs;  es 
war  also  die  umgekehrte  Construction  von  der  des  er- 
sten. Die  magnetelektrischen  Pole  des  ersten  Apparats» 
von  denen  sich  ein  Theil  der  Entladung  abldten  Ufst, 
wurden  mit  Hammer  und  Ambofs  des  zweiten  in  leitende 
Verbindung  gesetzt.  Während  nun  der  erste  vibrirte, 
wurde  auch  die  Nadel  des  zweiten  in  Oscillationen  ver- 
setzt, wodurch  sie  mit  dem  höchst  nahen  AmboCs  in  häo- 
fige  Berfihrong  kam,  and  so  das  abgeleitete  LiditphSno- 
nen  zeigte.  Da  die  Stablnadel  weit  feiner  ak  die  Pkh 
tiuspitze  des  primären  Apparats  war,  so  entzog  sie  dieser 
nur  einen  sehr  kleiueii  Thcil  der  Elektricität;  daher  war 
ihr  Licht  auch  weit  schwächer.  Aber  durch  25fache  Yer- 
gröfserong  konnte  ich  deutlich  wahrnehmen,  dafs,  wenn 
sie  negativ  war,  nur  an  ihrer  Snfsenten  Spitze,  mid  nur 
Ein  Lichtpunkt  erschien*:  eine  Folge  der  Politnr,  wie 
schon  oben  erwähnt.  Die  Flamme  war  wieder  violett; 
also  machte  die  Verschiedenheit  des  Metalls,  an  dem  sie 
auftrat,  in  der  Farbe  hier  keinen  Unterschied.  Dabei 
war  sie  Ittnger  als  die  an  der  Platinspitze^  aber  von  viel 
matterem  Licht ;  hSofig  war  sie  gar  nicht  sichtbar»  Blitste 
sie  auf,  so  sah  das  Ganze  wie  ein  Komet  aus.  Auch  am 
Ambofs,  wenn  er  negativ  war  und  leuchtete,  sah  ich  sehr 
selten  die  Flamme,  sondern  nur  eine  von  zahllosen  wei- 
isen  Lichtpiinktchen  schimmernde  Scheibe;  eine  Folge  der 
schwadien  Elektricität. 

15.  Bringt  man  ein  Tröpfchen  Wassers  oder  wasser- 


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baltigen  Weingeists  zwiBchen  Hmaer  und  Ambofo,  m 
ariraitet  der  Medianismns  %wbt  Tibrirend  fort,  allein  man 

sieht  bei  schwacher  Erregung  wohl  die  Gasentwicklung 
des  zersetzten  Wassers,  aber  kein  Licht.  Erst  bei  star- 
ker £lektricität  sieht  man  das  Licht  auch  unter  Wasser. 
Wartet  man  die  aUmälige  Yerdunstong  ab,  90  erschei- 
nen »inScfast  weiise  Licbtpllnktchen,  dann  die  Flamme. 
Man  kann  diesen  Embryonalzustand  des  elektrischen  Lichts  , 
nicht  schöner  sehen. 

16.  Aber  nicht  minder  lehrreich  als  die  Schwächung 
des  Phänomens  ist  dessen  Verstärkung^  Um  diese  zu 
bewirken,  muCs  man  sich  einer  kräftigeren  Kalte  bedie- 
nen, doch  einer  solchen»  bei  der  keine  Elditrode  glfibend 
werden  kann,  da  wir  hier  immer  noch  das  primäre  Licht 
untersuchen.  Zwei  bis  drei  Ketten,  ungleichnamig  ver- 
bunden,  wirken  sehr  gut.  Der  Effect  ist,  dais  die  Spitzen- 
lichter  reichlicher,  die  Flamme  gröfser  wird*  Aber  nun 
er]Bcheinen  auch  weifsleochtende  Stellen  von  merklicbem 
Durchmesser  am  Platin«  Und  die  Flamme  ist  nicht  eine 
rähige  Licbthülle,  sondern  sprüht  oft  bedeutend  über  ihre 
Gräuzc  hinaus ,  manchmal  mit  rother  Farbe ;  unter  dem 
Mikroscop  ein  wahrer  Lichtvulcan.  Nun  sieht  man  auch 
zuweilen  ächte  Fünkchen,  d.  h.  höchst  kleine  leuchtende 
Punkte^  welche  von  der  leuchtenden  Elektrode  auswärts 
sprühen,  so  dafs  sie  aufserhalb  der  Flamme  sicMbar  wer« 
den  und  erlöschen;  aber  sie  nehmen  ihre  Richtung  nicht 
cutschieden  nach  der  dimkeien  Elektrode,  es  sind  keine 
überschlagende  Funken. 

17.  Geht  man  beträchtlich  weiter  mit  Verstärkung 
der  erregenden  £lektricitä(,  so  ist  es  nioht  mehr  zn  ver- 
meiden, daCs  die  Wärme,  die  sie  erregt,  bis  zum  Glühen 
steigt.  Dann  hat  man  es  nicht  mehr  mit  dem  primären 
Licht  allein  zu  thun;  das  Licht  des  Glühens  und  Ver- 
brenncns  ist  wesentlich  ein  anderes,  von  der  Elektricität 
nicht  direct  abhängiges ;  und  beide  Lichtarten  vermischen 
aidi  so,  daÜB  es  mir  noch  nicht  gelungen  ist  sie  hinreifsbend 


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424 

•   

«1  tnteraelieideD.  Doch  wird  tob  eiaidhictt  EncMBan- 

gen,  die  hierher  gehöreu,  noch  die  Rede  sejn,  so  wie 
auch  von  manchem  Anderen,  was  die  Erregung  des  Lichts 
durch  Eiektricität  betrifft,  das  al^er  eist  später  sein  vol- 
les VerstSndDiCs  findet 

.  IL  0eber  den  Crsproag  der  elektrUchen  Wirne. 

18.  Die  Erscheinung,  dafs  das  Licht  ausschliefslich 
am  negativen  Pol  entspringt,  rief  die  Frage  hervor,  wel- 
che Thätigkeit  wohl  am  Uchtlosen  positiven  Pol  ihr  ent- 
spreche. Ich  Termuthete^  dafs  die  Wärme  diese  Function 
sej.  Es  ist  bekannt,  dafs  die  eld^tromotorische  Kraft,  von 
ihren  ersten  leisen  Regungen  an,  un  Conflict  mit  dem 
Leitungswiderstande  des  Metalls  Wärme  erzeugt;  ihre 
höchste  Entwicklungsstufe  ist  das  Feuer.  Diese  Wärme- 
CTtwicklung  tjndet  sowohl  bei  dem  Schlag  der  Leydner 
Flasche  und  der  pennaoenten  Ldtang  des  Yoltaiachen 
ScbliefsungsdrahU  statt,  als  bei  der  unterbrochenen  der 
Magnetelektricität,  beim  Durchströmen  sowohl  guter  als 
schlechter  Leiter.  Aber  bei  der  Schliefsung  durch  Me- 
talle kann  man  die  Eigenthümlichkeiten  der  Pole,  nament- 
lich in  Bezug  auf  Wärmeentwicklung,  nicht  .unterschei- 
den, weil  sie  sich  im  Leiter  vollstfindig  neotralishren.  Es 
giebt  für  die  Darstellung  der  Polareffecte  nur  drei  Wege: 
erstens  die  Magnetelektricität;  zweitens  den  Feuerstrom, 
der  zwischen  den  Elektroden  mäcluigcr  Batterien  in  Di- 
stanz überschlägt;  und  drittens  die  Wasserzcrsetzung  durch 
sehr  kräftige  Säulen.  Diese  alle  gestatten  eine  starke  Er- 
regung, wlihrend  sie  dennoch  einen  UeberschuCB  freier  Po- 
larkrfifte  In  ihrem  Gegensalze 'scharf  auseinander  halten. 

19.  (Erster  Weg.)  Aufmerksam  auf  die  Erschei- 
nungen am  |)osi:i\  en  Pol  des  Magnetelektromolors,  nahm 
ich  bei  einem  schon  oben  (14.)  erwähnten  Versuch  ein 
Phänomen  wahr,  welches  meine  Ansiebt,  dais  die  Anode 
der  Warmequell  sej,  wie  die  Kathode  der  Lichtquelle 
betätigte.  Wie  die  feine  Stahbiadel  unter  dem  Einflösse 


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425 


schwacher  Elektricität  sich  als  leuchtende  Kathode  ver- 
hielt, habe  ich  dort  erzählt.  Aber  beim  Wiederholen 
dieses  Versuchs  sah  ich  zuweilen,  bei  etwas  stärkerer 
Elektricität,  vor  dem  Mikroscop  die  NadelapUze,  als  sm 
Anode 9  folglidi  lichtloe,  war,  und  ihr  gegenOber  .der  ne- 
gative Anibofs  Icnohtete,  plötzlich  rothglfib^nd  werden; 
"War  sie  negativ,  so  geschah  diefs  niemals.  Dieser  Ver- 
such kann  nur  mit  einer  so  äufserst  feinen  Spitze  gelin- 
gen,  die  selbst  bei  schwacher  Elektricität  leicht  in's  Glü- 
hen gerätb,  und  der  fef^endberatehenden  MetaUAttcbe  di* 
Gluth  nicht  verwirrend  mittheilen  kann«.  Denn  wenn  die 
Elektroden  gleidie  Maaee  haben,  so  wird  vermöge  der 
Würmcleilung  die  Glühhitze  der  positiven  auf  die  leuch- 
tende negative  fortgepflanzt.  Auch  mifslingt  der  Versuch, 
wenn  der  rechte  Grad  elektrischer  Intensität  nicht  ^tro£- 
fm  wird»  * 

m  (Zweiter  Weg.)  Walker  hat  mit  seiner  mäch- 
tigen Batterie  von  160  DanielTscben  Zellen  folgenden 

Versuch  angestellt.  (  Transact.  oj  ihe  Lond.  clcctr,  soc, 
p.  6d,  71.  —  Poggend.  Ann.,  Bd.  55,  S.  62.)  Er  legte 
die  Pülardrahte  kreuzweise,  doch  so,  dafs  sie  sich  nicht 
berührten,  sondern  noch  einen  kksoen  Zwischenraum  %fn-  ' 
sehen  sich  lieben.  Sogleich  ging  ein  glänzender  licht- 
Strom  continuirlich  durch  die  dfinne  Luftschicht;  nnd  da> 
bei  zeigte  sie!)  die  auffallende  Erscheinung,  dafs  der  po- 
sitive Draht  von  dem  Kreuzpunkt  ab  bis  zu  seinem  freien 
Ende  (also  seihst  au£serhaib  der  Stromleitung)  rothglü- 
hend wurde,  arwciiAle,  und  sich  umbog;  während  der 
negative  Draht  verhSltnÜSimafsig  kalt  blieb. 

21.  (Dritter  Weg.)  Walker  tauchte  die  Polar- 
drähte in  zwei  Wassergefäfse,  worin  Thermometer  stan- 
den; die  Verbindung  beider  Wasser  geschah  durch  einen 
capiilaren  Docht.  Das,  worin  der  positive  Draht  tauchte^ 
zeigte  immer  eine  hdhere  Temperatur  als  das  andere. 

22.  In  jeder  Wdse  also  bestätigtisich  der  ühpnmg 
dir  elektrischen  Wärme  am  posüum  Pol  Diese  Ycr- 


« 

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42g 

sudie  -m  Terrielfältigeii»  und  unter  abgeänderten  Umstäo« 
den  zo  wiederhokn,  so  wie  in  anderen  bekannten  That* 
Sachen  dasselbe  Naturgesetz  nachsuweisen,  bleibt  fortwftb* 

rend  Aufgabe  der  Untersnchung. 

23.  Es  ist  bekannt,  dafs  die  elektrische  Wärme,  die 
ja  selbst  nicbts  anders  ist,  als  eine  partielle  Lösuu^  der 
Cohäsion,  von  einer  mechanischen  Wirkung  der  Eiektri- 
cüit  begleitet  wird,  welche  eine  direote  Aufhebung  des 
ZussniBMuhangs  bewirkt, ,  von  der  bieten  Auflockerung 
an  bis  zur  Zersprengung  und  Zerstäubung.  So  eben  (in 
Poggend.  Ann.,  Bd.  65,  S.  481)  ist  hierüber  eine  treff- 
liche Untersuchung  von  Kiefs  erschienen,  worin  er  die 
gleichzeitig  thermischen  und  mechanischen  Wirkungen  der 
Elektrieitftt  auf  den  metallischen  Leiter,  von  der  ieisestea 
Erregung  an  bis  zum  heftigsten  Sehlag,  so  besehreibt:  der 
Draht  wird  warm,  er  wird  erschüttert,  er  erhält  Einbie- 
giiDgeu,  er  glüht,  er  reifst  vod  seinen  Befestigungen  ab, 
er  zer^lilterty  er  schmilzt,  er  zerstäubt^ 

24.  Nun .  diese  Trennung  des  ZusanmmnkgHgs^  die- 
ser mechmisofae  Effect,  der  mit  dem  thermischen  so  in- 
nig verbonden  ist,  tritt  gleichfoUs  da  auf,  wo  dieser  statt- 
findet, —  an  der  Anode,  und  ist  Function  der  pusitiveu 
Polarität. 

25.  VoQ  dieser  Thatsache  hat  schon  die  Technik 
Gebrauch  gemacht,  und  zwar  auf  magnelslektrischem 
Wege.  Pring  nämlich  (Dingier's  poljt.  Joom.»  Bd. 90^ 

181 )  radirte  auf  einer  gehärteten  Stahlplatte,  indem  er 

diese  mit  dem  positiven  Pol  einer  Voltasäule  verband, 
eine  Drahtspirale  in  die  Kette  brachte,  und  mit  einer  Ra- 
diraadel  aus  Platin,  die  mit  dem  negativen  Pol  verbunden 
war,  den  Contact  bewirkte.  Stahltheilchen  springen  bei 
)eder  Anihebnng  der  Berührung  aus  der  Platte.  Wurden 
die  Pole -umgekehrt,  so  war  der  Funke  mit  Absetzung  Ton 
Theilchen  der  Nndel  auf  die  Stahlplatte  begleitet. 

26.  Deutlicher  noch,  und  im  gröfsleu  Maafsstah, 
sieht  nuiu  dieses  Phänomen  der  Zerstäubung  und  Giuth 


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427 

im  Feuerstrom  zwischeu  Kohlen-Elektroden  am  positiven 
Poi  hervortreten.  Seit  Davj  mit  seiner  colossalen  Bat- 
terie von  1250  Paaren  diesen  Feaerstrom  von  4  Zollen 
LttDf^  und  pD  w^dfiuiter  Luft  toh  6  Zc^en,  darstellte^ 
bettlMifiten  wiederlurfte  Venodie,  selbst  in  klcincrein 
Maafsstab,  dafs  derselbe  den  höchsten  darstellbaren  Grad 
von  Licht  und  Wärme  hervorruft.  Dabei  sah  man  con- 
stant,  dafs  die  positive  Kohle  an  ihrer  Spitze  zerstäubt 
wird,  und  die  £;lühenden  Koblentbeilchen  mit  dem  Strom 
hinfibergefübrt  weiden  mm  negativen  Pol,  so  da(s  an  der 
Anode  eine  Vertiefong,  an  der  Katbode  ein  Answucbs 
angehäufter  Kohlentheilchen  entsteht.  An  der  Anode  ist 
die  Glulh  und  das  secundäre  Licht  extensiv  und  intensiv 
am  stärksten.  (Fizeau  und  Foucault  in  den  Ann» 
de  Chim.  et  de  Phys.^  Ser*  III,  XL  —  Poggend. 
Ann«,  Bd.  68,  S.  4«9.) 

27.  Weit  lelehter  noch,  als  die  Kohle,  verdampft, 
zerstäubt  und  brennt  das  flüssige  Quecksilber.  Bringt 
man  ein  Tröpfchen  zwischen  die  Pole  des  Ma^netelek- 
tromotors,  so  siebt  man,  selbst  bei  schviracher  Eiektrici- 
tät,  bei  )eder  Trennung  der  Elektroden  blendend  weifses 
Licht  und  aufsteigenden  Qnecksüberdamp^  und  zwar^bel 
jeder  Richtung  der  Elektridtftt.  Selten  gelingt  es  hier, 
durch  das  Mikroscop  das  Leuchten  der  Kathode  zu  un- 
terscheiden, weil  theils  Quecksilbertheilchen  sich  an  die 
gegenüberstehende  Elektrode  anhängen,  theils  der  Dampf 
gUlht  und  secnndSres  Licht  giebt,  welches  mit  der  Giuth 
sich  anf  den  andern  Pol  lortpflamt  Es  ist  daher  zur 
Untersuchung  der  Polarphänowe  diese  schdne  Erscheinung 
wenig  brauchbar.  In  dieser  Beziehung  sind  Versuche  mit 
festen  Metallen,  wie  der  erwähnte  von  Walker  (20.) 
weit  instnictiver« 

28.  Wie  nun  die  positive  Elektricität  zerstäubt  und 
▼erflfichtigt,  so  wirkt  die  negative  Elektricität  gestaUend 
und  perSehtend,  Die  amorphe  Kohle,  an  der  Anode  zer- 
stäubt und  glühend  zur  Kathode  hiuüberge führt,  verdich- 


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428 


tet  sich  hier  zu  specifisch  schwererem,  der  Krystallisation 
fähigem  Graphit.  Die  Rufsdendriteo ,  welche  sich  beim 
Durchströmen  einer  Flamme  bei  starken  Batterien  an  die 
Kathode  anlegen,  gehören  gleiehfilie  hierfaer.  Vielleicht 
anch  das  KrystalliaationsUdit,  wehAes  manchen  K^eni 
eigen  ist,  als  Symptom  negativer  Eldttricitftt.  Auoh  in 
der  hydroelektrischen  Kette  wird  an  der  Anode  der  Za« 
sammenhang  des  Metalls  durch  Oxydation  aufgehoben, 
an  der  Kathode  wieder  hergestellt  und  in  Krystallvege- 
tatioB  gestaltet  Bie  positive  Eiektricität  ergreift  den 
Leiter  mit  ihrer  erhitzenden  und  zersprengendaft  Gewalt 
in  der  Tiefe  seiner  Substanz;  die  negative  wirkt  leuch- 
tend und  gestaltend  nur  auf  seine  Oberfläche. 

29.  Der  experimentalen  Untersuchung  bleibt  zur  vol- 
lendeten Durchführung  des  Gegensatzes  eine  Frage  an  die 
Nator  vorbehalten:  ist  der  Ursprung  der  wärmenden  Kraft 
so  ganz  auf  den  positiven  Pol  besehrlnkt,  dafe  jede  Tem- 
peratorerbObung  am  negativen  blofs  eine  vob  jenem  her- 
geleitete ist?  Und  wenn  die  angeführten  Thatsachen  diefs 
sehr  wahrscheinlich  machen,  dürfen  wir  nicht  einen  Schritt 
weiter  gehen,  und  in  der  Function  der  negativen  Elek- 
triciiäi  eme  temperaturemiedrigende  Knrft  permuUim^ 
Freilich  kdonte  diesem  schon  wegen  der  Reection  der  po« 
sitiven  Wftrme,  nur  in  einer  flUcfattg  voHlbergefaendeD  und 
leisen  Spur  sich  üufsern.  Aber  seit  es  dem  scharfsinni- 
gen Peltier  gelungen  ist,  eine  solche  Spur  von  Erkäl- 
tung nachzuweisen  an  der  Berübrungsstelle  thermoelek- 
triscber  Metalle,  wenn  in  eiiwr  bestimmten  Richtung  ein 
elektrischer  Strom  durch  sie  geht^  ist  die  Möglichkeit  ei- 
nes Gelingens  auch  hier  zu  hoffen.  Der  Naturforscher 
darf  nicht  zwischen  den  Zeilen  lesen,  aber  er  darf  zwi- 
schen den  Zeilen  suchen. 

HI.  lieber  die  Polarität  von  Lioht  und  Wärme. 

30.  Wttrmefreies  Licht  und  lichtlose  Wärme  in  den 
elektrischen  PhUnomenen  zu  erkennen,  ist  ein  ideales 


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429 

Problem  der  Wissenschaft.  Aber  nur  in  den  Anfängen 
elektrischer  Erregung,  beim  Status  nascens  dieser  Thätig- 
keiten,  gelingt  eB  mit  empirischem  Erfolg.  Steigt  die  Ener- 
gie der  Erregim^  so  erzängt  die  Giathhitze  an  der  Anode 
sdbst  seoDDdäres  Licht,  ond  durch  WSrmeleitnng  wird 
die  fcaltleuchtende  Kathode  in  das  MischungsphXnomen 
gezogen.  So  kamen  wir  auf  Erscheinungen,  bei  welchen 
es  schwer  wurde,  Licht  und  Wärme,  so  wie  das  causaie 
Wirken  der  Elektricitäten  in  ihnen,  gesondert  zu  unter- 
scheiden. Aber  hei  der  Untersochnng  der  Wärmephi- 
nomene  worden  Ersdidnangen  der  negativen  ElektricitSt 
durch  solche,  die  der  positiven  angehören,  klarer.  Und 
so  müssen  wir  auch  noch  ferner  Manches,  was  dorthin 
gehört,  hier  nachträglich  behandeln. 

3L  Eine  andere  ideale  Aufgabe  ist  es,  Licht  und 
Wirme  in  ihrer  radicalen  Einheit  za  untersnchen.  Jede 
polare  Natorkfaft  ist  in  sieh  identisch  und  zogleidi  dif- 
ferent.  Niemals  erscheint  die  eine  Richtung  ihrer  Th9- 
tigkeiten  ohne  die  andere.  Beide  sind  nicht  blofs  nicht 
darstellbar,  sie  existiren  gar  nicht  isolirt.  Von  dieser  hö- 
heren EittheU  müssen  wir  die  F ermischimg  in  den  com- 
plicirten  Phteomen  genau  unterscheiden. 

32.  Fttf  diese  zweite  Aufgabe  findet  sich  nicht  leicht 
ein  Anknüpfungspunkt  in  der  elektrologischen  Untersu- 
chung. Es  ist  daher  nöthig,  auf  eine  verwandte  Erschei- 
nung hinzudeuten,  auf  das  prismatische  Farbenbild.  Hier, 
also  im  Licht  selbst,  differcnzfren  sich  leuchtende  ond 
würmende  Strahlen,  so  wie  dort  aus  der  Wärme  sich 
Xicht  entwickelt.  Die  Phosphorescenz  der  Leuchtsteine 
sehen  wir  durch  die  wärmenden  blauen  Strahlen  erregt  wer- 
den, durch  die  leuchtenden  rothen  erlöschen.  (Poggend. 
Ann.,  Bd.  64,  S.  334.)  Und  diesen  schroffen  Gegensatz 
löst  die  Undulatioustheorie  durch  dessen  ZurQckfülirung 
auf  eine  bloise  Verschiedenheit  der  WellenlUnge. 

33.  Das  bedeutendste  MischuDgsphanomen  von  Licht 
und  Wärme  ist  die  elektrische  Feuerflamme.  „Flamme  ist 


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430 


brenneDdcs  Gas/'  so  lautet  die  gewÖhDÜche  Definition; 
und  von  solchen  Flammen  bieten  alle  ErregUDgsarten  der 
Elektricität  Beispiele  genug  dar.  Denn  wo  die  elcktri- 
8cbe  Endadusg  mit  betrachüicher  Energie  wirkt,  zentäubt 
ne  nicht  blofs  dag  Metall  in  ^hende  Theildieii,  die  man 
FoBkcn  nennt,  —  diese  «finden  noch  keine  Weingeist- 
dämpfe, —  sondern  sie  verdampft  es  selbst  mit  Aeode- 
rung  des  Aggregatzustandes,  und  der  Dampf  verbrennt 
als  Flamme.  So  wirkt  die  Leydner  Flasche,  so  die  Volta- 
flAule^  so  die  durch  eine  grolise  Batterie  erregte  Magnet- 
elditricit&t  Mit  DiekemMagpctieLektroiiiolor,  erregt  Awch 
6  Groye'scfae  Paare^  sah  ich  heftige  MetaUrerbrennangen, 
welche  angenäherten  Weingeist  entztindcten.  St  Öhr  er 
beschreibt  die  Verbrennungserscheinungen  an  seiner  aus 
drei  Stahlmagneten  bestehenden  Maachine  so.  ( P  o  g  g  e  u  d. 
Ann^  Bd.  61,  S.  424.)  „Wenn  man  die  Spiralendoi  hin- 
t^einander  (abo  nnglcichnaniig,  «arVennehmng  derln» 
tensitst)  in  den  Comnratator  einmOndet,  so  giebt  Stahl 
auf  Stahl  Funken  in  länglich  abgerundeter  Gestalt,  deren 
Mittelpunkt  lebhaft  bläulich,  weifsglänzend  mit  einem  gelb- 
lichen und  endlich  mit  einem  röthlicheu  Saum  umgeben 
ist*  Ein  Verbrennen  der  Stahltheilchen  findel  hier  noch 
nicht  statt,  stellt  sich  aber  sogleich  lebhaft  nnd  mit  star- 
kem GerSoseh  nnd  Sprühen  der  Funken  ehi,  wenn  man 
die  Spiralen  einzeln  (gleichnamig,  zur  Quanlitätserhöhung) 
mit  dem  Commutator  verbindet;  ....  diese  Funken  ent- 
zünden Weingeist."  —  Auch  der  Feuerstrom  zwischen 
den  Kohlenelektroden  (26.)  Mt  eine  solche  Fbmne;  eben 
80  der  im  Walker^schen  Yersodi  (20.)* 

34.  Aber  es  giebt  aneh  iake  Ftmnmm^  nämlkh 
leuchtende  Gase  mit  so  geringer  Wärme,  dafs  sie  nicht 
zünden.  Wenn  Phosphor  im  Dunkeln  ganz  schwach  ge- 
rieben wird,  so  leuchtet  er,  und  es  steigt  ein  leuchten- 
der Dampf  aoL  So  schwach  dessen  Licht,  so  schwadi 
bt  dessen  Wirme.  Beide  sind  einar  weit  höheren  In- 
tensüMsrtnfe  ftlug,  aber  erst  bei  der  Entziindong,  oder 


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431 

bei  starker  Reibung,  geht  die  sogienaniite  langsame  Ver-^ 
brenniuig  in  die  weit  schnellere  wirkliche  über.  Jenes 
ist  ein  primäres  Liebt,  Dicht  von  einem  Glühen  hervor- 
gebracht AllerdiogB  ist  es  von  Oxjdatioo  begleitet,  aber 
ni^  deren  Prodaot  Man  tbut  dem  Sprachc^ebrauch  Ge- 
walt an,  wenn  man  jede  Oxydation  Vcrbrennong  nennt 
Aehniiches  Leuchten  gasartiger  Substanzen  mit  einem  Mi- 
nimum von  Wärme  und  Oxydation  kommt  auch  sonst  vor. 

35.  Eine  solche  kalte  Flamme  nun  ist  die,  welche 
wir  im  Fondamentalphänomen  ab  Lichthülle  der  Kathode 
sehen  (10*).  Diese  leuchtende  Substanz  hat  eine  zwar 
sehr  geringe,  aber  doch  sichtbare  und  meCabare  Dicke. 
Ihr  Leuchten  kommt  unstreitig  von  der  Elektridtät  her; 
ihr  Dasrvn  aber  nicht.  Es  ist  mir  wahrscheinlich,  dafs 
jedes  feste  Metall  von  einer  gasartigen  Almosphäre  in 
einer  sehr  dfinoen  Schicht  umgeben  ist,  und  dafs  von 
dieser  der  spedfische  Geruch  mancher  Metalle  kommt 
Von  dem  Metall  ist  sie  wohl  nur  durch  den  Aggregat- 
zustand verschieden.  Aber  die  Elektricilät,  durch  welche 
sie  an  der  Stelle,  wo  diese  am  stärksten  wirkt,  leuchtend 
und  sichtbar  wird,  kann  so  schwach  seyn,  dafs  sie  we- 
der durch  Wärme,  noch  durch  Aufhebung  der  Cohttsion 
eine  solche  Verdampfung  zu  bewirken  vermag. 

36.  Durch  eine  solche  Metallatmospbäre  erklärt  sich 
auch  eine  eigene  Erscheinung.  Ich  habe  nämlich  aufser 
dem  Piatin  und  Stahl,  deren  Fnrbeiilic htcr  ich  oben 
beschrieben  habe  (nämlich  wciises  Spitzeniicht,  violette 
Flamme),  noch  mit  Zink  und  Kupfer  experimentirt  Zink 
gpebt  ein  blaues  Lieht;  aber  auch  dem  Platin,  wenn  die* 
ses  auf  ihm  vibrirt  und  als  negativer  Pol  leuchtet,  fheilt 
es  die  blaue  Farbe  mit.  Kupfer  giebt  ein  grünes  Licht, 
und  tbeilt  es  ganz  ebenso  dem  Platin  mit;  auch  dem 
Stahl. 

37.  Was  das  Spitzenlicht  betrifft  (9.),  so  ist  das^ 
was  leuchtet,  unstreitig  das  Metall  selbst,  seiue  feste  Ober- 
flSche*  An  eine  elektroohemisdie  Zersetzung  des  Wasser* 


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I 


4» 

gues  in  der  Luft,  oder  gpr  der  Lofl  telbet,  kt  heim 
^nzen  LichtphSnomeD  gar  nioht  zu  denkea.  Beide  lei- 
ten viel  zu  schlecht,  als  dafs  eine  so  schwache  Elektri- 
cität  vrie  die,  welche  hier  Licht  bewirkt,  sie  durch  In- 
ductiou  zum  Seibstleuchten  bringen  könnte.  Das  primäre 
Licbtphänomeii  am  ne^Uven  Pol  ist  ein  so  eelbststia- 
digesy  ursprOD^ehes,  wie  es  bei  der  Wesserzersetxnog 
das  Aaftreten  der  beiden  Gase  an  den  Polen  Ist. 

38.  Ganz  anders  verhält  es  sich  mit  dem  Licht, 
welches  die  Fnciionselekiriciiät  zeigt.  Diese  hat  eine 
80  hohe  Spannung,  dafs  sie  die  schlechtesten  Leiter  durch 
faiduction  elektrisirt  Wenn  also  beim  elektriseben  Strab- 
lenbitoobel  das  Liebt  an  der  positiven  Elektrode  vof- 
herrscht,  so  ist  es  die  negativ  elektrische  Luft,  welche 
leuchtet.  Wenn  man  den  Versuch  in  verdünnter  Luft 
anstellt,  so  expandirt  sich  defswegen  das  Lieht  mit  der 
Luft.  Auch  bringen  defswegen  verschiedene  Gasarten  ein 
Tersdiiedettfarbiges  Liebt  hervor.  • 

d9.  Ich  habe  den  Licfatversnch  am  Magoeteleklro- 
motor  gleichfalls  in  QerdSimäer  Luft  experimentirt.  Hier 
vcrgröfsert  sich  die  violette  Flamme  auf  das  Sechs-  bis 
Achtfache,  und  vermindern  sich  die  weifsen  Spilzenlich- 
ter.  Der  Leitungswiderstand  der  metallischen  Oberfläche 
vnrd  also  durch  Verdünnung  der  isolirenden  Luft  ver- 
mmdert,  und  eben  so  der  dw  MetallatmospbMre. 

40.  Auch  in  trockenem  kohlensauren  Gas  habe  ich 
diesen  Versuch  angestellt.  Hier  ist  die  Erscheinung  eine 
milchweifse  Flamme.  Man  könnte  sie  für  dichtgedrängte 
Spitzenlichter  halten,  aber  sie  überragt  die  Elektrode,  so- 
wohl die  flache  als  die  conisehe.  Ihre  Grölse  ist  be* 
trilchtlich  geringer  als  in  atmosphärischer  Luft,  der  Lei- 

'  tnngswiderstand  also  vermehrt.  —  Bei  diesem  und  dem 
vorigen  Versuch  lafst  sich  nur  die  Loupe  anwenden,  we- 
gen der  Glasglocke. 

41.  Wenn  nun  also  die  negative  Elektrieitit  das 
Licht,  die  positive  die  Wtttme  hervorruft,  so  kann  die 

Fra- 


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433 

Frage  entstehen:  Sind  Licht  und  Wärme  tiberall  elek- 
trischen Ursprungs?  Diefs  zu  bejahen,  wäre  derselbe 
Irrtbum,  wie  der,  welcher  die  chemischen,  die  magneti- 
schen ErscheiDiiogen  überall  für  ein  bloCses  Erg^oiCs 
elektrischer  StrOmiing  ansiebt  Die  groiseii  koßiläsdien 
KrSfte  steheD  In  inniger  Verwaodlschaft.  nnd  Wecbsel-  * 
Wirkung;  sie  bedingen  sich  gegenseitig,  aber  sie  iudivi- 
dualisiren  sich  zugleich  zu  unabhängigem  Dasejn.  Sie 
sind  nicht  nach  einem  slarren  Gesetze  verkettet,  so  dais 
mxk  Glied, immer  mr  von  einem  höheren  getra^  wSre; 
in  lebendigem  Wechsel  ist  hier  die  eine  der  anderen, 
dort  diese  jener  untergeordnet.  Die  Pole  der  zers^en- 
den  Kette  rufen  Acidität  und  Basicität  hervor,  aber  auch 
unabhängig  davon  sind  diese  Charactere  in  den  materiell 
lea  Substanzen  isolirt  und  verkörpert.  Eben  so  ist  die 
mgnetische  Jtoegung,  welche  jeden  elektrischen .  BUts 
and  Strom  tran0^m«l  begleitet,  beim  permanenten  Itfagne- 
ten  der  Materie  durch  Coerdtivkraft  einverleibt  Selbst 
wenn  der  Magnet  elektrischen  Ursprungs  war,  verliert  er 
in  seiner  neuen  Daseynsform  den  Charakter  seiner  Ab- 
kunft, und  erst, bei  seinem  Anwachsen  und  Vergehen  ^ 
f?ittnt  er  ihn  wieder.  Sa. sind  auch  laicht  und  Warme 
bald  abhängig  von '  elditrlscfaen  Vorgängen,  bald  nnab- . 
bSngig  von  ihnen,  frei  und  selbstständig,  ja  znrQckwuß- 
kend  auf  sie.  Und  wie  die  elektrischen  Pole  sich  gegen- 
seitig bedingen,  so  rufen  auch  Licht  und  Wärme  sich 
gegenseitig  hervor ;  obgleich  sie  auch  wieder  selbstständig 
sind  und  unabhängig  von  einander  vorkomme.  In  der 
Reibe  fundamentaler  Thatsachen,  in  welche  diese  Wech- 
selverhältnisse sich  gestalten,  fehlt  jetzt  der  Wissenschaft 
nur  noch  Eine:  die,  welche  das  Unikehrungsphänomen, 
nämlich  die  Erregung  elektrischer  Polarität  durch  das 
Licht,  nachweist.  Hier  ist  die  Gränze,  wo  eine  noch  un- 
bekannte Region  beginnt;  allein  nichts  deutet  an,  dais 
bler  ein  Widerspruch  gegen  das  Gesetz,  welches  in  der 
bekannten  helrrscht,  sich  erheben  könne.  Obgleich  in  das 

PogcendoriPs  Anoal  Bd.  LXYL  28 

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t 


434 

bisher  Erörterte  nicht  wesentlich  eingreifend,  schien  diese 
Lücke  mir  dennoch  hier  einer  Erwähnung  zu  bedürfen, 
um  zu  experimeutaler  Uutersuchung  in  dieser  Richtung 
anzuregen. ' 

42.  Ich  gbube  nacbgevrieeen  zu  haben,  daik  die 
gewöhnliche  Vorstellung,  die  elektrisdie  LichterKheinnng 

entstehe  durch  eiiiea  vom  positiven  zum  negativen  Pol 
überschlagenden  Funken,  irrig  ist;  dafs  sie  vielmehr  im- 
mer am  negativen  Pol  entsteht  und  dessen  ursprüngliche 
Fmiction  ist;  daüs  dieses  Licht  das  prirnttre,  yon  der 
WBrme  onabhSngige^  ist;  dafe  der  Ursprung  der  Wirme 
mid  die  Aufhebung  *der  CohSsion  dem  positiven  Pol  an- 
gehört; dafs  diese  Function,  wenn  sie  sich  höher  steigert, 
in's  Glühen  übergeht,  als  solche  secundäres  Licht  ent- 
wickelt, Theilchen  der  Anode  zum  negativen  Pol  über- 
führt,  und  diesen  durch  die  Wärm^dtnng  selbst  ergreif 
io  dafs  Licht  und  Wftrme  nicht  in  ihrer  EoCstehnn^  aom- 
^em  erst'  in  ihrer  Steigerung  sich  cur  Feuererseheinung 
▼ermischen.  Das  Licht  überall  von  der  Wärme,  die 
Function  des  negativen  Pols  von  der  des  positiven  her- 
zuleiten, diese  Ansicht  ist  eben  so  einseitig  als  die,  welche 
die  Entstehung  der  ContaetelelLtricitit  Ton  der  Function 
des  positirai  Metalls  herieitet.  Beide  Fadorcn  sind  dort 
wie  hier  vollkommen  ebenbürtig. 

Frankfurt  a.  M.,  20.  Juni  —  30.  August  1845. 


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436 


VI»   Ueber  die  Anwendung  des  elektrischen  Fun- 
kens zu  Geschwindigkeitsmessungen; 
pon  FFerner  Siemens, 

UeoUmmt  m  der  Kfln^  Pireiil«,  ArtUlane, 

(Gelesen  in  der  physikalischen  Gesellschaft,  zu  Berlin  am  3.  Oct.  1845.) 


{js  bat  Bich  neuerdiDp  tki  Prioritätastreit  über  die  Idee, 
die  Bewegmigpgesciiwiiidigkeit  der  Projectile  nittektdes 
giWaniscben  Stromes  za  messeo,  erhoben.  Ans  den  doil 

gemachten  Zeitangaben  ergiebt  sich  Jedoch,  dafs  in  der 
preufsischen  Artillerie  schon  viel  früher  ein  derartiger 
Plan  angestellt  uud  in's  Leben  gerufen  uvurde.  Da  der 
m  diesem  Behufe  gefertigte  und  noch  jetzt  im  Gebranch 
befindliche  Apparat  noch  in  keiner  wissenschaftlichen  Zeit- 
Schrift  beschrieben,  wenn  auch  seiner  Zeit  in  einigen  Ta? 
gesblättern  ausführlich  besprochen  ist,  so  werde  ich  einige 
Worte  über  den  Ursprung  und  die  erste  Ausführung  der 
Idee,  die  Bewegungsgeschwiudigkeit  der  Geschosse  mit 
Hülfe  des  galyanischen  Stromes,  und  namentlich  des  £lek- 
tromagnetismusy  zn  messen,  ToransschidLen.  ,BieBichti{^ 
keit  dieser  An|^ben  würde  sich  sowohl  durch  die  Acten 
der  betreffenden  Behörde,  wie  durch  die  einigen  fremden 
Gesandten,  namentlich  den  französischen  und  russischen, 
auf  ihr  Ansuchen  gemachten  offiziellen  Mittheilungen  über 
diesen  Gegenstand  erweisen  lassen« 

Der  grofse  Werth,  welchen  die  genaue  Bestimnnmg 
der  Anfangsgeschwindigkeit  der  Geschosse  für  die  Artil- 
lerie hat,  und  die  grofsen  Mängel,  welche  den  bisher  zu 
diesem  Behufe  benutzten  Instrumenten,  und  namentlich 
dem  Ballistischen  Pendel,  anhaften,  veranlafsten  die  Ar- 
tillerie-Prüfungs-Commission  za  Berlin  zur  Betretung  ei- 
nes ganz  Terschiedenen  Weges,  nSmlieh  der  directen  Mes- 
sung der  Flugzeit  des  Projeetils,  mittelst  eines  elektro- 

28* 


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436 

magnetisehen  Apparats.  Sdben  im  Jalre  1838  war  die- 
ser Plan  von  der  genannten  Commission  vollständig  aus- 
gearbeitet. Er  bestand  darin,  dafs  eine  Uhr  erbaut  wer- 
den soUte,  welche  sich  zur  Angabe  sehr  kleiner  Zeittheile 
eignete  imd  doich  magDetische  Kraft  engagirt  und  arretirt 
werden  kdnote.  Der  hiesige  Uliraiaclier  Hr.  Leonhard 
ward  mit  dem  Bau  derselben  beauftragt  und  begann  ihn 
im  Februar  1839.  Die  grofsen  technischen  Schwierigkei- 
ten, welche  sich  der  Anfertigung  einer  solchen,  die  Ab- 
.leiong  von  tvvv  Secunden  gestattenden  Instrumentes  ent- 
gegensetzleo,  maditen  bedeutende  Modificatiooen  des  ur- 
sprünglichen Planes  und  viele  zeitraubende  Yersüdie  er- 
forderlich. Dem  Eifer  ond  der  grofsen  Geschicklichkeit 
des  Hrn.  Leonhard  gelang  es  indefs,  diefs  Werk  end- 
lich zur  völligen  Zufriedenheit  und  so  herzustellen,  wie 
es  noch  jetzt  bei  den  Versuchen  der  Artillerie -Prüfungi- 
Commission  in  Gebrauch  ist  Im  Wesentlichen  besteht 
es  ans  einem  conischen  Pendel,  welches  durch  ein  Uhr- 
werk in  kreisförmiger  Schwingung  erhalten  wird.  —  Ein 
Beobachluugszeiger  kann  durch  Bewegung  eines  Hebels 
mit  diesem  in  stetem  und  gleichförmigem  Gange  befind- 
lichen Uhrwerk  verbunden,  und  ebenso  wieder  von  ihm 
getrennt  ond  festgestellt  werden. 

Diese  Engagirung  und  Arretirong  des  Beobachtungs- 
zeigers suchte  man  bei  den  im  Jahre  1812  mit  dieser 
Uhr  angestellten  Versuchen  dadurch  zu  bewerkstelligen, 
dafs  die  Kugel  beim  Hinaustreten  aus  der  Mündung  des 
Greschützes  einen  elektrischen  Strom  .herstellte^  durch  wel- 
chen .^er  Magoetismua  eines  Elektromagneten  erregt  und 
der  Anker  ,  angezogen  wurde.  Durch  die  Bewegung  des 
Ankers  wurde  der  Beobachtungszeiger  uiit  dem  im  Gange 
befindlichen  Uhnverk  verbunden  und  daher  in  Bewegung 
gesetzt.  —  Wenn  die  Kugel  am  Ziele  anlangte,  so  wie- 
derholte sich  dasselbe  Spiel  mit  einem  zweiten  Elektro- 
magneten, wodurch  der  Zeiger  wieder  vom  Uhrwerk  ge- 
trennt und  festgesteltt  wurde. 


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437 

Man  gewann  iudefs  batd  die  UeberzeuguDg,  dafs  die 
auf  diesem  Wege  erzielten  Zeitangaben  nie  den  Grad  Y€fä  * 
Genauigkeit  enreicheo  würden,  welehen  die  CoostracCion 
der  Uhr  gestattete.    Der.  Grand  lag  einmal  darin,  daft' 
die  Kugel  nicht  dirM  die  galvanische  Kette  herstellen 
konnte,  und  zu  diesem  Ende  mechanische  Zwischenglie- 
der eingeschaltet*werden  inufsteu,  welche  nothwendig  Feh-  • 
lerquelien  mit  sich  führten,  und  zweitens  darin,  dafs  die- 
Erregung  -des  Magnetismus  nicht  momentan'  mit  der  des 
Stroaies  erfolgt,  und  dafs  seine  Intensität  ron  der  StBrke 
desselben  abhängt,  und  daher  nie  vollkommen  constant 
ist.    Die  Bewegung  des  Ankers  wird  dnher  auch  nicht 
immer  in  demselben  Zeitabschnitt  nach  der  Erregung  des 
Stromes  beginnen ,  und  aufserdem  die  zur  Durchlaufung 
seines  Weges  erforderliche  Zeit  Terschieden  sejn. 

Diefs  veranlafsfe  mich  schon  dämals  zu  dem  Vor-' 
schlage  zur  Engagirung  und  Arretirung  des  Beobachtungs- 
zeigers, anstatt  des  Elektromagnetismus,  den  elektrischen 
Funken  zu  benutzen«  Diefs  liefs  sich  auf  verschiedene 
Weise  ausführen.  Jfie  Federn,  durch  deren  Freiwerden 
der  Zeiger  eng^girt  und  arretirt  wurde,  konnten  durch 
äufserst  fein  gezogene  Platindrtihte  gespannt  werden,  wel* 
che  durch  htndorehschlagende  Funken  nach  einander  ge^ 
schmolzcu  wurden;  oder  diels  konnte  durch  Seidenfäden 
geschehen,  welche  durch  einen  permanenten  Strom  von 
Wasserstoff  oder  einen  mit  Knallgas  gefüllten  Raum  hin- 
durch  gingen  und  durch  die  Entzündung  des  Gases  durch 
den  elektrischen  Funken  verbrannt  wurden.  Auch  konn-- 
ten  die,  die  Engagirung  und  Arretirung  des  Zeigers  be- 
wirkenden Hebel  durch  die  mechanische  Wirkung  der 
Explosion  des  Knallgases  direct  in  Bewegung  gesetzt 
weiden. 

Die  Artillerie -Prfifungs-Commission  ging  jedoch  auf 
meinen  Vorschlag  nicht  ein,  weil  ihr  die  Isollrung  langer 
Leitungsdrähte,  besonders  bei  nicht  ganz  günstiger  Wit-  . 
terung,  zu  schwierig  schien.    Sie  adoptirte  dagegen  die 


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488 


▼on  Himl  j  in  GdttiiBgeii  xaeist  TOffffescIdageDe  und  Ton 
mir  gleidneitig  mit  meinem  Plane  zu  ihrer  Kenntnifo  ge- 
brachte Unterbrechung  des  galvanischen  Stromes  durch 
die  Kugel  unmittelbar,  jedoch  benutzte  sie  dieselbe  in 
§aQZ  anderer  Weise,  wie  Himly  es  vorschlug.  Dieser 
wollte  nttmlich  durch  die  Unterbrechoog  der  Uanpileitung 
einer  staiken  guyanischen  Kette  den  ganten  activett  Strom 
einer  Nebenleitnng  zowenden,  dadurch  einen  üräien  in 
dieselbe  eingeschalteten  Platiudraht  schmelzen  und  hier- 
durch den  Beobachtungszeiger  engagiren.  Die  Commis- 
sion  behielt  dagegen  den  Elektromagnetismus  bei,  jedoch 
unter  der  wesentlichen  Modification,  dafe  die  -Engagi- 
rang  und  Arretirong  des  Beobachtongszeigers  nicht  mdir 
wie  frfiber  dorch  die  Herstellung  eines  Stroms,  sondern 
durch  die  Unterbrechung  desselben  und  das  damit  ver- 
bundene Abfallen  der  Anker  der  Elektromagneten  gesche- 
hen sollte. 

Die  mit  der  so  ausgerüsteten  Uhr,  namentlich  im  Som- 
mer  1814,  angestellten  Beobachtungen  gaben  im  AUgemei- 
nen  befriedigende  Resultate^  da  der  Tariable  Fehler  sd- 

,  ten  einige  Tausendtheil-Secundc  überstieg.  Vollkommen 
fehlerfreie  Resultate  werden  sich  jedoch  auch  auf  diesem 
Wege  nicht  erzielen  lassen,  weil  die  magnetische  Kraft 
nkfat  pltttzHch  mit  der  Unterbrechung  des  Stromes  anf- 
hörty  oder  auch  nur  bedeutend  Termindert  wird.  Es  kann 
diefe  nur  in  einer  mehr  oder  weniger  steilen  Corve  ge- 
schehen. Wenn  daher  auch  ein  Anker,  der  die  Gränze 
der  Tragkraft  des  Magneten  beinahe  erreicht,  scheinbar 
momentan  mit  der  Unterbrechung  des  Stromes  abfällt,  so 
mufs  doch  immer  eine,  von  der  St&rke  des  Stromes,  so 
wie  auch  von  der  Dauer  seiner  Einwirkung  auf  den  ge- 
schlossenen Magneten  abhängige  Zeit  verfliefsen,  bis  diefs 
eintritt.  Ja  selbst  wenn  die  Schwere  des  Ankers  die  Trag- 
kraft vollständig  erreichte,  könnte  er  doch  nicht  momen- 
tan abfallen,  weil  im  Augenblicke  der  Unterbrechung  der 
Strom  und  mithin  auch  die  Aniiehungskraft  des  Magne- 


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4» 

teil,  dwck  die  iadiuireiide  Wkkmig  der  DralitwuiduBgen 
auf  einander,  noch  ansehnlich  YermehrC  wird. 

Wheatstone  und  Brcguet  wenden  bei  ihrcu 
neuerdings  bekannt  gemachten  Apparaten,  anstatt  einer 
.  Uiir  als  Zeitmesser,  einen  rolirendeo  Cy linder  an.  Sie 
laseen  die  Anker  der.£lektroniegnete  direct  auf  densel- 
ben hinabfallen  und  erhallen  dadurch  Marken  auf  seiner 
Oberflidie,  deren  lothrechter  Abstand  von  einander  ihnen 
das  Maafs  der  zwischen  der  Unterbrechung  der  beiden 
Ströme  verflossenen  Zeit  giebL 

Es  ist  einleuchtend,  dafs  ein  Cjlinder  sich  durch 
Verbindung  mit  einem  coniachen  Pendel  in  weit  gleidi- 
mifirigere  und  schnellere  Rotatiod  versetzen  Islsf,  wie  ein 
BeobachCnngszelger,  der  plötzlich  in  Bewegung  gesetzt 
und  dennoch  sehr  leicht  und  zart  construirt  werden  mufs, 
damit  seine  Masse  keine  merkbaren  Störungen  verursacht. 
Durch  das  directe  HinabfaUeo  der  Anker  auf  den  Clün- 
der ist  ferner  abermals  ein  mechanisches  Zwischenmittel 
mischen  dem  Geschosse  und  dem  Zeitangeber  beseitigl, 
also  anch  eine  Fehlerquelle  weniger  Torhanden.  IndeÜB 
sind  dagegen  andere  Uebelstände  mit  diesen  Apparaten 
verknüpft,  die  ihre  Vorzüge  vor  dem  hier  angewendeten 
mindestens  sehr  fraglich  machen. .  £s  können  nämlich  bei 
|enen  nur  sehr  leichte  Anker  angewendet  werden,  die  so- 
wohl hinsichtlich  der  9eSt  ihres  Ab&Uens,  wie  anch  wah- 
rend des  Falles  selbst,  störenden  Einflüssen  weit  mehr 
ausgesetzt  sind,  wie  schwere.  Doch  audi  möglichst  leichte 
Anl^er  werden  im  Augenblicke  des  Stofses  auf  den  Cy- 
linder  eine  beträchtliche  Reibung  erzeugen,  welche  stö- 
rend auf  die  gleichfl^ige  Bewegung  d^aelben  einwirkt 
Der  Cylinder  selbst  muÜB  sehr  lang  und  Terhaltnifsm&isig 
schwer  werden,  und  seine  Axen  eine  entsprechende,  der 
gleichförmigen  und  schnellen  Rotation  uachlheiUge  Dicke 
erhalten.  Eine  weit  gröfscre  Fehlerquelle  liegt  aber  noch 
in  der  Verschiebung  des  Cylindcrs  oder  der  Magnete 
wlhrend  der  Messung.  Denn  da  dieselbe  ,  erst  kurz  Tor- 


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440 


bar  beginnen  kann,  so  mufe  die  )ettt  eintreteDde  Bewe* 

guDg  einer  beträchtlichen  Masse,  die  nur  auf  Kosten  der 
Drehungsgeschwindigkeit  des  Cylinders  entstehen  kann, 
nothwendig  bedeutende  Störungen  in  der  Gleichmäfsigkeit 
der  letzteren  berbeifttbren,  die  nocb  durdi  die  beträcbt- 
licbe  Reibnog  in  den  Sebraubengewinden  TergrOfsert  wer^ 
den.  Die  Resultate  der  Messungen  mittelst  eines  solcben 
Instruments  können  daher  auch  nur  sehr  unsicher  seyn. 

Wenn  indefs  auch  die  Anwendung  eines  rotirenden 
Cylinders  in  Verbindung  mit  Elektromagneten  mit  gro- 
fsea  Uebelstättden  verknfipft  ist,  so  wilrde  dodi  ein  sol- 
cher, wenn  er  sebr  kun^  und  leicht  gefertigt  urorden,  und 
ganz  frei  rotiren  kl^nnte^  einen  sehr  Tollkonimenen  Zeit- 
augeber bilden. 

Dicfs  bewog  mich,  meinen  früheren  Plan,  den  elek- 
trischen Funken  zur  Geschwindigkeitsmessung  zu  benutzen, 
wieder  aufzunehmen,  und  die  Uhr  durch  einen  rotirenden 
Cylinder  zu  ersetzen.  Mein  Bestreben  war  dabei.  Jedes 
mechanische  Zwiscbenelenient  zfHschen  der  Kogel  and  ^ 
dem  Zeitangeber  zu  beseitigen,  den  Funken  sich  also 
direct  auf  dem  Cjlinder  markiren  zu  lassen.  —  Eine 
Reihe  von  Versuchen,  die  ich  mit  verschiedenen  Metal- 
len ond  Ueberzflgen  anstellte,  um  eine  scharf  begrenzte 
und  leicht  erkennbare  Marke  durch  einen  dberspringen- 
deii  Funken  zu  erhalten,  liefs  ihich  einen  polirten  Stahle 
cjlinder  ohne  jeden  Ueberzug  als  das  Angemessenste  er- 
kennen. —  Jeder,  wenn  auch  noch  so  schwache  Funke, 
macht  auf  polirtem  Stahl  einen  scharf  begrenzten  und 
deutlich  sichtbaren  Punkt.  Er  ist  anfange  sicbwSfzIidi  ge-  . 
iHrbt  yon  abgelagertem  Eisenoxyd,  tariit  aber,  wenn  diefe 
durch  Abwischen  entfernt  ist,  viel  deutlicher  als  heller 
unter  dem  Mikroskop  siclitbar  vertiefter  Fleck  hervor. 

Die  Coustruction  des  hierauf  begründeten  elektri- 
schen Chronoskops  ist  nun  folgende: 

Ein  sorgfaltig  gearbeiteter  und  getfaeilter  Stahley^lin- 
der,  dessen  Schwerpunkt  im  Quecksilberbade  genan  cen- 


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441 

trirt  ist,  wird  duroh  ein  Getiidie  ait  einem  coniscfaen 

Pendel  in  Verbindung  gesetzt,  und  durch  dasselbe  in 
sclineller  und  gleicbmäfsiger  Rotation  erhalten.  Seiner 
Peripherie  möglichst  nahe  ist  eine  isoUrte  Metallspitze 
angebnclit,  welche  mit  der  inoereii  Bele^^n^  einer  gda* 
den^  Leydner  Flasche  eommonidrt.  —  Ton  dem  ^en« 
falls  isolirten  Cylinder  *und  der  infoeren  Belegung  der 
Flasche  ausgehend,  führen  zwei  Metalldrähte,  in  einem 
die  Schlagweite  des  Funkens  übersteigenden  Abstände, 
yor  der  Mündung  des  Geschützes  vorbei,  und  sind  hin- 
ter derseUven  befe8ti£;t  Wenn  die  Kogel  ans  der  Mün- 
dung des  Geschützes  tritt,  so  trifft  sie  die  beiden  Drtthte 
nnd  stellt  in  diesem  Augenblicke  die  leitende  Yerlrindting 
des  Cylinders  mit  der  äufseren  Belegung  der  Flasche 
durch  ihre  eigene  metallische  Masse  her.  Der  jetzt  über- 
bringende Funke  markirt  sich  auf  der  Oberfläche  des 
rotirenden  Cylinders.  Einige  Fnüs  von  der  Mündung  des^ 
Gescihtttses  entfernt  ist  ein  zweites  Drahtpaar  eben  so 
-wie  das  erste  angebracht,  von  denen  der  eine  ebenfalls 
mit  dem  Cylinder,  und  der  zweite  mit  der  äufseren  Be- 
legung einer  zweiten  Flasche  communicirt,  deren  innere 
Belegung  wie  die  der  ersteren  mit  der  Spitze  verbunden 
ist  Der  zweite  Funke  mofs  daher  auf  den  Cylinder  - 
überspringen,  wenn  .die  Kügel  den  Abstand  der  beiden 
Drahtpaare  von  einander  durchlaufen  hat  und  das  zweite 
Paar  trifft;  der  Abstand  der  Punkte  von  einander  ist  dann 
das  Maafs  der  dazu  verbrauchten  Zeit. 

Gesetzt  nun,  der  Cylinder  wäre  in  Tausend  Theiie 
getheilt  nnd  rolirte  lOmal  in  der  Secnnde  um  seine  Axe^ 
so  würde  einem  Abstände  der  Punkte  Ton  I  Theilstrich 
eine  Zeit  von  0,0001  Secunden  entsprechen.  Mit  Hülfe 
eines  Nonius  lasseu  sich  aber  noch  10  Unterabtheilungen 
bequem  ablesen,  wenn  die  Funken  schwach  gehalten  sind, 
wodurch  die  Genauigkeit  der  Messung  sich  auf  0,00001. 
Secunden  steigert  Ein  Fehler  in  der  Zeitangabe  ist  da- 
bei .kann  möglich,  und  könnte  nur  in  dner  Unregehnftisig- 

« 


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I 


442 

keit  der  Drehung  des  CjUnders  seinen  Grund  habeo* 
Durch  eine  groijBe  Drehangsgesdiwuidi^keit  wird  aber  der 
nachtheilige  EinfluiB  etwaoiger  FeUer  des  B&derwerks, 

die  sich  bei  langsamer  Bewegung  volIstBDdig  anf  die  Dre- 
hung des  Cjlinders  übertragen  würden,  compensirt.  Da 
sich  bei  dieser  Schärfe  der  Zeitangabe  noch  eine  Bewe- 
gung des  Gescfaotses  um  -riv  ^u^s  auf  deni  Cy linder  ab- 
lesen .lädst»  so  wfirde  es  nnnöthig  sejn,  die  Flugzeiten 
wihroid  eines  gröfseren  Theils  der  GesaiiimCbalm  des- 
selben zu  messen,  wie  es  bei  Anweedung  des  Elektro- 
magneten, des  beträchtlichen  variabelen  Fehlers  wegen, 
erforderlich  ist.  Man  gewinnt  dadurch  in  mehrfacher  Be- 
ziehung» Einmal  kann  die  Anfangsgeschwindigkeit  direct 
gemessen  werden,  da  die  Abnahme  der  Bewegungßge- 
schwindigkeit  des  Gesdmsses  in  den  ersten  5  bis  10  Fnft. 
noch  kaum  merkbar  sejn  wird.  Femer  kann  mau  ohne 
Schwierigkeiten  zwei  kurze  hinter  einander  folgende  Stücke 
der  Flugbahn  gleichzeitig  messen,  um  dadurch  eine  Con- 
trole  der  Zeitangabe  zu'  erhalten«  Man  brancbt  zn  die- 
sem Ende  nur  ein:  drittes  Drabtpaar,  welches  nnt  einer 
dritten,  eben  so  wie  die  beiden  anderen,  mit  der  Spitze 
verbundene  Flasche  communicirt,  in  der  Schufslinie  zu 
placiren.  Endlich  erreicht  man  dadurch  noch  den  Vor- 
theil, daüs  die  zu  messenden  Zeiten  stets  geringer  sind, 
wie  die  zn  einer  halben  Umdrehung  des  Cjlinders  erfor- 
derliche. Es  Ist  delswegcn  auch  nicht  nMfaig  eine  Ver- 
schiebung der  Spitze  oder  gar  des  Cjlinders  stattfinden 
zu  lassen,  um  die  Umdrehungen  zählen  zu  können,  und 
zu  wissen,  welches  der  erste  Punkt  ist.  Ferner  ist  es 
andi  unnötkig  dem  Cylinder  eine  beträchtliche  Länge  zn 
gdi>en,  und  nach  jedem  Schusse  denselben  anzuhalten,  um 
das  Resultat  abzulesen.  —  Die  Spitze  braueht  nur  nach 
jedem  Schusse  in  der  Richtung  der  Axe  des  Cjlinders  et- 
was verschoben  zu  werden.  Hierdurch  werden  die  Punkte 
in  einen  neuen  Kreis  gebracht  und  können  von  den  frü- 
heren leicht  untecschieden  wer^.  Die  Fähigkeit,  kleine 


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m 

ZeüioteiTalleD  mit  Genauigkeit  sn  onssen,  vBckt  diefii 
Instnraient  noch  zn  einer  anderen  Veranshtreike  anwend* 

bar,  welche  für  die  Theorie  der  SchafiBfrafCen  von  grofeer 

Bedeutung  werden  wird.  Es  ist  diefs  das  Messen  der 
Geschwindigkieit  des  Geschosses  in  den  verschiedenen  Ab- 
schBitten  seiner  Babn  im  Geschütze  selbst.  Man  braucht 
zu  diesem  finde  nur  in  versdnedenen  AbstKnden  Löchtr 
in'«  Gesditltz  zu  bohren  und  isolirte  Leitmigsdrikte  bin- 
dnrdi  zu  führen,  die  mit  den  öufsereu  Verlegungen  der 
Flaschen  communiciren,  während  das  Geschütz  mit  dem 
Cjlindcr  in  leitende  Verbindung  gebracht  ist. 

Bei  allen  diesen  Messungen  kann  das  Instrument  in 
einem  Zimmer  dicht  bei  dem  Geschütze^  und  dieses  selbst 
mit  den  Leitungsdrähten  ebenfiillis  in  einem  bedeckten 
Räume  stehen. 

Die  Isolirung  der  Drähte  würde  daher  bei  einigcr- 
mafsen  günstiger  Witterung,  die  man  )a  immer  zu  der- 
artigen wissenschaftlichen  Untenuchungen  abwarten  kamb 
keine  Schwierigkeit  h^en.  Eben  so  würde  bei  den  vor- 
geschlagenen geringen  Entfernungen  das  Treffen  der  ein- 
zelnen Drahtpaarc  nicht  gefährdet  seyn.  Um  Letzteres 
auch  auf  gröfscrc  Entfernungen  zu  sichern,  kann  man 
auch  einen  Kähmen,  in  welchem  parallele  Drähte  ausge- 
spannt sind»  anstatt  eines  einzelnen  Draht|iaares  in  die 
Sdiuislinie  bringen.  Die  Drfthte  werden  abwedisehid  mit 
einander  verbunden,  so  dafs  z.  B«  der  Iste,  3te,  5te  etc. 
mit  dem  Cylinder,  der  2te,  4te,  6te  etc.  mit  der  äufseren 
Belegung  der  Flasche  communicirt.  Die  Kugel  raufs  dann 
stets  mit  zwei  nach  einander  folgenden  Drähten  gleich- 
zeitig in  Cofitact  kommen,  und  dadurch  das  Uebersprin- 
gen  des  Funkens  yeranlassen. 

Zur  Messung  der  2^iten  ,  welche  das  Geschoii  aar 
Durchlaufung  sehr  grofser  Theile  seiner  Gesammtbahn 
gebraucht,  würde  das  Instrument  in  der  bescliriebeueu 
Form  indefs  kaum  anwendbar  seyn,  da  die  Isolirung  so 
lan^  Itrtthte  immer  mit  grolsen  Schwierigkeiten  verknfipft 


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444 


scjn  würde.  Zu  diesem  Bebufc  würde  es  vorlheilhafter 
seyn,  sich  des  InductionsfunkeDS  anstatt  des  FuDkens  der 
Fk»che  zu  bedienen.  DieCs  lieCie  sich  aof  folgende  Weise 
bewerkstelligen: 

Ein  ans  isoliiten  Drilbten  bestehender  Eisenkern  wird 
mit  zwei  besponnenen  Drähten  umwunden,  von  denen  der 
eine  dickere  der  Schliefsungsdrabt  einer  starken  galvani- 
schen Kette  ist,  und  vor  der  Mündung  des  Geschützes 
Torbeiiüfart  Die  Enden  des  zweiten  dünnen  und  Ijlnge- 
rsn  Drahtes  werden  mit  dem  rotirenden  Cjlinder  luid 
der  Spitze,  die  dem  Cylinder  so  nahe  wie  maglicb  ge- 
bracht wird,  verbunden.  Bei  der  Unterbrechung  der  Kette 
durch  die  Kugel  springt  dann  ein  Funke  auf  den  Cylin- 
der  über,  der  sich  ebenfalls,  wenn  auch  bedeutend  schwä- 
dier  und  undeutlicher,  auf  dem  Cjlinder  markirt.  Das- 
selbe wiederholt  sidi  mit  mner  anderen  InductionsroUe, 
wenn  die  Kugel,  am  Ziele  angelangt,  den  Schliefsungsdrabt 
einer  zweiten  Kette  durchreifst. 

Da  sich  die  Empfindlichkeit  des  beschriebenen  Ap- 
parats durch  eine  möglichst  sorgfältige  Anfertigung,  ge- 
nauere Tbeilnng  und  schnellere  Rotation  des  Cylinders 
und  Benutzung  sehr  schwacher  Funken  noch  bedeutend 
steigern  lassen  wird,  so  liefsc  er  sich  auch  vielleicht  mit 
Vortheil  zu  Messungen  der  Bewegungsgeschwindigkeit  der 
Elektricität  selbst  benutzen.  Zu  dem  Ende  mü£ste  der 
Cylinder  ans  zwei  isolirten  Scheiben  oder  Ring^,  die 
auf  derseben  Axe  rotiren»  bestehen«  Diesen  Scheiben 
stehen  zwei  Spitzen  gegenüber,  die  genau  auf  denselben 
Theilstrich  eingestellt  sind.  Wird  nun  die  eine  dieser 
Spitzen  mit  der  inneren  Belebung  einer  geladenen  Fla- 
sche verbunden,  und  ist  die  Verbindung  der  beiden  Schei- 
ben durch  einen  langen  Leitungsdraht  hergesteilt»  so  wird, 
wenn  die  zweite  Spitze  durch  einen  eben  so  langen  Draht 
mit  der  ftnfseren  Belegung  iii  Verbindung  gesetzt  wird» 
ein  Funke  zwischen  beiden  Scheiben  und  Spitzen  über- 
springen. Der  lotbrecbte  Abstand  der  Punkte  von  einan- 


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446 

der  giebt  dann  die  Zeit  an,  welche  der  Funke  zur  Durch« 
laufuDig  der  Hälfte  des  Gesauuntweges  gebrauchte« 


VIL    lieber  ein  Volumenomeier; 
von.  Hrn.  V*  RegnaulU 

{Ann,  dM  chim,  ei  de  phys.,  Ser,  111^  T,  XiF,  p,  207.) 


Ein  französischer  Phyttker,  Hr.  Say»  hat  zuerst  den 
Vorschlag  gemacht,  das  Yolum  ehies  Körpers  durch  Mes- 
sung des  von  ihm  verdrängten  Luftvolums  zu  messen  *). 
Der  von  Say  unter  dem  Namen  Stereometer  vorgeschla- 
^eae  Apparat  ist  eine  Art  Glastrichter  j4B  (Taf.I,  Fig.  11)^ 
bestehend  aus  einer  Kapsel  in  welche  man  den  Körper 
legt,  und  einer  Röhre  B  von  mö^chst  ^eichfdnnigera 
Durchmesser.  Die  Kapsel  ist  auf  ihrem  Rande  abge- 
schliffen, damit  sie  durch  eine  schv«rach  eingefettete  Glas- 
platte hermetisch  verschlossen  werden  kann.  Auf  die 
Röhre  ist  eine  doppelte  Scala  geklebt;  die  eine  giebt 
Längentheile  der  Röhre,  die  andere  deren  Volume. 

V^Shrend  die  Kapsel  offen  ist;  «enkt  man  die  Röhre 
Ins  zum  Nullpunkt  ihre«*  Scala  in  einen  mit  Quecksilber 
gefüllten  Cjlinder,  und  verschliefst  nun  die  erstere  durch 
die  Glasplatte.  Man  hat  alsdann  ein  Luftvoiuin  unter 
dem  Druck  H  der  Atmosphäre.  Nun  hebt  man  das  In^ 
strumenti  die  Luft  nimmt  ein  gpnöÜBeres  Luftrolum  /^H-<^ 
ein,  aber  unter  einem  schwächeren  Drui^  ZT— wo  h 
an  der  Längenscala  der  Röhre  b  gemessen  ^d.  Offmi« 
bar  ist  also: 

—  woraus  -r>= 


1)  y4nn.  de  chimie,  T,  XXIII,  p,  1.    (Giibert's  AnnaL,  Bd.  2, 
S.  230.   P.)  . 


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446 

Gesetzt  nun,  man  wolle  das  Volmn  x  eines  Körpers 
messen.  Hierzu  bringt  man  denselben  in  den  Behälter 
und  verschliefst  diesen  durch  die  Platte.  Da  das  Queck- 
silber des  Cjlinden  dem  Nullponkt  der  Scala  entspricht, 
so  nimint  die  Loft  des  Instruments,  das  Yolom  V — x  un- 
ter dem  atmosphärischen  Druck  H  ein.   Man  zieht  das 
Instrument  so  weit  heraus,  bis  es  das  Volum  V — 
erfüllt,  und  man  beobachtet  nun  eine  gehobene  Queck- 
silbersäule H,  Die  Spannkraft  der  Luft  ist  also  H — 
und  man  hat: 

9  ist  dordh  den  ersten  Versuch  bekannt;  man  kann 
ako  X  ans  der  vorstehenden  Gleichung  herleiten. 

Say's  Verfahren  kann  in  vielen  Fällen  mit  Erfolg 
angewandt  werden,  wo  uiau  die  auf  ihre  Dichtigkeit  zu 
untersuchende  Substanz  nicht  mit  einer  Flüssigkeit  in  Be- 
rührung setzen  darf;  dieiÜB  gilt  Ton  Yieien  orgmischen 
Snbstanzeni  z.  B.  Satzmehl,  Holz  n.  s.  w»,  oder  von  Kunst- 
producten,  wie  Schiefspulver. 

Apparate,  auf  dieselbe  Methode  gegründet,  sind  spä- 
ter von  verschiedenen  Physikern  vorgeschlagen;  ich  nenne 
nur  Leslie  und  Hermann  Kopp  ^). 

In  der  gegenwärtigen  Notiz  will  ich  einen  analogen 
Apparat  besckreiben,  den  ich  zu  speciellen  Untersuchun- 
gen anfertigen  liefs.  Derselbe  ist  in  Fig.  12  und  13,  Taf.l, 
abgebildet.  Er  besteht  aus  einer  Glaskugel  A  von  300 
Kub.centm.  Bauminhalt,  der  mittelst  einer  metallenen  Fas- 
song auf  seinem  Hals»  ckirch  vier  Schrauben  und  Zwischen- 
legung  von  eingefettetem  Leder,  luftdicht  mit  dem  mano- 
metrischen Apparat  ah  cd  veribunden  werden  kann.  Das 
Manometer  besteht  aus  zwei  14  Millimetern  weiten  Röh- 
ren, eingekittet  in  ein  Hahnstück,  wie  ich  es  bei  meinen 
Versuchen  über  die  Ausdehnung  der  Gase  und  die  Span- 
nung der  Dämpfe  angewandt  habe.   Die  Rühre  cd»  die 

1)  Ann,  de  chim.  et  de  phys,,  Ser.  III,  T,  Fl^  p,  380. 


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•447 

mit  der  Kugel  A  gemeinsrliaftet,  hat  nach  oben  eine  Ko* 
gel  B  und  zwei  Merkslricbe  mn  und  pg* 

Die  Aichung  der  Röbre,  von  da,  wo  sie  in  die  Ko- 
gel A  tritt,  bis  zu  jedem  der  Striche  mn  und  pq^  fje- 
schiebt  durch  genane  WSgong  des  sie  inneriialb  dmer 
Räume  füllenden  Quecksilbers,  eine  Operation,  die  leicht 
ausführbar  ist,  weil  man  vermöge  der  besondern  Einrich- 
tung des  Hahns  R  nach  Belieben  entweder,  wie  in  Fig.  14, 
die  beiden  Rühren  ab  and  cd  in  Gemeinschaft  setzen, 
oder,  wie  in  Fig.  15,  blofs  das  in  ab  enthaltene  Quedi- 
silber  abfliefsen  lassen  kann.  Das  Yolmn  zwischen  den 
Strichen  mn  und  p(j  werde  ich  nennen.  Eben  so  mifst 
man  das  Volum  der  Kugel  A  aus.  Diefs  Volum,  ver- 
mehrt um  das  der  communicireuden  B^Ilure  bis  zum  er- 
sten Stridi  mn,  giebt  das  Volum  V. 

Um  das  Yolnm  einer  Substanz  zu  bestimmen  bringt 
man  von  ihr  so  viel  in  die  Kugel  A,  dafs  sie  dieselbe 
etwa  zur  Hälfte  füllt.  Wägt  man  die  Kugel  vor-  und 
nachher,  so  hat  man  das  Gewicht  der  hineingebrachten 
Substanz.  Man  schraubt  die  Kugel  an  den  Apparat,  und 
läfist  den  Hahn  r  offen.  Man  giefst  Quecksilber  in  das 
Manometer  bis  zum  Strich  mn;  dann  sind  beide  Säulen 
Im  Nirean.  Glaubt  man,  es  sej  in  d)n*  Kugel  A  Tem- 
peraturg^leichgewicht  eingetreten,  so  schliefst  man  den 
Hahn  und  läfst  durch  den  geöffneten  Hahn  R  so  viel 
Quecksilber  abfliefsen,  dafs  das  Niveau  auf  pq  herabge- 
bracht  wird.  Man  mifst  den  NiTeannntersebied  h  beider 
Sftulen  und  den  Barometentand ;  daduch  hat  man  alle  Data 
zur  Gleichung: 

woraus 

h  ' 

Man  erhält  sogleich  einen  neuen  Werth  von  ir,  wenn 

man  den  mit  der  Atmosphäre  gemeinschaftenden  Hahn  r 
öffnet  und  Quecksilber  in  das  Manometer  nacbgiefst,  bis 


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448 


das  Niveau  in  pg  kommt  und  beide  Säulen  gleiche  Höhe 
erhalten.  Man  hat  nun  ein  Luftvolum  .^'4-^  ea'cer 
dem  Druck  H;  man  schliefst  den  Hahn  r  und  ^efst 
80  viel  Quecksilber  hinzn,.  di^s  daa  NiFcau.nadi  mn 
kommt  Dfum  hat  man  ein  Lnftrolam  V^x  anter  dem 
Brack  Ä+Ä',  folglich: 

woraus 

Combinirt  man  beide  Bedbaditiingen,  so  ist  man 

der  Beobachtung  des  Barometers  gänzlich  überfa'obea 
Man  kann  nämlich  H  zwischen  den  beiden  Gleichungen 
(1)  und  (2)  eiiminircn;  dielt  giebt: 

nr=r^=*  

woraus 


In  einigen  Fällen  ist  erforderlich  mit  einer  vollkom- 
men trockenen  Substanz  zu  operiren.  Dann  trocknet  man 
die  Substanz  in  der  Kugd  A  selbst,  bestimmt  ihr  Ge- 
wicht, schraubt  die  Kugel  an  den  Apparat  und.  setzt  die 
Rohre  wfihrend  das  Manometer  ganz  mit  Quecksilber 
gefüllt  ist,  in  Verbindung  mit  einer  Röhre  voll  Chlorcal- 
cium.    Im  Uebrigen  verfährt  man  wie  vorhin. 

Will  man  diese  Methode  zur.  Bestimmung  der  Dich- 
tigkeit yerscbiedeaer  Proben  einer  selben  Materie  anwen- 
den,  z.  B..  verschiedener  Proben  von  Schiefspulver ,  so 
bringt  man  in  die  Kugel  immer  ein  gleiches  Gewicht  vom 
Pulver  und  graduirt  den  Apparat  so,  dafs  er  die  Dich- 
tigkeiten unmittelbar  angiebt.  Eine  sehr  einfache  Cor- 
rectionstafel  wird  erlauben  die  Veräoderangen  des  Baro- 
meters wahrend  der  verschiedenen  Operationen  in  Rech- 
nung zu  ziehen.  Die  directe  Gradoirang  des  Apparats 
kann  dadurch  geschehen,  dafs  man  snccessiv  bekannte 
Gewichte  Queckailber  in  die  Kugel  A  bringt  und  deren 

Vo- 


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449 

Volom  duroh  dko  Appar«!  selbst  beslliiinit.  DUselbeVe»- 

fahren  gestattet,  mit  Leichtigkeit  zu  erkennen,  welchen 
Grad  von  Genauigkeit  diese  Bestimmungen  zulassen. 

Gewisse  Substanzen  haben  die  Eigenschaft,  bei  Zu- 
nahme des  Drucks  Luft  za  Terschlnoken,  und  bei  Ab- 
nahme desselben  sie  zu  entlassen.  Füt  solche  Snbsfanr 
zen  wfirde  Saj's  Methode  offenbar  anriobtige  Resnltate 
geben.  Allein  dieser  Substanzen  giebt  es  weit  weniger, 
als  iiiau  glauben  sollte.  Bei  meinem  Verfahren  erkennt 
man  übrigens  unfehlbar,  wann  jener  Fall  eintritt,  indem 
dann  die  Gleichungen  (1)  und  (2)  nicht  mehr  denselben 
Werth  fiir  x  geben,  und  der  BmdL  in  demt  Apparat  sich 
mit  der  Zeit  verilndert 


VIII.  Veher  die .  Zersetzung  des  fVassers  durch 
Metalle  bei  Gegenwart  pon  Säuren  Und  Sahen. 


TJnter  diesem  Titel  hat  Hr.  Millon  in  den  Compt. 
rend.,  Tom,  XXI y  p.  37,  eine  Keihe  von  Thatsachen 
beschrieben,  deren  Erklärunig  zwar  ziemlich. nahe  kegl, 
die  aber  dodh  nicht*  ohne  Interesse  und  Nutzen  sind.  •  Er 
bat  nSmlich  beobachtet,  darf«  die  Wirkung  verdfinnC^ 
Säuren  auf  Metalle,  wie  Zink,  Eisen.  Zinn,  u.  s.  w.  in  der 
Regel  mehr  oder  weniger  bedeutend  erhöht  wird,  wenn 
Lösungen  gewisser  Metalisalze,  selbst  in  sehr  geringer 
Menge,  zugesetzt  werden.  Hr.  M.  scheint  keine  reolit 
bestimmte  Ansicht  fibcr  die  Ursaebe  dieser  Vorgänge  ge- 
fafst  zu  haben,  allein  es  ist  wohl  klar,  wie  es  auch  kurz 
hernach  Hr.  Barrese  wil  in  den  Compt,  rend.j  T,  XXI, 
p,  292,  ausgesprochen  hat,  dafs,  da  die  als  Salze  hinzu- 
gefügten Metalle  meistens  elektro* negativerer  Natur  als 
itie  sieb  ktoenden  Metalle  sind,  )ene  auf  diese  niederge- 
scblagen  werden,  und  somit  galvausche  Ketten  entstuben, 

Poggendorft's  i\niial.  Bd.  LXVi.  29 


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450 


dmn  Wirkung  mdk  mut  der  directen  der  Slore  condMi- 
nirt  Folgendes  sind  die  haoptsftchlidKteir  der  tod  Hm. 

M.  beobachteten  Einzelheiten. 

Zin/[y  als  Riech,  in  einem  Stücke  von  etwa  100  Qua- 
dratcentui.  Oberfläche,  wurde  mit  Deciliter  verdünnter 
Scbwefelstture  ( 1  Thl.  Säure  und  12  ThL  Wasser)  tlb«r- 
gossen  und  nadi  10  Minuten  der  GewicbtsTeriust  bestimmt. 
Eben  so  wurde  mit  andern  gleich  grofsen  Stücken  ver- 
fahren, nachdem  der  Säure  einige  Tropfen  einer  concen- 
trirten  Metalllösung  hinzugesetzt  worden.  So  ergaben  sich 
folgende  relative  Verloste: 

mit  der  reinen  SSnre   I 

-  Zusats  yon  15  TropCr  schwefeis.  Silberoxyd  2,4 

-  10     -    Brechweinstein  ....  29 
-       -    10     -    schwefeis.  Kupferoxjd  45 

-  15     -    arseniger  Säure  .  .  •  .  123 

-  4     .    Platinchlorid  149. 

Die  Wirkung  des  PlatineUorids  ist  nielit  allein  au- 

ÜBerordentlich  stark,  sondern  erfolgt  auch  sogleich;  die 
der  arsenigen  Säure  entwickelt  sich  dagegen  erst  allmä- 
lig,  und  so  nimmt  auch  die  der  drei  anderen  Salze  mit 
der  Zeit  zu.  Die  Beschleunigung  der  Auflösung  hängt 
ferser  zum  Theil  von  der  Menge  des  zugesellten  Metall- 
salzes Bb,  und  steigt  bis  zu  einem  gewissen  Grad  mit 
dieser. 

Lösungen  von  Kobalt,  Nickel,  Zinn,  Kadmium, 
Chrom,  Blei,  Antimon  und  Wismuth  beschleunigen  die 
Auflösung  des  Zinks  in  Schwefelsäure  ebenfalls,  doch 
■icht  in  so  aosgezeichnetem  Grade.  Dagegen  wird  die- 
selbe durch  einige  Tropfm  einer  Lttaung  von  Quecksilber- 
chlorid aulieroFdentlich  verzögert,  indem  sich  das  Zink 
mit  einer  dünnen  Schicht  von  Amalgam  bekleidet.  20,978 
Gram.  Zink  in  eine  Quantität  verdünnter  Schwefelsäure 
(1  Säure  mit  10  Wasser)  gelegt,  welche  das  Metall  bin- 
nen anderthalb  Stunden  vollständig  gelM  haiien  wttrd^ 
verloren  nach  Zusatz  (einer  nicht  nSheir  angegei»aien 


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451 

Menge)  vm  Qaecksilbefchloiid  bionai  70  Stunden  mr 

0,343  Grm. 

Auch  in  Cblorwasserstoffsäure,  Kieesäurc,  Essigsäure 
tu  8.  w.  befördert  ein  Zusatz  von  Piatinchlorür  die  Ld- 
sonf;  des  Zinks  ausnehmend.   Da^en  zeigt  das  Queck- 
silberchlorid bei  der  EssigBSure  (Radkalessig  verdfinnt  mit 
,  1  Vol.  Wasser)  durchaus  keine  schützende  Wirkung. 

Ferner  löst  sich  das  Zink,  auf  Zusatz  kleiner  Men« 
gen  von  Platinchlorid,  in  destillirtem  Wasser,  in  Lösun- 
gen von  Ammoniak-,  Kali-  und  Natronsalzen»  besonders 
Cblomatrium,  und  Tor  allem  schwefelsaurem  Natron.  Hie- 
bei  zeigt  sich  auch  das  lacht  von  Wirkung;  es  bescUeu- 
nigt  im  Allgemeinen  die  Auflösung.  Zuweilen  erfolgt  auch 
im  Dunkleo  anfangs  ein  Auflösen,  das  aber  nach  einiger 
Zeit  plötzlich  aufhört. 

Eisen.  Das  Auflösen  desselben  als  Drebspäne  (also 
Gufeeisett? )  in  verdflnnter  Schwefelsäure  (mit  12  Wasser)  ^ 
wird  durch  Platinchlorid  aulserordentlich  beschleunigt,  da- 
gegen durch  arsenige  SSure  so  yollkommen  gehindert,  dafs 
einige  Tropfen  derselben  dem  Metall  seinen  Metallglanz 
so  gut  wie  unverändert  erhalten.  Brechweinstein  und 
Quecksilberchlorid  verzögern  die  Wirkung  ebenfalls,  hem- 
men sie  aber  nicht  gänzlich;  schwefelsaures  Knpfieroiyd 
und  schwefelsaures  Silberosjd  befördern  sie  dagegen  wie- 
derum, doch  nicht  ausgezeichnet. 

Mit  Chlorwasserstoffsäure  und  Essigsaure  verhalten 
sich  die  genannten  Salze  im  Ganzen  ähnlich;  mit  Klee- 
saure  bedeckt  sich  dagegen  das  Eisen  auf  Zusatz  von 
Platinchlorid  mit  einer  schwarzen  Sdiicht  von  Phitin,  und 
wird,  statt  rascher  gelöst  zu  werden,  ▼ielmehr  gegen  den 
Angriff  der  Säure  geschützt,  gleich  wie  durch  arsenige 
Säure. 

Bei  Salpetersäure  (einer  von  4^  Aeq.  Wasser  ver- 
dünnt mit  2-, bis  3fachem  Volum  Wasser)  sind  die  Elr- 
acheiiiHngai  auffallend.  GieCst  man  sie  auf  Kisendreh' 
sfAne^  so  löst  sich  das  MetaU  anter  Entwicklung  ratber 

29* 


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t 


m 

DSmpCe  imd  Bildung  von  Oxydsalz.  Wird  derselben 
S&ure  aber  ein  Tropfen  Platinchlorid  zugesetzt,  so  'ent- 
wickelt sich  Wasserstoffgas  und  es  entsteht  ein  Oxydul- 
salz nebst  salpetersaurem  Ammoniak«. 

Zinn.  Rauchende  C-hlorwassersloffsanre,  verdünnt 
niit  gleichem  Volum  Wasser,  wird  bei  21**  C,  Tempera- 
tur in  ihrer  Wirkung  auf  gewalztes  Zinn  durch  Zusatz 
einer  kleinen  Menge  von  Brechweiastein  bis  zum  11  fa- 
chen, und  durch  einen  ähnlichen  von  Plalinchlorid  bis 
zum  13fachen  gesteigert.  Bei  der  Siedhitze  des  Wassers 
übertrifft  sogar  die  Wirkung  des  Brechweinsteins  die  des 
Platinchlorids,  und  noch  mehr  ist  dieÜB  der  Fall,  wenn 
statt  des  gewalzten,  gekörntes  Zinn  angewandt  wird. 

BUi  löst  «ich  in  ChlorwasserstoffsSure,  selbst  ver- 
dünnter, mit  starker  Wasserstoffentwicklung,  wenn  etwas 
Platinchlorid  zugesetzt  wird.  Kupfer  verhält  steh  eben 
so,  und,  in  der  Hitze,  auch  Antimon.  Das  Kupfer  giebt 
mit  verdünnter  ChlorwasserstoffsKure,  wenn  sie  erwännt 
mit  ein  wenig  Platinehlorid  versetzt  worden,  eben  so  reich- 
Ik^  Wasserstoffgas  als  das  Zink  in  verdftnnterSchwefel- 
sSore.  Dagegen  wird  der  Angriff  einer  mit  dem  3  -  oder 
4  fachen  Volum  Wasser  verdünnten  Salpetersäure  auf 
Kupfer  durch  Zusatz  von  etwas  Platinehlorid  bedeutend 
gehemmt,  durch  die- geringste  Menge  eines  Nitrats  aber 
sogleich  vriederhergestellt. 


IX.  Blaues  Ucht  nicht  allein  vom  Golde  durch- 

gelassen;  pon  Hrn.  Dupasquier*. 

{Compt,  rend,t  7*.  XXI^  p,  64.  —  Ammig;) 

Hr  .  D.  hat  die  Beobachtung  gemacht,  dafs  die  Eigen- 
schaft, vom  weifsen  Liebte  blofe  das  blaue  durchzulassen, 
nicht  aUein  dem  dünn  geschlagenen  oder  in  eaer  FlQs- 


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453 

sigkeit  feiu  vertLciltem  Golde  zukoiuint,  soDclem  sieb  auch 
.  bei  einer  grofscn  Anzahl  opaker  Kdqp^r  vorfiadet,  •and 
sowohl  Ton  der  Natiur,  aU  auch»  Im  su  cJimmi  ^evftssea 
Grade,  selbst  tod  der  Farbe  dieser  KiH^r  anabhADgig 
ist.  Doch  lassen  gelbe,  rotbgelbe  und  ratbe  Silbstanzen 
das  Blnu  am  eutschicdensteo  sehen,  graue  imuder  gut, 
und  farblose  ain  schwächsten. 

Um  das  Phänomen  wohl  zu  beobachten,  begebe  man 
sieh  an  einen  etwas  finsteren  Ort,  wohin  das  diffiise  Licht 
durch  eine  über  seinem  Kopf  befindliche  Oeffnnng  ge- 
langt, and  halte  dort  zwischen  Licht  und  Auge  die  zu 
untersuch  eil  de  Substanz. 

Von  geschlagenen  Metallen  zeigt  reines  Blattgold 
die  Erscheinnng  am  deutlichsten,  nächstdem  grünes  Blatt- 
gold (LegiruD^  Tön  Gold  und  Silber),  BlaUsUher  und 
BUäihupfer.  Bei  letzterem  zieht  sich  das  Blan  etwas  in's 
Schwarze,  und  ist  in  sofern  schwieriger  zu  beobachten, 
als  OS  nicht  leicht  von  der  erfordprlicbeu  Dünubeit  zu 
erhallen  und  dann  oft  löcherig  ist. 

Unter  den  MetaUniedersMägen  sieht  man  die  £r* 
scheinung»  aufser  beim  Golde,  zonSchst  fast  eben  so  deut- 
lich beim  Silber,  welches  aus  seiner  Lösung  in  Salpeter- 
säure durch  das  mittelst  Eisenfeilicht  und  verdünnter  Schwe- 
felsäure bereitole  Wasserstoffgas  gefallt  worden  ist;  fer- 
ner, obwohl  minder  gut,  beim  Quecksüber^  das  durch^- 
nes  unreine  Wasserstoffgas  aus  salpetersaurem  Oxydul  nie- 
dergeschlagen worden. 

Gepfikerte  Substanzen  zeigen  das  Blau,  wenn  man 
sie  in  Wasser  einrfihrt,  und  wartet,  Lis  sich  die  gröberen 
Thcile  abgesetzt  haben;  dann  kommt  ein  Moment,  wo 
die  noch  schwebenden  Tbeilcbeu  ein  sehr  merklich  blaues 
Licht  durchlassen.  Je  feiner  das  Pulyer  ist,  desto  besser 
gelingt  der  Versuch,  besonders,  wenn  man  nicht  zu  viel 
▼on  dem  Pulver  nimmt  Bei  sehr  schweren  Polvem  ist- 
es  gut  die  Ablagerung  der  Thcilchcn  zu  verlangsamen, 
indem  man  eine  schleimige  Substanz  in  der  Flüssigkeit 


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454 

I 

löst,  z.  B.  in  Wasser  arabisches  Gummi,  in  Alcohol  oder 
Aelher  ein  Harz  oder  ein  Fett. 

Aof  difl66  Weise  beobacblet  maa  dieEracheinoDg  beim 
gepfilveiieii  Si&er^  Anthum^  WunuUk  and  Arsen: 

Ferner  zeigen  sie  von  graoenSnbstanzen:  Sehmfelan-' 
timon  (Grauspie fsglanzerz),  Manganhyperoxyd^  Bleiglanz j 
Glanzkobalt  von  Tuuaberg;  von  rothen  oder  roth^elben 
Substanzen:  Quecksilberoxyd,  Mennige,  Zinnober,  eng' 
Usch  Roth,  Bluisiein,  BleigUUte,  Kermes  mineraie,  Mati- 
gansesquioxyd.  Realgar,  arsensaares  Silber;  tod  gelben 
Substanzen:  Massicot,  Turpeihum  minerale,  Schwefel- 
blumen,  Schwefelmilch  (sehr  schön,  was  die  am  Schwe- 
felwasser von  Ax  (Ariegc)  beim  Zutritt  der  Luft  erfol- 
gende und  von  Hm.  Fontan  in  seinen  Recherches  sur 
tes  eaux  de  PyrenSes^  p.  49,  beschriebene  Erscheinung 
erklart),  MusivgiMt  gelber  Ocker,  Chromgelb;  von 
sdiwarzen  Substanzen:  Beinsckfporz;  von  weifsen,  farb- 
losen Substanzen:    Calomel,  Zinnoxyd,  Bleiweif s. 

Auf  eine  Erklärung  der  Erscheinung  läfst  Hr.  D.  sich 
nicht  ein;  er  sagt,  er  habe  dieselbe  nur  als  Chemiker  stu- 
dirt. 


X.    Belegung  i>on  Glasspiegeln  mittelst  Silber* 


Kfirzlich  hat  Hr.  Tourasse  der  Pariser  Academie  Glas- 

Spiegel  vorgelegt,  die  nach  dem  Verfahren  des  Engländer 
Drajton  statt  des  Zinns  und  Quecksilbers  mit  Silber 
belegt  sind,  und  einen  weit  höheren  Grad  von  LichUre- 
fleiion  darbieten  als*  diese. 

Das  in  England  und  Frankreich  patentirte  Verfsh- 
ren  besteht  darin,  dafs  man  salpetersanres  Silberozyd  in 
d'estillirtem  Wasser  löst,  Alcohol,  kohlensaures  Ammoniak, 
Ammoniak  und  Kassiaöl  hinzusetzt,  die  Flüssigkeit  als- 


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465 

dann  auf  den  Glasspiegel  giefst,  und  im  Moment  dieser 
OperatioD  uoch  Nelkeoöl  hinzufügt.  Nach  zwei  Stunden, 
ist  der  Procefs  beendigt,  and  das  Glas  mit  einer  toU- 
kommen  homogenen  Sdricht  des  reinsten  Silbers  Qberso- 
gen.  Durch  eine  FimiUBSchicht  wird  die  Belegung  vor 
äufseren  Einflüssen  geschützt. 

Diese  Belegung  hat  wesentliche  Vorzüge  vor  der  bis- 
herigen. Aufser  der  starken  Lichtreflexion,  die  sie  ge- 
währt, hat  sie  die  Tugend,  von  Rissen,  frei  zu  seja^  die* 
sich  selbst  bei  der  besten  Folie  finden,  und  dabei  wird  sie 
weder  vom  Licht  noch  von  Feuchtigkeit  angegriffen; 
ist  ihre  Anfertigung  ohne  allen  Nachtheil  für  die  Gesund- 
heit der  Arbeiter.    ( Compt*  rend^  2\  XXJ,  p.  378. ) 

Vor  Hrn.  Drayton  wir  es  bereits  bekannt,  daCs 
Aldel^d,  erhitzt  mit  einer  ammoiiiakalischen  Lösung  von 
saipetersanrem  SiUberoxyd,  die  Innenwand  dea  Glases  mit 
glänzender  Silberscbicht  bekleide,  und  dafs  auch  Zucker- 
säure, SalicylsUure  und  Pyromeconsäure  einen  ähnlichen, 
obwohl  dunkleren  Silberüberzug  liefern.  Ur.  John  Sten- 
house  lehrt  noch  mehre  dergleichen  kennen:  Trauben- 
zucker, Rohrzucker,  Mimosengommi,  Stärkmehl,  Phlorid- 
zin,  Terpentinöl,  Lorbeeröl,  Goa jakharz;  doch  wirken 
diese  Substanzen  meistens  nur  bei  Erhitzung  und  geben 
einen  dunkleren  Spiegel  als  der  Drayton'sche  Procefs. 
Einen  eben  so  guten  Spiegel  als  durch  diesen  und  schon 
in  der  Kälte  bekommt  man  dagegen  mit  dem  schwereren 
der  beiden  Oele^  ans  welchem  das  Pimentöl  besteht;  das 
leichtere  dieser  Gele  ist  aber  selbst  in  der  Hitze  unwirksam, 
und  eben  so  verhalten  sich  Zimmt-,  Benzoe-,  Mecon-, 
Körnen-,  Gerb-  und  Pyrogallussäure,  Benzoe,  Elemi, 
Weihrauch,  Rhodiumöl  und  Gljcerin.  Als  einen  nicht 
leicht  zu  hebenden  Uebelstand  der  Drayton'schen  Spiegel 
hebt  Hr.  St.  hervor,  daia  sie  mit  der  Zeit  Meine  roth- 
branne  Flecke  bekommen,  vemrafhlieh  in  Folge  mitnieder- 
gerissener Oellheilcheu.  (^PhiL  Ma^az,^  Fol,  26,  p.293.) 


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456  ' 


XI.     Leher  einen  neuen  neutralen  Punkt  in  der 
Polarisation  der  Atmosphäre; 
pon  D.  Bremster. 


einer  kurzen  geschichtlichen  Uebersioht  der  bis- 
ber  ttber  die  Polarisation  der  Atmospbftre  gemachten  Ent- 
deckongen  theüt  Hr.  Babinel  In  den  Compt.  rmd., 
T,  XX ^  p,  801,  folgenden  Ton  Sir  David  Brewster 
empfangenen  Brief  mit: 

„Ich  habe  nun  fast  vierjährige  Beobachtungen  über 
die  Polarisation  der  Atmosphftre  beisammen,  and  alle  nö- 
thigen  Elemente  znr  Erlangang  der  Curven  gleicher  Po- 
larisation bestimnt.  Ich  habe  freilich  die  mittleren  Re- 
sultate noch  nicht  mit  der  letzten  Genauigkeit  aufgesucht, 
allein  dennoch  werden  die  folgenden  Sie  iuteressiren; 

•  Abstand  des  A  r  a  g  o'  sehen  n  eutral^  Punkts  von 

dem  antisolaren  oder  der  Sonne  gegentiber- 
liegenden  Pnnkt,  im  Moment,  wo  dieser  neu- 
trale Punkt  am  Horizont  ist   \\^  j. 

•  Abstand  desselben  Punkts  vom  antisolaren,  beim 

Untergang  der  Sonne   18**  -J" 

Abstand  dieser  selbigen  beiden  Punkte  vom 

Ende  der  Dämmerung   25«  0" 

Abstand  des  Bnbinet'sohen neutralen  (über 

der  "Sonne  liegenden)  Punkts  von  der  Sonne, 

•    bei  hohem  Staude  derselben  6bis7* 

Dieser  Abstand  wächst  beim  Untergang  der 


Sonne  bis 


Abstand  des  Brewster'scheo  neutralen  (unter  der 
Sonne  liegenden)  Punkts  von  der  Soätae,  bei 
groCser  Höhe  derselben  ............ 


TbisS«" 


1)  Ann.,  Bd.  51,  S.  &62. 


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457 

Dieser  Absfand  wächst,  wenn  der  Punkt  den 

Horizont  erreicht,  bis  16 od.  18® 

Doch  ist  letztere  Beobachtung  bei  gennger  Höhe  der  Sonne 
sdiwer  za  machen. 

•Ich  habe  auch  einen  seamdären  Netüralpun^  ent- 
deckt, der  unter  besonderen  Zuständen  des  Horizonts  den 
Arago'schen  Neutralpunkt  begleitet.  Er  hebt  sich  mit 
diesem  Punkt ,  und  die  Polarisation  zwischen  beiden  ist 
negatüf, 

Aas  demselben  Grande  mif/^  es  noÜumidig  flir  Je- 
den der  beiden,  von  Ihnen  and  mir  entdeckten  Punkten 

einen  secundären  Ncutralpunkt  geben,  allein  die  Nähe 
der  Sonne  läfst  mir  keine  Hoffnung,  sie  in  diesem  Clima 
zu  entdecken. 

Meine  Abhandlung  Ober  diesen  Gegenstand  wird, 
glaube  ich,  In  einem  der  nächsten  BSnde  der  Tramaet. 
of  the  Roy.  Irish  Academy  gedrackt  fferden. 


XII.    Künstliehe  Erzeugung  von  dwpchsicküger 
Kieselerde  und  pon  Hydrophan. 


In  den  Compt.  rend.  ( T.  XXI  p.  502  und  527)  theilt 
Ur.  Ebelmen  die  interessante  Thatsache  mit,  dafs  wenn 
man  den  einen  der  beiden  kürzlich  yon  ihm  entdeckten 
Kieselsaure- Aether  (Ann.,  Bd.  63,  S.  174)  längere  Zeit 
einer  feuchten  Luft  aussetzt,  derselbe,  unter  fortwahren- 
der Ausbauchung  von  Alcoholdunst,  zu  einer  durchsichti- 
gen Masse  gesteht,  die  sich  alhiiälig  immer  mehr  zusam- 
menzieht und  verhärtet,  ohne  an  Klarheit  zu  verlieren. 
Bei  5  bis  6  Grammen  Aether  ist  der  Procefs  binnen  2 
bis  3  Monaten  beendet.  Man  muCi  ihn  so  verlangsamen, 
indem  man  der  feuditen  Luft  nur  durch  eine  kleine  OefT- 
nung  Zutritt  gestattet  zu  der  Flasche,  woriu  der  Aether 


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458 


eutbahcn  ist,  weil  sonst  die  Masse  beim  Zusammenziehea 
rissig  wird. 

Die  so  erbaitene  Masse  ist  hart  in  dem  Grade^  daia 
sie  Glas  schwach  ritzt;  dabei  ist  sie  sehr  cohftrent,  und 
an  Glanz,  Brttch  and  Dorchsichtigkeit  ganz  dem  Berg> 

krystall  vergleichbar.  Sie  hat  die  Dichte  1,77  und  die 
ZusainineDsetzung  Si  Oi.H  O,  ist  also  ein  Hydrat. 

Mit  einer  geringen  Abänderung  kaun  man  auf  ähn- 
liche Weise  einen  Hydrophan  darstellen,  d.  h.  eine  opake 
Substanz,  die  in  Wasser  gele^  dorchsichtig  wird«  Sie 
bildet  sich,  wenn  man  statt  des  reinen  KieselsSureftthers 
einen  solchen  der  feuchten  Luft  aussetzt,  welcher  etwas 
Chlorsiliciuin  enthalt,  was  der  Fall  ist,  wenn  man  bei 
der  Bereitung  des  Aethers  den  Alcohol  nicht  in  Ueber- 
schttÜB  angewamlt  hat.  Dieser  ein  wenig  saure  Aether 
erstarrt  anfangs  zu  einer  durchsichtigen  Masse,  die  aber 
nach  einigen  Wochen  trübe  wird,  desto  mehr,  je  mehr 
Chlorsilicium  zugegen  war. 

Von  der  durchsichtigen  Substanz  hat  Hr.  ßiot  eine 
Platte  optisch  untersucht,  und  zwar,  da  deren  Flächen 
nicht  ganz  eben  waren,  umhtillt  von  Olivenöl,  das  in  eif 
nem  Glasring  zwischen  PlanglUser  eingeschlossen  war. 
Er  überzeugte  sich  dadurch,  dafs  dieser  kfinsiliche  Quarz 
durchaus  kein  Drehungsvermögen  besitzt,  und  eben  so 
wenig  jene  unregelmälsige  Polarisation  zeigt,  die  man  au 
andern  eingetrockneten  Substanzen,  z.  B.  Gummi  und  Gal- 
lerte^ beobachtet   (JöüL  p.  503.) 

XIIL   Ausbruch  des  Hekla. 

(Bneflicli«  Mittheiluag  de«  Hm.  Prof.  Forchhammer  In  Gopenhagea; 

vom  14.  Oclober  d.  J.) 

.Am  2.  September  dieses  Jahres  um  9  Uhr  Vormittags 
fühlte  man  in  einem  Umkreise  von  wenigstens  3  Meilen 


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459 

um  den  Hekia  ein  schwaches  Erdbeben,  und  gleich  dar- 
auf erhob  sich  unter  heftigem  unterirdischen  Donner  eine 
dicke  Raacbs&ule  aas  dem  südlicbfteii  der  drei  Gipfel 
des  Hekla*8y  welche  bei  schwachem  Winde  tod  NO.  sich 
f^egen  SW.  bog,  allein  da  der  Wind  plötzlich  nmsprang 
fiel  der  Rauch  gegen  NO.  über  die  Gebirgsweiden  der 
Gemeinde  Rangaaevalla.  Dafs  viel  Rapilli  in  der  Um- 
gegend des  Hekia  gefallen  seyu  mufste,  konnte  man  an 
den  beiden  Rangaaen  und  selbst  am  Markasfliot  sehen, 
denn  diese  Flüsse,  welche  in  Gebirge  des  Hekia  ent- 
springen, waren  schon  am  Abend  des  2.  Septembers  so 
mit  Rapilli  überfüllt,  dafs  die  Fürthen  in  der  bebauten 
Gegend  kainii  zu  Pferde  passirt  werden  konnten,  und  die 
Reisenden  es  mit  dem  beginnenden  Eisgange  des  Flusses 
im  Winter  Tcrglicben.  Die  westliche  Rangaae  war  beim 
Hofe  Kaiback,  ungeführ  2j-  Meilen  von  Hekia,  so  wann 
geworden,  dafs  man  seine  Hand  nnr  eine  kurze  Zai  darin 
halten  konnte. 

Ein  Lavastrom  scheint  an  der  südlichen  Seite  des 
Hekia  aasgebrochen  zu  seyn,  und  man  sieht  denselben 
von  den  benachbarten  Gegenden  ans,  übrigens  ist  die 
nScbste  Umgegend  des  Yolcans  dnrch  frflhere  Ausbräche 
schon  so  zerstört,  dafs  hier  kdn  bedeutender  Schaden 
durch  die  Lava  verursacht  werden  kann,  und  nur  die 
nächsten  Gehöfte,  Sälsund  und  Näsforholt,  in  einer  Ent- 
fernung von  Ii  und  2  Meilen  (auf  der  Karte  gemessen X 
sind  Ton  ihren  Bewohnern  verlassen  worden. 

Die  Asche,  welche  die  südliche  und  westliche  Um- 
gegend des  Hekia  wegen  der  Richtung  des  Windes  ver- 
schont hat,  ist  gegen  SO.,  also  in  einer  von  dem  auf 
Island  herrschenden  Winde  sehr  verschiedenen  Richtung 
weit  weggetrieben.  Auf  den  beiden  südlichsten  Inseln 
der  Färöer,  SandOe  und  Suderöe^  fiel  in  der  Nacht  vom 
2.  zum  3.  September,  oder  eigentlich  früh  am  Morgen 
des  3.  Septembers,  bei  ziemlich  starkem  Nordwestwind 
eine  feine  braune  Asche,  die  nach  Schwefel  roch,  wäh- 


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4fi0 


reud  luau  auf  den  andern  Inseln  die  Asche  nicht  be- 
merkte. Auf  ein  Schiff,  welches  von  Liverpool  nach 
Islaod  segelte,  fiel  am  3.  S^ember  bei  starkem  Nord- 
westivind  ▼iel  Asebe,  Am  so  avf  ein  von  Holl  nacb 
Itland  bestimmtes  SebifF  bei  Faerfaill,  and  auf  ein  von 
Island  nach  Copeuhagen  bestimmtes  Schiff  bei  den  Ork- 
ney*s.  Von  der  auf  das  zuletzt  genauute  Schiff  gefalle- 
nen Asche  schicke  ich  Ihnen  hierbei  eine  Probe 

Es  wiederholt  sich  also  bier  in  bohen  nördlicben 
Breiten  das  Pbftnonwn  Ton  St  Vincent,  indem  die  vul- 
caniscbe  Asche  von  der  obem  LnftstrOmmig  in  einer  vom 
Winde  der  untern  Kegion  verschiedenen  Richtung  be^^egt 
ward. 

Die  Geiserquellen  hatten  seit  dem  Ausbruche  bis  zum 
18.  September  keinen  Ausbruch  gebebt,  und  zeigen  sich 
also  bier  als  die  Fnmarolen  des  Hekla.   Itocb  am  18, 

*  • 

September  dauerte  der  Ascbenausbradi  ununterbrocben 

fort  und  schien  selbst  zugeuonimon  zu  haben,  da  man  die 
Rauchsäule,  und  bei  klarem  Wetter  das  Leuchten  des 
Vulcans  zu  Keikiavig  in  einem  Abstände  von  14^  Mei- 
len sehen  konnte,  welches  frilber  nicht  Fall  war. 
Die  Gebirgsweiden  (Afret)  von  RangYalla  und  Land- 
manna, so  wie  die  Weiden  von  Skaptatunga  und  Sider, 
sind  zum  Thcil  mit  x\schc  bedeckt,  doch  ist  der  S(  haden 
durch  einen  am  7.  eiugetrofieuen  starken  liegen  bedeu- 
tend vermindert. 

Zusatz,  Nach  Privatbericbten,  welche  die  Kiöben- 
havnpost  vom  5.  November  roittheilt,  dauerte  der  Ausbruch 
des  Hekla  noch  mit  derselben  Gewalt  wie  zuvor  bis  zum 
12.  October  fort.  Die  neue  Lava  flofs  noch  unablässig 
aus  dem  südwestlichen  Krater.  Die  Lavamasse  hatte  schon 
einen  Weg  von  3  Meilen  durchlaufen  und  sich  auf  einer 

1)  Ich  habe  dieselbe  Hrn.  Prüf.  Ehren berf  ubergebeo,  Uer  die  Re- 
suh.ile  semer  mikroskopi.schcri  Uiik'rsuchuog  verünentlichcn  wird,  so- 
bald er  sie  an  einer  feroerweitigen  Probe  txi  verifidreu  im  Stande  isl. 

P. 


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461 

Ssndebene  ernten  am  Berge  uugefähr  eine  Meile  weit,  m 

einer  Höhe  von  30  bis  40  Ellen,  ausgebreitet.  Dieser 
Lavaflufs  bot  vornehmlich  bei  bellen  ISac  htcn  einen  pracht- 
vollen und  imposanten  Anblick  dar.  Man  denke  sich  ei- 
nen Bergstrom  Ton  glühendem  Feuer,  welcher  sich  TOn 
den  AbiSngen  der  Anh^en  herabwSlzt  and  nach  «od 
nach,  8b  wie  er  sieh  abkühlt  and  vom  Krater  entfernt, 
eine  mehr  röthliche  oder  rothbraune  Farbe  auuimuit,  und 
dazu  eine  sich  hin  und  her  bewegende  Flamme.  Drei 
^  ungeheure  Bauchsäuien  stiegen  beständig  aus  den  drei 
Kratern,  die  sich  gebildet  hatten,  and.  breiteten  sich  Über 
die  oSehstliegenden  Distrikte  ans,  Bisber  hatte  der  Aus- 
bruch noch  keinen  Banerfaof  verwüstet,  aber  die  dorch 
die  niederfallende  Asche  verursachte  Zerstörung  der  Wei- 
den hatte  schon  angefangen  einen  schädlichen  F.iniluis 
auf  das  Vieh,  und  namentlich  auf  die  Kühe  zu  äufsem, 
von  welchen,  wie  es  hiefs,  30  bis  40  in  den  Rangai^evalla- 
und  Ames-Sysseln  gefallen  waren.  Die  zu  ersterem  Sjrs- 
sel  gehörigen  Weiden  im  Osten  des  Berges  waren  bereits 
beim  ersten  Ausbruche  von  grofsen  Massen  niedergefal- 
lenen Bimsteins  durchaus  zerstört  worden,  und  man  be- 
fürchtete, dafs  auch  Schaafe  dadurch  umgekommen  seyn 
möchten.  Wenn  man  auch  noch  nicht  sagen  kann,  dala 
die  Zerstöning  einen  hohen  Grad  erreicht  hat,  so  kann 
man  doch,  so  lange  der  Aadbvoeh  dauert,  nicht  ohne  Be- 
sorgnifs  seyn,  da  die  Lava,  so  wie  sie  Zuflufs  vom  Berge 
erhält,  den  angebauten  Gegenden  immer  näher  rückt. 


XIV.   GesehichÜiche  Notiz. 


IXewton's  Sonnenohren.  —  Zu  Woolsthorpe,  einem 
Dörfchen  bei  Colsterworth  in  der  Graischaft  Lincoln, 
fanden  sich  aeitber  an  der  Südostecke  des  Haoses,  worin 


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462 


Newton  das  Lidit  der  erblickte,  iwei  SoaneB- 

uhren,  die  der  grofise  Mann  als  Knabe  mit  eigener  Hand 
in  die  Mauer  eingegraben  hatte.  Die  Zeiger,  die,  wie 
man  aus  Beschreibungen  weiCs,  von  ziemlich  roher  Con- 
«tractioD  waren,  fehlten  schon  seit  einigen  Jahren  daran, 
aber  die  Zifferblatter,  obwohl  sie  anch  gelitten,  befanden 
sidi  noch  in  ziemlich  gntem  Zustande.  Das  bessere  von 
ihoeu  ist  nun  im  vorigen  Jahre  mit  Bewilligung  des  jetzigen 
Besitzers,  Hm.  Christopher  Tumor,  von  dem  Hause 
abgelöst  und  zur  Bewahrung  für  künftige  Zeiten  in  den  Käu- 
BMn  der  K.  Gesellschaft  zu  London  niedergelegt  Fig.  16, 
Taf.  I  giebt  nach  einem  diese  Motiz  begleitenden  Holt- 
schnitt  in  den  Philosoph,  Transaei.f.  1845,  pL  I,  p,  141f 
den  Anblick  des  Hauses  mit  seinen  beiden  bisherigen  Re- 
liquien. 


XV.  Preisfrage. 


Die  Königliche  Academie  gemeinnütziger  Wissenschaf- 
ten zn  £rfnrt  stellt  ans  de»,  ihr  nodi  znr  Verfügnog 
stehenden,  VermSchtnisse  des  hieselbst  verstorbenen  Kö- 
niglich Dänischen  Jostiiralba  Dr.  Büchner  folgende 
zweite  Preisfrage  auf: 

«Viele  angesehene  Phjsiologen  und  Chemiker  hal- 
ten sich  gegenwärtig  überzeugt,  dafs  die  durch  chemische 
Operationen  nnzerlegbaren  und  defshalb  einfach  genann- 
ten Stoffe  auch  in  organischen  Körpern  keine  Verände- 
rung erfahren,  sondern  dafs  alle  Veränderongen,  welche 
in  organischen  Körpern,  von  ihrer  ersten  Entwicklung 
an  bis  zu  ihrem  Ableben,  in  ihren  Bestandtheilen  vorge- 
hen, blofs  durch  Aufnahme  gewisser  Stoffe  von  Aufsen 
und  Ausscheidung  anderer  Stoffe  nach  Anisen  bedingt 
werden.    Indessen  ist  diese  Behauptung  nichts  weniger 


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463 

als  hinreicfaeod  begrOndet,  vielnebr  sprechen  mehrere, 

selbst  neuere,  wie  es  scheint,  mit  aller  Umsicht  ange- 
stellte Beobachtungen  und  Versuche  für  das  Gegeutheil; 
dahin  gehören  hinsichtlich  der  Pflanzen  besonders  die 
▼cm  A.  Vogel  wiederholt  antemonmenen  Versuche  nk 
«asgesaeter  Gartenkresse,  welche  zu  beweiten  scheineo, 
dafs  die^e  Kresse  einen  Theil  des  in  ihr  enthaltenen 
Schwefels  durch  ihren  Vegetationsprocefs  bildet,  indem 
der  Gehalt  an  Schwefel,  der  in  der  analysirten  Pflanze 
gefunden  wurde,  die  im  Saamen  enthaltene  Menge  de^ 
-selben  ttberstieg,  wiewohl  alle  VorsichtsmaaCBregeln  ge- 
troffen wurden,  um  zu  TerhOten,  dafs  Schwefel  von 
Aufsen  aufgenommen  werden  konnte. 

Hinsichtlich  der  Thierc  scheinen  diefs  aber  die  frü- 
her von  Prout  und  später  die  von  Pfaff  und  Oehm 
angestellten  und  jene  gröfstentheils  bestätigenden  Ver- 
siidie^  Ober  die  Veränderungen  der  chemischen  Bestand- 
tbeüe^  welche  während  des  Brfitens  in  Hühnereiern  vor- 
gehen, hinlänglich  zu  beweisen;  auch  dfirfte  in  der  That 
schon  die  bedeutende  Zunahme  der  Knochen  in  Säuge- 
tbieren  nach  der  Geburt  dafür  sprechen,  indem  dieselbe 
in  keinem  Verhältnisse  zu  der  geringen  Menge  von  phos- 
phorsaurem Kalk  SU  stehen  scheint,  welche  •dem  nenge^  * 
bomen  Säogethiere  durch  die  Muttermilch  zugeführt  wird. 
Hierdurch  sieht  sich  die  Academie  veranlafst,  die  Aufgabe 
zu  stellen: 

Durch  neue  Versuche  aufser  Zweifel  zu  setzen,  ob  bei 
der  Ernährung  und  Ausbildung  der  Pflanzen  und  Thiere 
Veränderungen  in  den  in  ihnen  enthaltenen  chemisch 
einfachen  Stoffen  vorgehen,  so  dafs  ein  Theil  ihrer 
Bestandtheile  blofs  durch  Umwandlung  anderer  che- 
misch einfacher  Stoffe  erzengt  wird,  oder  ob  diefs  nicht 
der  Fall  ist,  sondern  die  für  jene  Annahme  scheinbar 
sprechenden  Versuche  andere  Erklärungen  zulassen? 
Dafs  die  Lösung  dieser  Au^abe  für  die  ganze  Na- 
tnrlehre  und  insbesondere  für  die  Physiologie  der  Pflan- 


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4M 

« 

len  und  Thiere  von  ttnCBereter  Wicb%keil  tej,  bedarf 
wohl  fcdnes  nSberen  BeweUes;  sie  ist  es  aber  nidit  nur 
m  theoretischer  Hinsicht,  sondern  aadi  in  practischer, 

■wie  diefs  schon  daraus  erhellt,  dafs  die  Liebig' sehe  und 
andere  neuere  Lehren  über  die  Ernährung  der  organi- 
schen Körper  und  die  darauf  sich  gründenden  Vorschrif- 
ten nur  bei  der  Voraussetzung  für  volilMHnmen  wahr  er- 
klärt werden  können,  dafs  die  chemisch  einfachen  Stoffe 
eben  so  wenig  durch  die  in  organischen  Körpern  vor- 
gehenden Proccsse,  als  durch  chemische  Operationen 
auTserhaib  desselben, verändert  werden  können,  und  dafs 
daher  jene  jetzt  so  viel  besprochenen  und  so  viel  Auf- 
sehen erregenden  Lehren  für  haltbar  oder  unhaltbar  er- 
kannt werden  müssen,  je  nachdem  die  Beantwortung  die- 
ser Frage  verneinend  oder  bejahend  ausfällt'^ 


Der  ausgesetzte  Preis  für  die  genügende  Beanlwor- 
tong  dieser  Preisfrage  beträgt  zwanzig  Stück  Friedrichs- 
dTor.  Die  Preisbewerber  haben  ihre  in  deutscher,  £nui- 
zdsischer  oder  englischer  Sprache  leserlich  geschriebenen 
Arbeiten  spätestens  bis  zum  L  Januar  1848  an  den  Sc- 
cretair  der  Academie,  Kreisphjsicus  Wittcke,  portofrei 
einzusenden.  Jede  Arbeit  mufs  mit  einem  Wahlspruche 
Teisehen  sejn,  der  sich  ebenfalls  auf  der  Aufenseijte  ei- 
aes  beiliegenden,  »ersiegelten  Zettels  beBndet,  in  wel- 
diem  letzteren  der  deutlich  geschriebene  Name,  Charak- 
ter und  Wohnort  des  Einsenders  steht. 

Die  genügende  Abhandlung  wird  in  der  öffentlichen 
Sitzung  am  15.  October  1848  gekrönt  werden. 

Dem  Autor  verbleibt  das  Eigenthumsrecht  der  ge- 
krüoten  Preisschrifi^  doch  mufs  dieselbe,  &Us  es  der  Au- 
tor nicht  vorzieht,  sie  zu  den  gedruckten  Acten  der  Aca- 
demie zu  geben,  binnen  Jahresfrist  gedruckt  sejn. 


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1845.  ANNALE  N  JTo.  12. 

DER  PHYSIK  UlSD  CI1£M1£. 

BAND  LXVI. 

I. .  Ueber  den  muthmafs liehen  Ursprung  der  Me-^ 
/  ^,^OTst^iM|^  ^th^^.^  i^^     Analyse  des  Meteoj^p^ 

-,f,  »  9inz  lkr$€fit  gefallen  ist ' 

«f»!!  Dr.  E.      9.  ßaumhauer. 


A 


Is  ich  Tor  etwa  zwei  Jahren  eine  Analyse  des  Me- 
teorsteins  veröffentlichte,  welcher  am  22.  Mai  1827  in 
Sommer- Countjrs ,  in  den  Vereinigten  Staaten,  gefallen 
war,  abote  ich  nicht,  dafs  wir  kurz  darauf  den  Fall  zweier 
Shulicber  Steine  in  der  NSbe  unserer  Stadt  erleben  wflr^ 
den  *).  Am  2.  Juni  1843  wurde  nSmllcb,  sowohl' 
Utrecht^  wie  auch,  und  zwar  vorzugsweise  in  den  um- 
liegenden Dörfern  in  einer  Entfernung  von  20  bis  25 
Kilometern  von  der  Stadt,  eine  sehr  starke  Explosion 
gehört,  welche  mit  drei  oder  vier  Kanonenschüssen  ver-^ 
glichen  wurde.  Darauf  folgte  ein  andauerndes  GerSusdif 
oder  ein  Pfeifen;  welches  eniige  Zeugen  ftlr  entfernte 
Musik  hielten,  während  Andere  es  mit  dem  Schreien  und 
Stöhnen  von  Kindern  verglichen;  diejenigen,  welche  dem 
Ort,  an  welchem  der  Stein  fiel,  am  nächsten  waren,  hör- 
ten deutlich  ein  Pfeifen,  Ähnlich  dem  Heulen  der  Winde' 
oder  dem  Tönen  einer  Aäolsharfe;  sie  hörten  diels  21)li^ 
3  Minuten  lang,  und  bemerkten  zugleich,  dafs  dieses' 
Pfeifen  sich  von  Westen  nach  Osten  fortbewegte.  Es 
bedarf  wohl  kaum  der  Erwähnung,  dafs  diese  Erschei- 
nung Alle  in  grofses  Schrecken  versetzte.  '  '  ''^ 
'  ^  Zur  selben  Zeit  merkte  ein  Bauer,  der  mit  seinW 

Wäjgien  Tom  Lande  zurfickkebrte,  dafe  auf  einem  Acker^ 

>-'i,J  ■       ^  \ 

1)  Eine  Icnrzc  Nachricht  darüber  gab  iMreiU  Hr.  Prof.  v.  Rees.  (^QO* 
Bd.  59.  S.348.)      "  '■    ■"       •'  j>.  '^=5 

Panndoiff*  AuuL  Bd.  LXVJ.  30 


t 


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in  dej^  Nlibe  tob  BüunuP'Kapei,  m  einer  fiotfernung 
von  5  Kilometern  ostwirU  ^on*  Utrecht ^  ein  schwerer 
Körper  bemnter&el,  der  eine  Menge  Erde  zu  einer  an- 
sehnlichen Höhe  aufwarf.  Der  liauer  führte  erst  seine 
Pferde  zum  Stall,  kehrte  dann  an  die  nrnnliche  Stelle 
zurück,  und  fand  dort  ein  trichterförmiges  Loch,  in  wel- 
cbem  er  einen  schwarzen  Stein  fand,  der  in- jeAem  An- 
genblicke  kalt 'war;  zwischen- dem  Falle  des  Steins  n8m< 
lieh  und  der  Rückkehr  des  Bauers  war  eine  Viertelstunde 
verflossen.  Der  Stein  halte  eine,  ein  Meter  dicke  Thon- 
schicht senkrecht  durchdrungen,  und  war  durch  eine 
feuchte  Sapdschi cht  aufgehalten;  der  aufgeworfene  Boden 
hatte  sich  um  das  Loch  hemm  angehäuft 

..  Drei  Tage  später  fand  man  noch  in  euper  Entfor- 
nung  TQn  3  Kilometern  bei  einem  Dörfchen,  welches  das 
Loci'enhoufje  heifst,  einem  schwarzen  Stein  in  einem  Gra- 
ben, dessen  Fall  auch  am  Abend  des  2.  Juni  beobach- 
tet war;  das  Wasser  war  dabei  bis  zu  einer  bedeuten- 
4en  Höhe  aufgeworfen.  Bie  Explosion  war  auch  in  £<r- 
d£n  und  Rotterdam  gehört  worden,  welche  Städte  beide 
in  der  Richtung  liegen,  von  welcher  der  Stein  gekom- 
ipeu  zu  scjn  schien. 

Der  erste  Stein  wog  7,  der  zweite  2,7  Kilogramm; 
lieide  Steine  sind  von  einer  matten  braunschwarzei»  Kruste 
umgeben,  ip  welcher  man  hie  uad  da  wie  mit  dem  Fin« 
ger  gemachte  Eindrücke  bemerkt;  aufserdem  finden  sich 
in  der  Kruste  hie  und  da  kleine  Risse.  Die  Form  der 
beiden  Steine  ist  ein  unregeluiäfsiges  Vieleck  mit  abge- 
rundeten Kanten  und  Ecken.  Die  innere  Structur  des 
Steins  .hal^  .grofse  Aeholicbkeit  .mit  der  des  Steins  TOft 
^ig^t  'l^V^  Sommer- CQun^ir^  wixd  der  meisten  Meteor- 
steine; auf  der  Bruchfläche  ist  er  viel  weifscr,  als  die 
z.  B.,  welche  am  16.  September  1843  zu  Ktcin-  Wen- 
den und  am  13.  April  1812  zu  Elxleben  gefallen  sind. 
In  der  fast  ganz  weifseu  Masse  findet  man  zerstreute 

gelbe  und  schwarze  Punkte,  so  wie  auch  metallische  Theil* 

» 


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467 

eben,  welche  meistens  grau  sind,  von  denen  aber  einige 
eine  hocli  purpurrolhe  Farbe  haben.  Die  Theilchen  des 
Steins  hängen  unter  sich  ziemlich  locker  zusammen ,  so 
daCs  kleine  Stückchen  znikthea  den  Fmgeni  zu  feinem 
PuWer  zerrieben  werden  können.  Wenn  der  Stein  in 
einem  AcbatmOrser  zu  feinem  Pulver  zerrieben  wird, 
bleiben  einige;  Körner  zurück,  welche  einen  Durchmes- 
ser von  (>,25  bis  2  Millim.  haben,  sich  nicht  mehr  thei- 
ien  lassen  und  gröistenlbeils  vom  Magnet  angezogen  wer- 
den; diejenigen '  dagegen  ^  welche  nicht  vom  Magnet  an- 
gezogen werden,  haben  meistens  eine-unregelmSfölge  po* 
I  jedrisdie  Fonm  mit  abgerandeleri  Kanten  ond  eine  graue 
Farbe.  .  . 

.  Ich  will  hier  noch  eines  anderen  Steins  erwähnen, 
der- am.  12b  Juni  1840  bei  Uden  in  JSord- Brabant,  an 
-einem  X)rte,  den  man  Staart}e  nennt»  .gefallen  ist,  und  in 
der  Sammlung  der-  Nord-Brabanter  Gesellschaft  aufbe- 
wahrt wird;  dieser  Stein  fiel  des  Morgens  zwischen  10 
und  11  Uhr,  bei  stillem  Wetter  und  heiterer  Luft  mit  * 
einem  schweren  Schlage,  dem  ein,  von  Augenblick  zu 
Angeublick  zunehmendes  Getöae  vorherging;  er  bildete 
in  dem  Fufspfade,  aiif  welcbeu  er  fiel»  ein  nmdeslioeli, 
weldiCB  im  KHise  hämm  da»  Erde*  aufgeworfen  war; 
der  Stein  war  so  heifs,  dafs  man  ihn  kaum  anfassen  konnte. 
Der  Stein  wiegt  0,71  Niederl.  Pfund;  er  hat  eine  unre- 
.gelmäfsige  octacdrische  Form,  und  ist  eiue  kleine  Faust 
grofis;  die  schwarze  Kruste'  ist  ungefiihif  eine  halbe  Linie 
dick,  wfthrend  $ie  bei  dem  Utrechter  Stein  .nur  ein^  Viet- 
tellinie  dick  ist  Die  Brnchfläche  ist  weifslichgrau,  ond 
hat  ein  krjstalliuisches  Aussehen;  der  Stein  enthält  sehr 
wenig  metallische  Theilchen,  dagegen  aber  viele  weifee 
glänzende  Punkte. 

Bevor  ich  zur  Mittheilung  der  Analyse,  des  Utrech- 
ter Steins  tibergehe,  schicke  ich  hier  Einigea  Aber  den 
mnthmafslichen  Ursprung  der  Meteorsteine  voraus»  wo- 
bei ich  besouders  ihr  Verhältnifs  zu  den  übrigen  Kör- 

30* 


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m 

pern  unseres  Sonnensystems  beröcksichtige,  wahrend  ich 
rOcksicbtlich  der  bisher  aafgesUiiUu  Hypothesen  über 
ihre  EiifstehiiBg  auf  meiiie  meteorolog|sch-cK^«iBMche  Dk- 
•erlatioo  Tcrweise»  in  weldier  ich  m  km  angeführt 
habe. 


Um  sich  die  Entstehnog  der  Meteorsteioe  einiger- 
nafisen  erkUlren  tu  können,  nnifs  man,  meiner  Ansichl 
naeh,  in  der  Entstehung  anseres  Sonnensystems  ans  ei- 
nem Nebelflecken  zurückgehen.     Diese  Ton  der  alt- 
^iechiscben  atomistischen  Schule  herrührende  Idee  ist 
später  von  Kant  ans  philosophischen  Gründen  yerthei- 
d%t  fforden;  fest  zn  derselben  Ansicht  kam  spater  H er- 
geh el  dnreh  die  Betrachtung  der  M ebelAeoken,  aus  wel* 
chen  er,  wie  er  glaubte,  neue  Sonnensjateme  sieh  bil- 
den sah.    La  Place  gelaugte  zu  diesem  Gedanken  durch 
mathematische  Berechnungen,  und  neuerdings  hat  Mul- 
der     diese  Entstehung  unseres  Sonnensystems  aus  dem 
Streben  der  Materie  nach  Harmonie  abgeleitet.  Diese 
Ansicht  Isuft  knns  darauf  hinaus:  Im  Anfang  solle  un- 
ser Sonnensystem  ein  Nebel  gewesen  sejn,  wie  wir  de- 
ren jetzt  mehre  am  Himmel  sehen;  dieser  Nebel  bestand 
.aus  einer  Menge  isolirter  Atome,  die  sich  um  eine  ge- 
•meinsohaftliGhe  Aie.  drehten,  wodurch  der  ganze  Nebel 
'die  Gestalt  einer  abgeplatteten  Kogel  erhielt.  Diese 
Atome  waren  schon  damals  mit  den  Kräften,  welche  sie 
jetzt  besitzen,  ausgerüstet,  und  werden  diese  wahrschein- 
lich noch  lange  besitzen.  Diese  Kräfte  konnten  sich  aber 
damals  nicht  ftuCsera,  sej  es  weil  die  Entfernung  der 
Atome  unter  einander  cu  groÜB,  sey  es  weil  die  Tem- 

1)  Sjfucimen  MeteorologUo-Chemieunt  de  Ortu  Lapidum  meteo- 
ricorum,  ännexU  dttorum  iapidum  analy*U>us  clumUU.  Traf,  mä 
Rhen.  1844. 

2)  G.  J.  Mulder,  Att  Streheo  der  Bbierle  oacb  Harmome.  Brao«. 
«dmds,  1844. 


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469 

peratur  des  Nebels  zu  niedrig  war.  Es  bedurfte  eines 
äufseren  Anstofses,  um  diese  schluminernden  Kräfte  zu 
wecken.  Was  für  ein  Anstofs  diefs  war,  darüber  läÜBt 
ticfa  nichts  mit  eioiger  WahrsdieiDÜchkeit  vetninlhen; '  nur 
das  l8fst  sich  sagen,  dafs  seine  ftnCsere  Ursache  täe  Ent- 
fernung zweier  Atome  nnr  m  Terringern  oder  ihre  Teni> 
peratur  um  etwas  zu  erhöhen  brauchte,  damit  die  die- 
sen Atomen  inwobnenden  Kräfte  in  Thätigkeit  versetzt 
würden,  und  die  von  diesen  beiden  ausgehende  Thätig- 
keit war  hinreichend,  um  die  schlummernden  KrMfte  al- 
ler Atome  des  Nebelfleckens  zu  erregen  und  dieselbifu 
iu  Bewegung  zu  bringen,  gerade  so  wie  wir  wissen,  dafs 
die  Verbindung  eines  einzigen  Atoms  Sauerstoff  mit  ei- 
nem Doppelatom  Wasserstoff  eine  unendliche  Menge 
Wasserstoff  und  Sauerstoff  plötzlich  in  Wasser  zu  ver- 
wandeln yerraag.  Dordi  Anziehungskraft  und  chemische 
Verwandtschaft  haben  sich  die  Elemente  unter  einander 
verbunden,  sie  bildeten  immer  zusammengesetztere  Mole- 
cüle,  und  zuletzt  Himmelskörper;  so  enstand  die  Sonne, 
so  entstanden  die  Planeten;  aber  alle  Materie  wurde  für 
diese  nicht  verbraucht;  eine  bedeutende  Menge  gfOfeerer 
oder  kleinerer  KOrper,  und  sogar  grofse  und  kleine  Mas^ 
sen  {solirter  Atome  <UrmateHe)  biteben  zurQck,  drehten 
lind  drehen  sich  noch  stets  mit  der  ihnen  eigenthümlichen 
Bewegung  um  die  allgemeine  Axe,  wo  nicht  die  gröfseren 
Kdrper  ihre  Bewegung  gestört,  ihre  selbststäodige  Ezistens 
geraubt,  und  sie  gezwungen  haben,  fortan  entweder  als 
Satelliten,  oder  integrirende  Besfandtheile  ihrer*  selbst, 
mit  ihnen  das  Sonnensystem  zu  durchlaufen,  während  sie 
vielleicht  später  durch  andere  störende  Einflüsse  Satelli- 
ten oder  integrirende  Tbeiie  eines  anderen  Himmebkör- 
pers  werden  müssen. 

Indem  wir  von  dieser  Ansicht  ausgehen,  wollen  wii' 
▼ersuchen  den  wahrscheinlichen  Zusammenhang  zu  be- 
leuchten, iti  welchem  die  Sonne,  die  Planeten,  SatelH- 
len,  Feuerkugeln,  Meteorsteine,  Sternschnuppen,  das  Zo- 


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470 


diaUHiuhl,  Nordlichl  und  Se  Alaiotpiiirt  w  eioMider 
slilieii. 

Wir  haben  gesehen  wie  die  ganze  Atoinciimasse  in 
Bewegung  gebracht  scjii  konnte,  und  wie  die  Atome 
duTGii  gegenseitige  .Anüehua^kraft  uod  cheuiscbe  Ver- 
wandiscbiifi  &i«h  xa  ^rdlteran  oder,  kleineiian  Gruppen 
▼erbioden  ILonoten.  D^ch  dt«8c  chemische  Verbindung 
der  Atome  mofste  natürlich  eine  sehr  groise  Wirme  ent- 
standen seyn,  nnd  zwar  eine  Hitze,  die  grofs  genug  war, 
um  alle  gebildete  Verbindungen  im  gasfönnigen  Zustand 
9U  erhalten.  I>eni  Streben  der  Materie  nach  Harmonie 
und  der  hieraus  fol^den  chemischen  Verbindung  der 
Materie,  welche  noch  stets  fortwährt,  scheint  unser  Son- 
nensystem noch  jetzt  seine  hohe  Temperatur  zu  verdan- 
ken, wenngleich  dieselbe  durch  Ausstrahlung  in  den  gro- 
isen  Weltraum  so  sehr  herabgesunken  ist,  dafs  die  gp'öCste 
Menge  der  JVIaterie  schon  durch  den  tropfbarllüssig^n  aus 
devd  elastischflOssi^n  in  den  festen  Aggregatuistaad  fiber* 
gegangen  ist;  allein  diese  Ausstrahlung  nach  aufsen  fin- 
det  noch  imuier  statt,  und  dieselbe  scheint  nur  wenig 
durch  die  Wärme,  welche  von  anderen  Hinunelskörpern 
auf  unser  Sonnensystem  ausstrahlt,  ersetzt  zu  werden* 
Die  Qlaterie  wird  einmal  ihr  Streben  u^ch  Harmonie  be- 
fkiedig^  haben,  und  wenn  keine  andere  WSimequelle 
entsteht,  wird  unser  Sonnensystem,  das  frtlher  biftfönnig 
war,  wahrscheinlich  ganz  in  den  festen  Zustand  überge- 
gangen seyn. 

Finden  wir  in  unserem  Sonnensystem  und  auf  un- 
aarer  £rde  noch  Ueberreste  der  Isolirten  Urformation? 
Ich  glaube  auf  diese  iVage  bejahend  antworten  zu  dür- 
fen. Denn  was  ist  erstens  unsere  Atmosphäre?  ein  me- 
chanisches Gemenge  von  Sauerstoff  und  Stickstoff,  gänz- 
1^  ioji  i&olirten  Zustand.  Wenn  wir  diefs  au  unserer 
Atmosphäre  beobachten,  haben  Y^r  ^uqh  Becht  dasselbe 
mit  Wahrscheintichkait  von  den  Atiimipliiren  der  Sonne 
und  der  anderen  Planeten  und  Satelliten  zu  vermnthen; 
aus  den  astronomischen  Beobachtungen  geht  ja  hervor,  dafs 


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471 

alle  PKan^teo  und  Satelliten  (hinsichtlich  unseres  Monds 
ist  diefs  noch  ungewifs )  von  einer  Atmosphäre  umgeben 
wird;  vfSks  die  kleineren  Körper  betrifft,  so  werden  wir 
tpSter  seken',  daCs  Üe  «leisten  auch  ei««  gewisse  Meoge 
itolirter  Unnätevie  mit  eioli  dmeh  den  Wehniiim  xu  fdh* 
fen  sehemen.  ' 

Wir  haben  also  gesehen,  wie  die  Sonne,  die  Plane- 
ten und  Satellilen,  und  die  diese  umgebenden  Atmosphä' 
ren  mutliinafsiich  entstanden  sind;  wir  wollen  jetfct  tu  den 
kleineren'  Körpern  Obergehen.  • .  ' 

Von  lüeeen  kleinere»  Körpern  sehen  wir  d«is  -Necklsj 
wenn  wir  nicht  dorch  das  starke  Sonnenlicht  gehindert 
werden,  eine  sehr  grofse  Menge.  Es  scheint  sogar,  dafs 
bisweilen  ihre  Menge  so  grofs  war,  dafs  sie  eine  Art 
Sonnenßnsternifs  veranlafsten ,  wie  wir  diefs  in  den  Jah- 
ren 1106,  1206,  1545  und  •  1700  aufge^iehnet  finden^ 
in-wetchem  letzteren  Jahre  das  SonnenKcht  vom  23.  bis 
txtm April,  also  während  drei  Tagen,  verfinstert  ge- 
wesen seyn  soll  Diese  Körper  nennen  wir  Asteroi- 
den oder  Sternschnuppen;  bisweilen  sieht  man  deren  eine 
sieche  Menge,  dafs  man  die  Elrscbeinung  mit  dem  Na- 
men Feuerregen  bezeichnet  hat.  Sehr  benchtoBswerth 
]tt:c8>  dafs  ans  den  Beobiiehtungen  Aeser  Steimeehnnp- 
pen  hervorzugehen  scheint,  dafs  einige  NSchte,  und  zwar 
fast  jedes  Jahr,  dieselben  durch  ihre  grofse  Menge  aus- 
gezeichnet sind;  vorzugsweise  zwei,  nämlich  vom  12.  auf 
den  13.  November,  und  vom  10.  auf  den  11*  August; 
airfMrdeai  noch  die  Nficfate  Tom  35.  bis  tun  30.  Jall, 
▼on  15.  bis  zum  23,  Oetober,  to«  0.  auf  den  10.  nnd 
twiSchen  dem  20.  und  20.  April,  zwischen  dem  6.  und 
121  December,  die  letzten  Nächte  des  Novembers,  und 
die  Nacht  vom  2.  auf  den  3.  Januar  ^ ).    Ausserdem  hat 

1)  Man  vergleiche  darüber  Dr.  J^clinurrer,  Die  Krankheiten  des  Men- 
schengeschlechts historisch  und  geographisch  betrachtet.  Hist.  Abth. 
Th.  1  und  2.    Tübingen,  1825. 

2)  Man  vergleiche  A.  Quetclci,  Nouveau  Catalogug  des  prindfit' 
U*  Apparitimu  d^itoiUs  ßltaUts,  Mrux.  1838  et  1841. 


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p 


A.  Erman  geglaubt  ans  täglichen  thermometrischen 
Beobaehtungen  schliefisen  m  dttrfeny  dafs  jäbriicli  Bw«i 
Tage  doroh  eine  besondere  Ternyaiatfahnihie  ansgs- 

Keichnet  sind;  diese  Tage  sollen  liegen  zwiscben  dem 

10.  uud  13.  Mai,  und  zwischen  dem  7.  und  12.  Februar, 
welche  Tage  von  dein  10.  August  uud  12.  November 
gerade  um  eia  halbes  Jabr  enlfernt  «ind;  er  glaubt  also, 
data  sich  zwei  Bkige  von  Asteroiden  um  die  Sonne  be« 
wegen, .  und  dafis  die  ESrde  {ftbrlich  iwei  Mal  in  diese 
Ringe  eintritt;  die  Teinperatttrabmibnie  sdireibt  er  also 
der  Menge  von  Asteroiden  zu,  die,  indem  sie  zwischen 
die  Soooe  und  die  Erde  treten,  einen  Theil  der  Son- 
nenwärme anifangen.  Diese  Temperaturabnabnie  ist  aber 
▼on  Anderen  mit  Recbt  anderen  Ursaeben  uigescbrieben 
wocden,  und  zwar  besonders  dem  Scbnelxen.  der  Elt- 
«cbollen  und  der  Schneeberge  in  der  Polargegend. 

Wir  können  aber  aus  der  früher  erwähnten  Perio- 
dicität  der  Asteroiden  mit  groCser  Wahrscheinlichkeit 
sebliefsen,  daüs  sieb  derartige  Ringe  von  Asteroiden  na 
die  Sonne  bewegen;  wie  Wele  Ringe  aber  bestebi^n^  das 
werden  lange  Zeit  hindorcb  forlg^etate  BeoboebtHn^sn 
uus  lehren  müssen. 

Die  Existenz  solcher  Ringe  wird  noch  wahrscheinli- 
cher durch  ein  anderes  Phänomen,  welches  besonders  in 
den  tropiseben  Gegenden  beobachtet  and  ZodiakoUicH 
g«»nannt  wird;  .man  siebt  nftmÜdi  sowohl  im  Osten  nach 
der.  Abenddämmerung,  wie  im  Westen  vor  der  Morgen* 
dämmeruüg  ein  weifses,  bisweilen  auch  ein  röthliches 
Licht,  dessen  Stärke  beinahe  der  der  Milchstrafse  gleich 
kommt,  und  der  Form  nach  ein  Dreieck,  dessen  Basis 
in.  der  Ekliptik.' zn  liegen  scheint  Dais  dm  Form  dio- 
seä  lakfaiea  nicht  mnd^  sondern  dreieckig  erscheuit,  ist 
ein  optisches  Phänomen;  man  sieht  nämlich  am  Himmels- 
gewölbe die  Projection  eines  linsenförmigen  Sphärolds. 

1)  A.  Erman,  Astron.  Nachr.,  Bd.  17i  No.  985;  oad  Pass^BdorfPf 
Apntleo,  Bd.  48,  5.  682. 


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Diese  UeineDt  unter  dem  Namen  Siems^nuppan 
bekannten  Körper  scheinen  Ton  sehr  Terschiedener  Gröfse 

zu  sejn,  und  ihre  Eulfemung  von  der  Erde  ist  auch 
sehr  verschiedeo»  sie  scheinen  alle  von  einem  Nebel  nicht 
condensirter  Urmaterie  umgeben  zu  sejn,  oder  oft  anch 
hMa  aus  diesem  tn  bestehen;  das  Lieht,  das  sie,  wenn 
sie  der  Erde  nfther  kommen,  ausstrahlen,  seheint  bei  den 
meisten  der  chemischen  Verbindung  der  äufserst  vertheil- 
ten, nicht  oxydirten  Theilchen  mit  dem  Sauerstoff  unse- 
rer Atmosphäre  zugeschrieben  werden  zu  müssen,  ob- 
gleich es  für  einige  decsell>eii  erwiesen  scheint,  dafs  sie 
«igenes  Licht  haben  müssen,  weil  sie  yon  der  Erde  su 
weit  entfernt  sind,  als  dafs  man  in  )ener  Entfernung  noch 
atmosphärische  Luft  annehmen  könnte.  Viele  dieser  Stern- 
schnuppen sehen  wir  aus  der  Atmosphäre  verschwinden, 
obne  daÜB  wir  von  denselben  Steine  auf  die  Erde  falicu. 
sflibett;  diese  scheinen  gröfstentheib  ans  nicht  condensir'- 
ter  Materie  m  bestehen;  sie  kdnnen  aber  auch  den  Grund 
für  eine  andere  Erscheinung,  von  der  wir  sptlter  reden 
werden,  abgeben. 

Die  gröfseren  Astero'ide,  und  zwar  die,  welche  ei- 
nen festen  Kern  haben,  und  der  Erde  so  nahe  kommen, 
dafe  sie  von  derselben  angezogen  werden,  und  auf. die- 
aelbe  fallen,  nennen  vdr  AäroUtkfi  oder  MeUorsimne; 
wir  nennen  sie  auch  BoUden  oder  Feuerkugeln^  wenn  wir 
nur  die  Phänomene  sehen,  ohne  dafs  die  Steine  selbst 
gefunden  werden,  indem  sich  zufäliigenTeise  Niemand  an 
dem  Ort  befand,  auf  welchen  sie-  gefallen  sind ;  letzteres 
scheint  meistens  der  Fall  zu  sejn.  Wir  müssisn  weiter 
noch  bemerken,  dafs  die  Entfernnng  der  Asterolde  von 
der  Erde  sehr  verschieden  ist,  und  folglich  auch  die  An- 
ziehungskraft der  Erde  einen  sehr  verschiedenen  Einflufs 
auf  ihre  Bahn  haben  mufs.  Die  Bahn  einiger  wird  wahr- 
scheinlich nur  so  verändert  werden,  dafs  sie  eicb  noch 
elets,  wenn  «anch  in  einer  etwas  verSudiorten  Bahi^,  vm 
die  Sonne  fortbewegen;  andere  hingegen  wenifon.  ciiie 


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eUiptische,  oder  parabolische  oder  hyperbölisehe  Bewe- 
gung um  die  Erde  erhalten,  und  werden,  nachdem  sie 
610-,  zwei-  oder  mehnnal  wieder  in  dick  Nähe  der  Erde 
gekomnen  sind,  wodurch  ihre  Hahn  von  N«ikaat  vertttt- 
dcrt  wcrdea  kaon  ,  auf  die  Erde  lallaii.. 

WcBii  die  Meteortleine  tmd  Feuerkugeln  mit  den 
Asteroiden  identisch  sind,  und  es  bewiesen  ist,  dafs  in 
der  Erscheinung  der  Asterojde  eine  Periodiciüit  zu  beob- 
aobteD  i«t,  so  inufs  sich  in  dem  Erschem^n  der  Feuer^ 
kugelo  ond  io-.dem  Fallen  der  MeteorBtehie  fiueh  einige 
fieriodlcitit. zeigen.  Um  diefe  va  .unteesucbea  babe  ieb 
eine  cbronologische  Tabelle  angefertigt,  in.  wefeber  ich^ 
so  viel  wie  möglich,  alle  Meteorsteine,  so  wie  alle  F'euer- 
kugeln,  welche,  von  den  beim  Falle  von  Meteorsteinen 
wahrgenommenen  Erscbeinongen  begleitet,  beobachtet 
worden  sind,  aufigenoBmen  und  nach  den  Tagen  des -Mo* 
oatB  geordnet  habe,  indem  ich  das  Jahr  ond  den  Ort 
des  .Fallet  dder  der  Beobachtung  hinzusetzte.  Wo  der 
Ort  des  Falles  oder  der  Erscheinung  nicht  verzeichnet 
war,  habe  ich  die  Schriftsteller,  denen  sie  entnommen 
sind,  amgeführt,  diejenigen,  bei  welchen  nur  der  Monat 
und  nicht  der  Monalstag  angegsben  wir,  sind  mit  ()  be> 
xeichuet;.  diejenigen  dagegen,  von  welchen,  erwübat  war, 
vh  sie  im  Anfange,  in  der  Mitte  oder  am  Ende  des  Mo- 
nats gefallen  waren,  ohne  nähere  Angabe  des  Tages,  habe 
ich  mit  den  Buchstaben  I,  M  und  F  bezeichnet.  Die 
Meleorsteinfälle,  bei  welchen  die  Steine  ge6inden  wnrdeo, 
«ind  mit  dem  Zeiehen  angedeoAel,  wäihBeni  das  Zei<* 
eben  *  bei  denjenigen  steht,  wo  der  Fall  too  Meteor» 
steinen  oder  das  Erscheinen  von  Feuerkugeln  von  einem 
sogenannten  Feuerregen  begleitet  war,  d.  h.  also,  wo 
eine  grofse  Anzahl  Asteroide  erschien;  das  Zeichen  | 
endlfich,  wenn  aogleicb  Nordlicht  beobeohtet  worde.  Der 
Onind,  weshalb  die  zwei  leisten  Zeichen  mir  bei  sehr 
'wenigen  gefunden  werden,  liegt  darin,  dafs  die  gemme 
Au[z,cichuung  der  Feuerregen  uud  Nordlichter  sich  erst 


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m 

seit '  wenigen  \Fabren  hersebreibt.  v  Bei  der^  Anfertigung 
dieser  Tabelle  habe  ich  aus  allen  den  von  Chladni  *) 
und  aus  den  drei  von  v.  ü/off  :)  beraii6§€giebenen  Ca- 
talogen geschöpft;,  laufeerdem  aus  dem.  von.  4en.  Arabern 
▼enKeicbneten  und  toh  Fr.ae.bp  -)  benrosgegebeuen  hßit* 
TOlden-Cataloge;  '  aus  dem.  Catfilog  Ton  Metcjorstmen 
und  Feuerkugeln  v.  L.  F.  Käiulz  *);  aus  zwei  von  A. 
Quetclet  *)  herausgegebenen  Asleroiden-Catalogcn,  und 
aus  einem  Meteorstein -Catalog  für  die  legten  Tage  vom 
November«  aad  die  Tage  vom  11k  bis  zum  18.  Juil,  den 
Gapocci  terferfjg^  bat«  Aufserdem  babe  icb  so  vtel 
wie  mOglicb  alle  die  Erscbeinungen  von  Meteorsteinea 
und  Feuerkugeln,  die  hie  und  da  in  periodischen  Schrif- 
ten erwähnt  sind,  anfgenomineD.  Es  ist  sehr  zu  bedauern, 
dafs  die  franzüsisqlie  Academie  den  Catalog  von  Aste- 
lOldan,  Feuerkugeln  und  Meteorsteioen,  welche  vom  7. 
JahrbKindert  yot  Cbrialo  bis  zum  17,  Jabrbundert  iia<li 
Cbristo  in  China' beobachtet  sind,  noch  nicht  heraus- 
gegeben bat,  den  Ed.  Biot  aus  den  chinesischen  An- 

1)  Chladni,  über  Ffcueritieteorc,  S.  97  bis  168  und  S.  J73  bis  310; 
Gilbert's  Ann.,  Bd.  68,  S.  329;  Bd.  71,  S.  359;  Bd.  75,  S.  229; 
PoggendorrPs  Ann..  Bd.  2,,  5.151}  Bd.  6,  S.  21  und  161,  iidd 
Bd.  VIII,  S.  45. 

•         •  * 

2)  V.  Hoff,  PÖifuaortVä  Ann.,  Bd.  18,  S.  174;  Bd.  24,  5.  221, 
und  Bd.  34,  S.  339. 

3)  Fraehn,  Appnritions  d'etoiles  filantes  signnlees  dans  /es  Au- 
teurs Arabes.  Institut,  de  France,  Sect.  1,  Scienc.  Math,  Phjs. 
et  Nat.,  T,  VI,  1838,  Nu.  252,  p.  350. 

4)  L.  F.  Kämtz,  Lehrbuch  der  Meteorolofie,  Th  3,  S.  264  bis  303, 
der  aaCMT  den  schon  erwähnten  Catalogen  geschöpft  hat  aus:  Plie- 
ninger, Meteor.  Tagebuch  im  GorrespondensbUu  de«  Leodw.  Ver- 
enu  in  Wfirtemberg. 

5)  A.  Qnetelet,  Cataiogu^  du  prineipaleM  eppoHiUnu  dtitoiies 
fitaates,   BruxeUes,  1838  ei  1841. 

6)  Capocci,  Periodicitat  der  A^olithe;  PoggendorfPs  Anoalen, 
Egäniungsband ,  S.  521.  ^ 


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47« 

fialen  zusamnengesetzt,  und  am  91,  Mai  1841  der  fran- 
zOsiscben  Academie  Vorgelegt  hat  *),    Spftter  hat  Ed. 

Biot  diesen  Catalog  noch  vermehrt,  indem  er  mehr  als 
1300  chinesische  Beobachtungen  zwischen  den  Jahren  960 
imd  1275  nach  Christo  hinzusetzte  Aus  dem  Ca- 
taloge  sebiiefet  Biot;  dafis  die  meisten  Asteroiden»  Feuer* 
kugeln  und  ASrolitbe  zwischen  dem  25.  And  30.  Juli, 
am  7.  August,  am  12.,  13.  mid  16.  November,  und  zwi- 
schen dem  24.  und  27.  October  beobachtet  sind. 

Wenn  wir  die  hier  beifolgende  Tabelle  betrachten, 
sehen  wir  sogleich,  dafs  nur  die  beiden  Monate,  August 
und  November,  durch  eine  grOfsere  Menge  Beobachtun- 
gen ausgezeichnet  sind,  so  wie  auch,  doch  nur  in  geringe- 
rem Grade,  der  Monat  Juli;  denn  die  scheinbar  grofse 
Anzahl,  die  wir  in  den  Monaten  October,  Dccember,  Ja- 
nuar und  Februar  finden,  ist  nur  den  längeren  Nächten  in 
den  nördlichen  gebildeten  Gegenden  •zuzuschreiben,  wo 
diese  Beobachtungen  doch  fast  ausscfalielslich  aulgezeich* 
nel  werden. 

Wir  sehen  sogleich  aus  dieser  Tabelle,  dafs  einige 
Tage  durch  eine  gröfsere  Anzahl  beobachteter  Feuerku- 
geln und  Meteorsteine  ausgezeichnet  sind,  was  noch  deut- 
licher wird  durch  folgende  kleine  Tabelle,  in  welcher 
ich  nur  die  Zahl  der  Qeobachtungen  fQr  jeden  Tag  an- 
gegeben habe: 

1)  Compies  rendtu,  T,  XJJ»  p*  986. 

2)  Ibid,  T,  XUI,  204. 


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(Zu  Seile  476  gehörig.) 


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4 
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12 
12 
12 
12 
12 
13 
13 
13 
13 
13 
13 
13 
13 
13 
14 
14 
14 
15 
15 
16 
16 
17 
17 
17 
17 
18 
18 
19 
19 


1839  Rursland 
1799  Pocklington 
1761  VVhitby 
1749jA(lant.  Ocean 
1733  Frankreich 
1825  Halle 
1814  Ost-Indien 
1825  Merseburg 
1548  Thüringen 
1839  Parma 
1841  Parma 
1827|Tenenfia 
I492,0bcr-Klsafs 
1799  Mexico 

1813  Wood  fort 
1771  V'öriogen 

1814  Moskau 
1823  Prag 
1825  Pils 
1813'iSuuderland 
1839  Parma 
I808,b:ugland 
I822|l''reiberg 
176l|scurrc 
1791  Göttingen 
1799  Ktiglaod 
1820  llufsland 
1822,  Potsdam 
1832!  Deutschland 
I8.33' Deutschland 
1837'ouet.  1839.  51. 
1684  Gottesgabe 
1803  London 

1818  Gosport 
1819!Huiti 
1831' Brüneck 

1834  \.  Amerika 

1835  N.  Amerika 
1835  Dep.  de  Ain. 
1838  Ouet.  1839.  54 

1819  Böhmen 
18241  Mainz 
l825,Leith 

Karlsruhe 
Apenrade 


1812 
1822 
1803 
1824 


Genf 


Bonn 
1623;  Deutschland 
16841  Bretagne 


J  1(542' 

Ungarn 

1 

1821 

Leipzig 

l!l825 

tseriin 

2 

1739; 

England 

2 

1804 

h  innlana 

2 

1814 

London 

2 

1821 

»acuten 

3 

1821 

W  eimar 

1 

4 

1728 

Nürnberg 

4 

1821 

Görlitz 

5 

1737 

England 

5 

1762 

England 

1 

4- 

5 

1842 

Epinal 

6 

1823 

Aachen 

8 

l733;üorsetshire 

8 

1817 

England 

8 

1831 

Batb 

8 

1844 

Paris 

9 

1734  Regensburg 

9 

1820Tumea 

10 

1824 

Mans 

10 

1825 

Halle 

11 

1741  Kugland 

11 

1821 

England 

n 

1836 

Brasilien 

1 

1844 

Limoux 

1 

+ 

12 

1642 

Ofen 

12  1830 

Heiligenstadt 

• 

13  1795 

Woodcottage 

I3il798 

Krakau 

13  1803  Hkaterinenbui 

13  1803  Miissiug 

13  1813lLautolax 

13  1823Belley 

I  41 1807  Connecticut 

« 

U  1830  Warschau 

• 

15 

1586 

Verden 

• 


1773 
1818 
1465 
1819 
1764 
1817 


Sena 

Gosport 

Paris 

England 

Paris 

Rochelle 


« 


+ 


15 
16 
16 
17 
17 
18 
18 
18 
19 

-io; 

21 
21 
21 

22 
22 
22 
24 


1824  Magdeburg 
1742  London 
1 8()3  Schwarzenb. 
1680  Kurland 
1824 'Neuhaus 
1818;  Halle 
1821  Neapel 

1825  Frankfurt  a.  M. 
1798  Bengalen 
1832  England 
;  1816  Ungarn 

1816  Ungarn 
18181  Fünen 


1822 
1758 
1806 
1816 


Brünn 
Colchester 
England 
Nicolsburg 


+ 

4- 
4- 

+ 


+ 


+ 


1560  Lillcbonne 


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477 


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1 

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1 

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1 

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1 

1 

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1  69 

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Wir  sehen  deutlich,  dafs  die  durch  eioe  gröfsere 
Anzahl  Meteorsteine  und  Feuerkugeln  ausgezeichneten 
Tage  sind:  der  12.  und  13.  November,  der  10.  August, 
der  9.  und  10.  April,  der  13.  December,  der  27.,  28. 
und  29.  November,  und  der  1.  und  2.  Januar,  v^elche 
Tage,  nach  Quetelet,  alle  durch  die  gröfsere  Menge 
Asteroiden  bekannt  sind;  und  aufserdem  noch  der  17. 
Juli,  welcher  Tag  wegen  der  grofsen  Menge  beobachte- 
ter Feuerkugeln  und  Meteorsteine  die  Aufmerksamkeit 
derjenigen,  virelche  sich  mit  der  Beobachtung  von  Aste- 


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478 

roiden  beschäftigen,  wohl  verdient;  diese  Periodicilät  von 
Feuerkugeln  und  Meteorsteinen  zwischen  dem  l^.  und 
18.  Julir  uod  in  den  letzten  Tagen  des  Niovembe^s  wer 
schon  TOD  Capocei  bemerkt 

Wie  Tiel  Werth  naD  eher  eaf  die  Periodicilät  so- 
wohl der  AsteroVde,  als  der  Feuerkugeln  und  Meteor- 
steine legen  müsse,  werden  uns  erst  die  eine  lange  Zeit 
hindurcii  sorgfältig  aufgezeichneten  Beobachtungen  lehren. 
Wie  wir  schon  oben  bemerkten,  kojonnen 'nicht  nur  feste 
KOrper,  sondern  aac^  Nebel;  von  no^h  nicht  condensir- 
ter  Materie  in  unsere  Atmosphäre;  wenn  mt  Weiter  aus 
der  chemischen  Zusammensetzung,  sowohl  der  Meteor- 
steine wie  auch  der  Meteoreisenmassen,  welche  auf  die- 
selbe Weise  wie  die  Meteorsteine  ^uf  unsere  Erde  fal- 
len, auf  die  chemische  Zusammensetzüng  ^er  Nebel  tob 
nicht'  cpndensirter  Materie  schliefeen;  dürfen,  dann  ist  es 
möglich,  dafs  eben  so,  ^le  die  Meteorsteine  tEum  grofsen 
Theil  aus  Magneteisen  und  Nickel,  und  die  Meteoreisen- 
masseu  fast  ganz  aus  diesen  Körperu  bestehen,  auch  die 
Meteornehel  eine  grofse  Menge  dieser  magnetischen  Me- 
talle '  enthalten.  Was  mnfs  aber:  ge^hehen,  .wei|n  ein 
derartiger  Nebel,  tu  eifern  aDsehoUchen  Th^il  aus  mag- 
netischen Theilchen  bestehend,  sich  unserer  Erde,  die 
wir  als  einen  grofsen  Magneten  kennen,  nähert?  Die 
Theilchen  werden  natürlich  durch  die  Pole  des  Magneten 
angezogen  werden,  und  wenn  sie  in  die  Atmosphäre  ge- 
bngeo,  werden  die  fein  Tertheilten,  nicht  oxydnlen  "theil- 
tthen-  anter  den  Rrsehemcm^en  Ton  Lieht  und  Warme 
oxydirt  werden,  und  ein  Phänomen  erzeugen,  welches 
wir  unter  dem  Namen  Nordlicht  kennen,  aber  mit  dem- 
selben Uechte  Südlicht  genannt  werden  könnte^  da  es 
eben  so  am*- Südpole  bebbadhtet  wird.  Zu  dieser  £r^ 
scbeinung-  kOnMi  noch  dio  Th«il€heik  der  Stenisclniop* 
pen  mtwirken,  die  wir  in  oneere  Atmosphäre  ▼erschwin- 
den  sahen,  und  zugleich  die  grofsen  Nebel,  welche  wir 
1)  Capt>cci,.  Poggendorffy*«  AonaicD,  Erfzbd.,  S.  521. 


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479 

Fcncrkü^elil  'n»d  llffet^orateibe  hö  Anfange  ilnrer  Eve- 

schcinung  umgeben  sehen,  and  von  denen  wir  beim  FaVI 
der  Steine  keine  Spur  bemerken;  diese  ätherische,  fein 
▼ertbeille  Materie  kann,  wenn  sie  iu  den  Anziebuo^ 
kieia  d^r  ma^etiflchen*  Pole  iLommt,  zur  Enengoiig  dm 
I)iaurdUdila''mit  iritktli,  dem»,  die  Jittoba^htun^B  derRc»^ 
senden  in  den'-Polarge^endeo  liaben  liinlSnglieii  gelehrt; 
dafs  der  Sitz  des  Nordlichts  nicht  an  den  eigentlichen 
Erdpolen,  wohl  aber  an  den  magnetischen  Polen  der 
Erde.Btt  cttciifin  iBt.*.  Dafs  die  Annahme,  dafs  in  den 
birtiertn  iGegendlen  «nsercr  AUM8(li8re  metallisclie  Theil« 
chen- zugegen  «Ad,  nicht  ganz  unbegründet  sey,  beweis 
sen  einige  Beobachlongen.  Hftnfig  sind  Hagelwetter  beob- 
achtet, bei  denen  man  in  den  Hagelkörnern  Mctallkerne 
sah,  find  ich  glaube,  dafs  man  diese  oft  finden  würde, 
wem  nan  dieselben. hSnfiger  untersuchte.  Eversmario 
bat  z.  B.  in  HAgelUknera,  welche  bei  Slerli^maeM'.im4m 
ProTinz  Orenhurg  in  .Rnfsland.  gefallen  wai^nf  stumpf- 
wiukliche  Octaeder  von  Schwefeleisen  gefunden,  in  weU 
chem  Hermann  90  Proc.  Eisen  fand  ' ).  Eben  so  fie- 
len am  21.  Juni  1821  in  der  Provinz  Majo  in  Spanien 
Hagelkörner  mit  Metallkernen,  in  welchen  Pictet') 
diurch  EisenojMikalinm  die  Gegenwart  von  Eisei  gizeigt 
bat  Vor  allen  Bingen  aber-  verdient  es  unsdre  AnAnerk*^ 
samkeit,  dafs  am  26.  August  1834  in  Padua  Hagelkör- 
ncr  mit  aschgrauen  Kernen  gefallen  sind;  Cosari  ^)  un- 
tersuchte die  Kerne,  und  es  ging  daraus  hervor,  dafs  sie 
aus  gr&faeren  und  kleineren  KAinern  bestanden,  von 'de- 
nen die  ^fiitoren  dotob'  den  Magnet  angezogen  wni^eit^ 
und,  nach  Cosari's  Analyse,  ans  Eisen  und  Nickel  be- 
standen.   Die  Identität  dieser  Stoffe  mit  der  Masse  der 

1)  Gilbert's  Annalen,  Bd.  76,  S.  340. 

2)  EbendattllMt,  Bd.  72,  S.  436. 

3)  D.  L.  Gotari,  Armßlt        Sc^mzp  det  Regii»  LiM»b,f  Ventto, 
NoQ^  Dm. .1834,  ia  dep  Jf€VH,JSifmhPAil  '/tßiKn,,  No.  37«  ^.33. 


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480 

Aeroiitbe  wird  wohl  Niemand  bezweifeln  können.  Es 
würde  also  zur  Prüfung  dieser  Theorie  über  den  Ur- 
sprang des  Nordlichts  sehr  wüoschensw^rth  seja,  wenn 
der  Bodeo  in.  den  Polargegenden  auf  Niokei  untevBoeht 
wfird«;;  deon  da  dieses.  Metall  auf  der  Erdoberflftcbe  sieht 
fein  yertheilt  vorkommt,  kann  es  als  ein  ziemlich  siche- 
res Kennzeichen  meteorischer  Materie  gelten. 

Diese  Hypothese  über  den  Ursprung  des  Nordlichts 
wird  noch  unterstützt  durch  die  Beobachtungen  von  C  o  i  1  a, 
Wartm^B  und  Qnetelet  die  gezeigt  haben,  dals 
die  Zeit,  in  welcher  die  BMfisten  Nordlichter  ToriLonrnen, 
mit  der  Zeit,  in  welcher  die  meisten  Asteroiden  beob- 
achtet werden,  übereinstimmt;  aufserdem  hat  Ritter^) 
geglaubt  eiue  Periodicität  in  der  Erscheinung  der  Nord- 
tiohter  beobachten  zu  könmn,  welche  mit  derPenodid- 
mt  im  Falle  der  Mefteofileine  im  Einklang  ist;  aber  et 
ist' Schade,  dafs  Ritter  diese  PeriodieitSt  nur  in  den 
Jahren,  welche  durch  eine  gröfsere  Menge  gefallener  Me- 
teorsteine und  erschienenen  Nordlichter  ausgezeichnet 
sind,  und  nicht  in  bestinunten  Tagen  gesucht  hat 


Und  hiermit  hoffe  ich  einigermafseh  den  Zusammen- 
hang beleuchtet  zu  haben,  der  zwischen  den  verschiede- 
neu Körpern  und  Erscheinungen,  die  zu  unserem  Sou- 
nensystem  gehören,  zu  «bestehen  scheint;  ich  bin  aber 
weit  entfernt  behaupten  zu  wotteo,  daÜB  alles  Obensle- 
bende  fQr  sieher  und  ausgemacht  angenommen  werden 
QUifs;  diefs  gilt  besonders  vom  Nordlicht,  da  durch  diese 

Theo- 

1)  ImiituL  de  France^  IBU,  jVb.  999. 

2)  Gilbert's  Aonalen,  Bd.  15,  5.206,  und  Bd.  16,  S.  221. 

3)  Ucbcr  Nordlichter,  vergl.  de  Mai  ran,  Tratte  de  l'aurore  borenle. 
Parisy  1754.  Gchler's  phys.  Wörterb.,  Artikel:  Nordlü  ftf,  S.  113, 
und  Fr.  Argelander,  AufTorderongen  an  Freunde  der  Astronomie 
in  U.  C.  5c]iomacher*s  Jahrbnch  liir  1844,  5. 132. 


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481 

Theorie  alle  Erscheinungen  bisher  noch  nicht  genügend 
erklärt  werden  können,  z.  B.  die  RichtUDg  des  Nord- 
lichts im  magnetiscben  Meridian,  das  Vorkanunen  dessel- 
bM  an  den  swei  Ddrdiicben  KAhe -Polen  (Polen  der 
ieothenoischen  Linien),  von  denen  nur  der  eine  zugleidi 
magnetischer  Pol  ist  u.  s.  w.  Spätere  Untersuchungen 
werden  zeigen  müssen,  ob  diese  Theorie  richtig  sej  oder 
nicht;  das  hier  Mitgetheilte  ist  nur  ein  Versuch,  wo  mög- 
lich in  ein  firoCses  Chaos  einige  Ordnung  cn  bringen. 


Wir  wollen  noch  versiiehen  dareh  diese  mutbnmfs- 
Kdie  Entstehung  der  Meteorsteine  so  viel  wie  möglich 
die  ihren  Fall  begleitenden  Erscheinungen  zu  erklären. 

Da  ein  solcher  Fall  ganz  unerwartet  vorkommt»  so 
igt  es  ganz  naitfirlicb,  dab  der  Anfang  der  Erscheinang 
&at  'nie  beobachtet  wird;  in  den  FSllen,  in  welchen  man 
zufällig  den  Anfang  der  Erschehinng  beobachtet  hat,  hat 
man  einen  kleinen  leuchtenden  Punkt,  oder  meistens  ei- 
nen leuchtenden  Nebel,  oder  bisweilen  auch  einen  Punkt, 
der  Ton  parallelen  leuchtenden  Streifen  umgeben  war, 
gesehen.  Die  Höhe  dieses  Punkts  hat  man  iaat  nie  be- 
stimmen können,  erstens  weil  die  Erscheinung  so  uner- 
wartet kommt,  und  zweitens  weil  Körper,  die  sich  so 
rasch  bewegen,  nicht  in  den  Bereich  von  Instrumenten 
fallen;  die  einzige  Methode,  durch  welche  die  Höhe  eines 
solchen  Puuktes  gefunden  werden  kann,  ist  die  Bestim- 
mung der  Parallaze,  nAmlich  wenn  zwei  Beobachter  an 
weit  von  einfinder  entfernten  Stetten  za  gleicher  Z^it  diese 
Erscheinung  beobachten,  und  sich  genau  die  Stelle  dee 
Himmels  merken,  au  welcher  sie  in  dem  Augenblick  den 
Körper  sahen.  Hessel  hat  für  diese  Bestimmung  eine 
bedeutende  Verbesserung  angegeben:  er  nimmt  an,  da& 
die  scheinbaren  Bahnen  der  Asteroide  oder  Feuerkugelmi 
•    gröfste,  auf  der  Himmelskugdi  beschriebene  Krebe  Seyen; 

1)  Schuraaclier's  Aslron.  Nachr.,  Bd.  16,  No.  380,  S.  327. 
PogseadorfTft  Aanal.  Bd.LXYl.  31 

t 

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vn 

wenn  alao  doicb  den  Standpnnkl  der  betden  fieobeebler 
und  dnrch  die  sdbcuibar  gerade  Balm  der  Aetmr^eA  zwei 
Ebenen  gelegt  werden,  dann  beetiMit  die  Linie,  in  wel- 
cher diese  Ebenen  sich  schneiden  im  Allgemeioeu  (aus- 
genommen wenn  diese  beiden  Ebenen  parallel  sind,  und 
also  die  Bahn  unendlich  weit  von  der  Erde  liegt)  die 
Linie,  in  welcher  die  Stemechnnppe  sieb  bewegt  liat 
Wenn  man  die  Ricbtungslinien  bis  su  dieser  geraden  Li- 
nie TerlMngert,  so  bestimnieD  sie  den  Ort  denselben  im 
Raum,  und  also  auch  ihre  Entfernung  von  der  Erde,  so 
wie  das  Fallen  und  Steigen  des  Körpers.  Feldt  hat 
dnrch  diese  Methode  ans  den  Beobachtungen  der  Aste- 
roiden die  Entfernung  ^rieler  ^on  unserer  Erde  bestiaun^ 
und  gefunden,  dafs  dieselbe  swisefaen  2  und  33  geogra- 
phischen Meilen  schwankt,  und  zugleich  gezeigt,  dafs 
was  Brandes  und  Benzeuberg  aus  ihren  Beobach- 
tungen geschlossen  hatten,  nümlich  dafs  einige  Aste- 
roiden, wenn  sie  kommen,  der  Erde  näher  ;nnd,  als  in 
dem  Angenbliok,  in  welchem  sie  verschwuiden,  nicht  be- 
grOndet  ist.  IKesdbe  bedeutende  Hdhe  ist  auch  für  die 
Feneikugeln  und  Meteorsteine  im  Anfange  ihres  Erschei- 
nens beobachtet  worden. 

Die  Bahn  der  Boliden  ist  im  Anfang  stets  der  Erde 
etwas  zugeneigt ;  bisweilen  scheint  dieselbe  auch  der  Erdr 
oberflAcbe  parallel ;  die  Bewegung  ist  sehr  aobneU,  so  data 
man  oft  eine  Feuerkugel  in  wenigen  Minuten  tiber  ganz 
Europa  hat  fliegen  sehen.  Bisweilen  hat  man  auch  eine 
sprungweise  Bewegung  beobachtet;  welchem  Umstände 
man  diese  zugeschrieben  hat,  ist  noch  von  Niemanden 
auf  eine  einigermafsen  befriedigende  Weise  auseinander- 
gesetzt; was  fllr  eine  Meinung  man  auch  imnwrhin  Aber 
ihren  Ursprung  oder  ihre  Natur  haben  mag,  ich  werde 
es  also  auch  nicht  versuchen  dieses  schwer  zu  erklärende 
'  Phänomen  zu  beleuchten.  Die  Behauptung  der  Meisten, 
daÜB  die  Schnelligkeit  der  Aerolithen  wfthrend  ihrer  Be- 
wegung durch  die  Atmosphäre  abninunt,  wekhe  sich  dar- 


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483 

Mif  grämien  soll,  Ms  eio  tidi  so  rasch  bewegender  Kör* 

per  bei  seinem  Falle  eio  viel  tieferes  Loch  als  von  2 
bis  3  Fufs  machen  müfste,  ist  durchaus  nicht  gegründet,  , 
da  die  Erdoberfläche,  besonders  die  Sandschicblen,  ei- 
nen derartigeii  Widerstand  bieten,  dafs  wenn  der  Kfir- 
per  aooh  noch  «ne  viel  sehneUere  Flucbl  bitte,  er  ded- 
Bocb  in  dies*  Sandsdnchten  nicbt  tiefer  wOrde  dndnngen 
können. 

Es  giebt  vorzugsweise  eine  merkwürdige  Erscheinung, 
die  durch  keine  der  früheren  Theorien  befriedigend  er- 
klllrt  wird;  ans  dieser  aber  folgt  nnmittelbar:  die  mei« 
sttn  ASrolithen  haben  im  Anfong  ihrer  Erscheionng  die 
GrAfse  des  Monds,  bisweilen  seheinen  dieselben  noch 
gröfser,  so  dafs  sie,  wenn  man  ihre  Entfernung  berück- 
sichtigt, die  Gröfse  von  einer  bis  zwei  Kubikmeilen  ha- 
ben müssen,  und  wie  grofs  sind  die  Meteorsteine,  wel- 
che wir  auf  unsere  Erde  fallen  sehen?  meistens  nur  ei^ 
nige  Kubiksoll,  und  der  grOCste. einen  Kubikfnft.  Wel- 
chem Umstand  ist  diese  Abnahme  der  Gröfse  soznschrei- 
ben?  Wie  wir  früher  bemerkten,  sind  die  Meteorsteine, 
bevor  sie  in  unsere  Atmosphäre  gelangen,  von  einem  Ne» 
bei  nicht  condensirter  Urmaterie  umgeben,  weiche  Mm» 
terie  wahrscheinlich  alle  die  Elemente,  ans  welchen  der 
Stein  besteht,  noch  Im  isolirten  Zustande  enthttlt,  die 
dann,  wenn  sie  in  unsere  AtmosphSre  kommen,  mit  ein- 
ander verbunden  werden,  und  so  das  starke  Licht  er- 
zeugen; es  kann  auch  sejn,  dafs  der  Nebel  aus  noch 
nicht  oxydirten  Elementen  besteht,  welche  durch  den 
Snnerstoff  unserer  Atmosphttre  oxjdtrt  und  in-der  Atmos- 
phSre  ^rbreitet  werden.  Hieraus  lassen  sich  die.ver-^ 
schiedenen  Lichtfarben,  weldie  man  beobachtet,  erklS- 
ren;  wir  wissen  )a,  dafs  geschmolzenes  Eisen  und  bren- 
nender Phosphor  weifs,  brennender  Schwefel  und  Nickel 
blau,  brennendes  Kupfer  grün,  brennender  Kalk  roth 
und  brennendes  Natron  gelb  leuchten*  Ee  erhellt  in- 
f^ch,  dafe  das  Licht  der  Feuerkugeln  stirker  seyn  nnds 

31» 


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484 

aU  das  des  Mouds,  da  HUB  dieser  nur  reüectirtes,  }ene 
aber  eigenes  Licht  sosenden. 

Nacbdem  die  Fenerkagela  eioige  Zeit  in  unserer 

Atmosphäre  gewesen  sind,  fahren  sie  aus  einander;  diese 
Erscheinung  erklärt  sich  daraus,  dafs  durch  die  grofse 
Hitze,  welche  die  chemische  Wirkung  im  Nebel  erzeugt, 
die  Oberfläche  des  Steins  erhitzt  wird,  während  das  In- 
nere, wegen  des  schlechten  LeitnngBTermflgens  des  Steina 
kalt  bleibt;  die  Steinmasse  mak  springen )  eben  so  wie 
dickes  Glas,  das  plötzlich  erwärmt  wird.  Dafs  nur  die 
Oberfläche  des  Steins  erwärmt  wird,  zeigt  sich  aufs  Deut- 
lichste an  der  Schwarzeln  Kruste,  mit  welcher  die  Meteor- 
steine fast  unmer  angeben  sind,  und.  welche  ntemals  dik- 
ker  ist  als  0,25  bis  0,5  MiUim.  Diese  Kruste,  entsteht 
dnrch  eine  beginnende  Schmelzang  der  Silikate,  d^  die- 
selbe Kruste  auf  der  weifsen  Bruchfläche  durch  das  Löth- 
rohr  erzeugt  werden  kann. 

Durch  das  Auseinanderfabrcn  des  Steins  entsteht  auch 
der  heftige  Knall,  den  man  innier  hört;  dieser  Knall  wird 
meistens  mit  dem  Donnersehlage  yerglichen,  dbglakk 
Ohrenzengen  Qber  den  Ton.  oft  sehr  ▼ersohieden  aussa- 
gen ;  einige  vergleichen  ihn  mit  einem  Donnerschlage,  an- 
dere mit  dem  Rollen  eines  schweren  Wagens  über  Stra- 
fBenpflaster,  andere  mit  einem  Geschützfeuer,  mit  dem 
GerSttsch,  das  unter  einander  bewegte. Gewehre  Terar- 
Sachen,  andere  mit  aus  der  Feme  gehörten  Trommeln 
und  Pfeifen,  mit  dem  Heulen  der  Winde,  andere  end- 
lich mit  den  Tönen  einer  Aeolsharfe.  Dieser  Unterschied 
in  den  Aussagen  scheint  mir  daher  zu  rühren,  dafs  man 
xwei,  durch  ganz  verschiedene  Ursachen  erzeugte  Ge- 
rinsche  mit  einander  Terwechselt;  das  eine  nämlicb,  wel- 
ches .man  gewöhnlich  mit  dem  Donnerschlag  vergleicht, 
entsteht  dnrch  das  Auseinanderfahren  des  Steins,  das  an- 
dere, welches  dem  Heulen  der  Winde  ähnlich  sejn  soll, 
entsteht  durch  die.  schnelle  Fahrt  des  Steins  durch  die 
Atmosphire,  und  wird  meistens  von  denen  gehört,  dio 
sich  am  nSehsten  beim  Orte,  wo  der  Stein  fttUt,  befinden. 


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48» 


Eudlich  fallen  ein  oder  mehre  Steine  auf  die  Erd- 
oberfläche, dringen  ein  Paar  FuIjb  tief  in  den  Boden, 
und  werfen  die  Erde  ta  mebren  Fofsen  auf.  Die  Tiefe, 
zu  weicher  die  Steine  in  die  Erde  eindringe»  hingt  gans 
und  gar  Von  der  Nator  des  Bodens,  anf  welchen  sie 
fallen,  ab:  der  Stein  z.  B.,  welcher  vor  zwei  Jahren  bei 
Blaauw-Kapel  iiel,  durchsetzte  eine  Thonschicht  von  ei- 
neoD  Meter,  und  wurde  von  einer  Sandschicht  aufgehal- 
ten. Die  Steine  liaben,  wenn  sie  fallen,  eine  so  g^Üse 
Hitae,  dafs  sie  mit  der  Hand  nicht  aofgenoomen  werden 
können. 

Wir  sehen  aus  dieser  kurzen  Erklärung  der  Erschei- 
nung, dafs  dieselben  alle  leicht  aus  unserer  Ansicht  über 
die  Entstehung  der  Meteorsteine  abgeleitet  werden  kön- 
neU)  und  dafs  die  Ansicht  also,  obgleich  sie  noch  nicht 
als  ganz  erwiesen  betrachtet  werden  kann,  dennoch  unter 
allen  bis  jetzt  aufgestellten  die  wahrscheinlichste  ist.  Was 
die  äufsere  Form,  die  Structur  und  die  chemische  Zu- 
sammensetzung der  Meteorsteine  und  Meteoreisenmassen 
betrifft,  verweise  ich  anf  meine  Inauguraldissertion  (p.  34) 
und  die  dott  erwähnten  Schriftsteller. 

* 

CHemUclie  (Tnterfaehuag  des  Utreoliter  Meteorsteins. 

Zu  dieser  Untersuchung  verwandte  ich  einen  Theil 
des  bei  Loevenhouije  gefallenen  Steins,  der  im  Museum 
der  Utrechter  Universität  aufbewahrt  wird.  Das  apec. 
Gewicht  des  Steins  liegt  nach  zwei  Versachen  zwischen 
3,57  nnd  3,65,  wiArend  das  spec.  Gewidit  der  vom  Mag- 
net ausgezogenen  Theilchen  sich  gleich  4,93,  und  das  des 
nicht  magnetischen  Pulvers  gleich  3,43  ergab. 

Um  den  magnetischen  Theil  zu  isoliren,  wurde  der 
Stein  in  einem  Acfaatmörser  so  fein  wie  möglich  pulve- 
ririrt,  und  anf  einem  Teller  unter  Alkdml  ausgebreitet; 
um  die  Oxydation  des  Eisens  wälnrend  dieser  Operatioii 
zu  verhüten;  aufserdem  habe  ich,  um  mit  einiger  Ge- 
nauigkeit das  Verhäitnifs  zwischen  der  Quantität  der  mag« 
netischen  Theilchen  und  des  nicht  magnetischen  Pulvers 


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I 


488 

zu  bestimmen,  nidit,  wie  immer  gescUdit,  einco  con- 
Staaten  Magneten  in  Anwendung  gezogen,  von  welchem 
sich  unmöglich  alle  die  magnetischen  Theilchen  ablösen 
lassen,  sondern  einen  Elektromagneten,  einen  glatt  po- 
lirten  Stab  vou  weichem  Eisen  mit  einer  kupfernen  Spi- 
rale umgeben,  die  mit  einem  Paar  GroTe*8cheo  Trögen 
▼erbonden  war.  Nachdem  der  Magnet  ao  viel  rn%  mög- 
lich alle  magnetische  Theilchen  aasgezogen  hatte,  brachte 
ich  ihn  in  eine  andere  mit  Alkohol  gefüllte  Schale  und 
unterbrach  den  galvanischen  Strom,  wodurch  alle  die  mag- 
netischen Theilchen  zu  gleicher  Zeit  abfielen.  Der  Mag- 
net wurde  darauf  so  lange  durch  das  Pulver  tun  und  her 
geschoben,  als  -diesCT  noch  etwas  anzog;  die  magnetischen 
Theilchen  worden  darauf  zerrieben,  und  von  Neuem  durch 
den  Magnet  ausgezogen,  um  sie  so  viel  möglich  von  dem 
anhängenden  Pulver  zu  befreien.  Die  ganze  Masse  des 
gebrauchten  Alkohols  wurde  darauf  mit  dem  nicht  mag- 
netischen PnWer  zur  Trockne  abgedampft,  und  das  ge- 
trocknete magnetische  undf  picht  magnetische  Palver  ge- 
wogen: to  fand  ich,  dafs  Grm.  nicht  magnetischen 
Pulvers  mit  6,864  Grm.  magnetischer  Theilchen  verbun- 
den waren,  oder  dafs  100  Gewichtstheile  Meteorsteinpui- 
▼er  89,09  nicht  magnetisches  Pulver  und  10,91  magneti- 
sche Theilchen  enthielten.  Spater  werden  wir  aber  ans 
der  qnantitativ«n  Analyse  der  magnetischen  Theilchen 
sehen ,  dafs  denselben  noch  eine  ziemlich  grofse  Menge 
nicht  magnetischen  Pulvers  anhing.  Aus  dem  Verhält- 
nisse zwischen  dem  spec.  Gewichte  der  magnetischen  und 
nicht  magnetischen  Theile  würde  folgen,  dafs  100  Theilo 
MeteorsteinpulFcr  89,51  nicht  magnetisches  und  111^49 
magnetisches  Pulver  enthalten,  oder  88,09  und  11,91. 

Da  ich  Ober  eine  zionlich  grofse  Quantität  der  Me- 
teorsteinsubstanz verfügen  konnte,  hielt  ich  es  für  nöthig 
eine  ausführliche  qualitative  Untersuchung  anzustellen, 
um  zu  sehen,  ob  in  den  Meteonteinen  nicht  mehre  als 
die  bisher  gefnndenen  Substanzen,  oder  gar  auf  unserer 
Erde  ni^ekamite  Elemente  vorkommen. 


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487 

Die  bisher  in  Meteormassen  gefundenen  Elemente 
hat  Angelot  in  der  folgenden  Tabelle  zusammenge- 
stellt; er  hat  DOeh  die  £leiiieDte  hinzugefügt,  die  man 
in  zwei  Eisenmassen,  Ton  denen  die  €ikk9'h»  Jioihehiilte 
im  Harze,  die  andere  bei  Magdeburg  gefunden  wnrde^ 
fand,  welche  Eisenmassen  beide  mit  hinreichenden  Grün- 
den für  meteorische  gehalten  werden. 


1 

2 
3 
4 
5 
6 
7 
8 
9 

•10 

14 
15 
16 
t  17 
18 
19 

;  ao 

21 

22 
23 


SMMMtott 

Wasserstoff 
Stickstoff 
Schwefel 
Phosphor 

Kohlenstoff 

Silicium 

Kalium 

Natrium 

CaMiDliif  t  f 

Magnesium 
AhimiDium 
Selen  ■ 
Arsenik 

Molybdto'w 

Silber 
Kupfer 
Ziaa;  .i\so\j'\ 
Nickel 

Kobalt 
Eisen 


Meteor- 
steine. 


I? 

t 

?? 


Meteor-  1  Rotiie-  |  Magde> 


eiieo. 


4- 


halte. 


Ii 


+ 


iiydft  l  liV/ 


+ 


tJ>if 

riiVr 


1  n'jiiod- 

+  . 


SU        ,  VV^*  ^^^^ 


Aufserdem  hat  von  Holger  in  dem  bei  BohumiUz  ge- 
fundenen Steine  Beryllium  zu  finden  geglaubt,  Berze- 
Uns  hat  aber  später  von  Holger 's  Irrthum  gezeigt. 

Nach  einer  genauen  Untersuchung  haben  wir  ge-' 
funden: 


1)  Angelet,  31imoire  de  la  socUti  giologique  dt  France;  Imti' 
tut  de  France  1843,  No.  622. 

2)  Yer^  Scheihmdige  Ond^KOthingen  gedaan  in  hei  JLäbortttO' 
rium  der  läre^eeke  Maogetchoot^  JBä,  11^  p,  669. 


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488 


■  ÜB  Siofcn  laiKcIlM  Pakcr. 

Im  SfafOft  mil6iKch8t  1 

Schwefel 

Kieselsäure 

Phosphor 

Kali 

KieselflSiM 

Natron 

Kiakerde 

Natron 

Talkerde 

Kalkerde 

Thonerde 

Talkerde 

Chromoxvd 

Tbonerde 

Kupfer 

Chromoxyd 

Zinn 

Kupfer 

Nickel 

Kobalt 

Nickel 

Eisen 

Kobalt 

Mangan. 

Eisen 

Mangan. 

Wir  haben  also  yon  den  24  von  Angelot  ange- 
gebenen Elementen  nur  16  gefanden,  und  diese  sind  audi 

die  einzigeD,  die  stets  in  demselben  gefunden  sind.  Was 
.  den  Wasserstoff  und  Kohlenstoff  betrifft,  so  sind  diese 
von  Berzelius  *)  nur  in  einem  Steine,  der  bei  Alois 
gefallen  war,  gefunden;  das  Cldor  wurde  auch  nur  ein- 
mal, nSinlich  von  G.  T.  Jackson  *)  in  emer  Eisen- 
masse, welche  Hnddard  bei  Ciaüione  in  der  Provinz 
Clarke- Alabama  fand,  angetroffen. 

Es  ist  noch  sehr  zu  bezweifeln,  ob  Wasserstoff, 
Kohlenstoffe  Chior  und  Stickstoff  wirklich  in  Meteor- 
massen gefunden  werden,  denn  wenn  sie  auch  einmal 
bei  der  Analyse  vorkamen,  so  ist  es  doch  noch  sehr 
die  Frage,  ob  diese  Elemente  den  Massen  eigen  waren, 
oder  ob  sie  später  in  dieselben  hineingekommen  sind, 
sey  es  nun  aus  dem  Boden,  in  weichem  sie  eine  Zeit 
lang  lagen,  oder  in  den  Sammlungen,  in  welchen  sie 

1)  Poggendorfra  Anoal«!,  Bd.  3a,  S.  I  md  113. 

^)  jPhtl  Mgg.,  Novemb.  J828,  p.  350.   (Ann..  Ergxbd.,  S.  37J.) 


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48» 


nilbeifalirt  wordoi,  oder  eo^lflh  In  doB  LaiM9rAtoriani 
selbst,  in  welchem  sie  untersucht  worden. 

Angelüt  glaubt  endlich,  dafs  es  wahrscheinlich  sey, 
dafs  Selen,  Arsenik,  Molybdän  und  Silber  in  den  Me- 
teorsteinen vorkommen  müssen,  da  sie  in  den  bei  RKh 
ihehiUie  und  Magdeburg  ^fundenen  Eisenmessen  top* 
kamen,  denen  man  einen  meteorischen  l^nprung  anschrei- 
ben zu  müssen  gleobt. 

Die  quantitative  Analyse,  deren  Methode  ich  in  den 
Scheikundige  Onderzoekingen  mitgetheilt  habe,  hat  ge- 
'  lehrt,  daÜB  100  Tb.  nicht  magpetiscben  Pulvers  beste- 
hen BxAi 


UnUtolicheii  SOloaten 

4öi919 

Schwelelelsen 

.  5,498 

Chromeisen 

0,226 

PhosphoreiseD 

0,044 

Kieselsäure 

16,673 

Kali 

0,043 

Natron 

0^121 

Kalkerde 

0,187 

Talkerde  u.  Spur  Manganoxydul  17,716 

Thonerde 

0,065 

Eisenoxydul 

12,840 

Nickel-  und  Spur  Kobaltoi^d 

0^7 

Kupfer-  and  Zinnoxjd 

0,033 

Teriust 

0,298 

100,000* 

oder  aus: 

Unlöslichen  Silicaten    '  '    45,919  v 

Schwefeleisen          '  5,498 

Chromeiseii  T 

Beigemengtem  Nickeleisen  2,007?) 

Löslichen  Silicaten  •  o  ;     46,350    ?  j..-^ 

'         ;  ;  •  100,000.     •  ;  J 

1)  Wenn  aach  buwt^'  Nickel     Sti^Iidien  OKtoi  gdmi^imtirurde, 
wie  I.      nm  Berselio«  und^SitoiDejer,  so  glmbe  idi  doch, 


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490 

Die  ZasanMMnMitznig  der  ktolidiMi  S&licale  ist  alio 
in  100  Theilen: 


19,045 


Kieselsäure 

36,662 

Kali 

0,094 

0,016 

Natron 

0,266 

0,068 

Kalkerde 

o^ai 

0^115 

Talkerde 

38^4 

15^1 

Thonerde 

0,148 

üjm 

Eisenoxjdui 

23,470 

5.343 

20,686 


Diefs  ist  also  ein  Drittel -Silicat  oder  Olwin;  wir 
sehen  aber  aus  dem  Gehalt  an  Kali,  Natron  imd  Thon- 
erde,  dafe  demselben  ein  wenig  eines  in  Sfturen  schwer 
löslichen  Silicats,  und  zwar,  wie  wir  sipMer  sehen  wer- 
den, AWii^  beigemengt  ist. 

In  100  Th.  magnetischen  Pulvers  fanden  wir: 
Unlösliche  Silicate  und  Kieselsäure  19,461 
Schwefeleisen  1,547 
Phosphoreisen  0,165 
Kupfer  und  Zinn  0,183 
Nickel  and  Spar  Kobalt  9,160 
Eisen  60,442 
Basen  der  beigemengten  auflöslicben  Silicate 
und  Verlast  9,042 

100,000. 

Diefs  magnetische  Polver  enthsit  beigemengte  Sili- 
cate, das  nicht  magnetische  Pulver  dagegen  beigemengte 

daff  der  hier  gefandene  Geluilt  »n  Nickeloxjd  den  beigenaengten  mag- 
netitchen  Tbeilcheo  socuschreiben  ist,  und  deshalb  ging  ich  von  die- 
MD  auf,  nm  die  Menge  der  beigemengten  niagnetisehen  ThaldieB 
an  berechnen;  hiesa  hebe  ich  dea  Pho^phoreSMO  gefugt,  da  et  aacb 
•einer  Meoge  dem  ouigncludieB  Thelle  aDtogehdrcn  fcbeSat: 
Kapier  oad  aSmiosjd  0^€33  «itt  Kapfar  und  ISma  0^026 
EiMiioiydol  %166         Euen  1,677 

Nickeloiyd  0,337  Michel  0,965 

Pho«phoMiMft  0,044      '   PhiM^horciMa  .  0,044 

•        %m  9^097. 


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491 

magnetische  Theilchen,  was  die  Rechnung  ziemlich  com- 
plicirt  macht,  und  wodurch  man  genöthigt  wird  annähe- 
run^weise  zu  verfahren.  So  fand  ich,  dafs,  wenn  man 
für  die  mng^etischen  Theilchen  das  Verhftltnifii  swisdien 
Nickel  nnd  Eisen  gleich  9,160  :  57,884  stellt,  die  Rech- 
nung  beinahe  richtig  herauskommt.  Das  Schwefeleisen 
gehört  ganz  dem  nicht  magnetischen  Pulver  an;  wir  fin- 
den nämlich  aus  der  ersten  Analyse  für  19,461  unlösli- 
che Silicate  und  Kiesekttore,  1,705  SokweCeieisen,  und 
in  dieser  1,547 ;  das  Pbosphoraiaeil,  das  Kupfer  nnd  Zinn 
gehören  dagegen  den  magnetischen  Theilchen  ün«  Wir 
finden  also  die  Zusammensetzung  der  durch  den  Magnet 
ausgezogeneu  Theilchen  folgendermafsen: 

Beigemengtes  Pulver« 

'  Ublttslide  '&Ücale'aDa'lÜMela.oTO';;;.  '■'  'iil^'^'^- 
Schwefeleisen  ,    7  1,547  ' 

Eisenoxjdul  .         3^308  • 

Basen  der  beicemeogten  Silicate  und  Verlust  8,288 

■      '■  ■■  ■  ■ -^jm.  " 

tfagnetiftebet  PoWer. 

Eisen  57,888 

Nickel  und  Spur  Kobalt  9,160 

Phosphoreiseu  0,165 

Kupfer  und  Zinn  0,183 


67,306. 

Also  fdr  die  procentiscbe  Zusammensetzung  der  magne- 
tischen Theilchen: 

Eisen  85,692 
Nickel  und  Spur  Kobalt  13,591 
Phosphoreisen  0,245 
Kupfer  und  Zinn  0^73 

100,000. 

Wir  haben  weiter  in  100  Th.  in  Säuren  unlösli- 
chen Pulvers  gefunden: 


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492 


Clhroin  eiseil 

1.720 

Kipfif*lfiÄiirA 

55  456 

Kali 

0,252 

Natron 

%976 

Kidkerde 

aoos 

Talkerde 

17j996 

Thonerde 

4  939 

Eisenoxjdul 

11,304 

Maogaooxjdul  und  Nickeloxyd 

1,425 

Ktipfer«  imd  Zinnoxyd 

0^610 

Verlost 

0«3S1 

100,000. 

Mit  Recht  bemerkt  RammeUberg  daCs  diese 
nnlltolichen  Silicate  ein  Gremenge  von  wenigstens  zwei 

Silicaten  sind,  deren  ^atur  und  Menge  durch  Rechnung 
gefunden  werden  mufs. 

Wir  sehen  sogleich,  dais  wir  zu  viel  Alkalien  und 
so  wenig  Tbonerde  haben,  um  Labrador  in  diesem  Pul- 
ver  annehmen  zu  können,  dafs  aber  dagegen  das  Ver- 
bSltnifs  zwischen  diesen  gerade  so  ist  wie  im  A&it;  zie- 
hen wir  also  dieses  Mineral  von  der  Masse  ab: 

AlbSt. 

SanenlolF.   In  100  Th. 

Kieselsäure  18,480  9,60  68,854 

Natron  2,975    0,76  )  11,085 

KaU  0,252   0,04  \    '  0,939 


Thonerde  4fid9  2^31 


2,40 


Verlust  an  Thonerde  0,193  0,09  S  19,122 
so  bleibt  zurück: 


26,839  100,000 


1)  P^rsendorff«  AnnaleD,  Bd.  02,  S.  462, 


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493 

Kieselsäure 
Talkerde 
Eisenoxjdul 
Kalkerde 

MaDganoxjdnl  n.  Nickelozyd 
Kupfer-  uod  ZioDOxjd 
Verlust 


Sanantolt 


36  976 

t^Vry«-/  1  VF 

1921 

17  Q36 

11,304 

%57  1 

3,002 

0,85 

i  10,80 

1,425 

0,32  \ 

0,610 

0,12  i 

0,188 

71,441. 

Hieraus  sehen  wir,  dlnis  io  diesem  letzten  ein  Dop- 
pelsUicat  versteckt  ist,  obwohl  wir  zugleich  sehen,  dafs 

zu  wenig  Kieselsäure  ▼orhanden  ist;  Rammelsberg 
hat  durch  directe  Versuche  gezeigt,  dafs  Olmn  nicht 
leicht  ganz  in  Säuren  aufgelöst  wird;  und  hält  es  also 
für.  sehr  wahrscheinlich,  dais  man  in  den  onlOsliohen  SU 
licaten  noch  Ueberreste  von  Oüpin  aotrefXen  müsse;  ans 
diesem  Grunde  wird  hiei^i'dbr  >seitdben  '^dfiuid9h4^nnest 
getheilt  in  QUoin  und  ein  Doppelsiiicat,  nämlidÜ  Augit: 

A  a  c  lL 

Sauerstoff.        In  100  Th. 

Kieselsäure  32,376  16,82  54,485 

Talkerde  >  13,258»^  fijlSvf  5^3,813 

Eisenoxydul  !8^<>1 1^09  i  14,739 

Kalkerde  J  '    3,002   0,85  l    8,41  5,053 

Manganoxjdul  '  '1,425  0,32  (  2,399 
Kupfer  und  Zinnoxjd  .  0,601    0,12  j  1,011 

Verlust  ,   

100,4 


59,616 

Sauerstoff. 

Kieselsäure    '  4,600 

2,39 

Talkerde  4,678 

1,81 

Eisenoxydul  3,547 

0^58 

11,825. 

Dieser  Augit  sthant  also  am  besten  mit  den  Hy* 

persten^  und  ist  auch  nur  wenig  von  dem,  den  Ram- 


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494 

mclsberg  in  dem  Steine  von  Kleüt'fFenden  fand,  ver- 
schieden: 

Kieselsäure  54,64 
Talkerde  23,69 
Eitmoxjdui  19,66 
Kalkerdf  2,01 

100.00. 

Also  enthält  das  iu  Säuren  unlösliche  Pulver  in  lOQ  Th.: 

Cbromeisen  1,720 
Albit  .  26,839 
Oüyin  11,825.. 

100,000. ' 

Im  Folgendeu  haben  wir  die  proceotische  Zusam- 
mensetzang  des  ganzen  Steins,  v?ie  sie  der  Anaijse 
folgt,  zusammengestelU: 

100  Th.  Meteonteift  enthalten: 
10^91  mageetiiche  Theile,  bestehend  ans: 
7,353  Nickeleisen 
3,557  Silicate 
10,910. 

89,09  nicht  magnetische  Theile,  bestehend  ans: 
48^181  in  Sttnra  löslichen  Thailen,  oBmlldi: 
1,788  Mtteleisen 

4,898  Schwefeleisen 

0^201  Cbromeisen 
41,294  Qiivin 
48^181. 

40,909  in  SSnren  unlöslichen  Theilen,  nimlich: 
4,838  Oliyin 

0,704  Cbromeisen 
10,980  Albit       .  . 
24,387  AugAt 
40,909. 

.  oder  100  Tk.  fifetamst^inpalrer  enthalten: . 
91140. Nickaleim»  bestehead  in  100  TL.  ansi 


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495 


85,692  Eisen 

13,591  Nickel  und  Kobalt 
0,245  Phosphoreisen  ,  . 

0^72  Kupfer  und  Zinn 
100,000. 

5,097  Sdiwefeleisen,  bestehend  in  100  Tb.  ans: 
62,670  Eisen 
37,230  Schwefel 
100,000.  ,  . 

0,941  Chromeisen,  bestehend  in  100  Tb.  aus: 
30^440  Eisenoxydnl 
69,560  Chromoiyd 
100,000. 

48,013  Oiivin,  bestehend  in  100  Th.  aus: 
36,662  Kiesebäure 
0,094  Kali 
0^66  Natron 
0,411  Kalkerde 
38,954  Talkerde 
0,143  Thonerde 
23,470  Eisenoxydul 
100,000. 

11,427  Albit,  bestehend  in  100  Th.  aas: 
68,854  Kieselsäure 
0,939  Kali 
11,085  Natron 
19,122  Thonerde 
100,000. 

'35^382  Augit,  bestehend  in  100  Th.  ans: 
54,485  Kieselsäure 

5,053  Kalkerde 
22,313  Taikerde 
14,739  Eisenoxydul 
2J8M  Man^oj^dni  und  Niokeloxjd 
1,011  Knpfer«  und  Zinooxyd 
100,000. 


4d6 


Der  Meteorstein  enthält  also  in  100  Th.: 


Schwefel  1,897 
Phosphor  Ofi» 
Eisen  IIJKS 
Nid^el  ancl  Kobalt  1,242 

Kupfer  und  Zinn  0,025 
Kieselsaure  39,3U1  20^416 

Eisenoxjdul  15,296  3,482 

Mansnoijdnla.Ni€kelo^d  0,600  0^13§ 
Chromosjd  0,056  0^196 

Kopfer-  and  Zinnoisrd         0,256  0,055 
Thonerde  2,252    1,052  >  15,151 

Talkerde  24,366  9,431 

Kaikerde  1,480  0,416 

Natron  1^5  0^7 

Kati  m52  0^ 

100,000. 

Wir  haben  aus  unserer  quantitativen  Analyse  gese- 
hen, dafs,  nach  Abzug  des  den  magnetischen  Theilchen 
anhängenden  nicht  ma^etischen  Pulvers,  das  VerhältniCs 
des  mago^tischen  zum  nieht  magnetischen  Theil  gleich 
7,353  :  92,547,  und  also  das  spec  Gewicht  der  magne- 
tischen Theilchen  5,655  ist  Da  wir  zugleich,  fanden, 
dafs  100  Th.  nicht  magnetischen  Pulvers  noch  2,017  mag- 
netische Theilchen  beigemengt  enthalten,  so  stellt  sich 
daraus  das  spec.  Gewicht  der  nicht  magnetischen  Theil- 
chen gleich  3,384;  und  da  nach  der  Berechnung  100  Th. 
Meteorsteinpulver  90,86  nicht  magnetischen  and  9,14  mag- 
netischen Pulvers  enthalten,  so  finden  wir  für  das  spec. 
Gewicht  des  ganzen  Steins  3,59,  was  ganz  und  gar  über- 
einstimmt mit  dem,  was  wir  bei  der  Bestimmung  dessel- 
ben fanden,  nämlich  zwischen  3,57  und  3^65.  Wenn 
wir  .nun  berücksichtigen,  da£i  die  magnetischen  Theilchen 
fihst  g^nz  aas  Eisen  «id  I^kel  bestehen,  deren  spec 
Gewicht  7,7  und  8,28  ist,  muis  uns  das  sehr  kleine  spec. 

•  Ge- 


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497 

Gewicht  dieser  magnetischen  Theilcheu  sehr  auffallend 
erscheinen.  Sehr  wichtig  schienen  mir  also  die  Worte 
▼on  AammeUberg  (S.  452):  **Man  hat  es  (das  spee» 
Gewidit  des  Meteoreisens)  meistens  zwischen  7  und  8, 
selten  antef  7  geftinden.  Ich  habe  es  versucht,  eine 
solche  Bestimmung  auch  an  dem  Eisen  des  untersuchten 
Meteorsteins  (von  Klein- Wenden)  zu  machen,  und  da- 
bei 7,513  als  Resultat  erhalten.«  Diese  BestiviniuDg 
scheint  mir  im  Widersprach  mit  der,  welche  ans  dcir  Zu- 
sammensetzung des  TOD  ihm  untersuchten  Steins  folgt. 
Schlagen  wir  nämlich  die  S.  463  erwähnte  Zusammen- 
Setzung  des  Meteorsteins  auf,  so  sehen  wir,  dafs  er  in 
demselben  in  100  Th.  22,90  mit  Silicaten  verunreinigtes 
Nickeleisen,  und  77^10  nicht  magnetisches  Pulver  gefun- 
den hat,  also  wenn  das  spec  Gewicht  des  ganzen  Stejns 
3,7006  (S.  450)  und  das  des  magnetischen  Theils  7,513 
(S.  452)  ist,  dann  muls  das  des  nicht  magnetischen  Pul- 
vers 2,568  sejn,  was  zu  niedrig  ist,  wie  sehr  deutlich  aus 
der  (S.  463)  angegebenen  Zusammensetzung  hervorgeht, 
wenn  man  nämlich  die  von  ihm  gefundenen,, Mengen 
Schwefeleisen I  Chromeisen,  Olivin,  Labrador  und  Au- 
git  mit  ihrem  spec.  Gewicht  multiplicirt,  und  die  Summe 
dieser  Producte  durch  77,10  dividirt.  Das  spec.  Gew. 
vom  Schwefeleisen  ist  4,63 

Chromeisen         ^.4,4   ,j  .^:  ^  . 

-  OUvin  .  '\jm,  O.    i  • 

-  Labrador        -  .  ,SW75,ir, 

-  Augit  -^.t3,35^,,,^  , 

-  Hornblende      -  3,08. 

^uf  diese  Weise  linden  wir  das  spec.  Gewicht  des  nicht 
magnetischen  Pulvers  3,358,  und  des  durch  anbäpgende 
Silicate  verunreinigten  magpetischen  Mickeleisens  4,853; 
beide  stimmen  sehr  gut  mit  den  von  uns  gefundenen: 
3,384  und  4,93.  Wir  finden  also,  dafs  das  Nickeleisen 
wenigstens  in  diesen  beiden  Meteorsteinen,  ein  viel  nie- 
drigeres spec.  Gewicht  hat,  als  man  aus  der  Summe  der 
Potteodora't  AaiMl.  Bd.  LXVI.  3^ 


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f 


498 

apecw  Gewickte  des  EiaeBs .  und  des  Nickels ,  jedes  ftk* 

sich,  ableiten  sollte.  Aus  deu  übrigen  Meteorstein-Aua- 
Ijseii  läfst  sieb  hierüber  nichts  folgern,  weil  in  densel- 
bea  nur  das  jBpec  Gewicht  des  ganzen  Steins  aogege- 
ben  ist,  ohne  BestinmuQg  des  VeriidUoisses  swischen 
lew  und  nicht  jmagoetisoheiD  Pulver. 


Chemisclie  Ütttetsveliang  des  am  Mal  1827  fa 

flenaier-CoaBtys  gefalleaea  Meteoratelaa. 

Suchen  wir,  auf  dieselbe  Weise  rechnend,  die  Zu- 
sammensetzung des  in  Sommer -Countys  gefallenen  Steins, 
voo  dem  ich  die  Analyse  schon  früher  ' )  mitgetheilt  habe. 

Wir  halben  damals  gefunden,  dafe  100  Th.  in  SSure 
unlöslicher  Silicate  enthalten: 

SaaMoffl 

CKromeisen  4,821  28,410 

Kieselsäure  54,677 
Kalkerde  0,964  0,270 

Talkerde  12,343  4,777 

Thonerde  11.185   5,223  ^ 

Eisenoxydul  8,582   1,964  [ 

Manganoxydul  0,771  0,172 

Nickel-,  Kupferl-  u.  Zinnoxyd  6,075  1,293 
Verlust  au  Kali  und  Natron  0,582 

100,000. 

Ziehen  wir  hiervon  die  Zusammensetzung  des  Labradors 
(CaO  ,  KaO  ,  NaO)SiO<+Al«0>SIO« 

ab,  indem  wir  den  Verlust  an  Natron  und  Kali  als  Na- 
tron in  KechnuDg  bringen: 

Labrador. 

SauerstofT.        100  Tb. 

Kieselsäure      4,839       2,514  53,200 

;         Thonerde       2,711       1,257  2^,305 

Kalkerde    .    0,964  )  10,5M 

Natron           0,582  J  6,397 

9,096  100,i)00 


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0 


80  bleibt  Reti: 

Kieselsäure  49,838 

Talkerde  12,343 

ThoDcrde  8,474 

EiseDOxydoI  8,582 

Manganoxjdul  0,771 
Nickel-,  Kupfer-  u.  Zinnoxyd  6,075 


SaacrstofT. 

2d,896 

4,777 
3,966 

1^54  )  12,162 

0,172 
1,293 


Der  Rückstand  enthält  Hornblende^  in  welcher  die 
Sauerstoffmenge  der  Basen  zu  der  der  Kieselsaure  wie 
4  :  9  steht,  und  eine  kleiue^ Menge  beigemengten  Oli* 
vins^  wahrscheinlich  in  diesem  VerhSltnisse: 


Kieselsäure 
Talkerde 
Eisenoxjdnl 
Manganoxjdnl 


O  I  i  V  i  D. 

SauerstofT. 

2,262  1,175 

2,489  0,963  \ 

0,654  0,149  1,175 

0,280  0,06a  ) 


5,685 


100  Tli. 
39,789 
43,781 
1 1,505 
4,925 
IOO,<MJO. 


IIornbl«ii4e. 


KleselsSnre  47,576 

Talkerde  9,854 

Eisenoxydul  7,928 

Manganoxjdul  0,491 

Thonerde  8,474 
Nickel-,  KupC^r-  upd 
Zinnoxyd 


SaucntofF. 

24,721 


3,814 
1,805 
0,109 


1.293 


10^87 


100  Th. 

59,176 

12,256 
9,861 
0,611 

10,540 

7,556 


100,000 


6,075 

80,398 

Diese  Hornblende  hat  beinahe  diese  Formel: 
(3JVlgO  ,  2FeO  ,  NiO)2SiO'-|-APO^  ,  3SiO». 
Wir  haben  weiter  in  100  Th.  MeteorsteinpulTer, 
aus  welchem  die  magnetischen  Theilchen  nicht  ausgezo- 
gen waren,  und  in  100  Th.  durch  den  Magnet  ausgezo- 
genen Theilchen  g^Ajind^pn:  . 


32* 


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500 


pniver. 

ünlfleliche  SiBcafe 

404^  ; 

1  24..509 

KfeteltSare 

16,825  1 

Schwefeleisen 

4,846 

1,264 

Eisenoxydul 

18,505 

74,463 

Nickeloxyd 

1,931 

10,784 

Koballoxjd 

1,176 

Ziunoxyd 

0,125 

0,471 

Mangan  oxydol 

2,081 

112,667 

Thonerde 

0,226 

Kalkerde 

0,301 

Talkerde 

18,505 

Natron 

0,S51 

Kati 

0,025 
105,069. 

Aus  diesen  beiden  Analysen  finden  wir  durch  Be- 
rechnuDg,  dafs  100  Th.  Meteorsteinpulver  enthalten: 

Unlösliche  Silicate  40,922 
Schwefeleisen  4,8^6 
Nickeleisen  11,496 
Lösliche  Silicate  42,736 

100,000. 

Das  Nickeleisen  und  die  böslichen  Silicate  enthalten 
in  100  Theilen:* 


NSckeldsen. 

Eisen  85,0n 


Nickel 
Kobalt 
Zinn 


13,001 
1,411 
0.567 
100^000 


Kieselsfture 

Kali 
Natron 
Kalkerde 
Thonerde 
Talkerde 
Eisenoxydul 
Manganoxydul 


Zinnoxyd 

100,000. 

Also  auch  ein  Drittel- Silicat  oder  Olivin. 


Lteltdie  Silicate.  SaacvMolT. 

37,845  19,660 

0,056  0,009' 

0,789  0,202 

0,679  0,l90i 

0,508  0,237' 

41,626  16,11! 

13,722  3,1241 

4,681  1,050 

0,094  0,011, 


20,935 


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sei 


Wir  finden  also  für  dit  proceQtiaclie  ZiMammcn- 

setzuug  des  ganzen  Steins: 

Sauerstoff. 

Schwefel  1,804 
Eisen 

Nickel  M95 
Kobalt  0,163 

Zinu  und  Kupfer  ii,  0,065 

Kieselsäure  '  , ,  38,503  20,002 

Eisenoxydul  10,029    2,283  \ 

Maganbzjdol  %310  0,518  1 

Chromozjd  .  <  ,m  J  >  :  S^79>f  A410  / 

Nickel-,  Kupfer,  mid  .Zinnoxyd    %52S  0,538  ( 
Thonerde  4,807    2,245  )15,168 

Talkerde  22,789  8,821 

Kalkerde  0,700  0,197 

Natron  0^594  0,152 

Kali       /  0,025  (MWAyt 

100,000. 

Wir  können  auch  die  Zusammensetzung  des  Me- 
teorsteins in  100  Th.  also  ausdrücken: 

11,496  Nickeleisen,  bestehend  in  100  Th.  aus: 

Eisen  85,021  ^  ' 

Nickel    ^ '        13,001^     '  ^ 
KobaU  1,411 

■''"Zitin  *  '    0,567     '  "'"^  '  • 


-n.;:  .■  •!  .  '10^000; '^''^  ^ 

4,846  Scbwefeleisen,  bestehend  in  100  Th.  aus: 
Eisen        ^  62,770 
Schv^efel,  37,230 

100,000. 

1,973  Chromeisen,  bestel^e^4  in  100  Tb^ | 
.    Eisenoxjdldfi  nv30^^         u\  >u\ 
Chromozyd  .ii'*»^W60f      -m  »  i;>i 


100,000. 


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502 

45.062  OliviD,  bestellend  in  100  Th.  aw: 

Kieselsäure  37,845 
Kali  0,056  ^ 

Natron  0,789 
Kalkerde  0»679 
Thonerde  0,508 
Talkerde  41,626 
Eisenoxjdul  13,722 
Mang^oxydul  4.681 
Zinnoxjd  0,094 

100,000 

3^729  Labrador^  bestehend  in  100  Th.  aoss 

Kieselsäure  -  53,200 
Natron  6,397 
Kalkerde  10,593 
Tbonerde  29,805 

100,000. 

32,901  H<miblende,  bestehend  in  100  Th.  aas; 

Kieselsäure  59,176 
Talkerde  12,256 
Eisenoxjdul  9,861 
Manganoxyd«!  0,611 
Tbonerde  10,540 
Nickel-,  Knpfer-  nnd  Zinnoxjd  7,556 

100,000. 

BestimmeD  wir  aus  deu  spec.  Gemchten  dieser  Mi- 
neralien das  spec.  Gewicht  des  nicht  magnetischen  Tbeils, 
so  finden  wir  dasselbe  3,318,  und  da  wir  (ür  das  spec. 
Gewicht  des  ganzen  Steins  3,469  gefunden  haben,  so 
finden  wir  für  das  spec.  Gewicht  des  Nickcleisens  4,632; 
also  noch  weniger  als  für  das  des  Ulrechler  Steins,  und 
des  bei  Klein -Wenden  gefallenen.  Diefs  niedrige  spec 
Gewicht  scheint  mir  beacbtenswerth,  und  es  thut  mir  also 
Leid,  nicht  Gelegenheit  zu  haben»  das  spec.  Gewicht  des 
Meteoreisens  zu  bestürnnen. 

Die  Zosanimensetzuog  des  Meteoreiseos  in  diesem 


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503 


Stein  sUmmt  ganz  Übereio  mit  dem  des  Ütrechter  Steins; 
das  Verhältnifs  zwischen  dem  Nickel  und  dem  Eisen  ist 
ungefähr  wie  1  :  6.  Der  Grund,  weshalb  Rammels- 
berg  und  Andere  diefs  Verhältnifs  wie  l :  9  fanden,  ist 
dem  Ümstande  zuzasciireibeh,  dafa  sie  das  Eiseuoxyduf, 
welches  zn  den  beigemeugten  Silicaten  gehörte,  mchtalr-' 
gezogen  kaben. 

Bemerken  wir  noch  zuletzt,  dafs  in  beiden  durch 
uns  untersuchten  Steinen  das  Verhältnifs  des  Sauerstoffs 
der  Basen  zu  dem  der  Kieselsäfire  gerade  wie  '3  :  4  ist ' 

Jl.    Bfnter/fungm  über  einige  meUow0logischß\G0ri 

gen  stände ;  vott  F.  C  Henr  ic  L  ; :  ^  ■ . 


1)  LafistrOraungeii. 

Rei  weitem  die  wenigsten  der  atmosphSrischen  Erschei- 
nungen sind  nach  statischen  Principien  zu  erklären;  die 
überwiegende  Mehrzahl  derselben  wird  nur  verstAndlidv 
wenn  wir  uns  Yergegenwärtigen,  dafs  die  Laftmassen,  de- 
ren Verhalten  wir  untersuchen,  in  einer  fartstrOmenden* 
Bewegung  begriffen'  sind,  üm  sogleich  ein  sprechendes 
Beispiel  für  diese  Behauptung  anzuführen,  will  ich  nur 
an  die  auffallende,  besonders  im  Winter  nicht  ganz  sel- 
ten vorkommende  Erscheinung  erinnern,  dafs  kältere 
schwerere  Luftmassen  sich  in  der  Höhe  über  leichteren 
wärmeren  befinden.  "Während  mehrer  Tage  in  der  Mitte 
des  Februars  1836  z.  B.  herrschte  bei  einem  dauernden 
Barometerslande  von  nahe  Ü",76  und  einem  sehr  gleich- 
förmig bewölkten  Himmel,  durch  welche  Umstände  das 
Dase^rn  Hnes  nördlichen  Luftstromes  in  der  Höhe  un- 
zweideutig ausgesprochen  war,  an.  der  Erdobeifläche  ein 
südlicher  Wind  und  ▼ollständiges  Thaawetter;  und  Aebn- 
liches  ist  fast  in  jedem  Winter  zu  beobachten.    £^  ist 


I 


604 

aber  offeubar,  daCs  ein  solches  Verbalten  Diir  bei  io  Be- 
wegung befiodlicheB,  owinals  bei  cubeoclen  Lattouttseo 
staCtfindeo  kano. 

So  ieiui  denn  aaeh  nur  die  Bewegung  die  Uraaehe 
seju,  weldie  eine  allgemeine  Ausgleichung  des  Druckes 
unter  den  beiden  grofsen  Luftströmungen,  welche  das 
Fundamentalphänomen  der  atmosphärischen  Lultbewe^Miig 
dantelleo,  dem  Polar-  und  Aequatoriabtrome  * ver- 
liindert,  da  die  Zeit,  welche  bei  dem  vogeheureii  Um- 
fange denelbeD  zar  AusgleichoDg  der  Versciiiedenbeit 
des  Druckes  unter  ihnen  erforderlich  sejn  würde,  so  be- 
trächtlich ist,  dafs  sie  während  derselben  mit  der  ihnen 
eigen thümlichen  Geschwindigkeit  die  gröfsten  Strecken  za 
dorcbflieÜBeD  ▼erraOgeD.  Wenn  die  von  den  glObendeD 
Sandflficheii  Afiika^B  aafgestiegeoen  LnChnaaeeo  in  den  ge- 
mäfsigten  Erdstrichen  wieder  zur  ErdoberflSebe  nieder- 
sinken, so  zeigen  sie  in  ihrer  Hauptmasse  zum  grofsen 
Theil  noch  die  ihnen  dort  eingeprägten  Eigenschaften, 
nämlich,  die  höhere  Wärme  und  die  beträchtliche  Aus- 
deiiDopg,  weiche  letztere  gans  allein  die.  Ursache  der 
il^eq  '  eigenthfimlichen  niederen  -Barometerstände  sejn 
kann.  Das  entgegen  gesetzte  Verhalten  zeigen  aus  glei- 
chem Grunde  die  vom  Pole  abfliefscnden  Luftmassen; 
auch  sie  werden  mit  den  ihnen  eingeprägten  Eigenschaf- 
ten fortbewegt,  und  erst  im  Laufe  einer  langen  Beise^ 
in  höheren  Breiten  aUmälig»  in  den  Aequatcdalgegenden 
aber  rascher,  in  andere  Zustände  fribergefQhrt. 

Hieraus  erklärt  sich  nun  auch  sehr  einfach  die  all- 
gemein bestätigte  Erfahrung,  dafs  auf  der  ganzen  nörd- 
lichen ErdhäU^  di^  südwestliche  Windesrichtung  mehr 
und  weniger  voHieiTachend  ist  findet  nämiieh»  wie  es 
nicht  anders  .sejn  kann,  zwischen  dem  Pole  und  dem 
Aequator  ein  Yollständiger  Austausch  der  Lnftmassen  statt; 
so  müssen  die.vpiu  Aequator  abfliefsendeu  wärmeren  aus» 

1)  Eigentlich  «oUte  ick  Polar-  and  AeqaatonaIx/r^'/ra«/i  sagai|  dm 
iolio^  Zweifel  «nd.ibtir  «qf  {«dwiMi^UM  «clm  9«HMate. 


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I 


505 

gedekiteres  Lailniitteii  oothweodig  einen  gröfiMree  RacuB* 

eiunehinen,  uud,  wenn  ihnen  dieser  nicht  hiiireicheud 
dargeboten  wird,  zugleich  mit  grüfserer  Geschwindigkeit 
sich  fortbewegen,  als  die  vom  Pole  abfliefsenden  kälte- 
ren dichteren  LiifUnassan  Nun  mOMen,  im  Folge  der 
ODgleiclieiii  GrOfse  der  ParaUelkreite,  die  lettteren  bei 
Ihrer  Fortbewegang  cum  Aequator  allmälig  in  gröfsere 
Räume  sich  ausbreiten,  also  an  Druck  abnehmen,  die 
Aequatorialströme  dagegen  bei  ihrem  Fortrücken  zum 
Pple  allmAlig  in  eagere  Bäume  sich  zqsammeoEiehen,  also 
an  Druck  umehmeD«  Daraus  folgt«  4$h  von  zwei«  in 
der  Richlong  dieser  Ströme  liegenden  Orten  der  nördli* 
chere  sowohl  im  Polarstrome,  als  im  Aequatoriabtrome 
einen  höheren  Luftdruck  als  der  südlichere  zeigen  mufs, 
wenn  keine.  stOrenden  Ursachen  ab&ndernd  einwirken. 
Vergleicht  mau  in  dieser  Beziehung  «•  B.  Wien  und  St. 
Peteialmrg,  Carkroho  und  Stoehhohn  *)>  «0  findet  «ieh 
das  Gesa^  ▼ollfcommen  beMfttigt. 

Wenn  gleich  nun,  bei  der  ungeheueren  Ausdehnung 
der  in  deu  beiden  grofsen  Strömungen  fortbewegten  Luft- 
mas8#tt  eine  allgemeine  Ausgleichung  des  Drucks  (und 
mehr  noch  der  Wttrme  und  Feuchti^eit)  wftbittnd  ihrer 
Fortbewegug  onter  ihnen  nicht  erfolgen  kann»  so  mnb 
doch  ehie  tbeilwelse  Ausgleichung  ihrer  Zostinde,  nta^ 
lieh  an  ihrer  gegenseitigen  Begranzung,  in  grofser  Ausdeh- 
nung stattfinden ;  und  eben  daraus  entspringt,  wie  wir  wis- 
sen,  die  grofse  Mannigfaltigkeit  der  Uebergangszustände  in 
Drochy  Bewegung^  WArme  und  FeuehUgkeit,  welche  die 
meteorolngiachen'  Beobechtangsjouniale  uns  Tor  Angen 
legen.  In  gleicher  Weise,  wie  die  grofsen  LuftstrOme 
gegenseitig  auf  einander  wirken,  wirkt  auch  die  Erdober- 
fläche auf  beide  bei  ihrem  Fortrücken  allmälig  abändernd  • 
cid;  der  PobuEstrom  nimmt  dadurch  an  Wttrme  nUmftlig 

1)  ywfU  Kimu»  ygrlMniiiai  Ober  Mdeofokigie,  &  348. 
3)  S.  cbcii4afeUMl  die  Tafel«  S.  329. 


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506 


xn,  der  Acqaatorials!roin  ab,  der  endere  (allgemein  ge- 
sprochen) an  Trockenhrit  zu,  c^er  letztere  ab. 

Wenn  die  allgemeine  Ausgleichung  des  Drucks  an« 
ttr  deo  baideo  Hauplloftslnlhnen  nar  dorcb  dereo  aoge- 
Wlieni  IMSinf;  Terbinderf  wird,  soffst  klar,  dak  LuftaBM- 
sen  WOB'  beschrihiktereiii  UAilange,  welche  iidi  mler  den 
EinOufs  der  grofsen  Strömungen  befinden,  den  DmclL 
der  letzteren  mehr  und  weniger  annehmen  mQssen,  ohne 
dafs  übrigens  eine  grofse  Aenderaug  ihrer  Wärme  und 
Feocbligkeit,  deren  Fortpflanzuiig  elMe  Vergleich  laof- 
tamer  MMgt,  damit  verbaDden  za  aejo  hnmcht.  S» 
kann  es  denn,  wie  die  zn  Anfang  angef Ohrte  Beobach- 
tung zeigt,  geschehen,  dafs  bei  einem  feuchten,  warmen, 
südlichen  Winde  vorübergehend  ein  Barometerstand,  wie 
er  eigentlicb  nördlichen  Winden  zukommt,  stattfindet 

Zieht  man  zwei  weit  Ton  ^nander  abstehende  seoh- 
mehte  Ihmshschnitta  eines  nnd  dessetten  Luflstrmes  in 
Betrachtung,  so  ergiebt  sich  aus  dem  Vorigen  soglei^ 
1 )  dafs  die  Luftmassen  an  den  verschiedenen  Stellen  ei- 
nes und  desselben  Durchschnittes  sehr  verschiedene  Zu- 
stände  haben  müssen,  indem  die  mittleren  Stellen  am 
meisteii  Siran  orsprtlngliehen  (den  mn  Pole  oder  Aequa- 
tor  zu  ehiem  Maximum  gewordenen)  Zustand  bewahrt 
haben  müssen,  während  die  der  Begrenzung  näher  lie- 
genden durch  den  Einflufs  der  angränzenden  Luftströme 
und  der  Erdoberfläche  mehr  und  weniger  Teräudert  sein 
werden;  2)  dafe  aber  auch  die  correspondirendeD  Stei- 
len in  beiden  Dorchsdinittan  nicht  n>shr  in  ihren  Zu- 
standen Töllig  Oberehistimmen  können,  und  zwar  am  wo* 
nigsten  in  der  Gegend  der  Begränzung  wegen  der  daselbst 
tiberwiegend  zunehmenden  Einwirkung  der  Umgebung. 
Es  iblgt  hieraus,  was  auch  die  Vergleicbung  gleichzeiti- 
ger BavometerbeobachtungeB  an  emfamtan  Orten  gelehrt 
hat,  dafo  nur  mfifsig  yon  einander  entfernte  Orte  zu  cor- 
respondtrenden  Barometerbeoba'cbtnngen  zum  Zwacke  von 
Höheubestimmuugcu  tauglich  sind,  und  dafs  sie  dieses  in 


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I 


607 

jedem  einzeluen  Falle  um  so  mehr  sind,  je  mehr  die  sie 
verbindende  Linie  mit  der  herrschenden  Windcsrichtung 
übereinstimmt. 

Zu  deo  aaffalleodsten  Erscheinttiigen  geben  nmrel- 
len,  besonders  in  boben  Sounner,  partielle  Lttfhnaste 
▼on  bescbrftnkterem  Umfange  Veranlassung,  welche,  wie 
Verirrte  von  einer  gröfseren  Gemeinschaft,  mit  abwei- 
chender Bewegungsrichtung  in  den  herrsebendeu  Luft- 
Strom  eindringen  und  darin  fortsiehen.  Vorzugsweise 
sind  es  In  sUdwestiielier  Ricbfnng  siebende  LiiftniMseni* 
welehe  so  mit  iliren  dharnkteiistiscben  tief  sehwebenden' 
dunklen  Haufen  wölken  in  einer  sonst  mehr  und  weniger 
stillen  Luft  eine  eigene  abweichende  Bahn  verfolgen.  Ich 
habe  an  einem  Nachmittage  im  Julius  1831  eine  sehr  auf- 
feilende Erseheinong  zu  beobachten  Gelegenbeit  gebab^ 
Welche  mir  nnr  naeb  dieser  Anskbt  erkiSrt  werden  tu 
können  sdieint.  Ein  lange  anbakender  2tlg  scMer  tief 
bangender  dunkler  Haufenwolken  kam  von  Südwesten 
über  der  benachbarten  Höhegegend  gegen  das  eine  halbe 
Wegstunde  von  hier  entfernte  Dorf  Lenglern  herangezo- 
gen, erreicbte  dassellMS  aber  nicht;  denn  über  der,  dem- 
selben cnoflcbst  liegenden  (keineswegs  bedeutenden)  Hobe, 
welehe  eine  westliehe  Abdacbnng  «um  Leinetbal  bildet, 
hatte  sich  eine  mächtige  gleichförmig  graue  und  ausneh- 
mend dichte  Wolkenmasse  gebildet,  in  welcher  die  an» 
kommenden  Hanfenwolken  völlig  verschwanden,  und  aus 
welcher  eine  gam  ungewObnIicbe-  Regemnasse  herabfiel, 
wührend  sie  an  ibrer  Ostseite  -  gegen 'das  Lelnetfial  das 
Ansehen  einer  senkrechten ,  riemlicb  scharf  abgeschnitte- 
nen Wand  hatte.  Die  allgemeine  Windcsrichtung  bei 
übrigens  stiller  Luft  war  westlich,  und  am  folgenden 
Tage  war  das  Wetter  ganz  heiter.  Als  ich  NaohmittagB 
durch  die  Flur  von  Lenglem  fuhr,  fand  ich  die  am  Ab* 
bange  der  beseichneten  Höhe  belegenen  Felder  durch  den 
vorUgigen  Regen  sehr  ▼erwfistet. 


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506 

lo  deo  vortrefflichen  Vorlesungen  über  Älefeorolo- 
pm  TOO  Kiatz  befindeo  sich  auf  S.  124  etc.  einige  An- 
pben  üImt  die  relitive  LnftfenHili^gk  Wi  ▼cndncde- 
■en  Wnrfai,  wdche  eine  ▼orwalkade  i«lilifie  Fcndb- 
tigkeit  der  nördlichen  and  Ifetliclien  Winde  im  Winter 
darzutbun  scheinen,  womit  meine,  seit  einer  längeren 
Beilie  von  Jahren  hier  gemachten  Erfahrungen  nicht  über- 
einstimmen wollen.  Was  ich  in  dieser  Beziehong  hier 
bcobncfctet  kthe,  itl  Folywwtff;  in  den  —inten  FÜM 
treten  die  MUdien  Winde,  gerade  im  Winter,  nnt  gpro- 
fser  Kälte  und  völlig  heiterem  Himmel  plötzlich  ein,  und 
mau  kann,  |e  mehr  dieses  der  Fall  ist,  desto  mehr  auf 
eine  Iftngere  Dauer  derselben  schlielsen.  Der  meistens 
▼nrber  dnrdnritfste  Boden  erstairt  dann  sogleich  bis  in 
Mbr  und  weoifer  bedentcsde  Tiefen  and  bildet  dadnrcb 
eine  (flr  die  Landwege  sehr  nediAeilige)  ftoCserst  raobe 
Oberfläche.  Aber  im  Verlauf  einiger  Tage  fängt  diese 
starre  Oberfläche  an  auszutrocknen,  und  an  Stellen,  wel- 
che von  dem  Winde  gehOrig  bestrichen  werden,  iangien 
seigw  kMne  EisdedLen  an  sn  Tencbwindeii«  Liegt  etwa 
Schnee»  so  erftbrt  ancb  dieser  eine  «it  jedem  Tage  aicbt- 
bar  fortschreitende  Verdnnstnng.  Ich  habe  nidit  selten 
beobachtet,  dafs  bei  Wochen  lang  anhaltend  wehenden 
östlichen  Winden  während  strenger  Kälte  eine  mehrzöl- 
lige  Schneedecke  völlig  Terschwand,  und  der  Boden  bis 
auf  mehr  als  Zolles  Tiefe  zu  Staub  wurde.  AUerdinp 
wird  diese  anfbllende  Anstroeknong  dadnreb  bedeofend 
unterstQtzt,  dafs  die  aufgetrocknete  Oberfläche  aus  der 
erstarrten  Tiefe  kein  Wasser,  zum  Ersatz  des  verdun- 
steten, anziehen  kann»  aber  dessen  ungeachtet  erscheint 
sie»  bei  BerQeksichtigung  der  zur  Zeit  stattfindenden  nie- 
drigen Temperatur,  sehr  bedeotead,  und  setit  daher  un- 
fehlbar eine  betrichtlidie  relative  Troddeoheit  der  Hstll- 
chen  Winde  auch  bei  der  streug^teu  Winterkälte  voraus. 


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4 


&09 

Gegen  den  plötzlichen  Eintritt  der  östlichen  Winde 
(des  Polarstroms)  contrastirt  in  auffallender  Weise  der 
sehr  aUmttlige  UebergtDg  der  WiDdeeriehtung  auf  die 
Westseite  y  besonders  wenn  Jene  anheltood  ^webt  btn 
ben ;  nicbt  selten  vergehen  mehre  Tage,  bis  derselbe  toU 
lendct  ist.  Aber  angekündigt  wird  dieser  Uebergaug  rc- 
gelmäl'sig,  auch  bei  anfangs  noch  vorhandenem  heiteren 
Himmel,  durch  eine  zunehmende  FeuchtigkeU  der  Lufi^ 
welche  sieb  nnzweklenCig  durch  eine  vorher  nicht  be« 
merklich  gewesene  reichliobe  nicbtliche  Bildung  Ton  Reif, 
der  dann  nicht  edlen  den  Boden  und  die  DScber  der 
Gebäude  ganz  tiberdeckt,  zu  erkennen  giebt.  Wdhrt  bei  - 
herrschend  gewordenem  westlichen  Winde  die  Frostkälte 
fort,  so  setzt  sich  ifvohl  nach  und  nach  an  geeigpuelen 
(besonders  schattigen)  Sidlen  eine  solche  -Menge  von 
Reif  ab,  dafii  sie  das  Ansehen  beeobncster  Gegenstände 
bekommen,  von  wekhein  Allen  bei  herrschenden  östli- 
chen Winden  nichts  wahrzunehmen  ist.  * 

In  der  That,  wenn  wir  die  beiden  Hauplluftslrö* 
mungen  in  Beziehung  auf  ihren  Ursprung  betrachten,-  so 
ecbeint  den  tedichen  [Winden  (dem  Poiarsttome) .  eine 
grOfsere  relative  Troekenbelt  auch  im  Winter  notbwett- 
dig  eigen  seyn  zu  müssen.  Der  Aequatorialstrom ,  wel« 
eher  sich  auf  seinem  Wege  zu  uns  bereits  merklich  ab- 
gekühlt hat,  kommt,  zumal  im  Winter,  fast  mit  Wasser 
gesättigt  und  sogar  oft  Übersättigt  in  nnseren  Breiten  an; 
mid  so  sind  dehn  auch,«  hier  wenigstens,  Wiot)erta§e  mit 
sfldwestlichen  Winden  ohne  Regen  oder  nebÜchte  Feuob^ 
tigkeit  sehr  selten.  Der  Polarstrom  dagegen  ist  in  der 
Polargegend  des  gröfsten  Theils  seines  Wassergehalts  be- 
raubt worden,  und  mufs  daher,  indem  er  sich  auf  sei- 
nem Wege  zn  uns  alimftlig  erwärmt,  nothwendig  an  Trok« 
kenhdt  lonehmeD. 

Allerdings  kennen  die  erörterten  Verhältnisse  durch 
mancherlei  Umstände  modificirt  und  sogar  verdunkelt  wer- 
den.   Wenn  z.  B.  die  östlichen  Winde  nur  vorüberge- 


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510 

hend,  wlilirend  einer  regelin&fsigeren  Aufeinanderfolge 
der  Winde  im  Sinne  des  Drehungsgeselzes  N.  O.  S.  ein- 
treten, so  können  ihre  charakteristischen  Eigenschaften 
offenbar  Bicht  volktttodig  war  Eraeheiaaag  kommeD*  Auch 
wirken  auf  den  by|;roinelri8cben  Skntand  der  Lall  (viel 
mehr  als  aof  die  Übrigen  meteorolo^eeben  Elemente)  ört* 
liebe  Verhältnisse  vi^esentlich  abändernd  ein.  So  kann 
ohne  Zweifel  schon  die  Nähe  gröfserer  Wasserflächen 
durch  die  häufige  Nebelbildaug,  wozu  sie  gerade  im  Win- 
ter die  Veranlaieaog  geben,  dnen  belriobtiielMn  Eiofluis 
aal  die  Beobaebtnngen  dee  Hygrometern  atüfiben.  Selbst 
die  NShe  größerer  Orte  kann  merklidi  darauf  einwirken, 
und  es  dürften  daher  für  Hygrometerbeobachtungen  iso- 
lirte  und  in  mäfsiger  Höhe  über  dem.  Boden  befindliche 
Standpunkte  em  besten  geeignet  seyn.  Endlich  scheint 
mir,  da(t  man,  am  den  cfaarakteristieobett  Unicnchied  der 
▼erMbiedenen  Winde  in  Beziebotig  anf  ibren  relativen 
Feuchtigkeitszustand  Tor  Augen  zu  legen,  solche  Beob- 
achtungen zur  Vergleichung  auswählen  müsse,  welche  zu 
den  Tageszeiten  der  gröfsten  Trockenheit  gemacht  wor- 
den sind;  man  erlangt  dadurch,  geometriaeb  gesprochen, 
einen  onndttelbaren  Ueberbliek  der  ScbeHelpunkte  der- 
jenigen Canren,  welche  den  Gang  der  relativen  Feneb- 
tigkeit  der  verschiedenen  Winde  für  beliebig  zu  wählende 
Zeiträume  (Jahreszeiten,  Monate  oder  Tage)  darstellen. 
Auch  die  Menge  des  nächtlichen  Thauniederschlags  würde 
ein  brancbbares  MaaÜB  fOr  die  relative  Feuchtigkeit  der 
Winde  gewllbren  können,- wenn  sie  nicht  so  abiUHigfig 
von  zufälligen  Umstindett  (der  flimmelsansicbt  und  der 
StSrke  der  Luftbewegung)  wäre. 

Wenn  ich  vorhin  gesagt  habe,  dafs  bei  östlichen  Win- 
den keine  bemerkliche  Bildung  von  Beif  stattfinde,  so 
habe  ich  damit  jedoch  nicht  sagen  wollen,  da(is  die  nicfat^ 
Hebe  Tbaublldung  bei  dieeen  Winden  im  Winter  ganz 
fehle;  sie  kommt  in  der  That  in  geringerem  Grade  auch 
bei  der  strengsten  Kälte  noch  vor.    Jedem,  der  reine 


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t 


511 

Scbneeflächco  au  geeigneten  Plätzen  (z.  B.  in  Gärten) 
zu  beobachten  veraulafst  gewesen  ist,  nuifs  die  häufige 
Bildung  Ton  Reif  auf  deren  OberÜäctie  in  Zeiten  stren« 
g^r  hetor«r  Kttile  aufgefallen  seyn*  Um  diesen  Yorgping 
besser  vor  Augen  lu  bekoai»^,  legte  ich  ki  den  durck 
heftige  OstwindskUlte  ausgezeichneten  Weihnachtstagen 
des  Jahres  1840  eines  Abends  einige  Stücke  gespaltenen 
Buchenholzes  an  eine  gefichiUile  Stelle  im  Freien.  Ab 
ich  dieselben  an  einen  der  folgenden  Tage  unteieacbte^ 
Und  ich  «ie  mit  reibenweise  nach  der  Lage  d^r  Hohfia« 
Sern  geordneten,  aufgericbteleD,  sehr  dOnnen  EfsblJUtehen, 
.  von  etwa  einem  halben  Quadratzoll  OberÜäche  die  gröfs- 
len,  in  mäfsiger  Zahl  besetzt.  Also  auch  bei  solcher  Kälte 
erfolgt  noch  ThaubiJdung,  nur  freilich  mit  unmittelbarem 
Ueberg^  des  atmoaphttrischen  Wassers  aus  dem  gasfün* 
nigen  in  den  starren  Zustand* 

Eine  auffallende  Erscheinung  ist  mir  von  jeher  die 
sonderbare  Verwandlung  gewesen,  welche  der  Schnee 
bei  anhaltender  Kälte  in  seinem  Aggregalzustande  erfährt, 
indem  er,  ohne  irgend  eine  Torfibergebende  Einwirkung 
einer  höheren  Temperatur»  wnehfnend  grobkörniger  wird. 
Der  Einwirkung  der  Sonnenstrahlen  kann  diese  Verwand- 
lung nicht  zugeschrieben  werden,  da  sie  auch  an  schat- 
tigen Orten  erfolgt, 

3)  Abendrotb  und  Morgeoroth. 

Vor  einiger  Zeh  bat  Forbee  die  Beofaaebtong  ge* 
«acht,  dafs  der  ans  einem  Dampfkessel  ausfahrende  Dampf* 

strahl  in  einer  gewissen  Höhe  ciueui  Beobachter,  bei  hin- 
reichender Beleuchtung  von  der  Rückseite,  in  der  Farbe 
des  Abeudroths  erscheint,  und  hieraus  die  Erscheinung 
des  Abendrotbs  selbst,  unter  Zugmndiegnng  der  Ansich- 
ten de  Maistre's,  hergeleitet  ').  Zu  diesem  Zwecke 
nimmt  Forbes  f&r  das  atmosphärische  Wasser,  aufser 
der  Gasform  und  der  Bläschenform ,  noch  einen  dritten 
l)  DiMe  Aonako,  firgibd.,  &  48. 


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512 


vttermediären  Zustand  an,  ohne  rieb  Jedock  darüber  zn 
erklären,  "wie  derselbe  beschaffen  sev.  hat  mir  ge- 

schienen, dafs  die  ABDahne  eines  neuen  bvpotbelischeu 
ZiMfaodef  des  Wassers  zar  ErkUraog  der  Färbung:  des 
AbeodbiMMis  BidM  eflotdsrilcb  scj,-  da  abalkbe  Farbeo- 
SfScbciwiB^eii  ao^  duicb  Sttbalancett,  welcbc  der  At- 
mosphäre an  sich  völlig  fremd  sind,  Teraobiftf  werden, 
und  hieraus  auf  den  Vertheilungsznstand  des  Wassers  in 
der  Luft  zur  Zeit  der  Abendrötbe  geschlossen  werden 
Imoo.  Eise  soldie  Sobstaos  ist  der  Rauch  ▼on  Terbreii- 
Bendeo  VegetabiÜsii.  Leider  sbid  die  Sommertage  in 
nOrdlicben  I>e«t8cMaod  nor  za  oft  dorcb  eine  AnlWIang 
der  Luft  mit  jenen  weitziehenden  Rauchmassen  bezeich- 
net, weiche  aus  dem  Abbrennen  grofser  Moor-  und  Haide- 
flächen in  den  norddeutschen  Haidgegenden  entspringen. 
Diese  RanchoMSsen  TeranlassaD  aber  gmn  Ibnlicbe  Far- 
bsnetsdieiDangen,  wie  dar  reinere  Abendliiiimiel  flir  sieb ' ). 
Alle  dorcbgehenden  Lichter  ersdiefnen  dabei  In  nebr  oder 
weniger  röthlicher  Färbung,  und  an  Orten,  welche  dem 
Moorbrennen  nahe  sind,  erscheint  die  Abendsonne  zu- 
,  weilen  fast  blotroth.  Das  von  diesen  Rauchmassen  re- 
fleetirta  Licht  ist  dagegen  ein  bltnlicbgmies,  was  man 
an  besten  baobaebten  kann,  wenn  man  die  Rauchmas- 
sen bei  heiterem  Himmel  von  Ferne  herankommen  sieht, 
wie  man  z.  Ii.  in  Westphalen  nicht  selten  solche  Rauch- 
wolken über  nahe  Anhöhen  sich  herabwälzen  und  in  kur- 
ier Zeit  sich  selbst  von  denselben  eingehOllt  sieht.  So 
wie  nuD  das  durcbgelassaBe  Licht  des  Abendhimmels  mk 
dem  dieser  Rauchmassen,  so  sihnmt  auch  das  jreflectirte 
Licht  beider  überein.  An  Abenden,  welche  das  Abend- 
roth zeigen,  findet  sich  nämlich  der  östliche  Himmel  stets 
in  derselben  charakteristisch  bläuiichgrauen  Färbung,  wel- 
che 

1)  Im  Kleinen  zeigen  schon  die  ao  kalten  Winterniorgen  zur  Zeit  des 
SonncDaufjg.ings  bei  siiilci  Luft  nus  Scliornsteinen  senkrecht  aufstci- 
genden  Rauclu&ulcn  die»eibe  Ersckeinuog. 


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513 

cbe  der  Rauch  bei  auffalleiulein  Liebte  annimmt,  und  diese 
Färbung  ist  an  manchen  Sommerabendeu  80  intensiv,  dafe 
niMi  sie  bei  einer  fificbti^a  Beobecbtong  voa  Wolk^ 
iMmdekeD  yenocht  sejn  köDiite.  Die  spei^che  Wir- 
kuiig  des  Raadis  aof  das  Liebt  bembt  aber,  so  yiel  wir 
wissen,  nur  auf  der  äufserst  feinen,  dem  blofsen  Auge 
nicht  erkennbaren  Vertheilung,  worin  die  Kohle  sich  im 
Bauche  befindet.  Eine  solche  höchst  feine  Vertbeilofig 
in  darchsMbtigen  Mitteia  «rtbeiit  den  Teffscfaiedensf  ea  K#r- 
pem  die  Eigentobaft»  im  ibnlicber  Weise  wie  der  Rancb 
auf  das  Licht  zu  wirken,  so  z.  B.  der  Knochenasche  im 
Milchglase.  Das  Abendroth  ist  demnach,  wie  mir  scheint, 
auf  die  ungezwungenste  Weise  aus  einer  entsprecheudeo 
böobst  feinen  Vertheiinng  des  Wassers  in  der  Atmosphäre 
zn  erklär«!. 

üeber  die  Entstehung  dieses  Verttteilongszustandea 

dürfte  Folgendes  zu  sagen  seyn.  Es  ist  bekannt,  dalk 
an  ruhigen  Abenden  die  Wolken  sich  allmälig  verklei-^ 
nern  und  zuletzt  oft  ganz  verschwinden.  Dieses  setzt 
eine  Verdunstung  der  Dampfbläschen  * )  ▼oraa&  Beim. 

1)  Die  DaiDpfbläMhea  (roao  sollte  sie  eigentlich  Wasscrblascheo  nen» 
imd)  nehme  ich  hier  %h  wirklich  eiistirend  an.  Man  itat  bekannt- 
Uch  an  ihrer  Existenz  vielfach  gezweifelt,  weil  man  ihre  Entstehung 
(ur  unwahrscheinlich  hielt.  Aber  es  scheint  die  Schalenbildans  »ut: 
hohlen  Räumen  ein  «ehr  allgemeiner  Vorgang  in  der  Natur  m  seya.) 
Wir  finden  aia  oaler  andern  fiolierst  häufig  bei  der  Ausscheidnog, 
fester  Kdrper  ant  ibran  Lösungen,  z.  B.  bei  der  Ausscheidung  des 
kohlensauren  Kalks  aus  kohlensauren  Wassern.  Die  Beobachtungen 
von  Link  (diese  Ann,,  Bd.  46,  S.  258)  sind  hier  als  sehr  bezeich- 
nend anzuführen.  Die  sclialcniorniigen  Conccotrationen  fester  Körper 
sind  oft  von  sehr  unregelmi'ifsiger  zusammengehäuflcr  Bildung;  bei 
flüssigen  Concentrationen  ist  natürlicherweise  nur  die  Kugelform  mög- 
lich. Die  Hauptschwierigkeit  für  die  Bildung  so  zarter  Wasserhül- 
Icn,  wie  die  Bläschen  sie  besitzen  müssen,  scheint  mir  in  der  gerin- 
gen Zähigkeit  ( Cohäsion )  des  Wassers  zu  liegen,  und  ich  halle  aus 
diesem  Grunde  Zweifel  an  der  Existenz  der  Bläschen  allerdings  (ur 
zulassig  Diese  Frage  berührt  übrigens  meine  Ansichten  in  der  Haupt- 
sache nicht.  —  Beiläufig  erlaube  ich  mir  noch  zu  bemerken ,  dafs  ich 

Poggendorir«  Annal.  Bd.  LXVL  33 

* 

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514 

I 

Fortsdireiteii  dersefWn  wird  aho  ma  Zeitpankt  eintre- 
ten, >vo  sie  platzen,  und  dadurch  in  äufserst  feine  un- 
sichtbare Tröpfeben  verwandelt  werden ;  und  dieses  scheint 
mir  der  fragliche  Zustand  des  atüMMphArischea  Wiinici» 
so  sejm,  Sokhe  Tröpfcbeii  werdon  abo  aach  in  da 
haittren  Theilen  des  AbendhiaMDclB  Torliaiiden  sevn  und 
dessen  Durchsichti^eit  perwändem^  wie  dieses  in  der 
That  unter  den  fraglichen  Umständen  immer  zu  beob- 
aehteo  ist,  am  äugen fälli^ten  am  östlichen  Abendhimmel, 
WO  s.  B.  das  Licht  des  aufgehenden  Mondes  doich  die 
vorhandene  TrObonf;  merklich  ^ssdhwicht  und  ancb  §a- 
fdthet  etsdieint.  Für  die  Entstehnpg  der  Firiban^  an 
wolkenlosen  Abendhimmel  läfst  sich  wohl  mit  Grund  an- 
nehmen, dafs  auch  die  wolkenfreien  Tbeile  der  Atmos- 
phäre Dampfbläscbeu  in  mehr  oder  minder  groCser  Menge, 
wenn  noch  nicht  in  der  nir  Wolkenbikking  erCMrderÜ- 
chen  Concentration»  enthalten*  l>er  wolkisniose  Abend- 
himmel  zeigt  denn  auch,  damit  fiberekMlinuaend,  nie  die 
intensive  Färbung  wie  die  zarten  im  Vergehen  begriffe- 
nen Wolkenstreifen. 

AoÜBerdem  kann  es  wohl  nicht  zweifelhaft  sejn,  dais 
das  atmosphSrische  Wassergas  bei  seiner  Condensatioo 
in  den  verschiedensten  Formen  tropfbar  werde.  Es  ist  gar 
kein  plausibler  Grund  vorbanden  anzunehmen,  dafs  bei 
der  Condensation  nur  die  Bläschenform  entstehe;  viel- 
mehr mufs  man  glauben,  dafs  dabei  nicht  nur  Bläschen 
von  sehr  verschiedener  Gröfse,  sondern  auch  Tröpfchen 
von  höchst  verschiedener  Gröfse  und  darunter  also  anch 

die  in  der  angeführten  Abhandlung  enthaltenen  hypothetischen  An- 
sichten nicht  thcile,  auch  die  Meinung  nicht,  dafs  die  darin  beschrio- 
benen  Erscheinungen  auf  eine  kugrlformige  Gestalt  der  Kdrperatome 
schliefsen  lassen,  vielmehr  glaube,  dafs  man  aligemeiD  für  die  einfa- 
clien  Körper  eine  eliipsoTdische  Atomcnform  annehmen  müsse,  da  sich 
nur  aus  einer  solchen  die  verschiedenen  allotropisrlun  Zustande  der- 
selben herleiten  lassen  werden.  Diese  gehen,  soviel  wir  wissen,  nicht 
über  das  Dreifache  hinaus,  welchem  äufsersieo  Falle  Ellipsoide  mit 
drei  ungleichen  Axen  entsprechen  würden. 


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515 

Tröpfchen  von  solcher  Kleinheit  entsteheu,  wie  8ie  zu 
der  in  Bede  stehenden  Einwirknng  auf  das  Licht  geeig- 
net tiod.  So  finden  Mck  auok  in  den  NiedenohÜf^ 
kalkllidtiger  Wasser  nlolit  *  blofs  schalenfOnnige  Coneen- 
trationen,  sondern  ancb  ausgebildete  kleine  Krjstalle. 
Ohne  Zweifel  ist  eine  sehr  allmäli^e  Abkühlung  der  Luft 
bei  grofser  Kuhe  der  Eutstebung  vou  zarteu  Tröpfchen 
besonders  günstig,  wogegen  bei  rascherer  Gondensation 
(£.  B«  bei  der  Vermiscbung  heterogener  Luffmassen)  mehr 
dfie  BlHscbetfform '  ersdieinen  wird,  analog  den  Vorgän« 
gen  bei  der  Ausscheidung  starrer  Körper  aus  ihren  Lö- 
sungen. 

Auch  die  Woikeu,  welche  uns  nur  durch  die  Dawpf- 
bUieGhen  sichtbar  werden,  mfissen  hiernach  condensirtes 
Wasser  in  Tropfenform  Enthalten,  und  adaerdem  wer- 
den die  WOlkdien  des  Abendhimmels  von  einer  mehr 

oder  weniger  dichten  Hülle  von  aus  der  Verdunstung 
der  Bläschen  entstandenen  Tröpfchen  umgeben  sejn. 

Was  das  Morgenroth  betrifft,  so  ist  zu  bemerken, 
dafs  dasselbe  niemals  die  intensiTe  Firbnng  des  Abend- 
roths erlangt.  Es  ist  aber,  wie  mhr  scheint,  nichl* zwei- 
felhaft, dafs  derjenige  Zustand  der  Atmosphäre,  wefolwr 
die  Entstehung  des  Abendrotbs  bedingt,  nicht  blofs  zur 
Zeit  des  Sonnenuntergangs,  sondern  häufig  auch  nachher 
und  während  der  Macht  sich  bilde,  also  nicht  erst  ge- 
gen den  Sonnenaofgpmg  sich-  zn  bilden  iiraucbt,  sondssn 
alsdann  bereits  geUldet  vorbanden  seyn  wind.  UdM- 
gens  kann  in  der  TlMt  die  Atmosphäre  zu  den  Tersdlin- 
densten  Tageszeiten  in  einem  Zustande  seyn,  welcher 
die  Entstehung  der  feinsten  zartesten  Tröpfchen  im  Pro- 
cesse  der  Condensation  zuläfst,  und  dieser  Zustand  wird 
eben  der  sejn,  wo  eine  Ausseheidong  von  Wasser  ohne 
Wolkenbildong  bei  ruhiger  Luft,  in  Folge  einer  langsa- 
men geringen  allgemeinen  Abkfihlüng  derselben,  stattfin- 
det. In  diesem  Falle,  welcher  namentlich  im  Winter 
nicht  selten  und  auch  gewiÜB.  zuweilen  in  der  i\lAM^en- 

33* 


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516 


«eit  ▼OfflMiideD  ist,  nioiiiil  di^  Lvfft  eine  «UgeaMioe  TrQ- 

buug  au,  ohne  dafs  Wolkeu  odet  Ndid  *)  cotslehen; 
daCs  aber  dieser  ZustaDd  der  Luft  der  Erscheinung  des 
Abendroths  günstig  sey,  habe  ick  n^cb  vor  Kurzem  bei 
siemlioh  hocbalebeiider  Soone  wi^ugeoMMDen^  indein  nta- 
licb  i»»  von  am  HorisoDte  stehendea  Wolken  f  aflectirle 
SoDnenKcht  in  tief  gelber  Fteb«»}^  das  uMrittdliar  dntdi- 
gelassene  dagegen  weifslich  erschien. 

Die  iui  Vorigen  versuchte  Erklärung  steht  im  Ein- 
klänge damit,  dafs  nur  die  in  der  Nähe  der  Erdoberfläche 
vorbeisebeMden  Somienatinhlen  die  Färbung  des  Abeiid- 
roths  erlangen;  denn  in  der  That  können  die  von  mir 
in  Anspruch  genommenen  Processe  in  der  Atmosphäre 
zunächst  nur  in  einiger  Nähe  der  Erdoberfläche  stattfin- 
den. So  kann  z.  B.  das  Verschwinden  der  Wolken  am 
Abend  erat  dann  eintreten»  wenn  bei  sinkender  Sonne 
.die  Erwirmnng  und  Verdunstimg  dar  Erde»  weUbe  om- 
gekebrt  aur  Bildnag  von  Wolken  Veranlassung  geben, 
aufhören.  Je  länger  dann  der  Weg  der  Sonnenstrahlen 
in  den  wirksamen  Schichten  der  Atmosphäre  ist,  je  uä- 
ber  sie.  also  an  der  Erdoberfläche  vorbeigehen,  desto  in- 
tansiirer  buOb  die.  Wirkung  ausfoUen, 

Mit  dem  Abendrotb  und  Morgenrotb,  als  primSren 
Evtebmnongen  direct  durchgelassenea  Liebfes,  bSngt  siebt- 
lich  als  durch  sie  bedingt  die  schöne,  mehr  und  weni- 
ger intensive,  vom  Rosenrothen  bis  iu's  Tiefpurpurrothe 
.gehende  Fftrbuug  zusammen,  welche  man  so  oft  Abends 
•wid  Morgens  an.certbeiltem  GewiOlk  mhfnimmt  Sie 
Adgti  sieb  ▼orzugsweisa  an  den  lödieren  Abänderungen 
der  Schichtwolke,  am  herrlichsten  an  dem  sogenannten 

•  .1)  Kann  eigentlicher  Nebel,  wie  der  TLiu ,  durcii  blofse  Abkühlung 
^     einer  ruhigen  Luft  entstehen?  ich  glaube  ea  nicht,  bin  vielmehr  der 
Meinung,  dals  derselbe  sich  nur  dann  bilde,  wenn  in  gesättigte  Luft- 
schichten Wasserdämple  aus  Wassern  oder  einem  dtirt  hnäfsten  Bo- 
'   den  aufsteigen,  was  immer  eine  die  der  Laftachicbtea  üb«rsleigeade 
'  Temperatur  der  leUiercn  TOrftUuelM. 


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LSmmergevvölk  {cirro-stratus),  geht  oft  bis  zum  östli- 
cheu  (und  resp.  westlichen)  Himmel  hinab,  und  erscbeint, 
was  entscheidend  für  ihre  fiBtertehttng  ist,  stets  an -d^ 
dem  Abendroth  (pA^  Mor^ntotli}  zogekehtten  Sdt,e  des 
Gewölks.  Auob  ^ht  ihr  am  Abendhimmel  immer  eine  . 
gewöhnliche  weifsliche  Beleuchtung  voraus,  welche  erst 
nach  dem  Sonnenuntergänge  die  bezeichnete  Färbung  an- 
nimmt; Morgens  ist  der  Verlauf  ein  umgekehrter.  £r 
kann  nicht  zweifelhaft  sejn,  dafs  diese  Erscheinung' ana 
der  Reflexion  des  Abend-  und  Morgenroths  von  den  'be^ 
zeichneten  Wolken  uod  dem  Hinzutreten  directen  Iiim> 
mclslichts  zu  dem  reflecdrten ,  woraus  die  Einmischung 
blauer  Strahlen  entspringt,  hervorgeht.  Diese  secundäre 
Erscheinung  übertrifft  an  wundervoller  Schönheit  zuwei- 
^  len  die  primäre,  erlangt  auch,  wie  die  letztere,  am  Abend 
die  intensivste  Entwicklung.  Erst  ganz  kfirzUcb  habe 
ich  sie  in  besonderer  Schönheit  zu  beobachten  Gelegen^ 
heit  gehabt.  Gegen  den  Untergang  der  Sonne  befanden 
sich  zwei  Wolkenschichten  am  Himmel.  Die  obere  be- 
stand aus  sehr  gelockertem  Gewölk,  welches  den  Hirn- 
mel  ziemlich  überzogen  hatte.  Unter  diesem  schwebttn 
am  westlichen  Himmel  hin  und  wieder  sehr  schmale,  aber 
dichtere  Wolkenstreifen.  Sobald  die  Sonne  sich  tiefer  ' 
senkte,  nahmen  diese  letzteren  eine  tiefgelbe  Färbung 
an,  während  das  obere  Gewölk  noch  weilslich  beleuch- 
tet war.  Jenes  Gelb  ging  dann  allmSlig  in  rothe  Far- 
ben und  zuletzt  in  das  schönste  Purpur  über;  in  dieaem 
Augenblick  erglänzte  das  obere  Gewölk  in  rosigem  Licht. 
W^ährend  dieses  nun  seinerseits  in  eine  zarte  Purpurfarbe 
überging,  welche  jedoch  wegen  der  gröfseren  Lockerheit 
des  Gewölks  weniger  intensiv  als  bei  den  dichteren  Wol- 
kenstreifen war,  traten  diese  letzteren  in  den  Erdsohat- 
fen,  und  hatten  in  dem  Augenblicke  der  stärksten  RiHbe 
des  oberen  Gewölks  alle  Beleuchtung  verloren. 

Ich  glaube  noch  bemerken  zu  müssen,  dals  die  Ver- 
mehrung der  rothen  Strahlen  in  dem  reflectirten  Abend- 


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518 

und  JMQpgeoroth  our  'eioe  Folge  doB  b^d^otciid  verlftn- 
guten  Weges  der  liiShtetrtUen  joi  d^r  .  Atmotpliftre  eejn 
kann,  wodnrdi  nothwendig  die  rotbep  StraUen  ein  irer- 

gröfsertes  Ueber^ewicht  erlangen  müssen. 
I  Da  die  Erscheinung  des  Abendroths  durch  das  at- 
nmphüriacbe  Wasser  bedingt  wird,  so  folgt,  dafs  sie  bei 
gpnolser  relativer  Troclbtnlieit  der  JLoft..  niela  bedeutend 
seyn  kdqne.  Demk  stinmien  Beobaebtangeo,  die  icb  im 
August  1837  in  Mailand  zu  machen  Gelegenheit  hatte, 
überein.  Ich  habe  nämlich  daselbst  den  Abendhimmci 
zwar  wehnnais  in  ausgezeichneter  ßeleuebtODg  gesehen» 
aber  diese  war  nicht  einer  Botbglnbt,  «ODderu  vielmehr 
einer  bellen  Weifeglubt  m  vergleichen ,  und  ich  bin  ge- 
neigt, sie  im  -Wesentlicheil  von  einer  unendiielien  Menge 
in  der  Luft  schwebender  Staubtheilcheii  (die  Wärme  und 
Trockenheit  war  zu  der  Zeit  aufserordentlich  grofs)  her- 
zuleiten, was  dadurch  .bestätigt  zu  werden  scheint,  da£s 
apliter  nach  Sonnenuntergang  die  intensivste  fiiäue  und 
JDninhsicbtigheit  der  Luft  bis  zum  Horisqnt  Wnebreicbte» 
ohnl9  eine  Spur  von  jener  TrClbuug,  welche  in  unserem 
Yaterlande  fast  nie  fehlt. 

Ueber  diese  Trübung  erlaube  ich  mir  noch  eine  Be- 
merkung, ich  habe  oben  gesagt,  dafs  der  östliche  Abend- 
himmel  tur  Zeit. des  Abendrotbs  .bläulichgnittes  Licht  re- 
flectire.  Diese  Reflemn  erfolg!  bekanntlich  nur  von  dem 
bereits  im-  Erdschatten  befindlichen  Tbeile  des  östlichen 
Himmels,  während  an  dessen  Gränze  der  Dämmerungs- 
schein sich  zeigt,  der  nichts  anderes  als  reflectirtes  Abend- 
roth  ist.  Jenes  bläuliche  Grau  kann  daher  nur  aus  der 
ilefleiioo  d^  schwachen  blttulicbweiisen  Himmelslichts 
entsfiringen ,  und  die  fragliclie  Trübung,  nuifs  daher,  we- 
nigstens von  intensiverem  Lichte,  auch  andere  als  die 
blSulichgrauen  Strahlen  rctlecUreii  können,  was  darauf 
hindeutet,  dafs  in  derselben  das  atmosphärische  Wasser 
nicht  blofs  in  der  die  Ejrsdieinung  des  Abendroths  be- 
dingenden V«rt|ie«kuig  vqrhapden  ist...  |>er  Otamemngs- 


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519 

sehem  omut  bekMiDtlieli  mit  der  Höhe  an  Istemittt  wnA 

ab,  und  erstreckt  sich  überhaupt  nicht  über  eine  gewisse 
Hohe;  dieses  ist  in  Uebereiustimmung  damit,  dafs  vor- 
zugsweise nur  in  deu  der  Erdoberfläche  uäliereu  Luft-i 
schiebten  das  atmo^härische  Wasser  den  in  Rede  ite^ 
bendea  VerllMibnigpiiistaDd  anpiMrt.  « 

Es  ist  mir  oft  aufgefallen,  dafe  nar  im  Sommer,  nicht 
im  Winter,  auf  die  Morgenröthe  Wasserniederschläge  zu 
folgen  pÜegeD.  Dieses  Verhalten  wird  sich  daraus  er- 
kiären  lassen,  dafs  im  Winter  die  Morgenröthe  mu^  bei 
einem  gewiss»  Grade  von  Heiterkeit  und  Kälten  ^o  die 
Verdunstung  schwach  ist,  xu  erscheinen  pflegt,  wogegeoi 
man  sie  im  Sommer  nur  bei  sehr  feuchtem  Luftzustande 
wahrnimmt.  Meinen  Ansichten  zufolge  kann  aber  der 
ftir  die  Entstehung  der  Hiuimelsröthe  erforderliche  Zu- 
stand der  Luft  sowohl  bei  abnehmender  als  bei  taneb' 
mender  Feuchtigkeit  eintrete«* 

4)  e  e  w  1 1 1  e  r. 

Die  meisten  Gewitter  erscheinen  in  unseren  (regen- 
den als  Folge  der  Vermischung  verschiedener  Luftströme; 
die  durch  den  aofstei^nden  Lufilstrom  vemtsacbten  sind 
^  bei  uns  TerhiltnifiBnäliBig  selten,  and  scheinen  vmmg^ 
weise  und  im  grofsartigsten  Maefsstabe  nur  in  Hocbge* 
hirgen  vorzukommen.  Doch  kommen  auch  bei  uns  zu- 
weilen Gewitter  zur  Entwicklung,  deren  Entstehung  nur 
aus  aufsteigenden  Luftströmen  hergeleitet  werden  kann. 
Ffir  solche  Gewiti»  ist  es  charakteristisch,  dafs  Sie  nisht 
merklich  a«f  das  Barometer  wirken,  in  der  Ricbtnag  des 
berrschenden  Windes  fortziehen  und  immer  von 
schränkterem  Umfange  sind;  eben  deshalb  haben  sie  auch 
keinen  erheblichen  EinÜufs  auf  die  herrschende  Witte- 
rung. Dessen  ungeachtet  können  sie  bedeutende  Regen- 
gjBm  veranlassen;  auch  erscheinen  sie  «iweileii  wtthreMd 
einer  herrschondea  OstÜohen  Windesiicbtung  und  oft  der« 
sdben  fortiidiend,  welche  Anomalie  ihren  Ursprung  zu 


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t 


520 

erkeanen  gielrt.  Bei  maoclieii  GiBwÜleni  dleffM*  letale- 
ren Art  mögen  freilich  auch  von  fern  andringende  west- 
liche Winde  wirksam  seyn,  was,  wenn  der  östliche  Wind 
henscbend  bleibt,  sieb  zuweileq  der  Erkeaming  entzieh 
ben  mag. 

,  Id  grofeer  Reinbelt  babe  icb  die  doircb  den  aofatei- 
gendeii  Laftstrom  verarsaehte  GeffitterbildaDg  lo  dem 

schönen  April  des  Jahres  1832  beobachtet.  Die  dauernd 
herrschende  Windesrichtung  war  westlich,  etwa  WSW., 
die  Luft  sehr  mild  und  der  Himmel  Morgens  immer  hei- 
ter. Einige  Stunden  vor  Mittag  aber  kamen  einselne 
Udne  Haufenwolken,'  das  .skbere  Keneciehen  des  Vor- 
bandensejos  aufsteigender  LnftstrAme,  xtnn  Vorsebeio; 
sie  nahmen  allmälig  an  Umfang  und  Häufigkeit  zu,  und 
erreichten  um  die  Mitte  des  Nachmittags  ihre  gröfste  Ent- 
wicklung. In  diesem  Stadium  waren  immer  einige  ^der- 
selben, von  besonders  vergröfserter,  doch  immer  nocb 
leicht  fibersebbarer  Ausdehnung,  zu  wahren  Gewitterwol- 
ken mit  Blitz  und  Donner,  aber  unbedeutendem  Rcgen- 
fall  geworden.  Dieser  Zustand  war  indessen  sehr  vor- 
übergehend, die  Wolken  verloren  nach  und  nach  au  Um- 
fimg,  und  Abends  war  der  Himmel  wieder  heiter.  Das 
Barometer  wnrde  durch  diese  Voifflinge  nieht  merkücb 
afifieiPt,  und  derselbe  Verlaul  stellte  siob  in  einer  Reibe 
von  Tagen  täglich  ein. 

War  mir  so  die  Wirkung  aufsteigender  Luftströme 
im  heimischen  Hügellande  in  ihren  Anfängen  vor  Augen 
getreten,  so  wurde  mir  bald  nachher,  im  September  1833^ 
die  erwfinschte  Gelegenheit,  dieselbe  in  den  Seealpen  in 
ihrer  grofsartigsten  Entwicklung  zu  beobachten,  reiste 
von  Genua  nach  Nizza,  anfangs  bei  reguichtcni  Wetter, 
später  aber,  von  S.  Remo  an,  im  schönsten  Sonnenschein. 
Allit  dem  Eintritt  des  beständigen  Wetters  traten  die  aae- 
teorologpscben  Verbttltnisse  dcB  KOstenianides  in  ¥0118110- 
digisr  Entwiekluug  auf;  Nachts  webte  Landwind,  am  Tage 
lebhafter.  Seewind.   Am  Morgen  war  die  Durchsichtigkeit 


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521 

der  Luft  so  grofs,  dafs  man  von  Nizza  aus  die  Berge 
Corsica's  in  deutlichen  Umrissen  sehen  konnte;  während 
des  Tages  verscbwandou  sie.  Sobald  der  Seewind,  an 
der  Abdacliiiiig  der  Alpen  aufeteigend,  ihre  HöbeD  erreidite, 
erfolgte  deselbBt  eine  ausgedehnte  Wolkenbildong,  und 
.  In  den  Nachmittagsstanden  war  'die  Ausbildung  ausgebrei- 
teter Gewitter  auf  den  Alpen  vollendet.  Dieser  Vorgang 
erneuerte  sich  täglich,  und  ich  konnte  denselben  bis  auf 
die  Höhe  des  Tenda,  bei  meinem  Uebergange  Qber  den- 
aelbea,  verfolgen.  Dieser  und  seine  Naehbaren  scheinen 
fßr  die  Wirkung  des  anfeteigenden  Seewindes  landein^ 
würts  die  GrSnze  zu  bilden;  wenigstens  gelangte  ich  von 
dem  früh  Morgens  gröfstentheils  noch  im  Sonnenschein 
erstiegenen  Gipfel  des  Passes  beim  Niedcrsteigen  iu's 
Thal  von  Limona  aua  dichtem  Gewölk  allmälig  wieder 
in's  heiterste  Wetter,  wihrend  die  Höhen  des  Tenda  und 
seiner  Nadibaren  von  Wolken  bededLt  blieben.  So  war 
ich  auch  von  Menlone  aus,  beim  Uebergange  über  die 
geologisch  und  botanisch  höchst  anziehende  Höhe,  über 
welehe  die  schöne  grofsartige  Strafse  nach  ^iizza  führt, 
am  dem  Sonnenschein  in  dichte  Wolken,  und  ans  die- 
sen wieder  in  den  Sonnenschein  getreten. 

Die  Gewitter  zeigen  bekanntlich  eine  ungemein  grofse 
Verschiedenheit  hinsichtlich  ihrer  Gefährlichkeit.  Am  mei- 
sten scheint  dieselbe  durch  die  Entfernung  der  Gewitter 
von  der  Erdoberüäche  bedingt  zu  werden.  Daher  rührt 
die  Gefährlichkeit  der  Wintergewitter  und  der  durch 
plOtdich  ebibrechenden  eisigen  Nordoatwind  verursacli» 
ten.  Die  letzteren  sind  TerhSltnifsmSfsig  selten,  aber 
fast  immer  von  aufserordentlicher  Stärke,  besonders  wenn 
vor  dem  Eintritt  des  eisigen  Polarstroms  ein  feuchtwar- 
mer Südwestwind  wehte.  Bei  solchen  Gewittern  hört 
man  in  der  hiesigen  Gegend,  in  welcher  die  Gewitter  im 
Allgemeinen  nicht  bedeutend  ahid  und  bald  voröberzo- 
cidien  pflegen,  fast  immer  von  Einschlagen  "des  Blitzes; 
nicht  selten  trifft  dieser  sogar  niedrige  Koruhaufen,  wo- 


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5:22 


durch  wiederholt  Meoscben,  weiche  uuter  deoselbeD  SchuU 
sachten,  erschlagen  worden  sind  (so  nwimtiich  bei  ei- 
nem furchtbaren  Nordostwindsgewitter  an  21.  Mai  182$ 
Nachmitlags,  zu  derselben  Zeit,  alsr  ein  grolser  TlieÜ 

der  Stadt  Einbeck  durch  eine  Feuersbrunst  eingeäschert 
wurde). 

Es  geschieht  nicht  selten»  daCs  getrennte  Gewitter 
▼OD  bescbränklereai  Umfange  ziemlich  nahe  neben  ein- 
ander fortziehen.  Unkundig  welche  diese  ErscbciDiuig 
▼on  fem  auf  sich  znlLommend  beobachteten,  pflegen  dann 

zu  erzählen,  ein  in  der  Ferne  aufgestiegenes  schweres 
Gewitter  (dessen  Gewölk  ihnen  durch  den  Blick  gegeu 
dessen  Querschnitt  von  vernichrter  Dunkelheit  erschei- 
nen moiste)  bebe  sich  gUickliqherweise  an  einer  gewis- 
sen Stelle  getbeilt,  und  jeder  Theil  sej  darauf  in  ab- 
weicheuder  Richtung  fortgezogen.-  Ueberbaupt  sind  Er- 
zählungen Unkundiger  über  wahrgenommene  Naturerschei- 
uuDgen  wohl  in  keinem  Theile  der  Naturkunde  so  un- 
zuverlässig, als  in  der  Meteorologie.  Jene  Aussage  über 
eine  .Theilung  der  Gewitter  beruht  offenbar  auf  dersel- 
ben optischen  TSusehung,  welche  die  scheinbare  Con- 
▼ergenz  der  atmosphärischen  Lichtsäulen,  die  unter  dem 
Namen  des  Wasserziehens  der  Sonne  bekannt  sind,  so 
wie  die  scheinbare  Convergenz  langer  Alleen,  lauger  ge- 
rader Strafsen  etc.,  verursacht.  Was  jene  Licbtsäolen 
betrifft,  so  ist  ersichtlich,  dafis  ihre  grüfiste  gegenseitige 
Entfernung  scheinbar  im  Zenith  des  Beobachters,  und 
dafs  darüber  hinaus  wieder  eine  scheinbare  Convergenz 
derselben  stattfinden  mui's.  Ich  habe  dieses  in  auffallen- 
der W^eise  an  einem  Abend  während  meines  Aufenthalts 
in  Kissingen  im  Sommer  1B41  zu  beobachten  Gelegen- 
heit gehabt;  die  Licbtsliulen  hatten  eine  eolche  Ausdeh- 
nung, dafs  sie  beinahe  einen  zweiten  Convergenzpunkt 
am  östlichen  Himmel  erreichten. 

Die  grofse  Mehrzahl  der  Gewitter  in  der  hiesigen 
Gegend  sind  SUdwestwindsgewUter.   Sehr  häufig  sind  sie 


• 


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523 

die  Folge  von  nur  geringen  Schwankungen  der  Wiudes- 
ricbtung.  So  z.  B.  schwankt  dieselbe  hier  im  Sommer 
häufig  nur  swUcben  SW.  und  ^IW,;  für  nasse  Sommer, 
wie  wir  deren  seit  18^7  leider  nor  zn  yiele»  mit  eiou« 
ger  Ausnahme  des  gpnz  anomalen  Sommers  von  1842, 
gehabt  haben,  ist  diese  Sdiwiiiikvng  sogar  recht  eigent- 
lich charaklerislisch,  und  andere  Windesrichtungen  sind 
in  solchen  Sommern  nur  vorübergehend.  Es  regnet  dann 
bei  jeder  Windäuderung,  sowohl  beim  Eintritt  des  feucht- 
wannen SW.y  als  bei  dessen  Verdräugiing  durch  den 
rauben  MW.  Mit  diesen  Windverhältnissen  hXmjgt  es 
unMlbar  zusammen,  dafs  die  Regen  in  nassen  Sommern 
in  der  Richtung  von  Holland  nach  dem  östlichen  Dentsch- 
land  abzunehmen  pflegen ;  wenigstens  habe  ich  unter  sol- 
chen Umständen  wiederholt  aus  briefliclien  Miitheilungen 
erfahren,  daCs  das  Wetter  schon  in  Westphaleo  noch 
ungünstiger  war  ab  hier. 

Bei  den  so  eben  bezeichneten  Witteruugsverhältnis- 
sen  giebt  zuweilen  der  Moorrauch  zu  einer  eigenlhümli- 
cben  Erscheinung  Veranlassung.  Wenn  nämlich  bei  ei- 
nem herrschenden  rauhen  und  mit  Rauch  beladenen  JSW. 
plötzlich  ein  feuchtwarmer  SW.  mit  hinreichender  Macht 
in  der  H0he  eintrifft,  so  pflegt  daselbst  eine  ansehnliche 
Wolken-  und  Gcwitterbildung  vor  sich  zu  gehen,  wäh- 
rend an  der  Erdoberfläche  noch  der  NW.  mit  feinem 
jRauche  vorhanden  ist;  ich  habe  erlebt,  dafs  es  heftig 
und  anhaltend  donnerte  und  regnete,  ohne  dafs  von  dem 
Gewittergewölk,  wenn  der  Rauob  sehr  dicht  war,  etwas 
zu  sehen  war.  Die  Blitze  sind  unter  solchen  UmstSo- 
den  malt  und  bleich.  Die  nachfolgende  Witterung  hängt 
alsdann  davon  ab,  welche  Windrichlinig  das  Ueberge- 
wicht  erlangt  und  herrschend  wird.  Zuweilen,  wenn  näm- 
lich bei  herrschendem  SW.  der  rauchbringende  NW. 
plötzlich  mit  grofser  Energie  eintritt  und  den  SW.  rasch 
verdrängt,  entsteht  nur  eine  vorGbergehende  Bewölkung, 
ohne  dafs  ein  Gewitter  zur  Ausbildi^ug  kommt.  Aus 


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524 


diesem  Vorgange  ist  ohne  Zweifel  die  früher  sehr  be- 
lieble Meinung  euUpriiugen,  dafs  der  atmosphärische  Rauch 
(Höhenranch)  aus  der  Zertbeilung  roo  in  der  Eotwick- 
loDg  begriffenen  Gewittern  entstehe  ' ). 

S>  FeaehdgkeitrautAB«  in  ier  Hdhe. 

Die  grofse  Mehrzahl  der  atmosphärischen  Processe 
erstreckt  sich  ohne  Zweifel  nur  bis  zu  einer  gewissen, 
relativ  sehr  mäfsigen  Höhe  in  der  AtmosphSre;  i|ber  die- 
ser GrSnze  befindet  sich  die  AtmosphSre  m  Rahe.  Die- 
ser ebere  Theil  derselben  mnfs  daher  in  seiner  Znsam- 
mensetzung  sehr  constant  seyn.  Fragt  man  nun  nach 
dem  Feuchtigkeitszustande  in  der  Höhe,  so  mufs  man 
offenbnr  zwischen  diesem  oberen  and  dem  darunter  be- 
findlichen Theile  der  AtmosphSre  unterscheiden.  Jener 
mofe  nofhwendig  bei  hoher  Dnrehsichtigkeit  mit  gasför- 
migem Wasser  gesättigt  seyn,  ohne  eine  Spur  von  BISs- 
chen  enthalten  zu  können,  da  selbst  ein  Wechsel  zwi- 
schen Sommer-  und  Wintertemperatur  dort  ausgeschlos- 

1)  Kein  aufmerksaroer  vorartheibfreier  Beobachlcr  kann  !m  Zweitel 
darfibcr  aejn ,  da&  die  die  Loft  so  oft  erfSHenden  Ranckmaaten  nn 
nardlidhflB  DcorncMand  in  der  Bcgtl  mos  dem  in  den  norddeMtdico 
Haidgegenden  den  ganicn  Sommer  kindnrch  in  grober  Ansdeknnng 
belridienen  Haid-  und  Moorbrennen  enl^ringeni  weldie»  <o  nngdkenre 
Massen  ^on  Raoch  liefert,  da(s  dieselben  nicht  sehen,  bei  linger  wdicn- 
den  nSrdllcbeD  Winden«  bis  an  die  Alpen  forlgei&bit  werden.  Es 
kommen  {edodi  aoch  Fllle  vor,  wo  der  atBMMjpbSrisdle  Rancb  dai^ 

'  ans  nicbt  hergeleitet  werden  kann.  Der  Moorrandi  wird  uns  näm- 
lich hier  ohne  Ausnahme  nur  durch  nordliche,  am  entschiedensten 
durch  nordwestliche  W^inde  gebracht.  Aber  in  dem  unvergleidili- 
cheo  Sommer  von  1834  war  die  Luft  eine  Zeit  lang  bei  constanter 
östlicher  Windesrichuing  durch  mehr  und  minder  dichten  Rauch  ge- 
trübt, welcher  sich  überdiels  Ton  dem  Moorraoch  dadurch  antcrsdiied, 
dafs  ihm  der  für  diesen  so  charakteristische  widerliche  brcnrliche  Ge- 
ruch fehlte.  Die  Ungewifsheit  über  die  £nlstehuDg  dieses  Rauchs 
wurde  indefs  bald  gehoben,  da  die  Zeilungen  wiederholt  Nachrichten 
über  ausgedclintc  Waldbrände  im  östlichen  Prenfsen,  in  Polen  und 
Httfsland  brachten. 


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6» 


sen  ist.  In  dem  unteren  Theile  der  Atmosphäre  dage- 
gen ist  die  relative  Feuchtigkeit  ein  Resultat  der  ver- 
aohiedenarti^teu  Umstände,  und  kann  daher  kein  allge- 
meines Geset«  befolgen.  Steigt  man  z.  B.  bei  hemcben- 
dem  Ostwinde  in  £e  Höhe,  so  wird  in  gröberen  Höhen 
die  Feuchtigkeit  immer  mehr  abnehmen,  da  die  Trocken- 
heit des  Polarstroms  durch  allmälige  Erwärmung  bei  sei- 
nem Fortzi^en  noch  zunehmen  mufs,  besonders  in  sol- 
chen Höhen,  wohin  die  t^liche  Zu-  ni^d  Aboahme  der 
terrestrischen  Verdonstimg  nicht  reicht»  Bei  hemichen- 
dem  westlichen  Winde  seheint  es  ndt  umgekehrt  Terhal« 
tcn  zu  müssen,  wie  es  ja  auch  schon  durch  die  Wol- 
kenbitdung  angezeigt  wird.  Wehen  aber  verschiedene 
Winde  über  einander,  so  werden  im  Feuchtigkeitszup 
Stande  der  Luft  in  verschiedenen  Höhen  die  gröfsten 
Wechsel  stattfinden  können.  Auch  fibt  offenbar  die  Ta- 
geszeit einen  bedentenden  Einfluls  darauf  aus. 

6)  Zuf&IIige  Farbenerscheinangen  auf  dem  Schnee  ete. 

Wenn  die  Felder  mit  einer  reinen  Schneedecke  über- 
zogen sind,  so  beobachtet  man  bei  heiterem  Himmel  oft 
eine  anziehende  Farbenerscheinung.   Die  Schatten  nSm- 

lieb,  welche  kleine  Erhöhungen,  z.  B.  Maulwurfshaufen, 
hinter  sich  werfen,  erscheinen  dann,  im  Contrast  gegen 
die  übrige  von  dem  gelben  Licht  der  Wintersonne  be- 
leuchtete Schneeüäche,  blafe  purpurroth;  ohne  Zweifel 
eine  Folge  der  Beleuchtung  dieser  schattigen  Stellen  durch 
das  blfiulichweiCie  Himmelslicht,  welches  nach  seiner  Re- 
flexion von  denselben  seiner  gelben  Strahlen  beraubt  er- 
scheint.  Sehr  intensiv  habe  ich  nahe  dieselbe  Färbung 
einmal  im  Sommer  auf  einem  mit  Graspflauzen  besetzten 
trocknen  FuCspfade  beobachtet  Die  Grasblttttchen  lie- 
ben von  der  mir  gegenüber  schon  tief  stehenden  Sonne 
ein  lebhaftes  gelbgrOnes  Licht  durch,  gegen  wdches  die 
▼on  den  Pflanzen  beschatteten  nnd  von  dem  bläulichwei- 
fseu  Lichte  des  Himmels  beleuchteten  Steilen  des  an  sich 


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526 


hellferbigen  Pfodes  meinem  Aage  lief  porporroth  er- 
scbienen. 

Auf  einen  ganz  cigenthümlichen  Zustand  der  Atmos- 
phSre  deutend  war  eine  Farbenerscheinung,  welche  ich 
an  einem  Nachmittage  im  Julius  1843  an  der  blafsgelben 
Aufaenwand  meines  Wohnhauses  beobachtete.  Es  er- 
schienen nSmIldi  mir  und  einigen  anwesenden  Freunden 
die  auf  die  Hauswand  fallenden  Schatten  der  Sprossen 
inehrer  gerade  offen  stehender  Fenster  intensiv  blau,  die 
beleuchteten  Stellen  der  Wand  dagegen  weifsiichgelb  ge- 
färbt; die  rothen  Strahlen  waren  aUo  fast  ansgeiöscfat 
Der  Himmel  war  schwacb  verschleiert.  Ich  babe  diese 
Erscheiming  nie  frOher  und  auch  naebher  nicht  wieder 
wahrgenommen. 

7)  Schneefall  im  April  1837. 

Es  sey  mir  sdiliefslich  erlaubt,  die  Aofisierksamkeit 
der  Meteorologen  auf  den  bOchst  anomalen  Schneefall 

im  April  1837  hinzulenken,  vielleicht  die  gröfste  meteo- 
rologische Anomalie,  welche  jemals  an  mir  Torüberge- 
gangeu  ist.  Derselbe  dauerte  vom  5.  Abends  5  Uhr  bis 
tn  ungefilhr  derselben  Stunde  des  9.  ohne  die  geringste 
Unterbrechong  fort;  die  Luft  war  dabM  fortwährend  vob 
Schneeflocken  dicht  erfdllt,  und  es  herrschte  eine  nicht 
unbedeutende  FVoslkälte.  Die  Folge  davon  war  eine 
in  der  That  beispiellose  Anhäufung  von  Schnee.  So 
lauge  ich  auf  Naturbegebenheiten  geachtet  habe,  habe 
ich,  selbst  in  den  strengsten  Wintern,  kehie  Schneean- 
haufung  wahrgenommen ,  welche  dieser  nur  entfernt  zu 
▼etgleicben  wäre.  Ueberall  war  die  Communication  un- 
terbrochen, und  konnte  erst  durch  die  angestrengte  Ar- 
beit der  zahlreichen,  aus  allen  Orten  aufgebotenen  Mann- 
schaften nothdflrftig  wieder  hergestellt  werden.  Bei  dem 
Flecken  NOrten  mnfsten  eines  Abends  auf  der  offenen 
Strafse  die  Pferde  vom  Eilwagen  abgespannt  werden,  weil 
kein  Fortkommen  möglich  war;  die  Reisenden  haben  zum 


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ft27 

Theil  die  Nacht  im  eiDgeschneiten  Wageu  zugebracht 
Innerhalb  der  Orte,  z.  B.  in  Güttingen,  konnte  nnr  mh 
grofser  Mfthe  in  der  Mitte  der  Straften  eine  Bahn  her- 
gestellt  werden,  welche  dann  von  hohen  ScfaneewSnden 
bekränzt  war.  Eben  so  ist,  wie  ich  von  Augenzeugen 
weiis,  die  ganze  StraCse  nach  Hamburg  beschaffen  gewe- 
.  aen.  Cassel  wäV  mehre  Tage  lang  von  fast  allen  be- 
nachbarten Brannkohlenwerlien  abgeschnitten.  Man  war 
gezwungen  den  Schnee  to*  den  Höfen  nnd  engeren  Thei- 
len  der  Orte  auf  Schlitten  hinauszuschaffen,  um  Raum 
zu  bekommen  und  spätere  Belästigung  durch  Wasser  zu 
verhüten.  Im  freien  Felde  v^rar  die  Schneedecke  2^^  bis 
3  Fufs  hoch.  Glttcklicherweise  trat  ein  alimäliges  Auf-  ' 
thaiien  derselben  ein,  wodurch  Ueberscbwemmungen,  wel- 
che Snfserst  TCrderblich  hätten  Werden  können,  verhütet 
wurden.  Doch  war  die  Nachwirkung  des  ungeheuren 
Schneefalls,  da  derselbe  zu  einer  Zeit  eintrat,  wo  die 
Vegetation  bereits  begonnen  hatte,  in  landwirthschaftli- 
eher  Beziehung  Sufserst  nachtheilig;  der  Boden  wurde 
mit  Wasser  UbersSttigt.  Auch  sind  die  Verheerungen 
in  den  Harzwälderu  von  der  gröfsten  Ausdehnung  und 
Bedeutung  gewesen. 

Djen  damaligen  Zcituiigsnachrichten  zufolge  scheint 
das  merkwürdige  Ere^ignifs  im  nordwestlichen  Deutsch- 
land seine  grOfste  Entwicklung  erlangt  zu  haben,  doch 
mufs  auch  im  sQdwestlichen  Deutschland  der  Schneefall 
noch  sehr  aufscrordentlich  gewesen  seyn.  Nach  Osten 
hat,  allen  Nachrichten  zufolge,  eine  allmälige  Abnahme 
desselben  stattgefunden,  und  er  scheint  z.  B.  in  Berlin 
nicht  mehr  so  ungewöhnlich  gewesen  zu  sejn. 

Was  nun  dieses  Ereignifs  noch  besonders  interes- 
sant macht,  sind  die  meteorologischen  Umstände,  welche 
während  desselben  slatlfaiiden.  Zuerst  v^rar  es  höchst 
auffallend,  dafs  während  der  ganzen  Dauer  des  Schnee- 
falls ein  fast  constanter  lebhafter  Nordostwind  herrschte; 
Niederschläge  bei  Ostlichen  Winden  pflegen  sonst  be- 


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kanntlich  sehr  vorübergehend  zu  sejn.  Noch  erhöht 
wurde  das  Aufrallende  dadurch,  dafs  bei  diesem  Nord- 
Ostwinde  der  Barometerstand  sich  fortwjüireil^  auf  kaum 
mitUerer  Hdbe  bMt  Hierin  aber  liegt,  ivie  mir  scheiii^ 
der  Schlttssel  zar  ErklSniDg  der  .  seltsamen  Encheinnng. 
Es  geht  nämlich  daraus  onwidersprechlich  hervor,  dafs 
der  Nordostwind  nur  au  der  Erdoberfläche  geherrscht 
habeu  kann,  dais  dagegen  iu  der  Höhe  ein  mächtiger 
Südwestwind  geweht  haben  mufs.  lUe  ganze  Erschei- 
noQg  war  demnach. die  Folge  eines  ongewöhnHch  aasge- 
breiteten •  gewaltigen  Kampfes  zwischen  dem  eisigen  Pe- 
larstrome  uud  dem  feuchtwarmen  Aequatoriaistrome.  Ich 
zweitlc  nicht,  dafs  eine  ausführliche  monographische  Bear- 
beitung dieses  Gegenstandes  (wozu  mir  das  Material  fehlt) 
ZQ  interessanten  Ergebnissen  führen  würde. 


III.    Muihmajslichc  Bodensenkung  in  der 

Algierei. 


Nach  Hm.  Vi  riet  d'Aoust  soll  der  See  oder  Sumpf 
Melghigh,  der  durch  den  Djeddi  die  Wasser  von  Sidi 
Okbah  aufnimmt,  bedeutend  unter  dem  Meeresspiegel  lie- 
gen. Er  schliefst  diefs  ans  der  Höhe  von  Sidi  Okbab, 
die  61,3  Meter  gefunden  worden,  und  der  L8nge  des 
Djeddi,  die  etwa  23  Myriameter  beträgt.  Indem  er  für 
diesen  so  nahe  am  Atlas  liegenden  Flufs  nur  ein  Gefälle 
von  0,0005  annimmt  ( ein  Gefälle,  welches  dem  der  Rhone 
zwischen  Ljon  und  Arles  gleichkommt,  da  dieses  nach  * 
E.  de  Beaomont  0,000553  betrjigt)  findet  er  für  die 
negpitiye  Hübe  des  Melghigh  53^7  Meter.  (  Compt  renä^ 
T.XXl,  p,hV) 


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Ö29 

I 

ly. ,  Biilze  ohne  Donner,  am  22.  Juni  1845  in 
fTien;  pon  fV*  Haidinger, 


Der  22.  Juni  war  als  ein  schwüler  ruhiger  Tag  vor- 
übergegaDgen ,  mit  schwachem  Winde  aus  ONO.  durch 
0.y  SO.  iumISm  uDd  gröfstentbeiU  g^oalicher  Windstille. 
Der  HioMBel  war  nüt  Wolken  ObenogeB  gewesen,  sdiich* 
fenweise^  gelagert,  grau,  doeh  grdfslenlkeUs  dGnn,  so  dafii 
die  Sonne  öfters  durch  den  mehr  wie  nebligen  Himmel 
hindurchblickte.  Um  8^  Uhr  entstand  ein  rasches  Wet- 
terleuchten, das  sich  bald  über  den  ganzen  nordwestli- 
eben  Horaoat  ▼erfareitete»  Westen  noch,  ein  wenig 
slldlieli  beginnend.  Es  war  aber  nicbt  auf  diese  anfing« 
liehe  Stellung  besobrftnkt,  wo  man  es  so  häutig  zu  sehen 
gewohnt  ist,  sondern  es  stieg  schnell  an  der  westlichen 
Seite  gegen  das  Zenith  empor,  und  senkte  sich  dann 
wieder  gegen  Osten  hinab,  wöhrend  nach  und  nach  die 
ganze  aordweatliehe  Hl^lfte  des  Hiannek  davon  eingepom- 
men  wurde.  Blitfe  folgte  auf  Blitz  an  alle»  Orten.  Deut- 
lich geschah  die  häufigste  Entladung  im  Westen  zwischen 
einer  starken  cumulusarligen,  unter  etwa  40 Elevatiou 
abgerundeten  Wolke,  und  einer  höher  liegenden  Wol- 
kenschicht.  Dabei  erfolgio  die  Mehnabl  der  Blitse  an- 
genscheittlich  in  der  Riebtnng  von  der  unteren  gegen 
diese  obere  Wolkenselicht  Da  die  obere  Schicht  ei- 
nen gröfseren  Raum  einnahm,  so  sah  man  die  Blitze  von 
den  Rändern  der  unteren  Wolke  divergiren.  Sie  hatten 
die  gewöhnliche  unregelmäfsige  Zickzackgestalt,  zum  Tbeil 
waren  sie  geluülmnt,  scheinbar  durch  sich  selbst  in  Kno- 
ten znrtickkehrend,  f^elleicht  also  etwa  scbraabenfiBrmig, 
andere  wieder  von  einem  einzigen  Funken  im  Fortgange 
deutlich  in  zwei  gelheilt,  gegabelt,  aber  die  meisten  auf- 
fallend langsam  y  so  dals  man  die  Richtung  und  Aufein- 

PofStnMPs  Annal  B4.LXVI.  31 


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630 

anderfol^e  der  LicbtentwicUang  unbezweifeit  wahrneh- 
men konnte  Auch  gesehahen  die'ao  hSoßgen  Entla- 
dongen  hinter  der  Bedeckung  der  Wolken,  die  nur  eine 

uDbestiinmte  lichtere  Stelle  hervorbringen,  ohne  eine  wei- 
ter ausgedehnte  Biitzspur  zu  zeigen,  also  Funken,  die  so 
ziemlich  senkrecht  zwischen  den  zwei  Schichten  gingen. 

Bei  allem  diesen  Austausch  von  Elektridtiit,  bei  dio- 
sem  wechselnden  Meer  von  Lieht,  bei  diesen  zahllosen 
Blitzen,  die  den  Himmel  darchfarchten,  war  gänzlich 
lautlose  Stille;  ein  einziges  Mal  schien  mir  ein  schwa- 
ches Rollen  des  Donners  hörbar,  andere  Beobachter  ha- 
ben höchstens  drei  Mal  dasselbe  beaMrkt  Blitze  im  Ze- 
nith  ohne  Donner!'  Die  Erscheinung  hatte  etwas  Wun- 
derbares ,  Erhebendes  an  sieh.  Dabei  kein  Tropfen  Re- 
gen, aber  gegen  10  Uhr  erhob  sich  ein  bedeutender  Sturm 
in  der  Richtung  des  Gewitters  von  WSW.  gegen  ONO., 
der  bald  an  Stärke  noch  zunehmend  von  NW.  kam,  und 
dann  noch  die  pm»  Macht  mit  weehaelnder  SUMrke  an- 
hielt, und  die  Staubwolken  hoch  empoiwirbelte. 

'An  demselben  Abend  war  nordwestlich  von  Wien 
ein  starkes  Gewitter  mit  Regen  und  Hagel  niedergegan- 
gen, der  letztere  hatte  in  Klosterneuburg  unter  andern 
an  dem  Glashause  des  Stiftes  manehen  Schaden  angc- 
riiiitet. 

Der  33.  war  des  Morgena  trObe,  aber  gegen  Abend 
war  völlig  heiterer  Himmel  bei  bedeutend  herabgesetzter 
Temperatur,  später  zeigten  sich  wieder  Wolken. 

Ich  hatte  das  Vorhergehende  als  Notiz  •  aufgezeich- 
net, und  zwar  m  meiner  eigenen  Erinnerung,  wegen  des 
grofiMrtigen  Eindruokes  des  Ganzen,  und  erlAatert  and 

I)  Langsaroltmt,  wenigstens  scheinbar,  verdient  grofse  Anfmcik- 

aaaakeSt  bei  einer  £rscli«iuung,  die  iui  Gaoeeo,  nach  Wheastone^s 
Vcraochen,  mit  dco  durch  Blitz  erleacbteteo  Speichen  eines  Rades 
ooeh  nicht  glekh  ist  i^^ö  eioer  Zciisecunde.  Aber  auch  Howard 
hat  aoscbeiDeiMl  bofMOM  BIhte  beobachtet.  (Arago,  Annuaire  du 
Mweau  des  kmgiiudes,  1838,  p.  279  et  250.) 


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531 

bestätigt  durch  die  Mittheilungeii  meiner  Freunde,  des 
\,  k.  General  Landes-  und  Hauptmtinzprobierers  Hrn. 
A.  Löwe,  und  des  Stadfphjsikus  von  EUbogen  A.  Glück- 
selig, der  ebeo  ia  Wieo  anvreseiid  war,  weiche  unter 
freiem  Himmel  aitt^edchntere  Beobechtnngen  m  mechctn 
Gelegenheit  baden,  als  mir  die  beschränkte  Aussicht  aus 
meiner  Wohnung  gestaltete,  und  ich  hoffte  nun  bald  ein 
Mebreres  in  den  Zeitungen  zu  lesen.  Diese  Erwartung 
wurde  geiäiucbt}  die  Bestötigiiog  de»  Uogewöfanlichtii 
der  ErscbeiDODg  durck  viele  Pereooen  vermehrte  dage- 
gen die  Lebhaftigkeit  des  Wunsches,  die  Thatsache  selbst 
in  den  Annalen  der  Meteorologie  aufgezeichnet  und  für 
künftige  Vergleichungen  bewahrt  zu  sehen.  Seitdem  erst 
habe  ich  Gelegenheit  gefunden  Ar ago 's  schöne  Abhand- 
lung  »Ueber  den  Donner«  ^)  zu  lesen,  die  auch  der  oben 
erwähnten  Brscheinong  Aehnliches  bewahrt,  so  wie  ei- 
nige Mittheilnngen  der  neueren  periodischen  Literatur. 

Jedermann  kennt  das  sogenannte  TVetierleuchten^ 
blitzartiges  Aufleuchten  der  Wolken  nach  schwülen  Som> 
fliettagen  ohne  Donner,  das  in  unbedeutender  Erhöhung 
am  HoriKOBt  wie  ein  entferntes  Gewitter  erscheint.  *  Sel- 
lener sind  wirkliche  Blitze  ohne  Donner,  wenigstens  in  un- 
seren europäischen  Ländern,  beobachtet  worden.  Arago 
giebt  sie  als  häufig  an  aus  den  Antillen,  Bio  Janeiro  in 
Brasilien«  Patna  in  Ostindien ,^  aber  nur  eine  Beobach- 
tnig  vom  1.  August  1791,'  von  dem  jOngerenr  Del«o, 
welche  sich  auf  ietne  ganz  fthnliche-  Erscheinung  'bezieht, 
wie  die  vom  22.  Juni  1845  in  Wien.  Nach  Sonnenun- 
tergang war  der  Himmel  westlich  von  Genf  über  dem 
Jura  mit  Wolken  bedeckt.  Glänzende  Blitze  fuhren 
durch  die  Wolken,  und  doch  hörte  man  keinen  Donner. 
Die  Wolken  erhoben  aich  vom  Jura  bis  auf  das  Zenith 
von  Genf.  »Noch  immer  gab  es  so  lebhafte  Blitze,  dafs 
man  glaubte  der  begleitende  Donner  müsse  das  Gehirn 
erschüttern,  und  doch  hörte  man  beinahe  kein  Geräuscli* 
1 )  JÜnnttaire  dm  bureou  des  imgUmd^a  pour  tan  1 838. 

34* 


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Ein  einviger  Donotnchlag  war  aUerdin^  migebeoer  stark 
und  TOD  einm  kunen  Gufsregen  begleitet,  aber  daoii 
blitzte  es  immerfort,  und  ich  hörte  kein  Geräusch  mehr.« 

Dr.  (später  Freiherr  v.)  Reiche nbach  erwähnte 
der  Blitze  ohne  Donner  in  Ba umgartner's  Zeitschrift 
iDr  Physik,  Bd.  X,  S.  Ii,  deagleicban  in  Poggendorffs 
Annaled,  Bd.  43,  S.  531;  andh  JHedidnalratb  Dr.  Ayrer 
in  Harburg  giebt  daselbst,  Bd.  48,  S.  375,  Nachrieht  Ton 
einer  einzelnen  hellen,  hoch  aufgethiirmten  Haufwolke, 
die  während  der  in  langen  Zwiscbeuräumeii  sich  entwik- 
kelnden  Zickzack -Blitzen,  langsam  von  Westen  gegen 
Nordwest  fortaiehend,  sich  immer  Terkleinerte,  bis  die 
Entladungen  anfbdrten.  In  der  ersten  ^on  R  ei  eben- 
bach's  Beobachtungen  hatte  nur  ein  Aufleuchten  zwi- 
schen den  Wolken  in  dem  Thale,  in  weichem  er  sich 
befaod,  stattgefunden;  in  der  zweiten  (Ende  Juni  1837) 
sah  er  den  Zickzack  des  wirklichen  Blitzes,  etwa  70** 
von  Sfid  nach  Nord  am  Himmelsbogen  durchfahren^ 
ohne  einen  Donner  zu  hören,  zu  setner  grofsen  Ueber- 
raschung,  und  der  des  Altgrafen  und  der  Gräfin  zu  Salin, 
auf  deren  Schlofsterrasse  sie  sich  eben  befanden  ')• 

Ueber  das  IVteteor  Tom  22.  Juni  füge  ich  hier  noch 
«inige  Mittheilongen  bei,  welche  ich  bisher  za  sammehi 
Gelegenheit  fand. 

Die  Wiener  Zeitung  enthält  an  meteorologischen 
Daten  von  der  k.  k.  Sternwarte  in  Wien  für  die  drei 
Tage,  den  21.»  22.  und  23.  Juni,  Folgendes: 

'1)  Auch  Bravais  hat  ein  solches  Gewitter  in  der  Nacht  vom  24.  aof 
den  25.  Juni  1844  Morgens  2^  40'  tu  Lyon  erlebt,  worüber  er  in 
den  Compf.  rend.  (1844),  T.  XIX,  p.  240,  Nachricht  giebt.  Dm 
Gewitter  ging  von  SW.  nach  NO.,  begleitet  von  merkwürdig  hefti- 
gem SW.- Sturm,  Dufsgrofsen  ScItiofseD  und  äufserst  starkem  Platzre- 
gen; ts  fielen  16  Millimeter  Wasser  in  der  Nacht  Sehr  diffuse  und 
stark  leuchtende  Blitze  folgten  ohne  Unterbrechung  aufeinander,  .schlu- 
gen an  drei  Stellen  in  der  Stadl  ein,  aber  von  einem  Donner  war 
V  nichts  zu  hören.  P, 


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534 


Ein  liOchst  fj^tiger  UmBtand  fttr  die  genaue  Bedb- 
achtaug  der  BarometerliOlien  war  die  Anfetelliuig  des 

von  Hrn.  L.  J.  Kapp-ell  er  nach  KreiTs  Angabe  aas- 
gefübrten  Baroinetrographen  auf  der  diefsjährigen  Ge- 
werbsproducten- Ausstellung  Ich  füge  hier  die  von  dem 
Apparate  beschriebene  Cinre  in  einer  Zeichnung  bei,  die 
ich  Hm.  Ka  p p eller  verdanke.  (S.  Fig.  10  Taf.  I) 
Aeufsersl  merkwürdig  ist  das  plötzlich  «iotretende  starke 
Steigen  zwischen  9  und  10  Uhr  am  Anfange  des  Sturmes. 

Ein  ähnliches  Resultat  würde  die  angestrengteste  Auf- 
merksamkeit im  Beobachten  erfordern ,  da  der  entschei- 
dende Moment  gewöhnlich  nicht  ToraoBgesehen  werden 
kann,  und  in  den  festgesetzten  Beobachtungsperioden  oft 
schon  alles  ausgeglichen  ist.  So  wie  es  hier  steht,  kann 
es  nur  den  Wunsch  erregen,  dergleichen  Apparate  recht 
allgemein  in  Anwendung  zu  sehen. 

Hr.  Hofrath  M.  Ley  er  beobachtete,  auf  einer  Fahrt 
▼on  Stockeraa  gegen  Westen  nacbdem  graflichen  Brenn- 
ner'schen  Schlosse  Ton  Neu-Aigen  an  der  Donau,  deat- 
lieh  zwei  gesonderte  Gewitier,  von  denen  eines  von  NW., 
das  andere  von  SW.  heranrückte,  ersteres  also  am  Süd- 
abhang der  böhmisch -österreichischen  Gebirgshöhe,  letz- 
teres am  Mordabbange  der  Alpen.  Ein  rascher  Gufsregen 
begleitete  dort  um  9  ühr  die  elektrische  Ausgleicbnng 
mit  Donner  und  Blitz,  während  westlich  bei  Krems,  so 
wie  östlich  bei  Klosternenburg,  sich  Hagel  gebildet  hatte. 

Hr.  Prof.  Redte nbacher  beobachtete  in  Prag  am 
21.  Juni  um  10  Uhr  Abends,  also  am  Tage  vor  der  Beol>- 
achtung  dea  PbAnomens  in  Wien,  ein  starkes  Wetter- 
leuchteu  in  nordöstlicher  Richtung,  etwa  von  Prag  in 

1)  Medianiker  in  Wieo,  GumpeDdorf^HauptstraiM  No.  386,  desMO 
aiugcteicfanele  Leblongen  durdi  Zacrkeimong  der  foldenen  McdMlIe 
bei  die<cr  AtissteHung  eine  wardige  Aoerkennong  fanden. 

2)  V\^o  sie  in  Richtung  der  Abscissen  etwas  verkiirxt  gegen  das  Origi- 
nal gegeben  ist.  —  Die  mit  *  bezeiclineten  Stunden  sind  diejenigen, 
zu  welchen  gieichxeitig  auf  der  k.  k.  Sternwarte  beobachtet  wurde. 


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der  Richtui]^  TOn  Jungbnnzlau»  wenn  audh  nicbt  im  Ze- 
Dith»  doch  in  der  scbon  uDgewOhnlicheD  fileration  von 
etwa  45**.  Die  Blitze  gingen  von  einer  emzeloen  schwe- 
benden grofscu  Haufwolke  aus,  die  nicht  bis  zum  Hori- 
zonte herabreichte.  ~  I 

Hr.  Kustos  P.  Partsch  war  am  22.  in  Bamberg. 
Nach  einem  heiteren  Tag  bildete  sich  Abends  ein  Gewit- 
ter aus,  das  zwischen  7  und  9  Uhr  In  reichlichen  Re- 
gengüssen siclv  ausglich ,  doch  ohne  Blitz  oder  Donner. 

Hr.  Prof.  Gintl  theilte  folgende  sehr  vollständige 
Reihe y  in  Grätz  angestellter  meteorologischer  Beobach- 
tungen der  zwei  Tage,  des  22.  und  23.  Juni,  mit,  aus 
denen,  ^mlt  den  gleichzeitigen  Bedbacfatungen  in  Wien 
▼erglichen,,  manche  merhwürdige  Conlwie  evpciieinen. 


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5S8 


Das  etektritiebe  Gleidigewicht  war  schon  mebrare 
Tage  Torher  ^estOrt    Am  19.  waren  frOb  and  Abends 

Gewitter,  mit  Einschlagen  und  Zünden  des  Blitzes,  in 
Seekirchen  und  der  Umgegend  in  Salzburg,  am  20.  Nach- 
mittags 5  Uhr  war  ein  Gewitter  mit  Wolkenbrucb  zu  Had- 
litz,  im  Rakonitxer  Kreise  in  Böhmen  (Wiener  Zeitung 
178  nnd  479).  Am  Sl.  Abends  beobaebtete  Redtenba- 
cb  er  das  Wetterlenditen  in  nordwestlieber  Riebtung  von 
Prag,  gegen  das  Riesengebirge  *u.  In  Wien  stieg  das 
Barometer  noch  fortwährend.  ' 

Am  22.  fiel  das  Barometer  in  Wien  und  Grätz,  am 
Mordrande  der  Alpen  gischab  die  Auagleiebung  elektri- 
scber  Spannung  durch  ein  gewObnUcbes  Gewitter  mit  Blitz, 
Donner  und  Regen,  nebst  Hagel  in  den  tieferen  Schich- 
ten der  Atmosphäre;  östlich  überflog  das  seltene  Phäno- 
men des  JVetierleuchiens  im  Zenüh,  ein  tingemeiu  hoch 
siebendes  Gewitter,  den  Raum. 

Der  23.,  bedeutend  abgekfibit,  war  in  Wien  in  den. 

*  Nacbmittagsstnnden  fiber  den  gröfsten  Tbeil  des  Himmels 
heiter,  während  die  Südseite  der  norischen  Alpen  in  ei- 
nem starken  Gewitter,  in  Grätz  beobachtet,  ihre  Ausglei- 
chung batte. 

Am  22.  hatte  ein  Gewitter  in  Rbeinhausen  stattge- 
funden. Der  Blitk  scbhg  in  den  Mast  eines  Eisenbahn* 
sdiwellen  ladenden  Schiffes  nnd  zersplitterte  ibn.  (Wien. 

Zeit.  187.) 

Bei  Gejersberg  in  Böhmen,  an  der  mShrisch  -  schle- 

•  sischen  Gränze,  richtete  ein  Orkan  und  Wolkenbruch 
um  11  Uhr  Nachts  furchtbare  Verheerungen  an.  (Wien. 
Zeit.  187.) 

Ein  Orkan,  Wirbelwind  oder  Windhose  verheerte 
die  Umgegend  von  Straubing  an  der  Donau,  Abends  um 
6  Uhr,  in  Zeit  von  einer  halben  Stunde,  mit  Södwest- 
*  wind.  Ununterbrochener  Blita  und  Donner,  und  ungo- 
wöbnficbes  Sausen  beglmtetan  das  Cvewitter,  zugleicb  reg-' 
nete  und  hagelte  es.  (Oestr.  Beob.,  No.  184.  Bier  wird 


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639 


auch  des  heftigen  Sturmes  in  Wien  gedacht,  dem  un- 
unterbrochene Blitze  in  der  Richtung  von  Westen  nadi 
Norden  TorangeianlleQ  waren.) 

^  An  lyesem  Tage  wurde  dia  Umgegend  von  WeMU 
ia  Oberadilesien  einem  forchtbaren  Gewitterstarm 
▼envöstef.  Er  dauerte  nur  eine  Viertelstunde.  Die  Spu- 
ren beginnen  bei  Kieferstildtel,  und  nehmen  in  fast  öst- 
licher Ricbtung  bis  ty^er  die  polnische  Gränze  immerfort 
an  Breite  tu.  ( Allgem.  Zeit,  vom  7.  JuH  1845,  No.  188.) 

Vielleicht  dasselbe  Gewitter  hatte  Hr.  Prof.  Gloifs- 
ner  von  Lemberg,  zwischen  zwei  und  drei  Uhr  in  der 
Nacht,  als  Eilwagen- Passagier  in  der  Gegend  von  Tar- 
now  in  Galizien,  in  östlicher  Richtung  etwa  25  Meilen 
▼on  Gleiwitz  tntfernt,  auf  freiem  Felde  ausgehalten.  Man 
hatte  bereits  von  9  Uhr  an  das  entfernte  Wetterleuchr 
ten  am  HorizdBte  bemerkt,  mt  spSter  war  das  Ge- 
witter ausgebrochen.  • 

Die  Beobachtungen  über  jenes  Gewitter  sind  viel 
zu  wenig  ausgedehnt,  und  die  Daten  zu  sehr  vereinzelt, 
als  dafe  ich  verancheii  sollte  eina  Beurtheilung  des  Ver* 
Banfes  zu  wagen.  War  dip  Hütte  der  Schicht,  zwischen 
deren  oberer  und  unterer  FlSche  die  elektrische  Span- 
nung in  bedeutend  dünnerer  Luft  sich  ausglich,  zö  grofs, 
als  dafs  man  den  Donner  gehört  hätte?  Wie  hing  die 
Erscheinung  in  Wien  mit  den  Gewitterstürmen  zusam- 
men, die  Ton  Straubing  )m  ']Eamow  nördlich  von  We- 
sten gegen  Ostwn  wahrgenommen  wurden,  und  bildeten 
diese  selbst  ein  Continuum? 

Gerne  würde  ich  Mittheilungen  über  diese  Erschei- 
nung, die  mir  aus  Gegenden  zukommen  soiiteu,  wo  sie 
beobachtet  worden  ist,  aufsammeln  und  sie  zu  einer  an- 
deren Zeit  zusammenstellen.  Dabei  glsube  ich  die  Be- 
merkung machen  zu  müssen,  dafs  untere  Gegend  sehr 
für  ein  Studium  der  Gewitter  geeignet  erscheint,  indem 
man  häufig  ihre  Bildung  an  der  Kette  des  Kahlengebir- 
ges  zm  baobacbten  Gelegenheit  findet,  und  sie -gewöhn- 


MO 


Heb  in  der  Bicbtung  des  Hauptgebirgszuges,  von  deu  Al- 
pen gegen  die  Karpatben  za,  d.  i.  von  Südwest  nacb 
Nordost,  zieheo,  aber  gerade  leneefts  des  Leöpoldsber- 
ges,  sich  von  den  Bergeu  losreÜiend,  Über  üe  flachen 
Gegenden  Bördiicb  Ton  der  Donau'  dabin  strömen,  bis 
sie  wieder  an  die  höheren  Züge  der  kleinen  Karpathen 
östlicb  sieb  anschliefsen,  wenn  sie  nicbt  etwa  mehr,  be- 
sonders die  nördlicberen,  den  «resUicben  Ketten  des 
Mannhards  o.  s.  w.  angezogen  werden,  und  diese  Ridi- 
tung  dann  weiter  gegen  Osten  verfolgen.  Gewtfs  würde 
eine  Reihe  zusammenhängender  Beobachtungen  viel  dazn 
beitragen,  über  manche,  noch  keineswegs  aufgeklärte 
Punkte  der  Meteorologie  Aufschlufs  zu  geben,  von  de- 
nen insbesondere  die  fast  alijabrlicb,  oft  -im  einem  Jabre 
mehrmals,  wiederboUett  furchtbaren  Hagelscbläge  uns  an- 
gemein nahe  liegen.  Sie  wären  wohl  die  von  Arago 
vorgeschlagenen  Versuche  v^^erth,  um  den  Gewitterstür- 
uien  vor  ihrem  Ausbruche  ihre  elektrische  Spannung  zu 
entziehen. 

Von  den  StOmngA  in  der  Atmosphäre  in  jener  Pe- 
riode bringt  das  JoumaS  de  ConsianiinopU  vom  II.  JoK 

ein  merkwürdiges  Beispiel  von  Erzerum.  £s  tral  näm- 
lich daselbst  am  21.  Juni  ein  wahres  Winterwetter  ein. 
Von  einem  Durchschnitt  von  19*^  und  20^  R.  fiel  das 
Thermometer  plötzlich  auf  5^,  und  gegen  A|iend  selbst 
auf  3** ,  wobei  es  heftig  zu  aehneien.  anfing.  Unter  star- 
ken abwechselnden  Winden  hielt  der  Schneefall  bis  zum 
23.  iim  10  Uhr  Morgens  an,  aber  erst  am  21.  stieg  das 
Thermometer  wieder  bis  auf  12".  (W^ieu  iilustr.  Thea- 
terceitung' vom  29.  Juli,  No.  180.) 

Steht  diese  Erscheinung  mit  der  oben  beschriebenen  in 
irgend  einem  Zusammenhange?  Jedenfalls  ist  ihre  Gleich- 
zeitigkeit nicht  ohne  Interesse. 

Ich  schliefse  die  Bemerkungen  über  das  Gewitter 
vom  22.  Juni  durch  die  interessante  Mittheilung,  welche 
ich  meinem  verehrten  Freunde,  Hm.  Prof.  A.  SehrOt-* 


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I 


541 

• 

ter,  yerdanke.  Sic  ist  zu  ausführlich,  uud  enthält  CQ 
viele  einzelne  wichtige  Daten,  als  dafs  ich  nicht  hätte 
wünschen  sollen  sie  im  Ganzen  wiederzugeben,  indem 
sie  eine  ▼oUkommene,  )a  noch  fkus^edehntere  BettttUgung 
dessen  entbiH,  was  iob»  etwa  eine  Meile  in  nerdöstli* 
eher  Richtung  entfernt,  za  sehen  Gelef^enheif  hatte. 

"Deinem  Wunsche  gemäfs  will  ich  Dir  die  Bemer- 
kungen mittbeilen,  welche  ich  während  des  denkwürdi- 
gen Gewitters  vom  22.  Juni  zu  machen  Gelegenheit  fand, 
loh  befand  mich  tnfilUig  in  einer  fOr  die  Beohaehtung 
ganz  gGusligen  Lage,  nftmlich  bei  Penaing,  Sfldweat  von 
Wien,  im  Freien  auf  einer  erhöhten  Stelle,,  so  dafs  ich 
den  ganzen  Horizont  übersehen  konnte.«» 

'  »Anfangs  hatten  sich  über  der  Gebirgskette,  die  sich 
vom  Kahlenberg  nach  Süden  ziehl,  dichte  Wolken  gela- 
gert, welche  die  Sonne,  noch  ehe  sie  ganz  uotergegun- 
gen  war,  verbargen,  und  tu  einer  jener  herrlichen  Abeod- 
beleuchtungen  Veranlassung  gaben,  die  wir  bei  uns  so 
oft  zu  bewundern  Gelegenheit  haben.  Es  waren  deut- 
lich zwei  dichtere  Wolkenmassen  zu  unterscheiden,  von 
welchen  die  eine  fiber  de«  GalUzinbeEg,  die  andere  Ober 
der  Brohl  stand.  Diese  zwei  Wolkenkeme  waren  offen- 
bar die  Sitze  zweier  abgesonderter  Gewitier,  die  sieh 
schon  vor  Sonnenuntergang  in  vollem  Ausbruche  befan- 
den, indem]  sie  abwechselnd,  aber  fast  ununterbrochen, 
von  Blitzen  erleuchtet  wnrden*  MU  zoDehmender  Dm- 
kelheit  gewann  das  Schaos|M  an  Grofsarligjkeit,  indem 
nach  und  nach,  bei  völlig  ruhiger  Loft,  der  ganze  Thefl 
des  Horizontes,  der  sich  zwischen  den  beiden  Heerden 
des  Gewitters  befand,  immerwährend  von  Blitzen  durch- 
zuckt ward.  Gegen  9  Uhr  war  ein  gegen  40^  am  Ho» 
nwnt  betragcMtes  BogenatOck  unmlerfaBOchen  erLeuchtet^ 
und  einzelne  BlitzstrahleD'.fiDgeiiiian  flu»  Richtung  gegen 
das  Zenith  zu  nehmen,  und  die  bisher  öfter  sich  wieder- 
holenden, von  allen  möglichen  Richtungen  kommenden 
Windstöüia  hörten  gänzikh  auf,  indem  eine  vollständige 


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542 

Windslille  eintrat.  Mittlerweile  hatte  sich  der  ganze 
Himmel  mit  dichten  Wolken  bedeckt,  es  war  Nacht  ge- 
worden, die  immer  häußger  werdenden  Blitze  erreichlea 
das  Zenitby  und  es  erhob  skh  ein  Sturm,  der  heltig  ge- 
nug war,  um  Baume  auszureifeen  und  anderweitigen  Scha- 
den anzurichten.« 

»Der  in  der  nahen  und  nächsten  Umgebung  Wiens 
.  in  so  reichlicher  Menge  vorhandene  Staub,  wurde  der- 
malen aufgeregt,  dafe  die  ganze  Atmosphäre  davon  er- 
Inllt  war.  Der  Sturm  hatte  übrigens  aucb  jetzt  noch  keine 
bestimmte  Richtung,  und  bestand  mehr  aus  einzelnen 
Windstöfsen,  die  sich  sehr  schnell  folgten,  und  bald  aus 
dieser,  bald  aus  jener  Welt^egend  kamen;  später  Jedoch 
waltete  die  Richtung  von  West  nach  Ost  vor,  und  nach 
dem  Gewitter  war  sie  die  ansschliefiiliche.  Die  mächtig- 
sten Blitzstrahlen  folgten  'sieh  mittlerweile  so  rasch  und 
in  jeder  Richtung,  dafs  dadurdi  die  finstere  Nacht  nnt 
einem  bläulichen  Lichte  auf  eine  höchst  eigenlhümlicbe 
Art  erhellt  wurde.  Die  hoch  in  die  Luft  erhobenen . 
Staubmassen  gaben  dem  Himmel  ein  fahles  Aussehen,  und 
lieisen  die  Atmosphäre  schwer  und  undurchsichtig  er- 
scheinen, die  Beleuchtung  durch  die' Blitze  war  aber  oft 
so  stark  und  dauernd,  dafs  man  die  kleinste  Schrift  deut- 
lich erkennen  konnte.  Gegen  IO4  Uhr  hatte  das  selt- 
same Gewitter  in  allen  seioen  Erscheinungen  die  höchste 
Intensität  erreicht,  und  war  non  wirklich  grofsartig  g^ 
worden.  Ich  sah  zu  gleiahfr  Zeit  fBnf  bis  sechs  Blits- 
strählen  am  Himmel,  von  welchen  einige  vom  Zenith  bis 
zum  Horizonte  reichten,  andere  sich  in  zwei  oder  drei 
Strahlen  spalteten,  und  noch  andere  aus  dem  Zenith 
senkrecht  herabzuscbiefseii  schienen,  dazwischen  fand  aber 
Hn  vielen  Stellen  noch  immer*  starkes  Wetterleuchten 
statt,  indem  einzelne  Wolkenpurthien  fast  ohne  Unter- 
brechung von  rothem  Lichte  durchzuckt  wurden.  Was 
aber  das  ganze  Schauspiel  zu  dem  grofsartigsten  und  er- 
hebendsten machte,  das  ich  jemals  sah,  war,  dafis  alle 


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ft48 

diese  unzähligen  Entladung^  die  in  einem  so  ungeheu- 
ren Räume  vor  sich  gingen,  von  gar  keinem  Donner  be* 
Reitet  waren,  denn  *nnr  drei  Mal  konnte  ich  ein  sehr 
schwaches  und  wenige  Secunden  dauerndes,  sehr  fernes 
Rollen  des  Donners  wahrnehmen,  so  dafs,  aufser  dem 
Heulen  des  Sturmes  und  dem  Krachen  der  Bäume,  kein 
anderes  Geräusch  sich  hören  iiefs.  Obwohl  nun  das  wirk- 
Ueh  vorhandene  Getdse  so  stark  war,  dais  es  leicht  man- 
chen schwächeren  Donner  fibertSubt  haben  mag,  so  schien 
es  doch  für  den  Beobachter  nicht  vorbanden  zu  seyn, 
indem  hier  eine  merkwürdige  Täuschung  stattfand.  Je- 
dennann  erwartete  nämlich  unwillkührlich,  nach  den  so 
Oberaus  heftigen  elektrisefaen  Entladungen,  einen  so  be- 
ttabeaden  Donotr,  dids  dagegen  das  wirklich  Torhan-- 
dene  Oetöse  hätte  verschwinden  müssen;  da  nun  dieser 
ausblieb,  so  war  der  unerwartete  Contrast  so  stark,  dafs 
)ede&  anderweitige  Geräusch  für  den  Beobachter  gleich- 
sam nicht  vorbanden  war.    Die  Grofsartiglteit  der  Er- 
scheinung und  das  Fremdartige  derselben  gewannen  aber 
eben  durch  diesen  Contrast  ungemein,  da  es  den  An- 
schein hatte,  als  ob  alle  diese  mächtigen  elektrischen  Ent- 
ladungen bei  gänzlicher  Stille  stattfänden.« 
. '     >»  Indem  ich  Dich  bitte  dieae  Zeilen  nur  als  ein  fllldb* 
tiges  Bild  des  Eindrucks  su  betrachten»  welchen,  das  so 
Überaus  merkwünd^e  dnnnerlose  Gewitter  von.  22*  Juni 
anf  mich  machte,  kann  ich  mich  nur  mit  Dir  in  dem  leb- 
haften Wunsche  vereinigen,  dafs  recht  bald  andere  gründ- 
lichere Beobachtungen  über  dasselbe  zur  Keuntnifs  des 
Publicums  kommen  möchten,  .um  Über  den  Gang  diesM 
meteorologischen  Phänomens  etwas  Näheres  su  erfiahrea. « 
.i  i.iirn'c'i.:  .-ui-iif^.  -r  ■    A«  Schvötter; 


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544 

V.     Ueber  die  Blitzschläge,  welche  am  10.  Juli 
1843  den  Straßburger  Münster  trafen; 
9on  Hm.  A.  Fargeaud, 

ProfeMor  der  Pbjuk  ao  itr  FmMt  der  WSiteiaclu  tu  SttMtmtf, 

(  Compt.  read,,  T,  XFII,  p,  254. ) 


£^80011  wirFrinkiin's  £iitdeekiiiig  in  Ewropa  bekaonf, 
als  man  aocb  schon  in  StraiSdinrg  auf  den  Gedanken  kan^ 

den  Münster  mit  einem  Blitzableiter  zn  verseben ;  allein 
erst  i.  J.  1780  legte  der  Kriegscommissär  Barbier  de 
Tin  an  dem  Magistrat  der  Stadt  einen  förmlicheu  £nt- 
wnrf  daxa  TOr.  Sein  Proiect,  Ton  Franklin  selber  ge> 
prflft,  wurde  in.  allem  I>elail  Ton  der  Academie  der  Wis- 
sensohaften  gebilligt ;  indefs  kam  es  nicht  sor  AnsfOhrnng, 
weil  man,  wie  uns  der  gelehrte  Hermann  berichtet,  dis 
grofseu  Kosten  scheute. 

Sieben  und  vierzig  Jahre  später  richtete  der  Prof. 
Meunier  von  Neuem  die  Aufinerksamkeit  der  Behörde 
und  der  gebildeten  MSnner  Strafcborga  anf  den  Gegen- 
stand. In  seiner  Abhandlung  erinnerte  er  daran,  wie  Hr. 
Gay-Lussac,  als  er  den  Münster  bestiegen,  den  Wunsch 
ausgesprochen  habe,  dieses  Bauwerk  doch  endlich  durch 
einen  zweckmlfsig  eingerichteten  lieiter  gegen  die  An- 
griffe des  Blitzes  geschätzt  zu  sehen.  Eine  anbegreifli- 
ehe  Opposition  verhinderte  die  Errichtung  eines  Blitzab- 
leiters auf  dem  Saal  des  Schauspielhauses:  die  Aufforde- 
rung von  Meunier  hatte  keinen  Erfolg. 

Das  war  der  Stand  der  Sache,  als  am  14.  Aug.  1833 
gegen  4  Uhr  Abends  eins  der  heftigsten  Gewitter  sich 
über  der  Stadt  entlud.  In  einer  Viertektunde  wurde  der 
Thurm  drei  Mal  vom  Blitz  getroffen;  der  dritte  Schlag 
erleuchtete  ihn  auf  einige  Augenblicke  seiner  ganzen  Höhe 
nach.   Biei|  Kupfer,  Eisen,  Mörtel»  selbst  Sandstein  war 

an 


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Ö4S 

an  mehren  Stellen  verbrannt  oder  geschmolzen;  an  einige 
Glocken  waren  die  Hämmer  fest  gelötbet,  8o  dafs  man 
▼iele  Mühe  hatte  sie  wieder  abzulösen.     Die  Ausbesse- 
mogeD,  welche  diese  eotselzliche  Expiosiou  nölhig  machte, 
kostete  mehre  tausend  Francs.   Grolse  ünglttcksfillle  h&t- 
ten  durch  die  Steinstücke  Teranlafet  werden  können,  die 
bis  in  die  benachbarten  Strafsen  geschleudert  wurdeii. 
Solche  Zerstörungen  und  sehr  natürliche  Be(ürchtun|^eii 
wairen  mehr  als  hinrekheud  die  Sorge  der  Behörde  am 
wecken.    Der  Maire  Friedrich  tod  Tfirkheim  ho- 
rief  eine  Commission,  um  folgende  Hauptfragen  za  be- 
antworten: 

1)  Ist  es  zweckmnfsig  auf  dem  JV^sterthurm  einen 
Blitzableiter  zu  errichten? 

2)  "Welche  besondere  Einrichtong  rnnfe  maa  bei  sm- 
ner  AofsteUnng  treflea? 

3)  Wie  grofs  werden  die  Kosten  sejm? 

Diese,  zwei  Monate  nach  der  Begebenheit  zusammen- 
getretene Commission  bestand  aus  den  IUI.  Lacombe- 
Husson,  Voltz,  Meanier,  Herrenschneider,  Far- 
geaud,  nnd  den  Baumeistem  Spiadler  uod  Fries. 
Es  wurde  durch  ihnen  vorgelegte  Dooomente  nachgewie- 
sen, dafs  seit  dreifsig  Jahren  die  Ausgabe  zur  Wieder- 
herstellung der  vom  Blitze  angerichteten  Schäden  im 
Durchschnitt  jährlich  tausend  Francs  betragen  hatte.  In 
ffüheren  Jahihonderten  war  ein  Theii  des  Bauwerks  so- 
gar in  seiner  Enstenz  bedroht  worden.  Am  29.  Juli 
1759  z,  B.  Tefbrannte  ein  BlifsseUag  den  ganzen  Daeh- 
stuhl  der  Kirche;  im  October  desselben  Jahres  schlug 
der  Blitz  während  eines  Gewitters  drei  Mai  oben  in  den 
-  Thurm  ein,  und  riÜB  einen  der  Pfeiler  der  Laterne  fast 
f^slich  fort  eta  •     .  « 

Ich  worde  von  meinen  Kollegen  beanllragt  .das  £r- 
gebnifs  unserer  Verhandlungen  abzufassen ;  mein  Bericht 
ging  am  11.  Dec.  1833  an  den  Hrn.  Maire;  die  Behörde 
.  liefs  ihn  drucken;  aber  sie  gab  den  darin  gemachten  Vor- 

P«tS«ndorrt  Amial.  Bd.  LXYI.  35 


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546 


•cktogeo  kein  GehOr.  Waliwdieiriich  wirde  die  Auf  ele- 

genheit  noch  etnmal  liegen  geblieben  sejn,  wenn  nicht  im 
folgenden  Jahre  eine  noch  schrecklichere  Explosion,  als 
die  eben  aogeffihrte,  sehr  xur  rechten  Zeit  gekommen 
wire,  mn  nns  cor  Ordnung  lo  mfen.  Einer  der  vkt 
'Thfirmchen  war  gleidksaBi  in  der  Blitfn  darehMbDitten 
worden;  nngebenre  Steine  waren  vemhi^ben  und  zaU- 
reiche  ßruchstücke  in  beträchtliche  Entfernungen  ge- 
schleudert. Offenbar  muCste  man  an'«  Werk  gehen,  und 
man  ging  endlich  daran. 

Unsere  Kollegen,  denen  noch  Hr.  Diebold  hlmn- 
getreten  war,  fibertrogen  dem  Hm.  Banmeitter  Fries 
and  mir  alle  Einzelnheiten  der  Operation.  Einige  Ab- 
änderungen an  dem  ursprönglichen  Plan  wurden  ohoe 
weiteres  genehmigt,  und  der  Apparat  war  im  Sommer 
1835  zu  seinem  Dienste  bereit.  Hier  eine  abgekürzte 
Beschreibnng  desaelben. 

Der  Monster  in  seiner  Gesammlbeit  wird  geschlitzt 
durch  drei  senkrechte  Stangen,  errichtet  auf  der  Spitze 
des  Thurms,  auf  dem  Wächterlinuse  an  einem  Ende 
der  PlateCorme,  und  endlich  auf  dem  Chor,  neben  dem 
Telegraphen.  Die  Leite,  welche  Ton  der  Base  dieses 
Apparats  aosgeben,  gemeinacfaaften  mit  dem  Boden  dorch 
drei  Bmnnen  von  etwa  10  Meter  Tiefe. 

Der  eine  dieser  Brunuen  beiludet  sich  am  Fufs  des 
KircheDscbiffs  und  des  Thurms,  nach  Seite  des  Scblofs- 
platzes,  am  Ende  der  Gasse,  welche  die  Mauern  des 
Münsters  von  den  Baden  trennt,  die  dessen  Basis  ver- 
decken.  Die  nächste  Bode  an  diesem  ersten  Bnumen 
ist  die  des  Klempners  Rhein. 

Der  zweite  Brunnen  liegt  symmetrisch,  an  der  ent- 
gegengesetzten Seite,  nach  dem  Domplatz  hin;  der  dritte 
ist  hinter  dem  Chor,  auch  nach  Seite  des  Domplatzes 
und  dicht  bei  derSacristei,  folglioh  von  deabeidea  an- 
dern fast  um  die  ganze  LSnge  des  GehKudes  getrennt. 

drei  Brunnen  sind  vom  öffentlichen  Wege  abgesou- 


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547 

dert;  sie  gehen  tiefer  hinab  als  die  Fundamente  des  Thurnts» 
und  halten  jeder,  selbst  in  der  qogüDStig^ten  Jabr^zei^ 
tiogeftthr  1  Meter  Wasser. 

Der  AUeit^r,  welcher  den  Telegrapbea  scbQtzt,  ibe- 
Btdil  aas  eioeai  Messing?^,  welches  nach  yerschiedea* 
artigen  Krümmungen  die  Mfindiing  des  Brunnens  an  der 
Sacristei  erreicht;  dann  wird  diefs  Seil  fortgesetzt  durch 
eine  dicke  Kupferstange,  die  in  einem  Gänsefufse  aia 
Crrunde  des  Waase»  endigt 

Die  Legelförmige  Stange,  die  Ober  den  Kmpf  tjes 
llCInsterthorms  binaasragt  und  den  hanptsSchlicfastei»  Blitz- 
ableiter bildet,  hat  höchstens  eine  Länge  von  1,5  Meter. 
Es  schien  mir  nicht  nöthig  diese  Stange  länger  zu  nehmen, 
blofs  um,  wie  es  einige  Liebhaber  lebhaft  wünschten, 
die  Hohe  der  .gröfsten  Pyramide  Aegyptens  vx  erreichen 
.oder  selbst  au  fibertreCfeo.  Das  Wesentliche  war,  sie 
aaf  dem  engen  Raum,  fiber  welchen  sie  sich  erheben 
sollte,  dauerhaft  zu  befestigen;  sie  ist  unten  5  bis  6  Cen- 
timeter  dick.  Von  da  gehen  vier  Leiter  ab,  bestehend 
ans  rechteckigen  Eisenstangen  yon  55  Millimeter  Breite 
und  15  Dicke.  IHese  Leiter  gehen  dorch  die  vier  Anne 
des  Kieuies,  biegen  sich»  so  weit  es  nOthig  ist,  am  dear 
Umrifs  der  Krone  der  Laterne  zu  folgen,  und  gelangen 
zu  den  acht  Wendeltreppen;  sie  gehen  alsdann  in  den,  den 
vier  Thürmchen  entsprechenden  Zwischenräumen  herab 
and  sind  im  oberen  Niveau  dieser  durch' einen  Ring,  . der 
um  das  ganze  Geb&ude  geht,  wohl  mit  einander  tcht- 
banden. 

Von  dieser  metallenen  Einfassung  hielt  man  es  für 
genügend  zwei  Leiter  herabgefaen  zu  lassen  längs  der 
Tbürmcheu  au  der  Ost«  und  Nordecke,  d.  h.  rechts  und 
Jioks  von  dem  uogehenreo  Knpferdach  des  Sohifis,  ge- 
gen welches  sich  immer  die  Blitze  richteten.  Der  c^ie 
dieser  Leiter,  der  am  Nordthfirmchen ,  geht  fest  direct 
von  dem  Gipfel  der  Pyramide  bis  zum  Brunnen  am  Dom- 

36* 


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548 

plalz,  wo  er  in  einer  Kapfentan^  endigt,  die  att  Dieke 

uod  Breite  den  Eisenstäben  gleich  ist. 

Der  zweite  Leiter  geht  am  Ostthürmchen  herab,  er- 
reicht eine  Ecke  der  First  des  Schiffs,  und  biegt  sich, 
um  in  den  Bronnen  am  Scblofeplats,  Mnter  der  Bnde 
des  Klempners,  zn  gehmgen.  Ans  fibergroto'  Vorsicht 
glaubten  wir  das  Wäcbterhaas  auf  der  Plateforme  aacb 
noch  mit  einem  besonderen  Abieiter  versehen  zu  müssen, 
der  sich  an  der  Mündung  desselben  Brunnens  mit  dem 
am  Osttbttrmclien  herabgebenden  Leiter  vei^nigt 

Die  Leiter  am  Tbnrme  und  am  Telegraphen  sind 
diirfih  eine  lange  Eisenstange  verbunden,  welehe  ling^ 
der  First  des  ganzen  Kirchendachs  hinläuft.  Ueberdiefil 
sind  alle  anderen  grofsen  Mctallflächcn  mit  dem  allge- 
meinen System  dieser  Leiter  in  Yerbindnog  gesetzt.  Die 
Kosten  der  Errichtung  'stiegen  auf  etwa  15000  Francs, 
angerechnet,  wie  kh  glaube,  die  drei  Brunnen, -die  von 
den  beim  Gebinde  angestellten  Handwerkern  angefertigt 
wurden. 

Sieben  Jahre  verflossen,  ohne  dafs  ein  eigentlicher 
Bllttschlag  das  Gebäude  oder  die  Leiter  getroffen  bitte. 
Es  schien  fast  wie  wenn  über  StraCibarg  die  Gewitter 
weniger  bSnfig  und  weniger  intensiv  geworden  wiren. 
Allein  am  Montage,  den  10.  Juli  1843,  um  1^^  Uhr  nach 
Mittag  entlud  sich  ein  heftiges  Gewitter  über  der  Stadt, 
und  der  Blitz  fuhr  zwei  Mal  auf  die  Kathedrale  oder  viel- 
mehr deren  Abieiter. 

Einige  Personen  behaupten  eine  Feuerkugel  gese- 
hen zn  haben,  welche  die  oberen  Thelle  des  Abieiters 
einhüllte  und  rasch  an  dessen  Oberfläche  herabglitt.  Al- 
lein der  Telegraphist,  der  in  diesem  Augenblick  besser 
als  jeder  Andere  placirt  war,  versicherte  uns,  er  hfttte  nur 
'dnen  leuchtenden  Strich  unterscheiden  können,  der  von 
der  Spitsee  des  Thurms  bis  zur  Piateforme  dem  Abieiter 
folgte,  wo  dieser  Abieiter  für  ihn  unsichtbar  ward. 

In  demselben  Augenblick  begaben  sich  eigeotbümli- 


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t 

649 

•  che  Erscheinungen  in  der  Werkstatt  des  Klempners  Rhein. 
In  dieser  Werkstatt,  deren  Lage  ich  zuvor  angegeben,  wa- 
ren sieben  bis  acht  Personen  anwesend;  Gefäfse  von  WeiCi- 
blech  odfir  Zink  hingeo  in  ziemlich  grober  Anzahl  m  den 
Winden;  lange  Eisenataiigen  standen  in  der,  einem  der 
Afoleiter  nScbsten  Ecke  gegen  die  Mauer  gelehnt.  Im 
Augenblick  der  Explosion  glaubte  man  zu  sehen,  dafs 
der  Blitz  zu  der  nach  dem  Platze  führenden  Tbür  ciii- 
>  drang,  zwischen  den  Beinen  der  anwesenden  Personen 
durchfuhr,  ohne  eine  derselben  zu  veiietzen,  nnd  in  gro» 
(ser  Flamme  gegen  die  Eisenstangen  sich  entlod,  somit 
direct  seine  Rtcbtong  nach  einem  d«r  Bronnen  nehmend. 
Diese  Entladung  war  von  einem  Geräusch  begleitet,  ähn- 
lich dem,  welches  man  durch  Schlagen  mit  einem  groisen 
Hammer  auf  die  Stangen  hervorbringen  konnte.  Eine 
Minate  nach  dieser  ersten  Explosion  kam  ein  zweiter 
Btiiaschlag;  die  elektrische  Materie  drang  wieder  in  die 
Werkstatt  ein ,  ohne  dafs  man  diefsmal  wufste  yon  wo- 
her  sie  gekommen  war. 

Einige  Arbeiter  am  Münster  befanden  sich  im  sel- 
ben Moment  dicht  bei  dem  Schuppen,  der  die  Mündung 
des  Bronnens  bedeckt  Der  eine  von  ihnen,  ein  bejahrr 
fer  Mann»  der  gleichsam  an  diese  Art  von  Beobacbton- 
gen  gewöhnt  war,  bemerkte  sehr  wohl  unmittelbar  auf 
dem  Pflaster  des  kleinen  Hofes,  hinter  der  Rhein'schen 
Werkstatt,  ähnliche  Lichtstrichc,  wie  er  sich  erinnerte, 
mciuinals  an  dem  Mauerwerk  des  Thurms  herabfahrend 
gesehen  zu  haben.  Obgleich  er  sehr  nahe  war,  Tersptirte 
er  keine  ErschQtterung,  keinen  eigenthtlmüchen  Geruch, 
er  konnte  weder  die  Richtung  noch  die  Form  der  Stri- 
che unterscheiden. 

Diefs  ist  die  Erscheinung,  welche  in  der  Machbar- 
sohalt  des  Mfinsters  lebhaftes  Aufsehen  erregle. 

Was  kann  die  Ursache  dieser,  ohne  Zweifei  par- 
tiellen, aber  dennoch  gewisscrmafsen  uogesetzlicheu  Ab- 
lenkung seynf 


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550 


hm  Abtod  nacb  iem  Gewitter  onl  hmmittM  mm' 

andern  Morgen  stiege»  die  Arbeiter  ie  luuerer  Gegen- 
wart in  alle  Brunnen  binab.  Der  Baomeister  Hr.  Klotz, 
und  Hr.  W  a  g  n  e  r ,  ein  geschickter  Schlosser,  der  den  Blitz- 
ableiter verfertigt  bat,  untemicbteo  aUe  Leitatangen,  von 
der  Bans  an  bis  vor  Spitze  des  Tbmn,  bia  Ober  den 
Knopf.  leb  babe  nieht  geglaabt,  diese  Herreo  bis  n 
den  Gränzen  ihrer  luftigen  Wanderang  begleiten  zu  müs- 
sen; allein  ich  bin  so  weit  hinaufgestiegen,  um  mit  ihnen 
fiberzeugt  za  sejo,  dafs  alle  Leiter  ao  den  Verbindung 
steHeo  ebeo  so  PDverletzt  wie  sonst  Uberall  ^abbebai 
sind.  Es  war  oomögUcb  auf  deren  ffuneo  EfatDecfcnig 
irgend  dne  Spur  Tora  Wege  des  BIfIzes  sn  entiecicen. 
Andererseits  war  auch  das  Gebäude  nicht  getrofleu;  kein 
Steinchen  oder  Mörtelstfick  war  abgerissen. 

I>ennoch  hatte  die  elektrische  Materie  offenbar  die 
Spitxe  4bs  Apparats  getroffen,  and  rwar  in  sebr  grofeer 
Quantitit;  detm  der  Platinkegel,  der  acbt  CeDtiaicter  lang 
und  unten  etwa  l  Centimeter  dick  ist,  war  gegen  die 
Spitze  hin  auf  eine  Länge  von  wenigstens  5  bis  6  Cen- 
timetern  geschmolzen.  Das  Metali  war  an  der  eiDeo  Seite 
eiDgesonken,  und  wie  Wachs,  das  am  Feuer  crwekht 
wordeoi  berabgeflossen.  Der  sonnt  abgerandeto  Tbefl 
hatte '  am  ersten  Tage  das  Ansehen  eines  kimen  eon- 
Texen,  sehr  glänzenden  Metallspiegels.  Man  hat  diese 
Spitze  mit  einem  Stück  der  sie  tragenden  Kupferstauge 
abgenommen,  und  will  sie  im  Münster -Archive  aufbe- 
wahren. 

Mein  Kollege,  Hr.  Finck,  Professor  derMatbema- 
tik,  richtete,  nach  der  ersten  E^losion,  seine  Blicke 
ebenfalls  auf  die  Spitze  des  Thurms.  Er  sah  den  zwei- 
ten Blitz  horizontal  aus  NO.  kommen  und  sich  sehr  un- 
merklich krümmen,  um  die  Spitze  des  Abieiters  zn  er^ 
reiehen.  Die  Zickzacke  dieser  Lichtlinien  waren  unbe- 
deutend, und  ihre  Länge  schien  ihm  etwa  IM)  Meter  «n 
betragen.    Der  Münster  war  ganz  wolkenfrei ;  weder  auf 


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331 


den  Leitern,  noch  auf  dem  Körper  der  Spitze,  die  das 
Fluidum  so  offeDharerweise  aufnahm,  war  irgend  ein  Licht 
zu  beiiierkeu. 

.  JUas  elektrische  Fluidum  bat  also  den.  Blitzableiter 
an  der  Spitze  getroffen,  sicher  bei  der  zweiten  Expin- 
ami,  sehr  - wahrscheinlich  bei  der  ersten,  welche  diestKr^ 
kere  war.  Von  da  standen  ihm  zwei  Wege  zmn  Boden 
offeo;  der  erste  führte  fast  in  gerader  Linie  in  den  er- 
sten Brunnen  am  Domplatz,  mit  oder  ohne  Lichterschei* 
Illingen;  der  andere,  längere  aber  auch  ununterbrochene^ 
wOrde  ihn  auf  der  gegenüberliegenden  Seite  in  den  Brun-  - 
HOB  am  Schlofsplatz  gefiihrt  haben.  Und  an  dieser  Seite 
«lien  war  es,  wo  eine  grofse  Anzahl  yon  Personen  be* 
hauptete,  an  den  Leitern  Lichtfurchen  gesehen  zu  haben. 
Dort  fand  auch  die  beschriebene  auiserordentlicbe  Ab- 
lenkung statt. 

Ein  eigenthümlichnr  Umstand  scheint  uns  auf  einmal 
die  Wahl  des  Leiters  (wenn  nicht  iodels  eine  Theilung 
stattgefunden  hat)  und  besonders  die  Ablenkung  zn  er* 
klären.  Hinter  der  Werkstatt  des  Klempners,  dicht  ne- 
ben den  beiden  Abieitern,  die  sich  an  der  Mündung  des 
Brunnens  vereinigen,  hatte  man  eine  groüse  Masse  Blei 
und  Eisen  angehttuft,  etwa  2000  Kilop*mm»  herstam* 
mend  von  den.  kleinen  DSchem  des  Kirchensdiiffs,  die 
man  dazumal  mit  Kupfer  belegte.  Diese  MetallstGcke 
waren  wie  ein  Holzstofs  aufeinandergelegt,  und  boten  ein 
scheinbares  Volum  von  ungefähr  zwei  Kubikmetern  dar. 

Sehr  wahrscheioUcb  halten  einige  der  Bleiplatten  den 
Abieiter  berUhrt,  abec  es  war  uns  unmöglich  die£s  nacb- 
anweisen;  bei  unserer  Ankunft  hatten  die  Arbeitsleute 
schon  einen  guten  Theil  fortgetragen,  um  die  Mündung 
des  Brunnens  aufzuräumen.  Angenommen,  es  habe  Be- 
rührung stattgefunden,  so  sieht  man,  dafs  diese  grofse 
Metallfläche  einen  Theil  des  Stroms  aus  seiner  Haupt- 
richtung abzulenken  und  auf  die  nächsten  ttulseren  Lei- 
ter'zu  ergieCsen  vermochte.    Die  Massen  Blech,  Zink 


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'  552 

oder  Eisen,  welche  in  der  Werksteft  und  aoC  dem  klei- 
nen Boden  daHiber  hemmlageD,  habe»  ddier  diese  Ab- 
lenkung begünstigt. 

Wenn  die  Berührung  nicht  statthatte,  mufs  man  vor- 
anssetzen,  dafs  eiDen  Augenblick  vor  der  E^cpiosion  alle 
{inten  Leiter,  die  sieb  in  der  Nachbafsoiiaft  des  Btitzab- 
Idters,  aber  'Unfeer  Gemeinschaft  mit  üm  beftinden,  dordi 
VertheiluDg  elektrisirt  waren.  Als  die  Explosion  geschah, 
niufste  ein  wahrer  Rückschlag  entsehen,  da  die  Localität 
gewissermafsen  so  gut  wie  möglich  für  ein  solches  Phä- 
nomen vorbereitet  war.  Wenn  man  übrigens  anch  einige 
Wichtigkeit  aol  die  Richtung  des  FInidoras  legt,  mds 
man  sich  doch  wenig  darum  kttanmem,  in  welchem  Sinne 
einige  Personen  es  glaubten  wandern  gesehen  zu  haben; 
mau  weifs  wie  leicht  man  sich  darin  irren  kann. 

Wenn  ich  glaubte  einiger  elektrischer  Funken  we- 
gen in  ein  so  grofses  Detail  eintreten  va  müssen,  so  ge- 
scliah  es  zonBchst,  weil  mir  scheint,  dali  wir  noch  viel 
Uber  den  Blitz  zu  lernen  haben,  und  dann  auch  weB 
der  Blitzableiter  sich  mit  Erfolg  bewährte,  und  die  ein- 
zigen noch  lebenden  Mitglieder  der  Commission,  Herr 
Fries  und  ich,  sich  in  der  Anwendung  der  verschiedenen 
Theile  des  Schutzapparates  nichts  vorsuwerfen  haben. 

SdiÜefslich  füge  ich  hinzu,  dafs  «ich  am  andern  Tage 
fast  zur  selben  Stunde  ein  neues  Gewitter  über  Strafs- 
bürg  entlud.  Der  Blitz  schlug  in  die  Ecote  de  pharma- 
cie  ein;  er  traf  zunächst  eine  oben  durch  den  Schorn- 
atein  gehende  Eisenstange,  glitt  am  Dache  herab,  um,  al- 
lem Anscheine  nach,  eine  der  Dachrinnen  zu  erreidien, 
mittelst  welcher  er  sich  in  den  Boden  rerlor.  Dieser 
Blitzschlag  ist  nur  in  sofern  merkwürdig,  als  er  es  vor- 
zog das  besagte  Gebäude  zu  treffen,  und  nicht  die  der 
Universität,  die  sehr  nahe  stehen,  sich  mehr  erbeben  und 
sogar  mit  einem  ganz  kleinen  Abieiter  versehen  sind. 

\ 

r 
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668 


VL   DU  Gletsclier  des  Kasbek; 
pom  Dr.  Kholenaii. 

(Kntnommen  aus  des  Hm.  Verf.  Abhandlung :  Die  Ersteigung  des  Kas- 
bek im  Jahre  1844,  den  ig  August,  ira  ßtillet.  de  la  classe.  physico- 
math,  de  Cacad,  de  St.  Peier*b.^  T.        No.  12,  13  und  14)  ')• 


Fast  allgemein  war  die  Meumngy  dafs  der  Kaukasus 
keine  Gletscher  in  seinen  Scbluchten  nShre.   Allein,  ver- 

1)  0r.  Dr.  Kholenati  fimd  durch  baromeirtsdie  MeMragen  dto  OtpHil 
Kasbek  2077  Toisca  fibcr  Tiait  ond  2308  Toiscn  über  dem  Mcei«. 
Er  beiDcrkt  in  dieser  Beziehung  Folgendes:  „Obgleich  ich  den  Kas- 
bek um  262  Toisen  niedriger  schaue,  «Is  den  durch  Hm.  Kapffer 
auf  2570  Toisen  bestimmten  Elbnu,  so  erscheint  ersterer  Berg  so- 
wohl von  der  Nordseite,  besonders  aus  der  grofsen  und  kleinen  Ka> 
bardey  bei  Kotlaerewskoie ,  wo  man  ihn  xugldch  mit  dem  Elbrus 
von  dem  günstigsten  Standpunkte  aus  vergleichen  kann,  als  auch  von 
der  Ostseite  dem  Retsenden  höher  als  der  letztere.  Diese  tausclicndc 
optische  Erscheinung  war  es,  welche  die  Veranlassung  gab,  dnfs  sich 
bisher  alle  Beisenden  ungern  dazu  entschlossen,  den  Kasbek  niedriger 
als  den  Elbrus  anzuschlagen;  daher  subtrahirte  Parrot  von  der  Höhe 
des  Elbrus  für  die  des  Kasbek  nur  170,  und  Meyer,  nachdem  er  un- 
mittelbar nus  der  Nähe  des  Elbrus  angekommen  war,  nur  125  Toisen. 

Abgesehen  davon,  dafs  dem  Nivellement  Parrot's  ein  von  Kupf- 
fer  und  Dubois  nachgewiesener  Irrtlium  in  dem  Verhältnisse  des 
Niveaus  des  Scliwarzen  zum  Kaspischen  Meere  zu  Grunde  liegt,  und 
Meyer  nur  mit  einem  Karoraelcr  allein  beobachtete;  vorausgesetzt  fer- 
ner, dafs  bis  jetzt  das  richtige  Verhaltnifs  zwischen  dem  Ocean,  dem 
Scliwarzen  und  Kaspischen  Meere  bestimmt  ist  oder  sich  nicht  geän- 
dert hat,  so  kann  ich  noch  einen  sehr  triftigen  Grund  des  differen- 
ten  Abschätzens  angeben. 

Der  Elbrus  erhebt  sich,  nach  Kupffer's  Messungen,  erst  aus 
einer  absoluten  HiMke  von  1277  Toisen  und  mit  einer  breiteren  Ba- 
sis allmälig;  «rihrend  der  Kasbek,  nach  meiner  Berechnung,  schon 
US  maust  Meereslidhe  von  909  TmseD  sich  sogleich  steil  ond  mit  «>• 
ner  achmaleren  Basis  anftngt  über  den  Ksnkaiisdien  Homont  au  er- 
heben. Suklt  msn  nun  beide  Berge  zugleich  und  benrtbeilt  ihre  Hohe 
nach  diesem'  Homoate  und  ihrer  Steilbett,  so  wird  man  sSds  nidit 
verwundern,  wenn  schon  die  Japhetidaa.  and  onler  ihnen  Prome- 


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564 

gleicht  man  die  absoluten  Höhen  desseibeii  mit  deoeo 
der  Alpeo»  hat  man  ferner  kn  Hochammer  die  mit  ewi- 
gem Schnee  bedeckten  Punkte  gesehen,  so  kann  man 
nicht  begreifen,  wie  der  Schnee  auf  diesen  Höhen  so- 
gleich in  den  flüssigen  Zustand  übergehen  könnte,  ohne 
durch  Infiltration  und  Auflockerung  den  Firn,  und  durch 
Wachsthum  der  Firnkörner  Gletscher  zu  bilden.  Die 
Veranlassung  zum  Auffinden  und  der  Untersuchung  die- 
ser so  wichtigen  Eismassen  gab  mir  der  hohe  Standpunkt 
an  den  östlich  vom  Kasbek  liegenden  Gebirgskämmen 
Kuro,  von  wo  ich  am  4.  und  5.  Seplember  1843  bei  der 
von  mir  veranstalteten  Jagd  auf  den  Kaukasischen  Tur 
die  so  gefürchtete  Gletscberlawine  übersah,  wodurch  mein 
Streben,  diesen  Eiskolofs  auch  in  der  möglichsten  Nihe 
'zu  betrachten,  augefacht  wurde.  Diese  Gletscherlawine 
ist  es,  mit  der  ich  die  Beschreibung  der  von  mir  aufge- 
fundenen acht  Gletscher  des  Kasbek  beginne.  Ich  fühle 
mich  veranlafst,  die  Gletscher  des  Kasbek  und  eben  so 
auch  die  noch  zu  untersuchenden  des  g^en  Kaukasus 

theus,  sich  elier  dem  Kasbek  als  dem  Elbrus  zuwandten,  um  das 
Himmebreuer  lu  rauben,  und  gewifs  ist  der  Kasbek  der  Kauk-Ase, 
/  der  Berg  der  Assen  des  Herodot,  an  dem  er  den  verwegenen  Feuer- 
riuber,  zar  Strafe  feslgesclimiedet,  von  einem  Urahnen  der  hi<!r  nocii 
immer  kreisendea  Geier  versehren  läfst.  Daher  ^wanderten  dieser  op- 
tuebeo  Timchang  alle  TrOmmer  nm  Ydlkettchaften  ra,  welche  der  too 
NoriMi  «od  Sfiden  fiber  die  Ebene  loabrecliend«  Storai  verjagte  oad 
■nr  Aafiaclraof  emce  swang.  Den  Se^tbo-Skolottcn  oder  Ke- 
timn  dei  Herodot,  den  GhMaren  der  georgiicbeo  Chronik,  leigle 
schon  der  Kasbek,  ak  ne  anf  die  Thargamosaer  eindrangen,  an,  dals 
hier  ein  Engpafs  aej»  und  von  dicaer  Zeit  her  haben  die  Nacbkom- 
men  des  Skolotitsdiett  KöDlgssofancs  Uoboa,  nnd  der  Im«  biehcr  ab 
Ge&ngene  geschippten  Medor  nnd  Semiten,  die  Owsni,  Bewohner 
von  Otseth,  die  bentigen  Osseleoy  den  KEittdpnnkt  de»  Kaokawis  inne. 
Die  KAnige  von  Penien,  Alexander  von  BSaeedonifn,  die  RSmer, 
die  Griedwn,  die  Arsaddcn-  und  Sassaniden  fiUilten  sich  mehr  vom 
Kasbek  nnd  dessen  Eagpasis,  der  Poria  amautea,  Porta  Darieia^ 
der  Tagam'ecben  Sckloebt  aogeiogen;  auch  der  ilteaten  Gelehrten  For- 
acfaen  dreliie  eich  eben  «o  wie  jelit  das  dcr  oenecen  om  den  Kashdc, 
ab  einen  Tbnvm  Babylons. 


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5&5 

in  periodische  und  permanente  einzutheiien ;  denn  da  der 
Kaukasus  ein  Kettengebirge  ist,  und  in  Kettengebirgen 
die  niedrige  Temperatar,  wie  auch  die  Anhäuftiog  der 
Sohneemassen  weniger  conatanten  Geaetsen  unterworfen 
ist,  nebst  dem  auch  die  beiderseitigett  Meere,  daa  Schwane 
und  das  Kaspische,  viel  zur  VerSnderiichkeit  beitragen, 
so  kann  es  Jahrgänge  geben,  wo  in  manchen  Schluchten 
Gletscher  erscheinen  und  Jahrgänge,  wo  sie  wieder  ver- 
achwinden. 

Ich  rechne  anter  die  permanenten  Gletaeher  dea 
Kasbek: 

1)  den  Desdaroki- Gletscher, 

2)  den  Ziklur^i- Gletscher, 

3)  den  Tschchari- Gletscher; 
vnter  die  periodischen: 

4)  den  Gisal- Gletscher, 

5)  den  Neben^  Tschchari -Gletscher, 

6)  den  ersten  Zmiuda-Niuo- Gletscher, 

7)  den  zweiten     -         -  - 

8)  den  dritten 

1)  Der  Desdaroki-  oder  Dbaganr'sche  GleUcber. 
(Die  Darjftl*adie  GkltcherUwine.) 

Dieser  schon  durch  sein  periodisches  Herabgleiten 
und  die  verheerenden  Folgen,  welche  sein  Sturx  nach 
aich  zieht,  merkwürdige  Gletscher  liegt  in  der  zwischen 
den  nordöstlichen  Gebirgßkfimmen  des  Kasbek  sich  er- 
«Ireckenden  Schlacht,  aas  welcher  der  Desdaroki  oder 
Zachdou  dem  Terek  zuÜielsl.  Er  ist  von  mir  im  Jahre 
1843  bestiegen  und  gehörig  untersucht  worden.  Meine 
ausfühiiichere  Beschreibung  nebst  einer  Karte  davon  ist 
im  ßuUelin  der  Kaiserl.  Academie  der  Wissenschaften  in 
St.  Petersburg,  T.II,  Neil,  Ci,  phys.  nuUh.  abge- 
druckt.  Ich  entnehme  nur  davon  einen  Auszug. 

Der  Haupt  -  Gletscher  besteht  aus  zwei  vereinigten 
Nebengletscheru,  einem  westlichen  und  östlichen.  Die 


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556 


Vereinigaog  geschth  dieüsnal  olioe  die  gerln^te  Verwir- 

ruüg ,  während  sie  periodisch  das  Herabgleiten  zu  beför- 
dern scheint. 

Daüs  der  gegenwärtige  Hauptgletscher  aus  deo  zwei 
Tminigteii  Nebea^etechem  besteht,  beweist:  - 

1)  die  flberall  abgeschlossene  Scblocht^  so,  dafs  sieb 

weder  der  eine  noch  der  andere  Nebengletscher  anderswo 
einen  Weg  bahnen  kann; 

2)  die  Gufferliüie  * )  auf  der  Mitte  des  Hauptglet- 
sdiers,  entstanden^  durch  die  VereiaigoDg  der  Bauddecken 
beider  Gletscher,  deren  SteiDgetrQmm  sich  gegen  den 
Gletscherschweif  erweitert; 

3)  der  Mangel  an  Schründen  in  der  Mitte  des  Hanpt- 
Gletschers;  denn  nur  einfache  Gletscher  ohne  Mittelmo- 
räne oder  mittlere  Schuttlinie  bewegen  sich  in  der  Mitte 
schneller  und  werfen, Schrilnde,  während  Gletscher  mit 
Mittelmoränen  sieb  bald  auf  dieser,  bald  auf  ]ener  Seite 
der  Gafierlinie,  bald  an  den  Rfindern  am  schnellsten  be- 
wegen und  zerschründen; 

4)  die  nur  zu  beiden  Seiten  der  Gufferlinie,  nie  au 
derselben  liegenden  Gietschertiscbe  (von  1  bis  3  Arschin 
Durchmesser);  denn  die  einem  jeden  Nebengletscher  ao< 
gehörenden  Tische  werden  auch  bei  der  Vereinigung  nicht 
verrückt ; 

5)  die  Art  und  Weise  der  auf  der  einen  oder  an- 
deren Seite  des  Hauptgletschers  deutlichen  Schichtung, 
welche  schon  deshalb  ausführlich  beschrieben  zu  werden 
verdient,  als  sie  nicht  nur  die  Behaupitung  Agassiz's 
bestätigt,  sondern  auch  die  dagegen  von  Hugi  gemach- 
teu  Einwendungen  widerlegt,  und  mich  durch  die  genau 
angestellten  Beobachtungen  zu  einer  Erklärungsweise  der 
Entstehung  der  Schichten  ?eraniaf8t« 

Die  Schiebtang  des  GleUcUers. 

Nicht  jeder  Gletseh«r  zeigt  Schichtung  in  seinem  Eise, 
besonders  dann  um  so  weniger,  )e  weiter  er  sich  iierab- 
1)  Immer  die  VereSnifonfinaht  sweier  Gleucber. 


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657 

zieht,  )e  weniger  er  durchschrüodet  war,  und  )e  mehr  sieb 
seine  Lage  der  horizontalen  nähert.  Auch  ist  es  oft  für 
den  Gletscherbeobachter  sehr  schwierig,  sich  Ton  der  Be- 
echaffeoheit  des  iaaeren  GefCIges  eines  Gletscbera  za  über- 
zeugen ;  deon  auf  die  BeMiiaffeobeit  der  Wände  in  den 
einzelnen  zugänglichen  Gletscherspalten  eine  Folgerung 
in  Hinsicht  der  ganzen  Gletschcruiasse  zu  stützen,  halte 
ich  für  unzulässig.  Dem  besonderen  Zufall  habe  ich  es 
zu  verdanken,  einen  so  riesenhaften,  wie  den  Desdaroki- 
Gletscher»  den  8.  September  des  Jaliree  1843  an  einer 
fris(;hen  Brucbflielie  gesehen  zo  haben.  Der  Hauptglet- 
scher brach  nämlich  nicht  lange  vorher  an  seinem  Ende 
quer  ab,  und  das  Bruchstück  gleitete  eine  Strecke  das 
unbewohnte  Thal  hinab.  Die  senkrechte  Mächtigkeit  an 
der  Bmcbfläche  des  Hanptgletscbers  betrug  112  engL 
Fuia,  und  liefs  deutlich  zahlreiche  Schichtungen  erken- 
nen ,  Ton  denen  die  untersten  ans  einem  Snfserst  festen, 
grünlicbblauen  Eise  gebildet  waren,  gegen  die  OberÜä- 
che  des  Gletschers  aber  mehr  und  mehr  an  Intensität 
der  Fttrbung  und  sogar  Festigkeit  abnahmen.  Die  Schieb- 
ten  waren  am  deutlichsten  zn  beiden  Seiten  der  Braob- 
llldie,  wSbrend  sie  gegen  die  Mitte  verscbwanden;  oder 
es  wechselten  an  Deutlichkeit  die  zu  beiden  Seiten  der 
Mittellinie  mit  jenen  der  Ränder.  Die  ganze  Bruchtlä- 
che  gewann  daher  das  Ansehen,  als  wenn  vier  neben 
einander  horizontal  liegende  Kegel  mit  ihren  Enden  so 
Tcrbunden  wären,  dafs  zwei  Kegel  nnC  der  Basis  und 
lieide  Kegelpaare  mit  der  Spitze  an  einander  lüoben« 

Vertneh  ein«r  ErklSrnne  dieser  $eJii«btii«f. 

Die  Schichten  eines  Gletschers  in  der  niedrigen  Re- 
gion lassen  sich  nicht  aus  der  Schichtung  des  Hocbfimes 
dednciren,  und  in  dieser  Hinsicht  stimme  ich  Hugi  s  An* 
eicht  bei,  dafs  der  Firn  nur  in  sofern,  als  der  fShrUche 

Schnee  selten  ganz  wegschmilzt,  und  jedes  Jahr  aus  sei- 
nem Schnee  eine  neue  Lage  sich  erzeuge,  geschichtet 


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666 


86 jn  kann;  dagegen  niemals  der  Gletscher,  auf  dem  }e- 
des  Jahr  der  Schnee  rein  wegschmilzt,  und  das  schich- 
tenfönnige  Gefüge  des  Firnes  durch  die  Vergröfserung 
der  FirakAcner  ttiid  dorch  das  spätere  Ineinanderschieben 
d«r  GletadicrlLflnttr  ▼«cbwiBdet  Uod  doch  nod  Thair 
sadwD  dner  ScUclitong  der  Gletscher  Torhciideii!  Sans- 
s u r e  fand  am  Montblanc,  Zumstein  am  Monte-Rosa  und 
Agassis  an  den  senkrechten  Wänden  des  St.  Theodul- 
Gletscfaers  deutliche  SchicbtoDg.  Wie  ist  nun  diese  merk- 
würdige Erscheinong,  ohne  die  anf  Thatsechen  gegHtai- 
deie  Glebchertheorie  nmxnstlinen,  zn  erküren f  —  Z  Ull- 
stein und  Sanssnre  hielten  diese  Schichten  fiir  dies 
so  ^iele  Jahresniederschläge,  indem  sie  glaubten,  eine 
jede  entspreche  der  Menge  des  in  einem  Jahre  gefalle- 
nen Schnees.  Allein  diese  Ansicht  wird  schon  durch  die 
Theorie  des  Wachsthuns  der  Firo-  oad  GletscfaerkOnier, 
so  wie  auch  durch  das  jahrliehe  Wegscbmelzen  des  fri- 
schen Schnees  am  Gletscher  hinlänglich  widerlegt,  weiiu 
mau  nicht  noch  dabei  die  Frage  aufwerfen  mfifste,  warum 
denn  die  Schichten  des  Desdaroki- Gletschers  nicht  ho- 
liiontale  uod  parallele  seyen? 

Agassis  erklärt  die  Schichten  ans  dem  Tempera- 
tmwechsel  der  Hoebregionen ,  indem  er  die  Theorie  des 
Jahreswechsels  von  Zumstein  und  Saussure  nicht  an- 
erkennt. Doch  macht  dieser  scharfsinnige  Beobachter 
schon  auf  gewisse  Streifen  aufmerksam,  welche  man  oft 
am  Thaiende  der  Gletscher  sieht,  und  ^ermnlhet,  dafe 
sie  geschlossene  Spalten  scjn  künnlsii,  welche  dnrch  ir- 
gend einen  noch  zu  erklSrenden  Umstand  während  des 
Vorrtickens  des  Gletschers  horizontal  geworden  sind. 

Ehe  ich  meine  Erkläruogsweise  versuche,  sehe  ich 
mich  geoOtbigt,  auf  folgende  Präpissen  aufinerksam  sa 
mscheoi 

1)  Es  ist  Erfahrungssache,  dafe  sich  die  Schichtung 

des  Firnes  parallel  und  nur  in  der  Tiefe  deutlich,  nie- 
mals aber  mannigfach  gehoben  und  gesenkt,,  wie  es  in 
den  Gletschern  der  Fall  ist,  zeigt. 


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SM 

2}  Es  ist  Thatsac^e^  dafe  die  Spalten  oder  Sekunde 
von  den  GleCscbern  immer  quer,  mit  ihrer  Bewegung- 

linic  im  rechten  Winkel,  und  parallel  mit  einander,  ge- 
worfen werden  * ). 

3)  Es  ist  dargethan,  dafs  sich  die  frisch  geworfenen 
GleUcherscbründe  durch  das  Eindringen  der  Atmosphäre^ 
durch  den  bekannten  Aaflookerangsprocefs  der  Gletscher- 
kömer,  und  den  dadurch,  bedingten  Schmelxprooefs  er- 
weitern, nach  unten  aber  allemal  keilförmig  zusammen- 
gehen ^ ). 

4)  Es  ist  nicht  mehr  zu  bezweifeln,  dafs  im  Früh- 
linge und  Herbste  in  jedem  Schrunde  bald  ein  Schliefsen 
vom  Grunde  aus  nach  der  Obeffteche  des  Gletschers  er- 
folgt; indem  die  Wände  der  zerrissenen  Stellen  wegen 
der  begierigen  Absorption  ^)  der  Feuchtigkeit  ihre  Kör- 
ner vorzugsweise  entwickeln,  ja  der  in  die  Schründe  ge- 
wehte Schnee  sich  körnt,  und  weit  früher,  als  der  Hoch- 
scfanee,  in  Gletschereis  mit  gleicher  KomgrÖfse  fibergeht 

5)  Es  ist  erwiesen,  dafs  die  Gletscher  ihre  Schründe 
abwechselnd  werfen.  Wenn  die  eine  Seite  des  Gletschers 
sehr  zerschrtindet  ist,  so  erscheint  auf  der  entgegenge- 
setzten Seite  die  Continuität  wenig  gestört.  Im  künfti> 
gen  Jahre  verhält  es  sich  umgekehrt.  Die  Schründe  schUe* 
Isen  sich,  und  wo  der  Gletscher  gpngbar  war,  ist  er  )etit 
der  Schrfinde  wegen  unzugänglich 

1)  Nor  m  soldien  tclteiieo  FSllen  fcSnncn  die  Qnerspalten  «nch  mn 
Längsspalten  werdeo,  wenn  do  Gletscher  in  einer  anderen  Richtong 
ombicgi,  indem  dat  Wadiithnni|  und  daW  andi  «Be  Bewegung  am 

'Saljertlen  ümbiegungsrande  annimmt. 

2)  Ausgenommen,  wenn  sich  ein  GIctscherbach  in  den  Schrund  ergiefst 
und  denselben  durchfrifstf  welche  Erscheinung  bei  den  Aelplem  un- 
ter dem  Namen  ff^uiken  bekannt  'mu 

3)  Daher  ist  in  den  Glelachatehrllndea  die  l^rockenhcit  pXStiWt  ab  a 
der  ObeHlichc  der  GlelKher. 

4)  Weil  durch  das  Uebergewicht  der  AusrüHungsmasse  auf  der  einen 
Seite  ein  Mifsverhältnirs  in  der  Spannung  mit  der  eolgegengeielitca 

•  Seite  herrorgebracbt  wird. 


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560 


6 )  Es  ist  unwiderleglich,  dafis  die  Reproduction  des 
Gletschers  gegen  sein  unteres  Ende  abnimmt,  dagegen 
aber  der  Schmelzprocefs,  mithin  auch  die  Entwicklung 
der  Haarspalten  und  die  Auflockerang  des  GefQ^es  sn- 
nimmty  da  hier  der  TageMtome  die  KSlte  der  Nadit 
nicht  nehr  entspricht 

7)  Daher  geschieht  auch  die  Füllung  der  Spalten  am 
vollkommensten  in  der  höheren  Gletscherregion  und  nimmt 
in  der  unteren  ab,  so  dafe  sie  am  £nde  des  Gletschers 
verschwindet. 

8)  Bei  einfochen  Gietscbem,  dme  Mittefanoränc^ 
nimmt  die  Bewegung  oder  vielmehr  das  Wacfastham  der 
Gletschermasse,  nach  den  neuesten  Beobachtungen  von 
Hugi,  von  den  Rändern,  von  der  Oberfläche  und  vom 
Grunde  gegen  die  Mitte  zu,  oder  mit  anderen  Worten 
in  horizontaler»  wie  in  verticaler  Richtung  gegen  die  Glet- 
scheraxe  za,  und  erleidet  im  Winter,  wegen  der  festen 
Verbindung  des  Gletschers  mit  dem  Grunde  und  den  Sei- 
tenwänden,  um  so  weniger  eine  Veränderung. 

Aus  diesen  vorangescbickten  Erfahrungssälzen  lassen 
sieh  mit  Sidierheit  folgende  Schlüsse  ziehen: 

a)  Die  eigenthfimlicb  gehobene  und  gesenkte  kegel- 
Mrmige  Schichtung  des  Desdaroki- Gletschers  hat  dordi- 
aus  nicht  ihren  Ursprung  in  der  Firnregion.    Folgt  aus  1. 

b)  Diese  Art  der  Schichtung  hat  sich  schon  vor  der 
Vereinigung  der  Nebengletscher  gebildet.     Folgt  aus  % 

3,  5,  7. 

c)  Die  horizontalen  Kegelscbiehten  sind  die  Aosfittl- 
lungsstreifen  der  geschlossenen  Schrüude.    Folgt  aus  3, 

4,  8. 

.  d)  Alle  Begränzungslinien  der  früher  gestörten  und 
wieder  hergestellten  Continuitüt  des  Gletschers  kommen 
gegen  d^s  Eiide  dsesjeiben  n^ebr  zum  Vorschein.  Folg^ 
aus  6. 

Die  Schrfinde  reichen  nun  in  verticaler  Richtung  ent- 
^    weder  bis  zur  Mitte  des  Gletschers  oder  über  dieselbe 

hin- 


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861 

Udmis.  Darch  «die  in  der  Mitte  des  Gletsehen,  sowoU 
in  hofwontaler  ala  vertfcaler  RklifuDg,  besdileaiiS^e  Be- 
wegung oder  das  Wacbsthum  werden  die  Schrunde  im 
ersten  Falle  uiit  der  Bewegungsaxe  des  Glelschers,  so- 
wohl in  verticaler  als  horizontaler  Riobtong,  einen  desto 
apitageiieB  Winkel  bUden,  fe  wefter  eie  yon  ihrem  Ent- 
etehung^orte  bewegt  wurden;  daher  mOsaen  «le  endlieh 
im  Verticalen  Querdarehschnitte  dea  Gletaehera  als  gegen 
die  Gletscberaxe  mit  ihrer  Spitze  gekehrte  Kegeldurch- 
schnitte erscheinen.  Im  zweiten  Falle,  wenn  sich  näm* 
Ueh  die  ScbrOnde  tieler  über  die  Mitte  des  Gletschers 
eiatrecken,  werden  nnter  denselben  Verbttltniaaen-  ihre 
kegelförmigen  AasfffllnngiflftcbeR  gebroehen»  und  erschei- 
nen daher  im  verficaleu  Querbruch  des  Gletschers  dop- 
pelt. Diefs  gilt  nun  vom  einfachen  Gletscher.  Besteht 
dagegen  der  Gletscher  aus  zwei  vereinigten  Nebenglet- 
aobera,  so  ist  es  nunmehr  angenaoheinliehi  warum  sich 
die  iSehichten  als  xwel  Paar  verlkale  KegeUorohscfanMe 
darstollen,  und  wegen  der  nook  welter  Torgesehriftenen' 
Neigung  der  ausgeiOllten  Schrüode  an  Deutlichkeit  ge- 
Winnen. 

Dat  Uerabfieiun  de«  BetdaroM-^lfit'ck^r».     .  .  . 

Ein  grausenhaft -adiönes  Bild  mufs  das  mit  forcht- 

barcm  Donnergetöse  und  aufserordentlicher  Schnelligkeit 
erfolgende  Herabgleiten  des  Eiskolosses  gewähren,  wenn 
der  Titauenberg  seinen  Nachbar,  den  Elbrus,  den  sjm- 
plegadischen  Felsen  der  Kassandra  begKIfst.  Und  in  der 
Thaft  soll  das  Getflse,  Bach  der  Versieherong  'meiner  Os- 
setischen Begleiter,  KerUt  Chamfirza,  BImirsa  und 
Thamasoi,  von  denen  ersterer  drei  Mal  den  Sturz  er- 
lebt hatte,  bis  Kobi  (25?  Werst)  und  im  Hochgebirge 
noch  in  einer  Entfernung  von  50  Werst  gehört  worden 
sejm.  Alles  gerftth  Wochen  lang  schon  vor  dem  Sturze 
in  Aufruhr,  die  Reisenden  jagen  mit  schnaubenden  Ros- 
sen In  der  Darijarschen  Schlucht  vor  den  finstern  Bil- 

PoggeodorfiP«  Ann«l.  Bd.LXVI.  36 


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56a 


dtni  der  Steinbanfen  und  fiberhängeoden  Filsen,  notk 
mäta  ri»er  mr  der  droimdeii  Gefabr  dmnch  dm 
Lafidrack  getödtet  zu  wcideo.   Das  wilde  GebrOll  dee 

211  dieser  Zeit  trüben,  grauschwarzen ,  cascadeu artigen 
Terck  steigert  noch  den  Ernst  der  Bilder.  Nach  erfolg- 
tem Sturze  wird  das  Bild  der  Zerstörung  noch  imposan- 
ler,  ein  Raom  von  zwei  Werst  Länge  ist  mit  £is-  und 
,Steio-Getramni  auf  eine  Höbe  Ton  300  bis  500  Fofs  be- 
deckt, der  Zacb-Don  und  Terek,  ira  LanCe  einige  Tage 
gehemmt,  überschwemmen  das  enge  Thal,  bis  sie  sich 
unter  den  Eismassen  durchwühlen.  Ein  bis  zwei  Jahre 
-faiiidurcb  wird  die  Strafse  für  Wagen  unbrauchbar,  und 
•ellist  dann  fährt  man  »wischen  zwei  n^htigeD  Mauern 
IM  Eis-  und  Steiu- GretrQmui,  wekbes  cioen  zu  erdrOokea 

Im  Jahre  1776  den  19.  Juni  erlebte  der  Vater  Ke- 
riät's  den  Sturz,  welchen  Reineggs  (Bd.  I,  S.  8  und 
'd2i>-als  den  einer  Schutt-  und  Scbnee-Lawine  beschrie- 
iben  hatte»  Eine  Amabl  Einwohner  des  Dorfe»  Desda* 
rttki  neibst  Vieh  gingen  dordi  diese  Katastrophe  zu  Grande. 
Das  Dorf  Guöleti,  welches  nahe  am  Terek  lag,  wurde 
ßberschwemmt,  und  deshalb  9|  Toisen  höher  und 
hinter  einen  150  Toiscu  über  den  Terek  sich  erheben- 
den Felsen,  durch  den  es  v^r  dem  Verscbötten  geachfitzt 
Ml  verlegt.  -~  Ein  Sbnliehes  Ereignii»  erlebte  Keriftt's 
'Vater  in  dem  Jahre  1785,  anf  weldhcto  sieh  der  Sofan, 
obgleich  er  es  nach  seinem  Alter  ebenfalls  erlebt  haben 
mufstei,  nicht  erinnerte,  weshalb  es  auch  Beineggs  kurz 
anführt.  In  den  Jahren  1808  im  Monate  August,  1817 
den  3lt7*  iOotobervund  1838  aab  Kerittt  Cbnmiffss  die 
Sreigniase  des  SCuvzea.  Der  Zwischenraum  ^on  dem 
erstM  luafl  .historisch  -  gewifs  bekannten  Sturze  bis  zu  dem 

l)  Duboi«  (lebt  die  Lage  de»  DoHe«  Gi«5l«ti  Ober  da«  Terek  aof 
tSS  Fals  an.  £•  sdieiiit  eine  Verweelitliinf  mit  dem  43  Toim 
aber'  dvm  TerA  'EcgendeD  Doffe  Zdo  oder  Zikbkrgi  tUtigefvadM 
•balieo.: 


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663 

.  nächstfolgenden  beträgt  9  Jahre,  der  fölgende  23,  der 
dritte  9,  der  vierte  16,  und  der  vom  letzten  Sturze  bis 
jetzt  12  Jahre,  Wären  zuverlässige  Beqi^achtOBgen  Uber 
liie  in  dien  WintemMmaten  der  Zwiscbenjabre  gefallene 
Schneemenge  mid  fiber  die  wannen  Sommer  in  dieser 
Gegend,  so  liefsen  sich  daraus  sehr  wichtige  Folgerun- 
gen ziehen. 

Die  Uratcken  de«  Sinrao«/  ' 

Die  zwei  Nebengletscber  des  DesdafrokUGtetsebevs 

ruhen  auf  einer  so  stark  geneigten  Grundfläche  ')  (33"), 
dafs  es  nicht  abzusehen  ist,  warum,  wenn  sie  einmal  . 
nach  überwundener  Reibung  mit  der  Grundfläche  in's 
Gleiten  kommen,  dasselbe  nicht  fortdauere.  Kommt  non 
noch  der  Drack  der  UnCerliegenden  Tlieile  gegen  die 
▼orliegenden  tind  di^  Gewalt  der  Bewegung  selbst  in 
Betracht,  so  wäre  demnach  keine  Ursache  da,  welche 
die  einmal  eingeleitete  Bewegung  hemmen  könnte,  und 
die  gesammte  Gletschermasse  mOfste  alle  Jahre  in  die 
Tiefe  atfirzen.  Allerdings  kann  man  (doeh  nicht  einzig 
und  allein)  dem  abwärts  wirkendeii  Drucke,  der  wie^ 
derum  abhangig  ist  von  der  Neigung  der  BodenflSche 
und  dem  Gewicht  der  aufliegenden  Eismasse,  einen  gro- 
isen  Antheil  an  dem  Vorrücken  der  Gletscher  beimes- 
aen;  doch  lassen  sich  noch  gegen  diese  von  Saussure 
entwickelte  Rutschtbeorie  folgende  Einwürfe  macben; 

a)  dafs  die  Gletscher  anch  im  Winter  vorrOeken, 
wo  die  Gletscherbäche  unter  denselben  versiegen  und  die 
Gletscher  an  den  Grund  anfrieren; 

b)  dafs  in  den  Gletschern  Scbründe  entatelten»  und 
doeh  ancb  iang'e  offion  bleiben; 

e)  daftt  sieh  oft  die  Gletscbermasse  auftreibt  und 
aubtauet; 

« 

1)  Udbrigeitt  glebc  es,  nacli  der  Angabe  Gliarpeatier't,  Gletscher, 
die  Mif  ciMT  nnfar  «b  4i*  geadgiMi  GnmMfcbe  Kegea«  wid  nickt 
herebAtfincii. 

36* 


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I 


564 

d)  dafs  tick  GlelsciMr  im  Sommer  siiHkkBelieii; 

£)  dafs  Gletscher  voa  sehr  geriuger  Neiguog  (3  bis 
4°)  dennoch  vorrücken. 

Es  fällt  dem  aufmerksamen  Beobachter  aal,  warn 
iler  Desdaroki-Gietscher  inmwr  io  Paiioden  YOfk  nein 
•dar  der  doppelten  wie  ancli  dreifachea  Anzahl  Jabren 
herabglieite.  Wenn  man  diese  merkwürdige  Erscheinung 
mit  der  Gletschertheorie  über  die  Bildung,  das  Wachs- 
thum und  die  Bewegung  übereinstimmend  und  erschöpfend 
erklären  will,  so  mufs  man  das  Herabstürzen  nach  nenn 
Jahren  als  sniea  Fall  van  dem  nach  der  doppelten  oder 
dreifachen  Anzahl  Jahre  ab  zmäm  FaU  §ans  trennen. 

Erster  Fall  des  HerabgleiieDs. 

Aus  dem  Hochfime  des  Kasbek  entstehen  non  nach 
den  bekannten  Bildnngffgesetxen  die  zwei  Meben^tochei; 
nnd  füllen,  je  nachdem  sehneereiche  Winter  ond  heilse 

Sommer  waren,  früher  oder  später  die  ihnen  augewiese- 
'  nen  Schluchten  an.  Da  nun  beide  Schluchten  nach  Nord- 
ost liegen,  und  nur  durch  ein  scbmfdes  Felsenjoch  ge- 
tr^nnl  sind,  so  kann  man  nicht  nur  eine  in  beiden  herr- 
schende gldchmSlsi^  Temp<{ra>or,  sondern  auch  ein  gleich- 
IlMmiges  Wachsthun  der  Nebengletscfaer  anuehmen.  Doch 
stürzen  sie  uieinals,  bevor  sie  nicht  so  weit  angewachsen 
sind,  dafs  sie  mit  ihrem  unteren  Ende  zusammeustofseo, 
was  auch  der  die  Gletscher  biepbacbteode  Keriftt  he- 
stätigle 

1)  Man  mufs  aUo  mit  Recht  eine  Adhäsionskrafl  der  GlettcbcrkAnier 
sa  cSoander  und  eine  PlasticilSt  der  Gletschern) asse,  einen  nirht  gan 
Marfan  biMoassnnlahigcn  inoeren  Zustand  des  Gleischerwses,  annchoaco, 
Bod  in  sofern  verdient,  wenn  man  nämlich  die  Saffktt  woMger  wdit» 
lieh  aufTafst,  die  neuerlich  an^Mtellle  Plasticitätitlwon^  von  Forbeif 
welche  zwar  schon  Altraann  TOr  100  Jahren  sn  entwickeln  anfing 
und  Gruner  erweiterte,  doch  einige  Anerkennung.  Forbes  be-  * 
hauptet  nämlich,  dafs  die  Gletschersubstans  so  ist,  wie  «ie  sejn  wurdei 
wenn  klebni|o  Flüssigkeiten  sich  auf  geoejftw  F|äche  «bwSru  be- 
wegten. 


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565 


'  Warä^n  sieh  ^lese  l^eideii  Nebengllstsdi^  unter  -  ei- 
nem rechten  oder  dem  rechten  näherstehenden  Winkel 
vereinigen,  und  einer  derselben  schon  tiefer  herabrei- 
cheo,  wie  aacb  mächtiger  sejn,  so  wttrde  diefs  eine  Ein- 
rnttodang  des  schwächeren  ond  kfirzereo  Glefschers 'zu 
nennen  sejn,  und  diese  Art  der' Vereinigung  nicht  nur 
ohne  Störung  erfolgen,  sondern  der  sich  einmündende 
Gletscher  den  anderen  festklemmen. 

Allein  es  geschieht  im  Gcgentheil  die  Vereinigung 
gldehzeitig,  die  Nebengletscher  sind  so  ziemlich  gleich 
mSchtIg,  und  der  horizontale  VereinigongßwinlLel  beträgt 
nur  15<*.  Fllllt  nun  der'  Moment  des  Znsammenstofsene 
in  die  Jahreszeit,  wo  die  Nebengletscher  an  ihrer  Grand- 
fläche abschmelzen  und  die  darunter  fliefsenden  Glet- 
scherbächc  mächtig  angeschwellt  sind,  so  reicht  der  ge- 
genseitige Druck  hin,  welcher  wegen  des  spitzigen  Ver* 
etnigungswfnhels  sich  dem  Drueke  von*  obto  oder  in  der 
Richtung  der  Axe  des  Gletschers  anreihen  läiWt,  die  M- 
hUsionskraft  und  die  Hindernisse  der  Reibung  zu  über- 
winden und  den  Sturz  zu  bewerkstelligen.  In  diesem 
Falle  werden  die  Endmoränen  vorgeschoben  und  weit 
mehr  GerOHe  ^er  Gletecherlain^ne  »voraag^heiki  ' 

Zvifeiler  Fall  det  HwAbflaitttt. 

Wenn  die  Voreinigung  der  beiden  Nebensletschcr 
ohne  Störung,  was  nur  'im  Winter  der  Fall  seyn  kann, 
▼or  sich  gegangen  ist,  so  stürzt  der  Gletscher  nicht  mehr; 
und  wächst  so  als  ein  zusammengesetzter  Gletscher  thal- 
abwärts. 

Da  es  nun  erwiesen  ist,  dafs  Gletscher,  wo  sie  jäh 
herabzusteigen  beginnen,  mehr  Schründe  werfen,  und  sol- 
che zerscbründete  Stellen  durch  das  Schliefen  sich  wulst- 
fOrmig  über  die  Oberfläche  erheben;  da  es  ferner  be- 
kannt ist,  dafs  Gletscher,  deren  horizontalen  lateralen 
Bewegungen  durch  einengende  Felsen  Schranken  gesetzt 
sind,  sich  verlical  krüCtiger  ausdehnen,  so  müssen  auch 


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f 


GleUcber  an  sehr  geneigter  GrundflScbe  durch  den  von 
oben  nwiLModen  Druck  und  ao.flor  Aji^hwungs-  oder 
Euuenkiing^ltelie  durch  4»  Amra^en  des.  Gletscberei- 
808  von  iDoeii  beraiis  aufquellen,  an  verlioaler  Dicke  zu- 
nebmen  uud  sich  endlich  aufstaueo.  Diefs  alles  tritt  nun 
ein  nach  geschehener  Vereinigung  der  beiden  Nebenglet- 
scher zum  Hauptgletschcr;  denn  dann  bildet  der  Haupt- 
^letscber  das  vorliegende  Hinderoifa  d#s  diiigmi^l^a  Vor» 
iQdLeDS,  |a  der  verticale  YereinigongB.wlDkel  ^  (Eioseii- 
kongs-  oder  Elnknt^ungs winket)  elueB  {eden  NebeagleC- 
Sehers  mit  dem  Hauptgletscher  beträgt  147^:  daher  wer- 
deu  sich  nach  und  nach  in  diesem  Winkel  die  Neben- 
gletscher über  deo  Hauptgletscher  aubtaueo,  und  endiicb 
bei  abenii«%Br  Berfibroug  übergleiteo,  wodurcb  der  Haupt- 
gletscber  erscbUltert  und  ailtge^gen  wird.  Dieser  «weite 
Fall  des  Herabgicitens  steht  der  Tagaar'schen  Schlucht 
)etzt  bevor,  und  in  diesem  Falle  wird  mehr  Gerölle  nacli* 
kommeo  als  voraogeben. 

2)  Der  ^Ual-Gletsoher. 

Ueber  diesen  am  nordwestliebea  Abbange  des  Kas- 

bek  von  der  Höhe  etwas  sichtbaren  Gletscher  kann  ich 
nichts  Ausführliches  sagen,  da  mir  die  geologischen  Ver- 
bältnisse der  nordwestlichen,  westlichen  und  südwestli- 
eben  Seite  .des  Kasbek  noch  unbekannt  sind.  Dieser 
Gletscber  Isfst  aus  seinen  schnelzenden  Schnee  -  und  Eis* 
nassen  den  Gtsal- Don  entstehen,  welcher  erst,  nachdem 
er  die  Ossischen  Gaue  der  Guttaten,  Tschimiten  und 
Dhageate  bewässert  und  sich  mit  dem  Ardou  vereinigt 
bat,  m  den  Xerek  fttilt. 

■ 

3)  Der  ZIklnrgl-Gletselier. 

'  Dieser  sehr  breite  Glclscher  liegt  au  dem  östlichen, 
aktmlifth  steÜen  Abhänge  des  Kasbek,  uud  ist  in  sofern 

1 )  l^eldien  man  erhSit,  weoD  mao  eine  Läugslinle  über  die  Ober- 
*  flicke  ^die«  Nebeogletsckers ,  nnd  eine  QuerlinM  iihtt  den  Hanpiglet- 
aeher  an  dein  yereinigungspnnkte  snaammeDMofMB  iSlät. 


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«67 

'  nerkwürdig,  als  er  den  apganacbtiniichaUBn  Mewm  ti§- 
hrU  dafo  bei  irerhiaderter  ^dia^aler  B<hf  «guti^  >  dM  , 
WacbMliimi  uod  Yiinrttckeii  aicb  in  tnnm^^mllßr  Bk^^ 
tttig  äufsert. 

Vor  dem  unteren  Ende  des  (xletscliers  liegen  grofse 
Eodmoffänen,  welche  beweisen,  daf«  aicb  der  Gletscher 
CHrfickgez^gen  hat,  d.  b.  dafa  der  amJGAdk  des  Gielr 
«tbers  alattfindeode  AbacWoebitpgppffoeeili  das  obeie 
Waobathum  übertraf. .  Vor  den  MorJinen  aind  grofae.  Ge* 
birgskämme,  welche  durch  keine  Schlucht  getheilt  wer- 
den; daher  kann  der  (xletscher  nie  weiter  vorrücken,  da- 
her lliefsen  alle  aus  ihm  afitapriogende  Quellen,  12  bis 
1^  Ml  Zahl,,  nach  Norden,  und  aitirsea  aicb  neiateoa  ftbar 
ifo  Feben  ia  den  Zaeh^Don.  Nur  der  Sehecht^fcajU  baboT. 
aioh  mom  Weg  dnreb  sehr  enge  Felsspalten  der  soge- 
nannten Schecb -  Berge ,  und  ergiefst  sich,  in  drei  Arme 
sich  tbeilend»  oberhalb  GuiUeti  in  d^^i  .Terek.         "  ; 

4^      6)  Die  drei  JS^iDiqda-AlioQ-  oder  Mino-Gietacher* 

Die  drei  Nino  >  Gletscher  liegen  in  den  OatfMbfBa 
Schluchten  des  Kasbek,  getrennt  durch  das  grofse  Ostli- 
che Haupljoch  vom  Ziklurgi- Gletscher.    Sie  sind  in  so- 
fern merkwürdig,  als  sie  einen  beweis  liefern,  dafs  sich 
Gletscher,  wjenn  sie  aus  einer  groll«»  Scbüi^bt  in  m^b* 
rere  Ueivere  Sebliicbten  g^j^bHagH  werden,  voipOgfi  ibw 
Plaalkitit  theile«  masaeü^    Der  inScbtigate  unfer  ihnen 
und  zugleich  der  breiteste  unter  allen  Gletschern  des 
Kasbek  ist  der  dritte  Nino- Gletscher,  welcher  als  Haupt- 
gletscher unter  diesen  dreien  anzonebmen  wäre,  füllt 
das  Oetlicbe  £ode  des  so^nainlen  Biesengi^andes  oder, 
der  Riesenschlpeht  des  Kasbek  aas,  und  bat  vor  «bsb  die. 
kekaoBle  Riesen  ^Morlne,  wekbe  schon  zu  so  einer  be- 
deutenden Hohe  und  Macht  angewachsen  ist,  dafs  sifs  da^ 
diagonale  Ausbreiten  des  Gletschers  verhindert.  , 

Der  erste  Niiio*Glelacber  liegt  nürdlicb  dem  drit- 
tel» ig(*  N.  snr  Seite,  and  ist  derjenig«^  weielifr  ijcb  iHicfr 
oben  in  den  Firnfeldern  des  östlichen  Hauptjoches.  des 


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508 

Kasbek  verliert.  Dieser  Gletsdier  wüchst  im  Frühjahre 
«mter  beförderad^o  Verfaftboissea  so  an,  dttit  er  sich  aodU 
lieh  in  zwei  SoMiidileii  drSngen  nmfs»  in  - eine  tiefer  lie- 
gende, wo  er  wegen  der  schattigen  Lage  weniger  ab> 
schmilzt,  und  von  mir  als  Rest  unter  dem  Namen  zweiter 
Nino > Gletscher  bezeichnet  wurde,  und  in  eine  höber 
liegende  Schlucht,  durch  welche  er  sieb  in  die  Seite  des 
TBcfaehari-GleCschen  einmOndet  oder  imcb  durch  Aul* 
staoen  Uber  denselben  schiebt. 

'*  '  Im  J.  1844  ist  er  ganz  zusammengeschmolzen,  hat 
dagegen  deutliche  Spuren  seiner  Existenz  hinterlassen. 
Diese  Spuren  sind  Dämiich  eeine  nach  dem  allmäligen 
AbsebmelMB  (dem  sogenannten  indsrteten  ZurlldLmhen 
der  Aelpler)  fainterbliebenen  Endsdmltbadfen  oder  MoiA- 
nen,  vm  denen  zwei  auf  de«  Körperdes  Haopt-Tscbchari» 
/  Gletschers  liegen,  und  schon  früher  bei  Gelegenheit  des 
Ueberschreitens  derselben  beschrieben  worden  sind. 

Die  drei  Nino-Gletscher  dienen  zwei  kleineren  Giet- 
scherbSchen,  welche  dem  Tschchari  zuflieÜBen,  zam  Ur- 
8]^rbng. ' 

:    •  • 

7,  8)  Die  Tsekc]iari<>Glet«olier. 

Der  Haupt -Tschchari- Gletscher,  von  126  englische 
FttÜB  verticaler  Macht  und  500  Sehritt  Breite^  entspringt 
"  in  dem  sfldlichen  Fifnmeere«  des  Kasbek,  tritt  am  sOd- 
westlichen  Ende  der  RtesensAHicht  ben^r,  indem  er 
sich  unter  einem  rechten  Winkel  nach  Nordost  dreht,  an 
der  Drehungsstelle  bedeutend  zerscbründet  und  anwächst. 
Er  erstreckt  sich  weit  herab  in  die  sogenannte  Schlucht 
des  Tschchari,  eines  geClbrlieheu  GletBeberbach(B6,  wel- 
dl  er  im  «Gletscher  viele  Wolken  bildet  and  denselben 
unterwuscht.  —  Ans  den  nord -östlichen  Fimfeldern  des 
Berges  Tot-Chog  wächst  ein  kleiner  Gletscher  dem  frü- 
heren in  die  Seite,  und  wurde  von  mir  ^Neben-Tschchari- 
Gletscher  genannt.  Der  Hanptgletscher  wurde  schon 
iä  der  Beschreibung  der  Ersteignng  idelfach  besprochen. 


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•60 


£r  soll  in  früheren  Zeiten  weit  tiefer  hinabgereicht  fai« 
beo,  vad  eirnnal,  nach  der  Tradiäon  der  Görgatischioft  . 
Einwobaer,  herabgestttret  seyn,  wobei  die  EisMsie  aa 
Schwungkraft  so  gewann,  dafs  sie  Ober  den  Terek'  auf 
die  entgegengesetzte  Seite  eine  Strecke  bis  zu  dem  Ku-  , 
rotskali,  dem  Bache  der  tollen  Schlucht,  rutschte.  Um 
•ich  Vor  den  verheerenden  Aosbrflehen  der  tollen  Schlucht 
und  des  Tsehcbari-Gleticbers  bu  scbfitzen/  haben  die  Ein^ 
gebornen  des  Dorfes  Stepan  Znibida  ibre  Wohhun^n 
weiter  stidlich  verlegt,  und  die  Görgetiner  ihr  Dorf  auf 
einer  Böschung  erbaut.  Der  Gletscher  droht  sowohl  den 
Feldern  als  auch  den  Mühlen  Görgetis  mit  Verschüttung; 
glQckiicberweise  aber  wiederholte  sich  diese  Katastn^pbe 
seitdem  nicht  mebr,  doeb  sind  Ueberscbweunrongen  von 
Seiten  des.  angeschwelHen  Tselieheri  nieht  selten.  Des- 
wegen haben  die  Görgetiner  ihre  Felder  mit  grofseu  Fels- 
stücken eingezäunt,  um  das  Fortschwemmen  des  guten 
Erdreidies  zu  verhindern. 

SehoMgrSsBet  Firnliaie  und  GleUckerr«gioD  de«  Kasbek. 

Bevor  die  Theorie  der  Gletscherbildung  hinlänglich 
bekannt  war,  hat  man  die  Schneelinie  an  die  Stelle  ver- 
setzt»  wo  sich  der  alte  Schnee  bis  über  die  heifseste  Jah- 
reszeit erhält.  Bischof,  Parrot  und  Pictet  JMstinuii- 
ten  die  Schneelinie  weit  ricbtiger.  Bischof  setzt  in  sei- 
ner Wlinnelebre  des  ErdkOrpers  in  den '  Schweizeralpen 
die  mittlere  Lufttemperatur  von  0°  R.  auf  1028  Toisen 
Meereshöhe,  und  nimmt  eine  Abnahme  von  — 1°  R.  für 
113  Toisen  Erhebung  an.  Daher  würde  die  mittlere 
jLuftw&rme  von  — B.  auf  der  Schneelinie  der  Schwei- 
zer-Alpen  seyn,  und  in  eine  absolute  Hobe  von  1800 
Toisen  nach  Pi  et  et 's  Besthnninrig  fallen.  Wenn  Par- 
rot die  Scbneegränze  im  Kaukasus  gerade  an  die  Stelle 
versetzt,  wo  die  mittlere  Temperatur  der  Erdatmosphäre 
des  ganzen  Jahres  bei  0°  R.  beharrt,  so  darf  diefis  nicht 
auffallen,  indem  der  Kaukasus  bei  einem  Breüennnier- 


I 


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schied  yon  3  Grad  das  Niveau  de»  ewigen  Schnees  hölier 
trägt,  welches  Parrot  auf  1647  Toiseu,  also  315  Toi- 
aen  höher  als  in  deu  Alpen,  annahm.  Kupffer  iiabm 
es  aaf  1727  Towen.  Meyer  auf  1668  Toisen,  Dubois 
am  Anrät  aogir  Mif  2000  Toiaeo  an.  Hugi  ftmd  die 
Sdneegräme  in  de»  Alpen  aal  ld34T«iae%  Saas  eure 
auf  1350  Toisen  Meereshöhe.  Für  den  Kasbek  bestimmte 
ich  die  Schneelinie,  wie  man  sie  gewöhnli<!h  benennt,  auf 
eine  absolute  Höhe  von  1593  Toisen,  somit^  wenn  man 
¥QD  der  ^elundenen  Mittelzahl  die  von  Hiigj»  Saussure 
■ad  Pietet  anl  13»  Toiaes  BDsagebese  Höhe  id>iitbl, 
tun  206  Toisen  bOlier  «U.  in  den  Sobffwev  und  S»vojrer- 
Alpen. 

Für  deu  gegenwärtigen  Stand  der  Geologie  finde  ich 
aber  die  biofse  Bestiaimung  des  Collectiviianiefis  Sohnee- 
linifl  onaireiciMid,  und  mich  varanlalit»  wolil  so  anter 
aeksiden  umI  sMif  den  genauen  Untersdned  auliBerksani 
za  machen  zwischen  der  Schnß$gräKJ^  im  engeren  und 
der  im  weiteren  Sinne. 

Diese  ist  die  absolute  Höhenlinie,  von  welcher  auf- 
atiai§eDd  der  fibrliobe  Schnee  nicht  wehr  wegschmilzt,  in 
selnea  ROmern  vengrdfaert  erscheint»  und  sicAi  aonit  mm 
Firn  •  omzuwandeln  im  Stande  ist  Sie  iai  die  Linie,  wel- 
che man  im  Allgemeinen  als  Schneeiinie  bezeichnet,  wäh- 
rend ihr  der  Name  Firnlinie  gebührt. 

Jene  ist  die  absolute  Höhenlinie,  von  welcher  aul- 
atal^d  der  Schnee  ebenfalls  nicht  we§BohmUzl,  aber  aaeh 
in  seinem  Gelüge  unver«odert  bleibt*  Sie  dQrfte  «reit  be- 
«eidmender  RksdHnU  genannt  werden,  indem  in  dem 
Bereiche  dieser  Linie  der  Schnee  immer  staubförmig,  d.  h. 
normal  feinkörnig,  herabfällt,  welche  Erscheinung  die 
Aelpler  des  Riesein  (Saussure  gresii)  nennen. 

Da  wir  asm  »wei  fise.linieii  itMiiien,  40  ist  ea  auch 
leiiiit  im  über  der  RieseUioie  Hegende  sogenannte  HaeieiS' 
oder  sdileditweg  jEisregion  und  die  unterhalb  der  Firn- 
liiiie  liegende  GUlscherregion  zu  bestiuunen. 


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671 


Wir  imuncheiden  also  Jetzt  von  oben  inoli  |int«o 
vier  .Begionen: 

1)  die  Hocheisregion; 

2)  die  Rieselregion; 

3)  die  Firnregion; 

4)  die  QletsciierregiQii« 

1)  Die  HocbeieregioD. 

Diese  Region  liegt  hoch  über  der  Riesellinie  und  ist 
wobi  zu  unterscheiden  von  der  sonst  benannten  Eisre- 
gion, der  jetzigen  Gietsdierregion,  welche  unter  der  Firn- 
Urne  beginnt  and  weit  In  die  Thäler  hinebreiebt.  Die 
Hoeheisregion  nimmt  die  bOehsten  Alpenbömer  ein,  ond 
das  Hocbeis  bildet  sich  zwischen  den  Zacken  der  Hoch- 
kuppen durch  reflectirle  Sonnenstrahlen  und  die  dadurch 
veranlaCste  Wärmeentwicklung  und  ein  oberilächliches 
Abschmelzen  des  Hoohschnees.  Das  Hocheis  untersdhe»- 
det  sieb  von  dem  detscberelee  dadurch,  dais  es: 

a)  niemals  ein  körniges  Gefflge  bat; 

b)  eine  weifsc  Giasfarbe  besitzt,  während  das  Glet- 
schereis blau  ist; 

c)  einen  reinen,  niemals  wie  das  Gletschereis  einen 
herben,  Geschmack  besitzt; 

d)  eine  Soüserst  glatte  und  glänzende  OberflSche 
darstellt,  wShrend  das  Gletschereis  immer  ranh  erscheint, 
welche  letztere  Erscheinung  die  Aelpler  GletscberbluineQ 
nennen ; 

e)  da£s  es  sicli  nicht  weiter  bewegt,  wie  das  Glei- 
scbereia,  ond  niemaia,  selbst  auf  Gletschereis  ^legt,  in 
dasselbe  Übergeht 

Dieses  Kuppeneis  ist  dem  Bergsteiger  sehr  gefährlich, 
weil  entweder  bei  einem  gewissen  Grade  der  Steilheit 
aller  frisch  gefallene  Schnee  darüber  hiuweggleitet,  und 
Stufen  eingehauen  werden  müssen,  oder  wenn  solche  Stel- 
len mit  frischem  Schnee  fiberdeckt  sind»  der  einmal  Aua- 
gleitende mit  beschleunigter  Geschwindigkeit,  ohne  irgend 


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672 

* 

«inen  Halt;  berabttOret.  Die  HodieisregiöD  kann  nur  in 
diese  absolute  Hohe  fallen,  in  welcher,  trotz  der  re* 

flectirtcn  Sonnenstrahlen,  die  mittlere  Temperatur  nur 
während  dieser  momentanen  Wärmeerzeugung  ausnahms- 
weise an  einzelnen  Stellen  etwas  über  Null  steigen  kann; 
sonst  aber  selbst  in  der  wärmsten  Jahreszeit  0**,5  R*  ist, 
und  wegen  der  daselbst  fortwährend  herrschenden  Trok- 
kenkeit  der  Luft,  selbst  wenn  schwere  Nebel  die  H(h*- 
ner  umhtillen,  keine  Absorption  der  Schneekörner  statt- 
finden kann. 

Am  Kasbek  fangen  die  Hocheisfelder  an  der  Süd- 
seite erst  in  einer  alraoluten  Höhe  von  2100  Toisen,  and 
an  der  Nordeeite  von  2275  Tqleen  an. 

9)  Die  Rleselresloa. 

Biese  Begion  erstreckt  sich  zwar  auch  oft  bis  auf  die 
hohen  Kuppen,  hat  aber  nach  oben,  und  besonders  nach 
unten  besthnmte  GrAnzen  mit  folgenden  Kennzeichen: 

a)  Findet  nar  von  der  Riesellinie  nach  aufwärts 
eine  Bewe^liclikoit  des  Schnees  statt,  vermöge  welcher 
derselibe  durch  Winde  in  Massen  gehoben  wird,  und  so 
ein  abermaliges  Rieseln  ans  sich  selbst  hervorbringt,  wel- 
ches dem  Bergsteiger  Gefahr  droht. 

b)  Hört  bei  der  Rieseilinfe  die  so  Oberaus  starke 
Reflexion  des  Sonnenlichtes  in  dem  Grade  auf,  dafs  man 
doch  die  unbewaffneten  Au^en  Öffnen  kann;  während  sie 
von  derselben  Linie  nach  abwärts  in  der  ganzen  Firn- 
region  einen  so  hohen  Grad  erlangt,  dafs  sie  den  nn- 
vorsichtigen  Bergsteiger  blind  macht.  -  Ein  jeder  aufmerk* 
same  Beobachter  wird  die  Erleichterung  fQhlen,  sobald 
er  aus  der  Firnregion  über  die  Riesellinie  geschritten  ist, 
indem  nur  die  Firnkörncr  das  Sonnenlicht  in  so  einem 
ausgezeichneten  Grade  zu  reflectiren  im  Stande  sind. 

'  €)  Zeichnet  sich  die  Rieselregion  durch  ein  etwas 
dunkleres  Kolorit  aus,  wenn  sie  auch  nicht  schmutzig 
weifs  genannt  werden  kann>   IHefs  mag  wohl  entweder 


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57S 

daTOD  herrühren,  dafs  die  Schneekörncheo  hier  unver- 
ändert bleiben,  und  sich  wegen  der  hier  herrschenden 
Trockenheit  durdi  atarke  Stürme  hergeführter  Staub  an 
denselben  lestoelzt,  wabreod  «ch.die- FimkOroer  durcli 
Vergpröfsenmg  davon  reinigen;  oder  isl  diese  ErBcheioang 
der  Terminderten  Reflexion,  und  somit  einer  optischen 
Täuschung  zuzuschreiben,  vermöge  welcher  sich  uns  ein 
weniger  Lichtstrahlen  in's  Auge  schickender  Kürper  dunk- 
ler darstellt? 

ä)  Mienals  .schneiet  es  m  der  Riesalrcgion  flockig» 
aondem  der  Schnee  fiillt  iinmer  jn  Gestalt  kleiner  Körn- 
chen herab,  d.  h.  es  stäubt  oder  es  rieselt  der  Schnee 
wie  in  den  Polarl^ndern.  Deshalb  herrscht  auch  ein 
Juiiier  Grad  von  Trockenheit  daselbst,  und  der  Regen 
kann  sich  auch,  nicht  in  der  Regel  bis  hierher,  ecstreckeiiy 
sondern  nor  in  der  Firn-  und  Gletscherreg^on  Torkcio^ 
Ben.  Aas  der  Trockenheft  der  AtmosphSre  läfist  sich 
auch  die  Erscheinung  erklären,  warum  der  schwitzende 
Bergsteiger  sogleich  trocken  wird,  wenn  er  sich  auf  ei- 
nen Augenblick  in  den  Schnee  setzt.  Auch  der  Durst 
lifagl  hier  weit  mßhr,  als  nnten,  die  MoskelscbwUcbe 
nimmt  zu  und  eine  Beklommenheit  bemächtigt  sich.d<B8 
ungewohnten  Bergsteigers,  während  der  gewohnte  zu  füh- 
len anfängt,  als  befände  er  sich  in  einem  neuen  Elemente. 
Der  verminderte  Luftdruck  beschleunigt,  ^tus  Athmep, 
eqipfindliche  Bergsteiger  dagegen  bekommen.  Uebelkei- 
tan,' Nasen*  und  Obrenblnten,  so  wie  Bluten  aus  der 
Bindeliaut  dar  Augen.  Den  Durst  kann  man  in  dieser 
Gegend  besser  löschen,  weil  der  Schnee  keinen  herben 
Geschmack  hat. 

e)  Nur  in  der  Kieselgegend  kon^men  kiaHende  Berg- 
sfBhründe  vor,  welche  dadurch  entstehen,  dab.  sich. der 
tiefer  liegende  Schnee  von  dem  steilen .  Kuppenschnee 
trennt  und  tiefer  gleitet. 

/)  Das  letzte  und  charakteristische  Kennzeichen  der 
Bi^seiiinie  ist  die  Stelle ,  von  der  der  5clu)ee  nach  ab- 


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674 


wMrts  allmälig  an  Gröfse  des  Kornes  zutttnunt,  nach  auf- 
wärts dagegen  sich  constant  bleibt. 

Ich  habe  die  Riesellinie  am  Kasbek  auf  1700  Toi- 
860  Meeresbdhe  bestimmt.  Um  eine  allgemeine  Mittel- 
tahl hefaoszofinden,  mllssea  mehrere  Beobaehtangeii  der 
Art  festgest^  seyn. 

Diese  Region  ersfredit  sich  von  der  Sfelle,  wo  dm 
Gletschereis  an  die  OberflKehe  tritt  bis  «n  {ener  nach  anf- 

wSrls,  wo  die  Schneekörnchen  ihre  Normalgröfse  besitzen; 
hiermit  von  dem  Ende  der  Gletscherregion  oder  Firnli- 
nie bis  zur  Riesellinie.  Man  mufs  wohl  eine  oberfläch' 
liehe  Ton  der  iirfen  FimHnie  unterscheiden.  Die  ober- 
fltehli^he  Flmllnie  reicht  anf  eine  geringere  MeereshAhe 
herab,  wSbrend  die  tiefe  Fimlinfe  auf  einer  gröfseren 
Höhe  mit  der  tiefen  Gletscherlinie  zusammenstöfst.  Die 
oberflächliche  Firnlioie  ist  der  Anfang  der  oberflächlichen 
Gletscherlinie.  In  diesem  Falle  darf  man  auch  nicht  den 
Aosdraclt  tiefe  Gletscherlinie  mit  dem  der  niederen  Glü» 
sdkerregi6n  veMrechseln,  weldie  letztere  durch  das  hfr> 
merwährende  Nachrücken  des  Eises  bis  in  die  Thalgrtinde 
herabreicht,  wo  der  Schnee  längst  nicht  mehr  selbststän- 
dig zu  bestehen  vermag. 

Die  Trennung  der  FlmregiOtt  Ttm  der  Gletscherre- 
gfdn,  behaupten  M  e  f  i  a  n  und  A |; a  8  s i  sey  keine 
M^ife,  da  die  erstere  In  einer  gewissen  Tiefe  ebenfalh 
aus  Gletschereis  besteht.  Allein  nach  den  eben  gemach- 
ten Unterschieden  erscheint  diese  Behauptung  widerlegt 
Es  bleibt  nur  noch  Obrig  zu  beweisen,  ob  die  oberfläch- 
fiehe  eder  tiefe  Fimlinie  als  die  wahre,  oder  das  Mittel 
icwisdieii' beiden  als'  Fitttllnie  anzusehen  sey? 

Die  tiefe  Fimlinie  ist  schwieriger  zn  bestimmen,  weil 
sie  nicht  in  die  Augen  fällt  und  von  der  verticalen  Macht 
des  Firnes  abb&ngt   Sie  wird  an  derjenigen  Stelle  unter 


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675 

der  FirnmasM  zn  suchen  seyn,  wo  man  in  der  gröfst- 
mOglichsteu  verticalen  Tiefe  auf  Gletschereis  sfdfst  la 
den  8cbweitei<<Alpeii  hnd  man  auf  einer  MeereehOhe  von 

1666  bis  2000  Toisen  in  einer  verCicalen  Tiefe  von  12 
bis  18  Fufs  Gletschereis;  dagegen  auf  einer  Meereshöhe 
von  1400  bis  1660  Toisen  in  einer  verticaleo  Tiefe  too 
4  bis  10  Fa€s  schon  deu  Gletscher*  la  einer  absoluten 
Höbe  Ton  1334  Toisen  ersehien  schön  derGkts«^r  an 
der  Oberflich^  und  der  Firn  httrte  anf.  Die  «berflaol^ 
liehe  oder  eigentliche  Firnlinie  ist  in  ihrer  absoluten  Höhe 
viel  bestimmter,  weil  hier  das  mächtig  modißcirende  Ele- 
ment, der  erwärmende  Einflufs  des  Bodens,  gänzlich  weg- 
liillfty  indem  die  Unteria^  däs  Gletschereis  bildet«  Ich 
habe  an  Kasbek  in  eiaer  absoloten  Höhe  von  2075*  Toi- 
sen schon  reine  Bergsdnlinde,  in  einer  Höhe  von  1900 
Toisen  auf  15  engl.  Fufs  Tiefe  Gletschereis  und  in  ei- 
ner Meeroshdhe  von  1590  Toisen  das  Hervortreten  des 
Gletschereises  gefunden.  Somit  ist  die  Firnlinie  am  Kas- 
bek um  256  Toisen  höher,  als  die  in  dem  Berner  Ober- 
lande, wo  sie  Rugi  anf  1334  Toisen»  dagegen  in  den 
Penninischen  Alpen  anf  1350  Toisen  schätzt. 

Die  Firnregion  ist  durch  folgende  Kennzeichen  cba- 
rakterisirt: 

a)  Stöfst  man  um  die  Firnlinie  herum  sögleich  auf  Eis. 

b)  Nimmt  die  weiÜBe  Farbe  der  ^»eren  Firnregion 
nach  unten  ad  Mtellcher  Ffirbung  zu« 

c)  Fangen  sich  um  die  Firnlinie  die  Firnkörner  an 
einzukeilen.  * 

d)  Werden  die  Firnkörner,  von  der  Riesellinie  an, 
iamer  gröfser».  und  endlich  gegen  die  FirnUnie)  statt  rand, 
•mehr  iScfaig. 

e)  Wenn  die  Tcmperator  unter  Nnlf  steht,  so  ist 
der  Firn  hart  und  resistent  bis  zur  Riesellinie;  steigt  da- 
gegen dieselbe  über  Null,  so  lockern  sich  die  Firakör- 
ner  auf,  und  der  Wanderer  sinkt  ein. 

/)  FiUt  »nter  mid  tun  die  Findinie  im'  Winter,  und 


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57« 

io  der  Fiiaregpon  wlhittiid  dts  Sonmien  die  grMsle 

SchneemeDge. 

g)  Reflectirt  der  Firn  das  Licht  in  dnem  bei  weitem 
stärkeren  Grade,  als  der  Gletscher-  oder  Hochschnee. 

h)  ErstredLCQ  sich  die  Schründe  im  Firoe  bis  auf 
des  Grund,  und  erweitern  sieb  Dach  unten. 

i)  Wird  im  Sommer  um  die  Fimlinie  erst  im  Wae- 
eer  frei,  und  vbn  da  stammen  die  Quellen;  während  dae 
in  der  höheren  Firnregion  entstandene  Wasser  sogleich 
von  den  Firnkörnern  absorbirt  wird.  Die  hohen  Firn- 
fetder  werden  daher  nicht  vom  Wasser  unterhöhlt. 

k)  Herrsefat  um  die»Finilinie  ew  gröfserer  Grad  von 
Feuchtigkeit,  als'  in  der  bohen  Fnwegion;  dagege«  ein 
geringerer  gegen  die  Mitte  der  Gletecberregion,  und  wi#- 
der  zum  höchsten  Grade  zunebmeDd  gegen  das  untere 
Ende  der  Gletscher. 

/)  JSebmen  die  Firoktfraer  von  oben  nach  der  Tiefe 
und  gegen  die  Firtilioie  am  berben  Geecfamack  «i 

4)  Dia  CUetscherreffieia. 

Diese  Region  fängt  bei  der  Firnlinie  an,  und  reicht 
auf  eine  -sdhr  sc)iwankettde,  von  der  Wftrme  und  dem 

Scbnee- 

1)  Eben  so  ist  auch  das  Gletschereis  und  das  umuitielbar  aus  demsel- 
ben entstandene  Wasser  von  Geschmack  herb  und  zu5an)menziehend, 
und  vermehrt,  genossen,  den  Durst.  Lampadius  fand  im  ahen 
Firne  salz.sauren  Kalk.  Ein  jeder  aufmerksame  Beobachter  findet  über 
einer  Höhe  von  1500  Toisen,  besonders  aber  in  der  Nahe  der  GIcU 
•eher,  ein  ganz  eigenihümliclies  Verhähnifs  des  atmosphärischen  Wir- 
kens, und  auch  hieher  verwehte  Insecten  geben  diels  tu  erkennen,  in- 
dem wk  «idb  gate  bchaglidi  auf  das  Gletschereis  oder  den  Flrb  Ma- 
•clieB.  Sanaaare,  PSetet,  Senebier  und  Yolta  Imdea  aektp 
nutet  90iN|  tmmm  Wkut  in  der  Atmosphäre  mßkr  Stickgas^  ala  ea 
in  der  Tiefe  der  Fall  isi;  wShrend  Humboldt  im  Salibnrguclieift  in 
hoher  AimosphSre  wetUger  Sauerstoff  fiind,  als  über  der  Erde  hiD. 
'  ]>at  Znsamm'eniidiende  de»  Geachmacfca  vnd  die  Tkatsaehe,  dafii  Ib 
Gletodwrcis  eingeieUoMcner  Stahl  akiht  toaiet,  ^redteo  Aar  die  avSde 
Abfotpipan  db»  Sanentofla  am  dm  AiMiphlro  tom  GieiMliereMe. 


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57T 

SchDeereichCbum  der  Jahreszeiten  abhängige  Höhe  herab. 
Der  Desdaroki-Gletscher  erstreckt  sich  bis  auf  989  T^i- 
sen,  der  Ziklurgi- Gletscher  auf  149Ü  T.,  der  Tschchari-' 
Gletscher  auf  1460  Toisen,  der  ente  und  dritte  Ntno- 
Gletscber  auf  1500  Toisen,  der  zweite  Nido- Gletscher 
auf  1400  Tdisea  herab. 

Viele  Gletscher  reichen  in  den  Schweizer- Alpen  bis 
auf  5Ü0,  ja  sogar  498  Toisen  herab. 

•  «.  • 

Die  KuppeiUavrine  des.  Kasbek. 

Der  Gipfel  des  Ksehek  unterliegt  jährlichen  Verto- 
derungen,  indem  ihm  die  Anhäufung  des  Kuppenschnees 
eine  verschiedene  (ieslalt  verleiht;  allemal  ist  er  aber 
zweispitzig.  Die  zwei  Hörner,  von  ^enen  das  östlich« 
etwas,  oft  aber  stark  nach  Südost  getaei^,  htth^i.iui'd 
sehmftler  erscbeint,  ab  da&  westliche,  sind  abf^eriindef. 
Die  Ursache  der  Neigung  des  östliehen  Hornes  li^gt  in 
der  gegen  Südost  durch  refleclirte  Sonnenstrahlen  erzeug- 
ten Wärme,  häufigeren  Hocheis -Bildung,  und  daher  rüh- 
renden Senkung,  so  wie  in  den  durch  die  groise  Schroff- 
heit unterhalb  der  Knppe  bedingten  Senkungen  und  Beq^ 
sehrOnden.  Die  Neigung  der  Ostlichen  Kuppe  enreicht 
endlich  den  stärkste«  Grad,  and  stürzt  bei  Sttmnwind 
als  Kuppenlawine  in  das  westliche  Ende  des  Riesengrun- 
des. Der  Stura  der  Kuppenlawine  erfolgt  gewöhnlich 
das  zweite  Jahr.  Die  Osseten  sagen:  »der  Uri-kogh  hait 
seine  Kappe  abgehoben.«  Hierauf  eischeint  das  Mlicba 
Horn  abgeflacht  und  weniger  h 


IIIIHI 


PosgeDdorCPs  Anoal.  B4.  LXVl.  37 


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578 


VII.  Ueber  die  Zunahme  der  Temperatur  in 
den  Gruben  der  tertiären  Salzablagerungen 
von  TVieliczka  und  Bochnia; 

pön  L.  Zeuschner  m  Krakau. 


Dafs  die  Wärme  mit  Hinabsteigen  in  die  Tiefen  der 
Erde  wächst,  ist  auf  eine  unzweideutige  Weise  bewie 
seDy  aber  das  Verhältuifs,  ia  welchem  sie  wächst,  hat  sich 
an  Tmobiedenen  Punkten  venchieden  gezeigt.  Die  haiipt- 
SSehlicfae  Ursacbe  davon  isl,  dafis  die  Beobachtungen  von 
äufseren  Zufälligkeiten  abhangig  sind,  die  wesentlich  die 
Temperatur  der  Felsarten  verändern.  Wenn  solche  Beob- 
achtungen in  Bergwerken  angestellt  werden,  so  zeigen 
gewöhnlich  diejenigen  eine  niedrigere  Temperatur,  die  seit 
längerer  Zeit  geöffnet,  und  durch  Schächte,  die  Luflaug 
gewähren,  abgekühlt  sind.  Entgegengesetzte  Wirkungen 
bringen  hervor:  Nähe  von  Arbeitern,  Veränderungen  in 
der  chemischen  Zusammensetzung  der  Gebirgsarten,  Nähe 
thätiger  Vulcane  etc.  Wenn  sich  also  Gelegenheit  dar- 
Irietet  Gruben  zu  untersuchen,  wo  nch  dergleichen  Beob- 
achtungen genauer  ausfuhren  lassen,  ist  es  immer  interes- 
sant zu  erforschen,  in  welchetan  Maafse  die  Temperatur 
mit  der  Tiefe  zunimmt.  Die  beiden  Salzgruben  von 
Wieliczka  und  von  Bochnia,  deren  AUer  bis  in  das  drei- 
zehnte Jahrhundert  hinaufreicht,  eignen  sich  volvOglich 
zu  solchen  Beobachtungen,  indem  sie  bedeutend  tief  und 
sehr  ausgedehnt  sind,  anch  viele  Orte  enthalten,  wo  seit 
mehren  Jahren  keine  bergmännische  Arbeiten  betrieben 
werden.  Die  beiden  Gruben  sind  angelegt  in  Salzüölzen 
von  gleicher  Beschaffenheit  uud  geologischem  Alter,  und 
gehören  mitteltertiären  Sedimenten  an.  Sie  bestehen 
hauptsächlich  aus  abwechselnden  Schichten  von  Steinsalz, 
Thon,  d^r  in  Sandstein  fibergeht,  Anhydrit  und  Gjrps. 


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979 

Dm  S«1z,  and  betonders  die  Tboae,  enthalten  stellen^ 
weise  «ehr  viele  Schaalen  von  Meeresthiercn ,  wIe  'Mfeeh 

Ueberreste  von  Vegetabilien,  wie  Couiferen -Zapfen  und 
andere  Früchte. 

Wieliczka  und  Bochnia  haben  fast  gleiche  Höhe  übef 
dem  Meeresspiegel;  das  erste  Bergwerk  liegt  712  und  das 
«weite  645  Par.  Fnfs  hoch;  beide  sind  mit  kleinen  Hfl* 
geln  umgeben.  Sie  liegen  in  der  Nahe  von  Krakau; 
Wieliczka  fast  gegenüber  der  Sternwarte,  Bochnia  bei- 
läufig 4  Meilen  entfernt,  also  unter  einer  Breite  von  &ü"3' 
and       37'  Länge  von  Ferro. 

Ansfttfcraag  der  Beobacktnagen. 

Um  die  Beobachtungen  mit  möglichster  Genauigkeit 
auszuführen,  lieis  ich  bei  Gr  ein  er  in  Berlin  drei  sehr 
empfindliche  Quecksiiberthermometer  mit  langen  Röhren 
anfertigen.  Nachdem  die  Instrumente  unter  einander  veiv 
glichen  und  von  ganz  gleichem  Gange  gefunden  worden, 
wurde  eins  derselben  von  Hm.  Encke  mit  dem  Berli- 
ner, und  von  Hm.  Prarmowski  mit  dem  Warschauer 
NormaJthennometer  verglichen,  und  die  Differenzen  cor- 
rigirt  •). 

Die  Wahl  von  geeigneten  Punkten  zu  den  beabsiidi- 
tigten  Beobachtungen  war  mit  vielen  Schwierigkeiten  ver- 
bunden; viel  leichter  war  es,  sie  in  Bochnia,  wie  in 
Wieliczka  aufzufinden.  Obgleich  diese  Salzgruben  fast 
in  gleicher  Zeit  aufgeschlossen  worden,  so  ist  die  erste 
viel  weniger  abgektthll  wie  die  zweite.  Die  UnMbe.  liegt 
darin,  da^  Wieliczka  viel  mehr  Schfiohte  hat,  die  aalaer- 
ordentlich  den  Luftzug  befördern,  und  somit  dieAbknh- 
lung  der  Grube  bewirken.  In  Bochnia,  besonders  in 
tieferen  Strecken,  kann  man  den  Luftzug  nicht  verspü- 
ren, und  darum  ist  diese  Grube  viel  wärmer.   Zu  den 

I)  Das  Nähere  finde!  si<:li  im  Atil.s.il/. :  L  «'hi  r  «lit!  TempcrnUir  <lci  Quel- 
len des  Talrngebirge»,  der  in  einem  der  n.iclisien  Hefte  dieser  Anna- 
IcD  erichcinen  wird. 

37* 


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580 


Beobachtungen  wurden  solche  Punkte  gewählt,  wo  die 
Arbeiten  seit  mehrereu  Jahren  Terlassen  worden,  und  wo 
es  ▼oHkommen  trocken  war.  In  die  Sohle  von  Strecken, 
die  wo  mdglich  an  den  entgegengesetzten  Enden  derGrobe 
liegen,  worden  Löcher,  10  bis  12  Zoll  tief  und  I4  ZoU 
weit,  in  einer  Entfernung  von  3  Fufs  von  der  Wand 
der  Strecke  gebohrt.  In  solche  Löcher  wurden  die  Ther- 
OMmeter  geetedtt  and  mit  trocknem  Sand  ümschfittet,  der 
24  Stmideii  vor  der  BeobachHnis  frtther  htttgebracbt 
wotiien«'  so  bltab  das  InstnuDent  l  bis  dtStaiideii  atedien, 
bis  die  Beobachtung  gemacht  wurde. 

Die  Ausführung  dieser  Messungen  verdanke  icli  he 
sonders  der  Beibülfe  des  Hrn.  Grafen  v.  Blagay,  Di- 
reotars  der  Saline  von  Wielkdiay  so  wie-  «ich  der  der 
HH.  Bergrilthe^Pachman^in  Wieliczka  ond  Freis eisen 
kk  Bochnia,  die  mtt  ihrer  ausgedehnten  KentitnllB  der  Lo- 
calität  der  Gruben  unendlich  viel  zur  Ausführung  dieser 
Arbeit  beitrugen. 

K 

Beebacbtungen  in  der  Grube  von  Wielioska. 

Uro  sichere  Resultate  zn  erhalten,  worden  die  Beob- 
achtungen fünf  Mal  in  verschiedenen  Monaten  und  Jah- 
ren wiederholt;  ich  fing  sie  am  10.,  11.,  12.  Januar  1839 
an,  wiederholte  sie  am  19.,  20.,  21  Juni  desselben  Jahres, 
dann  am  19.,  20.  Februar  und  la,  14.  Angnat  1840 
and  am  5.  April  1841»  Von  fOof  beobachteten  Punk- 
ten zeigten  drei  eine  raschere  Zunahme  der  Temperatiir, 
zwei  andere  nur  eine  sehr  unbedeutende,  was  wohl  die 
Nähe  der  durchziehenden  Luft  verursacht  hat. 

Folgende  Beobachtungen  sind  in  den  chrei  ersten 
•Punkten  ausgeführt: 

1) -Strecke,  genannt  Woyciech,  im  Spica-Sahe,  IM 
Pm*.  Fufs  vom  Franz -Schacht,  der  710  Par.  Fufs  über 
dem  Spiegel  des  Meeres  liegt,  an  einem  Ort,  der  518 
Fufs  über  dem  Meere  liegt  Es  wurde  zwei  Mal  beob- 
achtet, und  zwar  am: 

ly  DiMe  Aafabeo  «tammen  von  Hm.  Hadcscheider  Hrdina. 


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II.  Januar  \S3»  -*-lO  ,81  C. 
19.  Juni        -  10  ,79  - . 


Mittel  +10»;8rC. 

2)  Strecke  Kmigunda  Meridies,  früher  Khnezki 

genannt,  281  P.  F.  fiof,  oder  429  P.  F.  über  dem  Meere,' 
im  grauen  Salzthou,  wurde  vier  Mal  wiederholt  beobach'- 
tet;  die  Zahleu  stimmen  vollkommen  unter  einander: 

11.  Januar  1839        -|-ll»,54  C. 

■"■'  ■^  ^     '24.  Jbni ••-•'^^  j|t!ll'^;8j>Hji,n  T  -jl,  shm 

■      18.  Febrtiair  18^0  '   ''  +  11  ,54  '"'/-vVd 
'     14.  August      -  +11  ,74  -  -^"'i^' 

,      Mittd,au|ö     ^  ..^      +ll®^55  C.. 

3)  Strecke  NeubaU'Seeiing,  im  grauen  {^atzthonl^^iSo 

P.  F.  tief,  oder  82  P.  F.  über  dem  Meere.  Fünf  Beob- 
achtuiiseu  zeiiilen  eine  fast  ^ileiche  Temperatur,  nämlich:-' 

12.  Januar  lJ?a9.    ,   +13^46  Cl'"f ,  ""^ 
-     22.  Juni'^"T^^^'^^'^r+13^8  '^'"'^^ 

19.  Februar  1840      +13  ,01  - 
14.  August      -      V    +13  ,36  - 
5.  April  1841  ^r*i£^_LT. 

Mittel  ahro  L:*lß!^m^f^',Usu 
Die  Temperatur  wächst  jila^  a^i  den  Pookteii. 

iu  folgender  Weise: 

518  P.  F.  über  dem  Meere  +10^8I 

429  .   -  I  -       -        -  !       +11  ,55      ,  i 

.     82  :  .      ^     .-HS  .25,,,.. 

Vergleicht  man  nun  den  ersten  Punkt  mit  dem  zweiteii^ 

so  ergiebt  sich,  dafs  bei  einem  Tiefen -Unterschiede  von 

89  P.  F.  die  Temperatur  um  +0",74  gestiegen  ist.  Da- 

mi^  die  Temperatur  um  einen  Grad  C.  wachse,  if^^h^er 

eine  Tiefezunahme  von  133  P.  F.  erforderlich. 

Aus  doii  Vergleiche  der  ersten  Beoba^'öiig  mit 

der  dritten  ergiebt  sich,  daCs  durch  eine  Tiefezunahme 

von  436  P.  F.  die  Temperatur  um  2",44  C.  gestiegen 

ist;  also  um  einen  Grad  zu  wachsen»  ist  eine  Tiefe  von 

192  P.  F.  erforderüch. 


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582 


Wird  die  zweite  Beobachtung  mit  der  dritten  ver- 
glichen, so  zei^t  sich,  dafs  die  Temperatur  sich  durch 
einen  Tiefeozuwachs  von  347  P.  F.  um  ■+-1°,70  C.  ver- 
^öfoeit  hat,  oder  dafe  173  P.  F.  aaf  einmk  Grad  kom- 
meo.  -  Das  Mittel  aas  diesen  Zahlen  betrfig^  173  P.  F. 
anf  einen  Grad  C. 

Fast  ähnliclie,  oder  denen  sich  nähernde  Zahlen  er- 
hält man  aus  dem  Vergleiche  der  drei  genannten  Punkte 
mit  der  Temperatur  der  Quelle  GUrmik^  weiche  bei  Wie- 
liczlia  aus  tertiärem  Sandstein  hervorkommt,  und  eine  sehr 
wenig  verfinderliche  Wfirme  hat,  wovon  ich  midi  dorch 
mehrjährige  Beobachtungen  überzeugt  habe.  Sie  kommt 
hervor  in  einer  Höhe  von  650  P.  F.  über  dem  Meere, 
und  hat  eine  mittlere  Temperatur  von  +lü%0  C.  Ver- 
gleicht man  sie  mit  der  der  Strecke  Wojciech,  Kuni- 
gonda  Meridies  und  Meobau-Seeling,  so  betrftgt  fiQr  einen 
Grad  G.  Temperatoranwachs  die  Tiefenzunahme  respective 

169  ;  142  ;  171  P.  F. 

Das  Mittel  hieraus  giebt  158  P.  F.  für  einen  Grad  C. 

Die  beiden  gefundenen  Mittel  sind  ziemlich  gleich»  und 
zeigen,  dafs  die  Temperatur  in  der  Grube  von  Wieliczka 

zwischen  160  und  170  P.  F.  um  einen  Grad  C.  wächst. 

Die  zwei  letzten  Punkte  zeigen  eine  sehr  unbedeu- 
tende Wärmezunahme,  ohne  Zweifel  weil  Umstände  eine 
Abkühlung  hervöigebracht  haben ;  diefs  beweist  eine  Reihe 
von  stehenden  Wüssem,  die  in  der  Grube  gemessen  wur- 
den; sie  ergaben  eine  niedrigere  Temperatur,  als  die  der 
Quelle  Glinnik. 

'  Beobachtungen,  die  keine  Resultate  liefern,  sind  aus- 
geführt in  den  Strecken  Quartier  Joseph  und  Tiefster 
Regis, 

a)  Strecke  QaarUer  Joseph,  173  P.  F.  tief,  oder 
539  über  dem  Meere,  zeigte  vier  Mal  eine  gleiche  Tem- 
peratur: 

1 1 .  Januar  1839      + 1 1  ^0  C. 
20.  Juni       -         -1-11  ,0  - 


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583 

18.  Februar  1840         11  ",3  C. 
13.  August      -  11  ,02- 

ß)  Strecke  Tiefster  Regis,  731  P.  F.  ücf,  oder  21 
P»  F.  ttoter  dem  Spiegel  des  Meeres,  baUe  eine  etwas 
hiAere  Temperatiir  f^eseigjt,  drei  Mal  gemesseo: 

11.  Januar  1839      +11^65  G.  > 
20.  JuDi       -  H-11  ,75  - 

19.  Februar  1840      -f-11  ,40  - 

In  der  Wieliczkaer  Grube  sind  viele  stebeude  Wäs- 
ser,  die  mehr  oder  weniger  durch  obertttgpsche  Wttsser 
genftlirt  werden,  und  dne  auffsllend  niedrige  Temperatur 
zeigen.   Folgende  worden  gemessen: 

1)  Das  stehende  Wasser,  Sucha  IVoda  genannt 
218  P.  F.  tief,  oder  404  P.  F.  über  dem  Meere. 

11.  August  1839        ^-ö^'^d  C. 

2)  Das  stehende  Wasser  in  der  Kammer  Sielez»  S27 
P.  F.  tief,  oder  485  P.  F.  Q^er  dem  Meere: 

20.  Juni  1839      -^7^0  C. 
5.  April  1841      -f-ö  ,6  - 

3)  Stehendes  Wasser  in  der  Kammer  Nadachow, 
Strecke  Ka$zla,  352  P.  F.  tief,  oder  360  P.  F.  über 
dem  Meere: 

20.  Jani  l839+  9^0  C. 

4)  Stehendes  Wasser  in  der  Kammer  Nadachow  in 
Strecke  des  Spizasalzes,  552  P.  F.  tief,  oder  .190  P.  F,. 
über  dem  Meere: 

IL  Januar  1839        +8<*,90  €. 

5)  Stehendes  Wasser  in  der  Kammer  Nadachow,  in 
der  Strecke  des  szjbiker  Salzes,  632  P.  F.  tief,  oder 
80  P.  F.  über  dem  Meere: 

11.  Januar  1839      +9%05  C. 

6)  Stehendes  Wasser  der  Kammer  Nadachow,  in 
der  tiefster  Strecke,  733  P.  F.  tief,  oder  23  unter  dem 
Meeresspiegel,  zwei  Mal  gemessen  zeigte  eine  ÜMt  gllei- 
che  Temperatur: 

12.  Januar  1839       4-9«,30  C. 

20.  Juni       -         +9  ,10  - 

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584 


7)  Der  Schacht,  genannt  fVodfia  Göfa,  bestimmt 
zmn  Ansammeln  aller  Gewässer  der  Grube,  woraus  sie 
zu  Tage  gefördert  werden.  Es  ist  der  tiefste  Punkt  iu 
der  Grobe,  nttmiich  763^  P.  F.  tief»  oder  51  unter  dem 
Spiegel  des '  Meeres.  Zwei  MeMunges  gpiben  eine,  fut 
gleiche  Temperatur;  • 

19  Juni  1839  +  9 ',90  C. 

14.  August  1840      +10  ,00  - 

.    II.  Oowb^chUogeJi  lA  der  Grube  von  ßoQhai». 

Auf  tiiDÜche  Weise,  mit  denselbea  Tbermometern, 

wurden  in  dieser  Grube  Beobachtungen  aogestellt.  Die 
Löcher  wurden  durchgehends  im  grauen  Salzthon  gebohrt, 
der  stelleoffeis  mit  Anhydrit  durchwachsen  ist.  Die  Beob- 
achtoQgen  wurden  an  fünf  verschiedeoen  Punkten  zwei 
Mal  im  Jahre  1843  angestellt,  nftmlich  am  9.  bis  lÖ.  MAre 
und  am  Sl.  Juli;  sie  zeigten  sich  Tollkommen  Ähnlich. 

1)  Strecke  Sc/u'i/er,  388  P.  F.  unter  dem  Niveau 
des  Meeres      zeigte  am: 

10.  März  1843       -f-l2^36  C. 

2)  StredLe  SianeUi,  6B<>  über  dem  Maare: 

10.  Marz  1843       -f- 16«,20  G. 

3)  Strecke  Podmoscie,  204  P.  F.  tief  unter  dem 
Spiegel  des  Meeres,  zwei  Mal  gemessen,  zeigte  eine  fast 
gleiche  Temperatur: 

10.  März  1843       -1-18^69  C 
81.  Juli     -  -MB  ,74  . 

Mittel  -M8«,7l  C. 

4)  Strecke  Lill,  314  P.  F.  unter  dem  Meere,  zeigte 
ebenfalls  zwei  Mal  fast  gleiche  W$rme: 

10.  März  1843  +19^10  C. 
31.  Juli  +18  ,95  - 

Mittel  +19V»2  C. 

5 )  Strecke  GruberUhal,  388  P.  F.  unter  dem  Meere, 
zeigte  zwei  Mal  ganz  entsprechende  Zahlen: 

1 )  Oifi  Uöbeonntencluedc  •ind  von  mir  mil  dem  Baromel«r  beniauDl. 


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585 


9.  März  1843  -^19^56 
31.  Juli     -  +19  .56  - 

Die  Ziipahme  der  Tcmperaiar  in  der  Bocboiaer 
Grabe  beträgt  «lao: 

Ober  dem  Meeresspiegel  für  388  P.  F.     +12»,36  C. 

 '68  -   -      +16  ,20  - 

uuter  dem  Meeresspiegel  für  204  P.  F.     +18  ,71  - 

 314  .  .      +19  ,04  - 

-   ■  -         •  ,  -M*-     ,  ".vv  388;\r»,\ T    .,  .'^19  |56  - 
Vergleicht  man  die  Temperetar  der  obersten  Strecke 
Schiller  mit  der  zu  unterst  liegenden»  so  ergiebt  sich, 
dafs  die  Temperatur  uai  eineu  Grad  C.  wäclisl  iu  fol- 
gender Weise:  jl 

'  S.9biile^.  mif  Stanelti  für  '  '    93  P,  ^.^  ^ 

-       -   Grubenlhal  fflr  107  -   -  ^ 


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Das  Mittel. beträgt    )       i  B9>  f^  Fp^ 

Vergleicht  man  die  Temperator  der  genaonten  Quelle 

▼on  Wieliczka  GUnnik  mit  den  Beobachtungen  von  Boch- 
nia,  so  erhält  man  nahe  übereinstimmende  Zahlen.  Die 
TiefenzuDabme  für  1^      beträgt  beim  Vergleiche  von: 
Glinnlk  äilt  Schill^i^  -     .  Iii  :p,#nl  .  ;i , 
*-     ' '  ^'  Stinfeltl^      '  •'^''92'<-i  i-it'i       •<  /,' 
'  -'    ■  •'-    Podraoscie        103  -       '  *' 
-    Lill  101   -    -  ♦ 

Grubenthal       108  - 


Das  Mittel  davon  beträgt  105  P.  F. 
Aus  den  Beobachtungen  der  Bochniaer  Grube  zeigt 
sich,  dafs  die  Wärme  in  der  oberen  Abtheilung  weU  ge- 
schwinder zunimmt»  ab  in  der  unteren»  nämlich  in  den 
Strecken  LHl  und  Grubenthal.  Im  Allgemeinen  wädist 
sie  viel  schneller,  wie  in  Wieliczka.  Die  hauptsächlichste 
Ursache  davon  ist,  dals  Wieliczka  eine  sehr  bedeutende 
Anzahl  von  Schächten  hat,  you  denen  viele  geOffnet,  an- 


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586 


dere  zwar  zum  Theil  wenAHUM  md,  aber  dock  d«n 
Laftzag  wohl  befilrdera,  uod  daCs  in  den  unteren  Ab- 

theiluDgen  fiele  Grubenschäcbte  vorbandeo  sind,  von  de- 
nen sieb  in  Bocbnia  nor  eine  kleine  Anzahl  befindet.  . 


YUL    Ueber  du  Zeilen  des  Aufihauens  und  Zur 

frierens  einiger  nordischen  Gefvässer; 
von  G.  G.  Hällströnu 


\^eranlafst  durch  die  früher  iu  diesen  Annalen  witge- 
tbeilte  Tafel  über  das  Auf-  und  Zugeben  der  Newa 
hat  der  seitdem  der  Wissenschaft  durch  den  Tod  ent- 
risseae  Prof.  HällstrOm  za  Helsin^ors  diesem  Gegen- 
stand seine  Aafmerksamkeit  zugewendet,  und  in  drei  ver- 
schied tu  en  Aufsätzen  mehre  bis  dahin  nicht  allgemein  be- 
kannte Beobachtungsreihen  über  die  Zeiten  des  Aufthauens 
und  Zufrierens  nordisd^r  Gewässer,  begleitet  mit  daran 
gekntipften  Rechnungen,  veröffeimicht 

Da  die  Beobachtnngen,  namentlich  in  einer  Zusam- 
menstellung, mehrseitiges  Interesse  darbieten,  so  haben 
wir  sie  hier  sämmtlich  in  zwei  Tafeln  vereint,  von  denen 
die  eine  die  Zeiten  des  Aufthauens,  die  andere  die  des 
Znfrierens  enthält.   Der  Beobachtungsorte  sind  im  Gan- 

]  )  Amialca«  Bd.  43,  8. 426^  erweitert,  und  in  anderer  Form  audi  m 

Bd.  52,  s.  m.  P.  ' 

2)  Speciinina  mittat i  currente  saeciilo  temporis ^  tfuo  glacies  flu- 
mirmtn  nnnuue  dissofutae  sunt  (1839  —  Acta  So  ciet at is 
scient  iar  um  fennicae,  T.  /,  p.  129);  —  De  tempore  regt- 
laiionis  et  congelationis  nquaruin  Jhtniints  Kyro  {^\%X\  —  Ibitl 
p,  387);  —  Caiculus  observutionum ,  quibus  t empor a  regeiaiio- 
nis  el  congelationis  aquurum  fluminis  Dwinae  determinaniur 
(1841  —  Butiet.  scienii/iq,  de  V aead.  de  St,  Petcrsb. 

r.  rni,  p.  289). 


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587 


zen  sieben;  einer  in  Schweden  (Westeräs  (Arosia)  am 
Mälarsee),  vier  in  Finnland  (Borgo,  Abo,  Storkyro  und 
Wöro),  und  zwei  in  Rufsland  (St.  Petersburg  und  Ar- 
changel), welche  sich  über  einen  Raum  von  59^37'  bis 
64°  32'  N.  in  Breite  und  von  14"  12'  bis  38«  13'  Ost  von 
Paris  in  Länge  erstrecken. 

Der  besseren  Uebersicht,  und  namentlich  des  leich- 
teren Vergleiches  wegen,  sind  die  Zeiten  des  Aufgehens 
sSmmtlich  als  Apriltage  ^  und  die  des  Zugehens  sämmt- 
lieh  als  Novembertage  ausgedrückt.  Demgemäfs  ist  z.  B. 
der  31.  März  als  —  1.  Apr.,  der  1.  Mai  als  +  31.  Apr., 
der  1.  Juni  als  +62.  Apr.  genommen ;  eben  so  der  31. 
Oct.  als  —  1.  Nov.  und  der  I.  Dec.  als  H-31.  Nov.  Ei- 
ner weiteren  Erläuterung  werden  die  Tafeln  nicht  be- 
dürfen. 


I.     Zeiten  des  Aufthauens. 
( Aprillage  nach  neuem  Kalender.) 


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II.    Zeiten  des  Zufrierens. 
(Novembertage  nach  neuem  Kalender) 


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1)  Die  Angaben  für  die  drei  letzten  Jahre  sind  aus  der  Tafel  von 
Knpffer  (Annal.,  Bd.  52^  S.  638)  genommen. 


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591 


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—  4 

36 

21 

20 

93 

31 

+  8 

37 

40') 

20 

16 

94 

45 

16 

38 

21 

17 

17 

95 

41 

-12 

39 

11 

6 

15 

96 

25 

+  9 

1840 

12 

97 

22 

3 

1)  Die  Angaben  für  die  letzten  Jahre  sind  aus  der  erwähnten  Tafel 
von  Kupffer  genommen. 


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592 


Prof.  Hiltström  hat  tich  die  Mehe  gegeben,  die 
vorstehenden  Beobachtungen  (mit  Ausnahme  der  von 
Wöro  in  der  ersten,  und  der  von  Storkyro  in  der  zwei- 
ten  Tafel)  nach  der  Methode  der  kleiosteD  Quadrate  za 
berechneD,  um  die  säealaren  AeoderoDgen  in  dem  Phä- 
Domen  des  Aiifthanens  und  Zafrierens  der  GewSsser  auf- 
zufinden. Obgleich  die  Anwendbarkeit  der  strengen  Rech- 
nung auf  ein  so  vielen  Zufälligkeiten  unterworfenes  und 
in  manchen  Jaliren  so  schwer  einer  genauen  Feststellung 
fähiges  Phänomen  sich  einigermaisen  bezweifeln  lädst 
so  können  wir  uns  doch  nicht  versagen  hier  wemg^tens 
die  Gleichungen  mitzutheilen,  durch  welche  der  Verfas- 
ser den  Tag  x  des  Phänomens  in  Function  der  Jahres- 
zahl z  ausdrückt. 

Den  Anfang  der  Rechnung  auf  das  Jahr  1840  ver- 
legend» findet  er: 


Ffta-  Westerts       XsßifO^K^^I^z-ASA&i  April 
-  St  Petersburg  j;^,95+0,0222 (2-1840)  - 


2)  Zeit  des  Znfrierens. 

Für  St.  Petersburg  a:=26,5-0,02 1  {z-l  717)  November 
.  Archangel       :r=s  7,6+0,0575(^-1840) 
Durch  diese  Rechnung  ist  der  Verf.  unter  anderem 
zu  dem  Resultat  gelangt,  dafs  das  Klima  sieb  fOr  Archan- 

gel  ein  wenig  gebessert,  und  für  Petersburg  ein  wenig 
verschlechtert  hat.   Er  findet  nämlich: 


'  1)  Zelt  des  Auftbanen«. 


-  Borgo 

-  Äbo 


i^,95-H>,0028(2-1840)  - 

jr=l  7,25-0,0334  (z-l  840)  - 
;r=24,68-0,0 1 03  (2-1840)  - 
4^13,2  +0,0166(2-1840)  Mai 


-  Storkjro 

-  Archangel 


Ar- 


1 )  Man  vergleiche  nur  unter  anderen  die  Bemerkuogeii  ftu  der  Tafel 


von  Kapffer.(Aniialen,  Bd.  52,  6.638). 


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693 


•  • 

MiuJcre  Zeit  des 

Also  LtäUgt 

AufthaueiML 

1  ZuHrMreoi. 

iAYdiMgel  i.  J;  1740 
,  ^    -    kJ.  1840 

11,6  Mal 
I3>2 

1,9  MOY. 
7,6 

174  Tag» 
178  - 

St.  Petersburg  i.  J.  1740 
-    -     i.  J.  Ib40 

18,7  April 
21 

26  Nov. 
24  - 

221  Tage 
217  - 

S^Ayre  l  J.  1840 

24  April 

15.  Not. 

M  Tage 

Ferner  lind  et  er  in  der  Zeit  des  Auftbaueus: 
für  Borgo  keine  seculärc  Abänderung, 

-  kbo  eine  secaläre  Verbesseniog;  tod  3,34=H)»27  Tagen, 

-  Westerts  eine  secul.  Verspätung  v.  13,76=1=0,45  Tagen. 
Letzteres  Resultat  stimmt;  wie  er  sagt,  mit  dem  von 

E  h  r e  n  h  e  i  n  (  Tal  om  Climaternas  rörllghct ,  Siockh. 
1824,  p.  87),  der  diese  Verspätung  im  Jahrhundert  auf 
15  Tage  anschlägt. 

Rein  den  vorstehenden  Beobachtungen  nach  erfolgte 

das: 


Aurihaueo 

am  fruhcden.  i  am  spätesten. 

Zufrieren 

.im  frühesten.  { am  spSlesleil. 

Westera« 

Borge 

Abo 

Storkjro 

Wöro 

St.  Petenbnrg 
Arcbangel 

14  Marz  1750 
18  März  1822 
7  März  1822 
2  Apr.  1750 
6  Apr.  1803 
l8Mära  1822 
20  Apr.  1770, 
1836 

17  Mai  1784 
9  Mai  1810 
8  Mai  1740 
14  Mal  1739 
13  Mai  1810 
12  Mai  1810 
7  Juni  1814 

28  Oct.  1805 
16  Oct.  1760 

25  Dec.  1826 
8Dec.l772 

iß 

IX.    Erwiderung  auf  Hrn.  Fischer' s  Replik. 

<^         xVlIer  Polemik  abhold  und  Hm.  F.  ▼ersichemd,  dafe 

ich  künftighin  nie  wieder  eine  Sylbe  gegen  ihn  schrei- 
^  ben  werde,  und  mir  es  wirklich  leid  thut,  diefs  auch  nur 

HlH         ein  Mal  gethan  zu  haben,  will  ich  den  zwischen  uns  ge- 
führten Streit  nicht  lAnger  fortsetzen,  mir  aber  wob!  noch 

Poggendovfi»«  Aimal.  Bd.  LXVI.  38 


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694 

ein  Wort  zu  sagen  erlauben  Über  den  an  mich  gerich- 
teten Vorwurf:  ich  hätte  von  Schmähredea  gegen  Hm. 
F.  Gebraadi  gemachte  Ich  weise  diese  Aoschnldigung 
einfach  ziirOck;  denn  wenn  in  meiner  Erwidening  be- 
hauptet wird,  Hr.  F.  hätte  bei  seinen  Versuchen  sich 
eines  jodsauren  kalilialtigen  Jodkaliums  bedient,  und  von 
vielen  der  wichtigeren  Angaben  meiner  von  ihm  beur- 
theilten  Schrift  keine  Kenntnifs  genommen;  wenn  ich  sei* 
nen  Schlafs:  die  phospborichte  SSnre  sey  die  Ursache 
der  oxydirenden  Wirkungen  einer,  unter  gegebenen  und 
von  mir  näher  bezeichneten  Umständen  sich  bildenden 
Phosphoratmosphäre,  z.  B.  des  Bleichens,  der  Umwand- 
lung des  Jods  in  Jodsäure,  des  Jodkallums  in  jodsanres 
Kali  n.  s.  w.,  einen  höchst  unglücklichen-  genannt,  aoch 
Von  gröberen  IrrthQmem  gesprochen  habe,  in  welche 
llr.  F.  selbst  gefalleu  sej,  indem  er  die  meinigen  her- 
vorgehoben, so  sind  diese  Reden,  nach  den  Vorstellun- 
gen, die  man  hier  zu  Lande  von  Anständigkeit  bat,  keine 
Schmähreden f  sondern  Ausdrucksweisen,  die  der  g^ten 
Sitte  nicht  entgegenlaufen,  wenn  dieselben  vielleicht  aoch 
milder  hätten  gefafst  werden  können.  WSren  meine  An- 
sichten über  Schmährcdeii  nicht  verschieden  von  denen 
des  Hrn.  Fischer,  und  wäre  es  überdiefs  nicht  schlech- 
ter Geschmack,  so  würde  ich  den  mir  gemachten  Vor- 
wurf erwidern;  denn  keinesfalls  zeichnet  sich  die  von 
dem  Breslaoer  Chemiker  gegebene  Antwort  durch  über- 
grofse  Urbanität  und  allzu  loyale  Beurtheilung  der  Ma- 
terie meiner  Polemik  gegen  ihn  aus.  Ich  begreife  indes- 
sen vollkommen,  dafs  das,  was  ich  über  die  Fischer - 
sehe  Arbeit  gesagt  habe,  ihrem  Urheber  nicht  angenehm 
sejn  konnte,  und  gönne  ihm  deshalb  auch  gerne  die 
Freude,  dafs  er  durch  seine  Kritik  an  mir  zum  Ritter 
sich  geschlagen  und  den  Beifall  competenter  Richter  er- 
worben hat. 

Basel,  den  21.  Oct.  1845. 

C.  F.  SofaOnbein. 


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695 


X.   Zur  Geschichte  der  Endosmose; 

pon  Parrot  den  Vater. 

(An  den  Hn.  Hennigebcr  der  ibinalen  der  Phjnk  und  Ghenle.) 

j\.va  Ende  des  No.  10,  1844,  Ihrer  so  schätzbaren  An- 
nale» linde  ich,  S.  350,  ohne  Namensunterschrift»  eine 
NotiSy  in  welcher  die  Priorität  des  ersten  endosmosischen 
Yenadies  fttr  NoUet  gegen  mich  vindidrt  wird,  indem 
man  mir  die  Priorität  vor  Hrn.  Dntrochet  zugesteht, 
so  dafs  es  den  Anschein  haben  könnte,  als  hätte  ich  nicht 
Noliet,  sondern  mir  die  Ehre  dieses  ersten  Versuches 
Tindiciren  wollen. 

Wahrlich!  Ich,  ein  acht  und  siebenzigjähriger  Greis, 
bin  mir  in  meinem  58}ährigen  wissenschaftlichen  Leben 
eines  solchen  Vergehens  nicht  bewufst,  und  gegen  N ol- 
le t  am  wenigsten,  den  ich  höher  stelle  als  seine  Lands- 
leute selbst,  die  ihn  ziemlich  vergessen  zu  haben  schei- 
nen. Denn  als  Hr.  Dutrochet  seine  Versuche  der  Pa- 
riser'Academie  vorlegte,  erwähnte  weder  Er,  noch  ein 
anderer  Academiker  Nollet's.  Ich  war  der  £rste,  der 
dieser  Academie  diesen  trefflichen  Physiker  in's  Anden- 
ken zurückrief,  mich  dankbar  erinnernd,  dafs  Er  mein 
erster  Führer  in  der  von  mir  schon  im  Ifiten  Jahre  ge- 
wählten Laufbahn  war. 

.Aufserdem  ilbergab  ich  der  hiesigen  Academie  eine 
:Note  (s.  Bulletin  sdeniifique,  1840,  iVb.  167,  >9.  346), 
in  welcher  ich,  bei  Gelegenheit  eines  neuen  auffallenden 
Phänomens  von  Endosmose  sagte:  NoUei  est  le  pre- 
rnier^  sie  je  ne  me  irompe^  qui  ait  Jait  une  experience 
d'Endosmose  au  moyen  äeau  distillee^  desprit  de  vin 
et  dun  morceau  de  pessie.  Je  sentis  dabord  ftmpor- 
tanee  gue  ceite  experience  appliquee  a  l  economie  am- 

38» 


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male  powroä  apoir  pour  la  Physiologie»  Diese  Note 
schrieb  ich  zu  Anfang  August  1840. 

Am  10.  October  desselben  Jahres  las  .ich,  §|leich£alis 
beider  hiesigen  Academie^  eine  Abhandlung:  Essai  sur 
les  pigäiaiions  m^talligues  et  la  cristallisa^ 
tion  (s.  Memoires  de  tAcaäämU  tmp,  des  Sciences,  VJ^ 
Serie  f  Sciences  malhemaliques  et  physiques ,  T.  III), 
worin  sich  eine  lange  Note  befindet,  in  welcher  ich  sage: 
JfS  Phänomene  de  1^ Endosmose  n'esi  pas  si  nouveau  qu/on 
U  croit  commurnUiMt»  Nollei  nous  en  a  UvrS  la  pre^ 
mutre  experienee^  und  kh  beschreibe  sogleich  den  zwei- 
fadien  Versuch,  wie  ihn  der  geistreiche  Physiker  ange- 
.stellt  hat  ' 

Sie  werden  ohne  Zweifel  sich  wundern,  dafs  die  er- 
wähnte Notiz  in  ihren  Annalen,  etwa  ein  Monat  nach 
einer  Notiz  entgegengesetzten  Inhalts  im  i Institut^  worin 
man  mich  beschuldigt,  dafs  eine  Note  Ton  mir  an  die 
Pariser  Academie  nichts  enthalte,  als  dafs  Nollet  den 
ersten  endosmosischen  Versuch  angestellt  habe:  ceqiie  ton 
savoit  dailleurs  (ja,  nachdem  ich  die  Academie  davon 
onterrichtet  haltte).  Diese  Note  ist  aber  eine  förmliche 
Abhandlung,  in  welcher  anter  dem  Titel;  Coup-daal 
Sur  f Endosmose,  ich  Vieles  mittheile,  welches  der  Pa- 
riser Academie  unbekannt  war.  Dafs  ichNoUet^s  Vcr- 
^dienst  darin  erwähne^  war  Pflicht,  wobei  ich  aber  den 

.  Ii)  Beide  Noten  tuid  Wider  tod  mir  ubcnelMB  wordeD,  sonst  wurde  ich  tie 
mit  Vergnügen,  entweder  statt  der  in  den  Aon.,  Bd.  63,  S.  d&O,  milge- 
tkeillcn  (bei  welcher  übrigens  der  Urheber  Bellani  genannt  ist) 
aufgenommen,  oder  sie  dieser  inhaltlich  liinzugefugt  liabcn.  —  Warum 
aber,  mdchtc  ich  hiebe!  fragen,  hat  es  dem  geehrten  Hrn.  Verf.  Didil 
geiüIeO)  schon  in  seinem  Lehrbuch«  der  Physik  (1811)  zu  beraet^ 
ken,  was  ersi  dreilsig  Jahre  spater  jene  Note  in  des  Peteij^ufer 
Denkschriften  sagt,  dafs  die  von  ihm  i.  J.  1802  eogesteliten  Versa- 
che  blofse  Wiederholungen  der  von  Nollct  waren.  Wäre  es  ge- 
scheheo  oder  überhaupt  nur  Nollet's  Name  dabei  genannt,  so  wurde 
er  der  gegenwärtigen  Rccbtfertigoog  gaoslich  überhoben  geiffcsen  seyn. 


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697 


NameD  Dutrochct  nicht  nannte.  So  habe  ich  denn 
das  angenehme  Schickaal,  in  Frankreich  angeklagt  zu  wer- 
den, gme  ohne  Noih,  Nollet's  Priorität  zu  verfechten, 

zugleich  aber  in  Deutschland,  als  hätte  ich  mir  diese 
Priorität  viüdicireii  wollen. 

St.  Petersburg,  im  Mai  1815. 


1)  lleue  Voltdsche  CombincUiou.  —  In  der  am 
21*  Aug.  1844  gehaltenen  Sitzung  der  matbematisch-phy- 
sikalisdien  Clasae  der  St.  Petersburger  Academie  hat  Prot 
Jacobi  die  MIttbeiInng  gemacht,  dafs  wenn  man  in  der 

Danicirschen  Kette  die  Schwefelsäure  durch  eine  ziem- 
lich conceulrirte  Lösung  von  Cjankalium,  und  das  Zink 
durch  Silber  ersetzt,  ein  ziemlich  kräftiger  Strom  ent- 
steht, durch  welchen  das  Silber  rasch  aufgelöst  und  auf 
dbe  Kupferplatte  Kupfer  gefällt  wird.  Statt  des  Kupfers 
und  Kupfersalzes  kann  man  auch  Platin  oder  Kohle  und 
Salpetersäure  anwenden  ( Bullet,  de  la  Classe  phys.  malh. 
de  iacad.  de  St,  Peiersb.,  III.,  p.  288.  —  Bei  sei- 
ner neulichen  Anwesenheit  in  Berlin  fügte  Hr.  Prof.  Ja-» 
cobi  dieser  TOrlHufigen  Mittheilung  noch  hinzu,  dafs  man 
auch-,  wenn  in  obiger  Combination  Kupfer  und  Kupfer- 
lösung durch  Zink  und  Zinklösung  ersetzt  werden,  einen 
Strom  erhalte,  bei  welchem  das  Silber  gleichfalls  als  po- 
sitives Metdll  auftritt.  P.) 

2)  Galifanische  Reihe  in  Cxankah'umlösung,  —  Vor- 
stehende Beobachtungen  maditen  mich  begierig  zu  erfah- 
ren, wie  sich  wohl  die  galvanische  Reihe  der  Metalle  in 
einer  blofsen  Lösung  von  Cyankalium  gestallen  werde. 
Nach  der  bekannten  Methode  erhielt  ich  bei  einer  Lö- 
sung des  Salzes  in  8  Th.  destiilirten  Wassers  folgende 
Reihe,  mit  dem  positivsten  Metalle  angefangen: 


XL 


Notizen. 


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&98 


amdg. 


5)  Zinn 

6)  Silber 

7)  Nickel 

8)  Antimon 


9\  Blei 

10)  Qoeebnber 

11)  Palladium 

12)  Wismuth 


13)  Eiico 

14)  PUtn 

15)  Gofseuen 

16)  Kotile 


1)  Ziok, 

2)  Zrok 
8)  Kapfer 
4)  K«dmiuin 

Das  Abweichende  dieser  Reibe  von  denen  in  sau- 
ren und  alkalischen  Flüssigkeiten»  wie  sie  z.  B.  noch  in 
»euerer  Zeit  von  Faraday  bestimmt  wurden  (Annal,, 
Bd.  53,  S.  496),  ist  augenfällig.  Bemerkenswerth  darin 
macht  sich  besonders  die  relativ  grofse  Positivität  des 
Kupferi  und  des  Silbers.  Beim  Kupfer  ist  diese  zwar 
in  sofern  nicht  auffallend,  als  dasselbe  von  der  Lösung 
sehr  sichtlich  angegriffen  wird,  was  ich  sonst  noch  nicht 
angegeben  finde ;  es  löst  sich  nänüicfa  unter  Entwicklung 
von  Wasserstoffgas,  offenbar  indem  es  Kalium  aosschei- 
det,  welches  sich  auf  Kosten  von  Wasser  wiederum  oxj- 
dirt  Beim  Silber  aber  ist  kein  solcher  Angriff  sichtmir 
wenigstens  nicht  in  einer  Lösung  von  der  angegebenen  V«r^ 
dünnung;  iodefs  wird  es  doch  ein  wenig  von  dieser  gelöst. 
Denn  eine  kleine  Platte,  1,842  Grm.  wiegend,  40  Par. 
Lin«  lang  und  2,5  Par.  Lin.  breit,  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur vier  Tage  lang  in  derselben  liegen  gelassen,  hatte 
9  Milligramm  am  Gewicht  verloren,  und  als  darauf  eine 
Kupferplatte  in  die  Flüssigkeit  gestellt  wurde,  überzog 
dieselbe  sich  mit  einer  glänzenden  Haut  von  nfetaUisdieai 
«Iber  «).  • 

Eine  Lösung  von  Kaliumeisencjanür  in  8  Th.  destil- 
lirten  Wassers  gab  mir  folgende  Reihe:  Zin/c,  Kadmium^ 
JBieif  Kupfer,  Antimon,  Zinn,  Wismuih,  JSickcl,  Gufs* 
eisen^  Eisen ^  PaUadium,  Silber,  Kohle,  Platin,  Auch 
von  dieser  Lösung  wird  das  Kupfer  (auf  eine  noch  näher 
zu  untersuchende  Weise)  ange^rilf«,  Silber  aber  meht^ 

Ich  gebe  diese  Erfahrungen  nur  vorläufig,  da  et 
längst  in  meinem  Plane  liegt,  diese  und  ähnliche  Reihen 
quantitativ  zu  bestunmen. 

Poggendorff. 

1)  Dafs  «ich  Kupfer  durch  blofsea  Eintaacheil  in  eine  Cyaruilber  hal- 
tende Ldtang  von  Cjankalium  mit  einer  swar  dünnen,  aber  aebr 
gUnacndeii  Schicht  von  Silber  dauerhaft  SbeiiMwo  lmt%  ihlSho  warn 
«dbon  vor  Uagercr  Zei^I^Dr^[lübcr^Ia|;ea  nuL 

\\ZOt\A. 


Berlin. 


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KT.«  J.